Wir schreiben Donnerstag, den 13.April 2000. Der junge marty betritt mit großen Augen das örtliche Kino. Er erhält von der freundlich-lächelnden Empfangsdame das begehrenswerte Eintrittsticket und bekommt obendrein eine silhouettenhafte Sammelkarte, die Mew abbildet. Als er den großen Saal emporsteigt, fangen seine Knie allmählich an zu zittern. Begleitet wird der junge Herr vom Familienoberhaupt höchstpersönlich, welches etwas missmutig hinterher trabt...
Zu jenem Zeitpunkt besaß ich lediglich die rote Edition und war neidisch auf jene Mitschüler, die schon ein n64 ihr Eigen nannten, da eine Woche zuvor ja Stadium (1) erschien. Leute wie ich konnten das Schaukasten-Spiel lediglich im Media Markt eine Straßenecke weiter bestaunen. Da ich die Serie seit der Erstausstrahlung verfolgt habe, war ich gespannt, was der Film so zu bieten hat. Da man die hohen Erwartungen eines heranreifenden Teenagers nur schwer brechen kann, passierte ich nach Ende des Films die Sicherheitsschranken des Kinos vollauf zufrieden mit leuchtenden Augen. Natürlich müsse später noch die VHS gekauft werden, so viel stand fest. Als diese dann einige Monate danach endlich in unserem Rekorder Platz gefunden hatte, wurde der Film bis zum Erbrechen gesehen. Schon bald ließen sich Werbung und Dialoge mitsprechen. Die Jahre vergingen und der Film geriet in Vergessenheit (Sauron...). Würde ich nicht ab und zu mit Begeisterung alte Zeiten hochleben lassen, hätte ich die DVD bei meinem Lieblingsversandhandel sicher nie bestellt.
Ich weiß ja nicht, was deutsche DVD-Authoring-Studios während der Arbeit so treiben, aber man könnte meinen, die DVD sei ein klassischer Fall von Bootleg (kein Inlay, Billigdruck, Covertitel in unterschiedlichen Sprachen, schreckliches DVD-Menü, etc.). Verglichen mit meinem „Lucario-and-the-Mistery-of-Mew“-Import, welcher mit einem drei-seitigem Bookcase und Volldruck daherkommt, ist das mehr als mau. Glücklicherweise blieb das Filmmaterial von solchen Qualitätseinbußungen verschont, auch wenn das Seitenverhältnis leider nur in 4:3 vorliegt.
Die Qualität des eigentlichen Filmwerks zu beurteilen, fällt mir persönlich relativ schwer. Das rührt einerseits daher, weil Bild und Ton durchweg stimmig miteinander korrespondieren, andererseits hat der Film auch arge Probleme, die richtige Zielgruppe anzusprechen. Nehmen wir einmal den Vorfilm, welcher mit seinen vielen „Magnetons“ und „Kokoweis“ eher die jüngere Generation ansprechen dürfte und stellen ihm den Hauptfilm gegenüber. Schnell sollte auffallen, dass die Laborszenerie auf jüngere Menschen durchaus verstörend wirken kann und Mewtu vor dem Einsatz von Gewalt für die Verwirklichung seiner Ziele nicht zurückschreckt. Ich will jetzt nicht den Moralapostel spielen, aber der Film wirkt dadurch etwas unausgegoren. Ähnlich geht es mir mit dem Ende des Films. Ich war damals der Meinung, dass dies nicht das richtige Ende sein kann und dass im ursprünglichen Konzept ein anderer Abklang vorgesehen war. Als ich dann jedoch die anderen Filme gesehen hatte, in denen Ash jedes Mal den sich aufopfernden Helden spielte, konnte ich mir meinen Teil dazu schon denken...
Nichtsdestotrotz bleibt „Mewtu vs Mew“ für mich eine der besten Pokemon-Verfilmungen, die ich bisher erleben durfte. Im Gegensatz zur Serie, die immer wieder auf die gleichen dramaturgischen Abläufe setzt und wo Charaktere lieber ausgetauscht werden statt eine Entwicklung zu durchleben, wusste der Film einige neue Akzente zu setzen. Es gab jede Menge detailreiche Bilder in denen sogar Bewegung herrschte, sehr viel Dramatik (wenn auch teils überzogen) und, was für heutige Anime-Produktionen nicht alltäglich ist, motivierte Sprecher. Die Popmusik mag zwar nicht jedermanns Fall sein, passte aber immer zum Geschehen. Mir persönlich gefielen am besten die schönen Reisebilder des Abspanns. Tolle Totalen, hin und wieder sogar mit Panorama-Effekt. Herrlich. (Sollte jemand von euch davon eine cleane Version finden: Mich bitte umgehend in Kenntnis setzen. Dankeschön!) Der Plot könnte beinahe aus einem SciFi-Comic stammen, natürlich sucht man nach der Tiefe vergebens, aber immerhin wird man über 90 Minuten mit annehmbaren Popcorn-Kino versorgt.