Mit hat jemand mal gesagt, dass Personen, die glauben, psychisch krank zu sein, es auch tatsächlich sind. Keine Ahnung ob das so stimmt, ich kann mir aber vorstellen, dass das zutreffen kann.
Ich habe beispielsweise jahrelang gedacht, dass ich depressiv sein könnte. So wirklich ernstgenommen hat mich niemand, bis dann nach fünf Jahren die Diagnose kam.
Sowas wie "Modekrankheiten" sind für mich absoluter Schwachsinn, sowas gibt's nicht. Wer sich beispielsweise ritzt, tut das nicht, um cool zu sein, und solche Personen soll man definitiv auch nicht wie Dreck behandeln und denken, sie würden nur Aufmerksamkeit wollen (bitte sagt das ihnen auch nicht, es macht alles nur schlimmer). Das wurde mir schon genug oft unterstellt. Selbst wenn solche Personen Aufmerksamkeit haben wollen, ist das kein Skandal. Wer so dringend nach Aufmerksamkeit sucht und sich deswegen verletzt, kann nicht gesund sein, und dieser Person soll man meiner Meinung nach auch Aufmerksamkeit schenken. Ich bin mir sicher, dass es in vielen Fällen ein Hilferuf ist. Oder der Copycat- bzw Werther-Effekt spielt eine grosse Rolle. Aber ich denke kaum, dass zum Beispiel 13 Reasons Why alleine Schuld für so viele Suizide auf einmal sein wird. Selbst dann identifizieren sich die Personen ja irgendwie mit der Protaginistin, und da wird es bereits Probleme vorher gegeben haben.
Bei der Pro-Ana Bewegung wird es wohl ähnlich sein. Magersucht ist viel komplizierter, als es die meisten denken. Nicht nur Hungern gehört dazu, da ja Magersucht bereits im Kopf beginnt (man fühlt sich zu dick/schlecht/schwach; man möchte etwas erreichen, was die anderen nicht schaffen; Hungern ist ein Zeichen von Stärke etc). Gesunde Menschen reden sich das nicht einfach so ein, auch das sind Probleme, die aber nur die wenigsten ernst nehmen (bekanntlich sind magersüchtige Personen ja arrogant, lassen sich von Models beeinflussen, fühlen sich soooo viel besser und machen fatshaming etc -.-). Ich frage mich, ob all diese Vorurteile jemals vergehen. Ich würde da auch ganz vorsichtig sein. Ihr kennt die Person nicht, sie kann euch was vormachen. Und wieso ist man sich so sicher, dass sie nicht bereits diagnostiziert worden ist?
Ernstgenommen werden leider immer noch viel zu wenige. Suiziddrohungen werden nicht beachtet oder man unterstellt der Person, dass sie nur Aufmerksamkeit will. Tja, bis es dann zu spät ist.
"Online-Diagnosen" sind meiner Meinung nach ein guter Anhaltspunkt, SOLANGE man vernünftig bleibt und die Sorgen seit mehreren Wochen da sind. Ich meine jetzt nicht, dass man von sich sagt, man habe eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung und die Diagnose dazu (das stimmt nämlich nicht), aber mit den Onlinetests findet man heraus, was los sein könnte. Ohne das Internet wär ich nie im Leben draufgekommen, dass ich Depressionen haben könnte. Und wie soll man zum Psychologen gehen, wenn man keine Ahnung hat, was eigentlich los ist? Man kann ihn ja auch darauf ansprechen, dass man diverse Symptome teilt, die zu X gehören, und dann lässt man das abklären.
Nur soll man nicht alles, was man liest, direkt so interpretieren. Als ich all diese Symptome gelesen habe, hätte ich denken können, ich sei ein schizophrener Soziopath mit diversen Zwangsstörungen; beim Psychologen warens aber Depressionen, Sozialphobie und Verdacht auf BPD.
Und btw, ich glaube ehrlich gesagt nicht dass man so falsch liegen kann, wenn man seit mehreren Wochen denkt, man sein depressiv. Jede 2-3. Person leidet einmal in ihrem Leben an Depressionen, also so eine wahnsinnige seltene Krankheit ist das nicht mehr. Und auch Burnouts werden immer häufiger.
Ich habe trotzdem das Gefühl, dass viele Personen ein falsches Bild von psychischen Störungen haben (ein "Psycho", der mit Zwangsweste in einer Gummizelle sitzt...). Dabei sind psychische Krankheiten gar nicht selten, aber halt einfach nicht so schwer (müssen ja nicht direkt Psychosen sein). Würde man eine Person, die panische Angst vor Spinnen hat, als psychisch gestört abstempeln? Wohl kaum, obwohl es eine Angststörung ist (immerhin kann eine kleine, ungiftige Spinnen den Menschen nichts antun). Und Nägelkauen, was in vielen Fällen eine Zwangsstörung (und allenfalls zu SVV zählen kann) ist, wird auch nicht so beachtet. Auch Süchte gehören zu den Verhaltensstörungen. Selbst ein Fetisch ist eine Sexualstörung. Und mit dem Alter kann auch Demenz dazukommen... Ich glaube also kaum, dass die wenigsten Menschen nicht mindestens einmal in ihrem Leben psychisch krank waren.
Aber, hallelujah, die meisten psychischen Erkrankungen sind behandel- oder sogar heilbar, auch ohne Medikamente :')
Und was ganz wichtig ist (jetzt vorallem für Betroffene): Psychische Krankheiten machen die Person nicht aus! Eine Person ist so viel mehr als psychisch gestört, sie kann zum Beispiel gut zeichnen, spielt hervorragend Klavier, ist humorvoll, sportlich, hilfsbereit, etwas launisch, schüchtern, kann gut trösten... und ich finde es sehr wichtig, dass man sich das bewusst ist, und nicht denkt, nur weil man zum Beispiel manisch-depressiv ist, dass man dann weniger wertvoll ist oder so, das stimmt nämlich überhaupt nicht!
(kleiner Edit: depressiv sein und deprimiert sein ist übrigens nicht dasselbe, deprimiert sein bedeutet, man ist traurig oder niedergeschlagen, und depressiv, dass man an Depressionen leidet. Nur so als kleiner Hinweis ^^')