Liebe Raiu,
Ich bin dein Wichtelpartner und stelle endlich so kurz vor Weihnachten dein Geschenk rein. Ich weiß, es hat lange gedauert, aber mir fiel einfach keine gute Geschichte ein, die ich dir hätte scheknken können.
Ich habe so lange darüber nachgedacht bis mir dann endlich diese kleine Geschichte eingefallen ist.
Ich hoffe, dass sie dir gefällt und wünsche dir noch ganz schöne Weihnachten mit viel Freude und Geschenken!!
Alles Geld der Welt
Katrin hielt die warme Tasse mit Tee zwischen ihren kleinen Händen und starrte voller Begeisterung und Freude auf den riesigen Fernseher, wo gerade ein großer Tannenbaum anfing zu leuchten und alle Leute um ihn herum standen und anfingen zu singen. Ihr Blick flog nach rechts, wo auch ein wunderschön geschmückter Baum stand und sie durch das Flackern der Kerzen anzuzwinkern schien. Keine Lampe war im Zimmer an, nur die Kerzen, die Lichterkette und der Fernseher spendeten Licht.
Katrin grinste breit und sah wieder hoch um die Geschichte weiter zu gucken, wobei ihr Blick kurz auf die Uhr darüber fiel. Der große Zeiger war auf der Zwölf und der kleine auf der Acht. Ihr Vater hatte ihr erklärt, dass er immer nach Hause kommen würde, wenn der kleine Zeiger auf der Neun steht und der große auf der Zwölf. Bald würde er kommen!
Es klopfte leise und sie sah zur Tür. Ein alter Mann mit grauen Haaren steckte den Kopf herein und lächelte das kleine Mädchen, was fast in der Decke, die um ihre Schultern lag, verschwand, an.
„Kleine Miss. Wollen sie noch Kekse? Die Köchin hat gerade ein Blech fertig.“ Katrin nickte heftig und sprang auf. „Ich helfe beim verzieren!“, rief sie und lief auf ihn zu. Er nahm ihre kleine Hand in seine, warf einen kurzen besorgten Blick auf die Uhr und dann gingen sie gemeinsam in die Küche.
Es war heiß dort und roch lecker nach Teig. Die Köchin, eine etwas dicklichere Frau mit schwarzen Haaren, stand am Herd und balancierte ein Blech auf ihren Händen, während sie ein weiteres in den Ofen schob und gleichzeitig ein paar Schüsseln auf dem Tisch zur Seite bewegte um dort die Kekse abzulegen. Sofort war Katrin bei ihr, schob die überflüssigen Sachen zur Seite und starrte mit großen Augen auf die goldbraunen Kekse.
Die Köchin lächelte fröhlich auf das kleine Mädchen und fuhr ihr durch die braunen langen Haare, die ihr über den Rücken fielen. „Na, meine Kleine. Willst du mir helfen?“ Katrin grinste zu der Frau nach oben, wobei man deutlich die zwei fehlenden vorderen Schneidezähne sehen konnte. Der Butler stellte sich neben das Mädchen, während die Köchin eine Schüssel mit warmer flüssiger Schokolade neben die Kekse stellte und Streusel in einer anderen daneben.
Sofort schnappte Katrin sich einen Keks, tauchte ihn in Schokolade und dann kurz in die Streusel und hielt ihn dann triumphierend hoch. Der Butler hielt ihr einen Teller hin, worauf sie ihn ablegte und gleich den nächsten Keks nahm. So entstanden leckere Weihnachtsmänner, Tannenbäume, Sternschnuppen und Engel, alle Schokolade überzogen und mit Streuseln verziert.
Katrin hatte rote Wangen vor Freude, Mehl auf der Stirn und am Kinn und Schokolade in den Mundwinkeln, weil sie immer wieder einen Finger in die flüssige Süßigkeit steckte. Die Köchin lachte und sah das Mädchen liebevoll an, was ihr einen Keks hinhielt und sie dabei aus großen braunen Augen sie ansah. Sie ließ ihn sich in den Mund schieben und kaute genüsslich, was Katrin noch breiter strahlen ließ.
Da hörten sie die Haustür aufgehen und alle drei drehten sich in die Richtung. Der Butler ging nachschauen, wer es war, während die Köchin mit besorgter Miene dem Mädchen das Mehl aus dem Gesicht wischte und ihr rotes Kleid nochmal richtete, damit es wieder ordentlich saß.
Im Flur stand eine blonde Frau mit einen engen roten Kleid, die einen jungen Mann küsste und leise kicherte. Sie schwankten beide und sie schob ihn in Richtung Schlafzimmer als sie die Rufe ihrer Tochter hörte: „Mami!“ Ihre Augen weiteten sich vor Schreck und sie ließ die Schlafzimmertür noch gerade rechtzeitig hinter dem Mann zufallen, bevor Katrin aus der Küche kam und auf ihre Mutter zulief. Diese wehrte die Umarmung ihrer Tochter elegant ab und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
Das Mädchen lächelte glücklich und hielt stolz einen Keks in der Hand. „Für dich! Hab ich mit Mary gebacken!“ Ihre Mutter nahm den Keks mit spitzen Fingern und biss ein kleines Stück ab, denn sie wollte ja nicht dick werden von solchem Süßkram.
Dabei blickte ihre Tochter sie mit strahlenden Augen an. Sie liebte ihre Mutter so sehr. Sie roch immer so blumig, ihre Haare waren immer perfekt gemacht und ihre Lippen waren immer blutrot. Das Telefon klingelte und kurz sah die Frau auf. Aber da nahm auch schon der Butler ab und nickte einmal. „Ja, Herr.“
Ein kleines Lächeln erschien auf ihren Lippen. Er würde heute wieder nicht nach Hause kommen!
Katrin steckte sich auch einen Keks in den Mund und sah kauend zum Butler hin, während sie die Hand ihrer Mutter nahm und sie ins Wohnzimmer zu ziehen versuchte. Aber diese bleib eisern stehen und beachtete ihre Tochter gar nicht, die sagte: „Komm mit! Wir haben alle gemeinsam das Wohnzimmer geschmückt! Tomas, Mary und ich! Das musst du sehen, Mami!“
Da legte der Butler auf und sah die beiden an. Seine Augen waren verengt und er kniff die Lippen fest aufeinander. „Der Herr wird heute Abend leider nicht anwesend sein. Es gibt dringende Geschäfte in Berlin zu erledigen." Katrin verzog den Mund und starrte betrübt zu Boden. Er hatte doch versprochen zu kommen! „Aber er sagt, dass Ihre Geschenke schon unterm Baum liegen. Er hat versprochen, sobald er kann, zu kommen. Und er wünscht Ihnen schöne Weihnachten!“ Katrin grinste nun wieder, hüpfte jauchzend hoch und rannte ins Wohnzimmer, während sie rief: „Papi kommt bestimmt bald! Und dann spielen wir alle gemeinsam mit meinen Puppen und essen Kekse und trinken Tee!“
Ihre Mutter trat zu dem Butler und streckte auffordernd die Hand aus. Er gab ihr fünf hundert Euroscheine, die sie lächelnd in ein kleines Handtäschchen verschwinden ließ. „Beschäftigen sie sich mit dem Kind und kommen sie ja nicht in Schlafzimmer.“
Damit drehte sie sich um und ging ins besagte Zimmer, ohne zurück zu blicken. Er sah ihr hinterher, dann fiel sein Blick auf den Keks, der achtlos auf der Kommode neben der Wohnzimmertür lag und nur einen kleinen Bissen aufwies. Schnell nahm er ihn und ging in die Küche.
Mary stand vor dem Herd und sah ihn an, während er den Keks wegwarf. „Er kommt wieder nicht, oder? Und sie ist auch verschwunden.“ Er nickte und beide sahen zur Tür, wohinter das Wohnzimmer und Katrin lagen, die sicher schon die Geschenke voller Freude aufriss.
Mary nahm den Teller mit den Keksen, schüttelte den Kopf und ging zu dem kleinen Mädchen. Es war jedes Jahr dasselbe!
Sie saß mit leuchtenden Augen vor dem glitzernden Baum und um sie herum lag zerrissenes buntes Geschenkpapier verteilt. Sie hatte Kleider, Puppen und ein Puppenhäuschen bekommen, worin sie ihre Lieblingspuppe schon gelegt hatte und die beiden Erwachsenen fröhlich ansah.
„Kommt! Wir können zusammen spielen!“ Ein Lächeln zauberte sich auf die Gesichter von Mary und Tomas, sie setzten sich zu dem Mädchen auf den Boden, aßen Kekse und spielten mit Puppen unterm Tannenbaum, während der Mond draussen am Himmel stand und kleine weiße Flocken auf die Erde fielen um alles unter ihnen zu verdecken.
Das war's. Ich hoffe dir hat es gefallen. Und genieße die Festtage.
LG -Lucia