Kapitel 14:
In Stolloss’ Blick sieht man, dass er davor nicht zurückschrecken würde, Herrn Milotic zu töten.
„Wie ist dein Name?“, fragt Lohgock leise. Stolloss sieht ihn an. Ein durchbohrender Blick.
„Stolloss. Ihr seid Karadonis und Lohgock, stimmt’s? In der Zeitung steht, ihr würdet nach mir suchen. Nun habt ihr mich erfolgreich gefunden. Herzlichen Glückwunsch!“, sagt Stolloss.
„Humor hast, also bist du nicht wie andere Mörder“, erkennt Lohgock.
„Ja, ja“
„Ja! Was willst du haben, damit keiner sterben muss?“
„Keiner sterben muss? Es sind schon zwei tot! Oder siehst du hier irgendwo meine Meditalis? Nein!“
„Bitte, sag einfach was du willst, wir geben es dir!“
„Das Geld! Ich will den ganzen Safe von diesem Milotic hier!“
„Nein! Nicht mein Geld!“, keucht Herr Milotic. Stolloss drückt leicht die Lunge von Herr Milotic zu. Aber Herr Milotic kann immer noch ein wenig atmen.
„Farbeagle. Bring uns zum Safe“, befiehlt Lohgock.
„Was machst du denn?“, zischt Karadonis. Lohgock beachtet ihn gar nicht. Er sieht nur Farbeagle an.
„Jawohl, Sir. Wenn das das Leben von Herrn Milotic rettet, tue ich alles!“, sagt Farbeagle. Er öffnet eine Tür in der Küche. Dort wurden Karadonis und Lohgock vorhin nicht rumgeführt. Farbeagle geht voraus. Dann geht Stolloss mit Herr Milotic unterm Arm durch die Tür und schließlich folgen auch Karadonis und Lohgock.
Der folgende Raum ist belichtet. Der Boden und die Wände bestehen aus blauen Kacheln, keine Gegenstände. Es ist ein langer Gang. Kein Ende ist in Sicht.
„Hey, Farbeagle! Was soll der Mist? Hier ist kein Safe!“, ruft Stolloss wütend.
„Er kommt ganz am Ende des Ganges. Bitte gedulde dich noch ein wenig!“
„Du hast mir gar nichts zu sagen, du unterrangiges Ding, du!“, schreit Stolloss. Farbeagle gibt einen leisen Seufzer von sich.
Stolloss dreht sich zu Karadonis und Lohgock um. Er läuft rückwärts weiter.
„Ihr beiden! Wenn ihr irgendwie versucht, mich aufzuhalten, ich sag euch, ich schrecke vor nichts zurück! Von mir aus jage ich euch alle in die Luft!“, ruft Stolloss drohend.
„Du hast keine Bombe mehr dabei. Keiner versteckte Tasche, das sehe ich sofort“, sagt Lohgock ruhig.
„Habe ich was von einer Bombe gesagt? Ich bin ein starkes Pokemon. Wenn ich meine ganze Energie frei lasse…oho…dann ist die Hälfte von Einall nur noch ein riesiger Haufen Asche!“
„Noch haben wir nicht versucht dich aufzuhalten, also mach nicht so einen Aufstand!“
Stolloss fällt keine passende Antwort ein und dreht sich wieder um.
Nach einigen Minuten ruft er: „Farbeagle, ich habe keine Lust mehr auf deine blöden Scherze!“
„Was denn? Der Safe kommt bald!“, wehrt sich Stolloss.
„Nein! Bring mich gefälligst zum Safe!“
„Ich bin ja grad dabei“
„Sei leise und geh weiter!“, befiehlt Stolloss und der Weg wird fortgesetzt.
„Wie lautet dein Plan?“, flüstert Karadonis.
„Welcher Plan?“, fragt Lohgock.
„Das war jetzt ein Scherz, oder?“
Karadonis bekommt als Antwort nur ein breites Grinsen, was ihn mächtig ärgert. Endlich kommt ein Ende des Ganges in Sicht. Eine graue, metallene Tür. Der Safe.
„Jetzt ist es soweit“, murmelt Lohgock leise. Er rennt los, springt und rammt Stolloss mit Turmkick direkt in den Rücken. Stolloss fällt hin und lässt Herr Milotic los. Dieser schlängelt sich sofort hinter das FBI-Team. Farbeagle bleibt einfach stehen. Stolloss steht wieder auf. Seine Augen haben sich von ozeanblau in drohendes feuerrot gefärbt.
„Es reicht! Ihr nervt! Ich habe euch gewarnt! Ich schrecke vor nichts, aber auch gar nichts, zurück!“, brüllt Stolloss wütend. Er dreht sich zu Farbeagle um. Dieser geht ein paar Schritte zurück. Stolloss lächelt. Er streckt seinen rechten Arm nach hinten. Ein leuchtendes, bumerangförmiges Etwas formt kommt aus dem Arm raus. Stolloss streckt seinen Arm nach vorne. Das bumerangähnliche Etwas fliegt nach vorne, direkt auf Farbeagle zu. Karadonis hält sich die Augen zu. Lohgock und Herr Milotic können vor Schreck nur die Wand ansehen.
„Nein!“, schreit Herr Milotic noch, aber es ist schon zu spät. Lohgock sieht an der Wand den Schatten von Farbeagle. Er sieht, wie der Schatten waagerecht in zwei geteilt wird. Der Oberkörper fällt nach hinten, der Unterkörper klappt nach vorne.
Stolloss dreht sich um. Er atmet laut.
„Ihr verdammten Idioten! Ich hätte keinen von euch getötet, aber jetzt geht ihr alle drauf! Und ich laufe dann fröhlich mit dem Geld nach Hause!“, lacht Stolloss.
„Du bist doch total verrückt, du mieses Pokemon!“, schreit Milotic. Tränen laufen aus seinen Augen.
„Ja, ich bin verrückt! Aber ich bin stark, stärker als ihr alle!“ Er streckt seinen Arm wieder zurück und das Etwas erscheint. Lohgock und Karadonis sehen sich an. Dann nicken sie sich zu. Stolloss streckt seinen Arm nach vorne. Das Bumerangding fliegt auf die beiden zu. Dann geht alles blitzschnell.
Das Etwas erreicht Karadonis und Lohgock. Lohgock schlägt zu und berührt das Ding nur weniger als eine Millisekunde, kurz danach macht Karadonis dasselbe. So fliegt das leuchtende Teil wieder zurück. Stolloss bemerkt es zu spät. Er wird, genau wie Farbeagle, waagerecht in zwei geteilt. Er ist tot.
„Ihr habt…gewonnen…“, sagt Milotic mit viel Trauer in der Stimme.
„Wir haben zwar ein Opfer bringen müssen, aber ich glaube, Farbeagle wollte nur, dass Sie überleben“, sagt Karadonis und legt seinen Arm um Herrn Milotics Hals. Herr Milotic nickt. Eine Träne fällt runter auf den Boden.
„Und ihr Geld ist in Sicherheit“, sagt Lohgock. Herr Milotic nickt.
„Danke. Darf ich nun bitte alleine sein. Noch mal mit Farbeagles Teile?“
„Klar“, sagt Lohgock. Er geht zu den zwei Teilen von Stolloss. Seine Augen sind geschlossen, der Mund steht offen. Lohgock nimmt den Oberkörper.
„Karadonis, hilf mir!“, befiehlt Lohgock. Karadonis läuft zum Unterkörper und wirft ihn sich über die Schulter. Dann verlassen sie den langen Gang.
Herr Milotic schlängelt sich zu Farbeagle.
„Weißt du, Farbeagle, vielleicht bis du nun im Pokemonhimmel und kannst mich dort hören. Oder du bist als Geist in meiner Nähe und kannst mich so hören. Oder du bist einfach tot, und da ist nichts. Aber trotzdem möchte ich dir noch etwas sagen. Vielleicht habe ich dich manchmal ungerecht behandelt. Und ich habe dich meistens herumkommandiert, aber so war das nie gemeint. Du warst ein guter Freund. Der beste, den ich je hatte. Ich weiß nicht, was ich nun machen soll! Ohne dich! Ich brauche einen neuen Freund! Einer, der mir die Wäsche wäscht, einer, der mir mein heißes Wasser in die Badewanne lässt. Ich brauche einen Freund wie dich. Aber so einen guten Freund wie dich, werde ich nie wieder finden! Denn du warst einmalig! Und wirst auch immer einmalig bleiben…“, sagt Herr Milotic. Die Tränen laufen und fallen nur so.
Aber Farbeagle hat die emotionalen Gefühle mitgehört. Er steht als Geist hinter Herrn Milotic.
„Oh, Herr Milotic. Ich wünschte, Sie könnten mich jetzt hören. Sie waren der beste Freund, den ich mir je vorstellen konnte!“, ruft Farbeagle. Auch ihm laufen die Tränen. Denn auch als Geist hat man Gefühle.
Aber er ist nicht umsonst gestorben. Er ist für eine Gute Tat gestorben. Er ist für seinen besten Freund gestorben…