Er tauschte einen stillschweigenden Blick mit Celebi aus – es war sein einziges Pokémon. Aber es zog für ihn in den Kampf. Er war sich sicher, mit diesem Pokémon Herr über die Schlacht zu werden. Und doch konnte er nur zu sehen.
Pikachu setzte „Fluch“ ein, und nun wusste er nicht einmal, ob Pikachu überhaupt in der Lage war, diese Attacke zu erlernen. Celebi setzte „Abgesang“ ein. Er wusste, dass er dann den Kampf verlieren würde – entweder ging Pikachu noch vorher K.O. oder sie beide würden nach der dritten Runde ohnmächtig.
Als Vergeltung setzte Pikachu Dreschflegel ein, aber Celebi sang einfach weiter. In seiner Not setzte Pikachu Frustration ein und stampfte Celebi mit dem Schwanz in den Boden.
Vergeblich versuchte Celebi sich in dieser Position zu rühren. Geschwächt und von einer seltsamen Aura umgeben, verwendete Celebi sein Item „Schmerz-Splitter“ – es teilte sein Leid mit dem Feind und konnte sich dadurch von Pikachu befreien. Pikachu konterte noch mit „Horrorblick“, sodass Celebi nicht fliehen konnte…
Doch die drei Runden waren um…. Die Zeit war um…
Celebi stellte seine Bewegungen ein und fiel mit einem dumpfen Knall nach hinten. Dort blieb es liegen und starb leise…
Und Pikachu….. War es Abgangsbund?
Er schaute Rot an… sein Ruhm, sein Intellekt und seine Leistungen… alles vernachlässigt. Der Abgangsbund zog sich um Rot und seinen Körper. Und da lag er dann mit enthauptetem Körper auf den Boden. Die Umgebung um ihn herum verzerrte sich, er schloss die Augen. Sein Herz wurde ihm eng in der Brust und sein Atem pochte ihm laut in den Ohren.
Und als er sich wagte, sie wieder zu öffnen, befand er sich an einem Ort der Vertrautheit, … er war Zuhause. Sein Zimmer immer noch gut gepflegt. Auf seinem Bett lagen saubere Leinentücher ausgebreitet und mit einem Blick zum PC sah er trotz seiner längeren Abwesenheit nur eine leichte Staubschicht. Es war, als hätte er dieses Zimmer nie verlassen, als wäre er nie auf Reisen gegangen.
Erschrocken und überwältigt zugleich fiel er auf die Knie – oder auf das, was seine Knie hätten sein sollen. Ein Kopf war alles, was von ihm übrig geblieben war.
Und dann kamen die Icognitos wieder zu ihm zurück.
Er las ab: „No More…. Nie wieder.”
Hoffnungslos starrte er in ihre Augen, während aus seinen eigenen rote Tränen tropften. Er unterdrückte ein Schluchzen, stand auf und blickte zur Tür. Der Türknauf fühlte sich in seiner Hand einst immer kalt an, wenn er ihn berührte, doch nun ging die Tür einfach knarrend auf und offenbarte die Treppe, die in die Dunkelheit führte. Langsam… sorgfältig bahnte er sich seinen Weg nach unten, eine Schleife von Gedanken trübte seinen Geist.
Er hatte angenommen, dass dies hier kein Alptraum war. Aber es gab auch keine süße Realität, aus der er erwachen könnte… denn das hier, das alles war seine Wirklichkeit. Eine Metapher, die sein Leben umschrieb und ein Spiegel, der es wiedergab. Er begann alles miteinander zu verknüpfen: sein Vermächtnis, seine Leistungen, seine Reisen… all das ging verloren.
Das Erdgeschoss war so, wie er es erwartet hatte: schwach beleuchtet und mit Schmutz und Spinnenweben bedeckt – ein starker Kontrast zu seinen Zimmer. Er ging zu dem Tisch, blieb aber kurz vorher stehen und überprüfte ihn. Es gab vier Stühle, von denen zwei nie benutzt wurden. Er stellte mit einem melancholischen Ausdruck fest, dass einer der anderen Stühle schief stand. Dort pflegte seine Mutter immer zu sitzen, von dort begrüßte sie ihn jedes Mal, wenn er nach Hause kam, mit einer warmen Mahlzeit und einer noch wärmeren Umarmung. Wo aber war sie jetzt?
Ihre Abwesenheit hatte eine eindringliche Wirkung auf ihn und die Einsamkeit darauf folgte schnell. Er war verzweifelt bemüht, diese Lücke der Leere zu füllen.
„Willkommen zurück“, grüßte er leise für sie.
Er antwortete für sich selbst: „Ich habe dich vermisst, Mama.“
Diese Worte, die er aufbringen konnte, waren ihm nicht mehr vertraut, aber sie waren das einzige, an das er sich noch erinnern konnte.
Er drehte seinen schweren Kopf in Richtung der offenen Eingangstür. Wie erwartet gab es nur Vergessenheit jenseits der Tür, und als er in die schwarzen Schatten trat, ließ er seinen Blick noch einmal durch den Raum schweifen. Er überlegte, ob es noch vorhanden war… Neuborkia. Er konnte sich nicht erinnern. Dann ging er weiter, die Stunden dehnten sich…
Die Leere, die sich auf seinem Weg hinweg zog, bot dem müden Pilger keine Atempause… aber das war in Ordnung. Andere sind diesen Weg vor ihm gegangen – und er fand, je weiter er ging, dass er sich schwächer und schwächer, dass er sich alt und abgenutzt fühlte. Er spürte, wie er in jeder Sekunde zu Staub verfiel. Jeder Schritt schien ihm von seiner Jugend abgezogen zu werden – Und plötzlich war er der älteste Junge der Welt…
Die Botschaften der Icognitos wurden ihm immer klarer:
Er starb. Sowohl er als auch das Feurigel…
Sterben. Das Celebi und seine Erinnerungen an ihn…
Nie Wieder. All dessen was er bekundet hat, alles was er war.
Ihm wurde alles so klar, und er wollte einfach nur aufgeben und sich hinlegen – wollte all das Blut aus seinen Augen tropfen lassen, bis er daran ertrank.
Aber dann sah er ihn… ein Junge stand vor ihm. Golds Augen starrten zurück. Seine Hände waren in seinen Taschen verborgen und trotz seines feierlichen Ausdrucks, schien sich eine Spur Arroganz in sein Gesicht zu schleichen. Er trug seine Kappe nach hinten gezogen, als wollte er sich von den anderen, die dieselbe Kappe tragen würden, unterscheiden.
Er studierte diesen Jungen – verpflichtete sich, jedes Detail an ihm aufzunehmen. Denn ihm war, als ob es das letzte Mal sein würde, dass er hier jemanden sah. Die beiden standen sich gegenüber, und als dieser sprach, schienen Jahrhunderte vergangen zu sein.
„Auf Wiedersehen.“
Der Junge nickte: „Auf Wiedersehen… für immer….“
Und dann löste er sich auf, bis nichts mehr von ihm zu sehen war.
„R.I.P….. Ruhe in Frieden“, lautete die Inschrift.
Darauf folgte keine Veherrlichung, denn auf dem Grabstein war nur eine obligatorische Gravur von Worten eingebettet; Worte für gesichtslose Männer und Frauen, die über alle Zeiten hinweg, wiederholt werden. Doch an diesem Abend konnte man im Todesschweigen einen leisen Gesang hören…. Sechs Icognitos tanzten um das Grab und sandten ihre letzte Botschaft:
„Im dead… Ich bin tot.“
Aber wer war „Ich“?
Einst hatte er sich einen Namen gemacht… für all die tausenden Schritte, die er während seiner Reise durch die Regionen gelaufen war…. für all die Kämpfe und Herausforderungen, die er gemeistert hatte… für all seine Leistungen der Champion zu werden…. und für das Fangen des glänzenden Celebi… für all dies… und dennoch war sein Name für immer verloren.