Kapitel 1 - Erwartungen
Staunend sah ich dem Pokéball nach, wie der kleine runde Ball in die Luft flog und an seinem Scheitelpunkt wieder in gleicher Flugform nach unten schoss. In diesem Moment war mein Kopf einfach leer, so überwältigt fühlte ich mich von der ganzen Angelegenheit. Ich hätte nicht ein Wunschpokémon nennen können und so war ich doch ein wenig erleichtert, als ich sah, dass der Pokéball langsam in ein weisses Licht eingetaucht wurde und sich die anfangs Kugelform in eine kleine Gestalt umwandelte. Und dann sah ich das Pokémon, ein hübscher blauer Fisch mit einer wunderschönen Krause. Ich fühlte sofort die Glückshormone in mir hochwallen und schämte mich fast ein wenig, so rot lief ich an vor Freude.
Der Professor war während der ganzen Prozedur nur neben mir gestanden und hatte sich nun einem Labortisch zugewandt. Er öffente mit einem Ruck die unterste Schublade und nahm ein kleines Gerät hervor und streckte es mir hin: "Dies ist ein Pokédex. Du kannst ihn sicher brauchen. Er wird dir so manches offenbaren." Überrascht über das Geschenk nahm ich ihm das kleine metallene Stück moderne Technik aus der Hand und vergass dabei sogar, danke zu sagen. Sofort wollte ich den Pokédex ausprobieren und so öffnete ich ihn langsam und zeigte damit auf mein Pokémon, welches ich völlig an der Seite liegen gelassen hatte. Eine metallene Frauenstimme begann, über das Pokémon etwas zu erzählen: "Finneon - Das Flügelfisch-Pokémon. Aufgrund seiner beiden Schwanzflossen, die beim Schwimmen, wie Flügel flattern, wird Finneon auch der Schmetterling des Meeres genannt. Die Linie an seiner Seite kann Licht speichern. In der Nacht leuchtet dieses Pokémon sehr intensiv. Durch seine Fähigkeit Sturmsog treffen ihn jegliche Wasser-Attacken. Seine Attacken sind Pfund, Anziehung, Regentanz und Aquaknarre." Gespannt hatte ich dem Pokédex-Eintrag zugehört und war nun umso überraschter, dass das Pokémon schon so viele Attacken beherrschte. Doch dabei vergass ich das Wichtigste: Finneon war wie auf der Seite gelassen und so wandte ich mich dem Pokémon zu und sah es fröhlich an. Ein warmes Gefühl hatte sich auf meinem Rücken gebildet. Was war, wenn ich den ersten Eindruck bei Finneon schon völlig versaut hatte? Ich streichelte über den kühlen Körper von Finneon, welches sich ein wenig beruhigt hatte, und trotz des Wassermangels schien sich das Pokémon wohl zu fühlen.
Die warme Nachmittagsluft strich mir über das Gesicht und mit festem Griff hielt ich den kühlen Pokéball in meiner Hand. Wo sollte ich jetzt hingehen? Nach Hause wollte ich im Moment nicht. Meine Oma kam ganz sicher auch ohne mich zurecht. Ich wollte mit meinem Pokémon endlich einen Kampf bestreiten, möglichst da, wo Finneon einen Vorteil hatte. Der Hafen wäre ganz sicher ein guter Ort. Und so mache ich mich auf in diese Richtung.
Die Wolken hatten inzwischen die Sonne verdrängt und die warme Luft wich einem deftigen fischigen Geruch, den ich jedoch nicht besonders schlimm fand. Einige Karpadore schwammen um die Schiffe, andere sprangen durch die Luft. Doch diese waren kein Gegner für mein Finneon. Auf einmal wurde meine Aufmerksamkeit von einem lauten Geräusch angezogen. Es hörte sich an wie eine sehr starke Attacke, vielleicht ein Solarstrahl oder Feuerodem. Der Wettkampf-Geist in mir wurde natürlich sofort geweckt und ich tappte zu einem kleinen Lagerhaus, welches neben dem Hafen steht. Die Tür stand nur einen Spalt offen, doch ich konnte die Energie sichtlich spüren. Meine Haaren standen senkrecht auf und eine leichte Kälte breitete sich auf meinem Gesicht aus. Ich war völlig unentspannt und doch so neugierig, dass ich immer weiter darauf zu laufe. Langsam schleiche ich mich zum Spalt hin, da es ja doch eine intime private Sache war, so ein Kampf.
Noch bevor ich überhaupt einen Blick in den Raum werfen konnte, klopfte mir jemand auf die Schultern und sofort kehrte das kalte Gefühlt auf meinen Fingerspitzen zurück. Ich drehe mich um und sehe in ein Männergesicht. Eine fette, lange Narbe prangt auf seinem Gesicht und leichte Stoppeln zieren seine Wangen und sein Kinn. Dann drehte sich bei mir alles und auf dann packte mich die Nacht. Alles wird schwarz und ich schwebte gedanklich weit weg, ins Nichts.