Kapitel 19: La, ti... Latios und Latias
Gleich am nächsten Morgen wurde Isabell wach, als die Sonne aufging. sie konnte schon ein paar Geckarbor beobachten, die in der stetig steigenden Wärme des Tages schon zwischen den Bäumen umherhuschten. Das Mädchen richtete sich auf und öffnete die Hand. Sie hatte also tatsächlich nicht geträumt; in ihrer Hand lag das Medallion, das sie letzte Nacht von Samanta, dem Seedraking ihrer Mutter erhalten hatte. Als ihr PokéFriend auch in die offene Handfläche starrte, klappte ihr vor Verblüffung die Kinnlade runter.
"Aber-aber" stammelte sie. Mehr brachte sie nicht raus. "Erzähl ich dir ein andermal!" vertröstete ihr Trainer sie. In diesem Moment ging die Tür der kleinen Hütte ihrer Großtante auf und diese und ihr PokéPartner traten heraus.
"Na, gut geschlafen?" fragte die Frau und lächelte gutmütig.
"Ja...ich glaube schon" sagte Isabell. Vorsichtig hing sie sich die Kette um. Seltsamerweise war das Glied, das gerissen war, wieder repariert. Noch seltsamer kam es ihr vor, als ihre Tante sie nicht danach fragte. Aber es war auch besser so. Sollte sie ihr etwa erzählen, dass sie letzte Nacht einen Geist gesehen hatte? Das wäre völlig absurd! Aber sie nahm sich vor, Hanna beim Frühstück indirekt so etwas zu fragen. Doch dann dachte sie noch mal nach. Es hatte keinen Sinn, ihr etwas zu verheimlichen, sie würde doch ihre Gedanken lesen!
Aber dennoch, sie würde fragen, ganz sicher! Und beim Frühstück tat sie das auch. "Hanna" begann sie, während sie eine Scheibe Brot beschmierte. "Was weißt du über... Geister?"
"Meinst du Geisterpokémon?" fragte ihre Tante zurück.
"Ähm... nein" gab Isabell zu. "Über... richtige Geister." Sie wandte den Blick ab, aus Hoffnung, Hanna könne dann ihre Gedanken nicht lesen.
"Nun ja, ich bin selbst noch keinem begegnet, doch ich weiß einiges darüber: Du weißt ja, dass die Verbindung zwischen Trainer und Pokémon sehr stark ist. Und wenn der Mensch stirbt, dann bricht diese Energie ganz plötzlich. Sie fliegt dann drei Jahre lang durch die Welt, und nach exakt drei Jahren stellt sie sich noch mal auf und wenn ein Mensch, der mit dem verstorbenen Trainer nah verwandt ist, gerade in der Gegend ist, dann kann er diese Energie als Geist in Form des PokéPartners sehen, der gestorben ist. Viele sagen, dieser Geist habe dann sogar die Augen dieses Menschen gehabt. Nach dieser Begegnung passierten viele Dinge, die eigene Bindung zu dem Pokémon wird stärker, das Pokémon lernt eine neue Attacke, verlorene Dinge tauchen wieder auf..." Damit sah sie auf das Schmuckstück an Isabells Hals.
Isabell biss in ihr Brot und dachte nach. Also war es tatsächlich der Geist ihrer Mutter gewesen, beziehungsweise die Energie, die sie und ihr Pokémon verbunden hatte.
"Möchtest du nach dem Essen etwas trainieren?" fragte Hanna und biss ebenfalls ab.
"Und was? Wir haben in den letzten Tagen doch alles durchgenommen!"
Ihre Tante schluckte. "Alles, bis auf´s Käpfen!" antwortete sie dann.
"Käm...pfen?" wiederholte Isabell. Hanna nickte.
Also fingen sie nach dem Essen gleich an. Samanta sollte gegen Martha kämpfen und dabei ging es weniger ums Gewinnen oder Verlieren, sondern ums Kontern und Wissen, welche Attacke als nächstes kommt. Isabell und ihr Pokémon taten sich schwer und versuchten zwar ihr Bestes, aber sie brachten es einfach nicht auf die Reihe. Erschöpft ließ sich Isabell auf eine Baumwurzel sinken. Dabei blieb ihr Medallion an einem Ästchen hängen und öffnete sich! Erschrocken schloss sie es eilig wieder.
Doch es war zu spät. Nicht zwei Minuten später hörte Isabell schon einen ohrenbetäubenden Schrei. Sie sah in den Himmel - ein Panzaeron! Also hatte Kasimir das Signal bereits erhalten und seinen Schergen nach ihr geschickt! Doch bevor sie oder ihre Tante oder die beiden Pokémon reagieren konnten, hatte der riesige Metallvogel schon das Trasla gepackt und mitgerissen. "Nein!" Doch schon bekam sie wieder Seitenstechen. Im Innern verfluchte sie das Stahlpokémon, bis sie vor Schmwerzen zusammensackte.
"Was machst du da?" hörte sie die Gedanken ihrer Großtante in ihrem Kopf. "Verlasse dich nicht auf der Schicksal, oder auf dein Medallion, du musst selbst nach den Kräften greifen, die in dir schlummern."
Isabell sah auf. Wie Recht Hanna doch hatte. Das Mädchen schloss die Augen und konzentrierte sich. Sie fühlte ganz deutlich die Anwesenheit ihres PokéFriends, auch wenn der schon sehr weit weg war. Dann fühlte sie ihre innere Kraft aufsteigen und ihr Unterbewusstsein rief nach Hilfe...
Und schon schwang sie sich auf ein fliegendes Pokémon, das eine erstaunliche Geschwindigkeit an den Start legte. Es war so schnell, dass es das Panzaeron bald eingeholt hatte. Doch es tat nichts - da war noch ein zweites, das das Stahlpokémon angriff. Doch es ließ einfach nicht los. Aber Isabell war immernoch im Bann des Medallions, sodass Samanta plötzlich einen starken Blitz von sich gab, dass das Panzaeron und sein Trainer auf dem Rücken geschockt wurden. Der Mann konnte sich nicht mehr halten und fiel. Daraufhin lockerten sich die Krallen des silbernen Vogels und ließen das Trasla fallen, wodurch er nun all seine Konzentration auf die Rettung seines Trainers richtete.
Isabell hatte schon Angst, dass ihr PokéFriend aufschlagen würde, aber das eine Pokémon, auf dem sie nicht ritt, fing sie auf und im nächsten Moment fiel das Mädchen in Ohnmacht...
Als sie wieder aufwachte, musste es bereits Mittag sein. Sie setzte sich vorsichtig auf und hielt sich den Kopf, der ungalublich brummte. "Sam?" fragte sie und sah sich um. Sie hörte ein Geräusch, das sich wie ein hohes Qieken oder ein Schrei anhörte. Erschrocken wirbelte sie herum, sah aber nichts. Plötzlich wurden aber zwei Pokémon sichtbar, die das Mädchen aus dem Bio-Unterricht kannte: Latios und Latias. "Habt ihr mir geholfen?" fragte sie die beiden Legendären.
Latias strahlte über das ganze Gesicht, machte einen Salto und gab wieder einen Schrei von sich.
"Vielen Dank!" sagte Isabell. "Aber wisst ihr vielleich, wo das Trasla ist, das von dem Panzaeron entführt wurde?"
Latios nickte und schwebte zu einem Stein, duckte sich kurz und brachte das Psychopokémon in seinen Armen wie ein Baby zu seinem Trainer. Samanta schien zu schlafen, vielleicht war sie noch etwas erschöpft. Latios legte sie neben Isabell und schwebte zurück zu seinem weiblichen Gegenstück.
Samanta wurde wach. "Sam, geht es dir gut?" fragte Isabell aufgeregt. Sie nickte ganz vorsichtig. Latias streckte den Kopf zu den beiden und berührte das Trasla. Sie schimmerte rosa und auch Sam flimmerte kurz auf. Und schon ging es dem kleinen, blauen Pokémon besser. Fröhlich kreischte Latias wieder. "Wisst ihr vielleich, wo es zur Straße geht?" fragte sie die beiden. Wehmütig dachte sie an ihre Tante, von der sie sich nicht hatte verabschieden können.
Latios nickte. Er und Latias nahmen die Gestalt eines Jungen und eines Mädchens an und so führten die beiden drachenpokémon das Mädchen und ihren PokéFriend zur Zivilisation...