Nachdem Liv ihre Sachen zurück ins Zimmer gebracht hatte, holte sie Py wieder raus. Sie wusste gar nicht, warum, aber dieses Pokémon gab ihr einfach Sicherheit. Jemand, der auf ihrer Seite war, jemand zum festhalten. Armes Ding, es wurde doch echt die ganze Zeit von ihr geschleppt. Anscheinend hatte es irgendwas von diesem Gedanken mitbekommen, denn es strampelte und befreite sich aus ihren Armen. Ehe Liv es wieder festhalten konnte, hing es mitten in der Luft. Ja, es schwebte! Wow. Na klar, Py war ein Psychopokémon, aber sowas hätte sie jetzt echt nicht erwartet. Nach einigen Sekunden sank es langsam zu Boden und zog an Livs Hose. 'Wieder hoch, was', dachte sie und grinste. Ihr Grinsen wurde nur noch breiter, als Py nickte.
Mit Py wieder sicher auf dem Arm wagte sie sich in Richtung Speisesaal vor. Dank ihrer Trödelei waren einige schon da, auch Samuel konnte sie erspähen. Neben Serena, na klar. Und die fragte, kaum dass Liv sich hingesetzt hatte, nach einem Spielchen. Anscheinend meinte sie ein Kartenspiel. Nein, da blieb Liv doch lieber auf Abstand. Spiele, die sie nicht kannte, waren ihr nicht geheuer, sie könnte sich ja blamieren. Da passte es ihr nur gut in den Kram, dass sie eh vom 'Spielzentrum', Serena, die ja die Karten hatte, einen Tisch entfernt saß. Vor ihr stand ein Teller Eintopf, der wirklich nicht so schlimm schmeckte wie erwartet. Eintopf war halt auch nicht mehr das Selbe, seit Oma tot war. Sie zuckte zusammen, als sie merkte, wie einfach sich das dachte. Py, das auf dem Stuhl neben ihr saß, sah sie verwundert an, verstand vielleicht den Zusammenhang dieses Gedanken nicht wirklich. “Alles gut!”, versicherte sie ihm und strich über seinen Kopf. Daraufhin widmete das kleine Wesen sich wieder seinem Futter, das im Futternapf auf dem Tisch stand. Da war Liv tatsächlich fast egal, was die anderen dachten, sie wollte nicht, dass er auf dem Boden sitzen musste.
Argwöhnisch musste Samuel feststellen, dass sich immer mehr Menschen auf Serenas Angebot zum Kartenspielen meldeten, darunter sogar Personen, die er noch nie zuvor gesehen hatte. Mal im Ernst. Wurde das nicht ein bisschen voll? Ein erdrückendes Gefühl machte sich im Schwarzhaarigen breit und er starrte ein kleines bisschen nervös auf den Tisch. Das wurde echt zu viel. Menschenmassen ließen ihm sehr leicht unwohl werden und sich dann gleichzeitig noch auf irgendwelche Karten konzentrieren zu müssen war nun wirklich zu viel des Guten. Er brauchte nun einmal seinen Freiraum, der unter all diesen Menschen nicht gegeben war. "Sorry, Serena, aber das werden mir hier nun wirklich zu viele Menschen. Ich bin aus dem Spiel draußen.", meinte er anschließend knapp zu dem Stuntgirl und stand auf, sich etwas von dem Kartenspieler-Tisch entfernend. Anschließend ließ er sich auf einem Tisch nebenan nieder, an dem sich kaum Personen befanden, und seufzte. Jetzt hieß es nur er und seine Gedanken. Welch Erleichterung. Zumindest dachte er das, denn kurz darauf schielte er zur Seite und bemerkte, dass er sich direkt neben Liv gesetzt hatte. Er hatte sie ja nicht mehr gesehen, seit er sie im center losgelassen hatte... zugegeben, das war keine besonders lange Zeitspanne, aber warum fühlte es sich dann trotzdem wie eine Ewigkeit an? "...hi.", murmelte er ihr knapp zu und rückte einmal an seiner Brille.
"Oh, Sam...uel!", stellte sie überrascht fest. Nur gut, dass sie das noch hatte retten können. Brauchte er ja nicht wissen, dass sie ihn gedanklich schon mit Spitznamen ansprach. Sie beugte sich ein wenig vor, um ihm die Sicht auf Py zu versperren. Ein bisschen paranoid, gerade nach der Sache auf dem Weg zum Center, aber sicher war wohl sicher. "Bist du schon fertig mit essen?"
Fragend hob Samuel eine Augenbraue, als Liv seinen Namen so abgehackt aussprach. Nun ja. Er würde einfach so tun, als hätte das nichts zu bedeuten, am Ende brachte er die Kleine vielleicht schon wieder in Verlegenheit. "Jep, bin ich.", antwortete er auf ihre Frage hin und setzte sich ein Lächeln auf, "wie ich sehe bist du gerade dabei?"
"Ähm, ja, sieht so aus ...", meinte sie zögernd. Was machte sie denn sonst? das Gedankenteil hatte sie vielleicht, aber das hieß doch nicht, dass sie Illusionen erschaffen konnte! Obwohl das bestimmt interessant wäre. "Und ... du möchtest auch keine Karten spielen?", fragte sie nach einem Moment der Stille. Über irgendwas musste man reden, oder? War man verpflichtet, ein Gespräch mit jemanden neben sich aufrecht zu erhalten? Ach was, sie redete doch gerne mit Sam!
"Nein.", antwortete der Schwarzhaarige daraufhin und schüttelte langsam seinen Kopf, "sind mir zu viele Menschen dort. Die Hälfte davon kenne ich noch nicht mal. Warum sollte ich also?" Ein kurzes Seufzen war von ihm zu hören. "Ich mag große Menschenmengen einfach nicht..."
"Oh ja, das ist ein bisschen gruselig ...", stimmte Liv zu. Was die alle wohl von einem erwarteten ... das wusste man doch einfach nicht! Und am Ende stand man dann irgendwie doof dar, weil man was Falsches gesagt hatte. Gerade bei Serena konnte Liv sich das so ein bisschen vorstellen, sie zog einen damit am Ende noch ewig damit auf...
Ein bisschen gruselig? Leise musste Samuel bei dieser Äußerung in sich hineinkichern. Ja, damit hatte Liv wohl gar nicht mal so Unrecht. Er überkreuzte seine Beine und lehnte sich etwas in den Stuhl zurück. "Aber... wenn ich doch wenigstens ein Buch hätte...", murmelte er vor sich hin, "irgendwas zum Beschäftigen eben. Ich habe das Gefühl, der Nachmittag könnte etwas lang werden." Natürlich war da noch sein Tablet. Aber das war noch am Laden und die ganze Zeit auf dem Bett am Kabel zu hängen war auch nicht gerade eine verlockende Idee. Wobei er das schon öfters getan hatte...
An so etwas hatte Liv noch gar nicht gedacht. Langweilig, was war in den letzten Tagen denn schon langweilig gewesen? Sie hatte sich anscheinend schon so weit an die Action gewöhnt, dass Langeweile für sie irgendwie ausgeschlossen war.
"Oh. Ich glaube, ich hab noch genügend mit Py zu tun ... und mit den anderen Beiden. Schade, dass es hier kein Indoorkampffeld oder so gibt ..." Ja, sie wollte Blaze trainieren. Die hatte es ja wohl echt verdient, die wollte Liv nicht versauern lassen, weil sie keine Ahnung von Kämpfen hatte. Py schien auch so zufrieden und Azurill ... musste erstmal so weit eingewöhnt sein, dass es nicht bei jeder Gelegenheit unter dem nächstbesten Schrank verschwand.
Oh, Liv hatte also ihre Pokémon dabei? Tatsächlich, neben ihr war ihr Pygraulon, das glücklich sein Essen futterte. "Ja, das wäre nicht schlecht.", entgegnete Samuel und wippte etwas neurotisch mit einem seiner Füße auf und ab, "zu schade, dass es mir nichts bringen würde. Ich habe meine Pokémon im Center gelassen." Und dass das Gasthaus ein Transportsystem besaß, wagte er zu bezweifeln. Ohnehin hatte er bei diesem Sturm ja noch nicht einmal Netz. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich... allein. "Sag mal Liv, was hält dich eigentlich noch in dieser Gruppe? Weshalb reist du hier mit?", fragte er die Blondhaarige anschließend mit einem melancholischen Unterton. Samuel selbst hatte keine Ahnung mehr, weshalb er sich noch hier aufhielt. Es wurde allmählich wirklich zu voll. Serena schien ja wirklich jeden x-beliebigen, der aufkreuzte, unter ihre Fittiche zu nehmen. Nicht gerade eine positive Eigenschaft...
Überrascht legte sie den Kopf schief. Hatte er sie das nicht schon einmal gefragt? Komisch. "Wieso ich in der Gruppe bleibe ... gute Frage, so an sich", meinte sie, bevor sie weiter nachdachte. "Es ist ... einfacher, als sie zu verlassen. Man muss weniger selbst nachdenken, sich weniger rechtfertigen oder so. Und ... es ist sicherer, das sowieso. Ich glaube, meine Eltern erwarten von mir, dass ich bei der Gruppe bleibe. Alleine würde ich mich das nicht trauen. Und natürlich macht es mir auch Spaß!", erklärte sie dann.
Hm, natürlich... Liv war noch jung und sie brauchte Personen, die auf sie Acht gaben. Wobei es in den Ohren des Schwarzhaarigen etwas interesant klang. Ihre Eltern mussten sich wirklich sehr um sie sorgen. "Haha, ich selbst bin ja bereits mit zwölf allein auf meine Trainerreise gegangen.", entgegnete er der Blondhaarigen daraufhin und stützte seinen Kopf mit der Hand auf der Tischplatte. "In letzter Zeit frage ich mich echt... ob ich hier bleiben sollte.", gab er schließlich zu und seufzte einmal leicht. "Es wird mir hier wirklich zu verrückt. Vielleicht sollte ich einfach zurück nach Einall gehen..." Mit einem Mal fühlte er sich verdammt energielos. Glöckchen hin oder her, seine Abscheu gegenüber legendären Pokémon war nicht zu leugnen. Er würde sich keiner heiligen Stätte auf zwanzig Metern nähern können, ohne in Flammen aufzugehen, dessen war er sich sicher.
"Oh ...", meinte sie erstaunt. Sam wollte also vielleicht abhauen? Das wäre schade. Ihr ... bester Freund in der Gruppe. Ja, die Behauptung konnte man ohne Probleme aufstellen. "Wegen den ganzen komischen Sachen oder ... wegen den Leuten?", fragte sie vorsichtig. Mit Serena schien er ja klarzukommen, aber dieser Butlerkerl ...
OT: Gemeinschaftspost mit Lau, Teil 1!