[tabmenu][tab='kurzes Vorwort']So. Das ist das Kapitel für wahrscheinlich die nächsten drei Wochen, da ich demnächst im Urlaub in Dänemark bin und dort wahrscheinlich nicht on kommen werde.
Ansonsten wünsche ich allen viel Spaß beim Lesen - mal schauen, wie die zwei vorkommenden Hauptcharaktere ankommen; schließlich werdet ihr, wenn ihr denn weiterlest, noch ziemlich viel mit den beiden zu tun haben.
[tab='Rambo']Erstmal, vielen Dank für dein Feedback! Ich hab mich kringelig gefreut und werd' schauen wie ich die gegebene Kritik umsetzen kann.
Header werd' ich halt ergänzen, wie schon gesagt. Auf die Bedeutung des Titels wurde ich ja auch schon hingewiesen und ich hab's zum Vorwort hinzueditiert, genauso wie den Umstand, dass das Zitat von mir kommt. ^^
Der Klappentext wird wahrscheinlich auch noch überarbeitet, da ich selbst noch nicht ganz zufrieden damit bin und Danke für den Anstoß mit den Namen der Regionen. Was du da geschrieben hast, ergibt schon Sinn - zumindest was Isshu betrifft, auch wenn ich selbst zuerst nicht wüsste, was Unova ist, wenn ich mich nicht vorher ein bisschen über die Namen der Regionen schlau gemacht hätte. Allerdings wird Shinou erst einmal so bleiben - Isshu ändere ich vielleicht.
Die Benachrichtigungsliste wollte ich erst hinzufügen, wenn sich überhaupt jemand bereit erklärt, meine FS zu lesen - außerdem hätte die Liste sonst so leer ausgesehen. ^^'
Na ja, aber jetzt ist sie ja dabei. ;)
Das mit den Tabs hab ich auch schon überlegt und ich werde den Startpost auf jeden Fall noch ein paar Mal überarbeiten und verändern, besonders bei weiterem Voranschreiten der Story. Denn, wenn die FS weiter fortgeschritten ist, hatte ich auch überlegt, kleine Steckbriefe - nur mit einigen Fakten über die Charaktere - anzufertigen, damit man nicht mit den ganzen Namen und Pokémon durcheinandergerät.
Das mit dem Titel ist mir auch aufgefallen, aber ich lass es erst mal so. Zumindest sind die Leser dann schon mal aufmerksamer, weil sie nach der Überschrift suchen mussten. *grins*
Zum Kraterberg hatte ich ja schon was gesagt - ich kann meine Gedanken bei dem Punkt noch immer nicht verstehen.
Nun, dass ich eine actionreiche Szene gewählt habe ist irgendwie typisch für mich. Ich finde, wenn der Anfang schon nicht spannend ist, dann wird man wohl kaum so gefesselt sein, dass man weiterliest - ist ja auch bei Filmen so, wenn da die ersten paar Minuten nicht spannend sind, verliert man schnell das Interesse.
Und ja, die Geschichte spielt sozusagen in unserem Jahr und schließt nicht direkt an dem Prolog an, dass hast du richtig geschlussfolgert. xD
/Edit: Startpost und Klappentext wurden editiert. ^^[/tabmenu]
Chapter One
# Zufallsglück
08.03.2013 | Waisenheim an der Palmon Street 31, nördlichstes Viertel | Jubelstadt, Shinou
Dankbar klammerte Lawrence Maurice Shaw sich an den warmen Pappbecher; tiefschwarzer Kaffee schwappte darin und sein starkes Aroma ließ den Inspektor wohlig seufzen. Als er einen kleinen Schluck nahm verbrannte er sich fast die Zunge an dem heißen Gebräu, würgte es aber dennoch tapfer hinunter. Die Pflegerinnen hier im Waisenhaus hatten wohl noch nie was von gutem Kaffee gehört, solcher dessen bitterer Geschmack in der Kehle kribbelte, aber dennoch nicht unangenehm war. Ein Räuspern war zu vernehmen.
„Wollen Sie der Kleinen nicht endlich irgendwelche Fragen stellen?“ Die Stimme der Frau war heiser und kratzte wie Sandpapier über Lawrence‘ blasse Haut.
„Seien Sie nicht so ungeduldig. Sie wird mir momentan nicht antworten, schließlich hat das Mädchen schon die ganze Zeit nicht gesprochen. Warum sollte sich daran jetzt etwas ändern?“, entgegnete der Inspektor und nahm noch einen Schluck von seinem Kaffee.
„Nun, wenn das so ist. Dann werde ich jetzt meiner Arbeit weiter nachgehen. Einen guten Tag wünsch' ich Ihnen, Mister Shaw“, schnaubte die Angestellte des Waisenhauses. Lawrence konnte sich genau vorstellen, wie sich ihr rotes Gesicht mit den krötenartigen, schlaffen Zügen missbilligend verzog. Der Blick der milchigbraunen Käferaugen würde wütend über das Gesicht des Mädchens vor ihm krabbeln und die Mundwinkel würden noch weiter herabsinken. Miss Smith war wahrlich keine Schönheit, auch wenn sie Strenge und Disziplin ausstrahlte, was durch ihren straffen, braunen Dutt noch verstärkt wurde. Sie arbeitete schon lange als Haushälterin und würde in diesem Leben nichts anderes mehr machen. Eine Weile lauschte Lawrence wie die kurzen Tippelschritte in der Ferne verhallten, dann erst blickte er von seinem Kaffee auf, direkt in ein graugrünes Augenpaar.
Das Kind vor ihm hatte ein schmales Gesicht mit hohen, spitzen Wangenknochen und so scharfen Zügen wie die Hänge des Kraterbergs. Deutlich war dem Mädchen die Unterernährung und Krankheit anzumerken; ihre pergamentartige Haut war so blass, dass sie schon fast durchsichtig zu sein schien. Da stachen die schmalen, rosanen Lippen nur noch mehr hervor, genauso wie die blauviolette Färbung, die sich wie ein Arbok um ihr rechtes Auge schlängelte. Der Bluterguss war nur noch leicht geschwollen, allerdings war ihr Auge auf dieser Seite blutunterlaufen und ihre Kiefermuskulatur war wegen des Schmerzes verkrampft und angespannt.
„Du wirst nicht mit mir reden, hab ich recht? Du wirst weiter schweigen und vor dich hin schmollen, bloß um wegen deines Diebstahls eingebuchtet zu werden. Aber weißt du was? Die Gefängnisse nehmen keine Minderjährigen auf, die gerade das erste Mal bei einem Vergehen erwischt wurden. Die Gefängnisse haben ja sogar Probleme für Verbrecher Platz zu finden, die andere Menschen umgebracht haben. Denkst du wirklich dieser kleine Diebstahl würde dir helfen von hier wegzukommen?“, fragend zog Lawrence eine Augenbraue hoch und fuhr sich dann erschöpft seufzend durch die schwarzen, mittellangen Locken. Er nahm einen weiteren Schluck von seinem mittlerweile abgekühlten Kaffee und forschte in den Augen des Mädchens nach irgendeiner Reaktion auf diese Worte.
„Ja.“
„Bitte was?“ Verwirrt blinzelte er.
„Ja.“ Die Diebin verdrehte spöttisch die Augen und lehnte sich entspannt zurück.
„Wie meinst du das?“ Interessiert beugte sich der Inspektor über den kleinen Holztisch. Er wollte nicht, dass das Mädchen aufhörte zu sprechen, wenn sie doch gerade erst angefangen hatte.
„Ja, ich habe den Diebstahl begangen und wurde erwischt. Ja, ich wusste das mit den Gefängnissen. Ja, ich dachte, dass ich durch den Diebstahl von hier hätte abhauen können.“
„Warum?“
„Haben Sie sich das Diebesgut mal genauer angesehen?“
„Natürlich. Ein Rucksack, Anziehsachen, Pokédex und ein paar Sportgetränke, sowie zwei Sandwiches.“
„Nein.“
„Doch, genau das hast du gestohlen.“
„Abgesehen von dem Rucksack, den Sandwiches und den Anziehsachen. Aber sie haben etwas vergessen.“ Der Inspektor runzelte die Stirn. Die kleinen, mandelförmigen Augen des Mädchens blitzten verschlagen und mit dem kurzen, zerzausten Haar, das von der Farbe her so dunkel war wie das Gefieder eines Kramurx, war eine erschreckende Ähnlichkeit zu dem Nachtvogel zu erkennen.
„Wieso redest du erst jetzt?“, lenkte der Inspektor ab; er hatte alle gefundenen Sachen aufgezählt und wollte sich nicht weiter aus dem Konzept bringen lassen.
„Weil jetzt keiner mehr zuhört.“
„Nun, ich höre dir zu.“
„Ich meinte Zuhörer, die unerwünscht sind, wenn Sie mich verhören.“
„Erklär mir das genauer.“
„Passanten, Miss Smith, einige neugierige Waisenkinder. Allesamt unhöflich, schließlich darf man nicht einfach so Gespräche belauschen.“ Ihr Gesicht blieb ausdruckslos, als sie sprach, nur ihre Augen blitzten hin und wieder auf.
„Du scheinst sehr höflich zu sein.“
„Wäre ich nicht höflich, würde ich mich nicht viel von all dem Abschaum unterscheiden, der hier auf den Straßen lebt.“
„Allerdings wirkst du mir ein bisschen zu zynisch.“
„Das höre ich oft. Zynisch, sarkastisch, respektlos. Soll ich fortfahren?“, zum ersten Mal lächelte das Mädchen mit den dunklen Haaren, allerdings verriet der belustigte Zug, der ihre Mundwinkel umspielte, dass sie die Menschen, die ihr dies gesagt hatten, lächerlich fand.
„Nein. Hast du wirklich nur gestohlen, weil du nicht mehr im Waisenhaus leben willst oder gibt es auch einen anderen Grund?“
„Es gibt den Grund, dass ich bald das Waisenhaus verlassen muss und keine Lust habe auf der Straße zu leben.“
„Wieso musst du das Waisenhaus verlassen?“
„Ich werde dieses Jahr volljährig, Mister Shaw. Aber eigentlich sollten Sie das als Sherlock Holmes der Gegenwart wissen.“ Lawrence schüttelte nur den Kopf. Er hatte nur darauf gewartet, dass sie sich über diese lächerliche Bezeichnung lustig machte, aber dann hielt er inne.
„Warte, du bist schon siebzehn?“
„Es hat seine Vorteile jünger auszusehen; dumme Polizisten und Inspektoren gehen dann verständnisvoller mit einem um und spielen die Retter, denen man alles anvertrauen kann.“ Die Kleine wurde ihm immer unsympathischer, denn sie machte sich gerade über seine Kollegen lustig. Mit großem Interesse zupfte sie an ihrem schwarzen Kapuzenshirt herum, das perfekt die wenigen weiblichen Rundungen verdeckte, die sie aufzuweisen hatte. Gleichzeitig betonte es aber ihre dürre Figur; sie schien förmlich in dem Oberteil zu versinken.
„Du bist schlau. Man hat dich als vierzehn im Register eingetragen. Das heißt, wenn du einen Pokédex bekommst und dein richtiges Alter eingibst würde man dich nie finden. Apropos, wie heißt du überhaupt? Das hat man nämlich nicht herausgefunden.“
„Neki. Nachname unbekannt.“ Ihre Antwort kam wie aus der Pistole geschossen und das machte Lawrence misstrauisch. Vorher hatte sie immer etwas überlegt bevor sie sprach; wieso wusste er nicht.
Er zog eine Augenbraue hoch und fragte: „Ganz sicher?“
„Ja.“
„Wirklich?“
„Verdammt. Wenn Sie mir nicht glauben, suchen Sie doch die Smith auf und fragen nach!“ Lawrence hätte schwören können, wäre sie ein Charmian, dann hätte sie ihn nun angefaucht und mit ausgefahrenen Krallen nach ihm geschlagen.
„Sind wir etwa launisch?“ Er grinste und versuchte durch seine Neckereien das bisher recht steife und förmliche Gespräch aufzulockern.
„Bekomme ich meinen Rucksack wieder? Natürlich ohne die geklauten Sachen.“ Ihre Frage kam so unerwartet, dass der Inspektor erst einmal überrascht schwieg.
„Natürlich. Sobald das Gespräch beendet ist-“
„Das ist es“, unterbrach sie ihn und streckte ihr Hand aus, „Jetzt geben Sie mir schon meinen Rucksack.“
„Und dich habe ich für höflich gehalten.“
„Nicht, wenn man sich über mich lustig macht.“ Betroffen zuckte Lawrence zusammen; die Schärfe in Nekis Stimme verunsicherte ihn mehr als er zugeben wollte. Unzufrieden grummelnd reichte er ihr den schwarzen Rucksack, der ihm sofort aus der Hand gerissen wurde.
„Na endlich! Sie können jetzt gehen. Lassen Sie den Pappbecher einfach stehen!“, hastig durchwühlte Neki ihre Sachen und schien erleichtert, als sie bemerkte, dass alles, was ihr gehörte, noch da war. Skeptisch blickte Lawrence auf den Müll in seiner Hand, dann zuckte er mit den Schultern und ließ den leeren Kaffeebecher einfach stehen. Für einen Moment fragte er sich, wieso er überhaupt den Befehlen des Mädchens Folge leistete, aber dann fiel ihm ein, dass sie nun so oder so nur noch schweigen würde, würde er ihr eine Frage stellen. Außerdem hatte er noch andere Sachen vor und keine Zeit sich mit einer störrischen Diebin auseinanderzusetzen; er würde diese Aufgabe einem seiner Kollegen anvertrauen.
Seufzend verließ er das Zimmer mit den kahlen Wänden und der spärlichen Möblierung. Er musste noch das Alter von Neki ändern und den Namen eintragen lassen; außerdem wollte er noch mit seinen Pokémon trainieren und einige Akten warteten darauf durchgesehen zu werden um endlich im Archiv verstauben zu können. Seine gedankliche To-Do-Liste wurde von einem aufdringlichen Piepen unterbrochen. Mit geschickten Fingern zog Lawrence das kleine Arbeitshandy aus seiner Tasche und nahm den eingehenden Anruf an.
„Hola, Laurentius!“, erklang die warme Stimme Antonius‘ am anderen Ende der Leitung. Der braungebrannte Polizist mit dem schweren, spanischen Akzent war erst seit kurzem in Jubelstadt und kam eigentlich gar nicht aus Shinou. Woher genau wusste selbst Lawrence nicht.
„Was gibt’s, Antonius?“
„Gleich zur Sache kommen, sí? Also, ich hab die Ladenbestände überprüft und es fehlt nur noch eine Sache, die die kleine Señorita geklaut haben muss: Ein Pokéball. Dios, der Ladenbesitzer dreht hier grad am Rad, weil wir seinen Besitz noch immer nicht gefunden haben und er jammert, dass Pokébälle sehr wertvoll wären und teuer. Und unser lieber McAllen hat gedacht, dass dem Mädchen der Pokéball gehören würde und sie dort drin ihr Pokémon hätte, so ein Idiota. Lawrence? Hörst du mir überhaupt zu?“ Wie paralysiert ließ Lawrence das Handy sinken, sodass Antonius Stimme nur noch undeutlich aus dem Hörer schallte. Ruhig legte er auf und steckte das kleine Gerät wieder in seine Hosentasche. Einen kurzen Moment blieb er erstarrt an Ort und Stelle stehen, dann drehte er um und hetzte zurück zu dem Zimmer, in dem er die Siebzehnjährige zurückgelassen hatte. Wütend riss Lawrence die Tür auf, fand den Raum allerdings leer vor. Nur das offene Fenster gab einen Hinweis darauf wie Neki hier rausgekommen war. Bedächtig schritt er auf dieses zu und blickte nach draußen. Ein leeres Häuserdach erstreckte sich vor ihm, aber kein schwarzhaariges Mädchen war zu sehen. Erschöpft ließ sich der Inspektor auf einen der beiden Stühle sinken und rieb verzweifelt über seine müden Augen.
„Verdammt. Dabei hat sie auch noch gesagt, dass etwas fehlen würde… Und wie sie direkt in ihrem Rucksack gewühlt hat. Verdammt!“ Er schüttelte aufgebracht den Kopf und ließ seine flache Hand auf die Tischplatte niedersausen. Mit einem Klappern fiel der Pappbecher um und rollte gegen seine Fingerspitzen.
„Was ist hier los? Was war das für ein Krach?“, rief dann plötzlich Miss Smith. Die korpulente Dame stand im Türrahmen und schaute entsetzt zwischen dem offenen Fenster und dem Inspektor hin und her – zum ersten Mal waren Verzweiflung und Erschöpfung in ihren Käferaugen zu erkennen.
„Nein… Sagen Sie nicht, dass Nevaeh… Sie darf doch nicht…“, murmelte sie entgeistert.
„Neki ist abgehauen; sie hat einen Pokéball gestohlen und ist weg.“
„Unmöglich! Wieso haben Sie sie nicht aufgehalten?" Wütend stapfte die Erzieherin auf ihn zu; über ihre Hose und die mit Blumenmustern versehene Bluse hatte sie sich eine Schürze gehängt, die bei jedem Schritt raschelte.
„Weil ich erst erfahren hab, dass ein Pokéball fehlt, als ich schon auf dem Weg nach draußen war.“ Die Frau hielt inne und schüttelte den Kopf. Mit einem gequälten Seufzer ließ sie sich auf den anderen Stuhl fallen auf welchem vor kurzem noch Lawrence selbst gesessen hatte. Für einige Minuten herrschte Schweigen zwischen den beiden, dann raffte sich Miss Smith wieder auf.
„Dafür tun Sie mir einen Gefallen, schließlich haben Sie das arme Kind einfach so in ihr Unglück laufen lassen… Also. Ich möchte, dass Sie ein Auge auf das Mädchen haben. Als Inspektor sind Sie bestimmt viel unterwegs; ich verlange, dass Sie sich währenddessen immer mal wieder informieren wie sich Nevaeh so macht und im Notfall die schützende Hand spielen. Ich verlasse mich darauf!“, beschloss sie und warf Lawrence einen scharfen Blick zu. Perplex nickte er und bemerkte überrascht das erleichterte Funkeln in den Käferaugen.
„In Ordnung. Aber warum nennen Sie Neki immer Nevaeh?“
„Weil das ihr richtiger Name ist. Neki ist nur ihr Spitzname.“ Der Inspektor blinzelte kurz.
„Eins muss man der Kleinen lassen, sie ist hinterhältig wie ein Kramurx.“
„Nun, genau deswegen wird sie auch immer mit dem Vogelpokémon verglichen.“ Lawrence lächelte und blickte noch einmal aus dem Fenster, dann stand er auf. Kurz strich er sein dunkelblaues Hemd glatt um dann den darüber liegenden schwarzen Mantel zuzuknöpfen.
„Ich denke, ich sollte nun gehen. Vielen Dank für den Kaffee. Leben Sie wohl“ Ohne sich noch einmal umzudrehen verließ Lawrence Nevaehs altes Zimmer. Er war gespannt wie sich die Diebin machen würde.
Mit einem herzhaften Gähnen streckte sie sich und versuchte mit ihren geballten Fäusten so hoch wie möglich zu kommen. Ihre Knochen knacksten verspannt und noch ein weiteres Gähnen entwich ihr. Dieser Inspektor war wirklich nett gewesen, schließlich hatte er ihr unbeabsichtigt bei ihrem Diebstahl geholfen – wenn man davon absah, dass er ihr andere wichtige Teile ihrer Ausrüstung abgenommen hatte. Dennoch, da er als Sherlock Holmes der Gegenwart galt, wunderte es sie, dass er nicht misstrauisch geworden war, als sie sich so auf ihren Rucksack gestürzt hatte. Mit einem vorfreudigem Lächeln rollte Nevaeh die rotweiße Kapsel zwischen ihren Fingern. Sie hatte alles dafür riskiert und es hatte geklappt; in ihren Händen befand sich nun ihr Ticket in die Freiheit. Sie seufzte, als sie an die Möglichkeit dachte mit Pokémon durch die Welt zu ziehen und sich von niemanden etwas sagen lassen zu müssen – diese Chance ließ ihr rebellisches Herz vor Freude schneller schlagen.
„Ich freue mich schon darauf es den Zweiflern zu zeigen!“, murmelte sie und konnte sich schon fast vorstellen wie ihre Augen dabei verschlagen blitzen mussten. Sie war schon immer ein Dickkopf gewesen und hatte daran festgehalten irgendwann als Trainerin bekannt zu werden – mehr hatte sie nie gewollt, aber schon deswegen wurde sie von ihren Pflegerinnen kopfschüttelnd betrachtet und von den anderen Waisenkindern verspottet.
„Ich frage mich, wer mich begleitet. Ein Kramurx wäre natürlich toll, aber die gibt es in Jubelstadt und Umgebung nicht… Ein Bidiza oder Staralili wären zu langweilig…“, grübelte sie dann und setzte sich langsam in Bewegung. Vorhin war sie wie eine Verrückte über das Dach, das unter ihrem Fenster begann, gerannt, um dann die Feuertreppe auf der anderen Seite fast runterzufallen; sie hatte Panik gehabt, doch noch erwischt zu werden, schließlich wollte sie sich die Freiheit jetzt, wo sie zum greifen nahe war, nicht wieder entreißen lassen. Die Hände, die sich fest um den Pokéball geschlossen hatten, in der Bauchtasche ihres Kapuzenshirts vergraben und den Kopf gen Boden geneigt, schlenderte die junge Frau durch das enge Netz von Seitenstraßen und dunklen Gassen. Pfützen hatten sich gebildet und es stank widerwärtig nach verrottendem Abfall und nasser Kleidung. Ein älterer Mann mit verfilztem Bart und halb zerfallenem Hut lag schlafend neben einem der Müllcontainer, die hier wie Unkraut versammelt waren. Für die Leute aus der Stadtmitte war dieser Teil der Stadt ein typisches Slum-Viertel; hier fand man nur Abschaum, Dreck und seinen Tod. Nevaeh schmunzelte, man fand hier nämlich auch das einzige Waisenheim in ganz Jubelstadt. Manchmal fragte sie sich, warum eine so große Stadt, in der es nicht nur den großstädtischen Flair gab, sondern auch Armutsviertel, nur ein einziges Kinderheim hatte, aber mindestens zehn Pensionen für Pokémon. Sie schüttelte den Kopf. In Jubelstadt konnte man nur überleben, wenn man stinkreich war oder ein Überlebenskünstler, denn nur so bekam man – auf welche Weise auch immer – einen Pokéball und dieser konnte das Ende allen Elends bedeuten.
Das Geräusch von splitterndem Glas riss Nevaeh aus ihren Gedanken und der kurz darauf folgende unmenschliche Schrei ließ ihr einen kalten Schauer über den Rücken jagen. Sie befand sich in einer dunklen Seitengasse, welche widerwärtig stank, und durch große Müllcontainer noch enger gehalten wurde, als sie so schon war. Mit eingezogenem Kopf lauschte die Jugendliche. Diesmal waren ein Fauchen zu hören und ein Lachen; anscheinend hatten andere Kinder gerade Spaß dabei irgendein wehrloses Pokémon zu ärgern. Nevaeh atmete zischend aus und überlegte, ob sie dem armen Wesen helfen sollte. Sie hatte keine Ahnung wie viele Jugendliche dort waren und ebenfalls wusste sie nicht, ob das Pokémon sie nicht angreifen würde. Außerdem hatte sie vorgehabt so schnell wie möglich aus Jubelstadt zu verschwinden und sich in der Wildnis ein Pokémon zu fangen. Dennoch, irgendetwas veranlasste sie dazu sich näher auf den Lärm zuzubewegen. Vorsichtig tastete sie sich an der rauen Wand entlang auf die Gasse zu, aus der das Lachen und Fauchen kam. Würde sie dem Pokémon dort nicht helfen, würde es auch kein anderer tun; in dieser Gegend waren die Leute egoistisch und interessierten sich nicht für das Wohl anderer. Nevaeh hielt gespannt den Atem an, als sie um die Ecke lugte. Drei Jungs hatten sich im Halbkreis vor der gegenüberliegenden Hauswand aufgestellt und lachten über irgendetwas, wahrscheinlich über das Pokémon, das nach dem schwachen Fauchen zu urteilen direkt vor ihren Füßen liegen müsste. Kalte Wut erfasste sie. Wie konnte man nur so grausam sein? Solche Leute waren ihr zuwider. Um sich zu beruhigen atmete sie tief ein und aus, nur um dann mit zielsicheren Schritten in die Gasse zu gelangen.
„Hey, ihr!“, rief Nevaeh und sofort drehten sich die drei Jungs um. Zwei von ihnen hatten braunes Haar, der Dritte – und scheinbar auch der Anführer dieser kleinen Gang – besaß dunkelblondes Haar. Drei Augenpaare blitzten sie gleichzeitig wütend an.
„Was willst du, Kleine?“
„Ich will euch warnen, eines dieser Mädchen, ein richtiger Moralapostel, hat vorhin einer Patrouille gesteckt, was ihr hier treibt und ehrlich gesagt habe ich keinen Bock, dass schon wieder irgendwer aus diesem Viertel gefangen genommen wird. Schließlich hassen wir ja alle diese reichen Blaublüter…“ Scheinbar gelangweilt blickte Neki ihnen entgegen und musste ein Grinsen unterdrücken, als sie die entsetzten Gesichtsausdrücke der drei Jungs sah.
„Verdammt! Wenn wir irgendwas anstellen, fliegen wir von der Schule!“ Einer der Braunhaarigen blickte sich panisch um, als ob er nach einem Fluchtweg suchen würde. Die anderen beiden nickten nur.
„Lasst uns abhauen, Jungs! Ach, und du kleines Mistvieh: Ich hoffe, du verreckst hier!“ Der Blonde wandte sich schließlich einfach ab von Nevaeh und seinem Opfer und rannte davon.
„Hey, danke, Kleine! Wir sind dir was schuldig.“ Wieder der Braunhaarige von vorhin. Stolpernd wegen seiner viel zu großen Jeans rannte er den anderen beiden hinterher. Kurz lauschte sie noch ihren lauten Schritten, dann wurde sie von einem warnenden Fauchen abgelenkt. Goldene Augen funkelten sie kampflustig an und wieder knurrte das kleine Wesen, als sie sich ihm näherte. Das Pokémon hatte zwei runde Ohren und blaues, verdrecktes Fell. Sein Schweif peitschte unruhig hin und her und als Nevaeh ihm noch näher kam, nahm sie einen metallischen Geruch wahr.
„So, so. Dann haben sich die drei also an einem kleinen Sheinux vergriffen… Was für…“ Sie unterbrach sich selbst als der junge Löwe anfing zu husten und den Boden dabei mit seinem Blut sprenkelte, dennoch funkelte er sie weiterhin böse an.
„Eins muss man dir lassen, du hast wirklich Durchhaltevermögen… Na dann, ich denke, ich sollte dich in ein Pokémon Center bringen.“ Nachdenklich betrachtete sie das wilde Pokémon und strich sich eine schwarze Strähne aus ihrer Stirn; schon seit sie in diese stolzen Augen geblickt hatte, wusste sie, dass sich das Sheinux nicht einfach so helfen lassen würde. Nachdenklich spielte sie mit dem leeren Pokéball in ihrer Tasche und holte ihn letztendlich hervor. Sie bemerkte wie das Löwenjunge entsetzt knurrte und versuchte von ihr wegzurücken, doch er war zu schwach.
„Keine Angst, Kleiner. Ich werde dir nichts tun, ich helfe dir…“, murmelte Nevaeh, schien aber selbst auch nicht wirklich überzeugt davon. Mit einem Knopfdruck vergrößerte sie das runde Gefäß und warf es vorsichtig auf Sheinux. Ihr Wurf war unelegant und zeugte davon, dass sie wirklich noch nie einen dieser Pokébälle in der Hand gehabt hatte. Ohne ein Geräusch mehr von sich zu geben ließ sich das blaue Elektropokémon von dem roten Strahl einsaugen. Ein dumpfer Ton erklang, als die rote Kapsel auf den Boden landete. Unruhig wackelte sie hin und her; Nevaeh strich sich immer wieder nervös durch die Haare, sie wurde fast verrückt, während sie wartete. Der erlösende Klicklaut erklang und der Pokéball lag still. Eine Weile stand die neue Trainerin perplex an Ort und Stelle, dann machte sie einen Schritt auf die rotweiße Kapsel zu und nahm sie in die Hand. Erleichterung überkam sie, endlich besaß sie ein eigenes Pokémon und konnte losreisen, aber zuerst musste sie ein Pokémon Center aufsuchen und ihren neuen Begleiter heilen lassen. Unruhig blickte Nevaeh sich um, sie wusste, dass auch ihre Lüge bald auffliegen und die drei Jungs wiederkommen würden.
Mit eiligen Schritten verließ sie die Gasse und betrat eine der mehr befahrenen Hauptstraßen. Der graue Asphalt war rissig und der Bordstein nur noch ein Haufen aus Gesteinsbrocken, die Regierung kümmerte sich gar nicht um den Zustand dieser Viertel – dafür umso mehr um die Reichenviertel. Suchend blickte sich Nevaeh um, irgendwo hier in der Nähe musste es doch ein Pokémon Center geben, schließlich war dies hier auch die Straße, die sowohl weiter in die Innenstadt, als auch aus Jubelstadt hinausführte. Mit ihren kahlen Zierbäumen, die am Rand angepflanzt waren, und den hohen Backsteinbauten, die gleichzeitig verkommen wie auch altertümlich wirkten, lud dieser Weg allerdings nicht ein ihm zu folgen. Einige Autos fuhren laut brummend an ihr vorbei, während sie den Bordstein entlanglief. Fußgänger waren momentan keine unterwegs; kein Wunder, denn langsam brach die Dämmerung an und einige Laternen an den Hauseingängen fingen schon an zu flimmern, als Nevaeh an ihnen vorbeieilte. Die Steine knirschten unter den Sohlen ihrer schwarzen, alten Schuhe und immer wieder ließ sie ihren Blick an den Häuserreihen entlang gleiten, schließlich musste hier doch irgendwo auch die orangefarbene Fassade des Pokémon Centers zu finden sein.
Ein erleichtertes Seufzen entschlüpfte ihr, als sie endlich das gesuchte Gebäude entdeckte. Vorsichtig blickte sie sich um und wartete ab bis kein Auto mehr zu sehen war, dann rannte sie über die Straße direkt auf die Glastüren des Centers zu. Ein Schwall warmer Luft kam Nevaeh entgegen, als sich eben diese Türen vor ihr öffneten. Innerhalb des orangefarbenen Gebäudes war es ziemlich ruhig. Irgendwie fühlte sich die Trainerin direkt wie zu Hause. Das duftende Aroma von Kaffee und die sanften Lichter verstärkten dieses heimische Gefühl nur noch. Der Boden war mit hellem Parkett ausgelegt und in einer der Ecken des Eingangsbereiches lagen ein paar Sitzkissen und standen dazugehörige, tiefe Tische. Ein Mädchen und ein Junge saßen dort und tranken schweigend etwas Dampfendes aus einer Tasse. Die beiden blickten Nevaeh ziemlich schräg an, als ob sie irgendwie verrückt wäre. Da fiel ihr wieder ein, dass sie ja noch das Veilchen hatte, das ihr von einem der Polizisten versehen worden war, weil sie ihn gebissen hatte und er daraufhin ausgerastet war. Zum Glück hatte dann ein netter, schwarzhaariger Beamter mit spanischem Akzent eingegriffen und sie zu Lawrence gebracht. Kurz schüttelte Nevaeh den Kopf, sie vergaß gerade weshalb sie hier war, nämlich um ihren neuen Partner heilen zu lassen. Die beiden anderen Gäste einfach ignorierend entfernte sie sich von der Eingangstür und hielt auf den Tresen, der ihr direkt gegenüber war, zu. Eine braunhaarige Frau stand hinter diesen, ihre Haare waren zu zwei Zöpfen geflochten und ihre schokoladenbraunen Augen glänzten freundlich. Sie trug einen Arztkittel und ihre Mundwinkel zuckten nach unten, als sie Nevaeh sah.
„Ach du meine Güte! Was ist denn mit dir passiert?“
„Nichts. Mir geht es gut, aber mein Pokémon wurde schwer verletzt, könnten sie es behandeln, bitte?“, fragte die Trainerin direkt und hielt der Ärztin ihren Pokéball entgegen.
„Natürlich! Ich werde mich sofort um dein Pokémon kümmern, wie heißt es denn?“
„Äh. Chrome…?“, ihre Antwort klang eher wie ein Frage, aber Nevaeh fühlte sich ein wenig überrumpelt, schließlich hatte sie sich in der kurzen Zeit keinen Gedanken über einen Namen für Sheinux gemacht.
„Chrome? Ein ungewöhnlicher Name, aber er hat was…“, überlegte die Schwester und legte den Pokéball auf eine Art Tablett, welches durch viele bunte Kabel mit einem Computer verbunden war.
„Was ist das?“
„Das hier? Eine Art Röntgengerät für Pokémon, dadurch kann ich die Verletzungen genau analysieren ohne den Pokémon weh zu tun, denn in den Pokébällen selbst befinden sie sich in einem kryostatischen Zustand. Hm…“, während die Schwester erklärte, tippte sie auf der Tastatur des Computers herum. Ein leises Piepen erklang und das Tablett gab ein Summen von sich.
„Dein Pokémon scheint viele kleine Kratzer zu haben und scheinbar ist sein Immunsystem ziemlich geschwächt… Was hast du mit dem Kleinen bloß angestellt?“, entsetzt blickte die Frau von den Ergebnissen auf und schenkte Nevaeh einen bösen Blick.
„Ich hab es so gefunden und eingefangen, weil es sich nicht anfassen lassen wollte und ich es so nicht hierher hätte bringen können…“, erwiderte Angesprochene nur kühl und ignorierte die Blicke der Schwester.
„Also ist es wild… Du weißt schon, dass es für Anfänger sehr schwer ist mit einem komplett wilden Pokémon loszuziehen? Wahrscheinlich wird Chrome dir nicht gehorchen.“
„Das weiß ich, aber mir ist es egal. Wenigstens haben wilde Pokémon noch den Drang unabhängig zu sein, im Gegensatz zu den verweichlichten Pokémon, die in Gefangenschaft aufgewachsen sind.“ Anscheinend war die Ärztin anderer Meinung, denn für einen kurzen Moment verfinsterte sich ihr Blick, aber dann wirkte sie wieder so freundlich wie eh und je.
„Also, wenn du meinst. Ich bin ja der Meinung, dass jedes Pokémon seine Stärken und Schwächen hat und auch wilde Pokémon scheu und ängstlich sein können.“
„Ich habe gesagt, in Gefangenschaft aufgewachsene Pokémon seien verweichlicht, nicht ängstlich oder scheu oder schwach. Sie sind einfach ihre tägliche Portion Futter gewohnt, während wilde Pokémon darum kämpfen müssen…“, unterbrach Nevaeh die Schwester trocken; schon jetzt war dem Mädchen klar, dass sie sich nicht mit dieser Frau verstehen würde.
„In Ordnung, dann werde ich jetzt dein Pokémon verarzten.“
„Ich komme mit. Ich möchte noch einmal mit Chrome reden, bevor sie ihn behandeln.“ Ihr Gegenüber wirkte nicht sehr begeistert, nickte aber dann seufzend und nahm den Pokéball von Sheinux in die Hand.
„Folge mir.“
Nachdenklich starrte Nevaeh an die Decke ihres Zimmers, ihr Pokémon lag neben ihr auf dem Kissen und schlief seelenruhig. Seine Verletzungen waren schnell behandelt gewesen, auch wenn er sich verbissen gegen die Ärztin, die später von einer anderen Trainerin als Schwester Joy gerufen wurde, gewehrt hatte. Den Anweisungen von eben dieser Schwester hatte Nevaeh gar nicht zugehört, sie wusste schließlich selber, dass Chrome Ruhe brauchte und vorerst nicht zu sehr belastet werden sollte. Noch immer war sie sich nicht sicher, ob es wirklich richtig gewesen war das stolze Sheinux zu ihrem Partner zu erwählen, denn auch ihr selbst schien der junge Löwe noch zu misstrauen. Obwohl es dunkel im Zimmer war – nur unter der Tür und durch die Ritzen der Jalousien drang Licht –, drehte sie den Kopf nach rechts zu Chrome. Sein blaues Fell war noch immer ziemlich unordentlich und nun auch noch teilweise von weißen Verbänden bedeckt, die trotz der Dunkelheit hervorstachen. Nachdenklich strich sie mit ihren Fingerspitzen über seinen weichen Pelz und ordnete die Strähnen vorsichtig ohne ihn aufzuwecken, dennoch fing er an leise im Schlaf zu Schnurren. Ein kleines Lächeln schlich sich auf Nevaehs Lippen, sie mochte den Kleinen. Er war stolz und widerspenstig, außerdem hatte er Durchhaltevermögen und diese funkelnden Augen, die all dies ausgedrückt hatten, obwohl er verletzt und halb verhungert gewesen war. Eben diese Augen öffneten sich nun langsam und der Löwe blickte sie ruhig aus seinen goldenen Iriden an.
„Ich denke, es war richtig dir zu helfen…“, murmelte Nevaeh und erwiderte den forschenden Blick. Seine Augen blitzten verschlagen, genauso wie ihre es sonst auch immer taten und sein dunkles Fell sträubte sich leicht. Doch er fauchte und knurrte auch nicht, er schnurrte, stand auf nur um sich direkt neben ihr wieder niederzulassen und sich an sie zu kuscheln. Es war, als würde ihr Chrome damit mitteilen wollen, dass er ihr eine Chance geben würde – auch wenn sie sein Zögern bemerkt hatte. Anscheinend kannte dieser Löwe Dankbarkeit. Kurz fragte Nevaeh sich, was er in diesem Viertel Jubelstadts zu suchen hatte; normalerweise waren Sheinux‘ nur außerhalb von Städten anzutreffen und selbst in der freien Wildbahn waren die Raubkatzen zu einer Rarität geworden. Warum wusste niemand, schon seit einiger Zeit schienen sich wilde Pokémon weiter zurückzuziehen als je zuvor. Die internationale Polizei ging von Pokémon Jägern aus oder auch Wilderern, doch Beweise gab es dafür keine. Nachdenklich kraulte Nevaeh Chrome hinter den Ohren; eigentlich brachte es ihr nichts jetzt darüber nachzudenken, Schlaf würde ihr da mehr helfen. Sie schloss die Augen und versuchte jeden anderen Gedanken zu vertreiben, um endlich Ruhe zu finden. Mit Chromes leisem Schnurren in den Ohren schlief sie dann auch ein.