Der weitere Vormittag verging ohne großartige Zwischenfälle. Xaroc übte mit seinem Schwert, bis er derart schwitzte und erschöpft war, dass bei seinem letzten Schwung der Griff aus seiner Hand glitt und das Schwert sich ein paar Meter weiter in den Boden bohrte. Uff. Sowas wie Handschuhe oder etwas ähnliches, für mehr Griffigkeit wäre nicht schlecht, dachte er sich, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte, ehe er das Schwert am Balanceknauf berührte und verschwinden ließ.
Nach einem kurzen Mittagessen im Speisesaal gab es weiterhin nicht viel zu tun, daher schnappte er sich sein neu gekauftes Buch und suchte sich draußen ein schattiges Plätzchen unter einem Baum, wo er dann mühsam, aber dennoch nicht allzu langsam zu lesen begann. Es war richtig spannend. So ein Buch hatte er vorher noch nie gelesen. Als er dann etwa ein Viertel des Buches durch hatte, schaute er sich verwundert um, da in der Nähe des Pools reges Treiben begann.
Einige der Erleuchteten begannen Tische und Stühle im Garten aufzubauen und der riesige Busfahrer schaffte einen merkwürdigen großen Apparat auf vier Beinen und einer Art Schale mit Gitter heran. Anscheinend wurde auch Essbares nach draußen gebracht, doch was dort wirklich ablief konnte der Junge nicht nachvollziehen. Schließlich ging der große Mann weg, nur um kurz darauf mit einem noch größeren Besucher wiederzukehren, den Xaroc erst nach längerem Anstarren als den Nicht-Toten aus dem Casino erkannte. War der da auch schon so groß gewesen? Und wo sind seine ganzen Wunden?
Jedenfalls schien sich ein Gespräch zwischen ihm und einigen der Erleuchteten, allen voran der Nic-Mann, Leira und Marika, zu entwickeln, welches wohl nicht bei jedem positive Gefühle hervorrief. Nun endgültig neugierig geworden stand er auf um mehr über die Situation zu erfahren. Dass das Buch, der er bis dahin noch in der Hand gehalten, mittlerweile verschwunden war, fiel ihm gar nicht auf.
Als er in Hörweite kam, beschwerte sich gerade die geflügelte Figur des Beschwörers bei dem Neuankömmling, dass dieser sich gefälligst fernhalten sollte. Direkt darauf gab eben jener Beschwörer einen Haufen Geschwafel von sich, bei dem Xaroc fast schwindelig wurde. Aber offenbar schien es sich um Marika zu drehen, die, wie ihm jetzt erst wieder einfiel, ja eigentlich eine ihrer Widersacher war.
Da er selbst nicht wirklich sicher war, wie er über die Situation denken sollte, enthielt er sich bei dem Thema, sondern begnügte sich damit den Neuankömmling möglichst unauffällig zu mustern. Er war wirklich gewaltig, mindestens einen halben Meter größer als Xaroc. Gegen den sah er aus wie ein 10-jähriger. Dazu noch das er so unglaublich stark aussah. Der Vermutung des Jungen nach, könnte es dieser Mann wohl mit so ziemlich jedem der Anwesenden aufnehmen. Wenn nicht sogar mit allen gleichzeitig.
Die Kleidung selbst fand er ebenso interessant. Die Schwarz-Weiß-Kombination aus Jacke und Shirt gefiel ihm, praktisch das Pendant zu seiner eigenen Kleidung und zusammen mit der Hose verlieh es ihm das Aussehen eines dieser lauten Sänger, die er einmal im Fernsehen gesehen hatte. Die Sonnenbrille verstärkte den Eindruck noch. Warum einige von den anderen sich so aufregten konnte Xaroc nicht nachvollziehen. So schlimm sah der Mann jedenfalls gar nicht aus. Eher ganz im Gegenteil.
Sein Blick wanderte weiter durch die Menge und landete schließlich bei Marika, die nach wie vor nicht sonderlich begeistert aussah und mit einem Mal erinnerte sich der Junge, was ihre letzten Worte an ihn gewesen waren: Wir beide sprechen später noch. Dass das nichts Gutes bedeuten konnte war mehr als offensichtlich. Dann fiel ihm auf, dass ihre Augen denen des Neuankömmlings erstaunlich ähnlich waren. Waren die beiden etwa miteinander verwandt? Wenn ja konnte Xaroc ihre Missgunst nachvollziehen. Bei ihm und seiner Schwester sah es ja nicht großartig anders aus.
Am liebsten hätte er einfach gefragt, was der ganze Wirbel zu bedeuten hatte, aber den Reaktionen und Mienen der anderen nach, schien das momentan das dümmstmögliche zu sein, was er derzeit tun konnte. Und noch mehr Unmut wollte er wirklich nicht auf sich ziehen. Lange hielt er die Zurückhaltung jedoch trotzdem nicht aus, da es sich bei dem Neuen ja immerhin um einen Gast handelte und ein solcher so ein abweisendes Verhalten wohl kaum verdient hatte. Insbesondere, da sie ihn ja bisher kaum kannten. Und Alicia hatte gesagt, dass hier ohnehin niemand willkommen war, der den Erleuchteten schaden wollte.
Also trat er zögernd eine Schritt vor: „M-mit Verlaub. Ich bezweifle, dass dieser Herr so einen unangenehmen Empfang verdient hat, besonders nach seinen Verletzungen vom Vortag. Ich mag ja die genaueren Details versäumt haben, was ich zutiefst bedaure, aber dass allein Mistress Alicia schon so gütig war, ihn einzulassen, spricht deutlich genug. Und ich bin sprachlos ob der fehlenden Manieren einiger Anwesenden. Ja gerade wir, die wir ohnehin von dem Großteil der Bevölkerung abgewiesen werden, sollten uns schämen über andere zu richten, noch dazu über einen Gast. Ich hatte mehr erwartet.“
Er wandte sich dem großen Mann zu und deutete eine Verbeugung an. „Verzeihung, Sir. Ich bitte Euch das Verhalten meiner- ähm...“, er geriet ins Stocken als er eine passende Bezeichnung für die anderen suchte, „meiner... meiner Miterleuchteten zu entschuldigen. Wir haben in den letzten Tagen... so einiges durchmachen müssen.“
Erst nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, fiel ihm so wirklich auf, was er da eigentlich gerade gesagt und getan hatte. Verlegen kratzte er sich am Kopf und starrte zu Boden. Verschlimmert wurde das ganze dann auch noch, als sein Magen ein sehr lautes Knurren von sich gab und sein Kopf hochrot anlief. „Ähm... wann gibt es eigentlich was zu essen...?“, murmelte er halblaut.
OT: So, ZfF (Zeit für Fettnäpfchen). Nichts großartiges, aber irgendwie muss man ja bei Marika anderen anecken. Xaroc hat von dem gesamten Gespräch nichts so wirklich mitbekommen, außer das einige Coleman wohl nicht wirklich leiden können. Gesehen hatte er diesen zwar im Casino schon, aber nicht was über ihn gesagt wurde. Ergo, er weiß nicht wer oder was er ist. Und ja, mich gibt's auch noch.