Fassungslos atmete ich mehrmals ein und aus. Ein und Aus, bis ich mich allmählich wieder beruhigen konnte. Langsam stand ich auf und rannte sofort, den Revolver in der Hand, in Richtung Tür. Doch als ich draussen ankam war niemand mehr dort. Ich sah mich überall um, doch es war weder ein Mensch, noch irgendein Monster dort.
„Jimmy.“, sagte der Sheriff tröstlich und legte mir die Hand auf die Schultern, nachdem er mir hinterher gerannt war.
„Sheriff, wie können wir dieses Wesen stoppen? Sie haben es selber gesehen!“, schrie ich verzweifelt und wusste nicht mehr was tun.
„Jeder hat eine Schwachstelle, auch er.“, sagte er, doch machte mich diese Aussage nicht sehr viel glücklicher.
„Verdammt Jenny.“, flüsterte ich und es fiel mir erst jetzt ein, dass ich meine Freundin komplett vergessen hatte.
Ohne zu zögern rannte ich wieder in das Revier ein und stürmte in das Zimmer, in welches Jenny war. Doch als ich das Zimmer, war sie weg. Sie war einfach weg. Verschwunden.
„Nein!“, schrie ich, doch das brachte wenig.
Ich wusste, dass er sie geholt hat. Er holt jeden, der ihm zu nahe kommt. So auch meine Freundin und das alles nur wegen mir. Wimmernd kauerte ich auf den Boden und fing an zu weinen. Nein, ich kann das nicht so stehen lassen. Ich muss etwas tun. Plötzlich sah ich, dass unter dem Bett etwas war. Ein zusammengeknülltes Stück Papier. Sofort kroch ich unters Bett und nahm mir das Stück Papier, welches ich wieder auseinander faltete.
„HELP ME“
Das war eindeutig Jennys Handschrift. Ich steckte das Papier ohne zu zögern in meiner Hosentasche und lief aus dem Zimmer. Dem Sheriff und Johnson habe ich nichts gesagt. Ich musste das alleine durchziehen und die anderen waren mir momentan sowieso nur im Weg. Doch ich hatte keinen Anhaltspunkt. Ich wusste nicht wo sie war, geschweige irgendetwas.
„Nein, halt. Doch ich wusste was.“, sagte ich zu mir und mir fiel sofort die Hütte in Littelton ein.
Dort muss er sein und dort muss auch Jenny sein. Sofort rannte ich zum nächstgelegenen Polizeiauto, am Hinterausgang und schloss das Auto auf. Sicherheitshalber nahm ich die Sirene ab und fuhr los. Es war mir egal, dass ich ein Polizeiauto entwendet habe, obwohl ich nur Hilfspolizist bin, denn ich darf das nur mit der Erlaubnis des Sheriffs, doch er würde mir ohnehin nicht zustimmen.
Langsam machte ich die Augen auf. Ich wurde durch ein Tropfen aufgeweckt und genau dieses Tropfen spürte ich auf meiner Haut wieder. Ich schaute nach oben. Die Decke war niedrig und wurde von Brettern vernagelt, aus dem Wasser hinunter tropfte. Nur ein kleiner Spalt an der Decke, liess ein wenig Licht in diesem dunklen und staubigem Raum zu. Ich wusste nicht genau wo ich war, aber es sah wohl nach einem Keller aus. Ich war an meinen Armen mit Ketten angebunden und konnte mich unmöglich befreien. Das letzte an was ich mich erinnern kann war, dass ich … Nein, ich kann mich an gar nichts mehr erinnern. Nur, dass plötzlich alle wegliefen und ich dann irgendwie einschlummerte.
„Verdammt.“, fluchte ich und zog an den Ketten, doch es brachte nichts.
Hat er mich echt geholt? Der schwarze Mann? Und als mir das alles wirklich so richtig bewusst wurde, fing ich an zu weinen. Ich hatte diese grässliche weisse Fratze vor meinen Gedanken, die jeden Moment mich töten konnte. Warum? Warum, musste das passieren?
Ich fuhr den genau gleichen Weg, wie wir mal einst mit dem Auto gefahren sind, bis hin zu der schäbigen Kleinstadt mitten im Wald. Sie schien nicht wirklich von dieser Welt zu sein, dachte ich und das wunderte mich ehrlich gesagt auch nicht, denn dieses monsterhafte Wesen stammte auch von hier.
„Keine Sorge Jenny, halte durch.“, sagte ich mehrmals.
Ich durfte sie einfach nicht verlieren. Es sind schon zu viele Menschen wegen diesem Monster gestorben. Ich blickte wieder aus meinen Gedanken weg, als ich die Kleinstadt vor mir sah. Sie sah genauso dreckig und schäbig wie zuvor aus, doch jetzt war es glücklicherweise Tag. Sofort stieg ich aus dem Auto und rannte los. Den Hügel hinauf, bis ich die Hütte vor meinen Augen erblickte, doch ich sah auch was anders.
„Verdammt, nein!“, flüsterte ich zu mir und erblickte mehrere tote Leichen um die Hütte herum.
Es waren die Polizisten die die Hütte noch untersuchen sollten, doch sie waren alle tot. Es sah aus als hätte hier ein grausamer Kampf stattgefunden. Doch ich konnte mich davon nicht ablenken lassen. Ich holte sofort mein Handy hervor und rief dem Sheriff an. Ich brauchte wohl doch seine Hilfe.
„Jimmy, wo zum Teufel steckst du?“, rief er, als er abnahm.
„Sheriff, ich bin in Littelton. Ich brauche ihre Hil-“
BBBBZZZZ
„Verdammt, warum ist die Verbindung unterbrochen?!“, fluchte ich und versuchte ein Signal zu erwischen, doch vergebens.
Wütend steckte ich mein Handy wieder hinein und lief zur Tür der Hütte, die schon aufgebrochen war. Ich hatte eine Pistole mit Lichtlaser mitgenommen, denn ich wusste, dass ich hier Licht brauchen werde. Ich leuchtete sogleich mit der Pistole durch den ganzen Raum. Es sah immer noch so aus, wie vor ein paar Tagen, ausser das die Leiche nicht mehr hier war, worüber ich übrigens erfreut bin. Nachdem ich mich durch das gröbste durchgeleuchtet habe und enttäuscht feststellen musste, dass Jenny nicht hier war, versuchte ich, trotz des unglaublich ekelhaften Gestanks, am Boden entlang zu kriechen. Vielleicht fand ich ja etwas? Doch ausser Ratten und Insekten, waren nach meiner Suche am Boden nichts mehr zu finden. Frustriert stand ich auf und lehnte mich gegen die hölzerne Wand. Doch bevor ich noch irgendetwas realisieren konnte, begann es in der ganzen Hütte plötzlich zu rumpeln. Ich musste aufpassen, dass ich nicht zu Boden fiel, weshalb ich mich schnell an die Tischkante festhielt. Das einzige was ich noch sah, waren die Staubwolken die sich durch den ganzen Raum durchgezogen haben. Erst nach ein paar Minuten konnte ich sicher die Augen machen und meine ständigen Husten eindämmen.
„Was zum Teufel?“, sagte ich erstaunt und sah, dass sich an der Wand ein Loch gebildet hatte.
Sofort lief ich ohne zu zögern hinein und sah, dass sie nach unten führte. Da hat die Polizei wohl ordentlich geschlampt. Ich ging langsam die Stufen hinunter. Sie waren noch unheimlicher und stinkender als die Hütte selbst. Auch die Fliegen konnte ich hören, worauf ich nur das schlimmste schliessen konnte, aber nicht für meine Freundin!
„Oh, scheisse!“, rief ich und schreckte auf, als ich gegen etwas am Boden gestossen war.
Als ich nach unten leuchtete sah ich, dass es die Leiche eines Mannes war, der schon seit mehreren Tagen hier lag. Fliegen und Maden hatten sich da schon ihr neues zuhause eingerichtet. Schaudernd wandte ich mich ab und sah mich um. Es war nur ein langer Gang, der von der einen Seite von einer steinernen kalten Wand und von der anderen Seite eine Art hölzernes Gitter, umgeben war. Meine Augen waren stets in Richtung Holzgitter gerichtet, da ich wusste das sie dort war. Ich wusste es einfach.
„Jenny, bist du hier?“, fragte ich leise und lief Schritt für Schritt weiter.
Und plötzlich hörte ich etwas. Ein unterdrückter laut oder so was ähnliches.
Ich hörte seine Stimme. Ich war mir hundertprozentig sicher, dass er es war. Jimmy! Aber ich konnte nichts tun, um mich bemerkbar zu machen. Mein Mund wurde durch Isolierband zugeklebt und meine Füsse die noch frei waren, konnten nicht erreichen, was mich bemerkbar machen konnte. Doch plötzlich sah ich den Eimer, der neben dem Regal stand. Hoffnungsvoll versuchte ich mit meinem Bein dranzukommen, doch ich schaffte es nicht. Es fehlten nur ein paar Millimeter. Ich streckte mich so gut ich konnte, doch das länger wurde ich trotzdem nicht. Verdammt! Es war hoffnungslos, ich konnte nichts tun. Doch da hörte ich plötzlich Schritte. Nein, sie stammen sicher nicht von Jimmy, der hatte nicht solche Schuhe, die diese Laute von sich gaben. Es war er! Verzweifelt versuchte ich mich wieder an dem Eimer und siehe da, ich kam doch noch mit letzter Kraft dran. Mit einem lauten metallenen Ton knallte der Eimer auf dem kalten Steinboden.
„Jenny? Jenny!“, hörte ich plötzlich und kurz darauf schnelle Schritte die immer näher kamen. „Da bist du ja!“
Ich sah ich direkt vor mir, doch das Holzgitter trennte uns voneinander. Jimmy schien das nichts auszumachen, denn mit einem kräftigen Kick durchbrach er das Gitter und lief schnell zu mir rüber.
„Jenny, ich bin so froh dich zu sehen!“, sagte er überglücklich zu mir und riss mir das Isolierband vom Mund.
„Das bin ich auch!“, sagte ich und tränte vor Freude. „Ist Hilfe unterwegs?“
„Ja, sollte.“, sagte er und sah frustriert die Ketten an, an denen ich immer noch gebunden war.
Langsam stand er auf , richtete seine Pistole auf die Ketten und schoss. Es war durch! Er grinste mich freudig an und wollte gerade zur nächsten Kette übergehen, doch plötzlich sah ich mit weit geöffneten Augen, dass eine schemenhafte Gestalt hinter ihm erschien. Es war wie ein Hologramm, doch leider Gottes war es das nicht in Wirklichkeit. Es war der Slenderman, der unmittelbar hinter Jimmy stand und seine schwarzen Tentakel ausfuhr.
„Jimmy!“, schrie ich, doch es war zu spät.
Die Tentakel rasten wie messerscharfe Lanzen auf Jimmys Rücken zu. Es war zu spät um auszuweichen.