Ich möchte mich für die lange Pause entschuldigen und hoffe das man geschichtlich trotzdem noch hinterher kommt. Von meiner Seite versuche ich wieder aktiver an meine Geschichte zu arbeiten, da ich noch ganz am Anfang stehe und ich sie gedanklich eigentlich schon fertig habe. An Rusalka noch ein Dankeschön das du meine Geschichte so interessiert verfolgst, aber weiteres im Spoiler.
Kapitel 3
Leise schloss ich die Haustür hinter mir zu. Die Schuhe streifte ich mir von den Füßen ab und ließ sie auf dem Teppich zurück, um keinen Schmutz im Haus zu verteilen. Meine Jacke hängte ich sorgfältig über einen Kleiderbügel in der Garderobe. Im Vergleich zu draußen, war es hier drin sehr warm. Ich ging vom Flur direkt in die Küche. Ich war nicht sonderlich überrascht, als ich hier meine Eltern vorfand. Sie waren gerade dabei, das Abendessen vorzubereiten. Wir hatten eine sehr große Küche mit weißen Fronten an den Schränken und eine dunkelbraune Arbeitsfläche, in der Mitte gab es eine Insel, an dem drei Barhocker standen. Diese trennte den Küchenbereich von dem Esszimmer. Chloe saß auf einem dieser Hocker. Sie bemerkte mich als erstes.
„Hi Mike, da bist du ja.“ Sie kam zu mir herüber, drückte mich kurz und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Meine Eltern drehten sich erstaunt zu mir um und grüßten mich ebenfalls. Chloe hatte einen langen Rock an, der ihr bis zu den Knien ging, darunter trug sie schwarze Strümpfe, die gut zu ihrem grob gestrickten, hellgrauen Oberteil passten.
„Du siehst hübsch aus“. Mein Kompliment ließ sie erröten.
„Danke. Wo warst du heute?“, fragte sie mich. Ich schaute kurz auf, um zu prüfen, ob meine Eltern mir zuhörten. Sie schauten mich an und warteten auf eine Antwort.
„Ich war bei Ian lernen, das weißt du doch“, log ich. Meine Freundin brauchte einen Moment, bis sie verstand, dass ich die Wahrheit nicht vor meinen Eltern sagen konnte, sie hatte mich nämlich sofort durchschaut.
„Achso, ja stimmt, das hatte ich ganz vergessen.“ Sie spielte mit und mimte die Ahnungslose. Ich war ihr dankbar dafür, meine Eltern bemerkten meine Lüge zum Glück nicht, ganz im Gegenteil, sie freuten sich, dass ich wieder da war und ich etwas für die Schule getan hatte. Kurz darauf drückte mir meine Mutter vier Teller in die Hand.
„Spatz, das Essen ist gleich fertig, magst du schnell den Tisch decken?“
Sie fragte nur aus Höflichkeit, denn ich wusste, dass das eher ein Befehl war. Ich nickte kurz und trug die Teller rüber zum Esszimmertisch. Chloe blieb nicht verschont, mit Besteck bewaffnet folgte sie mir. Als wir fertig waren, beugte sie sich über den Tisch zu mir rüber.
„Wo warst du wirklich?“, flüsterte sie, darauf bedacht, dass nur ich sie hörte.
„Sag ich dir später“, flüsterte ich zurück. In diesem Augenblick kam meine Mutter mit einer großen Schüssel voll dampfendem Nudelauflauf. Ich war verdammt hungrig, stellte ich fest, als mein Magen sich mit einem lauten Grummeln meldete.
Mit Bauchschmerzen schleppte ich mich hoch in mein Zimmer. Chloe versprach mir, dass sie gleich nachkäme, sobald sie mit dem Abwasch geholfen hatte, den sie an meiner Stelle machte. Mein Zimmer war so ordentlich wie immer, links in der Ecke stand mein Bett, welches man nur von einer Seite besteigen konnte, da die andere direkt an der Wand stand. Gleich daneben befand sich mein Nachtschränkchen mit einer kleinen Leselampe. Zwischen dem Bett und dem Schrank, der ganz hinten rechts in der Ecke stand, gab es ein Fenster. Gegenüber vom Fenster, an der Wand, stand mein Schreibtisch, auf dem meine Hausaufgaben für morgen lagen, die ich jetzt noch schnell einpackte. Danach legte ich mich auf mein Bett und schaltete den Fernseher ein, den ich letztes Jahr von meinen Eltern zum Geburtstag bekommen hatte. Meist lief eh nur langweiliges Zeug das mich nicht interessierte, deshalb zappte ich so lange durch, bis ich schließlich beim Sportkanal hängen blieb. Fußball. Ich mochte Fußball, als Kind war ich in einem Verein Mitglied, aber das war schon ein paar Jahre her. Ian und ich kickten bei Gelegenheit auf dem Industriehof, welchen wir immer aufsuchten, um ungestört zu sein. Der Industriehof hatte vor vielen, vielen Jahren zugemacht und mit der Zeit verfiel das ganze Gebäude, da sich niemand mehr darum kümmerte. Das Gelände war umzäunt, doch wir fanden eine Stelle zwischen zurückgelassenen Paletten, an der wir reinschlüpfen konnten ohne gesehen zu werden. Es war ein idealer Ort, um abzuhängen. Beim Sportkanal zeigten sie nur die Endergebnisse der dieswöchigen Spiele und deren Highlights. Mein Team, die Stratos Tohaido´s hatten leider zwei zu null verloren.
Enttäuscht rieb ich mir das Gesicht. Ich schaute auf meinen Wecker, der mir neun Uhr anzeigte, eigentlich noch keine Zeit, um ins Bett zu gehen, doch ich war Hunduster-Müde. Deshalb stand ich auf, zog ein frisches T-Shirt aus meinem Schrank und ging ins Bad, dort ging ich schnell duschen, putzte mir die Zähne und zog mir frische Sachen an. Als ich zurück in mein Zimmer kam, stand Chloe mitten im Raum und zog sich um, sie hatte einen süßen Pyjama mit Pichu´s drauf.
„Ist das Bad frei?“ Ich nickte als Antwort. Sie verschwand kurz und tauchte erst wieder auf, als ich schon im Bett lag. Sie zog die Bettdecke zurück, legte sich neben mich und zog sie dann wieder hoch bis zum Kinn. Den Fernseher hatte ich zuvor schon ausgeschalten, meine Nachttischlampe war nun die einzige Lichtquelle in meinem Zimmer und spendete genug Licht, um noch alles zu erkennen.
„Mir ist kalt“, sagte sie zu mir.
„Dann komm her, ich drück dich warm“, bot ich ihr an und hob ein wenig die Decke hoch.
„Ist das auch in Ordnung für dich?“ Sie machte sich immer viel zu viele Sorgen.
„Na klar! Ich bin doch schließlich dein Freund“, sagte ich zu ihr und musste schmunzeln. Daraufhin kuschelte sie sich an mich, legte ihren Kopf auf meine Brust und drückte ihre eiskalten Hände und Füße an mich. Vor der Kälte war ich nicht gewappnet und schreckte lachend zurück.
„Du bist ja eiskalt.“
„Ich hab´s dir doch gesagt.“ Sie fing ebenfalls an zu lachen. Wir hatten selten solche Momente. Wir hatten keine körperliche Beziehung, sondern eher eine praktische, wie ich sie gerne nannte. Sie schlief nicht sehr oft bei mir oder ich bei ihr, da sie meistens um diese Uhrzeit noch kellnerte, um damit ihr Studium zu finanzieren. Heute hatte sie ausnahmsweise mal frei, da sie eine Schicht mit ihrer Kollegin getauscht hatte.
„Wo warst du heute den ganzen Tag?“ Kurz musste ich überlegen, ob ich ihr die Wahrheit sagen konnte, entschied mich aber, es doch zu tun.
„Ich war heute bei der Parade mit Ian“, antwortete ich ihr wahrheitsgemäß. Wenn Chloe und ich uns mal sahen, versuchten wir immer, uns alles zu erzählen, was wir gemacht hatten, was uns Spaß gemacht hatte oder was uns auch mal auf die Palme brachte. Sie war ein mehr als angenehmer Ausgleich zu Ian. Denn bei ihm konnte alles nicht schnell genug gehen, in dieser Hinsicht war er doch ein sehr sprunghafter, aber immer stets gutgelaunter Mensch und genau das mochte ich so sehr an ihm. Mein Leben wäre sonst nur halb so interessant, wenn ich nicht stets irgendeinen Mist mit ihm baute. Durch die Erinnerungen, die gerade in mir wachgerufen wurden, musste ich grinsen.
„Ich will auch mitlachen“, meldete sich Chloe amüsiert zu Wort, die mich offensichtlich die ganze Zeit beobachtet hatte.
„Nichts Wichtiges, ich habe nur an Ian gedacht.“ Sie drehte sich auf ihren Bauch und stützte ihren Kopf mit beiden Händen, um mich besser sehen zu können.
„Was habt ihr auf der Parade gemacht? Ich dachte, Ian mag solche Veranstaltungen nicht?“, fragte sich mich und wartete meine Reaktion ab. Ich lehnte mich ein wenig zu ihr rüber.
„Ich sag es dir, aber du darfst es niemandem sagen, einverstanden?“, flüsterte ich.
Sie nickte, zum Zeichen, dass sie es verstanden hatte.
„Kannst du dich an die Geschichte erinnern, die vom Weihnachtsmarkt, die ich dir mal erzählt habe, die, die erklärt, warum meine Eltern Ian nicht so sonderlich mögen?“, fragte ich sie. Sie nickte wieder, sie verstand jedoch noch nicht, vorauf ich hinaus wollte.
„Nun ja, das haben wir heute wieder gemacht, auf der Parade, wir wollten…“.
„Ihr habt WAS?!“, schrie sie mich an. Ich legte schnell meine Hand auf ihren Mund.
„Schhhh…, Willst du, dass meine Eltern dich hören?“ Mein Herz schlug auf einmal schneller, leichte Panik stieg in mir auf. Ich wollte mir nicht ausmalen was passierte, wenn meine Eltern ins Zimmer kamen und fragten, was los sei und Chloe ihnen dann alles erzählte.
„Du darfst es ihnen nicht sagen, du hast es mir gerade noch versprochen“, erinnerte ich sie.
Ich nahm langsam meine Hand zurück, bereit, sie wieder drauf zu legen, falls sie nochmal so schreien würde. Doch sie blieb ruhig.
„Bitte, es darf wirklich niemand wissen“, flehte ich sie an. Sie sah mich scharf musternd an, als überlegte sie noch, was sie antworten sollte.
„Ok, ich verspreche es. Aber was habt ihr euch nur dabei gedacht? Ihr hättet erwischt werden können, stell dir mal vor, was passiert wäre.“ Sie war immer noch ein wenig aufgebracht. Das verstand ich, die gleichen Befürchtungen hatte ich auch, bevor ich Ian heute Morgen noch zustimmte. Bei einer Verwarnung wäre es dieses Mal garantiert nicht geblieben.
„Keine Ahnung, ich wollte ihm nur helfen.“
Chloe schüttelte verständnislos ihren Kopf, ich konnte es ihr noch nicht einmal verübeln.
„Für was habt ihr das Geld gebraucht?“
„Für eine Stromrechnung, du weißt, sie haben nicht so viel Geld.“ Seine Rabenmutter kümmerte sich ja nicht um solche Sachen. Beinahe wäre mir dieser Satz auch noch herausgerutscht. In dieser Hinsicht tat Ian mir Leid, dass er so einen verantwortungslosen Elternteil hatte, und dass er schon jetzt so viel Verantwortung übernehmen musste, wahrscheinlich schon sein ganzes Leben lang. Aber ich hatte auch schließlich nicht das Recht dazu, hinter ihrem Rücken zu Urteilen.
„Es ist ja nichts passiert“, versicherte ich ihr.
„Es hätte aber was passieren können.“
„Ist es aber nicht.“
„Hat es sich wenigstens gelohnt?“ fragte sie. Ich zuckte mit den Schultern.
„Du weißt gar nicht, wie viel?“ fragte sie entsetzt. Ich zuckte wieder mit den Schultern, mir war es relativ egal, wieviel es war, ich wusste, Ian würde es mir morgen schon sagen, wenn nicht, würde ich ihn fragen. Das Wichtigste für mich war, dass ich ihm helfen konnte, das Geld spielte hierbei keine Rolle, für mich zumindest.
„Du hast ihn wirklich sehr gern, hm?“, fragte sie nun sanft. Über dieses Thema wollte ich nun wirklich nicht mit ihr reden, das ging sie auch nichts an. Ich fragte sie auch nicht nach Mazen, in den sie verknallt war und sich nicht traute, ihn anzusprechen. Ich atmete tief ein und wieder aus.
„Ich bin müde, lass uns schlafen“, sagte ich schroffer, als ich wollte und knipste die Nachttischlampe aus. Kaum war das Licht aus, verflüchtigte sich meine Müdigkeit und ich lag hellwach in meinem Bett. Chloe war die Einzige, die davon wusste, welche Gefühle ich für Ian hatte.
„Tut mir leid“, entschuldigte ich mich bei ihr wegen meiner schroffen Art, ich wusste, dass sie es nur gut meinte.
„Kein Problem, ich wünsche dir eine gute Nacht“, sagte sie verständnisvoll.
„Danke, wünsche ich dir auch.“
Es brauchte eine Weile, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Mit der Zeit wurde es aber immer besser, sie gewöhnten sich an die Straßenlaterne, die jede Nacht in mein Zimmer schien. Das Licht störte mich nicht, ganz im Gegenteil, es beruhigte mich, da ich selbst in später Nacht alles in meinem Zimmer erkennen konnte. Nicht, dass ich direkt Angst im Dunklen hatte, aber als angenehm empfand ich es auch nicht. Ian hingegen mochte die Dunkelheit. Er verbarrikadierte sich regelrecht wenn er schlief, laut seiner Aussage konnte er sonst nicht schlafen. Meine Gedanken schweiften von einem Thema zum anderen. Ich ließ auch den heutigen Tag vor meinen Augen Revue passieren und je mehr ich darüber nachdachte, umso bescheuerter fand ich das Ganze. Wir hatten echt verdammt viel riskiert, vor allem für diesen dummen Briefumschlag. Ich hoffte für Ian, dass es sich gelohnt hatte. Warum ließ ich mich immer wieder von ihm überreden, solche verrückten Dinge zu tun? Ich stellte mir oft diese Frage, obwohl ich die Antwort schon wusste und das nervte mich tierisch. Ich wusste, dass es irgendwann soweit war, dass ich meinen Eltern, meinen Freunden und auch Ian gestehen musste, ihnen sagen musste, dass ich nicht so war, wie sie alle dachten.
Doch ich hatte furchtbare Angst. Angst vor ihren Reaktionen. Wie würden sie überhaupt reagieren? Ich konnte es selbst bei meinen Eltern nicht einschätzen. Mein Vater? Was würde er sagen? Würde er überhaupt etwas sagen? Würden sich meine Freunde in der Schule von mir abwenden? Ian. Wie würde er mit der Wahrheit umgehen? Hatte er Verständnis, so wie Chloe? Alles Fragen über Fragen, auf die ich keine Antwort wusste, wenn ich nicht gestand, wenn ich mich nicht outete. Ich lag fast tagtäglich hier und zerbrach mir darüber den Kopf. Wann sollte ich es tun? Sollte ich es überhaupt tun? Ich musste. Es machte mich schon jetzt verrückt in solch einer Zwickmühle zu stecken. Es war ein Fluch, nicht so sein zu können, wie man eigentlich war und ich wusste, je länger ich wartete, umso schlimmer würde es werden. Es dauerte eine Ewigkeit, bis ich in den Schlaf fiel. Um halb Zwölf schaute ich das letzte Mal auf die Uhr. Mein letzter Gedanke war, dass mein Geheimnis vorerst bei mir und Chloe sicher war.
Ich hatte eine furchtbare Nacht. Immer wieder weckte mich der Lärm von draußen. Egal ob es Sirenen waren oder zwei Felilou, die sich gerade einen territorialen Kampf lieferten. Jedes Mal brauchte ich mindestens eine Viertelstunde, bis ich wieder in den Schlaf fand, solange, bis mich das letzte Mal der Wecker von Chloe um halb sechs wachrüttelte. Sie stand immer eine halbe Stunde vor mir auf, um sich im Bad fertig zu machen, danach kam sie zu mir und weckte mich ein zweites Mal. Als wir dann beide fertig waren mit Zähneputzen und Umziehen, gingen wir gemeinsam die Treppen runter um zu frühstücken. Meine Eltern ließen die Sachen für uns meistens auf dem Tisch stehen, wenn sie vor uns aus dem Haus gingen. Erst am Frühstückstisch wechselten wir das erste Mal wieder ein paar Worte.
„Hast du gut geschlafen?“
„Nein, nicht so wirklich und du?“ fragte ich meine Freundin.
„Ich habe sehr gut geschlafen. Nachdem es nicht mehr so kalt war“, sagte sie amüsiert. Sie beeilte sich mit dem Frühstück, da ich wusste, dass sie schon den ersten Zug um sieben Uhr erwischen wollte. Sie schmierte sich das letzte Brötchen und packte es in ihre Schultasche.
„Wir sehen uns später in der Pause?“, fragte sie mich, als sie sich ihre Winterstiefel anzog und den Schal um ihren Hals wickelte.
„Natürlich, bis später“, rief ich ihr noch nach, bevor sie die Haustür hinter sich schloss.
Ich ließ mir Zeit und packte erst alle Sachen zusammen, nachdem ich fertig war und ich keinen Bissen mehr runter bekam. Schnell sammelte ich die wichtigsten Sachen ein, wie Schultasche, Handy und meine Brille, die ich gestern in der Jackentasche vergessen hatte. Ich drehte mich kurz prüfend um, ob ich auch alle Lichter ausgeschaltet hatte und schloss erst die Tür, als ich mir sicher war. Nur zehn Minuten brauchte ich von zu Hause bis zu meiner Station. Dort standen neben mir noch viele andere Schüler, die auf den Zug warteten. Ich nahm immer den späteren Zug, da ich wusste, wenn Ian sich die Mühe machte aufzustehen, dann würde er diesen hier nehmen. Nach etwa drei Minuten fuhr er schließlich ein und ich konnte im hinteren Bereich einsteigen. Der Vorteil, wenn man weiter außerhalb wohnte lag darin, dass noch einige Plätze frei waren und es sich erst nach der Hälfte der Strecke so füllte, dass man stehen musste. Ich hielt Ausschau nach Ian, konnte ihn aber auf unserem gewohnten Platz nicht finden. Wieso war es mir irgendwie klar, dass er heute die ersten Stunden schwänzen würde? Alleine nahm ich auf dem Doppelsitz Platz und verstaute die Tasche im Fußraum. Ich konnte Ian noch nicht einmal eine Nachricht mit meinem Handy schicken, da er selbst keines besaß. Er würde schon irgendwann auftauchen, wie immer. Ist ja nicht so als wäre das eine Seltenheit bei ihm, sondern eine Gegebenheit. Nach circa zwanzig Minuten kam ich an unserer Schule an, der Stratos High. Die Schule bestand aus mehreren Gebäuden. Einmal die Klassensäle, dort fand der normale Unterricht statt, wie Mathe, Deutsch und Biologie. Dieser Bereich wurde als Block A bezeichnet. Dann gab es noch die Sportanlagen, welche sich im Block B befanden und etwas außerhalb lagen. Die Anlagen wurden nicht nur von Schülern verwendet, sondern auch gerne mal von der Stadt, die dort Veranstaltungen austrug. In Block B hatten wir auch eine große Festhalle, die die Theatergruppe gerne nutzte, da dort eine Bühne bereitstand. Block C teilte sich nochmals in drei Bereiche auf. Bereich eins war das Labor, der zweite Bereich war die Werkstatt und der dritte war die Mensa, dort konnten wir uns während den Pausen aufhalten. Einen Kiosk und eine Kantine gab es dort auch. Das Lehrerzimmer wiederum befand sich im ersten Block. Da ich in den ersten beiden Stunden Mathe hatte, schlug ich den Weg Richtung BA ein. Diese Kürzel benutzte hier jeder, selbst die Lehrer. Es war kurz vor acht, als ich vorm Klassenzimmer ankam. Wie jeden Montagmorgen mussten wir auf unseren Mathelehrer Mr. Brown warten. Ein paar Minuten nach Unterrichtsbeginn, tauchte er endlich auf, mit einer Tasse Kaffee in der Hand und in der anderen schon den Schlüssel, bereit uns gleich die Tür aufzuschließen. Er kam meistens zu spät, wenn Ian mal montags zur rechten Zeit erschien, dann machte er sich ständig über unseren Mathelehrer lustig, dass er nur zu spät käme, da er zu fett war und sich morgens lieber noch die Zeit nahm, um sich einen weiteren Donut reinzuschieben. Zwar mochte ich Ian´s Wortwahl nicht immer, aber die Tatsache, dass Herr Brown das Doppelte, wenn nicht sogar das Dreifache von mir war, konnte man nicht abstreiten. Als das Klassenzimmer offen war, nahm jeder seinen gewohnten Platz ein und packte seine Hausaufgaben aus. Von Ian war mal wieder weit und breit keine Spur und mein rechter Platz blieb leer. Die erste Stunde verbrachten wir damit, die Hausaufgaben zu korrigieren, welche Mr. Brown immer gerne ausführlich besprach und Schüler, die Unklarheiten hatten, aufklärte. In der zweiten Stunde kam dann wieder ein neues Thema dran. Die Doppelstunde am Montag machte mir gar nichts aus, ganz im Gegenteil, sie machte mir richtig viel Spaß, gerade weil Mr. Brown so ein angenehmer und gemütlicher Lehrer war, nur selten musste er streng werden, da die Hälfte der Klasse um diese Uhrzeit sowieso noch schlief. Pünktlich läutete die Glocke die erste Pause ein. Ich packte schnell meine Sachen, da ich wusste, dass Chloe in Block C auf mich wartete.
Als ich über den Pausenhof lief bemerkte ich, dass sich die Nebelbänke durch die Sonne langsam verflüchtigten. Die Bäume und Pflanzen hatten aber dennoch einen Frostschimmer, der in der Sonne wunderschön glitzerte. Die Luft roch sauber und erzeugte beim Ausatmen eine kleine Dunstwolke vor der Nase und dem Mund. Vor der Kantine und dem Kiosk gab es sehr viele Tische, an denen man Platz nehmen konnte, um sein gekauftes oder mitgebrachtes Essen zu verspeisen. In der Ferne konnte ich Chloe an ihrem rosa Schal erkennen und zu meiner Verwunderung auch Ian. Er saß auf einem der Tische und stellte seine Füße auf der darunter liegenden Sitzbank ab. Neben ihm stand ein Pappbecher mit Kaffee.
„Hi“, begrüßte ich sie alle, Chloe nahm ich kurz in den Arm und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. Neben ihr standen ihr besten Freundinnen Lisa und Jenny, die mit ihr in dieselbe Klasse gingen, beziehungsweise fast die gleichen Kurse teilten. Neben Ian saß Stan, der seine Pausen immer bei uns verbrachte. Chloe und Stan kannten sich schon sehr lange, wie lange wusste ich leider nicht und woher auch nicht. Stan war so ein richtiger Durchschnittstyp, durchschnittlich groß, durchschnittlich gebaut und auch eine durchschnittliche Frisur. Braune Haare, braune Augen. Er interessierte mich nicht, ich fand ihn noch nicht einmal hübsch, aber er gehörte einfach zu unserer Clique. Ich wusste, ich durfte ihn nicht so anstarren, aber ich tat es trotzdem. Ian hatte die gleiche schwarze Jacke an wie gestern und wie immer eine blaue Jeans. Er trug schwarze Handschuhe, die an den Fingerspitzen offen waren, mit denen er gerade geschickt eine Zigarette drehte. Ich beobachtete ihn, wie er die fertige Zigarette zwischen seine Lippen heftete, wie er leicht die Augen zusammenkniff, was er immer tat, wenn er nach dem Feuerzeug in seiner Jackentasche suchte.
Wie lässig er auf dieser Bank saß und wie sexy er damit auf mich wirkte. Mit einer Hand hielt er das Feuerzeug und mit der anderen schützte er die Flamme. Ich fühlte mich wie ein Perverser, der die ganze Zeit sein Opfer beobachtete. Eigentlich konnte ich es überhaupt nicht leiden, wenn er rauchte, am liebsten hätte ich ihm das Ding gleich wieder aus der Hand geschlagen und doch gehörte es zu Ian, es war ein Teil von ihm. Kaum hatte er die Hände runtergenommen, blickte er zu mir auf. Es traf mich wie ein Blitz, wie, als hätte mich jemand beobachtet und angeschrien, wie ein Kind, das etwas Unerlaubtes tat, das ihm seine Eltern zuvor noch verboten hatten. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Genervt über mich selbst brach ich schnell den Augenkontakt ab, den ich sowieso nie lange halten konnte. Diese blaugrauen Augen, die mich wahnsinnig machten.
„Hey, darf man hier nicht mal mehr eine Zigarette rauchen, ohne, dass du gleich sauer auf mich bist?“ fragte er entrüstet. Er zog zu meiner Erleichterung die falschen Schlüsse. Wie auch immer. Ich schüttelte bloß den Kopf, mehr an mich zur Warnung und dass ich die Bilder aus dem Kopf bekam. Unter meiner Jacke staute sich schon die Hitze. Das Klingeln zur nächsten Stunde befreite mich von meinen Qualen und es gelang mir, wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Ich verabschiedete mich von Chloe und den anderen und schlenderte mit Ian wieder zurück Richtung Block A. Wir hatten jetzt gemeinsam zwei Stunden Biologie. Unsere Biologielehrerin war noch sehr jung und arbeitete hauptsächlich mit Aufgaben, die wir als Team lösen und bearbeiten sollten. Dadurch entstand im Klassenzimmer immer ein noch angenehmerer Geräuschpegel. Deshalb fiel es niemandem auf oder hörte zu, wie ich mich mit Ian wegen gestern unterhielt.
„Bist du gestern noch gut nach Hause gekommen?“ wollte ich von ihm wissen.
„Ja klar, habe aber noch einen kurzen Abstecher ins Quinn´s gemacht.“
Er war also noch in unserer Stammkneipe, aber seinem Geruch nach zu urteilen, hatte er es nicht übertrieben. Er hatte mal keine Alkoholfahne.
„Und was ist mit dem Brief, also dem Umschlag?“
„Ich habe ihn noch nicht aufgemacht“, gestand er. Er lächelte. „Das wollte ich eigentlich heute Mittag mit dir machen. Hast du nach der Schule Zeit?“ fragte er mich. Ich freute mich, dass er dabei an mich dachte.
„Ja, ich hab Zeit“, stimmte ich zu.
„Industriehof?“
„Industriehof“, bestätigte ich. „Hast du wenigstens das restliche Geld nachgezählt?“
„Ja habe ich.“
„Und?“
„Knapp dreitausend Dollar“, verkündete er erfreut. Das Geld würde aber niemals für die Rechnung reichen. Er sah mein enttäuschtes Gesicht.
„Den Rest bekomme ich auch so noch irgendwie zusammen, ich lass mir schon was einfallen.“ Er versuchte mich mit seinen Worten aufzubauen. Für eine Weile arbeiteten wir stillschweigend vor uns hin.
„Hast du Chloe wegen Samstag schon gefragt?“, unterbrach Ian die Ruhe. Ich schüttelte den Kopf, das hatte ich ganz vergessen.
„Ich frage sie aber gleich in der fünften und sechsten Stunde, da haben wir zusammen Poké-Kunde“ antwortete ich ihm. Die Unterrichtsstunde zog sich ein wenig in die Länge oder lag es daran, dass ich es kaum erwarten konnte, meinen Nachmittag mit Ian zu verbringen? Auch diese Doppelstunde wurde durch ein Klingeln zur Pause beendet. Unser Treffpunkt: Der gleiche Tisch vor dem Kiosk wie in der ersten Pause. Auch nun warteten die anderen schon auf uns.
„Freust du dich auch schon auf die Poké-Kunde? So wie es aussieht, dürfen wir heute mit einem echten Pokemon arbeiten“, teilte Chloe mir erfreut mit. Sie freute sich riesig darüber und klammerte sich an meinem Arm fest. Ich freue mich mit ihr darüber.
Unsere Lehrerin hatte schon einmal ein Pokemon in die Unterrichtsstunde mitgebracht, doch letzte Woche kündigte sie an das wir heute sehr wahrscheinlich jeder eines zur Studie bekommen können. Natürlich nur leihweise. Den Pokemon durfte man nur dann besitzen, wenn man einen entsprechenden Ausweis besaß. Diesen jeder Trainer haben musste um ein Pokemon überhaupt besitzen zu dürfen. Das waren nun mal die Vorschriften. So einen Ausweis bekommt man schon mit vierzehn Jahren, wenn man sich entscheidet Trainer zu werden. Der einzige Haken an der Sache ist, dass dieser Ausweis und die Reise, wenn man sich dafür entschied, unglaublich teuer sind. Schon allein die Startgebühren, welchen die Aufenthalte und Übernachtungen im Pokemon-Center beinhalteten, konnte sich kaum jemand leisten. Geschweige denn, die Kosten eines Pokemon, welches einem zur Verfügung gestellt wird und deren Kosten für die Behandlungen nach einem Kampf oder ähnliches. Normalerweise wollte ich mich für solch einen Ausweis anmelden, daraus wurde leider nichts, da sich meine Eltern dagegen entschieden hatten. Sie meinten ich solle etwas Besseres aus meinem Leben machen und schickten mich auf die Stratos High. Den Poke-Kunde Kurs belegten Chloe und ich als Leistungskurs, da sie eines Tages mal als Krankenschwester in einem Pokemon-Center arbeiten möchte. Natürlich ist dafür ein super Notendurchschnitt notwendig und da ich auch gerne als Arzt für Pokemon arbeiten möchte brauche auch ich solch einen guten Notendurchschnitt. Nach der Schule ist für solch einen Beruf erst mal eine jahrelange Ausbildung Pflicht, bevor man sich überhaupt einen Pokemon nähern darf. Aber ich wollte schon immer mit Pokemon arbeiten. Vor vielen Jahren war ich mit meinen Eltern auf einem Jahrmarkt unterwegs. Dort gab es ein Streichelzoo für Kinder, damals konnte man dort kleine Haspiror und Mähikel füttern. Als mich dann zu dieser Zeit eines dieser Pokemon anstupste und nicht mehr von meiner Seite wisch, war es fortan immer mein Wunsch mit diesen wunderbaren Pokemon zu arbeiten. Heute durften wir das erste Mal eines studieren und die schon gelernten Sachen anwenden. Also war ich genau so aufgeregt wie Chloe.
„Ist ja echt zum Kotzen wie ihr euch aufführt“, meinte Ian genervt, der immer etwas allergisch auf dieses Thema reagierte. „Wir dürfen heute mit echten Pokemon arbeiten“, äffte Ian Chloe übertrieben nach. „Gibt es auch unechte?“ fragte er scherzend, um das Ganze noch lächerlicher wirken zu lassen. Ich weiß nicht warum, aber Ian hatte manchmal seine Phasen in dem er einfach nur ein riesiges Arschloch ist. Eigentlich sollte ich etwas sagen und meine Freundin verteidigen, doch sie war schon dabei ihn anzufauchen.
„Nur weil du Pokemon nicht ausstehen kannst, heißt das noch lange nicht das andere sie nicht mögen, geschweige denn lieben“, schrie Chloe in an.
„Das habe ich nie behauptet“, meinte Ian uns grinste dabei, was meiner Freundin gar nicht gefiel, denn sie schnaufte aufgebracht.
„Komm lass uns vor dem Klassenzimmer warten.“ Sie schlang ihren Arm unter meinem und zog mich unfreiwillig mit.
„Bis später“
Das war das einzige was ich ihm noch hinterher rufen konnte.
Immer noch genervt zog sie mich bis zum Klassenzimmer in Block C, wo meistens die Poke-Kunde stattfand. Chloe beruhigte sich ein wenig als sie feststellte, dass das Klassenzimmer offen stand. Als wir eintraten ließ sie sogar meinen Arm los. Anders wie unser Mathelehrer Mr. Brown ist unsere Lehrerin für Poke-Kunde, Mrs. Winton immer bestens vorbereitet. Sie saß schon still arbeitend vorne am Lehrerpult und begrüßte uns kurz als sie uns bemerkte. Erst als ich mich umschaute, merkte ich neben unserer Lehrerin, den Tisch mit mindestens zwanzig Pokebälle. Bei diesem Anblick schlug mein Herz gleich doppelt so schnell. Also stimmt es, wir dürfen heute mit einem Pokemon arbeiten. Zuvor dachte ich, dass wir wieder nur bei einem unsere Studien durchführen dürfen. Doch die Anzahl der Bälle verriet mir, dass wohl heute jeder eines bekommt. Meine Vorfreude stieg an. Auf so etwas habe ich mich schon ewig gefreut und hatte es unserer Lehrerin letzte Woche nicht ganz geglaubt, als sie es verkündete.
Chloe und ich nahmen unsere gewohnten Plätze ein, welche zwei Tische im mittleren Bereich des Klassenzimmers waren.
Das hier war kein gewöhnliches Klassenzimmer, wie die in Block A in denen der normale Unterricht abgehalten wird. Hier besaß jeder seinen eigenen Tisch und musste keinen teilen. Dennoch hatten meine Freundin und ich einen direkte nebeneinander. Außerdem gab es an jedem Tisch ein kleines Waschbecken und eine Steckdosenleiste, mit verschiedenen Anschlüssen. Für die Handwerker und Künstler sehr praktisch, hier in der Poke-Kunde brauchten wir diese eher selten. Wir waren die Ersten, deshalb verhielten wir uns leise und flüsterten nur miteinander um unsere Lehrerin nicht zu stören, die sich wieder ihren Unterlagen widmete.
„Chloe, ich muss dich was fragen.“
„Schieße los.“
„Hast du am Samstag Zeit?“
Sie überlegte kurz.
„Ich weiß noch nicht, kann sein das ich arbeiten muss, wieso?“
„Ian und ich gehen am Samstagabend ins Wailiquide und wollten dich fragen ob du mit möchtest?“
Sie schaut mich mit großen Augen an.
„Zja, sag deinem Ian, dass er sich das hätte vorher überlegen sollen, bevor er mich so blöd anmacht.“ Das Thema brachte sie schon wieder ein wenig auf die Palme und mich ihre Wortwahl auch.
„Er ist nicht mein Ian“, blaffte ich zurück.
Aus irgendeinem Grund wusste ich, dass das Thema hiermit beendet war. Aber ich wollte nicht, ich wollte nicht, dass wir uns wieder wegen ihm stritten.
„Es tut mir leid.“
Was tut dir leid?“ fragte Chloe verwirrt.
„Das Ian dich vorhin so angeschnauzt hat, ich hätte was sagen sollen.“
„Du brauchst dich doch nicht wegen ihm bei mir zu entschuldigen“, sagte Chloe, ihre Stimme und Gesichtszüge wurden wieder etwas weicher. Wahrscheinlich eher aus Mitleid. Sie strich mir über die Schulter und lächelte mich aufbauend an.
„Ich weiß“, antwortete ich ihr. Keine Ahnung warum ich das tat, aber ich hatte das Gefühl es zu müssen, wer sonst würde sich für sein Fehlverhalten entschuldigen. Ian selbst? Dafür war er zu stolz. Bei dem Gedanke schüttelte ich grinsend den Kopf. Es klingelte wieder. Das Zeichen, dass die Pause nun vorbei war. Ich sollte mir deswegen keine Gedanken machen, deshalb konzentrierte ich mich wieder voll und ganz auf die vielen Pokebälle die vor uns lagen.
Wie sich herausstelle waren wir nicht die Einzigen, die die Bälle erstaunt ansahen, reges Getuschel ging los, als sich immer mehr Schüler im Klassenzimmer wieder fanden. Mrs. Winton wartete geduldig ab. Bis die letzten Schüler den Saal betraten, diesen befahl sie die Tür hinter sich zu schließen und Platz zu nehmen. Sie stand auf verschränke die Arme und wartete auf die Aufmerksamkeit der Schüler, schnell war es muckspichustill.
„Willkommen zur Poke-Kunde. Wie letzte Woche schon angekündigt, wird jeder von euch seine eigene Studie an dem von mir zugeteilten Pokemon durchführen.“
Es war so still das man hätte eine Nadel fallen hören.
„Damit der Ablauf heute nicht ins Stocken gerät, bitte ich euch mir gut zuzuhören und meinen Anweisungen zu befolgen.“
Sie machte dabei ein paar Schritte zur Seite und befand sich nun vor dem Tisch mit den Bällen.
„Ich werde der Reihe nach eure Namen aufrufen. Derjenige Tritt nach vorne und holt sich bei mir seinen Pokeball ab. Danach setzt ihr euch wieder und lasst das Pokemon so lange im Ball bis jeder eines hat und ich euch das Kommando gebe ihn zu öffnen.“ Sie legte wieder eine Pause ein.
„Bitte, das meine ich wirklich ernst. Bitte versucht Ruhe zu bewahren um die Pokemon nicht gleich zu erschrecken. Sobald es befreit ist, dürft ihr mit eurer Studie beginnen. Wie wir es zuvor schon geübt und im Unterricht zuvor besprochen hatten. Versucht euch zu erinnern und verwendet das Lehrbuch nur im äußersten Notfall. Das erste wird wohl sein, das ihr euch mit ihm anfreundet, dass es euch zuhört. Ihr sollt die Aufmerksamkeit der Pokemon für euch gewinnen. Danach werdet ihr es Messen und Wiegen, dafür habe ich euch an der hinteren Wand ein paar Utensilien bereitgestellt.“ Sie deutete mit einer Hand an uns vorbei und wir folgten ihrem Blick. Tatsächlich da hinten standen mehrere Waagen und flexible Messbänder.
„Wie gesagt danach führt ihr eure Studie weiter. Schließlich sollt ihr herausfinden wer vor euch steht, mit wem ihr es zu tun habt. Am Ende der Stunde werde ich dann alle Pokebälle und eure Notizen einsammeln und bewehrten. Nun lange Rede, kurzer Sinn, ich würde sagen wir fangen einfach mal an“, verkündete sie erfreut und nahm sich ihre Liste mit den Namen aller Schüler zu sich und begann nach und nach die Schüler aufzurufen. Meine Anspannung wuchs nach jedem Namen.
„Brewster, Chloe.“ Meine Freundin stieg tapfer auf um ihren Ball abzuholen und lächelte als sie wieder neben mir war und ihn mir voller stolz präsentierte. Was für eins hatte sie wohl? Mit welchem System wohl unsere Lehrerin vorgegangen ist, entschieden hat, welches Pokemon wir bekommen.
„Hill, Michael“, rief sie meinen Namen auf. Nun war es endlich soweit. Mit wackeligen Beinen machte ich mich auf den Weg vor zum Lehrertisch. Sie drückte ihn mit in die Hand. Er war schwerer als ich dachte und fühlte sich in meinen Händen sehr kalt an. Metallisch.
Um nicht im Weg zu stehen, machte ich mich schnell wieder auf den Weg zurück auf meinem Platz.
Die restlichen Namen interessierten mich nicht mehr. Meine volle Konzentration galt nun diesem Ball, mit dem roten metallenen Deckel und der metallenen weißen Unterseite. Wenn man ihn genauer betrachtete, erkannte man die Maserung der Fräsmaschine. Diese Dinger wurden mit Sicherheit in einer großen Fabrik maschinell hergestellt. Eine schwarze Einkerbung trennte die beiden Kappen voneinander und in der Mitte gab es einen weißen Knopf. Ich wusste aus dem Unterricht, dass man auf diesen Knopf drücken musste um das darin befindende Pokemon zu befreien. So in Gedanken versunken, hätte ich beinahe den Startschuss verpennt.
„So meine Lieben. Es müsste jetzt jeder einen Ball haben.“ Ihr Blick ging prüfend über alle Tische.
„Nun gut, ich möchte euch nur noch einmal daran erinnern, behutsam mit ihnen umzugehen, falls ich sehe das sich jemand nicht korrekt verhält, werde ich euch verwarnen und gegebenenfalls auch das Pokemon wieder weg nehmen. Falls es dazu kommen sollte, gibt es am Ende Punktabzüge, also benehmt euch“, sagte sie warnend und schaute ernst in manche Gesichter. In meine Richtung schaute sie nicht.
„Außerdem bitte ich darum für den ersten Moment ruhig zu bleiben, wir haben hier Baby-Pokemon, außer ihrer Mutter und dem Züchter, haben sie von der Welt noch nicht sehr viel gesehen. Auch wenn sie keine Gefahr darstellen sollten, möchte ich euch trotzdem warnen, es sind immer noch Pokemon und selbst in den kleinsten steckt eine immense Kraft. Jetzt möchte ich euch nicht mehr länger hinhalten. Ihr dürft die Pokebälle nun öffnen.
Zitat von RusalkaIch muss zugeben, dass mich die Atmosphäre dort am Bahnhof und in der Umgebung - vielleicht allein schon wegen deiner Schreibweise - stark an ein London des 19 Jahrhunderts erinnert hat.
Freut mich, dass es dich so sehr daran erinnert, für mich leider nur etwas traurig (bezugnehmend auf meine schlechte Arbeit, also keineswegs wegen dir :o ), dass ich mir eigentlich Stratos City mehr wie New York oder Chicago vorstelle. Ich muss mehr üben die Umgebung besser zu beschreiben, was mir ein wenig schwer fällt, wie es scheint xD
Das war es mal wieder von mir, ich hoffe dir hat das 3. Kapitel gefallen.