Kapitel 10 - Ein neuer Plan
In den letzten Tagen hatte Ben viel über die Geisterjäger gelernt. Sie waren nicht nur die kleinste Gruppe, sondern auch die einzige, die nicht hirarchisch organisiert war. Sie hatten keinen Anführer, sondern planten ihre Patrouillen durch die Stadt gemeinsam. Manchmal, wenn sie vom König gerufen wurden, kämpften sie direkt gegen Gengars Schergen, auch wenn es sinnlos zu sein schien. Neben Ben und Vincent hatten sie noch zehn weitere Mitglieder. Im Moment war Ben in der Bibliothek, wo alle bekannten Dämonen aufgeführt waren. Nicht nur Geister, sondern auch Wesen des Meeres, des Waldes und Drachen. Vor zwei Nächten hatte Ben selbst Gengars schwebenden Schwertern gegenübergestanden. Es war ein furchterregender Anblick und Ben hatte Glück, das er nur einen langen Kratzer am Arm hatte. Viele hatten deutlich mehr Kratzspuren erlitten. Ben hatte allerdings auch nicht an vorderster Front gekämpft, sondern sich eher im Hintergrund gehalten. Während Ben ein paar Bücher durchwühlte, trat Vincent ein. Er humpelte etwas, da sein Bein erwischt wurde und er hatte eine kleine Wunde im Gesicht. "Was suchst du", fragte Vincent. "Nach einem weg, Gengar zu besiegen", erklärte Ben. Vincent lachte. "Ich bin gespannt, ob du etwas findest, was wir nicht schon gefunden haben." "Ich habe mich mal etwas mit den verschiedenen Dämonen beschäftigt. Feuer, Wasser, Pflanze, Drache, Geist und so weiter. Ich stellte fest, das die Elemente Feuer, Wasser und Pflanze effektiv gegeneinander sind." "Wie meinst du das ", fragte Vincent. "Naja, mit Wasser löscht man Feuer, Pflanzen trinken Wasser und Feuer verbrennt Wasser." "Pflanzen trinken Wasser?" "Wie auch immer, worauf ich hinausmöchte ist, das es somit vielleicht auch etwas effektives gegen Geister gibt." "Du meinst Dämonen?" "Genau." Ben schlug mit seiner Faust auf den Tisch. ""Hmm...", Vincent beugte sich mit nachdenklichem Blick über die Bücher. "Dämonen mit Dämonen bekämpfen, warum nicht. Es gibt aber nur die Klassifikationen Feuer, Wasser, Pflanze, Geist, Drache und Eis." "Eis?" "Ja, in den Bergen haben die Drachenjäger Eismonster entdeckt. Die müssten auch in irgendeinem Buch sein." "Was, wenn es noch mehr gäbe?" Ben holte weitere Bücher. "Du machst alles durcheinander", bemerkte Vincent. Ben ging nicht darauf ein. "Bei den Pflanzen zum Beispiel gibt es auch Käfer. Und warum ist Pampross auch dort?" Das sind die Bücher der Waldläufer", erklärte Vincent, "die sind für alles, was im Wald lebt." "Mal sehen, was wir hier haben", murmelte Ben. Er blätterte durch das Buch und hielt plötzlich inne. Auf der Seite war ein schwarzer Hund zu sehen, auf dessen Stirn etwas war, das einer Totenmaske ähnelte. Daneben war ein bild eines größeren schwarzen Hundes zu sehen, welcher Hörner auf dem Kopf trug."Diesen Dämon habe ich noch nie gesehen. Hier steht es sei ein Feuerdämon." "Das ist der Todesbote, der den Wald durchstreift", erklärte Vincent erführchtig. Selbst die Waldläufer fliehen, wenn sie sein Gebrüll vernehmen." "Interessant, das er nachts jagt, wo doch die meisten Feuerdämonen am Tag unterwegs sind und nachts schlafen." "Vielleicht ist er eine Art Feuergeist", schlug Vincent vor. "Oder er hat einen zweiten nicht klassifizierten Typ. Nämlich Nacht, oder besser Unlicht." "Du willst den Wächter der Hölle in die Stadt bringen um Gengar zu besiegen", fragte Vincent erstaunt, "das kann nicht dein Ernst sein!" "Es scheint nicht so, als hätten wir eine Wahl", entgegnete Ben. Vincent sah ihn entsetzt an. "Und wenn es nicht funktioniert, brennt er die ganze Stadt nieder." "Das hat das Vulpix auch nicht", meinte Ben. "Das Vieh ist stärker als ein Vulpix. Wahrscheinlich ist es sogar stärker als ein Vulnona." "Ich nehme an, das Vulpix etwa auf die Stärke des kleineren Dämons Hunduster kommt. Und Vulnona auf die Stärke von Hundemon, dem großen Dämon. Tag und Nacht, es scheint zu passen." "Hörst du mir eigentlich zu? Das ist Irrsinn. Du bringst die ganze Stadt in Gefahr, wenn du die Hölle herein lässt, rief Vincent wütend." "Die Hölle spukt doch schon da draußen herum", gab Ben zurück. "Das ist nicht der richtige Weg", rief Vincent und wandte sich ab,"schlag dir die Spinnereien aus dem Kopf und bereite dich lieber auf die nächste Nacht vor." "Es wird ewig so weitergehen, Vincent." "Dann verkriech dich doch in deinem verdammten Dorf!" "Nein, du verkriechst dich aus Angst. Wir können nicht ewig so weitermachen. Gengar spielt doch nur mit uns." "Wir haben schon über dreitausend Geister verbannt. Seine Armee schwindet. Noch ein paar Wochen und es ist nur noch er selbst." "Ich habe eher das Gefühl, auf jeden Geist kommen zwei neue", entgegnete Ben. "Bitte, dann versuch doch die Waldläufer von deinem aberwitzigen Vorschlag zu überzeugen. Ich gehe jetzt und mache meine Arbeit." Vincent verließ den Raum und knallte die Tür zu. Ben seufzte. Er befürchtete, das ihm bei den Waldläufern ein ähnliches Gespräch bevorstand. Ben machte sich ein paar Notizen und verließ die Bibliothek. Die Sonne ging bereits unter und der Tempel warf einen großen Schatten auf die Jägerhäuser. Die Waldläufer waren am Morgen losgezogen und müssten bald zurückkehren. Ben ging die große Treppe hinab und folgte der breiten Straße bis zum Tor. Es waren nur noch wenige Menschen unterwegs. Ein paar Gestalten huschten hier und da durch die Gassen. Aber die große Straße war weitgehend leer. Am Tor standen zwei Wachposten, welche mit müdem Blick an Ben vorbeischauten und ihn nicht weiter beachteten. Vermutlich wegen seiner Rüstung. Ben setzte sich auf eine Bank am Rande der großen Straße und wartete. Kurz nachdem die Sonne am Horizont verschwunden war, hörte er plötzlich Hufgeklapper. Die Wachen bewegten sich und öffneten das Tor. Dann traten zehn Waldläufer angeführt von Bromar und mit einem Karren im Schlepptau durch das Tor. Ben näherte sich vorsichtig dem Anführer der Waldläufer und ging neben ihm her. "Was gibt es", brummte dieser. "Ich möchte, das ihr etwas für mich jagt." Bromar schaute ihn überrascht an. "Vergiss es, wir haben genug zu tun." "Es gibt einen Dämon, der die Stadt von Geistern befreien kann." "Ich dachte, das macht ihr", bemerkte Bromar und lachte. "Aber..." "Nein!" "Dann sagt mir wenigstens, wo ich diesen Dämon finde." Ben zeigte Bromar seine Notizen. "Diesen findet man am Silberberg. Ein großer Berg weit im Westen. Bis dahin ist es zu Fuß etwa zwei Tage. Mit dem Schiff einer." "Danke für den Hinweis", sagte Ben und ließ die Jäger vorbei. Am nächsten Tag packte Ben seine Sachen und ging entschlossen zum Hafen. Vincent hatte er seit ihrem Streit nicht mehr gesehen. Er fand ein kleines Handelsschiff, welches unterwegs in die Johto-Region war und das mit allerlei Nahrungsmitteln beladen wurde. Der Kapitän hatte sich bereit erklärt, Ben in der Nähe des Berges abzusetzen. Jedoch würde er schwimmen müssen, da es für das Schiff zu gefährlich war, nahe an die Küste zu fahren. Während der Fahrt schärfte Ben sein schwert und überlegte, wie er diesen Dämonen alleine einfangen sollte. Er hatte ein paar Gläser mit einer Flüssigkeit gekauft, welche jemanden in den Schlaf schicken konnten. Dann blieb immer noch das Problem mit dem Transport. Ben würde den Dämon wohl kaum bis in die Stadt ziehen können. Wie Ben mitbekommen hatte, soll es in der Nähe ein kleines Dorf geben, in dem sich die Drachenjäger des öfteren aufhielten, wenn sie in der Gegend jagten. Leider lag das Dorf im Wald und nicht an der Küste, sodass es keinen Steg hatte, an dem man hätte anlegen können. Als die Sonne sich am Abend langsam dem Horizont näherte, sprang Ben über den Reling und landete kopfüber in den Wellen. Nach wenigen Minuten erreichte er den Strand. Seine Kleidung hatte er in einem Lederbeutel verstaut, damit sie nicht nass wurde. Nachdem er sich angezogen hatte, ging er in den Wald. Ben zog sein schwert und blickte sich vorsichtig um. Im Wald war es dunkler als am Meer und Ben hörte des öfteren Geräusche. Ben blickte sich um und hielt sein Schwert erhoben. Er wollte das Dorf erreichen, bevor die Sonne untergegangen war. Irgendwann stieg der Weg an und das gehen wurde schwieriger. Schließlich gelangte Ben an einen schmalen Pfad, welcher einen Hügel hinaufführte. Vor ihm erhob sich der Silberberg, welcher seinem Namen alle ehre machte, da er tatsächlich im Sonnenlicht silbern glänzte. Schließlich erreichte Ben das Dorf. Es bestand aus acht kleinen Häusern, welche im Kreis um einen kleinen Platz angeordnet waren. Der Platz bestand aus zertretender Erde, genau wie der Weg, auf dem er ging. Die Häuser waren aus Holz und erinnerten Ben an die Häuser aus seinem Dorf. Am hinteren Ende des Platzes stand ein etwas größeres Haus, welches irgendwie wichtig aussah. Ben ging darauf zu und klopfte an. Ein älterer Herr öffnete. "Oh, ein Reisender zu einer so späten Stunde. Seid ihr Jäger?" "Ja, ich komme im Auftrag des Königs", log Ben. "Ihr seid kein Drachenjäger, oder?" "Stimmt, die sind woanders beschäftigt. Kann ich bei euch übernachten?" "Sicher, in dem Haus dort drüben übernachten die Jäger immer.", antwortete der Mann und wies auf ein Haus. "Habt Dank", sagte Ben und verabschiedete sich. Am nächsten Morgen machte Ben sich auf den Weg. Die Bewohner waren sehr gastfreundlich und hatten ihm reichlich zu Essen mitgegeben. Sie hatten ihn vor den Gefahren gewarnt, die in den Höhlen im Berg lauerten und das sie diesen Ort mieden. Aber anscheinend hatten die Drachenjäger den Berg schon mehrmals bestiegen. Als Ben den Wald betrat, hörte er vereinzelt Geräusche und fragte sich, von was für Wesen sie wohl stammen mochten. Der Weg wurde immer steiler und nach einer Stunde war Ben bereits erschöpft. Er hatte gerade den Wald hinter sich gelassen, als er sich auf einem Stein niederließ und sich ausruhte. Vor ihm streckte sich der riesige Berg in die Höhe. "Irgendwo müssen die Höhlen sein", dachte Ben. Plötzlich bewegte sich der Stein auf dem Ben saß und er sprang auf. Der Stein hatte plötzlich zwei Arme und stieß sich mit ihnen vom Boden ab. Ben sah, das der Stein ein Gesicht hatte, welches ihn böse anblickte. Ben sprang überrascht nach hinten, sodass der Stein auf dem Boden landete. Doch dieser packte nach seinem Bein und riss Ben zu Boden. Ben wollte sich losreißen, aber die steinernde Faust war zu fest. Er nahm sein Schwert und schlug zu. Der stein sprang hoch, doch Ben bekam ihn mit der anderen Hand zu packen und schleuderte ihn mit aller Kraft in den Wald, wo er hinter einem Busch verschwand. "Was war das", fragte Ben sich erschrocken. Er setzte seinen Weg fort und folgte einem steinigen Pfad den Berg hinauf. Plötzlich wurde der Pfad flacher und mündete vor einer steilen Wand, in der sich ein riesiges Loch befand. "Das muss es ein", vermutete Ben. Er zog sein Schwert und entzündete eine Fackel, die er mitgenommen hatte. Dann betrat er die finstere Höhle.