Man muss ja nicht den Glauben anderer teilen aber man kann wenigstens respektvoll mit Menschen umgehen、die an etwas glauben wollen、ganz egal was das nun ist. Ausdrücke wie "Mist" oder "Bullshit" sind einfach verletzend.
Ich habe oft genug mit Homöopathen und anderen Esoterikern diskutiert, da sind "Mist" und "Bullshit" noch harmlose Dinge, die man von ebendiesen zu hören bekommt. Und ich kann es niemandem verdenken, dass man irgendwann die Schnauze voll hat, wenn zum wiederholten Male wissenschaftliche Fakten mit den ewiggleichen Scheinargumenten weggewischt werden. Die Klassiker sind "Mir hats geholfen" (anekdotische Evidenz ist keine Evidenz), "Aber bei Kindern und Tieren wirkts auch, das kann ja nicht der Placebo-Effekt sein" (Placebo-by-Proxy) und "Beschäftige dich mal mit Homöopathie" (Well, hab ich, deshalb halte ich "Bullshit" für eine freundliche Bezeichnung, ich befürchte, mancher Homöopath ist halt einfach ein geldgeiler Betrüger.
Alleine wegen diesem von mir zitiertem Absatz habe ich deinen Beitrag nicht einmal weiter gelesen weil mich persönlich solche Aussagen mehr verletzen bzw mehr besorgniserregend sind als Menschen die vielleicht nicht rational denken wollen/können.
Dieses Verhalten kennen PoC aus Diskussionen über Rassismus: Das nennt sich Tone-Policing. Man könnte sich natürlich mit der fehlenden wissenschaftlichen Evidenz beschäftigen, man kann aber auch einfach rumweinen, dass der andere voll nicht nett sagt, dass Homöopathie vielleicht eventuell möglicherweise gar nicht optimal ist, aber jeder dürfen sollte, sondern knallhart die wissenschaftliche Faktenlage nach über 200 Jahren Homöopathie aufzeigt.
Außerdem kann man nicht zu allem "aber das ist halt meine Meinung!" sagen und sich ins Leo stellen. In der Medizin sollte es keine Meinungen geben, sondern rein faktenbasierend funktionieren.
Natürlich darf man auch in der Medizin unterschiedlicher Meinung sein. Man darf unterschiedlicher Meinung sein, ob man lieber zur medikamentösen oder chirurgischen Intervention greift. Ob man die Symptome einer Erkältung lieber medikamentös mildert oder nicht.
Wichtig ist nur, dass die Meinung sich auf wissenschaftlicher Faktenlage aufbaut und hier scheitert Zauberzucker halt.
Btw... wenn ich meinem Kind nichts mehr zu essen gebe, darf sich also dann auch niemand einmischen, oder wie darf man das verstehen?
Oder um ein tatsächliches, hochgefährliches Scheinmedikament anzubringen:
Dem einen oder anderen wird vielleicht MMS ein Begriff sein. MMS steht für "Miracle Mineral Supplement" und Anwender schwören auf eine angeblich heilende Wirkung. Nun handelt es sich bei MMS um Natriumchlorit (nicht zu verwechseln mit Kochsalz, Natriumchlorid). Natriumchlorit wird als Bleichmittel eingesetzt, in der Medizin in stark verdünnter Lösung als (eher unübliches) Desinfektionsmittel. Anwender von MMS schwören im Grunde bei jeglicher Krankheit und Nichtkrankheit auf MMS. Da wird hochkonzentrierte Chlorbleiche als Einlauf angewendet. Nun kann es mir egal sein, wenn sich erwachsene Menschen ihren Darm verätzen, aber bei Kindern hörts dann auf. Das ist einfach nur Kindesmisshandlung und ist völlig zurecht verboten.
Und hier schließen wir dann den Kreis zur Homöopathie. Natürlich können sich erwachsene Menschen gern ihren Zauberzucker reinpfeifen. Aber wer Kindern schadet, indem er ihnen echte Medikamente verweigert, wo sie notwendig sind, dem will ich ehrlich gesagt keine Kinder anvertrauen.
Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass Homöopathie keinerlei Wirkung hat. Und während es jetzt nicht das Drama ist, deinem Kind bei einer leichten Erkältung oder einer Magenverstimmung Zuckerkugeln zu geben, ist es eben etwas anderes, wenn es gefährlich wird.
Wobei ich hier anmerken möchte, dass Kindern damit vermittelt wird, man müsse gegen jedes Wehwehchen halt ne Pille nehmen. Globuli gegen Schnupfen, Globuli gegen Trennungsangst, Globuli gegen jeden Quatsch. Das ist geradezu absurd, wenn dann von Homöopathen ständig behauptet wird, bei jedem Unsinn würden Antibiotika gegeben.
Wenn ich gegen Homöopathie argumentiere, geht es mir in erster Linie um folgende Dinge:
1. Der Binnenkonsens in Deutschland muss weg. Homöopathiefans fragen an dieser Stelle gern "Binnenwas?", deshalb die kurze Erklärung dazu: Seit 1976 gilt für Homöopathika, phytotherapeutische und antrosophische Arzneimittel eine Ausnahme im Medikamentenrecht, dass diese Medikamente nicht über klinische Studien zugelassen werden müssen, sondern die "medizinische Erfahrung" ausreichend ist. Oder anders gesagt: Wenn Homöopathen behaupten, Homöopathie wirke, reicht das als Wirksamkeitsnachweis aus, während echte Medikamente ein Zulassungsverfahren durchlaufen müssen, bei der sie placebokontrolliert ihre Wirksameit nachweisen müssen. Der Binnenkonsens umgeht damit die verschärften Kriterien für Medikamente, die nach dem Contergan-Skandal eingeführt werden. Auch hier wieder eine herrliche Absurdität, dass Homöopathen gern Contergan anführen, wenn es darum geht, dass die "Schulmedizin" (also Medizin) sich ja auch manchmal irre.
Langer Rede kurzer Sinn: Der Binnenkonsens muss weg.
2. Als direkte Folge von Punkt 1: Die Apothekenpflicht für Zauberzucker muss weg. Globuli sind überteuerter Zucker, wenn man den verhökern will, kann man das gern im Supermarkt versuchen, aber apothekenpflichtig muss der Quatsch nicht sein.
3. Therapien ohne Evidenz und ohne erkennbaren medizinischen Wert sollen von keiner Krankenkasse bezahlt werden. Da werden nur Gelder verschwendet. (Dafür spielt übrigens keine Rolle, ob die nun viel oder wenig Geld verschwenden, wenn du Zauberzucker willst, kauf ihn von deinem Geld und lass nicht andere Versicherte mitzahlen.)
Zuletzt ein kurzes Wort zur Unbeweisbarkeit der Nichtexistenz: Ich bin als Atheist nicht in der Beweispflicht. Wer Gott behauptet, muss die Existenz beweisen, nicht ich die Nichtexistenz. Bis mir jemand einen plausiblen Beweis liefert, werde ich weiter behaupten: Es gibt keinen Gott. Genießt euer Leben, es ist, soweit wir wissen, das einzige, das jeder von uns hat.