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Was geht hier vor?
Eben noch stand ich angebunden auf einem großen Platz mit vielen Artgenossen.
Um uns herum liefen überall Gestalten auf zwei Beinen herum und jaulten sich unentwegt irgendetwas Unverständliches zu.
Und plötzlich wurde ich von einer der Gestalten losgebunden und weggeführt.
Der unerträgliche Lärm, die stickige Luft, die Enge und die Massen an Menschen und Tieren... All das benebelte meine Sinne.
Völlig verloren folgte ich dem Menschen, der mich führte.
Irgendwo ertönte der entsetzte Schrei eines Schafes, doch die Worte gingen in dem Stimmengewirr der Menschen völlig unter.
Der Mensch brachte mich zu einem dunklen Transporter.
Ich erinnerte ich mich wieder: mit so einem Ding bin ich hierher gekommen.
Doch dieser Transporter war mir fremd, und der beißende Gestank nach Angst, der an den Wänden zu kleben schien, machte auch mich nervös.
Jetzt ist alles dunkel und der Transporter rumpelt über die Straße.
Das Geräusch ist mir vertraut, das Geräusch von den lärmenden und stinkenden Monstern, in denen die Menschen sogar schneller unterwegs sind als wir Pferde.
Doch ich kann die Panik immer noch in dem Transporter riechen. Ich erkenne den Geruch von Pferden, Ziegen, Schafen und sogar von Hunden.
Doch ich bleibe allein, bis das lärmende Monster anhält und es hinter mir plötzlich hell wird.
Dann werde ich herausgeführt.
Etwas angespannt gucke ich mich um.
Auch hier sind viele Menschen, doch nicht so viele wie an dem Ort, wo ich vorher war.
Doch auch hier spüre ich die knisternde Spannung und Hektik um mich herum.
Überall sind kleine, blendende Sonnen auf schwarzen Stöcken.
Hier ist der Boden eben, doch weiter hinten entdeckte ich einige scharfkantige Felsen aus dem Boden herausragen, die eine lange Linie zu bilden scheinen.
Hinter einer schwarzen, dünnen Wand taucht ein weiblicher Mensch mit zwei Pferden am Strick auf.
Beide bieten einen erschütternden Anblick. Ihre Köpfe hängen vor Erschöpfung hinunter und der Schweiß rinnt an ihren Beinen hinunter. Bei einem Pferd klafft eine große, eitrige Wunde an der Schulter, die aussah, als wäre sie schon vor Tagen passiert und nicht versorgt worden.
Dem anderen trieft roter Schaum aus dem Maul, eine Narbe teilt das verschwitze und struppige Fell auf seiner Brust. Er hält seinen Kopf merkwürdig schief und er kann nicht mal geradeaus laufen. Der Rücken des armen Wesens hängt durch, wo sich deutlich erkennbare Druckstellen von Sattel abzeichnen.
Ich wiehere eine leise, unsichere Begrüßung und will auf sie zugehen, um sie zu beschnuppern.
Doch keines von ihnen hebt den Kopf, als sie an mir vorbei gehen. Ihre Augen sind fast geschlossen, und die Spannungsfalten um ihre Mäuler zeigen, dass sie Schmerzen haben.
Instinktiv fange ich an zu zittern, alle meine Sinne schreien mich an, loszulaufen. Unruhig trete ich von einem Bein aufs andere, doch ein heftiger Ruck lässt mich innehalten.
Der Mann, der meinen Führstrick hält, hatte kräftig daran gezogen. Ich bin eine derartige Behandlung nicht gewohnt, unsicher und steif bleibe ich stehen. Nur das Zittern lässt nicht nach.
Er ruft irgendetwas, was ich nicht verstehen kann, doch es klingt so laut und bedrohlich, dass meine Unruhe in Angst verwandelt.
Ein heftiger Druck auf meinem Halfter, bevor mich der Mann weiter zerrt.
Während ich ihm folge versuche ich, jedes Anzeichen von Gefahr um mich herum wahrzunehmen. Die Bedrohlichkeit dieses Ortes ist offensichtlich, doch die Gefahr hat kein Gesicht, was die Situation noch unerträglicher macht.
Ein dunkler Stall türmt sich vor mir auf. Die plötzliche Finsternis macht es mir unmöglich, etwas zu erkennen, weshalb ich kurz verharre, um mich orientieren zu können. Der plötzliche Schlag mit einem lauten, stockähnlichen Teil, das sich in der Hand eines Menschen befindet, trifft mich völlig unvorbereitet. Brennender Schmerz fährt wie heiße Wellen durch meinen Körper, ich lege die Ohren an und reiße den Kopf hoch, ich wage es nicht, mich anderweitig zu wehren.
Erneut dieser Schmerz, dieses Mal sogar noch schlimmer.
Was erwarten die Menschen von mir? Was soll ich tun?
Ein weiterer Hieb, dann noch einer.
Windend versuche ich, den Stöcken auszuweichen, doch es fällt mir immer noch schwer, etwas zu sehen.
So plötzlich wie es angefangen hatte, so schnell hört es wieder auf.
Nassgeschwitzt vor Angst lasse ich mich weiterzerren.
Der Mann zieht mich in eine enge Box, die mir nicht einmal die Möglichkeit bietet, dass ich mich umdrehen kann.
Nur langsam wird es um mich herum etwas heller, doch das Meiste nehme ich durch die Nase war.
Ich rieche Pferde um mich herum und am anderen Ende kann ich schwach den Geruch von Ziegen erkennen.
Doch all das wird von etwas anderem überdeckt- dem Gestank nach Blut, Krankheit, Dreck und Angst.
Ich wage ein vorsichtiges Wiehern, doch es kommt keine Antwort. Es kommt mir so vor, als wäre ich ganz alleine in diesem Stall.
Den Kopf gesenkt schnuppere ich am Boden, auf der Suche nach Futter und Wasser. Ich suche überall, versuche sogar meinen Kopf nach hinten zu drehen, soweit mein Strick es zulässt. Erst als mein Hals, Genick und Rücken zu schmerzen beginnen, gebe ich die Suche auf.
Ein unheilvoller Knall reißt mich aus meinem dösigen Zustand.
Die Stalltür wird aufgerissen und grelles Sonnenlicht dringt hinein. An die Dunkelheit gewöhnt, schmerzt diese plötzliche Helligkeit um mich herum in meinen Augen.
Meine Gelenke fühlen sich kalt und steif an, als eine Frau zu mir kommt, mich losbindet und genervt an dem Strick zieht, und ich mühe mich ab, ihr zu folgen.
Draußen laufen Menschen hektisch hin und her, der entfernte Schrei eines verängstigten Junghengstes dröhnt in meinen Ohren.
Hilflos lasse ich mich in eine enge Box, die sich auf der Wiese befindet, bringen. Der Mangel an Futter und Wasser hat mich bereits leicht geschwächt.
Trotzdem zwinge ich mich, alle meine Muskeln anzuspannen, um mich im Notfall verteidigen oder fliehen zu können.
Eine Weile passiert erst einmal gar nichts.
Doch dann tut sich etwas. Ein seltsames, knisterndes Geräusch. Ein Gestank, der sich in meine Nüstern und Augen zu beißen scheint. Ein helles Flackern.
Noch nie zuvor habe ich so einen Drang gespürt, davonzulaufen. Ich kenne es nicht, doch von dem Unbekannten geht eine so furchteinflößende Bedrohung aus, dass ich mich einfach nur losreißen und weglaufen möchte.
Ein Mensch hält es in seiner Hand. Immer näher und näher kommt er direkt auf mich zu. Kreischend reiße ich am Strick, schlage mit den Hinterhufen aus, winde und drehe mich, blind vor einer unbändigen Panik. Das Unbekannte strömt eine immer spürbarere Hitze aus, mit jedem Schritt. Voller Verzweiflung schlage ich erneut aus, doch meine Hufe treffen nur den Zaun um mich herum, ohne mich zu befreien.
Ich kann nicht entkommen!
Als es fast direkt vor mir ist, sammele ich noch einmal alle meine Kräfte und will mich auf die Hinterbeine stellen, um mit den Vorderhufen die Gefahr zu vertreiben, doch mitten in der Bewegung werde ich vom Strick gestoppt und verliere das Gleichgewicht. Meine Hinterbeine rutschen weg und ich knalle mit der Seite gegen den Zaun.
Völlig verdreht liege ich auf dem Boden, jeder Muskel meines Körpers ist überspannt, unter mir sammelt sich dunkles Blut, das im Boden versickert.
(*)
Ich weiß nicht, wie ich hochgekommen bin. Habe ich meine Sinne verloren? Denn... Auf einmal stehe ich wieder im Stall. Aber... wie lange schon?
Meine Gelenke fühlen sich heiß an, und eine lange Wunde an der Seite blutet immer noch. Die Fliegen, die sich auf meine Verletzungen setzen machen die Schmerzen noch unerträglicher, doch selbst die kleinste Bewegung löst unerträgliche Schmerzwellen in meinem gesamten Körper aus.
Dennoch weiß ich, dass das noch nicht alles war.
Die Nahrung, die ich eben gerade zu mir genommen habe, hat mir nur geringfügig Kraft gegeben.
Doch mehr Zeit habe ich nicht.
Erneut werde ich aus der Box geführt.
Was wird jetzt passieren?
Draußen legt mir jemand einen großen, schweren Sattel auf. Sofort merke ich, wie die Wunde wieder aufreißt, doch das scheint keiner zu bemerken.
Doch der brennende Schmerz lenkt mich von der Leere ab, die Apathie, die ich von den anderen Tieren hier kenne, macht sich auch bei mir bemerkbar.
Ich warte darauf, dass jemand aufsteigt wie ich es gewohnt bin, doch stattdessen werde ich zu den scharfkantigen Felsen geführt.
Die Menschen jaulen sich undeutliche Wörter zu, die ich nicht verstehen kann.
Ein paar Herzschläge lang ist alles ruhig. Doch ich weiß inzwischen, dass das keine Garantie für Sicherheit ist.
Wieder dieses Knistern und Knacken, diese Hitze... Doch dieses Mal von drei Seiten. Hinter mir und neben mir haben sich Menschen mit dem stinkenden hellen Licht aufgereiht. Nur der Weg zu den scharfkantigen Felsen ist frei. Doch als ich einen vorsichtigen Schritt in diese Richtung mache, rammt mir ein Mensch etwas kaltes, hartes in den Oberschenkel. Der Schmerz raubt mir jegliche Vorsicht und ich presche voller Angst auf die Felsen zu.
Mit einem Sprung lande ich auf den Felsen, taumele, stoße einen Entsetzensschrei wie der Jungshengst von neulich aus.
Unter mir klafft ein großes, tiefes Loch. Mit aller Macht versuche ich mich mit den Hinterbeinen abzustoßen und zur anderen Seite zu springen, doch meine Gelenke gehorchen mir nicht mehr. Ich drehe mich und suche nach irgendeinem Halt, doch es ist sinnlos.
Rücklings stürze ich in die Tiefe und lande mit einem dumpfen Knall auf dem steinernden Boden.
Ich kann nicht einmal den Schmerz beschreiben, der meinen Körper vollkommen bewegungsunfähig hat werden lassen.
Die kalten Steine unter mir sind getränkt von dem warmen Blut, das unaufhörlich zwischen den Steinen in den Erdboden tropft.
Mit einer, wie hinter Nebel verschleierten Leere in mir liege ich hier.
Die Sonne wandert ein Mal über das Loch, in dem ich mich befinde, bevor ich in völlige Schwärze versinke, die sämtliche Sinneseindrücke verschlingt.
Sorry für den plötzlichen und abrupten Cut. Ich hatte da bereits etwas geschrieben, es aber vor dem Abschicken wieder gelöscht, weil ich es ein bisschen "entschärfen" wollte, mir aber nichts eingefallen ist.