Die Abgabephase des sechsten Wettbewerbs zum Thema "Apokalypse" hat begonnen! Wenn ihr die Welt schon immer mal brennen sehen wolltet, seid ihr hier genau richtig und könnt eure Texte bis einschließlich 7. Juli abschicken!
Beiträge von Thrawn
Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!
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Hallo und herzlich willkommen zum sechsten Wettbewerb der Fanfiction-Saison 2019!
Bei Teilnahme an diesem Wettbewerb bekommt ihr Punkte in unserer Saisontabelle gutgeschrieben. Allgemeine Informationen rund um die aktuelle Wettbewerbssaison sowie Tipps zum Voten bekommt ihr in unserem Info- und Regeltopic.
Die Abgabe eurer Texte erfolgt per Konversation an den Wettbewerbsleiter Thrawn .Zitat von AufgabenstellungWährend wir darum kämpfen, eine vollkommene Klimakatastrophe noch so gerade abzuwenden, lagern weiterhin in diversen auf der Welt verstreuten Arsenälen genug Atomwaffen, um alles Leben auf dem Planeten gleich mehrfach auszulöschen. Außerdem fliegen riesige Felsbrocken durch das Weltall, die bei einem Auftreffen auf die Erde einen ähnlichen Effekt haben könnten. Führt man sich das vor Augen, sollte eines klar sein: Die Welt ist fragil, ihr Ende ist beständig zum Greifen nahe, und man muss sich eigentlich nur noch fragen, wann es kommt, wie es kommt und wer vielleicht überlebt. Das dürft ihr nun entscheiden, indem ihr eine Abenteuergeschichte schreibt, in der ihr eure Protagonist*innen durch ein apokalyptisches Szenario schickt! Welchen Herausforderungen sie sich dabei stellen müssen, an welche öden und verwüsteten Orte sie gelangen und ob sie die drohende Vernichtung noch abwenden können, ist dabei ganz euch überlassen.
Zusätzlich zu den allgemeinen Regeln müsst ihr bei diesem Wettbewerb folgende Punkte beachten:- Die Gattung dieses Wettbewerbs ist Epik.
- Eure Abgabe darf inklusive Titel die maximale Wortgrenze von 2.500 Wörtern nicht überschreiten. Als einheitsmäßige Zählung nutzt das FanFiktion-Team den kostenlosen Service von woerter-zaehlen.de.
- Ein Pokémon-Bezug ist nicht verpflichtend.
- Es ist euch außerdem seit Kurzem gestattet, ältere Texte von euch einzureichen, die zu dem Wettbewerbsthema passen oder aber Charaktere zu verwenden, zu denen ihr bereits Texte geschrieben habt.
Die Deadline für die Einsendung eurer Texte geht bis zum Sonntag, den 7. Juli, um 23:59 Uhr.
Edit: Die Deadline wurde verlängert bis zum Mittwoch, den 10. Juli, um 23:59 Uhr.
Solltet ihr noch Fragen bezüglich dieses Wettbewerbs haben, könnt ihr euch gerne an das Fanfiction-Team wenden! Für alle News gibt es außerdem das Ankündigungstopic. Einfach abonnieren, wenn ihr auf dem Laufenden bleiben wollt! -
Ich habe mal mit "Gut" gestimmt, was meiner subjektiven Meinung wohl am ehesten entspricht. Ich denke, etwas objektiver müsste man vielleicht sagen "Er war okay", denn ein brillantes Meisterwerk ist er jetzt dann doch nicht. Aber er war meiner Meinung nach schon ganz unterhaltsam und möglicherweise ein erster Grundstein für weitere Pokémon-Realfilme, bei denen ich dann, wenn an ein paar Sachen noch etwas gefeilt wird, vielleicht schlussendlich auch werde sagen können, dass ich sie wirklich klasse finde. Aber das muss man halt abwarten.
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O Wettbewerb, o Wettbewerb,
Dass ich dich jetzt nur nicht verderb' ...
An sich steckt hier natürlich schon eine gewisse Ironie insofern drin, als dass mit der lyrischen Form eine Lobpreisung der Epik vollzogen wird. Gefällt mir auf jeden Fall echt gut, wie man sich hier der Gattung widmet und herausstellt, was sie alles kann. Formal gesehen fallen natürlich die "Komm, xy mich wieder"-Verse auf, die über das jeweils wechselnde Verb die Vielfalt besonders gut herausstellen. Die Sprache selbst gefällt mir in dieser Ode auch - ist tatsächlich nicht ganz so pathetisch und insofern nicht künstlich, aber dennoch gehoben und selbst sehr vielseitig.
Finde ich soweit ganz nett, weil die Liebe zum Bier gut rüberkommt und hier auch in vielerlei Hinsicht artikuliert wird. Ein bisschen schwierig finde ich indes das Formale: Es wird sich zwar ein bisschen an Reimen versucht, aber sie wirken auch in ihrer Unreinheit ein wenig erzwungen, und so stolpere ich leider hier und da beim Lesen. Insofern finde ich das schon eine solide Abgabe, aber mit ein paar holprigen Stellen, die sich vielleicht noch ausbessern ließen.
Finde ich auf jeden Fall sehr schön geschrieben - die Ode fängt sehr gut ein, was am Schnee allgemein faszinierend ist, und bringt dabei aber auch ein wenig den Aspekt von Schnee als "furchterregend" ein, ohne sich dabei aber in der Grundaussage zu widersprechen. Formal erkenne ich auch Reime, die zwar nicht immer ganz rein sind, aber letzten Endes recht natürlich wirken. Bei dem wiederholenden Element bin ich mir nicht ganz sicher, was ich davon halten soll, weil "wenn du sein Gast" irgendwie so ungewohnt elliptisch wirkt, während der Rest der Ode jetzt nicht so elliptisch ist. Vielleicht steckt dahinter ein Sinn, den ich nicht ganz erkenne; es betont für mich beim Lese zugegebenermaßen zumindest die Verse, aber ich bin nicht exakt sicher, warum.
Also, thematisch finde ich das fast schon ein bisschen schwierig, aber andererseits ist vielleicht die Tatsache, dass ich jetzt zweifle, wie ich das bewerten soll, wieder etwas, das passt. Die Sache ist halt, dass hier schon ein wenig stärker anklingt, dass der Zweifel einen verfolgt und es ein bisschen droht, aus einer Lobpreisung in eine Verzweiflungsrede zu fallen - aber dann eben wieder Betonung auf VERZWEIFLUNG. Letzten Endes kann man wohl darüber streiten, ob das jetzt eine Lobpreisung im eigentlichen Sinne ist; aber letzten Endes stellt gerade das hier die Wichtigkeit und Größe des Zweifels sehr gut dar, was ja das eigentlich entscheidende Kriterium ist, und insofern finde ich das Gedicht echt gelungen. Das lyrische Ich ist hier hin- und hergerissen, verzweifelt also geradezu schon im eigentlichen Sinne des Wortes (ver-zwei-felt), und dass man sich vom Zweifel nicht so einfach lösen kann und er vielmehr einen elementaren und überaus relevanten Teil des Lebens darstellt, wird hier sehr gut herausgearbeitet.
Puh ... Also, Wortspiel finde ich soweit okay, ist eine witzige Idee, aber ansonsten bin ich mir jetzt nicht sicher, ob das ausreicht bzw. ob der Rest der Abgabe mich weiter begeistern kann. Ich denke, dass es schon schwierig sein dürfte, nur Wörter mit D herauszusuchen und dann einen Satz zu bilden, der irgendwo Sinn ergibt, aber der Inhalt der Verse wirkt trotzdem ziemlich random (wenngleich ich die eine oder andere Anspielung zu erkennen glaube) und somit finde ich eigentlich nicht, dass das hier ein stimmiges Verhältnis zwischen Inhalt und Form ist, da sich Ersteres zu sehr dem Letzteren unterwirft. Die Grundidee ist halt ganz nett, aber in der Umsetzung wirkt sie zu unnatürlich auf mich und abgesehen vom alliterativen Charakter hat das Gedicht nun einmal auch sonst formal leider nicht so viel zu bieten, da weder Reime noch deutlich erkennbares Metrum vorhanden sind und auch die Verse in ihrer Länge extrem variieren. Insofern: Mag wie gesagt die Grundidee und erkenne an, dass eine Umsetzung davon wohl schwierig ist, aber dennoch überzeugt mich das Ergebnis nicht wirklich, tut mir leid.
Abgabe 01: 8.5/10
Abgabe 02: 6.0/10
Abgabe 03: 8.0/10
Abgabe 04: 9.0/10
Abgabe 05: 4.0/10
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Würde mich für FF melden. Shiny Endivie , wenn du Lust hast, können wir zusammenarbeiten.
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Hey, Flocon,
ist jetzt natürlich irgendwie blöd, erst jetzt was zu schreiben, wo du das Thema archivieren willst, aber ich will's dann jetzt auch nicht mit nur einem Kommentar in dem Thema enden lassen.
Allgemein würde ich mal sagen, dass man schon gemerkt hat, dass die Gedichte ein bisschen experimenteller sind - also, im positiven Sinne. In Bezug auf ihre Form und ihre Stilmittel weichen sie durchaus von dem ab, was ich selbst so standardmäßig kenne und selbst auch schreibe. Insofern fand ich es erst einmal schon ganz schön, wie du mit diesem Thema Abwechslung in das mir Bekannte gebracht hast, und dafür möchte ich mich mal generell bedanken.
Zu den einzelnen Gedichten bin ich mir nicht immer sicher, was ich sagen soll. Das soll natürlich keine Kritik sein - ich fand sie allgemein immer schön zu lesen und irgendetwas haben sie eigentlich auch immer in mir ausgelöst, auch wenn ich nicht genau sagen konnte, woher das kam.
Bei Benebelt dachte ich angesichts des Titels und der Erwähnung einer Flasche ja an Alkoholkonsum bzw. -sucht, potentiell induziert durch Trauer über irgendetwas, das nicht explizit geklärt wird. Fand es hier generell stark, wie du eine eher düstere Atmosphäre mit den Bildern von Regen, Stille der Nacht und Tränen (und Tränen kann man mit Regeln ja auch parallelisieren) aufgebaut hast, bis das Gedicht dann mit einer bemerkenswerten Endgültigkeit in "Sie ist allein." resultiert. Das hat mir auf seine düstere Art echt gut gefallen.
Vertrauen? ist dann ein Gedicht, das ich ambivalent finde, wenn auch nicht in qualitativer, sondern in inhaltlicher Hinsicht. Das ist möglicherweise so gewollt; schließlich deutet das Fragezeichen im Titel ja eine Unklarheit an. Diese besteht dann für mich in darin, dass ich mir nicht sicher bin, ob in der Beziehung zwischen Du und Ich das Vertrauen etwas Gutes darstellt oder nicht. Anfangs hatte ich vermutet, dass das Du dem Ich aufgrund vergangener Lügen nicht vertraut, dass es aber vielleicht sogar wieder angebracht sein könnte, dem Ich zu vertrauen und dass sich das Du da zu sehr von der Vergangenheit beeinflussen lässt. Dann dreht sich das aber ein wenig - die Sprache des Ichs erscheint mir ein wenig verräterisch und möglicherweise anzudeuten, dass man ihm besser nicht sein Vertrauen schenken sollte. Denn wenn jemand davon spricht, dass sich jemand "fügen" wird und auch noch sagt, dass er genau weiß, dass das so passieren wird, dann schrillen bei mir die Alarmglocken. In dieses Bild passt vielleicht auch gut das mit dem Feuer - Feuer repräsentiert als Bild zwar Wärme und Geborgenheit, aber auch, wenn man ihm zu nahe kommt, eine gewisse Gefahr. Und dahingehend könnte man vermuten, dass das Du sich dem Ich trotz des Anscheins von etwas Gutem nicht annähern und seine Zweifel eben nicht vergessen sollte. Rätselhaft ist dann allerdings das Ende für mich, weil ich nicht genau weiß, wie das mit dem "mich als Teil von dir verstehen" da hineinpasst. Mein Ansatz war eigentlich, dass es vielleicht mit Selbstvertrauen und Selbstakzeptanz zu tun hat, dass das Ich vielleicht mehr einen Teil der Persönlichkeit des Du repräsentiert, der gefährlich sein kann, aber letzten Endes nun einmal ein Teil von ihm ist, sodass es keinen Sinn hat, ihn zu verleugnen. Das kam mir so ein wenig in den Sinn, weil es ja ein häufiges Motiv ist - jemand muss vielleicht lernen, seine Wut zu kontrollieren oder etwas in der Art und dann eventuell auch für das Gute einzusetzen. Insofern - ich weiß nicht genau, wie das Gedicht gemeint ist und es kann gut sein, dass ich hier Unsinn erzähle. Aber es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, darüber nachzudenken.
der wald. wiederum erscheint mir dann doch eindeutiger. Interessant ist die Form (hat die einen Namen?), in der im ersten Vers in Vierwortsätzen quasi die aktuelle Situation beschrieben wird, bis dann sich langsam in den Folgeversen etwas aufbaut, symbolisiert durch die ansteigende Länge. Das scheint mir ganz gut das Wachstum von etwas Neuem zu parallelisieren, das sich in dem Keim darstellt, der aus der Asche emporwächst. Auf die Art wird dann das Motiv der Vernichtung des Waldes und all der in ihm lebenden Tiere und Pflanzen verbunden mit einem Wiederbeginn, der aber anfangs noch klein und schwach ist. Daran schließt sich dann der letzte Vers an, der das Gebiet der pflanzlichen Sprache verlässt und stattdessen ein Angebot der Hilfe auf einer menschlichen Ebene darzustellen scheint. Hier würde ich dann mal vermuten, dass das mit dem Wald vorher eher metaphorisch zu verstehen ist und es eher darum geht, dass jemandem, der gerade in einem Tief feststeckt oder Hilfe braucht, diese auch angeboten wird.
Vielleicht bezieht es sich ja sogar auf den FF-Bereich?Finde das als Aussage jedenfalls sehr schön.Szene 143: Rückblende - hier muss ich zugeben, ziemlich auf dem Schlauch zu stehen. Beim Titel denke ich ja an Theater und Drehbuch, aber das mit der Rückblende steht vielleicht einfach für eine tatsächliche Erinnerung an etwas Vergangenes. Unsicher bin ich mir hier dann aber, ob es sich hier "nur" um die Schilderung einer Erinnerung handelt, oder aber um eine Gegenüberstellung der Erinnerung mit Gegenwart, wobei letztere dann vielleicht erst am Ende anfängt, nachdem die Erinnerung den Raum vorher eingenommen hat. Die kursiv gedruckten Stellen scheinen das zu sein, was das Du sagt, und das ist dann wohl die erste Orientierung, an der man sich entlanghangeln kann. Es scheint damit also eine Situation beschrieben zu werden, in der das Du versucht, die Gefühle des Ich "durch die Blume" herauszufinden ("Ich mache nur Spaß" - ja, klar). Implizit dadurch ausgedrückt werden damit aber auch die Gefühle des Du für das Ich, wie mir scheint. Es kommt allerdings nicht zu einem Liebesgeständnis, sondern "nur" zu einer Umarmung, die da eher freundschaftlich anmutet. Die Frage ist dann jetzt aber wie gesagt, wie die Situation mit einer Rückblende zusammenhängt. Die Frage nach "damals" ist dabei insofern verwirrend, als dass ich es jetzt wie eben angedeutet vielleicht eher als das interpretiert hätte, was das Du in einer vergangenen Situation - also in der Rückblende - gesagt hat. Andererseits ist es aber auch genau die Art von Frage, die eine Rückblende erst hervorrufen kann, weil sie das Ich implizit auffordert, sich an dieses "damals" zu erinnern. Insofern - ich bin nicht ganz sicher, was hier die Rückblende ist. Mein bisheriger Gedanke war aber jetzt eigentlich, dass alles bis zum letzten Vers eine Erinnerung an etwas Vergangenes ist und dass der letzte Vers dann ein erneutes Treffen zwischen Ich und Du andeutet; also so, dass das Ich irgendwo sitzt und sich an das Du erinnert, und dann plötzlich tatsächlich wieder die Stimme des Du hört. Möglicherweise ist dann aber vielleicht auch der erste Vers, der ja mit dem letzten identisch ist, dann in diese spätere Zeitebene einzuordnen und zugleich Auslöser der Erinnerung, die dann zwischen dem ersten und dem letzten Vers geschildert wird. Das wäre dann eben so, dass das Ich irgendwo sitzt, die Stimme des Du hört, sich dann also erinnert, und dann eben wieder die Stimme des Du hört, die es dann aus der Erinnerung, die vorher durch die Stimme des Du induziert wurde, wieder herausholt. Das wäre jetzt zumindest das, was mir bis jetzt in den Sinn kam. Aber wie gesagt, ich bin mir unsicher, was hier genau die Rückblende darstellt und was nicht. Gefallen hat mir das Gedicht aber auf jeden Fall, weil es mit wenigen Worten ein romantisches Thema auf sehr emotionale Weise behandelt und eben diese "typische" Situation darstellt, in der jemand vielleicht Probleme hat, seine Gefühle deutlich zu gestehen.
hinter den grenzen liegt ein regenbogen - hier bin ich mir wohl am unsichersten, was das bedeuten könnte. Ich finde, das hier sehr schön das Motiv eines Umherirrens in Blindheit aufgegriffen wird, zumal der Leser selbst ein wenig umherzuirren scheint, wenn er das Gedicht liest - er stößt ja gewissermaßen auf Orte, an denen er schon einmal war, indem er wieder bei Worten angelangt, die er vorher schon einmal gelesen hat (zum Beispiel "immerzu"), was ein wenig die Tatsache wiederzuspiegeln scheint, dass man ohne Ziel umherirrt und also ein bisschen im Kreis läuft. Interessant finde ich hierbei aber auch, dass hier Blindheit mit Bildern von Licht ("wir scheinen") kombiniert wird. Man sollte eigentlich meinen, dass sich beides ausschließt, aber auf gewisse Art ist es passend, wenn man bedenkt, dass zuviel Licht einen ja blenden kann - wenn der Weg vor einem zu hell erleuchtet wird, kann man ihn genauso wenig erkennen, wie wenn er in völliger Dunkelheit liegen würde. Bin mir aber nicht ganz sicher, ob es das ist, was damit gemeint ist, aber wie gesagt: Ich finde das Motiv des Umherirrens hier sehr gut dargestellt. Unklar ist mir dabei insbesondere, wie der Titel in das Bild passt. Der Regenbogen wird ja auch mit Licht assoziiert, insofern passt das vielleicht zu dem, was ich vorhin sagte. Letzten Endes scheint der Titel mir zu implizieren, dass es ein Ziel, eine Art Paradies gibt, das durch den Regenbogen symbolisiert wird, das aber nicht erkannt werden kann, sodass nichts anderes bleibt, als ziellos umherzuirren. Auch die Grenzen, die uns von diesem Ziel trennen, können so nicht überschritten werden - wobei ich auch noch nicht weiß, was es genau für Grenzen sind. Sind es unsere eigenen, die wir nicht ausweiten können bzw. wollen? Sind es außerhalb von uns existierende Grenzen, die unseren Blick auf das Ziel versperren? Wenn Letzteres, sind sie überwindbar, sodass wir das Ziel vielleicht irgendwann sehen können oder sind sie unüberwindbar? Ich weiß es nicht genau, wie das gemeint ist. Aber ja, schönes Gedicht auf jeden Fall.
Zeitlos dann zum Abschluss scheint mir doch eher leichte Kost zu sein, was - wiederum - nicht negativ gemeint ist. Als ein Akrostichon (das war das Wort, oder?) wäre es ohne die Berücksichtigung der Anfangsbuchstaben wieder ein bisschen rätselhaft, aber in Kombination mit diesen ergibt sich die Botschaft dann doch relativ eindeutig. Ich finde das grundsätzlich ganz lustig, auf die Art DHL mal auf die Schippe zu nehmen - ich bin mir sicher, dass viele schon einmal auf etwas warten mussten, was eigentlich schon längst hätte da sein sollen. Die Art, wie das hier mit ein wenig überzogener Sprache geschildert wird, hat mich schon zum Schmunzeln gebracht. Wobei ich mir nicht ganz sicher bin, ob es jetzt das Unternehmen kritisiert oder vielleicht sogar Leute, die es ein wenig zu ernst nehmen, wenn sie auf ihr Paket warten müssen und dann zu sehr rumjammern. Ich könnte aber mit beidem leben.
Damit komme ich dann also zum Schluss. Es ist schade, dass du dich hier vorerst wieder zurückziehen möchtest, denn gerade angesichts der mittlerweile mäßigen Aktivität ist es natürlich umso mehr trauriger, wenn die wenigen Aktiven dann auch gehen. Andererseits kann ich deinen Gedankengang dahinter nachvollziehen, und du kannst ja auch nicht immer ankündigen, jetzt zu gehen, damit sich dann doch noch einmal jemand wie ich sich aufrafft, der vorher es ständig versäumt hat, etwas zu schreiben. Aber du sollst auf jeden Fall wissen, dass ich deine Gedichte hier sehr gerne gelesen habe und auch den Startpost schon sehr ansprechend fand.
So oder so, ich hoffe, wir lesen uns irgendwann nochmal - vielleicht irgendwann, wenn der Bereich wieder lebt, und dann können wir auch den Schweinen beim Fliegen zusehen und uns in der Hölle mit Schneebällen bewerfen.
Bis dahin also! -
So, nachdem ich es lange aufgeschoben habe, diese Geschichte, die ich im Text-in-Text-Wettbewerb abgegeben hatte, noch einmal zu überarbeiten, will ich sie jetzt posten (witzigerweise ist mittlerweile auch das Datum, zu dem die Geschichte spielt, überschritten worden). Sie liegt mir in gewisser Weise am Herzen - was natürlich nicht heißen soll, dass Kritik unerwünscht ist, im Gegenteil, ich werde gleich auch ausdrücklich darum bitten. Letzten Endes ist es nur so, dass ich überlegt hatte, mit den beiden Charakteren eine Reihe von Kurzgeschichten zu schreiben, sobald ich denn mal gute Ideen für Weiteres und zu der Thematik ein bisschen mehr recherchiert habe (insofern kann es sich nur um Jahre handeln). Daher ist mir die Geschichte quasi als Anfang von diesem vielleicht einmal Früchte tragenden längeren Projekt wichtig.
Die Idee war im Prinzip, ein Detektivpärchen zu schreiben, aber mehr auf einer "alltäglichen" Ebene. Zu aufgeblasen wollte ich da generell nichts machen (also nicht Fälle, bei denen wirklich viel auf dem Spiel steht oder ein Moriarty auftaucht), und das Wichtigste ist wohl erst einmal auch, dass die Charaktere stimmig sind - dazu kann man mir also gerne Feedback geben, wenn man möchte. Wie natürlich eigentlich zu allem, aber das ist halt ein Aspekt, der mir wichtig ist, auch wenn er natürlich nicht adressiert werden muss. Außerdem ist da noch ein anderer Punkt, bei dem ich mir immer noch unsicher bin, aber da er das Ende betrifft, packe ich ihn mal in einen Spoiler.
Da ist halt die Sache mit der Gewalt von dem reichen Pinkel gegenüber Kim. Ich wollte das, auch wenn es jetzt gemessen am allgemein Vorstellbaren "nichts allzu Heftiges" war, nicht wie eine Harmlosigkeit aussehen lassen und hoffe, dass das deutlich genug rüberkommt (und dass er dafür natürlich auch verdientermaßen die Quittung erhält). Allerdings weiß ich nicht mit Gewissheit, ob mir das gelungen ist und insofern: Wenn jemand da die Implikation als problematisch erachtet, dann teilt mir das bitte mit (und wenn ihr Vorschläge habt, wie ich das verbessern kann, sind diese natürlich dann auch gerne gesehen)! Es ist mir wichtig, dass ich solche Dinge nicht verharmlose und wenn ich es doch tue, dann würde ich es natürlich gerne ändern.
Ansonsten wünsche ich viel Spaß mit der Geschichte.
Der erste Klient
12.6.2019
Kim (10:37)
Kannst du mir mal ibu bringen
Ich brauch was gegen kopfschmerzen
Ich (10:37)
Eine echte Überraschung.
Warum schreibst du?
Kim (10:37)
Weil ich mich garantiert übergebe, wenn ich den mund aufmache
Ich (10:38)
Ja, hast du gestern auch schon.
War wohl doch ein bisschen viel, was?
Kim (10:38)
JA
Kannst du mir jetzt die verfickten tabletten bringen
Mein kopf platzt
Ich (10:38)
Bin ja schon auf dem Weg.
Ich klopfe vorher laut an, okay?
Kim (10:38)
Ich bringe dich um
Philip schmunzelte kurz, stand auf, lief ins Bad und kramte aus dem Schrank über dem Waschbecken eine Packung Ibuprofen hervor, bevor er Wasser in einen Zahnputzbecher füllte und mit beidem in das Schlafzimmer ging. Die Jalousien waren immer noch heruntergelassen, doch fiel ein wenig Sonnenlicht durch die Schlitze zwischen ihnen und den Fensterrahmen. Es war warm, stickig und stank leicht nach Alkohol. Im großen Doppelbett regte sich etwas zwischen den Decken.
„Morgen“, sagte Philip freundlich und leise. Er setzte sich auf Bett und reichte Kim die Tabletten und das Wasserglas.
Kims eigentlich grüne Augen wirkten selbst im dämmrigen Licht des hereinfallenden Sonnenlichts noch gerötet. Ihr kastanienbraunes Haar war zerzaust und durcheinander.
Wortlos nahm sie die Tabletten, stopfte sich gleich drei auf einmal in den Mund und spülte sie mit dem Wasser hinunter.
„Willst du auch was zu essen?“, fragte Philip.
„Kotz ich gleich wieder aus“, murmelte Kim und ließ sich wieder in die Laken sinken.
„Warme Brühe vielleicht?“, fragte Philip. „Ist magenfreundlich.“
„Meinetwegen“, stöhnte Kim.
Philip küsste sie auf die Stirn und verließ wieder das Zimmer. In der Küche stellte er den Wasserkocher an und füllte ein wenig Brühpulver in einer Tasse, das er mit dem bald kochenden Wasser übergoss. Er rührte ein paarmal um und ging zurück ins Schlafzimmer.
„Bitte“, sagte er und stellte die Tasse neben Kim auf den Nachttisch. „Lass sie am besten erst noch etwas abkühlen.“
„Danke“, murmelte Kim.
Philip legte sich neben ihr ins Bett und strich ihr sanft übers Haar.
„Nie wieder“, flüsterte Kim heiser.
„Das sagst du jedes Mal.“
„Dieses Mal meine ich’s aber.“ Sie wälzte sich ein wenig zur Seite. „Ich glaub, ich habe einen Filmriss. Ist irgendwas noch gewesen?“
„Ne. Wir sind früh weg von der Party, nachdem du … Naja, offenbar ein paar zu viel gehabt hattest.“
„Und ich habe mich übergeben?“
„Ja, aber das war, als wir schon wieder hier waren. Ich habe dir noch deine Haare aus der Kloschüssel gehalten.“
„Hm. Danke.“
„Mach ich doch gern. Du wolltest dich übrigens dafür noch revanchieren.“
„Kann mir denken, wie.“
„Ja, aber du hattest gesagt, du würdest dich vorher noch kurz ausruhen und bist dann eingeschlafen.“
„Muss eine Riesenenttäuschung für dich gewesen sein.“
„Ein bisschen vielleicht.“
Ein Anflug des spöttischen Lächelns, das Philip so sehr an ihr liebte, umspielte Kims Lippen. Sie griff nach der Tasse auf ihrem Nachttisch, pustete kurz und nahm einen kleinen Schluck von der Brühe. Angewidert verzog sie das Gesicht.
„Hab schon vergessen, wie eklig ich diese Instant-Scheiße finde.“
„Es scheint dir besser zu gehen“, bemerkte Philip trocken. „Immerhin fängst du schon wieder an, dich zu beschweren.“
„Ich beschwere mich gar nicht. Instant-Scheiße ist nun mal Instant-Scheiße.“
„Aber leichter und schneller zuzubereiten.“
Kim seufzte, stellte die dampfende Tasse wieder ab und ließ sich zurück in die Kissen sinken. „Grins nicht so blöd“, sagte sie. „Vor zwei Wochen war’s andersherum.“
„Und du hast mich den ganzen Tag ausgelacht“, gab Philip zurück.
„Aha, also rächst du dich jetzt. Ich hätte wirklich gedacht, du würdest über solchen Kindereien stehen.“
„Ich überrasche dich eben immer wieder. Deswegen liebst du mich doch.“
„Ich liebe dich nicht, ich hasse dich.“
„Jaja, ich dich auch.“
Kim schmiegte sich ein wenig enger an Philip, der den Arm um sie legte.
„Vielleicht liebe ich dich ja, wenn du den Fernseher einschaltest“, sagte Kim mit geschlossenen Augen.
„Ich dachte, du willst vielleicht lieber etwas schlafen?“
„Eben drum. Fernsehen hilft mir beim Schlafen.“
Philip griff nach der Fernbedienung, die auf dem Nachttisch an seiner Seite des Bettes lag und schaltete den Fernseher ein. Es lief irgendeine Doku über den Amazonas.
„Okay?“, fragte Philip.
„Ja“, sagte Kim leise.
Philip schaute eine Zeit lang den Hubschrauberflügen über den mächtigen Fluss zu, bis er wieder einen Blick auf Kim warf. Sie war offenbar eingeschlafen, ihr Atem ging ruhig und regelmäßig, und ein Ausdruck arroganter Friedlichkeit lag auf ihrem Gesicht. Philip lächelte und wandte sich wieder dem Fernseher zu. Er bemerkte erst jetzt, dass er selbst eigentlich auch noch ziemlich müde war – er war ja nicht früher ins Bett gegangen als Kim und aus Gewohnheit früh aufgestanden, um Frühstück zu machen, das mittlerweile wohl kalt geworden war. Aber vielleicht würde Kim noch etwas mehr als „Instant-Scheiße“ wollen, sobald sie ein wenig geschlafen und ihr Magen sich wieder beruhigt hatte.
Philip schloss die Augen und atmete ein paar Male tief ein und aus. Kurze Zeit später war auch er eingenickt.
Als Kim aufwachte, fühlte sie sich noch ein wenig matt, aber viel besser als vorher. Die Übelkeit war verschwunden, und die Kopfschmerzen hatten aufgehört. Sie richtete sich auf und streckte sich ein bisschen.
Der Fernseher war immer noch eingeschaltet, und statt der Dokumentation über den Amazonas lief nun offenbar eine Reportage über die Nutzung der Atomenergie und ihre Risiken.
Kim warf einen Blick auf Philip, der neben ihr im Bett lag und offenbar selig vor sich hinschlummerte. Seine Stirn war leicht in Falten gezogen, und es sah beinahe so aus, als würde er im Schlaf angestrengt über irgendetwas nachdenken. Kim musste lächeln.
Dann fiel ihr Blick auf die Tasse mit dem Rest von der Brühe, die er ihr gebracht hatte. Sie seufzte, nahm die Tasse und trank ihren mittlerweile nur noch lauwarmen Inhalt so schnell wie möglich aus. Kalt war das Zeug noch widerlicher, aber sie wollte es jetzt auch nicht wegschütten. Dennoch – sie hatte Hunger auf etwas mit mehr Substanz.
Also stand Kim auf und ging in die Küche. Überrascht stellte sie fest, dass Philip offenbar schon Frühstück gemacht hatte: Auf dem Tisch standen ein Korb mit kleinen Aufbackbrötchen, eine Schale mit Rührei, ein kleiner Teller mit Speck, außerdem Butter, Marmelade, Käse, Schinken und Honig. In einer Obstschale lagen Bananen und Äpfel, und eine Thermoskanne, in der sich vermutlich Kaffee befand, war ebenfalls da. Außerdem war für eine Person gedeckt – Philip hatte offenbar schon gegessen. Kim stellte die Tasse, in der die Brühe gewesen war, in die Spülmaschine und setzte sich an den Tisch. Nach einer zwar kalten, aber immer noch leckeren Portion Rührei mit Speck sowie zwei Aufbackbrötchen mit Erdbeermarmelade und Honig, einer Tasse Kaffee und einem Apfel fühlte Kim sich ausreichend gestärkt und voller Energie für was auch immer der angefangene Tag noch bereithalten würde, wenngleich sie sich immer noch etwas ranzig vorkam. Aber dagegen ließ sich ja auch etwas sehr Einfaches tun.
Sie ging wieder ins Schlafzimmer. Leise, um Philip nicht zu wecken, zog sie ein paar frische Klamotten aus ihrem gemeinsamen Kleiderschrank und ging ins Badezimmer, um zu duschen. Dort schlüpfte sie aus dem T-Shirt und der Unterwäsche, die sie zum Schlafen trug, und stellte sich in die kleine Kabine. Kim bevorzugte es normalerweise, warm zu duschen, drehte aber heute das Wasser auf Kalt. Nachdem sie sich fertig gewaschen und abgetrocknet hatte, zog sie ihre saubere Kleidung an – neue Unterwäsche, eine kurze Cargohose und ein einfaches T-Shirt. Nicht unbedingt Klamotten, in denen sie attraktiv wirken würde, aber bequem und praktikabel. Anschließend föhnte sie sich noch die Haare, bevor sie wieder einen Blick ins Schlafzimmer warf.
„Oh, du bist wach“, sagte Kim, als sie Philip aufrecht im Bett sitzen sah. Er hatte eines der Schlafzimmerfenster geöffnet, um frische Luft hereinzulassen. Der Fernseher war aus.
„Ja. Der Föhn hat mich geweckt“, gab Philip zurück.
„Oh. Sorry“, nuschelte Kim in einem Ton, von dem sie hoffte, dass er auf keinen Fall wirkliches Bedauern ausdrückte.
„Jaja“, sagte Philip.
„Danke übrigens für das Frühstück. War lecker.“
„Muss ich noch den Tisch abräumen?“, fragte Philip mit hochgezogener Augenbraue.
„Ähm …“, machte Kim zögerlich. „Nein …“
„Wirklich?“, hakte Philip nach.
„Na hör mal!“, empörte sich Kim. „Glaubst du, ich würde, nachdem du schon so nett warst und mir Frühstück gemacht hast, dich auch noch den Tisch abräumen lassen?“
„Schon gut“, sagte Philip und hob beschwichtigend die Hände. „Tut mir leid, dir das unterstellt zu haben, brauchst nicht gleich sauer zu werden.“
„Bin ich aber!“, erwiderte Kim entrüstet. „Tatsächlich bin ich sogar so sauer, dass ich jetzt wieder in die Küche zurückgehe, um dich mit meiner Abwesenheit zu strafen!“
Sie hastete zurück in die Küche, stellte das dreckige Geschirr in die Spülmaschine, die verderblichen Lebensmittel in den Kühlschrank und den Honig in ein Regal über der Arbeitsplatte.
„Hab dir verziehen“, sagte sie, als sie danach wieder ins Schlafzimmer kam.
„Sehr gnädig“, sagte Philip trocken, aber mit einem Lächeln. „Was sollen wir heute machen?“
„Weiß nicht so genau“, sagte Kim. „Es ist halt ein Dilemma.“
„Was ist ein Dilemma?“, fragte Philip.
„Nun, ich habe gerade geduscht und mich angezogen“, sagte Kim, während sie zum Bett ging, Philip sanft in die Kissen drückte und sich auf ihn legte. „Will ich mich da wirklich direkt wieder ausziehen und Aktivitäten widmen, bei denen ich ins Schwitzen geraten könnte?“
„Nun, du hast es letzte Nacht aber versprochen“, gab Philip zu bedenken.
„Und meine Versprechen muss ich ja halten“, stimmte Kim zu und küsste ihn sanft, aber leidenschaftlich, während er mit seiner Hand durch ihr Haar fuhr.
Es klingelte.
„Verdammt“, sagten beide gleichzeitig. Kim rollte seufzend von Philip herunter und stand auf.
„Bin gleich wieder da“, sagte sie und zwinkerte.
„Hey, keine Eile“, rief Philip ironisch hinterher.
Kim öffnete die Wohnungstür, betätigte den Summer daneben und wartete darauf, dass der Besucher das Treppenhaus hochkam. Den Schritten nach zu urteilen war es nur eine Person.
Kurze Zeit später erschien ein nervös wirkender junger Mann mit strohblondem Haar auf dem Treppenabsatz. Kim schätzte ihn auf etwas mehr als 20, also ungefähr in ihrem und Philips Alter. Vielleicht ein bisschen jünger, aber das nahm sie vielleicht nur an, weil er unsicher wirkte. An sich war er vielleicht nicht unbedingt gutaussehend, aber auf gewisse Weise hübsch. Der Mann trug passend zum Sommer eine kurze beigefarbene Hose und ein blaues Polohemd.
Als er vor Kim stand, nuschelte er irgendetwas Unverständliches.
„Wie bitte?“, fragte Kim mit hochgezogener Augenbraue.
„Ich … Ich wollte wissen … Ist das hier die … Ähm, die Detektei?“
„Detektei?“, fragte Kim und war einen Moment verdutzt, bevor es ihr wieder einfiel. „Oh ja!“, rief sie, lächelte breit und winkte den Mann herein. „Ja, da sind Sie hier richtig, Kommen Sie rein, kommen Sie rein!“
Sie führte den Mann in das Arbeitszimmer, das sie und Philip gemeinsam nutzten. Dort stand ein großer Schreibtisch und drei Stühle sowie mehrere Bücherregale. Unter dem Schreibtisch stand ein Rechner, an den ein Drucker und ein auf dem Tisch stehender Bildschirm angeschlossen waren.
Kim bugsierte den Gast in einen der Stühle. „Einen Moment bitte“, sagte sie, „ich bin gleich wieder da. Ich muss nur meinem Kollegen Bescheid sagen, er schreibt gerade einen Bericht zu Ende. Möchten Sie vielleicht etwas trinken? Es ist ja schrecklich warm draußen.“
„Danke, nein“, sagte der Mann.
Kim lief ins Schlafzimmer.
„Wer war das?“, fragte Philip sofort.
„Ein Klient!“, flüsterte Kim, damit der Mann sie nicht hören konnte.
„Ein Klient?“, fragte Philip. „Was denn für ein … Oh.“ Sein Gesicht fiel ein wenig ein, als er begriff.
„Mehr Begeisterung!“, zischte Kim aufgeregt. „Unser erster Klient!“
„Ich glaube einfach immer noch, dass das keine gute Idee war.“
„Ach was! Jetzt sitz da nicht rum, schnapp dir lieber deinen Notizblock aus dem Nachttisch, warte eine Minute, und dann komm rüber! Und denk daran, was wir besprochen haben, mein lieber Tommy!“
„Nenn mich nicht so“, sagte Philip und verdrehte die Augen.
Kim zuckte mit den Achseln und ging wieder rüber ins Arbeitszimmer.
Philip seufzte, starrte an die Decke und murmelte leise: „Ich verfluche euch, Tuppence und Tommy Beresford.“
Es war vor ein paar Wochen gewesen, dass Kim diese Kurzgeschichten über ein Kriminalfälle lösendes Ehepaar gelesen hatte und auf die Idee gekommen war, dass es doch aufregend wäre, selbst Detektiv zu werden. Philip hatte das für eine vorübergehende verrückte Idee gehalten, der er nicht widersprechen hatte wollen, weil er geglaubt hatte, dass Kim es ohnehin nicht ernst meinen und schnell die Lust verlieren würde. Zu seinem Erschrecken hatte sie sogleich kleine Werbeplakate erstellt und in der Universität aufgehängt sowie angefangen, noch einen Haufen andere Kriminalromane zu kaufen und zu lesen. Außerdem hatte sie sich über den Detektivberuf im Internet schlau gemacht und erschreckend offiziell aussehende Arbeitsverträge erstellt, sodass Philip schließlich hatte einsehen müssen, dass das nicht so schnell vorübergehen würde, wie er gedacht hatte. Doch bisher war zumindest niemand auf den Gedanken gekommen, sie mit einem Fall zu beauftragen.
Philip seufzte noch einmal, holte aus der Nachttischschublade seinen Schreibblock hervor, auf dem er normalerweise seine Gedichte schrieb, und ging hinüber ins Arbeitszimmer.
„Ah, Philip, da bist du ja“, sagte Kim, als er eintrat und sich neben sie hinter den Schreibtisch setzte. Obwohl sie ihn duzte, war ihr Tonfall distanziert – ganz so, als seien sie nicht zusammen, sondern einfach Kollegen. „Der Bericht ist also fertig?“
„Ja“, sagte Philip zögernd.
„Etwas nicht in Ordnung damit?“, fragte Kim.
„Nun ja“, sagte Philip, sich seinen Text in Erinnerung rufend, „da ist etwas, das mir immer noch Kopfzerbrechen bereitet …“
„Sag nichts“, unterbrach Kim ihn. „Ich kann es mir denken. Die Haarbürste, nicht wahr?“
Philip nickte.
„Ja, das kam mir auch komisch vor“, meinte Kim. „Warum sollte sie ausgerechnet dort liegen? Wir sollten da vielleicht noch einmal mit dem Kommissar drüber sprechen. Die Angelegenheit ist zu wichtig, als dass wir uns Nachlässigkeit leisten könnten.“
Wieder nickte Philip und warf verstohlen einen Blick auf ihren Klienten. Wenn er ihnen beiden diese kleine Komödie nicht abkaufte, so ließ er es sich nicht anmerken.
„Ach!“, sagte Kim, „Aber wo bleiben meine Manieren?“ Sie gestikulierte wild zwischen Philip und dem Klienten hin und her. „Philip, das ist Lucas Bohm. Herr Bohm, das ist Philip Ostermann, mein Kollege.“
„Freut mich sehr“, sagte Philip.
„Ja, ebenso“, gab Bohm zurück. Philip fand es merkwürdig, von jemandem, der jünger als er selbst wirkte, als „Herr Bohm“ zu denken, aber etwas sagte ihm, dass er diesen Gedanken wohl besser für sich behielt.
„Also, worum geht es nun?“, fragte Kim. „Wurde Ihnen in der Uni etwas gestohlen? Denn dass sie an der hiesigen Universität studieren, ist ja wohl vollkommen klar.“
„Nein, es wurde mir nichts geklaut“, erwiderte Bohm. „Gestohlen, meine ich. Woher wissen Sie, dass ich hier studiere?“
„Berufsgeheimnis“, sagte Kim lächelnd.
Weil du unsere Plakate nur in ein paar Schaukästen in der Uni gehängt hast und der Kerl zu jung ist, um ein Dozent zu sein, also sehr wahrscheinlich dort studiert, dachte Philip.
„Nun ja“, sagte Bohm, „Jedenfalls geht es um … Also, ich suche jemanden, den ich vor ein paar Tagen kennengelernt habe. Auf einer Party.“
„Jemand … Besonderes?“, fragte Kim bedeutungsvoll, aber freundlich.
Bohm errötete. „Nun, ja. Sein Name war Tim und wir hatten uns ganz gut unterhalten, aber dann … ist er plötzlich abgehauen.“
„Abgehauen?“, hakte Kim nach.
„Ja. Sein Handy hat geklingelt, er ist drangegangen, kreidebleich geworden und hat mir dann gesagt, er müsse jetzt leider dringend weg. Ich wollte ihn noch nach seinem Nachnamen oder seiner Nummer fragen, aber …“ Er brach ab und machte ein trauriges Gesicht.
„Ich verstehe“, sagte Kim mitfühlend. „Und ich nehme an, wir sollen Tim finden.“
„Ja“, nickte Bohm.
„In Ordnung!“, sagte Kim eifrig. „Dann erzählen Sie mal: Wo war die Party, wer war der Gastgeber, wie sah Tim aus, hatte er irgendwelche besonderen Kennzeichen? Sagen Sie uns alles, was wichtig sein kann.“
„Nun …“ Bohm überlegte. „Also, die Party war in der Rautstraubstraße 9.“
Später versuchen, dreimal schnell hintereinander „Rautstraubstraße“ zu sagen, notierte sich Philip.
„Die ist ja gar nicht so weit entfernt“, murmelte Kim. „Noble Gegend.“
„Ja, irgendein junges reiches Pärchen hat dort jedenfalls eine House Party geschmissen – ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie die heißen. Ich war nicht wirklich eingeladen, aber eine Freundin meines Bruders hat meinen Bruder und mich hereingebracht. Ich glaube, den Gastgebern war es auch egal, dass am Ende haufenweise Leute da waren, die sie nicht kannten.“
„Hm, das könnte die Sache verkomplizieren“, meinte Kim.
„Wieso?“, fragte Bohm.
„Weil die Gastgeber uns vielleicht hätten sagen können, wer dieser Tim war“, antwortete Philip. „Aber wenn die selbst keinen Überblick über ihre Gäste hatten, ist es gut möglich, dass sie das auch nicht wissen.“
„Wann war die Party?“, fragte Kim.
„Letzte Woche Samstag.“
„Hm. Und dieser Tim, wie sah er nun aus?“
„Also, kurze schwarze Haare, blaue Augen. Leichter Dreitagebart. Etwa so groß und so alt wie ich – ich bin 20.“
„Statur?“ fragte Kim. „Eher dünn oder …“
„Relativ athletisch. Aber nicht übertrieben sportlich, würde ich meinen.“
„Irgendetwas anderes, das uns weiterhelfen könnte?“, fragte Kim. „Hat er Hobbys erwähnt oder Orte, an denen er sich gerne aufhält?“
„Nun … Also, er sagte, er wäre mit einer Freundin dort gewesen. Wobei er ‚einer‘ besonders betont hat – also keine feste Freundin, nehme ich an. Ich meine, sonst …“
„Natürlich“, sagte Kim verständnisvoll.
„Und er hat gesagt, er schreibt Gedichte. Er hat mir sogar eins auf einem Zettel gezeigt, den er dabeihatte – er hatte ihn mir gegeben, kurz bevor er verschwunden ist und hat ihn dann wohl vergessen.“
Bohm holte ein kleines Stück Papier aus der Tasche und legte es auf den Schreibtisch. Kim nahm es und hielt es so, dass Philip es auch lesen konnte.
„Wahrheit, Wahrheit, gut und schön,
Sollst an meiner Seite stehn.
Wahrheit, Wahrheit, du bist mein
Und gehörst mir ganz allein.
Aber Wahrheit, du musst sehn:
Bist so schrecklich unbequem.
Liebe Wahrheit, kompliziert,
Wer dich sagt, der stets verliert.
Liebe Wahrheit, musst verstehn:
Nötig ist’s, dich zu verdrehn.
Aber Wahrheit, dein Gesicht –
Ganz verbergen will ich’s nicht.
Wahrheit, ja, ich liebe dich,
Doch oft hintergehst du mich.
Meine Wahrheit, bleib in Ketten,
Um mir Einfachheit zu retten.
Denn Einfachheit, ich brauche dich,
Die Wahrheit ist zu schwer für mich.
Oh Einfachheit, nur du allein
Dringst in der Menschen Herzen ein.
Drum Wahrheit, wenn du einfach bist,
Und was du sagst, bestärkend ist,
Dann sei mir bitte Schirm und Schild
Als Helfer immer wohl gewillt.
Doch wo du, Wahrheit, widersprichst,
Zu Einfachheit Komplexes mischst,
Da schweige still und lächle nur
Als treueste Begleitfigur.
Wahrheit, wie kannst du’s nur wagen,
Mich jetzt derart anzuklagen?
Denn nein, ich bin kein Populist,
weil, was ich tu, fürs Gute ist.“
„Hm“, machte Kim und runzelte die Stirn. Philip glaubte zu verstehen, was sie meinte – es schien nicht unbedingt ein Gedicht zu sein, das man in einem lockeren Gespräch auf einer Party hervorholen würde.
„Klingt sehr … politisch“, bemerkte er vorsichtig.
„Nun, wir hatten ein bisschen auch über Politik geredet“, sagte Bohm.
„Tja, das ist … interessant“, murmelte Kim und fotografierte sich mit ihrem Handy das Gedicht ab, bevor sie Bohm den Zettel zurückgab. „Gibt es sonst noch etwas, das sie uns sagen können?“
Bohm schüttelte bedauernd den Kopf.
„Nun gut, ich denke, Ihre Informationen sind ohnehin ausreichend“, sagte Kim und lächelte aufmunternd. Bohms Gesicht hellte sich merklich auf.
„Natürlich kann es ein wenig dauern“, fuhr Kim fort. „Aber ich denke, es gibt durchaus ein paar Möglichkeiten, wie wir Tims Identität ermitteln können.“
„Das wäre schön“, sagte Bohm. „Was das Honorar betrifft …“
Kim winkte ab. „Wir arbeiten umsonst. Zumindest in diesem Fall. Aber schreiben Sie mir mal Ihre Nummer auf, damit wir Sie anrufen können, wenn wir weitere Fragen oder Tim gefunden haben.“
„Ich verstehe dich nicht“, sagte Philip, nachdem ihr Klient gegangen war. „Du erstellst Arbeitsverträge und dann arbeiten wir umsonst?“
„Anfangs ja. Wir fördern eine Nachfrage, dann machen wir das Angebot teurer. Außerdem hast du ihn doch gesehen. Er war offenkundig ein bisschen verknallt und verzweifelt. Da ziehen wir ihm doch nicht das Geld aus der Tasche.“
„Wenn du meinst“, seufzte Philip. „Wir finden den Kerl ja sowieso nicht. Jedenfalls wüsste ich nicht, wie.“
„Oh, bitte, das ist doch einfach“, sagte Kim. „Ich gehe zu den Gastgebern und frage sie aus.“
„Aber die wussten doch selbst nicht, wer alles bei ihrer Party dabei war.“
„Ja, und? Aber ein paar Leute kannten sie sicher – und die kannten wiederum vielleicht ein paar andere Leute. Wenn die Gäste Bekannte von Bekannten von Bekannten waren, sollten wir früher oder später auf jemanden stoßen, der diesen Tim kennt.“
„Aha“, sagte Philip. „Gut, dann gehen wir eben …“
„Nein“, sagte Kim. „Ich sagte doch: Ich gehe. Du bleibst hier und machst etwas anderes.“
„Und was, bitteschön?“
„Gute Frage …“, murmelte Kim. Sie holte ihr Handy hervor und zeigte Philip das abfotografierte Gedicht. „Du kennst dich doch mit sowas aus“, sagte sie. „Was kannst du dazu sagen?“
Philip nahm das Handy und las sich die Strophen noch einmal aufmerksam durch. „Also“, sagte er schließlich, „wie gesagt wirkt es eher politisch auf mich. Das heißt, es scheint einfach … nun, um die Vereinfachung der Wahrheit zu gehen. Vereinfachung der Wahrheit, um jeweils die eigene Botschaft durchzusetzen. Es wird Kritik daran geübt, dass einfache Botschaften sich durchsetzen und ihre Untersuchung auf einen eventuellen Wahrheitsgehalt auf der Strecke bleibt. Interessanterweise“, er las noch einmal über die Strophen, „scheint dabei keine konkrete politische Richtung oder Partei attackiert zu werden. Das Gedicht bleibt da eher allgemein. Es gibt nichts, was auf die Identität des lyrischen Ichs schließen lässt.“
„Ist es gut?“, fragte Kim.
Philip verdrehte die Augen. „Was heißt ‚gut‘?“, fragte er. „Also, inhaltlich finde ich’s okay, ist ein aktuelles Thema. Formal ist es relativ regelmäßig, aber im Rhythmus gibt es ein paar Stolperer.“ Er gab Kim das Handy zurück. „Kann natürlich auch aus irgendeinem Grund Absicht gewesen sein, wer weiß.“
„Hm-hm“, machte Kim. „Also siehst du nichts, was uns irgendwie auf diesen Tim stoßen könnte?“
„Nein. Wenn er irgendwie einen realen Ort beschrieben hätte … Oder halt sowas wie ‚Wohn’ in der Hoffmannsstraße 10 / Will irgendwer nicht mit mir gehn?‘“
„Tja“, seufzte Kim, „Wäre auch zu einfach gewesen, nicht? Aber egal. Ich weiß, was du machen kannst.“
„Oh, großartig“, sagte Philip sarkastisch.
„Dieser Tim schreibt ja Gedichte.“
„Ach wirklich? Ich dachte, so weit waren wir schon.“
„Blödmann“, gab Kim zurück. „Jedenfalls, vielleicht ist oder war er in einer dieser Schreib- oder Dichtergruppen. Gibt doch ein paar davon in der Stadt. Wenn du da ein paar Leute anrufst, dann kannst du vielleicht was herausfinden.“
„Falls er in einer solchen Gruppe war oder ist“, bemerkte Philip. „Scheint mir ein ziemlicher Schuss ins Blaue zu sein.“
Kim zuckte mit den Achseln. „Mag sein, aber es kann nicht schaden, das zu probieren. Und du warst doch selbst auch mal in einer, also kennst du ja schon ein paar Leute. Natürlich“, fügte sie grinsend hinzu, „darfst du gerne auch auf andere Weise ermitteln, wenn dir eine bessere einfällt.“
Philip fiel keine bessere ein, und so kam es, dass Kim sich kurz die Notizen, die Philip sich zu Tim gemacht hatte, abfotografierte und ging.
Philip seufzte, nachdem die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte. „Ich verfluche dich, Agatha Christie.“ Er schlurfte zurück ins Arbeitszimmer, blätterte in seinem Notizbuch nach der Nummer der Dichtergruppe, in der er selbst mal gewesen war und schaltete den Computer ein, um nach ähnlichen Schreibtreffs zu suchen.
Kim betätigte die Klingel von Rautstraubstraße Nr. 9. Das Haus war geradezu eine Villa, der eigentlich nur noch ein großer mit Zaun und Tor von der Straße abgetrennter Vorgarten fehlte, um auf vollkommene Art und Weise die klischeehafte Behausung der reichen Oberschicht zu verkörpern. Obwohl aber das Haus recht protzig war, eignete es sich wahrscheinlich gut für Partys. Wie Kim aufgefallen war, hatten auf dem Klingelschild die Namen „Dominik Eisenhauer“ und „Katrin Brauer“ gestanden.
Die weiße Tür wurde geöffnet und Kim stand einem jungen, gutaussehenden Mann gegenüber, der eine kurze Hose und ein olivgrünes Tank Top trug. Er war braun gebrannt, sein Haar war kurz und zerstrubbelt. Anscheinend war das Dominik Eisenhauer.
„Hallo“, sagte Kim und lächelte. „Ich …“
„Bist aber früh dran“, unterbrach sie der Mann. „Wobei du ein bisschen anders aussiehst als auf den Fotos.“
Kim war kurz verdutzt, fing sich aber wieder, als ihr schlagartig bewusst wurde, dass sie die Situation zu ihrem Vorteil nutzen konnte.
„Na ja, bei solchen Fotos wird doch ständig geschummelt, oder?“, lachte sie und zwinkerte.
„Mag sein. Aber in deinem Fall“, er ließ seinen Blick über sie wandern, „macht das nicht viel, schätze ich. Nur deine Klamotten solltest du nochmal überdenken. Aber jetzt komm rein, bevor die Nachbarn dich sehen.“
Arrogantes Arschloch, dachte Kim, als sie eintrat und sich umsah. Sie stand in einer Art kleinen Eingangshalle, von der Treppen nach oben führten und Wohnzimmer und Küche abzweigten. In einer Garderobe hingen Jacken und teuer aussehende Mäntel, an den Wänden hingen gerahmte Gemälde, die irgendwelche geometrischen Muster zeigten. Auf einer Kommode sah Kim mehrere gerahmte Fotos von Eisenhauer mit einer außergewöhnlich hübschen und jungen blonden Frau. Vermutlich seine Freundin.
„Willst du vorher was trinken?“, fragte Eisenhauer.
„Oh, gerne“, sagte Kim und folgte dem Mann in die weiß und steril wirkende Küche. An einer Wand hing ein Kalender. Kim fiel auf, dass von letzten Freitag bis nächsten Mittwoch „Katrin Geschäftsreise“ eingetragen war. Sie lächelte innerlich.
„Was möchtest du denn?“, fragte Eisenhauer und ging zu einem Regal, das reichlich mit dem gefüllt war, was Kim gerne als „spirituelle Getränke“ bezeichnete.
„Informationen“, sagte Kim, die entschied, dass sie die Scharade nicht länger aufrechterhalten musste. „Ich will einfach nur die Namen und Telefonnummern aller Gäste deiner Party von letzter Woche Samstag, an die du dich noch erinnern kannst.“
„Was?“, fragte Eisenhauer verdutzt. „Soll das ein Rollenspiel werden?“
„Ich fürchte nein“, sagte Kim. „Ich nehme an, du hast jemand anderen erwartet. Vielleicht jemand, den du dafür bezahlst, vielleicht auch nicht. Ich denke aber, dass deine Freundin davon so oder so nichts wissen sollte, oder?“
Eisenhauer verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Ich weiß nicht, wer du bist und was du willst“, sagte er leise und bedrohlich, während er auf sie zukam, „aber glaub mir, wenn du Katrin irgendwas hiervon erzählst, dann …“
Er packte Kim grob am Arm, so heftig, dass es wehtat. Sie zögerte nicht, sondern trat dem reichen Pinkel zwischen die Beine, befreite ihre Hand, packte die seine und drückte ihn dann mit einem Hebelgriff so zu Boden, dass er auf dem Bauch lag. Eisenhauer stöhnte vor Schmerz, dann fluchte er zornig. Während Kim mit einer Hand seinen Arm weiterhin in einem schmerzhaften Hebel festhielt, zog sie mit der anderen ihr Handy aus der Tasche und aktivierte die Aufnahmefunktion.
„Ich sage es nochmal“, sagte Kim freundlich. „Ich will nur ein paar Namen von den Leuten, die auf eurer Party waren. Wenn du deine Freundin betrügst, ist mir das eigentlich ziemlich egal. Also hast du zwei Optionen: Du sagst mir, was ich wissen will und löst somit ganz einfach das kleine Problem, das du dir gerade selbst eingebrockt hast, oder du weigerst dich – aber dann erkläre ich deiner Freundin, was du hier so treibst, wenn sie weg ist.“
„Ach ja?“, zischte Eisenhauer. „Die glaubt dir kein Wort. Du hast keine Beweise dafür.“
„Ich habe die Person, die gleich hierhinkommt.“
„Und? Die Nutte schick ich weg und sag, sie hat sich halt in der Adresse geirrt.“
„Danke für das Geständnis“, sagte Kim. Sie lehnte sich ein wenig vor und hielt dem immer noch auf dem Bauch liegenden Eisenhauer das Handy vors Gesicht. Der Mann erschlaffte ein wenig.
„Also?“, fragte Kim. „Ein paar Namen sind doch nun wirklich nicht zu viel verlangt, oder?“
Als Kim kurze Zeit später das Haus verließ und den Zugangsweg zurück zur Straße ging, kam ihr eine gutaussehende Frau entgegen, die offenbar zu Eisenhauer wollte. Kim musterte sie und befand, dass sie ihr eigentlich nur vage ähnlich sah.
„Ich glaube nicht, dass er Ihre Dienste heute benötigt“, sagte Kim lächelnd. „Außerdem neigt er leicht zu Ausrastern.“
Verdutzt sah die Frau Kim nach, als diese pfeifend weiterging.
Philip seufzte und strich eine weitere Nummer auf seinem Notizblock durch. Es war frustrierend. Seine frühere Dichtergruppe hatte von diesem Tim nichts gehört, also hatte Philip im Internet nach weiteren Treffs gesucht. Manche Schreibgruppen hatten aber gar keine Nummer, sondern nur eine E-Mail-Adresse – die Antworten standen aus – und bei denen, die eine Nummer hatten, wusste er einfach nicht, was er sagen sollte. Er hatte es als Detektiv versucht und festgestellt, dass ihm keiner etwas sagen wollte. Danach hatte er die Übriggebliebenen angerufen und Interesse an einem Beitritt vorgetäuscht, wobei er beiläufig erwähnte, dass er durch seinen guten Freund Tim auf die Gruppe aufmerksam gemacht worden war. So hatte er zumindest bei manchen durch die verwirrte Reaktion erfahren, dass dort wohl kaum irgendein Tim Mitglied war – aber bei anderen hatten die Leute nur etwas gesagt wie „Ach, der gute Tim!“ und danach hatte Philip nicht weiter fragen können, wie dieser Tim aussah, denn er hatte ja gerade behauptet, ein guter Freund von ihm zu sein, weshalb er also immer noch nicht wusste, ob es wirklich der Tim war – selten war der Name ja nicht.
Er überlegte, ob er es vielleicht mit dem Gedicht hätte probieren sollen. Er hätte behaupten können, es irgendwo gefunden zu haben und seinem Schöpfer zurückbringen zu wollen – wenn Tim es in irgendeiner Gruppe herumgezeigt hätte, wäre das vielleicht sinnvoller gewesen.
Andererseits gab es dafür keine Garantie, und mittlerweile hatte er ohnehin schon alle Gruppen abgeklappert. Man würde sich an seine Stimme erinnern, es sei denn …
Er rief eine der Gruppen noch einmal an, wobei er versuchte, seiner Stimme einen hohen Klang zu geben. Kurze Zeit später saß er peinlich berührt da – man hatte ihm nicht unbedingt freundlich mitgeteilt, dass man seine Nummer sehen könne, dass er nicht gerade gut darin sei, seine Stimme zu verändern und dass man solche Telefonstreiche gar nicht schätze.
Philip hatte das Gefühl, dass das alles nicht so wirklich funktionieren wollte, also nahm er sein Handy und schrieb an Kim.
Ich (14:38)
Ich habe keine Lust mehr.
Kann ich nicht irgendwas anderes machen?
Kim (14:38)
Klar
Wenn du was Besseres weißt ;)
Ich (14:38)
Ne.
Aber es ist einfach doof, bei den Leuten anzurufen.
Und es führt zu nichts.
Kim (14:39)
Ich rufe gerade die ganzen Partygäste an
Du brauchst einfach Geduld, mein Lieber ;)
Aber keine Sorge, ich mache das schon
Ich (14:39)
Jaja
Philip legte das Handy weg. Vielleicht sollte er es wirklich einfach Kim überlassen. Immerhin war der ganze Zirkus ihre Idee gewesen. Dann wiederum … Als Kind hatte er eigentlich gerne Detektiv sein wollen. Es war einer dieser Berufswünsche, die man als Kind und dann nie wieder hat. Dennoch, jetzt an einem detektivischen Routineauftrag zu scheitern, während Kim die ganze Arbeit machte, fühlte sich falsch an.
Er ging noch einmal die Notizen durch, die er sich während des Gesprächs mit Bohm gemacht hatte.
Auf einmal stutzte Philip bei etwas, das er sich am Anfang notiert hatte. Für einen Moment starrte er auf das Blatt, dann sah er zur Decke hinauf und dachte nach. Schließlich nickte er wie zu sich selbst und rief Google auf.
„Oh allwissende Suchmaschine“, murmelte er. „Errette mich endlich aus dieser Hölle.“
„Und Sie sind sich ganz sicher?“, fragte Kim. „Er schreibt Gedichte, hat dunkle Haare, blaue Augen, Dreitagebart, vermutlich nicht Hetero – ach, Bi also … Okay, danke, vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen.“
Sie legte auf und reckte triumphierend die Faust in die Luft. Dann sah sie auf die Uhr und stellte überrascht fest, dass es schon relativ spät war. Sie hatte die letzten Stunden damit verbracht, erst die Leute anzurufen, die Eisenhauer ihr genannt hatte, um dann nach dem Schneeballprinzip immer mehr Leute hinzuzugewinnen. Dabei hatte sie jeweils das Gedicht, das Tim verloren hatte, als Vorwand benutzt und gesagt, sie wollte es ihm zurückgeben. Letzten Endes war das Ganze aber sogar schneller gegangen, als sie gedacht hatte.
Kim erhob sich von der Parkbank, auf der sie die letzten Stunden verbracht hatte, und streckte sich ein wenig, bevor sie den Nachhauseweg antrat.
„Ich habe ihn, Philip!“, rief Kim triumphierend, als sie in die Wohnung kam. „Er heißt …“
„Tim Baumgarten, wohnhaft in der Friedrichsstraße, Hausnummer 83“, ergänzte Philip, der sich im Wohnzimmer auf dem Sofa fläzte.
„Was?“, fragte Kim entgeistert. „Woher weißt du das?“
„Berufsgeheimnis“, sagte Philip und grinste absichtlich blasiert.
„Philip …“, sagte Kim drohend.
Philip lachte. „Nun, erinnerst du dich noch, dass Tim auf der Party erst einen Anruf erhielt, bleich wurde und dann wegmusste?“
„Ja. Und?“
„Ich dachte mir, dass da vielleicht etwas Schlimmes passiert und er darüber benachrichtigt worden war. Irgendetwas in der Nähe, wo er schnell hinkonnte und dann auch schnell hinwollte. Also habe ich die Unfallmeldungen der fraglichen Nacht in unmittelbarer Umgebung des Hauses durchgesehen und siehe da: Eine junge Frau war offenbar betrunken über die Straße gelaufen, angefahren und dann ins nächste Krankenhaus gebracht worden.“
„Das war doch nicht … Die Freundin, mit der er auf der Party gewesen war?“
„Ins Schwarze, meine liebe Tuppence.“
„Nenn mich nicht so“, sagte Kim ärgerlich. „Weiter.“
„Nun, das Krankenhaus war das Marienkrankenhaus.“
Kims Augen weiteten sich, als sie verstand. „Wo deine Schwester arbeitet.“
„Jep. Ich habe sie gefragt, ob sie sich nicht mal umhören kann. Und da hat sie mir, nachdem sie mit dem zuständigen Pflegepersonal gesprochen hatte, sagen können, dass das fragliche Unfallopfer noch da war und neben Besuch von der Familie auch noch Besuch von einem jungen Mann erhielt, der – den Gesprächen mit dem offenbar nur leicht verletzten Opfer nach zu urteilen – offenbar Tim hieß. Wie der Zufall es wollte, war er gerade übrigens da und meine Schwester hat ihm meine Nummer gegeben. Er hat mich angerufen, ich habe ihm die Sache erklärt und fertig. Alles, was wir nur noch tun müssten, wäre, unseren Klienten anzurufen und ihm zu sagen, dass wir Tim aufgespürt haben. Wobei Tim ihn wohl bei nächster Gelegenheit selbst anrufen wird, habe ihm nämlich die Telefonnummer von Lucas bereits gegeben.“
Er grinste Kim breit an.
„Wann wusstest du Tims vollen Namen und wo er wohnt?“, fragte sie.
„Naja, das war zugegebenermaßen erst vor etwa zehn Minuten. Meine Schwester musste ja auch noch arbeiten.“
„Ha!“, sagte Kim. „Dann wusste ich es vor dir!“
Philip verdrehte die Augen. „Aber ich hatte weniger Aufwand“, protestierte er.
„Dafür war bei mir der Erfolg früher oder später garantiert“, sagte Kim. „Bei dir hätt’s ja sein können, dass gar kein Unfall damit zu tun hatte.“
„Der Erfolg gibt mir Recht.“
„Trotzdem war ich schneller.“
„Schön“, resignierte Philip. „Unentschieden?“
„Hm … Okay“, machte Kim. „Wenigstens kann ich noch unseren Klienten anrufen und ihm mitteilen, dass wir den Fall gelöst haben. Darauf habe ich mich nämlich am meisten gefreut.“
„Sofern Tim ihn nicht schon angerufen hat.“
„Ach was“, sagte Kim. „Du hast doch erst vor zehn Minuten mit ihm gesprochen. Er wird das sicher erst machen, wenn er aus dem Krankenhaus raus ist.“
Philip musste grinsen, als Kim ihr Handy hervorzog, ihren Klienten anrief und ihm dann überschwänglich mitteilte, dass sie Tim bereits aufgespürt hatten, nur um dann bescheiden zu versichern, dass das alles keine große Sache, sondern eine ihrer leichtesten detektivischen Übungen gewesen sei.
Nachdem sie aufgelegt hatte, schien sie ausgesprochen guter Laune zu sein. „Das war spaßig“, bemerkte sie und ließ sich neben Philip aufs Sofa fallen. „Wir sollten das öfter machen.“
„Nun, es hängt davon ab, ob wir Aufträge kriegen, oder?“, fragte Philip.
„Ach, das wird schon“, sagte Kim. „Die Leute brauchen ständig Detektive, sie wissen es vielleicht nur noch nicht.“
Sie stützte sich ein wenig auf, um sich auf Philip zu legen.
„Vielleicht“, flüsterte sie und küsste ihn, „Vielleicht sollten wir jetzt einfach da weitermachen, wo wir heute Morgen unterbrochen worden sind, was meinst du?“
„Das wäre sicher … Moment.“ Philip griff nach Kims Arm. „Warum hast du da einen blauen Fleck? Ich bin mir ziemlich sicher, dass der heute früh noch nicht da war.“
„Ach, das …“ sagte Kim. „Das ist … Nun, ich hatte mit dem Typen, der die Party geschmissen hat, eine kleine Auseinandersetzung.“
„Auseinandersetzung?“ Philip zog die Augenbrauen hoch.
„Es war nichts Schlimmes. Ich habe herausgefunden, dass er seine Freundin betrügt und ihm gesagt, er solle mir bitteschön die Namen seiner Partygäste geben, dann erfährt sie nichts.“
„Was technisch gesehen Erpressung war“, bemerkte Philip trocken.
„Hey, der Kerl war ein Arschloch, okay?“ Kim atmete kurz durch. „Er wurde wütend, hat mich gepackt, ich habe ihm in die Eier getreten und ihn mit einem Hebel auf den Boden gebracht. Danach war er deutlich kooperativer.“
„Dann scheint er’s ja verdient zu haben“, sagte Philip. „Was ist mit dir? Tut das noch weh?“
„Ein bisschen“, erwiderte Kim. „Aber es ist nicht allzu schlimm.“
Philip seufzte. „Du teilst seiner Freundin doch mit, dass er zur Gewalt neigt und sie außerdem betrügt?“
„Klar“, sagte Kim. „Ich habe sie bereits gegoogelt – sie leitet wohl irgendein ganz erfolgreiches Start-Up oder sowas. Sie sollte leicht zu kontaktieren sein und dann erlebt ihr Freund eine böse Überraschung.“ Sie grinste.
„Find ich gut“, sagte Philip lächelnd.
Hi @Mabus ,
vielen Dank für deinen Kommentar, habe mich sehr darüber gefreut! Ich hoffe, ich krieg's demnächst auch mal hin, mich dafür zu revanchieren, Zeit wird es ja.
Es gibt momentan dutzende von Problemen, wenn sie sich denn nicht bereits zu Krisen formatiert haben, wie die Flüchtlings- oder Klimakrise, jedoch interessieren sich die Meisten eher für sogenannte First-World-Probleme, wie die Abonnentenzahlen von PewDiePie und T-Series.
Ja, darum ging es. Ich bin mittlerweile vielleicht sogar ein wenig optimistischer geworden, als ich es im Gedicht ausgedrückt habe. Es ist nämlich einfach nur schön zu sehen, wie viele Leute sich in der letzten Zeit in Bezug auf wichtige Themen engagiert haben. Diskurse werden neu eröffnet, Strukturen hinterfragt - es ist eine unruhige Zeit, aber das kann man vielleicht mittlerweile auch wieder im positiven Sinne lesen.
Wie deine eigene Meinung zu der ganzen Thematik ausschaut, kann ich anhand des Gedichtes tatsächlich nicht erkennen, da du auf beiden Seiten mit negativ bzw. mit Ironie behafteten Ausdrücken arbeitest, wie beispielsweise verdammt auf der einen, und Jammerei auf der anderen Seite. Das soll keine Kritik an sich sein, aber, um dein persönliches Statement noch zwischen den Zeilen zu verstecken, hätte man den jeweils nicht zutreffenden Begriff durch einen passenderen, also neutraleren, ersetzen können.
Ach, meine Meinung ... Na ja, es ist alles irgendwie kompliziert. So Spottwettbewerb zwischen YouTube-Kanälen kann man eigentlich nur ignorieren, aber jeweils steht halt eine ungeheure Reichweite und Masse an Fans dahinter, und was die auch anrichten können, das macht mir ein wenig Angst. Ich meine, ich gebe dem Kjellberg jetzt nicht die Schuld etwa an der Schießerei in Christchurch, aber es erscheint mir doch, dass er sich einfach nicht ausreichend damit beschäftigt hat, was er mit seiner Reichweite anrichten kann. Insbesondere sind seine Distanzierungen und Entschuldigungen immer ein wenig half-assed, und da sollte man sich nicht wundern, wenn das die eigene Community in eine ungute Richtung lenkt.
Bei dem Begriff "verdammt" dachte ich es als Ausdruck von Frustration, also etwa wie in:
TROTTEL Ach, was gibt's denn heute schon für wichtige Problem, die man angehen müsste?
THRAWNI Ja, keine Ahnung. Der verdammte Klimawandel vielleicht?!!
Falls ich's dadurch irgendwie deutlich machen kann. Und Jammerei dann eben ironisch. Aber wenn das im Gedicht nicht so rüberkam, dann muss ich das für die Zukunft wohl wirklich überdenken, dass ich das deutlicher zum Ausdruck bringe. Danke für die Anmerkung auf jeden Fall und danke auch noch einmal für deinen Kommentar!
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Und all die User und Moderatoren werden zu mir aufblicken und rufen: "Rette uns!"
Und ich werde flüstern: "Nein."
Nun, dann will ich zumindest noch voten, bevor es Verlängerung gibt - denn dass es diese geben wird, das scheint mir im Moment gesichert. Welch beschämendes Zeugnis für die Voter, die jetzt auch noch schmählich daran scheitern werden, es mir zu zeigen und den Vote vor Ende der Deadline doch noch zu einem erfolgreichen zu machen!
Fand ich schon mal ganz lustig - hat ein paar gute Ideen und persifliert im ersten Artikel ganz nett die mitunter wahnhaft werdende Theoriebildung, während im zweiten Artikel dann ein eher neueres Phänomen hier im Forum auf die Schippe genommen wird; mag hierbei insbesondere den kleinen Twist am Ende. Daran an schließt sich wohl so etwas wie eine Kopie des Postillon-Newsticker-Formats, wenn auch nicht ganz so wortspielreich. Gute Überleitung: Die Wortspiele und Witze sind mal mehr, mal weniger gelungen, aber insgesamt ist das Bild hier schon ein relativ positives. Apropos (aka wieder gute Überleitung): Die Bilder wurden sinnvoll eingebunden und erfreuen durch gelungene Unterschriften. Mir gefällt's also insgesamt ganz gut.
Ist durchaus amüsant, finde ich - relativ kurz, hat aber so einige Insider ( Cassandra s Vorliebe für Lila) und Seitenhiebe ( Gucky s Löschwut), die man als User erkennen kann. Dabei wird die Abgabe allerdings nicht unfair gegenüber den genannten Personen, sondern bleibt relativ auf Augenhöhe. Das mag man weniger gut finden, weil nicht radikal genug, aber ich finde das auf die Art okay (und auf jeden Fall besser, als wenn es wirklich unfaire Züge angenommen hätte), zumal die erwähnten Personen sich ja in einer herausgehobenen Position befinden, mit Ausnahme von einer, bei der es allerdings insofern nicht unfair werden kann, als dass sie sich jegliche Kritik redlich verdient hat, soweit ich weiß.
Insofern also ganz nett gemacht, finde ich. Vielleicht ein bisschen kurz, hätte da durchaus gerne noch ein bisschen mehr von gelesen, aber na ja, habe mich selbst auch ein bisschen mit ausreichender Länge schwer getan, also egal.
Also, erst einmal muss ich abseits dessen, was ich hier zur eigentlichen Bewertung heranziehe, mal kurz etwas zu den ersten drei Zeilen sagen, genauer gesagt, dass ich sie nicht mag. Sie scheinen mir leider eher das "Politische Korrektheit ist überkompliziert und nimmt uns die Luft zum Atmen"-Narrativ zu bedienen, das leider erstens eine Erfindung der Rechten und zweitens (implizit in erstens) in der Realität so auch nicht der Fall ist, wenn man an diese mal unvoreingenommen rangeht (und somit sind wir mit diesem Narrativ selbst bei etwas, das sehr viel eher als Ziel der Satire taugen könnte). Aber dafür müsste ich wohl mal einen Blog-Artikel schreiben, und für einen zeitweiligen Ersatz dafür an dieser Stelle fehlt mir zwar nicht der Platz, wohl aber im Moment die Zeit.
Zum Glück geht es aber ohne andere Sachen, die ich problematisch finden müsste, weiter. Dabei weiß ich zwar tbh nicht, ob ich zustimmen soll oder nicht - fand das Beschwerdesystem nie kompliziert, somit wäre ein Verständnis, demzufolge zur Sichtbarmachung des Wahnsinns dieses Systems dieser überspitzt dargestellt wird, nicht mit meiner eigenen Sicht auf die Dinge übereinstimmend; hingegen wäre dann freilich, wenn ich das als Parodie auf ein Narrativ lesen soll, demzufolge alles so kompliziert ist (obwohl's das in meinen Augen nicht zu sein scheint), der Artikel etwas näher bei mir. Dann aber wiederum musste ich mich auch so gut wie nie beschweren, und da ich nicht behaupten will, dass es für andere nicht dann doch in vielen Fällen mal sehr umständlich wurde, werde ich mal konstatieren, hier so oder so kein Problem mit der Aussage des Texts zu haben; und im Gegenzug vielleicht sogar attestieren, dass er mich auf etwas aufmerksam gemacht hat, was ich bisher so nicht wahrgenommen habe. Nun müsste ich halt selbst prüfen, wie es wirklich der Fall wäre, aber das schiebe ich dann mal auf später.
Rein stilistisch dann mag ich es schon, wie hier auf diverse Behörden(irr)wege Bezug genommen wird und dabei durchaus Abwechslung ins Spiel kommt; dennoch nutzt sich das vielleicht dann doch ein bisschen ab, wenngleich ich nicht sagen möchte, dass es langweilig wird. Weniger gut finde ich die Stellen, wo der Leser direkt adressiert wird. Es sind natürlich nur wenige, aber die Kommentare drücken mir den Irrsinn hier eher ohne Not noch einmal extra ins Gesicht, und lieber hätte ich es gefunden, wenn er wirklich komplett für sich gestanden hätte. Aber gut, ich nenne es mal Meckern auf hohem Niveau.
Ach ja, die BBO - mittlerweile eines von vielen Dingen, die leider gescheitert sind, und schön wär's zu sehen, wenn man mich hierbei Lügen strafen würde (womit ich also hoffe, dass der letzte Satz nicht erfunden ist, sondern der Wahrheit entspricht).
Hatte daran eigentlich gar nicht mehr gedacht, insofern Danke dafür, das mir mal wieder zu Bewusstsein zu bringen. Die Meldung ist kurz, aber thematisch ist das wohl insofern okay, als dass sich hier auf die simple Absage einer potentiellen BBO fokussiert wird, wozu man halt allzu viel mehr auch nicht schreiben kann - natürlich hätte man ausführlicher über das Ende der letzten BBO, die Korruption, das Doping und das Unfair Play fabulieren können, aber damit wäre eben der Fokus ein anderer. Finde das insgesamt ganz nett; haut mich humortechnisch nicht komplett vom Hocker, ist aber auf jeden Fall unterhaltsam geschrieben mit dem einen Insider hier und da, gefällt mir also ganz gut.
Abgabe 01: 8.5/10.0
Abgabe 02: 7.5/10.0
Abgabe 03: 7.5/10.0
Abgabe 04: 7.0/10.0
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Uff, genau jetzt ist mein Laptop in der Reparatur. Aber na ja, habe jetzt bei meinen Eltern das mal ins Reine geschrieben, auch wenn ich's jetzt nicht nochmal Korrektur gelesen habe. Ich hoffe mal, dass die weibliche Hauptfigur nicht älter wirkt, als Mabus es sich vorgestellt hat.
Ansonsten möchte ich warnend darauf hinweisen, dass sich die Gewalt meines Erachtens zwar in einem für das Forum noch akzeptablen Rahmen hält, aber dennoch vorhanden ist.
Persönlich bin ich mir übrigens auch unsicher über den Vater und hoffe einfach, dass ich ihn nicht zu sympathisch gemacht habe. Das ist mir insofern wichtig, als dass ich sein Verhalten absolut nicht rechtfertigen will, es persönlich als verwerflich empfinde und die Entscheidung seiner Tochter ganz am Ende als richtig erachte. Ich hoffe, das kommt so auch rüber, aber wenn ihr findet, dass die Implikationen hier zu problematisch sind, dann zögert bitte nicht, das hier zu löschen.
Und das ist durchaus ernst gemeint.
Seit ich denken konnte, war mein Vater immer für mich da, wenn auch nicht auf die Art, die man vielleicht vermuten würde. Tatsächlich erinnere ich mich daran, sehr oft alleine gewesen zu sein. Manchmal saß ich eine ganze Woche in dem Kellerraum, den er für mich eingerichtet hatte, und wartete darauf, dass er zurückkam, oft mit Verletzungen oder Blutflecken auf seiner Kleidung. Dann blieb er oftmals für mehrere Wochen, unterrichtete mich, kochte das Essen, das ich sonst selbst zubereiten musste und sang mir ein Schlaflied, wenn ich ins Bett musste.
Außerdem durfte ich nur gemeinsam mit ihm nach draußen an die Oberfläche und in den umliegenden Wald, in dem der Wind sanft durch die Zweige der Bäume strich und ein ständiger Geruch nach totem Holz und Laubblättern in der Luft ging.
Wenn ich sage, dass mein Papa mich unterrichtete, dann meine ich, dass er mir alles Mögliche beibrachte. Neben Deutsch beherrschte ich früh bereits Englisch und Französisch, und zu dem Zeitpunkt, wo dieser Teil meines Lebens endete, hatten wir bereits mit Italienisch angefangen. Bald kannte ich die Namen aller Länder auf dem kleinen Globus, der auf einem Regal neben dem Fernseher stand, mitsamt all ihren Hauptstädten. Daneben lernte ich Vieles über tödliche Gifte und ihre Wirkungen im menschlichen Körper, den ich bald mit all seinen anatomischen Schwachpunkten kannte.
Wenn mein Vater nicht da war, dann las ich in der großen Lexikonreihe, deren Bücher ein ganzes Regalbrett füllten. Mittlerweile war ich beim Buchstaben „J“, auch wenn ich manchmal zur Abwechslung wahllos eins der Bücher aufschlug, um einfach irgendeinen neuen Begriff zu finden.
Daneben brachte mir mein Vater bei, wie ich kämpfte, unbewaffnet, mit dem Messer und mit Schusswaffen. Er sagte, dass das alles einmal für mich wichtig werden könnte.
Gleichzeitig sagte er aber auch, dass er mich nie einer Gewalt aussetzen würde, die über das Training hinausging. Ich durfte auch nie Filme sehen, in denen Blut floss. Er sagte mir, das alles sei noch viel zu früh für mich, auch wenn ich jetzt schon darauf vorbereitet sein müsse. Eines Tages schien es dann tatsächlich so weit zu sein.
Ich saß mal wieder im Fernsehraum und sah eine DVD, die mir etwas über fernöstliche Kampfkünste beibringen sollte. Ich hatte diese schon ein paar Mal gesehen, war aber sicher, noch lange nicht alles daraus verinnerlicht zu haben.
Der Kellerraum war gemütlich, mit einem bequemen Sofa, auf dem ich auch schlafen konnte. Die Wände wurden von Regalen gesäumt, auf deren Bretter Bücher und DVDs standen. Der große Fernseher mit dem DVD-Player, auf dem gerade der Film über die fernöstlichen Kampfkünste lief, stand genau gegenüber dem Sofa. In einer Ecke war eine kleine Kochnische mit Schränken voller Konserven und Wasser in Plastikflaschen. Manchmal brachte mir mein Vater frisches Obst oder Gemüse mit, wenn er nach Hause kam. Nun war er allerdings schon wieder fast eine Woche weg gewesen, und ich hatte die Kiwis, die er mir gegeben hatte, schon längst aufgegessen. Ich liebte Kiwis.
Eine Tür an der Wand führte auf einen Gang, an den die anderen Räume, mit Schießstand, Fitness- und Sparringsraum angrenzten. Die Tür, die aus dem Keller hinaus führte, war immer abgeschlossen.
Ich überlegte gerade, den Film zu pausieren und stattdessen zu versuchen, ein paar Techniken in der Praxis zu vertiefen (auch wenn ich keinen Gegner hatte außer einem Trainingsdummy), als ich das scharrende Geräusch der Ausgangstür hörte. Kurz darauf kam mein Vater ins Zimmer gestürzt. Frische Flecken blutroter Körperflüssigkeit zierten sein kariertes Hemd und seine blaue Jeans, und in sein stoppelbärtiges Gesicht stand ihm die kalte Angst geschrieben. Obwohl er athletisch gebaut war, wirkte er in diesem Moment keineswegs beeindruckend. Seine ganze Körperhaltung war schlaff, und nach dem, was ich über Gestik und Mimik gelernt hatte, war er nicht einfach nur angsterfüllt, sondern geradezu verzweifelt und hilflos. Ich wollte ihn schon trösten und fragen, was los sei, doch bevor ich etwas sagen konnte, ergriff er selbst das Wort.
„Wir müssen weg“, stieß er keuchend hervor. „Sofort. Code Pink.“
Für einen Moment war ich zu verdutzt, um etwas zu erwidern. Ich hasste die Farbe Pink, weshalb mein Vater sie als Signalwort ausgesucht hatte, wenn wir diesen Ort verlassen mussten, für immer, wie er sagte. Ich wusste aber gar nicht, warum das etwas so Schlechtes sein sollte, denn ich war eigentlich immer froh, wenn ich hier raus kam. Und wenn es für immer war – was sollte dabei sein? Die Bücher, die ich hier hatte und die DVDs konnte ich anderswo kaufen, so viel wusste ich. Nichts hier war unersetzlich.
„Deine Sachen?“, fragte Vater eindringlich.
Ich griff neben das Sofa und holte eine grüne Sporttasche hervor, die ich mit Klamotten, etwas Geld sowie einigen Lieblingsbüchern und –filmen gefüllt hatte. Vater hatte gesagt, ich solle sie ständig vorbereitet und griffbereit haben, wenn Code Pink eintrat.
„Gut. Zieh dir Schuhe an, ich wechsele nur meine Kleidung, dann gehen wir.“
„Papa, was ist los?“, fragte ich besorgt. „Warum müssen wir gehen?“
„Später“, sagte er nur und rannte auf den Kellergang und in ein Nebenzimmer, in dem er seine Kleidung aufbewahrte.
Ich zog einen Schmollmund, auch wenn er das nicht mehr sehen konnte. Nie sagte er mir etwas.
Ich lief mit der Sporttasche zu der Eingangstür, wo meine Schuhe standen. Es waren zwei blaue Turnschuhe mit grünen Streifen, die für verschiedene Terrains geeignet und relativ stabil waren. Papa hatte sie mir damals mit den Worten geschenkt, dass wir vielleicht einmal viel weglaufen müssten, und ich dann gute Schuhe bräuchte. Ich hatte ihn gefragt, warum wir weglaufen müssten, aber er hatte mir nicht geantwortet.
Kurz nachdem ich meine Schuhe angezogen hatte, kam Papa wieder aus seinem Zimmer gerannt. Er hatte sich ein frisches Hemd und eine neue Jeans angezogen. Noch immer stand ihm aber die Furcht ins Gesicht geschrieben, auch wenn er sich jetzt bemühte, es zu vertuschen. Seine Hände zitterten leicht, als er mir durchs Haar strich und dann die Tür öffnete.
Sofort atmete ich den vertrauten, doch viel zu selten wahrgenommenen Waldgeruch ein. Die Luft war frisch und angenehm kühl.
Wir waren auf einem Abhang unter einer Autobahnbrücke, die hoch über die Baumwipfel verlief. Große Betonpfeiler umgaben uns und stützten die mächtige graue Fläche, die beinahe drohend über uns hing.
Die stählerne Tür, die in die unterirdischen Räume führte und in den Abhang eingelassen war, fiel hinter uns zu. Auf ihr war ein gelbes und nur noch schwer lesbares Schild angebracht, demzufolge das Betreten für Unbefugte verboten war.
„Komm“, sagte mein Vater und führte mich den Abhang hinunter.
Wir waren ein kurzes Stück durch den Wald gegangen, hatten ihn durch ein Tor verlassen (das hatten wir vorher nie getan) und waren in ein Auto gestiegen, das auf einem Parkplatz am Waldrand stand.
Nach einer kurzen Fahrt über Landstraßen und Autobahnen, während derer ich staunend aus dem Fenster blickte, fuhren wir auf einen Rastplatz mit Tankstelle und Fast-Food-Restaurant ein. Hier standen viele andere Autos und Menschen liefen durch die Gegend. Ich hatte fast nie andere Menschen tatsächlich gesehen, auch wenn ich wusste, dass mehr als siebeneinhalb Milliarden von ihnen unseren Planeten bevölkerten.
Papa tankte unseren Wagen auf und verschwand dann in dem Tankstellengebäude, nicht ohne mir einzuschärfen, dass ich im Auto bleiben und mit niemandem sprechen solle. Es war eigentlich überflüssig, dass er mir das sagte, denn wir waren das in den vergangenen Jahren immer wieder durchgegangen.
Ich kurbelte die Scheibe hinunter (davon hatte Papa nie etwas gesagt), lehnte mich mit dem Kopf hinaus und genoss den frischen Wind und die Sonne auf meiner Haut.
Erst vor ein paar Minuten waren wir an einem riesigen See vorbeigekommen. Ich hatte schon Seen im Fernsehen gesehen, doch noch nie im wirklichen Leben. Das Sonnenlicht hatte auf der Wasseroberfläche geglitzert wie goldene Funken. Ich hatte vorher nie etwas so Schönes gesehen, nicht in echt jedenfalls.
„Hey“, sagte eine Stimme hinter mir.
Ich zuckte zusammen und zog sofort den Kopf wieder in den Wagen, bevor ich nach der Kurbel an der Wagentür griff und sie hastig drehte, um die Scheibe wieder hoch zu machen.
„Habe ich was Falsches gesagt?“, hörte ich die Stimme und ein Junge, vermutlich kaum älter als ich, trat neben den Wagen. Er hatte kurzes krauses und schwarzes Haar. Seine Haut war sehr dunkel.
Ich hatte Menschen mit dunkler Hautfarbe schon oft in Filmen gesehen. Sie waren allerdings wie Asiaten viel seltener als Hauptrollen in diesen vertreten als Weiße. Mich hatte das überrascht, weil es von ihnen keineswegs so viele weniger geben sollte, als dass sie in Filmen so selten eine zentrale Rolle einnahmen. Andererseits hatte ich auch bemerkt, dass Frauen verhältnismäßig selten Hauptrollen in Filmen spielten, obwohl sie doch etwa die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachten. Papa hatte mir das nie wirklich erklären können.
„Hey, warum sagst du nichts?“, fragte der Junge durch die mittlerweile geschlossene Scheibe. „Ich wollte nur fragen, wohin du fährst.“
Ich sagte nichts und starrte stattdessen stur geradeaus.
„Wir fahren nach Stuttgart“, fuhr der Junge fort. „Aber Mama geht es gerade schlecht und sie ist auf Toilette. Mir ist langweilig und da dachte ich, ich rede mit dir.“
Ich drehte kurz den Kopf zur Scheibe. Ich durfte mit niemandem reden, auch wenn der Junge freundlich wirkte.
„Warum redest du nicht mit mir? Ist es wegen …“
„He!“, hörte ich die Stimme meines Vaters. „Was machst du da an meinem Wagen?“
Ich sah zur anderen Seite aus dem Wagen und erblickte meinen Vater, wie er zornig auf uns zukam, in einer Hand eine Plastiktüte.
„Entschuldigung!“, sagte der Junge hastig, wich aber gleichzeitig auch ein paar Schritte zurück. Mein Vater konnte einem schon Angst machen, wenn er wollte. „Ich wollte nur …“
„Hör zu“, knurrte mein Vater. „Verzieh dich, klar? Lass meine Tochter in Ruhe!“
Der Junge schien trotz seiner dunklen Hautfarbe ein wenig blasser zu werden. Er drehte sich um und rannte davon.
Wütend riss mein Vater die Fahrertür auf und warf sich in den Sitz, während er die Plastiktüte auf den Beifahrersitz warf. Seine Augen funkelten mich aus dem Rückspiegel wütend an.
„Ich habe dir doch verboten, mit anderen Menschen zu reden.“
„Ich habe nicht …“
„LÜG MICH NICHT AN!“
Ich zuckte zusammen. Mein Vater hatte mich noch nie angeschrien. Ich spürte etwas Heißes in meinen Augenwinkeln. Tränen.
Mein Vater atmete einmal ein und aus, bevor er sich zu mir umdrehte. Er wirkte etwas ruhiger, auch wenn ihm die Anspannung noch ins Gesicht geschrieben stand. „Tut mir leid“, sagte er entschuldigend. „Ich hätte dich nicht so anschreien sollen. Es ist nur …“ Er brach ab und setzte wieder an. „Es ist kompliziert. Hinter uns sind böse Menschen her, und wir dürfen keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen, verstanden?“
Er kramte in der Plastiktüte und zog eine Kiwi hervor, die er mit seinem Taschenmesser in zwei Hälften schnitt und mir zusammen mit einem Löffel reichte. „Bitte“, sagte er knapp.
Ich nahm die Kiwi zögerlich entgegen und fing an, das grüne Fruchtfleisch auszulöffeln.
Plötzlich klopfte es an der Fensterscheibe des Beifahrersitzes. Ich und Papa drehten jeweils den Kopf und sahen den Jungen von vorhin neben dem Wagen stehen – hinter einem großen und muskulös wirkenden Mann, der vielleicht sein Vater war.
„Ich würde mich gerne mit ihnen kurz unterhalten“, sagte der Mann mit einem Tonfall, der zugleich höflich und bedrohlich wirkte.
„Oh, verdammt“, murmelte Papa, drehte aber einfach den Zündschlüssel und fuhr los, bevor der Mann draußen etwas tun konnte. Kurze Zeit später waren wir wieder auf der Autobahn.
Irgendwann fuhren wir in einen Wald hinein, über holprige und unwegsame Straßen. Es war natürlich nicht der gleiche Wald wie der, in dem wir gestern noch gelebt hatten. Dieser hier hatte viel mehr Nadelbäume.
Nach einiger Zeit kamen wir an einer zweistöckigen Hütte an, die verfallen, aber noch bewohnbar aussah. Eine Scheibe im Untergeschoss war zerbrochen.
„Wir bleiben vorerst hier“, sagte Papa.
Die Hütte war innendrin staubig und hatte einige ramponierte Möbel. Eine knarrende Holztreppe führte in Schlafzimmer im Obergeschoss, in denen schmutzige Matratzen und übelriechende Lumpen lagen. Es war ganz anders als der Bunker, in dem ich jahrelang gelebt hatte, und das nicht in positiver Hinsicht. Es gab keinen Fernseher, keine Bücher oder DVDs.
„Wie lange müssen wir denn hierbleiben?“, fragte ich.
„Zwei Tage. Wahrscheinlich“, sagte mein Vater. „Dann kommt der neue Wagen.“
In der Nacht schlief ich schlecht. Die Matratze war unbequem, die Lumpen, die wir als Decken benutzten, stanken so sehr, als seien sie niemals gewaschen worden. Gelegentlich schwirrte mit hellem Summen eine Mücke um meinen Kopf herum, und am nächsten Tag erwachte ich unausgeschlafen und zerstochen.
Wir frühstückten ohne ein Wort zu wechseln. Es gab nur trockenen Zwieback ohne Aufstrich. Ich war bisher Besseres gewohnt gewesen, aber ich verstand, dass es temporär notwendig war.
Dann, ganz plötzlich, ertönte das Brummen eines Automotors.
Papa erstarrte und stürzte zum Fenster.
„Was ist?“, fragte ich. „Ist das das neue Auto? Das sollte doch morgen …“
„Nein“, sagte Papa, und in seiner Stimme lag grimmige Resignation. „Sie haben uns gefunden.“
Das Motorengeräusch wurde lauter und verstummte dann direkt vor dem Haus.
„Zwei“, murmelte Papa. „Machbar.“
„Was …“
„Hör zu“, sagte Papa und legte mir die Hände auf die Schultern. „Ich brauche deine Hilfe. Aber du musst tun, was ich sage, okay?“
Ich nickte, ohne wirklich zu verstehen.
„Gut.“ Er riss von einem der stinkenden Lumpen einen Stoffstreifen ab. „Ich verbinde dir jetzt die Augen. Du bleibst hier sitzen, genau gegenüber der Schlafzimmertür, ja? Egal, was du hörst, du darfst die Augenbinde nicht abnehmen, klar?“
Ich nickte wieder.
„Wenn du Schüsse hörst, bleibst du ruhig sitzen. Wenn unsere Angreifer schreien, bleibst du ruhig sitzen. Und wenn ich schreie, dann ebenfalls. Hast du das verstanden?“
Ich nickte noch einmal.
„Gut.“ Papa verband mir die Augen. Anschließend hörte ich ihn die Schlafzimmertür schließen und danach seine Schritte, die sich in eine Ecke des Raumes entfernen. Ich blieb starr auf der Matratze sitzen und starrte ohne zu sehen in die Richtung, in der die Tür zum Schlafzimmer lag.
Unten hatte es angefangen, zu rumoren. Ich hörte hier und da ein „Sicher!“, dann schwere Schritte auf der knarzenden Treppe. Geräusche ertönten in den Nebenzimmern, bis sich schließlich die Schritte der Tür des Zimmers näherten, in dem wir uns befanden.
Die Tür wurde aufgerissen. Dann ein kurzer Laut der Überraschung gefolgt von einem „Ein Kind! Ich hätte es fast …“
Im nächsten Augenblick ertönte ein Geräusch, das ich nur allzu gut kannte. Ein Schuss fiel, und ich zuckte zusammen. Etwas Schweres fiel auf den Boden. Im nächsten Moment fielen weitere Schüsse. Hinter mir schlug irgendwas in der Wand ein, und ich spürte, wie kleine Staubteilchen auf mich herabrieselten. Panik machte sich in mir breit, sodass ich mich auf die Matratze warf und meinen Kopf schützend unter meinen Händen vergrub. Tränen schossen mir in die Augen und ich presste fest mein Gesicht in das widerlich ranzige Polster. Ich wagte es nicht einmal mehr, zu atmen.
„Du hast deine Tochter als Ablenkung benutzt“, sagte eine tiefe Männerstimme mit einer Mischung aus Verblüffung und Verachtung. „Was für ein Mensch muss man sein, um …“
Ein weiterer Schuss. Ich versuchte, mich an mein Lieblingsbuch zu erinnern, in dem eine tapfere Prinzessin ihr Königreich von ihrem bösen Cousin zweiten Grades zurückeroberte. Ich musste mutig sein, so wie sie es gewesen war.
„Mach es doch nicht schwerer, als es ist“, sagte die Stimme wieder. „Du weißt, wie das läuft. Fehler passieren nun einmal, aber wenn sie passieren, werden die Fehlerquellen getilgt.“
„Es war nicht meine Schuld!“, hörte ich die Stimme meines Vaters. „Er hat …“
„Das ist unerheblich. Du hast bereits einen weiteren Mitarbeiter getötet. Außerdem scheint mir, dass du emotional kompromittiert bist. Wenn du unauffällig sein willst, dann schrei nicht kleine Jungen auf Rastplätzen an.“ Eine kurze Pause, dann fuhr die Stimme fort. „Ich tue das nicht gerne, aber in diesem Moment ziele ich genau auf den Kopf deiner Tochter. Wenn du dich nicht ergibst, drücke ich ab. Drei Sekunden.“
Ich war wie paralysiert. Ich wollte aufspringen und weglaufen, aber ich konnte nicht.
„Drei“, sagte die Stimme.
„Warte doch!“, rief mein Vater. „Wir können …
„Zwei.“
„Hör auf!“
„Eins.“
„Okay!“ Etwas Metallisches fiel zu Boden und ich hörte Schritte. „Ich ergebe mich!“
„Sehr vernünftig. Umdrehen, Hände oben lassen.“
„Bitte, nicht … Nicht hier. Nicht vor ihr.“
„Ich glaube nicht, dass das noch einen Unterschied macht.“
„Sie hat noch nichts gesehen.“
Ein Seufzen. „Schön, dann draußen. Aber die Hände bleiben oben. Keine falsche Bewegung.“
„Verstanden“, sagte mein Vater. Dann sprach er mich an. „Hör zu, Kleine. Bleib einfach hier, ja? Ich gehe nur mit dem Mann hier etwas besprechen, okay? Ich komme gleich wieder.“
„Papa?“, fragte ich und hob mein Gesicht aus der Matratze. „Kommst du wirklich wieder?“
„Klar doch, Prinzessin“, sagte er, und es klang, als würde er es meinen. „Dauert nicht lang. Alles wird gut, ich verspreche es.“
„Okay“, schniefte ich, während durch meine Tränen die Augenbinde feucht wurde.
„Los jetzt“, sagte die Stimme des Unbekannten.
Ich hörte Schritte, dann die knarzenden Treppenstufen. Plötzlich ertönte ein lautes Gepolter, das mich wieder zusammenzucken ließ, ein Schrei und ein Schuss. Dann war Stille, bevor sich wieder Schritte näherten.
„Hey, ich bin’s“, sagte mein Vater und ich spürte, wie er mich sanft umarmte. „Alles wird gut. Wir gehen jetzt, okay? Wir fahren wieder.“
„Darf ich die Augenbinde jetzt abmachen?“, fragte ich mit zittriger Stimme.
„Nein … Lass sie bitte an, bis wir im Wagen sind. Ich trage dich.“
Er hob mich hoch und trug mich aus dem Zimmer. Als wir die Treppe runterstiegen, hörte ich ein Stöhnen. Doch Papa ging weiter, und erst als ich im Auto saß, nahm er mir die Augenbinde ab.
Papa blutete an der Schulter, sein Gesicht war schweißnass.
„Tut mir leid“, flüsterte er. „Ich wollte nicht, dass du … das mitbekommst.“
Ich sagte nichts. Er wusste es nicht. Er hatte es nicht bemerkt.
Wir hielten irgendwo auf einem Rastplatz und verbrachten dort die Nacht. Papa schlief irgendwann ein, doch ich hatte lediglich meine Augen geschlossen, ohne wirklich Schlaf finden zu können.
Ich richtete mich auf der Rückbank auf, lehnte mich nach vorne und entriegelte mit einem Knopfdruck die Autotüren. Papa schlief ruhig weiter. Das machte mir am meisten Angst.
Leise öffnete ich die Autotür und schlüpfte mit meiner Sporttasche hinaus.
Papa konnte nicht wissen, dass ich die Augenbinde im Zimmer ein wenig hochgeschoben hatte, als er mit dem Mann hinuntergegangen war. Danach hatte ich durch einen Spalt alles sehen können. Den Mann oben im Zimmer, mit einem blutigen Loch im Kopf, und den Mann, der am Fuße der Treppe mit verrenkten Gliedern und einer Platzwunde lag.
Und trotz allem schlief Papa ruhig weiter.
Ich nicht. Ich rannte durch die Nacht vor ihm davon.
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Ab wann "kommt es darauf an"? Und wann darf ich mich darauf verlassen, dass sie die Grenzen ihre Satire kennen?
Das ist halt idiotisch. Eine Stimme gegen den Antrag ist real gesehen (egal aus welchen Gründen auch immer) eine Stimme gegen den Antrag.
Das fühlt sich in etwa so an, als ob dich jemand ohrfeigen würden und dir dann ins Gesicht lacht "war doch Satire, höhö."
Ich sag's mal so: Ich persönlich bin da nicht so sicher. Das heißt, ich gestehe es absolut jedem zu, das scheiße zu finden (und der Herr Sonneborn gesteht das wahrscheinlich auch jedem zu), aber die Ansicht, dass die Begründung nicht zählt, halte ich, sofern ich die Sache als Satire auffasse, für verkürzt: Satire ist nämlich eben nicht die Einheit von Sache und Begriff, als die sie damit gewünscht werden würde. Eine Beurteilung, die mit solcher Eindeutigkeit erfolgt, steht hier dann eigentlich dem freien Kunstschaffen entgegen. Dem, was gesagt wird, eine Bedeutung so eindeutig zuordnen zu wollen, halte ich für falsch - man löscht damit letztlich die Uneigentlichkeit aus, die für Satire doch eigentlich so sehr notwendig ist.
Persönlich hätte ich übrigens auch dagegen gestimmt, denn wenn man so etwas durchsetzt, dann besteht ja das Risiko, dass in den Ländern die homophoben Gruppen das zum Anlass nehmen, um die betroffenen Gruppen noch stärker zu unterdrücken und diskrimini... Oh.Ich denke, man muss sich einfach bei der Partei darüber im Klaren sein, dass man tendenziell eben einen programmatischen Nihilismus wählt: Wie Sonneborn selbst mal angegeben hat, stimmt er abwechselnd mit Ja oder mit Nein. Er macht eben keine Politik, er karikiert sie. Wem das nichts wert ist, der macht natürlich nichts falsch damit, nicht die Partei zu wählen. Gleichzeitig kommt die Partei eben eher aus einem linksorientierten Bereich, und im Grunde werden die damit verbundenen Vorstellungen dann auch geteilt. Ich bezweifle, dass die Partei, sollte sie sich entscheiden, den programmatischen Nihilismus im Bereich von LGBTQ*-Rechten aufgeben sollte, zu deren Gegner werden würde.
Die Frage, die man sich dann aber natürlich immer noch stellen kann, ist die, wie man es bewerten muss, wenn die Partei eben in manchen Themen dann doch ernst macht. Sonneborn hat sich ja etwa durchaus gegen Artikel 13 eingesetzt. Da kann man sich schon fragen, ob das noch in das Gesamtkonzept einer Karikierung der Politik passt oder ob man dadurch sich auf den Ernst der Politik eingelassen hat - und im Falle des Letzteren wäre dann natürlich die weitere Frage, ob man dann konsequenterweise auch in anderen Positionen eine Stellung zu beziehen hat, die moralisch gesehen vertretbar ist (was dann natürlich immer noch das Korrektiv zu von "Pragmatismus" geprägten Positionen anderer Parteien sein könnte und sich insofern von denen in gewisser Weise immer noch abheben würde).
Andererseits habe ich von Satire eh keine Ahnung, also was soll's.
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Also, es ging mir nicht darum, dass dann keiner mehr zuschlagen würde, sondern dass man sichtbare und unsichtbare Erkrankungen im Strafrecht gleich behandeln muss.
Ja, aber gerade das ist doch der Punkt, in dem deine und Guckys Forderung viel zu weitreichend ist. Zunächst einmal kannst du unmöglich die gesamte Bevölkerung über alle möglichen Krankheiten und Gesundheitsprobleme, die von außen nicht anzusehen sind, aufklären. Es ist schlicht aufgrund der Vielzahl dieser Krankheiten nicht möglich. Wie viele Krankheiten und Allergien existieren, von denen der Durchschnittsmensch nie etwas gehört hat? Wann soll das gelernt werden? In der Schule? Selbst ein Arzt nach einem Medizinstudium kennt wahrscheinlich nicht (mehr) alles. Das ist also schon eine Überforderung der Leute im allgemeinen. Davon ab allerdings ist es dann auch so, dass man, selbst wenn man alle derartigen Gesundheitsumstände kennt, die ein Mensch vielleicht haben kann, immer noch nicht weiß, dass das Gegenüber sie hat. Man könnte es höchstens mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit annehmen, an der aber niemand sein Handeln ausrichtet. Insofern ist es dann immer falsch zu behaupten, der Täter hätte bewusst den Gesundheitsumstand ausgenutzt. Das Beispiel von Claike mit dem Nichtschwimmer sollte eigentlich zeigen, dass dieser Ansatz in der Praxis nicht umsetzbar ist. Es ließen sich noch sehr viele andere Beispiele konstruieren: Nehmen wir etwa an, zwei CEOs von großen Unternehmen treffen sich und schütteln einander die Hand. Kurz darauf kippt der eine plötzlich um, er hat einen anaphylaktischen Schock. Wie sich später herausstellte, hatte der andere CEO eine Handcreme benutzt, auf die der mittlerweile verstorbene andere CEO allergisch reagierte. So sehr ich auch CEOs großer Unternehmen nicht mag, ich würde wohl kaum behaupten zu sagen, der eine hätte den anderen eiskalt umgebracht, oder dass es seine Pflicht war zu berücksichtigen, dass 0,3% der Bevölkerung auf seine Handcreme allergisch reagieren. Mit deiner Forderung allerdings müssten wir jetzt quasi es genau so behandeln, als ob es Absicht war und "Haft für den Handcrememörder" fordern. Das ist übrigens der Titel meines nächsten Krimis.
Davon ab: Ich stimme darin zu, dass man nicht unbedingt erwarten sollte, dass man anderen Leuten die Krankheit immer ansieht und dass kranke Menschen nicht unbedingt gebrechlich aussehen müssen. Aber das ist meiner Ansicht nach mehr etwas für die rein soziale und zwischenmenschliche Ebene, und das Strafrecht darum zu bauen, dass eine Erkrankung oder medizinische Kondition, von der der Täter nicht ausgehen konnte, so betrachtet werden sollte, als habe er davon gewusst, halte ich dann doch aufgrund absurder Konsequenzen für schwer haltbar.
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Hallo.
Ich möchte zu der Anonymisierung gerne noch etwas generell sagen, was den ersten Teil dieses Beitrags einnehmen wird, der zweite betrifft dann Creons Fragen. Ich werde sicherlich Dinge wiederholen, die bereits gesagt worden sind, aber möglicherweise hier und da auch noch etwas mehr ins Detail gehen. Vieles wird theoretisch bleiben, aber das hat mitunter den Grund, dass die Praxis einfach unsicher, kontingent, komplexer und schwer vorauszusehen ist. Nichtsdestoweniger sollte hier auch bedacht werden, dass Theorie und Praxis durchaus nicht getrennt sind: Was in der Theorie möglich ist, wird zwar nicht auch deswegen zwangsläufig in der Praxis möglich sein; aber was in der Theorie unmöglich ist, ist zweifellos ebenso in der Praxis unmöglich. Diesen Punkt bitte ich im Hinterkopf zu behalten.
Nun hatte ich mich ja enthalten bei der Abstimmung, aber eine Enthaltung ist nun einmal nicht gleichzusetzen damit, dass es mir egal oder gleichgültig wäre. Es ist hier mehr zu verstehen, als dass ich mir zu dem Zeitpunkt nicht sicher war, wofür ich sein sollte, eine Einstellung, die sich übrigens im Laufe der Diskussion hier, die ich zumindest mitgelesen habe, ebenso geändert hat wie heute, als ich noch Zeit hatte, mir zu dem Thema Gedanken zu machen, während ich ein paar Flemmlis zu fangen versucht habe (fast alle scheiß DVs und kein gutes Shiny, aber whatever). Wenn ich nicht sicher sein kann, ob das Neue besser ist, es mir tatsächlich sogar sehr fraglich erscheint, dann bin ich eher zurückhaltend und tendiere dazu, es abzulehnen; aber in diesem Fall haben ich dann mit einer Enthaltung gestimmt, weil ich dachte, man könnte es ja mal ausprobieren, und wenn es dann nicht funktioniert, dann kann man ja immer noch zum alten System zurückkehren. Dazu müsste aber eigentlich auch geprüft werden, wie gravierend sich eventuelle Probleme, die sich schon jetzt theoretisch benennen lassen, nach Änderung der Regel in der Praxis auch dann wirklich bestehen. Ein Punkt, den ich hierbei zu bedenken geben möchte, ist, dass das nicht immer möglich sein wird. In jedem Fall möchte ich davor warnen, einfach zu sagen, dass das schon alles nicht so schlimm werden wird - ich halte diese Einstellung für naiv, weil das Ausmaß gar nicht abzuschätzen und vielleicht auch nach Umsetzung der Regelung eben nicht immer leicht zu überprüfen sein wird. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass der Bereich oder auch nur die Wettbewerbe im Falle einer Regeländerung den Bach runtergehen werden. Aber eine Ansicht, derzufolge es keinerlei Probleme in der Praxis geben wird, basiert ebenso jeglicher Grundlage, und sie zu haben wird wohl zwangsläufig auch damit eingehen, dass man es vernachlässigt, Lösungen für ebendiese Probleme zu finden.
Das sollte als Vorbemerkung wohl vorerst genügen. Nun gibt es ja einige Argumente, die bereits ausgetauscht wurden. Das erste, das ich hierbei diskutieren möchte, ist das Problem der Sympathie bzw. Antipathie. Wir alle sehen, denke ich, das Problem, dass jemand aufgrund seiner Person und nicht wegen seines Werks eine gute oder eben schlechte Bewertung erhalten könnte. Wenlok Holmes ist hier ehrlich gesagt in zweifacher Hinsicht ein Beispiel für mich: Es scheint einerseits Leute zu geben, die ihn mal so gar nicht mögen, andererseits scheint er auch durchaus einige Freunde im Forum zu haben; ich würde mal zumindest behaupten, er hat mehr als ich. Aber eigentlich ist es irrelevant, hier über konkrete Personen diskutieren und ich möchte hier auch nicht Personen in die Diskussionen mit reinziehen, wenn es nicht notwendig ist. Zunächst einmal möchte ich sagen, dass Sympathievotes und Antipathievotes nicht exakt das gleiche Problem sind. Daher werde ich beide jetzt auch getrennt behandeln. Ein Sympathievote ist logischerweise Folgendes: Eine Person gibt dem Autoren eine bessere Bewertung, weil Sympathien zwischen den beiden vorhanden sind, die den Voter zu dieser positiven Bewertung veranlassen. Der Voter kann hierbei vom Autor angestiftet worden sein oder nicht, beides ist problematisch. Im ersten Fall ist der Sympathievote möglicherweise bewusst aus Autorenperspektive, in letzterem Fall unbewusst. Der unbewusste Fall ist eigentlich schon jetzt insofern ein Problem, als dass man den Stil eines Autors erkennen kann und dann der Vote dadurch beeinflusst wird. Diese Beeinflussung wiederum kann sich in der Voterprspektive bewusst oder unbewusst äußern: Ich zum Beispiel könnte ja Kiris Stil erkennen und dann entweder mich entscheiden, ihr bewusst Punkte zuzuschieben, ohne dass sie mich darum gebeten hat, oder aber zwar sagen, dass ich mich davon nicht beeinflussen lasse, aber dann nun einmal trotzdem unbewusst davon beeinflusst werde. Dieser letztere Fall ist natürlich irgendwo unsicher: Manchmal denkt man sich ja zum Beispiel auch, dass man jetzt fair und ohne an den Autor zu denken bewerten muss und dann, weil man den Autor eben nicht bevorzugen will, eine Überkompensation macht und ihm somit vielleicht sogar weniger Punkte gibt, als man gegeben hätte, wenn man ihn nicht erkannt hätte - ironischerweise, weil man den Autor mag. So oder so aber ist, denke ich, in diesem Fall dem Autor nichts vorzuwerfen, und dem Voter eigentlich auch nicht. Ein unbewusster Einfluss kann nicht nachgewiesen werden, und weder Autor noch Voter haben darüber die Kontrolle. Die Frage ist nun, wie sich das mit der Regelung ändert: Hierbei muss man wohl zweifellos eingestehen, dass diese Fälle häufiger werden können, denn einerseits ist bei Aufhebung der Anonymität einer Abgabe die Zuordnung von Abgabe und Autor eindeutig, während momentan immer noch eine gewisse Restunsicherheit herrschen kann, und andererseits wird man nun eben auch bei weniger oft teilnehmenden Autoren dann eine Zuordnung zur Abgabe haben können. Diese Verzerrung wird sicherlich insgesamt als eine unerwünschte einzustufen sein.
Ein anderer Fall ist dann nun eben wie gesagt, dass der Autor niemanden anstiftet, aber der Voter den Autor trotzdem erkennt und ihm bewusst Punkte zuschiebt. Das ist in Bezug auf den Autor unproblematisch, da dieser nichts dafür kann - den Fall, dass er vielleicht bewusst einen Insider zwischen ihm und dem Voter in die Abgabe einbaut oder so, werte ich als bewusste Anstiftung, die ich gleich diskutiere; und für seinen Stil kann er nichts, zumindest darf man von Autoren sicher nicht verlangen, ihren Stil zu verfälschen, nur um nicht erkannt zu werden. Der Voter allerdings lässt sich hier durchaus etwas zu Schulden kommen, da es sich um eine bewusste Verzerrung des Wettbewerbs handelt. Allerdings wird man ihm hier nichts nachweisen können, nicht einmal, wenn er es selbst zugeben würde - denn man könnte etwa, wenn er es zugibt, auch annehmen, dass sich vielleicht die Sympathien des Voters gedreht haben und er dem Autor jetzt schaden will. Der Nachweis scheint mir hier nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch unmöglich. Wir haben keinen wirklich handfesten Beweis für das Fehlverhalten in der Hand. Daran wird sich durch die Aufhebung der Anonymität nichts ändern, aber solche von Voterseite aus bewussten Sympathievotes werden dadurch aus bereits oben genannten Gründen natürlich häufiger und vor allem zielgerichtetet passieren können - wenn auch nicht ganz zielgerichtet, da der Autor hierauf ja keinen Einfluss hat. Der Voter muss also gewissermaßen darauf "warten", dass sein Lieblingsautor mal teilnimmt und dabei dessen Identität seiner Abgabe zugeordnet wird, aber wenn das passiert, dann steht dem Sympathievote nicht mehr die Unsicherheit im Wege, dass man sich vielleicht doch geirrt hat und dem falschen Autoren Punkte zuschiebt.
Damit komme ich nun zu Sympathievotes, die auch von Autorenseite bewusst ausgelöst werden. Nun könnte es wiederum sein, dass der Voter darauf einsteigt und dem Autoren bewusst Punkte zuschiebt oder aber sagt, dass er sich davon nicht beeinflussen lassen will und versucht, möglichst fair und unabhängig zu voten. Letzteren Fall halte ich zwar für ein wenig absurd; der Autor wird wohl kaum jemandem seine Abgabe mitteilen, der ihm dann nicht helfen will. Nichtsdestoweniger ist der Fall prinzipiell möglich, den Voter trifft dann hier sicherlich keine Schuld für jegliche unbewusste Beeinflussung, die die Abgabe auf ihn haben könnte. Dass es sie geben könnte, muss man aber wohl eingestehen. Diesem Fall gegenüber stehen nun also die Votes, bei denen der Voter der Aufforderung des Autors eben auch folgt und ihm Punkte zuschiebt. In diesem Fall machen sich sowohl Autor als auch Voter strafbar. Die Frage ist dann natürlich auch hier, wie sich die Regeländerung darauf auswirkt. Und hier fangen meiner Ansicht nach die wirklichen Probleme an: Durch die Möglichkeit der Aufhebung der Anonymität bekommt der Autor einen quasi legalen Weg, derartige Sympathievotes auszulösen, mögen diese dann von Voterseite entweder bewusst oder unbewusst erfolgen. Das ist insofern problematisch, als dass es eine theoretische Unmöglichkeit bedeutet, dem Autor das Fehlverhalten nachzuweisen, ebenso wie auch dem Voter, wenn sein Sympathievote nicht bewusst, sondern unbewusst erfolgt: Sobald etwa nur eine stillschweigende Übereinkunft zwischen Autor und Voter besteht, dass der Voter dem Autoren Punkte zuschiebt, dann wird der Autor niemals dem User direkt seine Abgabe mitteilen müssen; mit anderen Worten, es wird in jedem Fall keinen Beweis geben, dass hier eine Anstiftung vorlag. Im jetzigen System hingegen muss der Autor immer noch dem Voter mitteilen, welche Abgabe seine ist - womit ein Beweis für die Anstiftung vorliegt. Dieser Beweis wird natürlich in der Praxis selten zutage gefördert werden. Eine PN etwa ist für die Moderation nicht einsehbar (und das ist auch gut so), eine Kommunikation über anderen Kanäle als das BisaBoard ebenfalls nicht. Aber prinzipiell existiert ein Beweis, und prinzipiell ist es auch möglich, dass die Moderation ihn erhält, etwa wenn der Voter einen Screenshot von der Konversation anfertigt, die Moderation der PN hinzufügt etc. Ich behaupte nicht, dass derartige Fälle realistisch sind, aber es kann sie theoretisch geben. Die Methoden den Moderation, an solche Beweise zu gelangen, sind sehr eingeschränkt, zudem sind sie manchmal auch fraglich (etwa, wenn User unter Druck gesetzt werden). Aber das steht hier nicht zur Debatte, sondern die Frage der theoretischen Möglichkeit. Denn ohne diese gibt es in der Praxis auch keine Möglichkeit, einen Beweis zu finden und genau das wird mit der Aufhebung der Anonymität der Fall sein. Will heißen: Durch die Änderung werden Sympathievotes dieser Art an sich zwar nicht legalisiert, aber ihr Nachweis, der bisher theoretisch möglich, praktisch dann schwierig bis unmöglich war, wird nun theoretisch und damit auch praktisch vollkommen unmöglich - das betrifft sowohl Sympathievotes, die der Voter bewusst macht als auch solche, die dann unbewusst erfolgen. Über diesen Punkt sollte man sich bei der Regeländerung im Klaren sein.
Mit diesem Punkt sollte dann auch übrigens klar sein, warum das Argument "Leute, die Sympathievotes auslösen wollen, werden das auch mit Anonymität tun" mir nicht behagt. Denn zumindest der Nachweis dieser Sympathievotes wird unmöglich; damit können sie außerdem auch ein bisschen attraktiver werden, was aber nur nebenbei gesagt sei. Wichtig ist, dass sich an der Nachweisbarkeit hier durchaus etwas ändert und es somit keineswegs so ist, als würde alles gleich bleiben - natürlich kann ich für die Praxis nicht beweisen, dass sich da etwas ändern wird (das habe ich eingangs ja gesagt, dass das nicht abzusehen ist), aber eine Möglichkeit dafür wird durchaus aufgemacht. An diesem Argument ist außerdem allgemein problematisch, dass es nicht die Ungleichheit der Sympathien in Bezug auf die User berücksichtigt. Ich möchte hier mal das Beispiel von Wenlok, dass Holland sich selbst flutet, durch ein anderes Beispiel ersetzen, nämlich Steuerhinterziehung. Nehmen wir mal an, dass man sich sagt, dass man Steuerhinterziehung doch sowieso nicht verhindern kann und deswegen einfach aufhört Möglichkeiten dafür zuzuschütten bzw. eine weitere öffnet. In diesem Fall ist wohl klar, dass die Personen, die mehr Steuern zahlen müssten, mehr davon profitieren als solche, die relativ dazu wenige hätten zahlen müssen. In ähnlicher Weise werden von einer Aufhebung der Anonymität vorrangig diejenigen profitieren, die viele Sympathien im Forum genießen; ungeachtet, ob ein Voter ihnen dann bewusst oder unbewusst die Punkte zuschiebt. Hingegen werden diejenigen, die weniger Sympathien genießen, dadurch tendenzielle eher geschädigt werden. Diese Ungleichheit unseres "Freundkapitals" ist also durchaus ein Problem. Übrigens sind die Antipathievotes hier generell ein Faktor, der nicht vernachlässigt werden darf, weil das Argument "Leute, die Sympathievotes auslösen wollen, werden das auch mit Anonymität tun" offensichtlich für sie nicht greift: Selbst wenn man sagt, dass die Zahl der Sympathievotes durch die Änderung nicht steigen wird, weil Betrüger immer betrügen werden, so wird doch wohl derzeit kaum ein Autor einem Voter, der diesen Autor nicht leiden kann, mitteilen, welche Abgabe von ihm ist. Während Sympathievotes also möglicherweise häufiger und im Idealfall wohl einfach nur nicht häufiger werden, werden Antipathievotes mit der Änderung erst zu einem wirklich ernstzunehmenden Problem, und das sowohl, wenn ein Voter sie bewusst oder unbewusst verfasst (die Autorenperspektive kann hier vernachlässigt werden, denn ein Autor wird wohl immer unbewusst einen Antipathievote auslösen bzw. wenn der irrwitzige Fall eintreten sollte, dass er einer Person bewusst mitteilt, welche Abgabe ihm gehört, so wird der Voter ihm wohl eher dadurch schaden wollen, ihn disqualifizieren zu lassen anstatt ihm "nur" weniger Punkte zu geben).
Damit schließe ich also den Abschnitt zu den Sympathievotes. Insgesamt sollte sich wohl gezeigt haben, dass mit einer Aufhebung der Anonymität auf theoretischer Ebene zwangsläufig eine Stärkung von Sympathievotes ergibt, die sich dann auch in der Praxis niederschlagen kann. Hingegen werden Antipathievotes, da stimme ich Wenlok Holmes zu, erstmals zu einem Problem, über das dann ernsthaft nachgedacht werden muss - nachzuweisen sind sie sicherlich auch nicht, da hier kein Beweis vorliegen wird.
Nicht diskutiert habe ich hier jetzt die Frage, inwiefern verschiedene Systeme, die Anonymität aufzuheben, diese Probleme vielleicht vermindern oder verstärken können. Das müsste vielleicht diskutiert werden, aber vielleicht ist es auch sinnvoll, mit diesen Problemen im Hinterkopf die Systeme zu konstruieren, damit sie darauf ausgerichtet sind, sie nicht zu haben. Wie das möglich ist, weiß ich zugegebenermaßen nicht und es tut mir leid, dass ich da nichts Konstruktives beisteuern kann. Die bisher vorgeschlagenen Systeme haben da möglicherweise Vorteile oder Nachteile, ich habe sie gerade nicht mehr genug im Kopf, um das zu wissen. Prinzipiell aber denke ich, dass jede Lüftung der Anonymität wohl mehr oder weniger mit den Problemen einhergehen muss, die ich oben geschildert habe.
Damit komme ich jetzt zu dem Argument, dass man durch die Aufhebung der Anonymität auch Texte einreichen darf, die man bereits veröffentlicht hat. Ich will zugeben, dass dieses Argument von mir bei der Abstimmung nicht ausreichend bedacht wurde und dass es mich, nachdem ich es hier gelesen habe, eigentlich kurzfristig eher auf die Pro-Seite gezogen hat. Mit diesem Punkt gehen natürlich durchaus positive Wirkungen hervor: Einerseits die Vereinheitlichung, die ich eben nicht als ein anderes Wort für "Gruppenzwang" und daher auch nicht "dumm" nennen würde. Dieser Vorwurf würde nur zutreffen, wenn es um Einheitlichkeit an sich gehen würde. Es geht aber eher um die damit einhergehenden positiven Folgen: Der Punkt hierbei scheint ja zu sein, dass es Usern aus anderen Fanwork-Bereichen den Einstieg hier ermöglicht. In dem Sinne würde die Aufhebung der Anonymität hier über die Einheitlichkeit der Regeln mit den anderen Fanwork-Bereichen durchaus den Useraustausch unter den Bereichen fördern können, während auch Irrtümer aufgrund unterschiedlicher Regelungen ausgeschlossen werden, die emotional einfach nicht schön sind, sowohl für User als auch für den Teilnehmer. Dieses Argument der Einheitlichkeit muss aber natürlich, das will ich hier mal herausstellen, zwangsläufig seine Überzeugungskraft verlieren, wenn die einzelnen Fanwork-Bereiche eher zu einer anderen Regel tendieren; das Argument ist insofern nicht sicher. Außerdem kann man hier auch den Punkt machen, dass der Fanfiction-Bereich möglicherweise aufgrund der Verschiedenheit der in ihm ausgestellten Kunstform andere Regeln erfordert und man dafür dann leider eine Verwirrung aufgrund unterschiedlicher Regeln in Kauf nehmen muss; oder aber, dass die derzeitigen Fanfiction-Regeln generell besser seien als die Regeln der anderen Bereiche, und sich diese daher dem Fanfiction-Bereich anzupassen hätten, und nicht umgekehrt. Was diese beiden Einwände betrifft, so werde ich den zweiten verwerfen, da ich hierfür keine Grundlage sehe; außerdem ist es doch gerade so, dass der erste Einwand eigentlich ein Einwand für den zweiten ist: Man könnte ja auch umgekehrt nicht einfach annehmen, dass die Kunstformen der anderen Bereiche nicht andere Regeln erfordern als im Fanfiction-Bereich. Dieser erste Einwand wird allerdings unter einem Vorbehalt von mir gestützt werden; oder vielmehr werde ich sagen, dass er nicht ganz irrelevant sein muss, dass mir hier aber Detailwissen fehlt. Dazu komme ich allerdings an gegebener Stelle. Eine weitere positive Folge der Möglichkeit, alte Texte abzugeben, ist eben das, was Kiri über die Autorenperspektive gesagt hat: Man muss nicht Texte für sein Thema zurückhalten, die man für wettbewerbsfähig hält und bei denen man dann gewissermaßen darauf wartet, dass ein passendes Wettbewerbsthema demnächst kommt. Man kann hier den Punkt machen, dass der Sinn der Wettbewerbe eben ist, in zwei Wochen eine Abgabe zu schreiben, spezifisch für diesen Wettbewerb. Ich will zugeben, dass dieser Einwand bei mir Sympathien genießt und ich tendenziell auch versuche, es so zu halten, dass ich wirklich für den Wettbewerb den Text schreibe. Allerdings bin ich mir gerade ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich diesem Ideal meinserseits immer treu geblieben bin, das heißt, ich weiß nicht, ob ich wirklich nie einen Text eingereicht habe, den ich erst einmal zurückhielt. Zumindest bin ich mir sicher, dass mir durchaus der Gedanke kam, einen Text zurückzuhalten, auch wenn ich nicht mehr weiß, ob ich es tatsächlich getan habe - insofern kann ich den Wunsch da also durchaus nachvollziehen, dass man auch alte Texte abgeben darf. Davon ab aber bin ich mir auch nicht sicher, ob ich wirklich immer ganz spezifisch für den Wettbewerb schreibe: Zum Beispiel habe ich ja manchmal Ideen, die ich erst einmal verwerfe oder mir notiere, die dann aber plötzlich durch ein Wettbewerbsthema wieder relevant und dann auch von mir umgesetzt werden. Man kann dann vielleicht sagen, der Text wurde für den Wettbewerb geschrieben; aber die Idee war vorher vorhanden und somit ist wohl ein Teil des Kunstwerks am Ende nicht wirklich "für" den Wettbewerb entstanden. Insofern ist es also auch fraglich, ob man wirklich rein für einen Wettbewerb schreibt. Was ich damit sagen will: Das Argument der Zurückhaltung von Texten aufgrund der Hoffnung auf einen passenden Wettbewerb, hat durchaus Stichhaltigkeit, denke ich. Daneben aber bringt das Einreichen alter Texte noch weitere Vorteile mit sich: Derzeit ist die Teilnehmerzahl bei den Wettbewerben eher mau, und es gibt sicher immer noch Einige, die in zwei Wochen vielleicht nicht die Muße oder die Energie haben, an den Wettbewerben teilzunehmen. Diese erhielten durch die Änderung endlich mal die Möglichkeit, an einem Wettbewerb überhaupt teilzunehmen.
Damit steht nun also fest: Für die Möglichkeit, alte Texte in einem Wettbewerb einzureichen, gibt es erst einmal viele gute Gründe. Ich werde auf Gegenargumente und Probleme gleich noch eingehen, aber vorher möchte ich noch einmal kurz sagen, wie das mit der Anonymität zusammenhängt. Alte Texte bei Wettbewerben einreichen zu dürfen, ist von der Aufhebung der Anonymität erst einmal verschieden. Allerdings ergibt Anonymität keinen Sinn mehr, wenn man das darf. Die Aufhebung der Anonymität ist notwendig, wenn wir alte Texte zulassen wollen. Insofern hängt gleichermaßen aber dieses Pro-Argument für die Aufhebung der Anonymität an der Frage, ob wir alte Texte wirklich erlauben wollen. Das heißt: Wenn wir feststellen, dass diese Möglichkeit doch verwehrt werden sollte, dann ergibt sich kein Argument für die Anonymität. Gleichzeitig aber muss hier auch gesagt werden, dass die Anonymität natürlich auch aufgehoben werden könnte, ohne alte Texte zuzulassen - stellen wir also fest, dass wir eben das nicht wollen, dann heißt das noch nicht, dass wir ein Gegenargument für die Anonymitätsaufhebung gefunden hätten; wir hätten lediglich ein Pro-Argument widerlegt.
Damit komme ich aber nun zu der Diskussion, ob alte Texte zuzulassen wirklich sinnvoll ist. Die Pro-Argumente, die mir einfallen und die, wenn ich keins vergessen habe, auch hier im Thema genannt wurden, habe ich bereits aufgelistet, entsprechend möchte ich jetzt potentielle Probleme und Gegenargumente ansprechen. Diese Probleme haben vielleicht ihre Lösungen, auch wenn mir hier jetzt vielleicht keine einfallen. Entsprechend kann das gerne auch jeder einfach als Benennung von Schwierigkeiten verstehen, die gelöst werden müssen, aber eben nicht unüberwindbare Hindernisse darstellen (wenngleich ich davon überzeugt bin, dass sie auch nichts sind, was man einfach so ohne Weiteres vernachlässigen kann).
Der wesentliche Punkt, der meiner Ansicht nach eine Rolle hier spielt, ist, dass die Abgaben in den Einzelthemen unter anderen Regeln geschrieben werden als die Wettbewerbsabgaben. Ich möchte, dass man sich die beiden Fälle vor Augen führt:
1. Ich poste einen Text in meinem E&S-Thema., den ich über drei Monate geschrieben habe. Ich erhalte drei Kommentare mit Verbesserungsvorschlägen, Rechtschreibchecks etc. und überarbeite darauf basierend meinen Text und füge vielleicht noch im Laufe der nächsten Wochen ein paar eigene Verbesserungen hinzu. Später reiche ich diese Abgabe bei einem Wettbewerb ein.
2. Ich schreibe ganz für mich alleine innerhalb von zwei Wochen eine Abgabe für einen Wettbewerb und sage niemandem etwas davon. Die eventuelle Korrektur der Abgabe erfolgt ebenfalls innerhalb der zwei Wochen nur durch mich allein.
Man merkt, denke ich, dass die beiden Fälle nicht analog sind. Alte Texte werden unter Voraussetzungen geschrieben und überarbeitet, die tendenziell eine höhere Qualität des Textes ermöglichen. De facto kann ich Beta-Leser haben, die bei Wettbewerbsabgaben ausdrücklich verboten sind. Ich kann ihre Verbesserungsvorschläge umsetzen und ich kann mir auch selbst mehr Zeit nehmen, die Abgabe zu schreiben und nachträglich zu verbessern. Auf die Art habe ich gewissermaßen mit einem alten Text, der mehrmals von mir selbst und anderen durchgesehen wurde und innerhalb einer längeren Zeitspanne geschrieben wurde, schon einmal bessere Startvoraussetzungen.
Diese Punkte sind bedenklich: Einerseits kann das für eine Überlegenheit von alten Texte über frisch geschriebene Abgaben bedeuten, andererseits kann es dann als Folge davon passieren, dass keine "frischen" Texte mehr geschrieben werden. Damit hätte sich dann der Wettbewerbsfokus, der vielleicht nicht immer darin lag, Texte ausschließlich spezifisch für den Wettbewerb zu schreiben, darauf verlegt, einen alten Text rauszusuchen, der zu dem Thema passt, anstatt etwas Neues zu schreiben. Das kann Innovation innerhalb der Wettbewerbe hemmen. Man kann natürlich sagen, dass es der Freiheit des Autors überlassen ist, und wenn er sich eben damit "schadet", einen nur von ihm durchgesehenen Text einzureichen, dann ist das eben so. Gleichzeitig aber muss dann eben auch akzeptiert werden, dass der Fokus der Wettbewerbe sich dann vielleicht in obiger Hinsicht verändert. Was ich damit sagen will: man muss sich im Klaren sein, dass dadurch vielleicht mehr in die Natur der Wettbewerbe eingegriffen wird, als man glaubt. Ob das gut oder schlecht ist, mag natürlich jeder selbst entscheiden. Es ließe sich hier auch etwa der Zeitvorteil so verstehen, dass er ein Feature und kein Bug ist: Wie oben gesagt wurde, geht es ja gerade darum, Leuten die Teilnahme zu ermöglichen, die vielleicht nicht immer die Zeit dazu haben, einen Text zu schreiben. Und wenn die Abgabezeit nicht weiter verlängert werden soll, dann ist das hier eine probate Lösung. Ein wesentliches Problem ist aber auch, dass ich als Kommentierender sozusagen zu befürchten habe, dass mein Kommentar zur Verbesserung des Textes genutzt und dieser dann in einem zukünftigen Wettbewerb gepostet wird, an dem ich auch teilnehme. Ich hätte mir dann durch den Kommentar "geschadet", indem ich den rivalisierenden Text verbessert habe. Das kann insgesamt dann von Kommentaren abschrecken, und unter einem Kommentarmangel leidet der Bereich ohnehin schon.
Ich habe über Lösungen dieser Probleme nachgedacht, aber keine davon stellt mich zufrieden, wobei ich mir auch nicht sicher bin, wie viele Einblick Moderation und Komitee in die Editierungsgeschichte eines Beitrags haben; eine umfassende Einsicht diesbezüglich würde ich bei den Lösungen, die mir in den Sinn kamen, nämlich immer voraussetzen. Ich könnte meinen Beitrag hier wohl fast schon beenden, aber diese eventuellen Lösungen möchte ich kurz anreißen. Wer das als überflüssig erachtet, kann diesen Teil überspringen und zum Absatz nach der nächsten Leerzeile vorspulen. Dem Komitee, sofern es sich aber mit den Lösungen der Ungleichheit zwischen obigen Fällen beschäftigen möchte, sei ans Herz gelegt, sich zumindest anzuhören, was nicht funktioniert, damit ihr dann vielleicht etwas erarbeiten könnte, das das tut. Allerdings könnt auch ihr diesen Teil überspringen, sofern die technische Voraussetzung, die Editierungsgeschichte eines Beitrags komplett überblicken zu können, nicht zutrifft (ich habe als Komiteemitglied meine besonderen Kräfte zu wenig benutzt, um zu wissen, ob das möglich ist, man verzeihe mir meine Unwissenheit); denn ohne diese funktioniert keine meiner Lösungen, abgesehen von der, die ich ganz am Ende diskutieren werde. In dem Fall spult ihr zum letzten Absatz dieses Abschnitts vor, bevor die nächste Leerzeile kommt.
Die erste Lösung wäre, dass immer die zuerst gepostete Version des Textes genommen werden muss. Dann müsste man eben den Text mit der ältesten Version des Beitrags, in dem er gepostet wurde, abgeglichen werden. Diese Lösung ist problematisch, weil sie einen Mehraufwand für die Wettbewerbsleitung bedeutet, die im Falle, dass sie nicht dem Bereichsteam angehört, außerdem mit diesem zusammenarbeiten muss. Dadurch würden sich auch die Abläufe bei der Überprüfung des Texts allgemein verzögern. So ein Abgleich ist relativ nervig. Es gäbe zudem Verkomplizierungen aufgrund von Fällen, bei denen quasi den Wettbewerbsregeln entsprechend vorgegangen wurde: Wenn ich eine Geschichte in meinem Thema poste, die ich innerhalb eines Tages geschrieben habe und dann nach fünf Minuten einen Fehler entdecke und ausbessere, dann war ich zweifellos zeitlich ja eigentlich in dem Rahmen, den man für das Schreiben einer Wettbewerbsabgabe üblicherweise hat. Dennoch würde mir diese Verbesserung der Regel nach nicht zugestanden werden, es sei denn, man lässt die Version zwei Wochen nach Posten zu oder so. Dadurch aber handelt man sich gegebenenfalls das Problem ein, dass in der Zeit der Autor auf Basis von Kommentaren und aufgrund eigener Fehlerbeobachtungen die Abgabe überarbeitet hat. Die eigenen Verbesserungen sind dann von denen des Kommentierenden nicht mehr zu trennen, und nur die einen zuzulassen und die anderen nicht, ist schwer möglich; der Autor wird es vielleicht selbst nicht einmal mehr wissen, was auf das Konto des Kommentierenden oder sein eigenes zurückgeht. Man könnte sich vielleicht den Kommentar ansehen, aber das ist wieder ein Mehraufwand und darüber hinaus keineswegs eindeutig. Damit hat diese Lösung insgesamt zu viele Probleme, als dass ich sie als solche sehen könnte.
Die zweite Möglichkeit wäre, alte Texte zuzulassen, die nicht kommentiert wurden bzw. die Versionen des Textes, bevor sie kommentiert wurden. Das hätte den Vorteil, dass keine Unterstützung der Geschichte durch einen Kommentierenden vorliegt und dass der Autor seinen Text selbst überarbeitet hat, was schon einmal ein paar Probleme löst, die sich bei dem obigen Ansatz ergaben. Bereits das trifft streng genommen aber eigentlich schon nicht zu: Kommentare und Verbesserungsvorschläge werden nicht immer öffentlich gemacht, sondern erfolgen über PN oder andere, nicht für die Moderation einsehbare Kommunikationsmittel. Insofern ist das nicht überprüfbar. Nun kann man wieder sagen, dass aber auch ein Beta-Lesen von Wettbewerbsabgaben jetzt nicht ausgeschlossen ist, weil da ebenfalls auf diese Wege zurückgreifen kann. Allerdings muss man hier bedenken: Ein Beta-Lesen von Wettbewerbsabgaben ist nicht erlaubt, ein Kommentar hingegen schon. Der Kommentar würde dann aber in dem Moment alle Textversionen, die nach ihm folgen, illegal machen, wenn diese Regelung umgesetzt wird. Das hat dann den Nachteil, dass ein Autor vielleicht bei einem Text, den er vielleicht mal in einem Wettbewerb einreichen will, sich keine Kommentare wünschen darf: Man denke sich etwa den Fall, dass ich einen Text poste, ein paar Fehler bemerke und die Ausbesserungen davon aber auf den nächsten Tag schiebe. Nun schreibt in der Nacht dann aber irgendsoein Arschloch einen Kommentar, in dem vielleicht sogar Verbesserungen vorkamen, die ich vornehmen wollte, und somit kann der Text mit meinen Verbesserungen nicht mehr abgegeben werden. Ich kann natürlich durch einen Hinweis kenntlich machen, dass ich (noch) keine Kommentare will, aber es ist doch ein wenig kontraintuitiv, wenn dadurch Wettbewerbe wieder die Anzahl der Kommentare im Bereich schmälern bzw. Kommentare zu etwas nicht immer Wünschenswertem machen. Außerdem kann ein Autor sogar sauer auf jemanden sein, der kommentiert. Oder aber jemand kommentiert, um zu verhindern, dass ein Text in einer vom Autor verbesserten Version in einen zukünftigen Wettbewerb kommt - das wäre wiederum Kommentaren förderlich, aber es dürften dann wohl kaum die "richtigen" Kommentare sein; man könnte sie löschen lassen, aber es ist mit dem Posten bereits möglich, dass der Autor sie gelesen hat und somit wäre eine Beeinflussung des Textes durch den Kommentar prinzipiell bereits gegeben. Ein Beispiel hier wäre etwa, wenn ich einen Text voller Rechtschreibfehler sehe und dann direkt kommentiere und alle diese Fehler anmerke. Der Autor dürfte dann nur die fehlerbehaftete Version abgeben, selbst wenn er die Fehler selbst noch ausgebessert hätte. Ansonsten wird bei dieser Lösung natürlich dem Autor zugestanden, seinen Text über einen größeren Zeitraum selbst verbessert zu haben; sollte das unerwünscht sein, könnte man natürlich hier die Zwei-Wochen-Regel hinzufügen, und dann Textversionen von spätestens zwei Wochen nach Posten des Textes zulassen (sofern nicht vorher kommentiert wurde, was ein Kriterium höherer Priorität ist). Insgesamt aber finde ich diese Lösung nicht überzeugend, vom Mehraufwand natürlich wieder ganz zu schweigen.
Die dritte Lösung wäre dann: Gleiches Recht für alle. Soll heißen, wir erlauben auch Beta-Leser bei Abgaben, die spezifisch für den Wettbewerb geschrieben wurden bzw. erlaubt man die Veröffentlichung im eigenen Thema vor dem Wettbewerbsvote. Natürlich ist auch hier immer noch eine Ungleichheit, weil für alte Texte mehr Zeit zum Kommentieren zur Verfügung stand; außerdem, wenn offensichtlich ist, dass ich einen Text poste, den ich beim laufenden Wettbewerb abgeben will (bzw. wenn ich das vielleicht sogar erwähne), dann kann das ja gerade dazu führen, dass erst einmal keiner kommentiert, und somit ist es wieder nicht gleiches Recht für alle, weil bei alten Texten ohne jede Bedenken kommentiert wurde. Das könnte man natürlich in Kauf nehmen. Aber ein weiterer Punkt hierbei ist, dass damit eine weitere Regel-Änderung eintritt, nämlich die Aufhebung des Verbots des Beta-Lesens von Wettbewerbsabgaben. Davon profitieren natürlich erst einmal alle, die gute Beta-Leser haben und alle anderen gucken in die Röhre. Davon ab müsste diese Regeländerung aber sicher, da sie durchaus weitreichend ist, auch erst einmal zur Diskussion gestellt werden. In diesem Kontext übrigens möchte ich auch zurückgreifen auf die Einheitlichkeit von Regeln: Ich kenne die Regeln der anderen Bereiche nicht, aber wenn sie eine Regel haben, die den Eingriff von anderen Leuten in das Werk bzw. Hilfe dabei verbieten, dann würde sich der Fanfiction-Bereich hier von ihnen entfernen. Hingegen, wenn sie das nicht verbieten, dann kann man eben die Frage stellen, ob ein derartiger Eingriff bei Fanfictions im Regelfall weitreichender ausfällt als etwa bei Fotos oder Fanart. Das weiß ich nicht, weil ich nicht weiß, wie viele Tipps man etwa noch zur Nachbearbeitung eines Fotos geben könnte und ob das weniger stark ausfällt, als wenn ich etwa um die fünfzig Rechtschreibfehler in einem Text anmerke und noch Hinweise zur Verbesserung der Handlung, der Beschreibungen und der Charakterzeichnung gebe. Wenn man hier aber zu der Einsicht gelangt, dass bei Texten ein größerer Einfluss möglich ist, dann kann das eben ein Argument dafür sein, dass der Fanfiction-Bereich hier generell keine Einheitlichkeit mit anderen Bereichen anstreben sollte, weil die spezifische Natur seiner Kunstform und wie stark sie durch Kommentare verbessert werden kann, es schlicht erfordert, andere Regeln zu haben. Verwirrungen aufgrund von Bereichsregeln könnte dann schlicht demgegenüber das kleinere Übel sein, das man in Kauf nehmen muss. Hierzu muss man auch sagen: Wenn man dieses Argument, dass der Fanfiction-Bereich ein Beta-Lesen bei Wettbewerben mit deutlich stärkere Grundlage verbieten kann als andere Fanworkbereiche im Fall ihres Analogons zum Beta-Lesen und diese Bereiche aber eine Regel haben, die genau das tut (weiß ich wie gesagt nicht), dann wäre das nicht nur eine Entfernung von Einheitlichkeit der Bereichsregeln, sondern außerdem noch eine, die widersinnig erscheinen muss. Insgesamt überzeugt mich diese Regelung noch am meisten, aber auch nicht komplett.
Nun will ich zuletzt noch einmal sagen: Die Probleme, die ich aufgeführt habe, sind mögliche Problem. Es ist nicht garantiert, dass sie in Zukunft eine Rolle spielen würden, und wenn sie es tun, kann diese vernachlässigbar sein. Außerdem mögen natürlich noch Leuten Lösungen einfallen, die diese Probleme beseitigen. In dem Kontext sei noch einmal darauf hingewiesen, dass ich jetzt nicht im Kopf habe, welche Systeme der Anonymitätslüftung jetzt diskutiert wurden und davon ausgegangen bin, dass die komplett abgeschafft wird. Kann sein, dass einige vorgeschlagene Systeme bereits Lösungen beinhalten (oder zumindest garantieren können, dass die Probleme nicht in nennenswertem Maße auftreten), ich weiß es nicht, aber wenn ja, dann ignoriert das hier einfach.
Davon ab möchte ich aber auch noch einmal davor warnen, zu optimistisch zu sein. Ich selbst gehe natürlich nicht davon aus, dass hier alle Arschlöcher sind und die Lüftung der Anonymität missbrauchen werden, wie auch immer sie geschehen mag. Aber ich weise als Beispiel einfach mal darauf hin, dass ich von Zeit zu Zeit immer noch Anzeichen von Rivalität und Feindschaft zwischen bestimmten Usern entdecke; und ich bin nicht so optimistisch, dass das keine Rolle spielen wird - das sei mal in Bezug auf Sympathie-/Antipathievotes gesagt. Insbesondere können Sympathie- und Antipathievotes bestehende und bisher vielleicht unter der Oberfläche schwelende Konflikte verstärken. Das gilt auch für die Autorenseite, die vielleicht anfängt, einen Antipathievote gegen sich oder einen Sympathievote für die Konkurrenz zu sehen, wo vielleicht keiner ist.
In der Gesamtheit wird man vielleicht sehen, dass ich meine Probleme mit der Änderung habe. Ich bin derzeit ehrlich gesagt nicht dafür und tendiere eher sogar dagegen. Meine Enthaltung würde ich aber insofern nicht zurücknehmen, als dass diese Änderung in anderen Bereichen bereits umgesetzt worden ist und, wenn ich einfach mal Cassandras Aussage Glauben schenken darf, durchaus erfolgreich ist. Insofern hätte ich nichts dagegen, wenn man das hier auch mal ausprobiert, die Ergebnisse anschaut und dann guckt, ob die Änderung beibehalten wird.
Dazu aber ebenfalls die vorsichtige Nachfrage, ob die Entwicklung wirklich in einem Maße evaluiert werden kann, dass man klar sagt, dass das System jetzt besser ist als vorher. Denn ich denke doch, dass gerade unbewusste Auswirkungen schwer zu erfassen sind.
Abschließend zu diesem Thema: Ich nehme nicht in Anspruch, das Problem voll durchdacht zu haben. Außerdem habe ich den Beitrag nicht mehr auf Fehler kontrolliert, wenn also irgendwo ein Satz keinen Sinn ergibt, dann fragt nach und/oder weist mich darauf hin. Könnt ihr natürlich auch, wenn ich einen Punkt nicht deutlich genug gemacht habe. Was meine Absicht war, war übrigens nicht, meinen eigenen Standpunkt zu vertreten. Deswegen gibt's hier auch kein tl;dr, weil nicht meine Schlussfolgerung, sondern die Argumente an sich beachtet werden sollen, die ich nicht so einfach zusammenfassen kann. Ich wollte lediglich Dinge anmerken, die ich beachtenswert finde und was ihr daraus macht, ist mir eigentlich sogar relativ egal. Lösungen für Probleme sind natürlich immer schön.
Was für ein Ziel soll die Veranstaltung von Wettbewerben für den Bereich haben?
Keine Ahnung.
Den besten Schreiber ermitteln tut es zuverlässig nicht, denn ich gewinne ja nie das Finale.Nein, im Ernst: Ich weiß nicht genau. Persönlich ist mir der Wettbewerbsaspekt immer unwichtiger geworden. Worüber ich mich hauptsächlich freue, sind Verbesserungsvorschläge und vielleicht auch selbst anderen Autoren etwas mitzugeben, was vielleicht hilfreich ist. Im Vordergrund sollte, denke ich, der Austausch von Texten zu einem Thema stehen und sich dann gegenseitig dabei zu helfen, sich zu verbessern. Der Wettbewerbsaspekt kann dabei natürlich beibehalten werden, macht ja dann auch irgendwie Spaß, muss aber auch nicht (zu) zentral sein.Wer soll die Zielgruppe der Wettbewerbe sein/Wer soll sich zur Teilnahme animiert fühlen?
Äh, jeder? Also meinetwegen weniger Wettbewerbsfokus, wenn dadurch mehr Leute zusammenkommen.
Und ich brauche die Wettbewerbe auch nicht, um Elite zu sein, bin ich so oder so.Wie man's anstellt, ist ja hier noch nicht Gegenstand.Was soll ein Sieg in einem Wettbewerb für den Autor bedeuten?
Keine Ahnung.
Ein Sieg hinterlässt bei mir nur noch ein kleines Glücksgefühl in einem riesigen Moment der Leere. Und dennoch ist's das Einzige, was einem traurigen Leben seinen Unsinn verleiht.Ne, ich meine, es klingt schmalzig, aber der eigentliche Gewinn besteht für mich nicht in der Platzierung, sondern in den Verbesserungsvorschlägen, die ich kriege, sofern ich sie denn kriege. Es ist schön, noch einmal eine andere Perspektive auf den Text zu haben, sofern es jetzt keine wirklich unfaire (ich mag Nitpicking nicht) ist. Wenn man gewinnt, ist es natürlich schön, einen Orden zu erhalten und den würde ich auch mittlerweile nicht mehr missen wollen (auch wenn ich immer vergesse, die in meinem Profil einzutragen, um anzugeben). Weiß aber nicht, ob ich unbedingt das Gefühl haben muss, andere geschlagen zu haben oder so. Leseempfehlung für meinen Text, meinetwegen. Ehrlich gesagt ist es mir relativ egal. -
Ich hatte mal eine Idee, eine Superheldenparodie zu schreiben. Diese würde dann natürlich Helden beinhalten, deren Kräfte und Fähigkeiten irgendwie absurd und/oder nur sehr eingeschränkt nützlich sind. Der Clou wäre dann idealerweise, Wege zu finden, wie die damit trotzdem irgendetwas bewirken können, selbst wenn sie schwach erscheinen. Als erste Ideen für derartige "Helden" hatte ich nur zwei: Der erste wäre jemand, der einst ein militanter Nichtraucher war, dann aber feststellte, dass er in der Lage war, Zigarettenasche zu manipulieren. Also hat er das Rauchen angefangen, um sozusagen "Munition" zu haben. Natürlich hasst er sich aber jeden Tag dafür. Die zweite Idee war ein Cyborg, bei dem aber nur der linke kleine Finger durch eine kybernetische Prothese ersetzt worden war - diese ist aber sehr leistungsfähig und wenn er etwa jemandem mit voller Wucht gegen das Ohr schnipsen würde, wäre es absolut tödlich. Wie die Heldennamen der beiden gewesen wäre, weiß ich nicht, wobei ich bei dem ersten an "Der Nichtraucher" gedacht hätte, weil das die Situation noch absurder machen würde.
Aber ja, das müsste natürlich in der Genauigkeit niemand übernehmen. Der Grundgedanke wäre einfach, absurde bzw. scheinbar wenig nützliche Fähigkeiten rauszusuchen und damit eine Superheldenparodie zu schreiben, ob dann meine Ansätze aufgegriffen werden oder nicht, sollte dann eigentlich egal sein.
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Alles Gute nachträglich!
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Der gelbe schmeckt halt am besten.
Der User unter mir hat doch bestimmt schon einmal Hegels Phänomenologie des Geistes gelesen (denn wer hat das nicht?).
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Ne. Habe ihn vor langer Zeit bereits eingefangen, umgebracht und begraben.
Der User unter mir mag das Meer.
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Du lebst ja nicht in einem erzkonservativen Land, in dem du vielleicht Opfer eines Hassangriffes werden könntest. Da kann man leicht andere als Versuchskaninchen missbrauchen und zuschauen, wie es sich entwickelt, wenn man hunderte Kilometer weit weg wohnt.
Einerseits ist das mit den Hassangriffen in meinem Land durchaus auch noch der Fall und andererseits ist es nicht so, als würde es den diskriminierten LGBT-Gruppen in Polen gut gehen, solange die EU sich nicht dafür einsetzt, dass die gleichgeschlechtliche Ehe europaweit eingeführt wird. Der Punkt ist insofern eigentlich: Gerade weil die fraglichen Personen schon jetzt Opfer eines Hassangriffes werden könnten bzw. es bereits werden (und dass sich das alles verschlimmern wird, wenn die EU sich in Bezug für das fragliche Thema engagiert, ist auch nur deine Vermutung), sollte man daran arbeiten, dass sich das ändert. Und das wird nicht getan, indem man die Hände in den Schoß legt, zumal es auch einfach nicht stimmt, dass sich eine Diskriminierung ohne den Versuch ihrer Bekämpfung nicht verschlimmert. Würde sich die EU für die Rechte der fraglichen Minderheiten einsetzen, wäre das für diese bereits eine enorme Unterstützung. Und ihnen diese Unterstützung einfach so zu verweigern, kann irgendwie die Lösung nicht sein, zumal es sicher so einige Leute z.B. in Polen gibt, die diese gern hätten. Insofern hat das auch absolut nichts damit zu tun, die Leute als Versuchskaninchen zu missbrauchen bzw. ist es doch wohl nicht weniger "von oben herab", einfach mal für die fraglichen Leute zu entscheiden, dass sie das Engagement der EU nicht gerne hätten. Es sei denn natürlich, du kannst mir den stichhaltigen Beweis dafür liefern, dass etwa in Polen die betroffene Gruppe die EU mit erdrückender Mehrheit angefleht hat, da bloß nichts zu tun. Ich habe halt bisher in Artikeln vorrangig gelesen, dass mehr das Gegenteil der Fall ist und sich eher über mangelnde Unterstützung seitens der EU beklagt wird.
Von außen heraus ein Land zu etwas zu zwingen, das nicht von ihnen selbst kommt, wird bei den meisten Leuten, die bereits negativ eingestellt waren, bloß auf noch mehr Abneigung stoßen.
Das ist wiederum ein anderer Punkt: Die EU wird möglicherweise - gerade aufgrund des Widerstands einiger Länder bzw. Parteien auch aus Ländern, in denen die gleichgeschlechtliche Ehe bereits eingeführt wurde - nicht einmal in der Lage sein, die fraglichen Länder mal einfach so ohne Weiteres zu der Einführung zu "zwingen" - ob dieser "Zwang" gut oder schlecht wäre, sei mal dahingestellt. Abseits davon sollte es dann aber trotzdem wohl das Mindeste sein, dass die damit verbundene Diskussion geführt und dieser Punkt auf die Tagesordnung gesetzt wird. Das langfristig erklärte Ziel muss trotz allem der Abbau von ebendieser Diskriminierung sein und dafür sollte sich die EU auf jeden Fall dazu bekennen, dass langfristig die gleichgeschlechtliche Ehe überall möglich ist.
Und Bastet, überhaupt - dein Argument ist mir generell einfach zu stark. Wenn wir immer erst an das denken müssen, was die Gruppen, denen das Richtige nicht gefällt, tun würden, wenn es kommt, dann würden wir diesen effektiv gestatten, den Diskurs viel stärker zu bestimmen, als es ihnen zusteht. Wir würden kapitulieren, bevor die Schlacht überhaupt angefangen hat. Das Ganze ließe sich ausweiten etwa auf gesamteuropäische Richtlinien zum Klimaschutz: Würde hier dann nicht etwa auch einer den Klimawandel leugnenden Partei wie der AfD die Möglichkeit gegeben werden, ihre Anhänger gegen die Klimaschützer aufzuhetzen? Wir sollten es wohl kaum aufgrund dieser Möglichkeit unterlassen, das Richtige zu tun, sondern den Homophoben, den Klimawandelleugnern, den Populisten, den Rassisten, den Sexisten etc. schlicht das Richtige entgegensetzen - und sei es nur, damit Unentschlossene merken, dass es nicht nur möglich ist, den Hetzern zu folgen.