Negativ?
Rechte Hand,
Feuert Freunde an,
Kleine Pompons aus Funken:
Minun!
– Pokédex-Elfchen, 09/30
wandernde pole
verwirbelte massen in
endlosen tiefen
– Haiku
rauschen
rauschen und klagen
rauschen und klagen und fragen
rauschen und klagen und fragen und lauschen
hand reichen
– Wachsgedicht
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Ich hab die drei Gedichte gelesen und dachte, dass ich eigentlich zu allen was sagen muss, zumindest kurz. Im Elfchen finde ich es toll, wie das auf Minun bezogene Wort "Negativ?" in dieser Form auch eine Frage an jemanden sein könnte, ob derjenige sich nicht gut fühlt oder schlechte Laune hat. Als Reaktion auf die Antwort versucht das kleine Minun dann sofort, seinen Gegenüber aufzumuntern. Das ist ein sehr gelungener Aufbau für das Elfchen, finde ich ^-^
Bei dem Haiku wurde ich direkt an die Erdpole erinnert, die sich ja auch ständig ein Stück bewegen. Die verwirbelten Massen könnten eventuell für den (zäh)flüssigen Teil des Erdmantels stehen, wobei ich mir gerade nicht so ganz sicher bin, inwiefern der tatsächlich was mit der Polwanderung zu tun hat. Würde mich aber interessieren, ob das ungefähr die Inspiration für das Haiku war oder doch was ganz anderes ^-^
Das Wachsgedicht finde ich vor allem durch den Aufbau mit der Aufzählung interessant. Das Rauschen könnte hier eventuell für eine bestimmte Störung stehen – in Bezug auf elektrische Geräte hätte das sogar eine Verbindung mit Minun – oder einfach generell für ein Problem. Das wird auch durch das nachfolgende Klagen deutlich. Das Fragen hingegen erinnert wieder an den Anfang des Elfchens, wo jemand (in dem Fall vielleicht Minun) nach dem Problem fragt und anschließend dem bedrückten Wesen lauscht. Am Ende bietet es schließlich seine Hilfe an, um das Problem zu bewältigen. Ich mag auf jeden Fall diese kleine Handlung sehr, die einzig durch die Verben ausgedrückt wird, und darüber hinaus klingt das Gedicht mit den Binnenreimen auch sehr schön :3
Das Zitat übernimmt das Bild jetzt nicht, aber egal. Meine erste Reaktion darauf kennst du, ich war wirklich sehr beeindruckt. Ein animiertes Gedicht hab ich glaub ich noch nie gesehen, aber die Idee finde ich total spannend. In diesem Fall unterstützt die Animation die Aussage des Gedichts wortwörtlich, da die Lücke ständig durch die Buchstaben hindurchläuft. Witzigerweise sieht es dadurch ein bisschen so aus, als ob die Buchstaben sich bewegen, aber das ist nur eine Täuschung, die ich allerdings auch passend finde. Worum es sich bei der laufenden Lücke handelt, ist nicht klar; eventuell steht sie für ein Wesen, das durch das Gedicht wandert, aber den Ausgang nicht findet. Immer wenn sie am Ende angekommen ist, fängt sie wieder von vorn an. Dabei handelt es sich allerdings nicht um einen nahtlosen Kreislauf, eher um eine sich wiederholende Schleife. Ich könnte mir vorstellen, dass es beispielsweise symbolisieren könnte, dass man gedanklich feststeckt und keine Lösung für ein Problem findet, vor dem man vielleicht gern davonlaufen würde, aber nicht kann. Oder das Gedicht möchte sich einfach selbst aus dem Staub machen und versucht, seine Buchstaben zu lösen und an eine andere Stelle zu bewegen, aber schafft es nicht, tatsächlich vom Fleck zu kommen. Dadurch entsteht jedenfalls der Eindruck, dass das Weglaufen eher ein Wunsch ist, der aber nicht wirklich erfüllt werden kann, weil die Bewegungen sich immer wiederholen.
Wahrscheinlich gäbe es noch unglaublich viele andere Möglichkeiten, ein Gedicht zu animieren und dadurch eine Botschaft zu vermitteln, was ich definitiv sehr interessant finde. Also vielen Dank für dieses Experiment :D
les couleurs reviennent
l'arbre pousse vers le ciel
le printemps arrive
– Haiku
die farben zurück
der baum, er wächst zum himmel
der frühling kommt an
~
buche ein ticket
für den großen auftritt der
farben im frühling
– Haiku
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Französisch <3 Das erste Haiku ist sowohl in der oberen, aber auch in der unteren übersetzten Form sehr hübsch. Vor allem das Wachsen des Baums in den Himmel drückt sehr deutlich die Hoffnung und Ungeduld der Natur aus, endlich wieder aufzuleben und zu gedeihen. Vielleicht möchte der Baum aber auch deshalb ganz hoch wachsen, um eine gute Aussicht auf die zurückkehrenden Farben zu haben.
Dazu passt auch das unterste Haiku sehr gut, denn auch dort wird die Rückkehr der Farben als Auftritt beschrieben, als wäre es ein großes Event, das man nicht verpassen darf. Das Vorausbuchen des Tickets zeigt auch hier eine gewisse Ungeduld, wobei ich mich frage, warum das Ich überhaupt ein Ticket dafür brauchen könnte. Eventuell will es aber auch nur ganz sicher sein, dass es bei diesem Ereignis dabei sein kann. Übrigens dachte ich durch die durchgängige Kleinschreibung zunächst für einen kurzen Moment, dass es sich bei dem Wort "buche" um den Baum handelt, was wiederum eine tolle Referenz zu den Haikus darüber ist. Falls man sogar noch ignoriert, dass dafür ein Komma fehlt, könnte man auch die Buche, also den Baum, als das Ticket für den Auftritt der Farben interpretieren, da man in deren Krone sicherlich einen tollen Sitzplatz mit guter Aussicht hätte. Ich weiß zwar nicht, ob die Haikus so thematisch zusammengehören sollten, aber die Verbindung fand ich dennoch ganz witzig :3
glücklich spielt das kind:
sie liebt mich, sie liebt mich nicht
mit einem kleeblatt
Es klingt so unschuldig und süß, aber nachdem ich darüber nachgedacht habe, finde ich die Aussage des Gedichts auch sehr eindrücklich. Bei dem Spiel beginnt man ja meist mit der im Gedicht erstgenannten Option, wodurch man bei dem üblichen dreiblättrigen Kleeblatt bei einem "sie liebt mich" herauskommen würde, aber bei einem vierblättrigen – das ja eigentlich als Glücksbringer gilt – würde man bei einem "sie liebt mich nicht" enden. Nun könnte ich einfach hoffen, dass das Kind kein "Glück" hat, ein vierblättriges zu finden. Aber eventuell könnte man die Kleeblätter auch auf andere Personen beziehen, wobei das vierblättrige Kleeblatt wohl ebenso ein Glücksgriff gewesen wäre, also vielleicht eine Person, die aus gewissen Gründen besonders wirkt. Doch obwohl man denkt, dass man in dieser Person endlich die richtige gefunden hat, nach der man lange gesucht hat, stellt sich am Ende heraus, dass sie das spielende "Kind" eigentlich gar nicht wirklich liebt – wobei diese Interpretation wohl weniger zu einem Kind passen würde. Dennoch finde ich es erschreckend, welche relativ düstere Botschaft in diesem so unscheinbaren Haiku versteht sein könnte. Jedenfalls ein sehr spannendes Gedicht! ^-^
Schweigend im Garten erwartet der Thymian emsige Bienchen,
Noch hält er durch, doch schon bald – bleiben sie fort und er folgt.
– Elegisches Distichon
Erst nochmal geschaut, was die Regeln für diese Form sind x3 Das spezielle Metrum sorgt auf jeden Fall für einen schönen Klang in diesen beiden Versen. Durch ihre Länge und die relativ wenigen betonten Silben wirkt das Gedicht sehr ruhig, wie die Erzählung einer Geschichte. Sie handelt von einer Thymianpflanze, die darauf wartet, von Bienen und anderen Insekten bestäubt zu werden. Doch diese scheinen nicht zu kommen, oder zumindest nur sehr wenige von ihnen. Darauf deutet das Schweigen des Thymians hin; er scheint nicht besonders zuversichtlich zu sein. Auch wird erwähnt, dass er gerade noch durchhält, was ebenso nicht andeutet, dass sein Wunsch erfüllt wird. Möglicherweise gibt es einfach nicht mehr genug Insekten in der Nähe, die den Thymian noch besuchen können. Da sie langsam immer mehr verschwinden, wird auch der Thymian bald schon nicht mehr existieren, weil er die Insekten für seine Bestäubung und Verbreitung benötigt. Eine wirklich traurige Geschichte, die aber natürlich zu dieser Gedichtform sehr gut passt. Insgesamt mag ich dieses kurze Gedicht jedenfalls sehr gern.
schauen zum himmel
wollen wolken verwehen
wenden die winde
– Haiku
wir wettern
gegen
das wetter
– Fünfchen
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Ich war kurz schockiert, dass ich (so weit ich mich erinnere) noch nie über das Wenden von Winden in einem Gedicht gelesen habe. Dabei ist das klanglich so naheliegend D: Das Haiku klingt jedenfalls mit den vielen Alliterationen sehr schön und sanft, wodurch eine sehnsüchtige Atmosphäre entsteht. Das Wenden der Winde könnte zumindest symbolisch dafür stehen, dass man etwas Großes bewirken kann, was keiner für möglich gehalten hat; denn schließlich ist es ja auch nicht so einfach, die Windrichtung zu ändern. Auch die verwehenden Wolken könnten darauf hindeuten, dass man etwas nach den eigenen Wünschen formt. Doch während im zweiten Vers noch ein Wunsch geäußert wird, handelt es sich im letzten Vers bereits um eine Tat, woraus man vielleicht entnehmen könnte, dass sich dieser Wunsch irgendwie erfüllen lässt.
Das Fünfchen finde ich einfach durch die Ähnlichkeit der Wörter sehr gelungen und witzig x3 Eigentlich interessant, dass "wettern" eine so negative Bedeutung hat. In dem Fall könnte man es wohl so erklären, dass die wetternden Leute sich vermutlich genauso aufbrausend, jähzornig und rücksichtslos benehmen wie das Wetter, über das sie schimpfen ^-^