Inwiefern denn? Inwiefern würde es diese Beziehungsdynamik auf eine Art verändern, die im Rahmen des Prozesses eindeutig für Depp sprechen würde?
Also 'ne Borderline-Persönlichkeitsstörung ist ja im Kontext von Beziehungen unter anderem dadurch charakterisiert, und das hat auch besagte Psychologin festgehalten, dass die Personen Dinge tun wie, Verantwortung zu externalisieren, selbstgerecht zu sein, allgemein diese push-pull Dynamik von auf der einen Seite starken Verlustängsten, aber auch Bindungsängsten und der damit einhergehenden obsessiven und gar aggressiven Art, samt selbstverletzendem Verhalten, den Partner entweder an sich zu binden oder von sich wegzustoßen.
So einen Fall habe ich aus nächster Nähe miterlebt mit meinem besten Freund, der 'n halbes Jahr lang ne Frau gedated hat, die auch im Laufe dessen gesagt hat, mit Borderline diagnostiziert worden zu sein. Und ich kann wirklich sagen, ihr Verhalten war according to Textbook. Und ich habe sie auch persönlich miterlebt, nicht nur aus Erzählungen. Bekam sie nicht genug Aufmerksamkeit, weil er wirklich nur viel zutun hatte, wurde sie obsessiv, hat geklammert, hat direkt Trips nach Paris vorgeschlagen, hat er ihr mehr Aufmerksamkeit gewidmet, in Form von "hey, hast du schon was vor am Wochenende", hieß es, "überfordere mich doch nicht, ich kann das so spontan nicht entscheiden, du engst mich ein". Auf der einen Seite wurde Nähe und Zärtlichkeit gefordert, im nächsten Moment war man überfordert und abwehrend. Sie sagt ihm, "ich will, dass du jetzt gehst". Er sagt ohne zu diskutieren, ok, ich gehe, und bekommt die Antwort, "hey, wohin gehst du??" All dies wurde in Chats mit ihm später auch ausdiskutiert als er sie outgecalled hat, in denen sie dieses Verhalten eingeräumt und sich entschuldigt hat, also kann man nicht sagen, shit was made up. Auch ihre Reaktionen gegenüber sämtlichen weiblichen Personen in seinem auch nur flüchtigen Umfeld. Wie dass er von einer lustigen Szene mit einer Kollegin bei der Arbeit erzählt hat, sie verstummt und passiv-aggressiv wurde, ihn gefragt hat was er sich davon verspricht, über seine Kollegin zu sprechen.
Das ist halt einfach ein super toxisches Verhalten und programmiert eine gewisse Eskalation vor. Im Fall des Freundes hat er dieses Verhältnis beendet, bevor es erst ernst wurde.
Man muss dazu auch sagen, dass ihre Mutter eine super narzisstische und ebenfalls selbstgerechte Person ist. Ohne jetzt ins Detail zu gehen, wie dreckig die sich verhalten hat ihrer Tochter gegenüber, wird an dieser Stelle denk ich dann schon zu intim.
Aber ja, das ist denk ich schon ein ernstzunehmendes Problem und geht weit über bloße Hysterie hinaus.
Finde aber auch, dass die Gesellschaft auch keinen gesunden Umgang mit den Gewalterfahrungen von Männern haben. Man sieht ja des Öfteren Auftritte von Frauen oder Paaren im TV, Talkshows, Reality Shows, etc. , die über ihre Beziehungen und Fehler sprechen, die sie gemacht haben. Und wann immer ne Frau offen zugibt, "hey, ich war zu toxisch und aggressiv, und ja, ich hab auch zugeschlagen", ist halt die erste Reaktion, dass es eher belächelt wird. Ne Frau, die in ner Beziehung aggressiv ist und zuschlägt? Kann man drüber lachen. Weil ist ja nur ne Frau, und der Mann das starke Geschlecht.
Ich finde auch, dass z.B. viele Feministinnenseiten ein sehr einseitiges und fragwürdiges Bild von Himpathy zeichnen. z.B. der folgende Instagram-Post (Quelle):
Also die Autorin sagt, dass alles, was Männer tun, relativiert wird, Frauen aber die vollen Konsequenzen spüren.
Laut diesem Post wird Frauen, die schreien, bereits Gewalt unterstellt. Einer Frau, die in Notwehr zurückschlägt, wird ebenfalls Gewalt unterstellt, während dem Mann, der abused, unterstellt wird, er würde sich nur verteidigen. Und Vergewaltigungen seien bloß schlechter Sex. Ich meine, what? Wo, wann wurde so ein krasses Narrativ vertreten? Ich meine, sicher wird es es solche kranken Ansichten geben, aber ich sehe nicht, wo dies gängige Praxis ist zu sagen, dass sich ein männlicher abuser doch nur verteidigt, während ne schreiende Frau Gewalttäterin ist. Das ist doch schon eine sehr überspitzte Darstellung, die ich in dieser Form oft sehe auf solchen sozialen Kanälen. Nach Heards Vorwürfen z.B. hat Depp einen enormen finanziellen Schaden erlitten und seine Rollen infolge dessen verloren. Sicher gab's auch genug Fans, die Depp als Opfer sahen, aber der Konsens war sicher nicht, dass Depp ein armer Bub ist, der ne schlechte Kindheit hatte und sich verteidigen musste.
Und da wäre ich wieder bei meinem Ausgangspunkt. Es mag durchaus sein, dass Frauen oft nicht geglaubt oder ihre Erfahrungen heruntergespielt werden. Aber gleichzeitig ist es doch so, dass ein Mann in derselben Position, der über seine Erfahrungen spricht, im besten Fall ausgelacht wird. Wer nimmt einen Mann in der Gesellschaft ernst, der sagt, dass er von seiner Frau geschlagen wird?
That being said, ist dieser Post aber kein Versuch, die Erfahrungen von Männern und Frauen gleichzusetzen. Die Erfahrungen von Frauen sind in ihrer Gesamtheit nach wie vor einfach viel krasser. Aber das sollte kein Grund sein, über die Erfahrungen, die Männer haben, nicht konsequent zu diskutieren.