Ich bin ehrlich, ich weiß nicht ob bessere Bildung - die fängt ja immerhin nicht bei Geschichte an und hört beim politischen Zeitgeist im Wandel auf - jetzt wirklich wahnsinnig viel am Stimmenzuwachs der AfD bei den 16- bis 24-jährigen geändert hätte.
Rechts hat halt auch unglaublich viel Glück, dass wir seit 2015 gefühlt von einer Krise (oder empfundenen Krise) in die nächste rutschen, angefangen bei der für viele immer noch kontroversen Flüchtlingskrise, über die Jahre der Corona-Pandemie, erneut Krieg in Europa Russland-Ukraine und seit ner Weile wurden jetzt auch mal wieder Religionskonflikte mit Israel/Palästina in den Mix gekippt, womit man das Gefühl hat, in gewisse Hinsicht schließt sich der Kreis.
Und innerhalb dieser Zeit hatten wir erst 16 Jahre der Politik des "Wir schaffen das!" (Das = Wir sitzen vieles aus, stagnieren, treiben nichts voran oder sparen sogar noch viele Sparten kaputt) unter Unionsführung bzw. GroKo und nun in dieser Legislaturperiode die Ampel, die zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt in die Regierungsarbeit einsteigen durfte und vollkommen unfähig ist gemeinsam und an einem Strang zu regieren: Die SPD unter Kanzler Scholz ... existiert irgendwie vor sich hin, aber macht gefühlt... nix (?), während sich Grüne und FDP innerhalb der Regierung und das nicht nur intern, sondern auch mit Außenwirkung gegenseitig zerfleischen und sei es manchmal nur in sofern, dass die FDP gefühlt alles was geht abblockt oder zum Erliegen bringt, währen die Grünen zwar gefühlt die einzige Regierungspartei sind, die Dinge anpackt und versucht umzusetzen und dabei nicht ohnehin schon initial zum Buhmann aller anderen Parteien gemacht wird, insbesondere bei polarisierenden Geschichten, aber mit ungeschickter Medienwirksamkeit und generell fehlendem Geschick schießen sich die Grünen ja auch noch zusätzlich gerne Eigentore. Währenddessen hat die AfD den vorgelebten Trumpismus aus der Amtszeit von Trump abgeschaut und nahezu perfekt ins Deutsche übersetzt, während die Linke in eine Russland-freundliche Galionsfigur-Partei und ... na ja dem Rest was übrig blieb zersplittert ist und die Union anstatt eine konstruktive Oppositionspartei zu sein, unter Merz (und in Bayern auch Söder ganz vorn mit dabei) sich alsbald der nahezu gleichen Polemik wie die AfD hingegeben hat - vllt mit etwas weniger Nazisprech - und außer dumm labern und Hetzen - und ab und an mal zum Schein doch noch von einer Brandmauer gegen die AfD sprechen - quasi gar nichts machen, außer dass rechte Narrativ noch weiter zu befeuern, in der Hoffnung all jene zu Vereinen, denen die AfD vllt. doch ein bisschen zu extrem ist.
Und ka, wenn du da, gerade im Osten in Familien aufgewachsen bist, die sich verloren, verlassen und verraten fühlen durch all die Krisen, durch die wir seit einem Jahrzehnt konstant waten und dir seit du 7-10 Jahre alt bist wohlmöglich ständig anhören musst, wie alles den Bach runtergeht, alles scheiße ist, die Altparteien an allem Schuld sind und durch Corona zumindest eine Krise miterlebt hast, die dich selbst als Kind/Jugendlicher ganz konkret betroffen und beeinflusst hast ... dann bin ich mir nicht sicher, ob man das mit "einfach ein bisschen besserer Bildung und Aufklärung" jetzt hätte verhindern können, zumal es ja nicht einmal so ist, als hätten die anderen Parteien jetzt mega schlecht in dem Altersspektrum abgeschlossen, nur die AfD halt vergleichsweise viel zugenommen (und ok die Grünen deutlich verloren) - ich schätze dass hier auch vieles mit Herkunft und Elternhaus/Erziehung zusammenhängt.
Weiterhin beweisen viele AfD-Sympathisanten - wenngleich sie eben auch eine sehr Laute "Minderheit" (kann man das noch sagen?) sind - dass sie wenig an Fakten, Diskussionen, Belehrungen etc. interessiert sind. Ob also tieferes Wissen über den Nationalsozialismus diese jungen Leute wirklich erreichen würde, I don't know, insbesondere da ja aus ihrer Sicht die Altparteien die wahren Faschisten sind, die vergleichbar mit der NSDAP von damals sind und da kann man die halt glaub ich in einen leeren Raum, welches nur Geschichtsbücher enthält und Filme/Reportagen über die NS-Zeit, die wenigstens würde das glaube ich interessieren, die älteren, die das ja dann scheinbar im Vergleich noch besser gelernt haben oder die sogar noch Verwandte haben/hatten aus der Zeit interessiert es ja zum Teil genauso wenig.
Ich glaub also viel mehr, wenn die Wahl eines bewiesen hat, dass AfD-Wähler eben nicht mehrheitlich mehr Protestwähler sind, eine politische Zusammenarbeit, die nur auf gegenseitiges Diffamieren basiert wenig hilfreich ist, außer ggf. für rechts, das Herumreiten auf Skandalen (und I mean, in den letzten Wochen haben sich AfD-Spitzenkandidaten eig. erfolgreich selbst diskreditiert, wirklich massiv genutzt oder gejuckt hat das nur keinen) ebenso nicht zielführend sind und vor allem eine Politik, die größtenteils nur auf Machtkämpfen und Worten basiert nicht funktioniert.
Ich persönlich denke, dass man auch von dem Gedanken wegkommen muss, zu versuchen Wähler der AfD zurückzugewinnen und der AfD freiwillig oder unfreiwillig ständig übermäßige Aufmerksamkeit zu schenken, sondern sich eher darauf fokussieren sollte gute Politik zu machen, die - so fundamental wichtig und richtig ich sie finde - nicht "primär" oder zumindest nicht herausstechend medienwirksam auf Minderheiten (wie gesagt Pride, Bekenntnis zu Minderheiten, Selbstbestimmungsgesetz etc. waren und sind absolut wichtig, richtig und notwendig) oder Pulverfass-Thematiken (Klimapolitik, Migrationspolitik imo) auf eine Art und Weise bedient, die halt ... schwierig ist (Ich glaube einfach, dass man da zum Teil auch etwas subtiler vorgehen könnte) bzw. sich parallel eben deutlich mehr auf die Gesamtheit der Bildungspolitik und die prekäre Situation auf dem Arbeitsmarkt und Teilen des Sozialsystems fokussiert auf die wir zumindest zusteuern imo fokussiert.
Natürlich bedarf es dafür einer Regierung und einer derzeit noch Union in der Opposition, die im Hinblick darauf mal an einem Strang zieht, das auch bitte medienwirksam, sonst ... warten wir am besten einfach die Wahl nächsten Jahres ab und hoffen und beten, dass das Ergebnis zu nicht zu dunkel und unheilvoll wird.
Meine Hoffnung ist allerdings eher gering, weil schon jetzt sehen einige Vertreter der Ampel den Ausgang der Wahl ja nicht unbedingt als Fehler an sich. (Selbst-)Reflexion ist halt leider eine Fähigkeit, die seit Jahren gefühlt auch immer mehr und mehr verloren geht...
Das jedenfalls nur - kurz (hehe) - meine Meinung.
Ich schließe dabei übrigens nicht aus, dass einiges davon möglicherweise kontrovers oder möglicherweise nicht alles 100%-ig faktisch korrekt belegbar ist (also in terms of nachgewiesener kausaler Zusammenhang), aber so empfinde ich persönlich das Ganze aktuell jedenfalls.
Und hm, irgendwie möchte man sich nach diesen Wahlergebnissen ja fast selbst schon politisch engagieren, einfach um seinen eigenen Beitrag gegen ... na ja rechts zu leisten. Puh.