An Mandelev und Rusalka, vielen lieben Dank für eure Bewertungen. Ich habe leider viel mit Klausuren und persönlichen Auf und Abs zu tun gehabt, weswegen ich lange Zeit nicht dazu gekommen bin auf euch einzugehen.
Was das "diese" betrifft, so habe ich selber gemerkt, dass es was too much, war, sodass ich was zurückschrauben werde. Verbesserung ist schonmal, dass ich eine REchtschreibprüfung bei meinem Schreibprogramm habe, das mir helfen wird, im Vorfeld viele Schreib- und Grammatikfehler auszubessern.
Es war auch ein berechtigter Einwand, dass die Streits zwischen Jimmy und Iro zu animehaft sind. Tatsächlich denke ich immer an Zoro und Sanji aus One Piece, wenn die ihre Rivalität ausleben. Diese ist schon Inspiration für die Rivalität, die Jimmy und Iro einander vorhalten werden, doch werde ich versuchen, dass diese nicht zu sehr besagtes Animepaar kopieren :)
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Flora und Fauna des Geheimnisdschungels
Regen fiel. Während sich das Team Mystery durch den lichter werdenden Nebel schlug, wurden die Geräusche lauter, die sie empfingen. Durchgehendes Gezwitscher sowie das Trommeln des Regens ergaben einen harmonischen Rhythmus, zu dem man durchaus hätte einschlafen können, wie Max fand. Hinter sich hörte er Jimmy fluchen. Ein Feuer-Pokémon wie er es war hatte verständlicherweise eine Abscheu gegen Regen und umso lauter fluchte Jimmy, als er in ein kleines Schlammloch fiel, das Max unbewusst verfehlt hatte. Von Iro, der als Drittes sich aus dem Nebel schälte, war ein unterdrücktes Kichern zu vernehmen.
Als sie den letzten Rest des Nebels verließen, bemerkte Max, wie eine bisher unbemerkte Taubheit ihn verließ. Jäh spürte er, wie er bis zum Bauch inmitten von großblättrigen Pflanzen stand, die kreuz und quer in alle Richtungen wucherten. Im Dunkeln vermischten sie sich zu einem dunkelgrünen undurchsichtigen Geflecht und Max musste behutsam seine Schritte tätigen, um sich so geschickt wie möglich durch dieses bewegen. Er fragte sich, ob der gesamte Dschungel von so einem Pflanzengewirr überzogen war, denn dieser Anblick erfüllte sein gesamtes Blickfeld. Ein erneutes Fluchen von Jimmy ließ ihn wieder zurückblicken. Max stutzte, als er nur Iros große blaue Gestalt und Viridiums schlanken Körper aus dem Dickicht herausragen sah. Dann aber blickte er nach unten und er konnte so gerade noch die orange-rötliche Schädeldecke von Jimmy sehen, die sich hektisch nach links und rechts drehte.
„Benötigst du Hilfe?“, fragte Max, der über diesen Anblick leicht amüsiert war.
„Nein“, brummte Jimmy trotzig, doch dann senkte sich seine Schädel etwas. „Vielleicht doch“, und die Schädeldecke drehte sich zu Iro um. Zumindest glaubte sie es, dies zu tun, denn sie drehte sich nicht vollständig zu ihm um und blickte an ihm vorbei. „Iro, meinst du, ich könnte…“, doch ein brummendes Vergiss es von Iro ließ Jimmy verstummen. Er wollte schon Viridium fragen, doch bevor er die Frage stellen konnte, besann er sich darauf, diese Sinnlosigkeit nicht auszusprechen.
„Na gut, dann werde ich mir meinen Weg frei brennen, wenn es unbedingt sein muss“, und zu Max‘ Schrecken holte er schon Luft, als blitzartig Viridium an seine Stelle und seinen Schädel mit ihrem Huf in das Dickicht hineindrückte. Max war bestürzt über den Ausdruck, der in ihrem Gesicht lag. Kalte Wut stand ihr ins Gesicht geschrieben.
„Wag es ja nicht!“, zischte sie scharf. Forsch blickte sie daraufhin zu Max. „Sorg dafür, dass er sein Feuer für sich behält, klar?“
„Ich würde aufpassen“, kam es gedämpft aus den Pflanzen heraus. Jimmy schien mit seinem Gesicht auf den Boden gepresst zu werden, und das Rascheln ließ den Eindruck zurück, dass er sich dagegen sträubte. Max, noch immer bestürzt, sicherte Viridium die Vorsicht zu und bat sie, von Jimmy wegzutreten. Nachdem sie einige Sekunden lang sich vergewissert hatte, dass Max die Warnung verstanden hatte, trat sie endlich zurück. Sofort tauchte Jimmys Schädeldecke wieder. Man hörte ihn Dreck ausspucken. Iro verdrehte die Augen und griff mit seinem dicken Arm in das Dickicht hinein und zog kurz darauf Jimmy hervor, der überall mit Dreck und kleinen Blättern übersät war.
Ohne das Team eines weiteren Blickes zu würdigen schritt Viridium an ihnen vorbei. Sie folgten ihr durch die Pflanzen, welche mit jedem Meter ihre Formation veränderten. Mal wuchsen sie zu einer Seite sehr, sodass man auf der anderen relativ frei gehen konnte. Dann aber türmten sie sich wie eine Flutwelle auf, sodass das Team Mühe hatte, mit Viridium Schritt zu halten, die so elegant durchschritt, als würden ihr die Pflanzen freiwillig Platz machen. Ziemlich oft blickte Max nach hinten, um zu prüfen, dass sich Iro und Jimmy sich nicht in diesem Wirrwarr verfingen. Iros große Gestalt verfing sich so in den feinen, aber doch kräftigen und stabilen Ranken, dass er stehenbleiben musste, um brummend diese von sich zu reißen. Jimmy hatte er auf seine Schulter gesetzt. Doch er ist so schnell runter geglitten, dass er sich mit beiden Händen an Iros kräftigem Hals festhielt. Man sah es dem Impergator deutlich an, dass ihm dies Situation ganz und gar nicht behagte.
Endlich dann kamen sie an eine Stelle, die einer Waldlichtung ähnelte. Hier konnten sich alle drei relativ freier bewegen und Jimmy glitt ebenso erleichtert wie Iro auf den Boden und legte sich rücklings auf diesen. Seinem Gesichtsausdruck nach schien dieser Boden bequem zu sein. Und auch jetzt spürte Max, wie er endlich einmal aufatmen konnte, seit sie unterwegs waren. Er konnte es noch nicht ganz realisieren, dass sie es tatsächlich in den Geheimnisdschungel geschafft hatten, dessen Existenz kaum jemandem bekannt war. Er fühlte sich wie damals, als er mit Jimmy den Weg zum Nebelsee entdeckt hatte. Um ihn herum erstreckte sich ein gänzlich fremder Ort und er wusste, dass etwas großes, etwas mächtiges, etwas besonderes erwartete. Dies stellte einen Moment dar, wo er Jimmy um ein Vielfaches dankbar war, dass sie zusammen damals beschlossen hatten, der Knuddeluff-Gilde beizutreten. Er wandte sich an Viridium, die das Team ungeduldig beobachtete. Ihrer Haltung nach konnte sie es kaum erwarten, die drei endlich zu verlassen. Bei dem Gedanken, dass sie gleich auf sich gestellt sein würden, stieg Max eine Beklommenheit hervor. Doch sein Blick wandte sich an Jimmy, der sich wieder aufgerichtet hatte, und nun zu einer mit dichtem Moos bewachsenen Stelle der Waldlichtung schritt. Von ihm kam ein leichtes Knurren. Auch von Iro kam ein Knurren, woraufhin sich ein Knurren bei Max meldete, welches aus seiner Magengegend kam. Ihm fiel ein, dass sie seit dem Frühstück bei Rose nichts mehr gegessen hatten. Er blickte wieder zu Jimmy, der begierig ein paar große Pilze mit großem Hut begutachtete, der fast bis zum Boden fiel. Max war sich sicher, dass Jimmy daran dachte, diese erst mit Feuer braten und dann essen zu wollen. Und obwohl ihm die Idee aufgrund seines knurrenden Magens nahezu verführerisch vorkam, so drang trotz des lauten Magens die Stimme der Vernunft zu ihm durch, die ihn ermahnte, nicht so einfach wildfremde Pilze aufzuheben, geschweige sie essen zu wollen. Umso erschrockener stellte er fest, dass Jimmy tatsächlich drauf und dran, einen Pilz in die Hand zu nehmen.
„Jimmy, nicht!“, rief Max ihm zu und zum Glück hielt Jimmy inne und blickte verwirrt zu ihm hinüber. Ehe er was sagen konnte, meldete sie sich Viridium mit einem bedeutsamen Nicken zu Wort: „Hör besser auf das, was dein Anführer sagt. Es sei denn, du willst für eine sehr lange Zeit außer Gefecht sein.“
Jimmy, der mit sichtlichem Hunger von Max zu Viridium und dann zum Pilz blickte, blickte einige Sekunden sehnsüchtig die Pilze an, dann aber trat er zurück. Viridium näherte sich der Stelle: „Siehst du das Sekret, das von der Huthaut abgesondert wird? Dies ist ein schnell wirkendes Nervengift. Schon der Hautkontakt genügt, dass es dich betäubt und du in einen sehr tiefen Schlaf fällst.“
„Und der wächst einfach so inmitten des Dschungels?“, rief Jimmy erschrocken. Max und Iro traten hinzu, um die Form des Pilzes zu betrachten.
„Nun ja“, sagte Viridium, die sich wiederrum von der Gruppe entfernte, „wir, also die Bewohner des Dschungels, wissen natürlich, wie man diese umgeht. Ich habe nur für eine Weile … vergessen, dass ihr nicht von hier seid. Ich wollte gerade dich warnen, da hat dein Anführer es schon für mich erledigt.“
Max warf einen Seitenblick auf Viridium. Er glaubte ihr zwar, dass sie rechtzeitig eingeschritten wäre, doch sah er es ihr, dass sie deswegen einen innerlichen Konflikt hatte und dass es ihr nichts ausgemacht hätte, Jimmy in so einen Tiefschlaf fallen zu sehen. Leichte Wut stieg in ihm auf, doch er besann sich zur Ruhe. Er deutete mit einem Klopfen auf Jimmys und Iros Schultern an, sich etwas von dem Pilz zu entfernen, der nach wie vor durchaus schmackhaft aussah. Sie wandten sich an Viridium und Iro blickte grimmig zu ihr hin.
„Gibt es noch irgendetwas, vor das du uns warnen willst?“
Sie begegnete seinem Blick mit einem kühlen Lächeln. Dann schüttelte sie sanft mit dem Kopf:
„Das Einzige, worauf ihr achten müsst, ist lediglich, dass ihr diese Art von Pilzen vermeidet anzufassen und dass ihr euch mit dem Feuer“, und ihre Stimme wurde schärfer, „zurückhalten werdet! Ihr werdet nur unnötig Aufmerksamkeit erregen und euch Ärger einhandeln.“
„Von wem denn?“, antwortete Iro herausfordernd. „Von dir? Oder von Mew?“
Viridium blieb dessen unbeeindruckt. Sie machte auf dem Absatz kehrt, doch in der halben Drehung wandte sie sich dem Team zu: „Haltet euch bedeckt und ihr werdet ohne behelligt zu werden zu Mew gelangen.“
„Was das betrifft“, warf Max ein, denn Viridium hatte sich schon umgedreht und war drauf und dran in den Dschungel zu verschwinden. Sie wandte ihren Kopf ihm zu, ohne etwas zu sagen. Max verstand, dass sie seine offenbar letzte Frage abwartete: „Wo können wir Mew finden? Wie gelangen wir zu ihm?“
Einige Sekunden verstrichen. Dann wandte sich Viridium an Max und ein Lächeln kräuselte ihren Mund: „Ihr seid Erkunder, oder nicht? Ihr könnt doch bestimmt selber euren Weg zu Mew finden.“
Dann verschwand sie im Dickicht, ohne das leiseste Geräusch zu erzeugen. Das Team Mystery blickte eine Weile in die Richtung, ehe dann Jimmy seufzte.
„Was tun wir jetzt?“, wandte er sich an seine beiden Kollegen. Max blickte sich um. Er horchte in den Dschungel hinein. Der Regen hatte mittlerweile aufgehört und Vogelgesang war umso deutlicher zu vernehmen. Zwar stieg ihm das Gefühl auf, beobachtet zu werden, doch bei dem Leben, das um sie herum stattfand, freundete er sich rasch mit dem Gedanken daran, sich daran gewöhnen zu müssen. Er blickte in die Gesichter der anderen, die ihn erwartungsvoll anblickten.
„Wir sollten uns erst einmal einen Überblick verschaffen“, sagte er nach einigem Überlegen und er blickte an den umstehenden Baumstämmen entlang nach oben in das Blätterdach, durch das nun vereinzelt schwaches, gelbliches Licht fiel. Die Rinden der Bäume wirkten sehr rau, doch boten sie für einen erfahrenen Kletterer einen gewissen Halt. Mit einem prüfenden Blick war sich Max sicher, dass man ab einer gewissen Höhe sehr gut bis zur Spitze klettern konnte. Er konnte dickere Äste und auch miteinander verschlungene Ranken erkennen und mit einem vielsagenden Blick wandte er sich an Jimmy. Dieser verstand und nahm Anlauf. Kurz vor einem naheliegenden Baum sprang er in die Höhe und griff geschickt in dessen Rinde. Jimmy, dem als Schimpanse das Klettern in den Genen zu liegen schien, nutzte den Schwung des Anlaufs, um kurz angewinkelt auf dem Baumstamm sich abzusetzen, dann drückte er sich mit seinen Füßen nach oben und beinahe instinktiv packte er sowohl mit seinen Händen und Füßen an Stellen, die ihm am griffigsten waren. In einem Zusammenspiel von Hand- und Fußarbeit kletterte er innerhalb von zehn Sekunden bis zum blätterdichten Baumkronenbereich, vor dem sich vom Stamm abstieß, für einen kurzen Augenblick in der Luft schwebte und dann zielgenau einen dicken Ast umfasste und sich an diesem hochzog. Jimmy war nur noch schemenhaft zwischen den Blättern wahrzunehmen, sein Hinterfeuer hatte er auf Viridiums Geheiß ausgestellt. Max war beeindruckt, wie leicht Jimmy das Klettern in dieser neuen Umgebung gefallen war.
Er hörte ihn von oben zu sich und Iro rufen: „Ich klettere bis nach oben, dann komme ich wieder zu euch!“
Jimmy musste sich in größerer Höhe befinden als Max es zunächst vermutet hatte. Zwar schien es bereits zu dämmern und der Farbe des Lichtes nach, das durch das Blätterdach fiel, ging die Sonne entweder auf oder unter. Ihm kam der Gedanke, ob es besser wäre, wenn sie die Nacht an Ort und Stelle bleiben und erst am nächsten Morgen aufbrechen würden, sollte es nun auf die Nacht zugehen. Er wollte sich gerade an Iro wenden und ihn nach seiner Meinung fragen, als von oben ein erstickter Schrei zu hören war.
„Jimmy?“, rief Max nach oben zurück. Als keine Antwort kam, blickte er nervös zu Iro, der angespannt ebenso nach oben blickte. Max schätzte den Baumstamm ab, den Jimmy erklommen hatte. Er zweifelte, dass er von selbst es schaffen würde. Jedenfalls nicht in der Eile, die ihn in Unruhe versetzte. Er wandte sich an Iro: „Du musst mich nach oben schleudern“, da hörte auch von oben ein immer lauter werdendes Krachen von Ästen und Rascheln von Blättern. Dann fiel mit einem Schreckensschrei Jimmy wieder aus dem Blätterdach heraus, sichtlich in Panik. Er wäre mit dem Kopf voran gefährlich auf dem Boden aufgekommen, hätte Iro in einem Reflex nicht einen breiten Wasserstrahl aus seinem Mund gefeuert, der Jimmy am Rücken traf und ihn in seinem Fall bremste. Ein leises Dumpfen ertönte, als Jimmy mit dem Bauch voran auf dem weichen Moosboden landete. Sofort war Max an seiner Seite.
„Mir geht es gut“, hustete Jimmy einen Klumpen Dreck, als Max ihm half, sich wieder aufzurichten. Seine Augen waren vor Schreck geweitet und er atmete hektisch. Dann wanderte sein Blick zwischen Max und Iro hin und her: „Bibor!“
Und dann hörte Max es. Ein Brummen wurde immer lauter, welches durch das Dickicht des vor ihnen liegenden Dschungels auf sie zukam. Max, der mit Jimmy wieder auf seinen Beinen stand, ließ sofort seine drei tiefgrünen Blätter an den Armen zu einer leuchtenden Laubklinge verschmelzen. Iro trat zu seiner Linken, während Jimmy zu Max‘ Rechten stand. Alle drei blickten gebannt und kampfbereit in das Grün des Dschungels, während das Brummen immer lauter wurde. Unverkennbar handelte es sich um das Brummen eines wütenden Bibor-Schwarmes.
Vermutlich lag es daran, dass er ein Pflanzen-Pokémon war, denn Max spürte deutlich, wie viele von von denen auf ihn und seine Kollegen zukam. Er spürte, dass es töricht und nahezu gefährlich war, in dieser engen Formation einem solchen Brummen von vielen entgegen zu treten. Und jetzt spürte er anhand des Raschelns zur Seite gestoßener Büsche und Äste, dass sie in alarmierender Geschwindigkeit auf sie zukamen. Er wusste, dass ihm nur noch Sekunden verblieben.
„Runter!“, schrie Max so laut er konnte. Im gleichen Moment drückte er Jimmy das Gesicht nach vorne und Iros Arm zog er nach unten, während er sich selbst bäuchlings nach vorne warf. Zum Glück folgten beide seinen Bewegungen, ohne Widerstand zu leisten. Und dieser hätte sie viel gekostet, denn noch während sie fielen, schoss ein gelb und schwarz gestreifter Zug messerscharf über sie hinweg. Unangenehm fühlte sich Max an Herakles erinnert, denn das Gebrumme, dass über sie hinweg fegte, drang stechend in sein Gehör ein. Er schrie auf vor Schmerz und hielt sich die Ohren zu, um dem etwas Linderung zu verschaffen. So schnell wie es gekommen war hörte es auf. Das Brummen verstarb hinter ihnen. Eine Zeit lang verging, in der Max die Augen geschlossen hielt und nur noch das aufgeregte Atmen seiner beiden Kollegen hörte, welche sich nun aufrichteten, denn leise wirbelten sie Blätter und Dreck auf. Er spürte Iros kräftige Hand unter seinen Schultern und scheinbar ohne Mühe wurde er von diesem auf die Beine gestellt. Max dankte ihm keuchend, denn das Käfergebrumme lag noch immer in seinen Ohren.
„Ach du meine…“, sagte Iro perplex, der in die Richtung starrte, in die der Zug gefahren war.
„Es tut mir leid!“, keuchte Jimmy schuldbewusst, der sich Dreck vom Oberkörper klopfte, „als ich oben an der Spitze den Dschungel überblicken wollte, schien ich auf dem Weg irgendein Nest aufgerührt zu haben. Sie schossen jedenfalls aus den Bäumen heraus auf mich zu, sodass ich vor Schreck gefallen bin und dann-“
Er verstummte. Und Max und Iro verstanden sofort, warum Jimmy abbrach. Das Brummen kehrte zurück. Erst war es leise zu vernehmen, doch wurde es schnell und bedrohlich lauter.
„Ich übernehme das!“, sagte Jimmy im Versuch, tapfer zu wirken. „Schließlich habe ich euch das eingebrockt.“
Und er holte auch mehrmals tief Luft und trat ein paar Schritte hervor. Max, der an Viridiums Warnung dachte, wollte gerade eingreifen, als Iro schon dies erledigte. Mit einem Arm stieß er unsanft Jimmy zur Seite, doch er achtete nicht auf ihn. Angespannt und konzentriert blickte er in das Dickicht, aus dem das Brummen gefährlich laut klang. Mit einem Atemzug, der wie ein Donnergrollen klang, zog Iro seinen Bauch ein und seine Backen weiteten sich. Dann als im Bruchteil einer Sekunde das erste spitz verlaufende Gesicht eines Bibors aus dem Gebüsch hervortrat, stieß Iro mit einem lauten Rauschen einen gewaltigen Wasserstrahl von seinem Mund aus, der sich sofort weitete und nicht nur das anführende Bibor, sondern auch die ganze Schar traf, die dem folgten. Gelb und schwarz gestreifte Körper verteilten sich zu allen Seiten. Durch die Kraft des Wassers, wurden einige an die umstehenden Baumstämme geworfen, worauf sie bewusstlos auf den Boden sackten. Andere wurden erbarmungslos nach hinten in ihre Artgenossen geschleudert und in den Dschungel zurückgeworfen. Der Wasserstrahl erstarb und Iro, der tief Luft holend keuchte, sackte auf die Knie und stützte sich mit seinen Händen vom Boden ab. Jimmy pfiff vor lauter Ehrfurcht. Max war zutiefst beeindruckt. Iro war nicht der Typ, der zu solchen Attacken ansetzte. Er war, wie er es schon des Öfteren bewiesen hatte, ein Pokémon für die ehrliche Handarbeit, wie Iro es scherzhaft zu sagen pflegte. Dann aber einen solchen Wasserschwall von Iro kommen zu sehen, hatte Max dann doch sichtlich überrascht. Doch erkannte er gleich, dass es seinen Preis hatte. Iro wirkte, als hätte er statt mit einer Vielzahl von Bibors es mit einer gleichen Zahl an Stahlos zu tun gehabt. Zwar hatte er die Begegnung überstanden, doch hatte sie an seinem Körper gezehrt. Und erschrocken musste Max nun fast starr vor Bewunderung und Schreck zusehen, wie Iro sichtlich k.o. zu Boden glitt. Ganz offenbar war Iros Attacke eine, die er nur einmal verwenden konnte.
Doch entgegen seiner Befürchtung, dass nun er und Jimmy allein es mit den Bibor aufnehmen mussten, konnte er sich etwas entspannen. Das Brummen zog nun über sie hinweg und schien sich dabei in verschiedene Richtungen aufzuteilen. Dann verstarb es endgültig. Iros Attacke schien die meisten von ihnen verscheucht zu haben, denn nur noch die Bibor, die vom Wasserschwall an die Baumstämme geschleudert wurden, verblieben auf der Lichtung, welche allmählich wieder zu Bewusstsein kamen. Jimmy, der behutsam auf sie zuging, redete langsam auf sie ein. Sogar seine hintere Flamme ließ er erlöschen: „Wir wollen euch wirklich nichts Böses! Wenn ich euch erschreckt haben sollte, dann tut es mir leid!“
Die zwei Bibor, die erwacht waren, blickten mit ausdrucklosem Gesicht zu Jimmy. Max war sich nicht sicher, ob sie ihm zuhörten oder gar nicht verstanden. Dann aber sah er einen gierigen roten Glanz in ihren Facetten-Augen. Obwohl sie einige Schritte von Jimmy entfernt waren, wusste er, dass sie blitzartig zustechen würden. Instinktiv setzte er zum Spurt an, war direkt an Jimmys Seite und parierte mit seiner Laubklinge die dicke Nadel, die vom rechten Arm des Bibors ausging. Jimmy, der zu spät reagiert hätte, wich erschrocken zurück, stolperte und landete auf seinen Hintern. Er blickte hoch zu Max und dem Bibor, welche sich stumm anstarrten. Max konnte sich vage in den Facetten des Bibors spiegeln sehen. Dann blieb ihm nur eine Sekunde Zeit, die zweite Nadel des Bibors mit seinem anderen Arm abzuwehren. Den Stachel am hinteren Leib, der nachsetzte, entging er ebenso knapp. Verbissen sammelte Max nun Energie in seinem Mund an, die sich in grün leuchtenden Kugeln freisetzte. Anders als das Bibor traf er. Die Kugelsaat erfasste das Gesicht des Bibors und traf es teilweise in und zwischen die Augen, woraufhin in der Luft zurücktaumelte. Sichtlich zornig über diesen Angriff setzten die anderen zwei Bibor nach, drauf und dran, Max mit ihren Nadeln aufzuspießen. Max befand sich durch die Anwendung der Kugelsaat noch in einer zur Abwehr ungünstigen Position. Er hatte Schwierigkeiten auf die Schnelle seine Haltung zu verändern, um es mit den beiden Bibors aufzunehmen. Doch ehe er sich fassen konnte, schoss ein dünner zischender Flammenstreif über seinen Kopf hinweg, der daraufhin über die Lichtung glitt. Dies war Grund für die zwei Bibor innezuhalten und sich erst dem nun erlöschenden Flammenschweif und dann Jimmy zu wenden, der entschlossen ihren Blick erwiderte. Demonstrativ ließ er mehrere kleinere Feuerzungen aus seinen Mundwinkeln schießen. Die drei Bibor brummten leise mit ihren Hautflügeln, dann kamen sie offenbar zu dem Entschluss, dass sie den beiden Pokémon unterlegen waren. Stumm schwebten sie auf das Blätterdach zu und verschwanden in diesem.
Leicht keuchend wandte sich Max Jimmy zu, der auf dessen Blick entrüstet die Hände hob: „Ich musste es tun, sonst hätten sie sich ziemlich übel erwischt!“.
Max begegnete seinem Blick und er konnte ihm keinen Vorwurf machen. Dennoch verzog er den Mund. Das Gefühl, dass sie beobachtet wurden, hatte ihn nicht losgelassen und er wusste, dass der Einsatz von Jimmys Feuer Konsequenzen mit sich bringen würde. Er dachte an die Schärfe, die in Viridiums Warnung lag. Doch er schaffte es zum Teil sich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass das Feuer Jimmys zur Notwehr eingesetzt wurde. Zu diesem Urteil würden, so hoffte er es, auch jene gesichtslosen Beobachter kommen. Optimistisch und nur noch leicht beunruhigt lächelnd trat er mit Jimmy an Iro heran, der sich allmählich wieder aufrichten konnte. Zwar keuchte er, doch lag ein zufriedener Ausdruck auf seinem Gesicht. „Ich hoffe, die bringen mehr von denen! Das ist eine gute Gelegenheit zum Üben meiner Aquahaubitze.“
„Wir können von Glück reden, wenn wir es möglichst unbeschadet zu Mew schaffen“, sagte Max mit strengem Blick. „Vergiss nicht, dass wir dieses Abenteuer lebendig überstehen wollen.“ Er wandte sich nach hinten und blickte zurück zur Stelle, wo er und Jimmy gegen die Bibor kämpften. „So wie es aussieht, waren sie uns richtig feindlich gesinnt.“
„Ich verstehe es aber trotzdem nicht“, meldete sich Jimmy, der zuerst zur Stelle und dann nach oben blickte: „Ich habe versucht, sie davon zu überzeugen, dass wir nichts Böses wollen. Hätten sie nicht einsehen müssen, dass wir gut sind?“
„Was das betrifft“, entgegnete Max, „ich glaube entweder, dass sie uns nicht zuhören wollten, oder dass sie … nun ja, wilde Bibor waren.“
„Glaub mir“, schmunzelte Iro, der seine Gelenke bewegte und knacken ließ. „Nachdem, was ich schon in der kurzen Zeit vom Geheimnisdschungel gesehen habe, würde ich es dem zutrauen, dass dieser fast nur von wilden Pokémon bewohnt wird.“
„Was es aber uns nicht unbedingt einfacher machen würde“, sagte Max mit einem schiefen Lächeln. Iro begegnete belustigt seinem Blick: „Wann war für unser Team denn je etwas einfach?“
„Da ist was dran“, pflichtete ihm Jimmy. „Soweit ich mich erinnere, sind wir stets vom Schicksal erwählt worden. Selbst als wir damals nur zu zweit waren, Max.“
Max sagte nichts. Gedankenversunken betrachtete er die Blätterdecke, durch die nun immer schwächer werdendes Licht dran. Es ging wohl auf den Abend zu, dachte er sich. Doch anderes beschäftigte ihn. Es kam ihm so vor, als liege das Gespräch mit Lashon schon mehrere Wochen zurück, obwohl gerade Mal ein Tag vergangen ist, seit er sie kontaktiert hatte. Es war eine Sache, ihm zuzusagen, die sieben Wächter aufzusuchen, und eine andere, sich tatsächlich auf den Weg zu machen. Nun, da sie gefühlt erst seit einer Stunde sich im Geheimnisdschungel aufhielten und schon eine erste direkte Konfrontation mit dessen Gefahren hatte, fragte Max sich, warum er nicht vorher daran gedacht hatte, dass der Weg eventuell schwierig sein würde. Er hatte den Eindruck, dass sie sich nicht gut vorbereitet hatten. Denn da standen sie, nach einer Stunde fast kampfunfähig. Iro würde nicht ein zweites Mal innerhalb von kurzer Zeit eine Aquahaubitze vollbringen können und Jimmy wurde dazu verdammt, sein Feuer zurückzuhalten. Und auch merkte er bei sich selber, dass seine Reflexe zwar scharf waren, doch er als Pflanzen-Pokémon gegen solche des Typs Käfer nicht viel ausrichten konnte. Und es bedurfte des Brechens eines Verbotes, dass er die Begegnung mit den Bibor ohne Schaden überstanden hatte. Und noch dazu war das Team auf sich gestellt in einem Land, welches in einer anderen Dimension lag. Selbst wenn er es wollen würde, so konnte er sich keine Hilfe von Verbündeten wie Cephal oder anderen Erkundern erhoffen. So wie es den Anschein, waren sie umringt von potenziellen Feinden und sie hatten sich nicht großartig auf ihr Ziel hin fortbewegt. Max wusste nicht einmal, wo dieses überhaupt lag. Dann aber fiel ihm ein, weswegen es überhaupt zu dem Angriff der Bibor kam. Jimmy zufolge hatte dieser sie aufgeschreckt, als er auf den Baum kletterte. Max wandte sich an Jimmy mit dem Funken an Hoffnung, dass sie zumindest ein Teilproblem lösen konnten: „Hast du von oben eigentlich was gesehen? Irgendein Hinweis, wo wir Mew antreffen könnten?“
„Hm? Was?“ Auch Jimmy schien in tiefen Gedanken verloren gewesen zu sein, denn verdutzt blickte er zu Max auf. Als er verstand, wonach er gefragt wurde, hellte sich ein Blick auf und ein leises Lächeln fuhr zu Max‘ Erleichterung über seinen Mund: „Bevor mich die Bibor angegriffen habe, habe ich in der Ferne einen riesigen Baum ausmachen können, der alle anderen überragte. Es sah auch ganz danach so aus, als bilde er das Zentrum des Dschungels, denn dieser scheint ihn zu umgeben. Er liegt …“, und er wollte mit dem Finger in die entsprechende Richtung zeigen, doch er stutzte. Er blickte nach rechts und links und verzog das Gesicht.
„Ich weiß es nicht mehr, in welche Richtung er liegt“, gestand er sich schuldbewusst ein. Iro schnaubte. Jimmy funkelte ihn zornig an.
„In all dem Chaos mit den Bibor konnte ich mir das nicht merken, okay? Und die Bäume dieser Lichtung sehen alle gleich aus, keine Ahnung, von welchem ich aus den Riesenbaum gesehen habe.“
„Na dann“, entgegnete ihm Iro, „klettere hoch und finde es heraus. Und pass dieses Mal besser auf.“
Jimmy wollte gerade zurückfauchen, als Max zwischen die beiden trat. Es sei noch Zeit genug, auszumachen, wohin es zu Mew geht. Er deutete nach oben zum Blätterdach, durch das so gut wie kein Licht mehr fiel. In nur wenigen Augenblicken würde sie von einer unheimlichen Dunkelheit umgeben sein, die es unmöglich machen würde, irgendetwas zu erkennen. Max zweifelte, dass eventuelles Mondlicht nicht gut genug durch die Blätter dringen würde, um den Weg zu erleuchten. Doch zu seiner Überraschung leuchteten andere Dinge auf.
Da sie immer mehr Dunkelheit umgab und einander nicht mehr wahrnehmen konnten, ließ Jimmy wieder seine hintere Flamme aufleuchten, welche die Züge seiner Kollegen merkwürdig hervor hob. Doch hinter ihm leuchteten weißblaue und grünliche unförmige Sphären auf, die an Leuchtkraft zu gewinnen schien. Auch Iro und Jimmy bemerkten dieses Phänomen an mehreren Stellen der Lichtung. Direkt erkannte Max, dass diese Lichter nicht auf auf die Lichtung beschränkt waren. Aus dem Gebüsch heraus funkelten ihnen weitere entgegen, teils waren sie deutlicher zu erkennen, dann aber waren manche so sehr von darüber liegenden Blättern bedeckt, dass sie wie ein glimmendes Augenpaar wirkten, das sie zu beobachten schien. Max schritt an Jimmy vorbei und näherte sich vorsichtig den Lichterpaaren, die ihm am nächsten waren. Beim genauen Hinsehen erkannte er die Form wieder. Es waren die Pilze, die Jimmy zuvor essen wollte und vor denen Viridium eindringlich gewarnt hatte. Deren Hüte leuchteten in verschiedenen Farben auf, das von einem dünnen Film eines Sekrets kam, das von deren Haut abgesondert wurde. Feine Tropfen träufelten auf den Boden, welcher den Eindruck machte, als hätte er Pocken. Die Pilze hatten eine Art Trance erweckende Wirkung, als Max‘ Blick sich in deren Glanz verlor. Doch blieb sein zum Glück wach. Er konnte verstehen, warum Viridium vor der starken einschläfernden Wirkung des Giftes gewarnt hatte. Obwohl sie ihn faszinierten, wäre Max nie auf die Idee gekommen, sie zu essen. Stattdessen aber kam ihm eine andere und er griff in den Erkunderbeutel.
„Was machst du da?“, rief Jimmy überrascht auf, der nun zusah, wie Max einen langen bräunlichen Schal hervorholte. Max antwortete ihm nicht, er blickte konzentriert auf die Pilze. Dann ließ er zielgenau seine Laubklingen hervorschnellen. Seine Präzision enttäuschte ihn nicht. Die Pilze trennten sich vom Boden auf und weil sie von einem leicht hügeligen Boden gewachsen waren, kullerten sie herab in den Schal, den Max vor ihnen auf den Boden ausgebreitet hatte. Ihre Leuchtkraft verloren sie aber nicht, worauf Max gesetzt hatte und er nun zufrieden lächelte. Er hob den Schal vorsichtig an zwei gegenüberlegenden Ecken mit den Spitzen seinen Finger an und trug ihn ganz sachte zu der Stelle, von der Iro sie mit skeptischem und neugierigem Blick beobachtet hatte. Er breitete den Schal wieder vor seinen Füßen aus. Da die Pilze nun auf einen Haufen lagen, ging von diesem ein intensiveres Licht als von einem einzelnen aus, der die nähere Umgebung geisterhaft beleuchtete. Die ihnen am nächsten gelegenen Baumstämme wurden fahl angeleuchtet und die Dunkelheit hinter ihnen blieb erhalten. Es war, als befänden sie sich in einem Käfig mit den Stämmen als Stangen, der sie von der umliegenden Dunkelheit abschirmte.
„Nette Idee“, sagte Iro anerkennend. Jimmy nickte eifrig. Max lächelte.
„Da wir auf Jimmys Feuer verzichten müssen, dachte ich mir, dass wir damit unser Lager gestalten könnten“. Er lächelte zuversichtlich, dann blickte er zu Jimmy, der betreten den Kopf senkte.
„Was ist los?“, sagte Iro.
„Ich glaube, das wird Ärger geben, dass ich mein Feuer gegen die Bibor angewandt habe“, nuschelte Jimmy. Max sah in ein paar Augenblicke an, als er dann zu einem aufheiternden Ton ansetzte: „Keiner wird dir einen Vorwurf machen, wenn du dein Feuer zur Notwehr einsetzt!“
„Ja, schon, aber …“, sagte Jimmy und in seiner Stimme lag so etwas wie eine ängstliche Vorahnung. „Was, wenn hier vor uns schon Feuer-Pokémon waren, mit denen der Geheimnisdschungel schlechte Erfahrung gemacht hat?“
„So wie ich das sehe“, warf Iro ein, ehe Max eine Antwort formulieren konnte, „konnten sie wohl kaum so schlimm gewesen sein. Ich meine, Viridium hätte sich von Anfang an weigern können uns zum Dschungel zu führen, wenn sie einen absoluten Hass auf Feuer-Pokémon hegen würde, oder? Jedenfalls, ich denke sie hätten uns gleich aus dem Weg geräumt, wenn wir per tu nicht willkommen wären und-“
„Iro!“, rief Max scharf dazwischen. Er hat beobachtet, wie Iros Worte Jimmy sichtlich beunruhigten. Ihm wurde sein Patzer peinlich bewusst und er verstummte, brachte doch ein Kichern zu Stande. Jimmy blickte verstört zu ihm auf: „Was gibt es denn da zu lachen?“
„Das klingt jetzt lächerlich“, druckste Iro vergnügt, „doch ich denke, dass sie einfach nur verhindern wollen, von einem Feuer-Pokémon im Kampf besiegt werden zu wollen. Deswegen mögen sie die Vorstellung nicht, wie dieses in ihrer Heimat Feuer einsetzt – im Kampf hätten sie absolut keine Chance. Sie haben Angst gegen dich zu verlieren, Jimmy! Und damit kommen sie nicht klar!“
Er grinste aufmunternd. Max war sich nicht sicher, ob Iro es ernst meinte oder nur einen Versuch unternahm, Jimmy etwas Mut einzureden. Er fand, dass es eher ein fruchtloser Versuch war, denn Jimmy sah nicht danach aus, als wäre er zuversichtlicher geworden. Iros Grinsen erlosch, doch der Klang seiner Stimme blieb zuversichtlich: „Selbst, wenn sie uns aus dem Weg räumen wollten. Soll uns das Verbot dann noch kümmern, Jimmy? Feuer frei sage ich nur. Wir werden uns so oder so unseren Weg bahnen! Wie, kommt ganz auf jene an, die sich uns in den Weg stellen wollen.“
Max und Jimmy blickten sich an. Dann blickte Max streng zu Iro: „Wir wollen aber keinen unnötigen Schaden anrichten, wir sind schließlich keine Barbaren!“
„Wenn es zum Kampf kommt“, entgegnete Iro trocken, „kann meist für nichts garantiert werden, wenn wir uns verteidigen müssen. Und ich denke, das kann ich von uns behaupten. Zu dritt werden wir mit jedem fertig! Wie mit diesem… diesem …“
Er schnippte fahrig mit den Fingern, während er angestrengt in die Luft starrte. „Wie hieß nochmal das Gengar, das wir zuletzt gefasst haben?“
„Shadow?“, fragte Max. Iro reckte ihm dem Daumen entgegen.
„Auch, wenn er uns gut beschäftigt hat, haben wir ihn dennoch besiegen können. Und vergessen wir nicht, dass wir zusammen meine Schwester befreit haben. Ich sage euch nochmal“, und er schlug die Faust in seine Hand, „Uns kann keiner was vormachen!“
Dieses Mal gelang es Iro, dass seine Zuversicht sowohl Max als auch Jimmy ansteckte. Max konnte ihm nicht widersprechen. Seit Iro dem Team beigetreten war, haben sie Kämpfe mit weitaus weniger Mühe und Kraftaufwand bewältigen können. Zumal haben sie vielfältigen Möglichkeiten, wie sie ihre Kräfte kombinieren konnten, dazugewonnen. Max sah lächelnd und dankbar zu, wie Iro sich auf den Boden rückte und zu der Dunkelheit über sich hinaufblickte, als würde er einen sternenübersäten Nachthimmel beobachten. Auch Jimmy wirkte wesentlich entspannter.
„Wir sollten Nachtschichten machen, denn ich glaube wir werden zur leichten Beute, wenn wir alle zusammen einschlafen“, schlug Max vor. Von Iro kam ein zustimmendes Brummeln, nur Jimmy wirkte wieder was nervös.
„Wenn du Angst hast, allein eine Schicht zu übernehmen“, wollte Max ansetzen, doch Jimmy reagierte prompt. Er sprang auf und ballte überambitioniert die Fäuste. Trotzig blickte er zu Max: „Ich werde die erste Schicht übernehmen! Und bei Gefahr schreie ich laut, da ich ja kein Feuer einsetzen darf. Einverstanden!“
Verdutzt blickte Max in das angespannte Gesicht von Jimmy. Auch Iro hatte seinen Kopf ihm zugewandt. Dann nickte er langsam und lag sich rücklings auf den Boden. Er sah noch, wie Jimmy leicht zitternd aufstand, aber mit entschlossener Miene wachsam sich umblickte. Dann schloss Max nicht mehr so angespannt wie zuvor die Augen. Iro hatte Recht, dachte. Selbst wenn es öfter im Dschungel zu kämpfen kommen sollte. Wenn er, Jimmy und Iro zusammen sich den Gefahren stellten, werden sie auf irgendeine Art und Weise aus denen hervorgehen.
Er hatte das Gefühl, dass der gesamte Tag zu viel für seinen Körper gewesen ist. Vom Aufstehen an ist es nur unterwegs gewesen. Er hat sich beeilt, Cephal einzuholen, hat gegen Herakles gekämpft, ist Viridium den langen Weg zum Geheimnisdschungel gefolgt, ist von Bergräubern überfallen worden und obendrauf haben sie es mit einem Schwarm Bibor zu tun gehabt. Er spürte, wie zusätzlich zu den Erlebnissen das fahle Licht der Pilze, das in sein Gesicht schien, dafür sorgte, dass eine Müdigkeit seinen gesamten Körper in nur einem Augenblick durchflutete. Er spürte, wie sein Körper schwer wurde und schließlich in sich zusammensackte. Schwerelos schwebte er in einem Dunkeln, die Strapazen waren wie fortgeblasen. Dann schlug er sich mit Stahlklingen an seinen beiden Armen durch dichtes Unterholz und Buschwerk. Er war zu spät. Iro und Jimmy sind schon zu Mew gestoßen und Max knurrte wütend, dass er so spät dazu stoßen würde. Er konnte sich schon das amüsierte Lächeln von Iro vor sich sehen, wie er lachend eine Handvoll Beeren sich in den Mund werfen und Max von einem sehr hoch gelegenen Ast eines riesigen Baumes zurufen würde, dass die Versammlung der Wächter bereits begonnen hatte. Sie hätten sich bereits alle zum Kriegsrat versammelt, denn Kyurems Komet steht bald bevor.
Endlich, nachdem er sich durchgeschlagen hatte, stand er vor einem riesigen Baum mit aalglatter Rinde, der sich bis in die höchsten Himmelsschichten erstreckte. Max blickte sich nach dem Eingang um und löste dabei seine Schwerter von den Armen und verstaute sie vorsichtig in seinen Beutel. Er konnte keinen finden, nur eine Masse an Ranken tummelte sich vor ihm. Sie gab ein zurrendes und knackendes Geräusch von, als würden sie sich von Geisterhand bewegen. Unsicher trat Max langsam heran: „Entschuldigung? Wo finde den Eingang zu Mew?“
Beim Klang des Namens teilte sich der Rankenhaufen in zwei Teile auf, wobei einer nur halb so groß wie Max und der andere ihn um einen Kopf überragte. Ehe Max realisieren konnte, was passierte, krochen sie langsam auf sie zu. Instinktiv fuhr Max seine Laubklingen aus und er tat gut daran. Die Ranken warfen sich auf ihn, doch lässig schnitt er die beiden Haufen in zwei Teile. Ein Schrei, der von beiden kamen, ließ ihn zusammenzucken. Er kannte die Stimmen. Mit rasendem Herz trat er keuchend an den kleinen Rankenhaufen heran. An den Stellen, wo die Laubklingen ihn durchtrennt hatten, wurde orange-rötliches Fell freigelegt und aus dem Inneren des Haufens drang ein schmerzerfülltes Klagen.
„Jimmy“, hauchte Max entsetzt und blickte mit weit aufgerissenen Augen an seinen Armen entlang. Sofort ließ er die Laubklingen zurückfahren und schwer atmend versuchte er, Jimmy aus dem Wirrwarr von Ranken und Dornen zu befreien.
„Max… hilf … mir … Max…“, drang Jimmys Stimme wimmernd hervor. Max versuchte es immer wieder, doch je mehr Ranken er mit seinen Händen durchtrennte, umso mehr bildeten sich neue. Dann entglitt ihm Jimmys rankenüberzogener Körper aus seinen Händen, denn dieser wurde nach hinten gezogen und drohte im Unterholz zu verschwinden. Max schrie, doch obwohl er seine Stimmbänder vibrieren spürte, hörte er nicht mehr seine eigene Stimme. Doch es blieb ihm keine Zeit, Jimmy hinterher zu jagen, denn Iro schien es genauso zu ergehen. Aus dem großen Rankengeflecht drangen Kampfgeräusche. Auch Iro schien sich nicht mit seinem Schicksal abgeben zu wollen. Max trat an seinen Haufen heran, doch die Ranken waren wie dicke Äste, die er nie von Hand hätte durchtrennen können. Max blieb nur eines übrig, obwohl ihm die Vorstellung nicht behagte. Er holte eine der Stahlklingen aus dem Beutel hervor und hob sie über den Kopf. Doch gerade, als sein Arm herabschnellte, tat sich der Rankenhaufen auf und Iros stämmiger Arm schoss aus diesem hervor und fing den von Max in der Luft. Erleichtert atmete Max auf, als Iro aus den Ranken hervortrat, doch dieser blickte schwer atmend und wütend auf ihn herab.
„Was soll das, Max?“, fauchte er. „Willst du mich umbringen?“
Max verstand nicht, wieso sich Iro so furchteinflößend vor ihm aufbaute und ihm die Sicht auf den großen Baum hinter ihm nahm. Dann sah er erschrocken, wie Iro seine Faust ballte, ausholte und Max ins Gesicht schlug.
Max fuhr blitzartig hoch und keuchte. Sein Herz pochte laut in seiner Brust und er spürte Schweißtropfen kalt an seinen Augen entlanglaufen. Vorsichtig fuhr er mit seiner Hand über sein Gesicht. Es schien noch komplett zu sein statt zersplittert zu sein. Max brauchte eine Weile um zu kapieren, dass er die Szene nur erträumt hatte. Mit einem Gefühl der Erleichterung, bemerkte er, dass Iro und Jimmy beide in seiner Nähe schliefen. Es war also nur ein Alptraum, dachte sich Max und er atmete tief ein und aus und schloss die Augen, um sich zu beruhigen. Beide waren nicht in Gefahr.
Trotzdem wirkte die Umgebung verändert. Max öffnete wieder die Augen und mit einem Mal stieg die Anspannung wieder in ihm an. Die Pilze, die er als Lagerfeuer-Ersatz aufgebaut hatte, lagen auf der ganzen Lichtung verstreut und schienen sogar auch in der Luft zu schweben. Und wütend stellte er fest, dass auch Jimmy ihn oder Iro nicht geweckt hatte, als er beschloss, sich schlafen zu legen. Es wäre doch selbstverständlich gewesen, dass entweder Max oder Iro die nächste Schicht übernommen hätten und …
Er hielt in seinen Gedanken inne. Irgendetwas stimmte nicht. Und er hatte auch das ungute Gefühl, dass er wusste, wohin er blicken musste. Langsam und vorsichtig wanderte sein Blick nach oben zu dem Paar an Pilzen, das in der Luft hang. Er wusste nicht, warum er bei deren Anblick das Gefühl von Gefahr verspürte. Dann wurde ihm bewusst, dass die Pilze nicht so einfach in der Luft schweben könnten und dass diese auch generell eine ganz andere Form und Glanz aufwiesen. Und erst jetzt bemerkte er, wie sie sachte auf und ab hüpften und offenbar seinen Blick erwiderten.
Dies waren keine Pilze. Irgendwer oder Irgendetwas beobachtete ihn aus der Dunkelheit. Sowohl Es als auch Max starrten sich eine Zeit lang wortlos an. Dann ertönte eine kalte und tonlose Stimme: „Gut geschlafen?“
Ehe Max reagieren konnte, spürte er erschrocken, wie etwas blitzartig seinen Körper hochkroch. Dann stach ihm etwas schmerzhaft in seinen Nacken und er fühlte, wie sich schlagartig eine wohlige Wärme in alle Richtungen in seinem Körper ausbreitete. Er versuchte, seine beiden Kollegen zu warnen. Er spürte zwar, wie seine Stimme funktionierte, doch hörte er sie nicht mehr. Das letzte, das er spürte war, wie er nach vorne kippte und Dunkelheit den letzten Rest an Licht verschlang, den die Pilze von sich gaben.
Ich habe mich bei diesem Kapitel für die Etablierung eines, ich sage mal, gewagten Konzeptes entschieden: Die Unterscheidung zwischen "Wilden Pokémon" und "Pokémon" an sich.
Um es kurz zu machen: Die Evolution in dieser Welt hat zwei Arten von Pokémon hervorgebracht: Solche, die ein Bewusstsein, Lernverhalten und Reflexionsvermögen entwickelt haben und solche, die diese Entwicklung nicht vollzogen haben, sondern in einem primitiven Zustand blieben. Diese wilden Pokémon lassen mit Tieren gleichsetzen, während "Pokémon" uns Menschen ähneln.
Aus dem Grund wird es in zukünftigen Kapiteln nicht als Kannibalismus bewertet, wenn sich vom Fleisch solcher wilden Pokémon ernährt wird. Pokémon mit Bewusstsein haben alternative Lebensformen entwickelt, die sich von der ihrer wilden Artgenossen unterscheiden. Ethische Fragen werden diesbezüglich an entsprechenden Stellen ebenso aufkommen, doch das ist zur Zeit noch Zukunftsmusik.
Die Inspiration für die leuchtenden Pilze entstammen dem N64-Spiel "Paper Mario". Im Dritten Kapitel des Spiels bewegt man sich zu Beginn durch einen Wald, wo man an manchen Stellen auf Pilze trifft, die bei Drücken des A-Buttons aufleuchten. Um dem Geheimnisdschungel einzigartige Flora zu verleihen, haben diese Pilze ihren Übergang in mein Kapitel gefunden mit dem Zusatz, dass sie eine leuchtende Flüssigkeit absondern, die aber ein starkes Nervengift darstellt, vor dem auch gewarnt wird.
Es ist nicht möglich, selbst unter Vorsicht ein Mahl aus denen zuzubereiten; will ich mal gesagt haben ;)