Ocean of Tears - Flammen des Schicksals

Wortlos lief Shizea neben Seth, Gedanken versunken achtete sie nicht darauf wohin sie gingen, das brauchte sie aber auch nicht, es gab nur einen Weg, welcher sie zu den Bergen führte, daher war ihr Blick leicht gesenkt und sie betrachtete ihre Schuhe, welche immer wieder leicht im aufgequollenen Boden versanken.
Für Seth’s Nachtara war der schlammige Boden zu unangenehm, immer wieder blieb der Schmutz zwischen seinen Pfoten kleben, daher lief es etwas Abseits zwischen den hoch gewachsenen Getreidestängeln.
Der Weg wurde allmählich immer steiler, es war deutlich bemerkbar, dass sie sich dem Gebirge näherten, sofern man es nicht an den immer größer werdenden Bergen bemerkte, dann spätestens an dem Weg, welcher immer schwerer zu bewältigen war. Die Felder verschwanden nach und nach und wurden von Steinen in jeder Form und Größe abgelöst, welche überall verteilt lagen.

“Mhhh…gibt es noch einen anderen Weg?”
Fragend sah Seth zu Shizea, nachdem er sich die Felsbrocken betrachtet hatte, welche auf den immer enger gewordenen Pfad gefallen waren und diesen nun vollends versperrten.
“Vor ungefähr einer halben Stunde habe ich einen kleinen Weg gesehen der weiter nach unten geht und dann durch die Klippen führt”
Seth nickte nur knapp, dann wandten sich die beiden um, und begaben sich zurück zu dem erwähnten Weg. Dort angekommen stellte sich dieser so genannte Durchgang als weitaus steiler heraus wie Shizea ihn in Erinnerung hatte, ihnen blieb nichts anderes übrig als Stück für Stück herunter zu klettern.
Vorsichtshalber wurde Nachtara in seinen Pokeball geschickt, dann nach einigen Metern prasselten einige kleine Stein herunter und machten das Vorrankommen immer schwieriger.

“ich hoffe du bist früher oft auf Bäumen herumgeklettert”
Witzelnd sprach Shizea diese Worte, sie war vor gegangen und schien mit dieser Kletterei keinerlei Probleme zu haben.
Verschmitzt rang sich auch Seth ein schmunzeln ab und folgte Shizea etwas unsicher und krallte sich förmlich an den Steinen, welche ihm Halt geben sollten, fest.
Ein ungewöhnlich scharfer Windzug zog an ihnen vorbei, welcher sich anfühlte, als würde er ihnen in die Haut schneiden können, kurz ließ Seth los, als sich ein kleiner Schnitt über seine Fingerkuppen zog, griff dann jedoch panisch nach und verhinderte damit seinen Absturz, dabei prasselten einige kleine Kieselsteine auf Shizeas Kopf herunter.

Dieser Wind war zwar ungewöhnlich, jedoch noch lange kein Grund ihr Steine auf den Kopf regnen zu lassen.
“Hab dich nicht so, das war nur ein starker Luftzug, wenn du hier abstürzt kratze ich dich nicht von den Felsen auf”
Vielleicht lag es an der Situation, welche zwar gefährlich war, aber die beiden von anderweitigen Gedanken befreite, dass Shizea einen neckischen Ton an den Tag legte und sprach, als wären sie Jahre lang schon gute Freunde.
“du hast gut reden…”
Obgleich Seth etwas genervt klang war es auch für ihn befreiend, fernab seiner Probleme mit Shizea die rohe Natur zu bewältigen.

Ein Pfeifen erklang und ließ die beiden nach oben schauen. Etwas höher als der Weg, von welchem sie herabgeklettert waren. Auf einem Felsvorsprung erkannten sie eine in einen grauen Mantel gehüllten Stallt, welche scheinbar auf den riesigen Felsbrocken vor sich deutete.
“das ist nicht gut…”
Meinte Shizea nur knapp, ließ mit einer Hand los und schwang sich dann mit dem Rücken an die Felswand gepresst in eine kleine Nische.
Seth bemerkte ihre Bewegungen gar nicht, fixiert sah er zu dem Unbekannten, es blieb ihm keine Zeit zu reagieren.

Nachdem der Fremde die Aufmerksamkeit der beiden Auf sich gelenkt hatte, legte er seine rechte Hand flach auf diesen Felsen, kurz herschte Stille, dann ertönte ein starkes zischen von so unnatürlich scharfem Wind, dass Seth zu Shizea blickte und erst jetzt bemerkte, dass sie sich bereits in Sicherheit gebracht hatte.
Es dauerte nicht länge wie einen Wimpernschlag, dass Seth’s Interesse wieder nach oben gezogen wurde, ein ohrenbetäubender Knall durchbrach die Stille der Berge und hallte mehrere male unverändert wieder.
Diese unnatürlichen Windströmungen hatten den Fels bersten lassen, als hätte man eine Bombe in seinem inneren platziert, riss es ihn auseinander und diese immer noch Menschen großen Trümmer, knallten mit wahnsinniger Geschwindigkeit auf die beiden nieder.
Seht schaffte es den ersten Bruchstücken auszuweichen, doch er war nicht geübt sich an Klippen oder Felsvorsprüngen zu bewegen, daher traff in nach kurzer Zeit ein großes Teil mit so starker Kraft an der Schulter, dass der Knochen aus dem Gelenk gerissen wurde und gepaart mit ungeheurem Schmerz gegen Seine Haut, Muskeln und Sehnen drückte.
Obgleich er sich kaum noch halten konnte, krallte er sich an den kleinen Lücken im inneren der Felswand fest um nicht abzustürzen, erst als ein zweiter Felssplitter sich in seinen rechten Oberarm bohrte zwang ihn der Schmerz loszulassen.

Langsam sah Seth wie sich die Felswand von ihm entfernte, er konnte die Wolken erblicken, welche friedvoll am Himmel schwebten, kurz darauf verschwanden sie wieder und erneut zeigte sich das Bild der zerklüfteten Klippen, als er Kopf über in die Tiefe stürzte.
Der schmerz in seiner Schulter und in seinem Arm pochte, doch das war in diesem Moment nicht wichtig, ihm war seit dem Loslassen bewusst, dass er den Aufschlag auf den kalten, harten Stein nicht überleben würde.
In diesem Moment warf er all seine Sorgen von sich ab, das zählte nun alles nicht mehr, sein Geist war frei…sein Körper würde zerschellen und er hätte endlich jenen Frieden, welchen er sich seit mehr einem Jahr so sehnlich gewünscht hatte.

Aus ihrer sicheren Nische heraus betrachtete sie wie die Trümmer auf Seth einschlugen, sie zuckte zusammen als der erste für sie fast innerlich hörbar, seinen Arm aus der Verankerung seiner Schulter riss, doch selbiges ließ sie vor Respekt leicht schaudern, als Seth sich obwohl schwer getroffen immer noch an die Felsen klammerte.
Erst wollte sie helfen..doch..der Gedanke an ihre Familie und Amions Worte hallten durch ihren Kopf, würde Seth jetzt sterben, wären ihre Sorgen vorbei, sie hätte kein Blut an ihren Händen kleben und dennoch wäre sie frei, frei von diesen seelischen Qualen, frei von diesem Leben, welches sie bestreiten musste, sie würde nach Hause zurückkehren und das alles hinter sich lassen.

//Tze….sie haben immer noch nicht verstanden worum es geht…//
Angewidert sah die fremde Person dem Schauspiel zu, gespannt darauf, ob Shizea ihren Begleiter retten würde, doch es schien, als hätten sich beide damit abgefunden was nun passierte.
//…vielleicht hätte ich doch nicht so eine drastische Maßnahme ergreifen sollen….//
Sicher hätte die Unbekannte eingreifen können indem sie die herabstürzenden Trümmer mit ihrem Wind zerschnitt, doch was würde das ändern, sie würden die Aufgaben, welche ihnen noch bevorstanden nur gemeinsam bewältigen können, wenn diese beiden sich nun von ihrem Schicksal abwandten, würden sie so oder so nie eine Chance haben um das noch Kommende zu überstehen.
Daher ließ sie geschehen, was auch immer nun geschehen würde.

Seth hielt seine Augen geschlossen, Mut hin oder her, er würde nicht mit ansehen wollen wie er auf den Boden zuraste und sein Körper zerschmettert wird. Er ließ sich fallen, unbekümmert, leicht wie eine Feder, frei von den sterblichen Sorgen und Nöten wartete er auf das Unausweichliche.
Es fühlte sich wie ein Schlag mit einem gigantischen Hammer auf seine Schulter an, als Shizea ihn an seiner Kleidung packte und mit den ihr zu Verfügung stehenden Kräfte Seth durch den Schwung des Sturzes auf einen kleinen Vorsprung schleuderte. Zwar schlug er Mit dem Rücken gegen kantige Felsen, doch das war nur ein geringes Übel im Vergleich dazu, was sonst die Alternative gewesen war.

Ein blasses Lächeln zeichnete sich auf ihre schmalen, fast farblosen Lippen, erleichtert über das, was sie gerade gesehen hatte, atmete sie mehrere Male tief durch. Obgleich die beiden keine Hilfe gewesen wären, wenn zumindest Shizea jetzt nicht eingegriffen hätte, war dennoch froh, kein Menschenleben auf dem Gewissen zu haben. Sie wartete nicht ab was nun geschah, das wichtigste hatte sie gesehen, dass reichte für diesen Moment, es war Zeit sich wieder zurückzuziehen.

//Ich lasse mich nicht mehr zwingen…ich werde nicht zulassen mich entscheiden zu müssen…//
Erschöpft atmend sah Shizea zu Seth, welcher sie mit schmerzverzehrtem Gesicht, jedoch mit einem dankbaren Lächeln auf seinen Lippen, anblickte.
//…Ich werde die Entscheidung treffen, niemand sonst…//
Mit voller Stolz geschwellter Brust hatte sie sich von den Demütigungen Amions erholt, sie würde sich seinem Willen nicht mehr beugen, sie würde Entscheiden was sie retten würde.
//….Es steht in unserer Macht alles zu retten, was wir wollen…//

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Der weitere Abstieg bis zum Grund der zerklüfteten Felswände verlief ohne weitere Überraschungen. Obgleich Seths Arme schmerzten, ließ er sich nichts anmerken, ihn verfolgte wieder der Gedanke an seine Schwester. Ihr trauriger Blick, wie er sie angesehen hatte, als ihr gesagt wurde, er hätte sie verraten. Am Boden angekommen klopfte sich Shizea den grauen Staub von ihrer Kleidung und ging dann unvermittelt weiter.
Er stoppte, als sie sich zu ihm drehte und ihn ernsthaft ansah.
“Du verschweigst mir etwas, nicht wahr?”
Irgendwie fühlte er sich ertappt obwohl es unwahrscheinlich war, dass sie wusste was ihn beschäftigte.
“Nein, ich habe dir in Kisan alles erzählt..”
Gespielt setzte er ein Lächeln auf seine Lippen, wobei beiden wohl bewusst war, dass es verlogen war.
Shizea bestand jedoch nicht weiter auf eine Antwort und ging scheinbar enttäuscht weiter.
Sie war sich nicht im Klaren darüber was sie denken sollte, sie hatte ihre Zweifel überwunden und für ihn auf Spiel gesetzt ihre Familie niemals wieder zu sehen und er….kann ihr nicht mal die Warheit erzählen, worüber er sich auch immer Sorgen machte. In Kisan war etwas passiert, soweit war sie sich mit ihren gedanklichen Recherchen sicher, als sie ihn da auf dem Boden kauernd fand.
Leicht senkte sie ihren Kopf und ein verzweifeltes schmunzeln ging über ihre Lippen, vielleicht hatte sie sich einfach zu viel darauf eingebildet für ihn etwas aufgegeben zu haben. Es hieß nicht, dass auch er ihr so gegenüber stehen musste.

//tze…//
“Scheinbar hat es nur einer von ihnen begriffen…”
Genervt ließ sich die Gestallt, vermummt in einem grauen Mantel im Schneidersitz auf einem großen Felsen nieder. Sichtgeschützt betrachtete sie, wie die beiden durch die Klippen liefen.
“dann muss es wohl sein…”
Kurz nickte sich die Fremde selbst zu und erhob sich. Kraftvoll stieß sie sich von dem kalten Gestein ab und suchte sich einen geeigneten Platz.

“Wohin willst du denn?”
Sich ihrer Schönheit bewusst drehte sie mit ihrem Zeigefinger Locken in ihre Haare und sah die vermummte Gestallt mit einem süßlichen Lächeln an.
Scarlett hatte den Träger schneller gefunden als sie dachte, umso aufgeregter war sie und legte ihre Hände gespielt, wie ein sich freuendes Kind, zusammengefaltet vor ihren Brustkorb.
Sicherheitshalber machte die Unbekannte einen Satz nach hinten um auf Abstand zu kommen. Bei dieser Aktion fiel ihre Kapuze zurück und ihr langes, schwarzes Haar , welhes vom Wind getragen wurde, kam zum Vorschein.
“Woah, du hast aber wunderschöne Augen!”
Fasziniert und fast beängstigend freundlich beugte sich Scarlett nach vorn und blickte der Fremden in ihre Smaragdgrünen Augen. Das allein war nicht was sie faszinierte, es waren eher die Schlieren, welche sich wie der Wind durch ihre Pupillen zogen und ihren Augen fast ein eigenes Leben einhauchten.

“Tze…lass mich raten…eine Trägerin, nicht wahr?”
Die unbekannte warf ihren Mantel vollends ab und zum Vorschein kam ein schwarzer, kurzer Rock und ein strahlendes Rot ihres Oberteils, worauf ein großes, weißes Kreuz gestickt war.
Sie ging Leicht in die Hocke, um im Notfall genug Schwung holen zu können um einem Angriff auszuweichen. Ihre Finger hielt sie gespreitzt, ihre Arme seitlich von sich gestreckt. Sie würde diese Begegnung ernst nehmen, ihr Gegenüber war sicher kein Vergleich zu den zwei anderen, welche sich auch hier befanden. Bei dem Gedanken musste sie leicht Grinsen, denn auf die Hilfe der Beiden konnte sie wohl im Ernstfall nicht hoffen.

“ohh…meine Manieren..verzeih..”
Scarlett beugte sich zurück und ließ ihre Arme nach unten sinken. Zur Überraschung ihres Gegenübers verneugte sie sich tief und sah aus der Position zu ihr herüber.
“Scarlett mein Name, es freut mich dich zu treffen.”
Dabei schloss sie ihre Augen und lächelte süßlich, das war wohl einer der Gründe, weshalb Amion ihr nur mit Vorsicht gegenüber trat, ihre schier kindliche Art verbarg nur ihre wahre Natur.
“Es wäre aber unhöflich, wenn nur du meinen Namen wüsstest…also…Wer genau steht mir denn da gegenüber?”

//tze…was bildet die sich ein..?”
Unvermittelt schlug sie ihre ausgestreckten Arme zusammen, ließ den Wind durch ihre gespreitzten Finger zischen und ließ ihn somit konzentriert auf ihre Gegnerin fliegen.
“Mh…?”
Scarlett öffnete ihre großen, schwarzen Augen, legte ihren Kopf leicht schief und sah fragend zu der Fremden, nachdem sie das klatschende Geräusch vernommen hatte.
Nur wenige Augenblicke später überkam Scarlett ein Merkwürdiges Gefühl an ihren Armen, verwirrt blickte sie erst zum linken und dann zum rechten. Langsam zog sich eine Schneise über ihre weiße Haut und dann erst spürte sie die flachen Schnitte, welche sich über sie zogen.
Erschrocken über den plötzlichen Schmerz sank sie zu Boden und legte schützend ihre Hände gekreuzt über ihre Arme.
“Das war gemein…”
Fragend sah Scarlett zu der Fremden herüber, ihre Lippen bebten, als würde sie jeden Moment von ihren Tränen übermannt werden.
“…Das tut so weh…”
Krampfhaft krallte sie ihre Hände zusammen, damit ihre Wunden nicht schlimmer wurden. Fast kauernd saß sie auf dem kalten Gestein und sah bitten zu der Fremden.

“Tze….”
Unsicher wich sie zurück und betrachtete das kauernde Mädchen vor sich. War das alles nur gespielt?
Diese Scarlett war eine Trägerin, darüber war sie sich im klaren, jedoch paradox war ihr Erscheinen und ihr Handeln allemal.
Nach kurzem Zögern entschloss sie sich nicht weiter zu zweifeln, falls das alles nur gespielt war, musste Scarlett unheimlich stark sein und somit auch unberechenbar.
Nachdem sie sich dazu entschlossen hatte nicht auf diese Spielereien hereinzufallen bildete sich um sie herum ein vibrierender Wirbel, welcher wie eine Schlang um ihren Körper hoch kroch. Ihre Haare wurden nach oben getragen, sodass sie mit dem Entstanden Wind, wie auf einem Ball, zusammen tanzten.
In dieser Anmutigen Pose, eine Göttin gleich, ging sie leicht in die Knie, die Felsen unter ihren Füßen wurden von Rissen durchzogen.
Kurz danach stieß sie sich mit voller Kraft vom Boden ab, der Stein auf dem sie stand wurde von der Wucht in Stücke gerissen. Dieser Wirbel aus wind, welcher ihren Körper mit grünem flackern umgab drückte jeden Widerstand von sie weg und machte sie so schnell, dass ein menschliches Auge ihr kaum folgen konnte.
Ungeschützt schloss Scarlett ängstlich ihre Augen, als sie kurz danach einen leichten Druck auf ihrem Gesicht spürte. Sie schaffte es noch ihre Augen aufzureißen und die flache Hand zu erblicken, welche mit gespreitzten Finger auf ihr lag.

“Das wars…”
Die Fremde spannte ihre Muskeln an, ein machtvoller Windstoß sammelte sich in ihrem Körper, so, wie sie zuvor den Felsen bei Shizea und Seth gesprengt hatte und entlud sich dann in ihrer Handfläche.
Der Energie Stoß zerriss Scarletts zarte Haut, grub tiefe Schneisen in ihre Wangen und verteilte ihr kostbares Blut auf den kalten, toten Steinen.
Wie eine Puppe fiel sie leblos nach hinten zu Boden, ihre Augen waren aufgerissen, ein leerer Blick starrte in den Himmel und langsam lief ihr Blut in ihre Pupillen.
Nurnoch wispernd,drangen verzehrt, kaum hörbare Worte aus ihrem Mund
"Mama...Papa..."
Wie ein bizarres Kunstwerk lag das junge Mädchen da, dem Leben entrissen, am Ende ihrer Reise angekommen.

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//Mama…Papa…endlich werde ich euch wieder sehen…//
Kurz noch durchströmte ein verkrampftes Zucken ihren Körper, ihre Muskeln entspannten sich, verschleierter wurden die Bilder ihrer Erinnerung. Endlich konnte sie zu ihrer Familie zurückkehren, gemeinsam mit ihren Eltern wieder in der kleinen Hütte leben, bis in alle Ewigkeit.
Das schlagen ihres Herzens wurde langsamer, ihre Atmung flachte ab, bis sie sich gänzlich in der Dunkelheit, welche über ihren Augen lag, verlor.

//Tze…jetzt habe ich doch glatt ein schlechtes Gewissen…//
Unsicher strich sie sich durch ihre langen, schwarzen Haare und warf diese zurück. Langsam beugte sie sich zu dem Mädchen hinunter, liebevoll strich sie ihr über die blutverklebten Haare.
“Es tut mir Leid…”
Die Unbekannte rang mit ihrem Gewissen, es wäre in Ordnung gewesen dieses Mädchen zu töten, wäre sie das gewesen, wofür sie sie gehalten hatte. Doch das einzige was sie nun vor sich sah, war ein Mädchen, welches zuvor darum flehte keine weiteren Schmerzen erleiden zu müssen.

“Du hast ihr unaussprechliche Schmerzen zugefügt!”
Die Geschehnisse überschlugen sich, als sie diese sichere, mit hass erfüllte Stimme aus der Kehle des Mädchens vernahm.
Ihre Augen wurden klarer, kurz noch zitterten sie unkontrolliert, unfähig einen sicheren Blick zu fassen. Dann jedoch fixierten sie ihr Ziel, jene Unbekannte, welche erschrocken einen riesigen Satz zurück machte.
“Auch du bist nicht in der Lage ihr ihren verdienten Frieden zu schenken.”
Nach diesen Worten durchschlug ein massiver Energieimpuls das Gebirge und die am Boden liegenden Steine wurden kurzzeitig in die Luft gehoben.
Die Fremde spürte die Vibrationen auf ihren Lippen, was für ein Monster hatte sie da vor sich liegen?
Wie von Fäden gesteuert erhob sich der tot geglaubte Körper, und stierte sie an, dieser Blick, zerfressen von Leid und Trauer schien er ihren Körper zu durchbohren.
Ein strahlendes Licht umschloss Scarlett, es schien so hell, als würde ein höheres Wesen auf diese Welt hinab steigen. Hemmungslos gab sie sich diesem Licht hin, streckte ihre Arme von sich und ließ sich von der spendenden Wärme vollends einfangen.
Die tödlichen Wunden an ihrem Kopf begannen sich zu bewegen, als würden sich Würmer unter ihrer Haut ihren Weg suchen. Ihr zerfetztes Fleisch regenerierte sich, die Sehnen bildeten neue Verbindungen und wurden von neuer Haut umschlossen.

Fassungslos blickte die Fremde zu dem Schauspiel welches sich ihr gerade bot. Ein Fluss aus Angst durchflutete ihren Körper und hinderte sie daran sich zu bewegen.
//Monster…//
Sie konnte sich erst rühren, als sie ihre Hände nach oben riss um sich vor dem grellen Licht zu schützen, welches über die Felsen glitt. Als sich der Schimmer, welcher sich um Scarlett geschlossen hatte, in einer krachenden Explosion auflöste, bemerkte sie den gelblichen Rand, welcher sich um die Innenseite ihrer Pupillen gezogen hatte. Noch immer strahlte der in ihren Handschuh eingelassene Stein mit gleißendem Licht, doch lange nicht mehr so stark wie einige Augenblicke zuvor.
“Was…wer…”
Ihre Stimme zitterte, sie schaffte es nicht diese Worte zu Ende zu sprechen, starker Druck auf ihrem Hals schnürte ihr die Kehle zu.
//wie hat sie…//
Eine Hand hatte sich von hinten um ihren Hals gelegt, sie spürte fremdes Haar, welches sich mit dem ihren vermischte. Ein kalter Atem hauchte ihr in den Nacken, welcher ihr Gänsehaut über den Rücken jagte.

“Willst du mir nicht doch deinen Namen verraten? Oder willst du als Namenlose bis in alle Ewigkeit hier verrotten?”
Immer stärker drückte Scarlett auf den Hals der Unbekannten, ihre Fingernägel begannen sich in die Haut zu bohren und gaben kleine Flüsse aus Blut frei, welche herunter rannen und dann von der Kleidung aufgesogen wurden.
“Ich heiße Lyria…Miststück!”
Obgleich sie noch immer Angst verspürte, wollte sie nicht sterben, nicht hier. Lyria versuchte sich zu sammeln und wieder zur Fassung zurück zu finden. Die Luft um sie herum begann erneut zu vibrieren und mit einer Verzweiflungstat, indem sie mit aller Kraft ihren Ellbogen gegen Scarletts Magen stieß und dort wie in ihrem Gesicht den energiegeladenen Wind entlud, zwang sie dieses Monster dazu den Griff zu lösen.
Scarlett knickte kurz ein als sie den Schlag spürte, ihre Kleidung an der Taille wurde aufgerissen und wie zuvor zogen sich tiefe Schlieren über ihren Bauch, welche nur einen Augenblick später wieder durch undefinierbare Bewegungen unter ihrer Haut geschlossen wurden.
Obwohl der Angriff nichts brachte, verschaffte er Lyria die Zeit, Zeit die sie brauchte um sich von Scarletts Griff zu lösen. Es schmerzte sehr als sie sich von der Umklammerung ihres Halses befreite, Kerben wie von einem wilden Tier zogen sich von der einen Seite zur anderen. Scarlett war zwar abgelenkt gewesen doch gelöst hatte sich ihr Griff um Lyrias Hals kaum, daher hatten ihre Nägel Haut und Fleisch mitgerissen als Lyria herauswand

Genussvoll leckte sich Scarlett über ihre Finger, sog Lyrias Blut in sich auf, ließ die daran hängenden Hautfetzen über ihre Zunge gleiten. Verzehrt lächelte sie ihr Gegenüber an, der gelbe Schleier in ihren Augen pulsierte. Sie würde jeden Moment davon auskosten, den sie Lyria quälen konnte, sie würde dafür büßen Scarlett solche Schmerzen zugefügt zu haben.
“Es ist ein Fehler mich zu unterschätzen!”
Scarlett wandte sich hektisch um, ihr Haar wehte durch die Luft, als sie das Geräusch von riesigen Schwingen vernahm, welche immer näher kamen.
“Tauboss, Windstoß!”
Durch eine Wolke hindurch kam so etwas wie ein Tornado geschossen, welcher mit all seiner Kraft auf Scarlett zugeschossen kam.
“Kümmer dich darum!”
Scarlett wandte sich dann von dem auf sie zurasenden Wirbel ab und stürmte dann unvermittelt auf Lyria zu.
Dort wo sie zuvor noch stand bildete sich wieder dieser bläulich schimmernde Riss und das Celebi aus ihrer Vergangenheit stieg anmutig daraus empor.
Sein Blick war betrübt, es wollte nicht für diese Scarlett kämpfen, doch es hatte es sich geschworen sie immer zu beschützen und vor dem zu retten was noch vor ihr lag.
Die kleine Fee legte seine Hände zusammen, zog sie dann kurz danach auseinander und erschuf ein Schutzschild, welches mit grollendem Getöse den Wirbelwind abfing und absorbierte.
Das Kleine senkte seinen Blick, legte dann erneut seine Hände zusammen und richtete diese mit der flachen Seite gen Himmel. Schwarze Energie sammelte sich, pulsierte und wuchs mit jedem Stoß ein Stück weiter an. Violette Blitze durchzogen ihr Inneres und es schlugen schwarze Wellen über den kalten, felsigen Boden.
Als die kugel nicht weiter wuchs, schickte das Celebi mit fiepender Stimme die gesammelte Energie auf die Reise.
Sie durchschoss den Himmel, ein schmerzerfülltes Kreischen signalisierte, dass die Kugel ihr Ziel nicht verfehlt hatte. Ein Loch wurde in die Wolken gerissen als ein großer, brauner Körper zu Boden stürzte. Der große Schnabel des Vogel Pokemon war leicht geöffnet, sein Körper war von Rauchschaden umgeben und am gelb-rötlichen Kamm zuckten noch Reste der violetten Blitze umher.

//Tze…//
Lyria verpasste fast den richtigen Moment um Scarlett auszuweichen, da sie bestürzt ihr vom Himmel fallendes Tauboss sah. Knapp schaffte sie es jedoch sich mit ihrer Fähigkeit schnell genug zu bewegen um vor Scarlett zu verschwinden und hinter ihr wieder aufzutauchen.
Kaum wog sie sich nun in der Sicherheit in einer vorteilhafter Position zu sein, schlangen sich wieder Finger um ihren Hals. Ihre Augen weiteten sich, als sie Die Hand an ihrem Hals betrachtete, dann weiter den Arm entlang blickte und Scarlett halb gedreht vor sich sah, welche sie mit einem Adern gefrierendem Lächeln anstarrte.
“zu Langsam!”
Scarletts Muskeln spannten sich an, ihr Griff wurde fester und dann zog sie sich daran zu Lyria heran.
Unvermittelt hob sie ihr rechtes Bein an, winkelte es leicht an, vollendete noch die halbe, fehlende Drehung ihres Unterkörpers und grub ihr Knie dann so tief in Lyrias Magen, dass ihr Oberkörper reflexartig nach vorne gerissen wurde. Unkontrolliert spie sie einen Klumpen aus Blut heraus, welcher über Scarletts rechte Schulter glitt. Lyrias Kopf sank nieder, landete auf Scarletts Brust, wie ein Kind, welches von seiner Mutter in den Armen gehalten wird. Ihre schwarzen, zu Zöpfen gebundenen Haare fielen ihr vor das Gesicht und legten sich wie ein Schleier auf ihre Augen.

“Scherox, Schwerttanz!”
“Nachtara, Nachtnebel!”
Scarlett sah auf als sie die ihr fremden Stimmen vernahm. Ein aus unmenschlich schnellen Bewegungen entstandener Wirbel verlangsamte den Sturz des Tauboss und ließ es langsam zu Boden gleiten.
Hektisch ließ sie die verletzte Lyria los, als die den schwarzen Nebel bemerkte, welcher an hier hoch gekrochen war. Nervös versuchte sie den Auslöser dafür zu erblicken und dann erfasste sie ein Nachtara, welches mit seinen gelblich glühenden Verzierungen auf seinem Körper nur unweit von ihr auf einem Felsen stand.
“Verdammt..”
Mit einem Hohen Sprung auf einen anderen Vorsprung musste sich Scarlett in Sicherheit bringen, gerade noch rechtzeitig, bevor sich der Nebel zusammenzog und alles was sich in ihm befunden hätte mit einer schnellen Bewegung auseinander riss.
Der Wirbel, welcher Tauboss aufgefangen hatte löste sich auf und gab den Blick auf Shizeas Scherox frei, welches mit all seiner Anmut in Kampfposition ging. Auch das Tauboss hatte sich gefangen und war auf einer zackigen Felsspitze gelandet und breitete herausfordernd seine gigantischen Schwingen aus.

“Scheinbar habe ich mich geirrt…”
Lyria lächelte angestrengt, als sie mit leicht verschwommenen Blick Seth und Shizea erblickte, welche zu ihr gerannt kamen.
//Vielleicht haben wir doch noch eine Chance..//
Mühsam richtete sie sich auf, eine Hand an ihren Bauch gelegt, ihre Knie zitterten leicht, doch sie schaffte es sich sicheren Stand zu verschaffen.

Sie wussten nicht wie sie es nennen sollten, sei es Karma oder eine undefinierbare Aura, welche die beiden Fremden umgab, wussten Seth und Shizea, zu wem sie in diesem Kampf halten mussten.
Die Kämpfer waren gesetzt, die Partner wurden gewählt, nun würde sich zeigen, wer als Sieger aus diesem grausamen Krieg hervorgehen würde.

“Nyeee…”
Glaziola gab dieses fiebsende Geräusch immer und immer wieder von sich und stellte sich auf den Brustkorb des in Gedanken versunkenen Amion.
“Du meinst Scarlett?”
Eifrig nickte das kleine, eisblaue Pokemon und tapste weiter auf der Brust seines Partners herum.
“Wir sind zu nichts verpflichtet, es kann nur gut sein, wenn sie stirbt…”
Das Eis-Pokemon legte seinen kleinen Kopf leicht schief. Es wusste, dass Amion nicht so herzlos war wie er vorgab. Es wusste, dass es nicht seine Schuld war, dass er so geworden war. Doch noch immer hatte es Hoffnung, dass er irgendwann so werden würde wie früher.
“…Gut…”
Gemächlich richtete Amion sich auf und setzte sich aufrecht auf sein Bett.
Liebevoll legte er seine Hand auf den Kopf seines kleinen Freundes, er war dazu fähig Zuneigung zu zeigen. Das spürte Glaziola jeden Tag daran, wie er sich um es kümmerte. Wäre nur dieser verfluchte Stein nicht, welcher Amion zwar Kraft verlieh, jedoch einen hohen Preis einforderte.
Ohne weitere Worte erhob er sich dann, begab sich zur Tür und machte sich auf den Weg zu Scarlett, immer an der Seite, sein Glaziola, welches ihn seit seiner Kindheit begleitete.