Kapitel 20
Mit Zucker versetzt
19.3.2008
Liebes Tagebuch, gestern habe ich endlich Panzerschrank wiederbekommen, du weißt schon, das Turtok, das ich vor so vielen Jahren einer anderen Trainerin ausgeliehen hatte. Abends war ich irgendwie extrem schläfrig, ich weiß nicht mehr viel von dem, was noch vorgefallen ist. Außerdem… naja, heute ist eben heute, mal sehen…
„Klatsch!“
Hä?
Irgendein komisches Geräusch hatte mich geweckt. Blitzschnell fuhr ich hoch, merkte, dass ich in meinem Bett lag, und dass soeben ein Kissen an die Wand neben mir geklatscht war. Wer hatte denn so früh morgens schon Lust auf eine Kissenschlacht??
„Ups, tschuldige!“ ein kurzes Wenden des Kopfes, und ich konnte Lucia im trüben Licht des neuen Tages ausmachen, die Sonne war wohl noch nicht aufgegangen. „Plinfa und ich hatten eben eine kleine Auseinandersetzung. Sag Entschuldigung, Plinfa!“ drängte sie den kleinen Pinguin. Dieser hob den Schnabel etwas höher, verschränkte die Flügel vor der Brust und schloss trotzig die Augen. Lucia seufzte tief. „Ach, vergiss es.“ Sie stand auf und holte sich ihr Kissen zurück. Dabei fiel ihr Blick auf die Kette, die seit einigen Stunden um meinen Hals hing, sie war mir wohl irgendwie aus dem Schlafanzug gerutscht. „Echt der Wahnsinn, dass ich so etwas mal sehen darf..:“ fand sie. Da musste ich ihr zustimmen, vorher hatte ich selbst derartige Kunst nie gesehen. Naja, was erwartete man auch anderes von einem legendären Schatz aus der Tiefsee…
Jetzt würde ich sowieso nicht mehr einschlafen können, also setzte ich mich auf. Meine neue Freundin tat es mir nach, legte sich das Kissen auf den Schoß und sah aus dem Fenster. „Denkst du, Rocko findet uns überhaupt noch wieder?“ fragte sie dann. Die einzig mögliche Antwort wäre, dass ich es nicht weiß, aber natürlich hoffte ich darauf, dass er Lucia und Ash im Fernsehen gesehen hatte. So würde er wissen, wo wir waren… „Ich hoffe es.“ gab ich zurück. Dann sah sie mir in die Augen. „Was mir auch schon länger durch den Kopf spukt, ist… warum machst du das alles für mich? Du wolltest doch in die andere Richtung, damals, am Meer. Damit will ich nicht sagen, dass ich nicht dankbar wäre, nein, das bin ich sogar sehr, aber…“ hier unterbrach ich sie. „Weil ich das Gefühl hatte, dass du dringender Hilfe brauchtest als die Leute da, wo ich hinwollte. Außerdem ist deine Ausstrahlung anders als bei den meisten. Da ist etwas Besonderes an dir, ich weiß nicht…“ ich hielt inne. Wie sollte ich das erklären? Dass sie am ersten Tag ihrer Reise Vesprit begegnet war, hatte ich gespürt, wie, war mir selbst ein Rätsel. Als sie es mir dann später erzählt hatte, war ich auch nicht überrascht gewesen. Die drei Seengeister zeigen sich nicht einfach so, sie war anders. Dann merkte ich, dass sie mich weiter neugierig anschaute. Wie immer, wenn jemand mich länger anschaut, wurde ich rot. „Was genau…“ begann ich, sie winkte ab. „Schon okay! Oh, wie spät haben wir das eigentlich?“ ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es halb 7 Uhr morgens war. Na toll. Egal, gestern war nichts sonderlich Anstrengendes passiert, also hatte ich nicht so viel Schlaf nötig wie sonst. Also sah ich auch aus dem Fenster, um ein wenig nachzudenken. Phione schlief noch… ich stellte mir kurz vor, wie es wohl sein würde, wenn wir ins Meer gelangen konnten. Irgendwie musste es ja noch in seinen Tempel, und wenn er das Gebäude aus meiner Vision war, dann hatten wir eine lange Reise übers Wasser vor uns. Soweit konnte nicht mal ich schwimmen… ob die Tiefseeperle mich irgendwie teleportieren konnte oder sowas? Ich nahm den Anhänger in die Hand und betrachtete ihn. Er sah aus wie gestern, ein Tropfen hing an der Kette, der andere hing kopfüber wiederum am ersten. Wenn man den unteren drehen konnte, oder zumindest einmal um seine eigene Achse… mir kam ein Gedanke. Schnell nahm ich den unteren Tropfen mit Zeigefinger und Daumen, knickte ihn nach rechts, drehte dabei ein Stück und zog die nach unten weisende Spitze hinauf zum bauchigen Anfangsstück des oberen Tropfens. Wenn man sie so zusammenstecken konnte, würden sie das Yin-Yang-Zeichen bilden… nur ohne die Punkte im Inneren. Nach einigen Versuchen gab ich es auf. Die Blauhaarige hatte mir zugesehen, und fragte nun: „Was machst du da? Stimmt was damit nicht?“ – „Nein, alles bestens… ich schaffe es nur nicht, dieses untere Stück weiter zu drehen… nur ein kleines Stück…“ ach, das war ganz schön frustrierend. Der Diamant, an dem der obere Tropfen hing, war herzförmig, und die Spitze des Herzens blockierte die Spitze vom unteren Teil des Anhängers. Wenn der nur ein kleines Stück kleiner wäre… „Egal, ich schaffe es nicht.“ Lucia stand auf und kam zu mir herüber. „Was soll denn daraus werden?“ – „Sieh dir die Tropfen da mal an. Wenn man die zusammensetzen könnte, würde daraus dieses Yin-Yang-Ding entstehen… ich hatte fast gehofft, ich schaffe das und löse irgendwas aus…“ antwortete ich und schob die Kette wieder unter das Oberteil des Schlafanzugs. „Darf ich sie auch mal tragen?“ ich sah Lucia an. Sie biss sich auf die Unterlippe. „War nur so eine Idee, ich meine, ich würde so einen Schmuck auch gerne mal tragen!“ entschuldigte sie sich. Verdammt. Jeder normale, freundliche Mensch hätte ihr die Bitte gewährt. Also musste ich doch jemandem die Wahrheit sagen…
„Das geht leider nicht.“ Sagte ich mit einigem Bedauern, und sie schien etwas enttäuscht zu sein. „Warum nicht?“ – „Schau dir meinen Hals an…“ und ich drehte mich herum, damit sie meinen Nacken sehen konnte. Dann keuchte sie erschrocken auf. „Was ist denn das?? Die Diamanten sind halb in deinem Hals drin…“ und sie stellte sich wieder vor mich. „Tut das nicht weh?“ war das etwa Mitleid in ihrer Stimme? Mann… naja, wie sollte sie auch reagieren… „Es hat ein wenig gezogen, aber schmerzhaft war es nicht so, nur weiß ich nicht, warum das passiert ist. Aber verrat das keinem, okay?“ Sagte ich, die Koordinatorin setzte sich wieder aufs Bett. „Natürlich! Versprochen. Hm.“ machte sie, und sah dann wieder ihr Plinfa an. Es lag mit dem Kopf zur Wand auf dem Bett und schlief tief und fest. Ich lächelte. „Den Schlaf kann ihm wohl niemand verderben…“ – „Da hast du recht!“ fand Lucia. Erneut sah sie mich an, und trug mir dann eine Idee vor, die sie bezüglich Ashs Kampf von heute hatte. Klang eigentlich ganz gut, ich hatte nichts dagegen, ihn ein wenig anzufeuern. Später am Tag würde ich bereuen, ja gesagt zu haben, aber das tut noch nichts zur Sache.
Danach sahen wir beide lange aus dem Fenster, ich warf ab und zu einen Blick auf Lucias Frisur… ohne Mütze schimmerten ihre Haare irgendwie, ob meine das auch tun würden, wenn ich den Pferdeschwanz mal wegließ? Einen Versuch war es wert…
„So, ich wird mich dann mal frisch machen!“ verkündete diese wiederum nach einer gewissen Zeit, langsam wurde es heller draußen. „Okay… sag Bescheid, wenn du fertig bist…“ antwortete ich. „Sicher doch!“
Damit verschwand sie aus dem Schlafzimmer, wir hatten Glück, dass dieses Pokémoncenter so gut ausgestattet war. Schlafzimmer, Badezimmer, was gab es hier nicht alles… ich dachte kurz drüber nach, was wir ohne die Marina-Gruppe gemacht hätten. Naja, vielleicht wären wir viel langsamer gewesen, aber mehr auch nicht, oder? Und wie hätten wir uns dann rechtzeitig zum Turnier anmelden können? Es wäre alles anders gekommen… Schicksal oder Glück? Oder beides? Dann schüttelte ich den Kopf, was brachte es denn, sich darüber jetzt den Kopf zu zerbrechen? Ach, Maria… seufzte ich innerlich, dann fiel mir auf, dass mein kleines Wasserwesen immer noch tief schlief… ob Pokémon auch träumen konnten? Wie konnte man so etwas überhaupt herausfinden?
„Wie lange willst du da noch rumsitzen? Ich habe gesagt, ich bin fertig!“ von ihrer Stimme aufgeschreckt, sah ich hoch. War Lucia so schnell gewesen oder hatte ich nicht auf die Zeit geachtet? „Oh…“ ups, ich war wieder in Gedanken versunken. Also stand ich schnell auf, strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und suchte mir die passenden Sachen heraus. Nun trug sie wieder ihre Mütze, ich würde dennoch meine Idee von vorhin durchziehen. 33 Minuten später hatte ich fertig geduscht und alles, war beim umziehen ab und zu etwas genervt, und trat dann wieder ins Schlafzimmer. „Wow! Willst du das so lassen?“ sie deutete auf meine Frisur, so offen musste ich komplett anders aussehen als sonst… nach kurzem Umschauen bemerkte ich jedoch das Fehlen von spiegelnden Oberflächen im Raum. Egal… dem Gefühl nach passte das so. „Ja, nur mal probeweise… allzu schlecht sehe ich nicht aus, wenn ich das mal aus deinem Wow schließen darf…“ -, was sie zum Lachen brachte. „Nein, keine Sorge! Lass ruhig. Am besten holen wir jetzt Ash ab und essen etwas…“ – „Ja, geh schon vor, ich hab noch was zu erledigen…“ unterbrach ich sie kurz, Lucia nickte und machte sich mit dem nunmehr etwas braveren Plinfa auf den Weg. Mein Rucksack stand am unteren Ende meines Bettes, schnell hatte ich ihn geöffnet und den roten Ball herausgezogen. Dann schloss ich die Augen. Wie erwartet, erfolgten die Antworten in meinem Kopf, darum schreibe ich sie hier auch anders als die Sätze, die ich sage.
„Ich halte mein Versprechen.“
„Es besteht momentan keine Gefahr in der Stadt!“
„Das hoffe ich… es stört dich also nicht, wenn ich zuerst Phione helfe?“
„Nein. Du bist keine von denen, die nur zu ihrem eigenen Wohl handeln. Wenn Alice dir vertraut, tue ich das auch.“
„Danke. Du kommst zurecht?“
„Immer.“
Ich weiß, liebes Tagebuch, dass dir dieser ‚Dialog‘ eventuell etwas komisch vorkommt, aber du weißt auch, warum ich dieses Versprechen halten muss. Ich legte den Ball zurück, sah mich schnell im Zimmer um, und folgte Lucia. Phione schlief, ich brachte es nicht über mich, es zu wecken. Dafür nahm ich den Ball von Panzerschrank mit, dazu Bollterus und Plinfa, sie freuten sich immer über etwas zu essen. Galagladi meldete sich immer, wenn es Hunger hatte, jedenfalls war es so gewesen, als es noch ein Trasla gewesen war… da fiel mir ein, seine Essgewohnheiten hatten sich etwas normalisiert, nachdem es sich entwickelt hatte. Das stimmte mich schon froh, man freut sich eben, wenn man weiß, dass man nichts Falsches tat. Außerdem steckte ich drei Wasmelbeeren ein, ich dachte mir, Panzerschrank würde ziemlich große Beeren brauchen, um satt zu werden. Gut, dass ich so gerne Beeren sammelte…
Oh… bei Panzerschrank musste ich erst herausfinden, welche Techniken er wohl mittlerweile draufhatte… aber das konnte bis nach dem Essen warten. Was war gestern Abend eigentlich gewesen… ich dachte, ich hätte das geträumt, aber nun bildete ich mir ein, dass es Realität war. War der Ball wirklich aufgegangen, und hatte kein Turtok raus gelassen? Hatte Ash wirklich danach erklärt, dass das Zimmer womöglich zu klein war? Hm… ich würde es merken.
„Hey, guten Morgen, Ash…“ begrüßte ich ihn, Lucia hatte ich ja bereits gesehen. Er sah mich erstaunt an. „Morgen! Kein komisches Band in den Haaren heute?“ wollte er wissen. „Nö… wollte ich mal auslassen.“ Ich setzte mich ihm gegenüber, also neben Lucia. „Heute werde ich mal diesen Merlin suchen, ich weiß nicht, wer sonst wissen könnte, wo dieses Ding liegt, durch das ich ins Meer kann. Er meinte, ich finde ihn… oder nein, er findet mich.“ Ash und Lucia sahen sich an. „Also, wir dachten, wir könnten uns ja aufteilen. Nach den Kämpfen natürlich, dieser Schiedsrichter meinte gestern nach dem ersten Kampf, die, die gut waren, sind früher dran!“ das klang gut. So würden wir 3 Bereiche auf einmal absuchen können, wenn Merlin keine Infos parat hatte. „Gute Idee… so machen wir das, wenn keine neuen Offenbarungen auftauchen…“ nach dieser doch etwas kurzen Planung biss der Trainer aus Alabastia herzhaft in sein Marmeladenbrötchen. „Boah, was ich für Kohldampf hatte!“ – „Wen wundert’s.“ Gab Lucia leise zurück. „Ich frage mich, wo die ganzen anderen Trainer alle wohnen… ich meine, da sind ja Leute aus ganz Sinnoh unterwegs, oder?“ – „Ich hab gehört, von überall!“ warf die Koordinatorin ein. „Gestern hab ich gegen einen aus der Johto-Region gekämpft, stell dir vor!“ – „Also sogar noch mehr… und hier im Pokémoncenter ist nicht allzu viel los, also wohin verschwinden die alle?“ – „In dasch Hotell Idem du geschtern warscht?“ dieser Satz wurde leider durch ein großes Stück Brot verstümmelt, welches sich noch in Ashs Mund befand, während er uns seine Gedanken mitteilte. „Wie charmant…“ gab ich zurück, und Lucia hielt sich die Hand vors Gesicht. „Ach Ash, man redet nicht mit Essen im Mund!“ sagte sie dann. Anstatt einer Antwort hörten wir ein Schlucken. „Also, du hast ja gesagt, Merlin hat dich in so ein Hotel gebracht, vielleicht wohnen die ja da alle!“ das schien einleuchtend… Ewigenau war nicht gerade klein, und das Hotel zog bestimmt viele Leute an. Irgendwie wurde ich dennoch das Gefühl nicht los, dass mindestens 3 Trainer außer uns noch im Pokémoncenter wohnten… ich strich mir erneut eine Strähne aus dem Sichtfeld, das war schon ungewohnt…
Eine Zeit lang hing ich meinen Gedanken nach, Bollterus und Plinfa hatten sich neben Pikachu und Lucias Plinfa niedergelassen und aßen ebenfalls etwas. „So, Zeit für dein Frühstück, Panzerschrank!“ sagte ich dann und holte erneut meinen ältesten Pokéball hervor. Damals hatte ich ein großes Herz mit einem schwarzen Filzstift auf die weiße Seite gemalt, weil es wie gesagt ein Geburtstagsgeschenk gewesen war. Ich sah schnell nach, einige Striche waren sogar noch drauf! Ich lächelte und warf den Ball in die Luft. Im nächsten Moment wünschte ich, ich hätte mich zuerst nach draußen begeben. Meine Gedanken rasten. Ich hätte zuerst Platz schaffen sollen, wo war ich wieder mit meinem Kopf…
„TOK!“ etliche Tische wurden umgestoßen, Stühle zurückgeschoben, ein Pärchen, was einige Reihen hinter uns saß, schrie erschrocken auf. Lucia hielt sich am Tisch fest, ich sprang mit einem Rückwärtssalto aus dem Weg, wunderte mich, wie ich sowas fertiggebracht hatte, und fing meinen Ball auf. Ash war noch halb beim essen, doch als er merkte, dass der Platz eng wurde, stand er auf und stolperte einige Schritte zurück. Dann war es vorbei, ein ziemlich großes Turtok kniete auf dem Parkettboden. Stehen konnte es nicht, die Decke war zu niedrig. Kein Wunder, dass es gestern nicht ins Schlafzimmer gepasst hatte, das war eins der größten Turtok, die ich je gesehen hatte. Schnell richtete ich, so gut es ging, einige Tische wieder auf, dann drehte ich mich zu Panzerschrank um. „Na, Panzerschrank? Erkennst du mich noch?“
Damals war ich … jung gewesen, doch einen Pferdeschwanz hatte ich damals nicht gehabt. Vielleicht war das einer der Faktoren, die Turtok halfen, sich zu erinnern, denn schon nach einigen Sekunden schloss es die Augen und entspannte sich. „Ach, Panzerschrank… ich habe dich vermisst, geht es dir gut? Ach, was frag ich denn, ich sehe es ja… wenn ich nur wüsste, was du alles erlebt hast…“ ich legte ihm die drei Wasmelbeeren hin. Wasmelbeeren sind ziemlich groß, ich wette, jeder, der mein Tagebuch liest, weiß das. Eine davon macht ein Lapras satt, zwei davon stillen den Hunger von Mampfaxo, und nun hoffte ich, dass diese drei für Panzerschrank reichen würden. Dann ging ich einmal um Panzerschrank herum und betrachtete ihn. Ich hatte ja ganz vergessen, dass es eine Kerbe links am Panzer hatte… da war einmal, als ich 8 war, ein wildes Ibitak im Sturzflug angerast, und Panzerschrank hatte mich beschützt, obwohl es noch ein Schiggy gewesen war. Nun war die Kerbe extrem geschrumpft, aber dennoch sichtbar. Kurz strich ich mit der Hand darüber. Ich hörte ein metallisches Klicken, Ash hatte seinen Pokédex rausgeholt. „Turtok. Das Panzertier-Pokémon. Wenn es einen Wasserstrahl abfeuert, ist es in der Lage, Stahlmauern zu durchbrechen.“, gefolgt von einem „Krass!“, ausgestoßen von Ash. „Schau seine Attacken nach!“ bat ich ihn, einige Pieptöne später hörte ich die sonore Stimme des Lexikons erneut. „Dieses Turtok beherrscht Schädelwumme, Aquahaubitze, Eisenabwehr und Surfer.“ Genial. Diese Attacken würden mir zu 98% den Sieg im Turnier bringen… „Stärk dich erst einmal, Panzerschrank… wir haben einiges zu tun heute…“
Als er fertig war, rief ich ihn in seinen Ball zurück, und beruhigte Schwester Joy, die dachte, ein mittleres Erdbeben hätte ihren Speisesaal verheert. Sämtliche Stühle und Tische standen etwas später wieder auf den gewohnten Plätzen, ich holte das mittlerweile wache Phione ab (Ich mochte einfach nicht mehr auf Phione verzichten… irgendwie wurde unsere Bindung stärker) und wir drei machten uns auf den Weg zum Turnier.
Unterwegs dorthin sah ich ab und zu einen einzelnen oder eine Gruppe Trainer, die aus verschiedenen Richtungen zur Turnierhalle gingen. Hm… vielleicht waren doch nicht alle nur im Hotel untergebracht… an verschiedenen Stellen der Stadt gab es logistische Unterkünfte, so musste es sein. Ash unterhielt sich mit Lucia über die Art und Weisen, wie er sein Team in den Sieg führen würde, und Lucia sah die ganze Zeit über ziemlich nachdenklich aus. Er aber schien das nicht zu bemerken, und ich dachte auch nicht daran, ihn aufzuklären. Wenn Lucia wollte, dass man sie in Ruhe ließ, würde sie es sagen. Was ich auch zu bedenken hatte, war, dass heute Tag 3 des Turniers war, das heißt, ich durfte 3 meiner Partner einsetzen. Tag 6 dürfte der einzige werden, der problematisch sein könnte, denn 6 Pokémon hatte ich nicht zur Verfügung. Entweder ich müsste wieder einige von Professor Eibe geschickt bekommen oder ich kämpfte nur mit denen, die ich hatte, und hoffte, dass sie ausreichen mögen. Bollterus hielt einiges aus, darauf konnte ich mich verlassen. Plinfa durfte nicht getroffen werden, aber wozu hatte ich denn das ganze Geschwindigkeitstraining mit ihm gemacht. Galagladi war viel zu wendig, nach seiner Entwicklung war es kaum möglich, dass es verlor. Stärke und Abwehr bildeten eine ideale Kombination bei ihm. Dann… der rote Ball. Den durfte ich nicht benutzen… oder ich wollte es nicht, weil ich sonst das Versprechen nicht halten konnte… redete ich mir zumindest ein. Panzerschrank war sozusagen das Rückgrat meines Teams. Wenn alles nichts half, verließ ich mich eben auf seine riesige Kraft. Und, wer weiß, vielleicht wurde sie, kombiniert mit meinen Plänen, noch um ein Vielfaches gefährlicher. Das waren bis jetzt… 4. Phione befand sich nicht in einem Ball, darum konnte ich es nicht dazu zählen. Kämpfen lassen würde ich es auch nicht. Ein Platz war also frei… ich ging blitzschnell die Typen meines Teams durch. Stein-Stahl, Kampf-Psycho, Wasser, Wasser… Womöglich würden Pflanzen und Geist-Typen schwierig werden, ich musste also etwas vom Professor holen, was von den beiden nicht gut getroffen wurde. Ich hatte eine Idee. Gut, so konnte es gehen…
Den Rest des Weges verbrachte ich damit, mir den Himmel anzuschauen, von welchem wieder einmal die Sonne knallte. „Komisch…“ murmelte ich. Ash hielt inne und sah mich an, meine Freundin aus Sandgemme ebenso. „Was ist komisch?“ – „Naja, es hat lange nicht mehr geregnet… seit ich dich getroffen habe… ach, vergesst es, ist wahrscheinlich unwichtig…“ aber die andauernde Hitze machte mir schon zu schaffen. Lucia riss die Augen auf. „Aber…“ sie stockte. Ich verspürte Hoffnung. Wusste sie etwas darüber? Und wenn ja, woher? „Wusstest du das nicht? Die Wolken haben doch Urlaub!“ ließ sie die Bombe platzen. Ich konnte nicht anders, ich prustete laut los. „Die… was??“ lachte ich. Sie grinste mich an. Viel besser gelaunt, kamen wir bei der Turnierhalle an. Wie an den Tagen zuvor war die Halle gut besucht, wir waren lange nicht die ersten, die ankamen. Ganz so viele Trainer wie zur Hauptkampfzeit waren nicht da, denn es war immer so geregelt, dass die besseren Trainer früh dran sind. Lucia, Ash und ich begaben uns zum Schalter, mehrere Frauen waren damit beschäftigt, Fragen zu beantworten, den Trainern ihre Zeiten anzusagen und … ich kenne mich mit Empfangsdamen nicht aus, bestimmt taten sie eben das, was Empfangsdamen so tun, wenn sie bei einem Turnier dieser Größenordnung angestellt sind. Der einen von ihnen reichte ich meine ID-Card, damit die Veranstalter wussten, dass ich da war. Meine beiden Freunde stallten sich neben mich, und beanspruchten jeweils eine andere nette Dame. „Hier, bitte sehr! Es sieht so aus, als wärst du gleich schon dran!“ sie reichte mir die Karte zurück, ich steckte sie ein. Ash sprach mich an. „Ich bin um 11:55 dran, und du?“ – „10:45…“, was in ungefähr 9 Minuten war. Gut, dann hatte ich den Kampf also schnell hinter mir… Bollterus, Galagladi und Plinfa würden das schon schaffen. „Lucia?“ – „Oh, ist schon okay. Ihr habt eben noch nichts verloren… ich muss bis 15:35 warten. Wenn alles glattläuft.“ Ich fand es angebracht, sie ein wenig zu trösten, sollte sie über ihre Niederlage gegen Conway traurig sein. „Sowas passiert jedem, außerdem bist du eigentlich Koordinatorin. Ich bin sicher, heute machst du deine Sache gut!“ worauf sie schon wieder fröhlicher aussah. Okay… Kampffeld 3 heute… „Leute, ich gehe dann mal… mein Kampf beginnt gleich…ich weiß gar nicht…“ ich wurde abrupt unterbrochen. „Ich weiß auch nichts, ich weiß nur eins: Dass meine Seele allein und verlassen über die Erde wandelt, immer in Tränen aufgelöst, wenn ich deine süße Stimme nicht hören kann! Sag nur ein Wort, und…“ hä?? Blitzschnell drehte ich mich um, ziemlich erschrocken zog ich die Sprite aus der Hosentasche und mein Gegenüber bekam eine relativ große Menge ins Gesicht. Wer quatscht mich denn da so von hinten an? Lucia und Ash sahen aus, als hätten sie einen Geist gesehen. Langsam sah ich runter, sah ein ziemlich beleidigt aussehendes Glibunkel, einige verschreckt aussehende Trainer und…
„Rocko!!“
Ich streckte ihm die Hand hin, er nahm sie und ich zog ihn hoch. „Entschuldige, wusste nicht, dass du das bist…“ murmelte ich. Er hatte ein Handtuch aus seinem Rucksack gezogen und trocknete sich ab. „Was ist das? Das klebt ja wie verrückt!“ bemerkte er, dann sah er hoch und lächelte. „Mit Zucker versetzt…“ begann ich, anschließend hielt ich die Klappe, weil die drei sich bestimmt begrüßen wollten. „Hey, Rocko! Wir haben uns enorm Sorgen gemacht!“ die Blauhaarige strahlte über das ganze Gesicht. „Tut gut, dich wiederzusehen, was ist mit dir passiert?“ wollte dann der Trainer aus Alabastia wissen. Rocko richtete sich auf, er war ein wenig ernster geworden. „Also, ich weiß noch, dass wir unterwegs waren. Dann kam dieser Lichtblitz oder was das war, und ich…“ er machte eine dramatische Pause. „Jaaa?“ fragten wir drei ihn im Chor. „Bin ich in einer total merkwürdigen Welt gelandet, ich kann euch gar nicht erklären, wie merkwürdig das alles war. Ab und zu habe ich euch gesehen, dich, Lucia, zum Beispiel. Es schwebten überall Eiszapfen herum, da drin bist du manchmal aufgetaucht.“ Ich fiel ihm ins Wort. „Das kann nicht sein, sie war die ganze Zeit bei mir…“ worauf er wieder auf einem Bein kniete und meine Hand hielt. Waren seine Haare irgendwie anders? Und ich bildete mir ein, dass in seinen Augen auf einmal so ein Funkeln aufgetaucht war. „Ja, und ich danke dem Schicksal dafür, dass es diesen Lichtblitz gesandt hat! Es war vorgesehen, dass wir uns treffen!“ etwas unangenehm berührt blickte ich mich um. Was tat man in so einer Situation? „Glibunkel!“ das Giftpokémon wusste offenbar ganz genau, was man tat. Ein Gifthieb und Rocko war im Land der Träume versunken. Ash und Lucia lächelten sich an. „Wie immer, was?“ fragte Pikachus Trainer. „Wie immer!“ bestätigte sie. Für die beiden war der Tag in der Tat mit Zucker versetzt… Das Leben ist wie ein Apfel, manchmal hat man den sauren Teil in der Hand, doch heute hatten die beiden Glück. Ich natürlich auch, das Versprechen, das ich Lucia gegeben hatte, hatte ich gehalten.
„Äh, ich würde gerne hören, was Rocko zu berichten hat, aber ich muss zum Kampf… bis gleich!“ – „Bis gleich, wir feuern dich an!“ rief Lucia mir hinterher. Kampffeld 3 war… direkt links von mir. Kurze Zeit später hatte ich es erreicht und wunderte mich über die Ausstattung. Das Feld war mit Löchern ausgestattet, welche mit einem Geflecht aus Erde und Laub bedeckt waren. Im Grunde war das ganze Feld mit Laub bedeckt, aber ich konnte die Umrisse gut ausmachen.. Meiner Truppe brachte dies allerdings nichts… ich hoffte, dass der Gegner auch keinen Grund zu Freude haben würde. Was passierte wohl, wenn da drin wer gefangen ist und ich eine starke Wasserattacke hinein pustete? … das dürfte interessant werden. Neben mir am Rand des Feldes baute sich ein Schiedsrichter auf. „Liebe Gäste, liebe Trainer!“ oh nein. Das war wieder der Trottel aus der Sprecherkabine. Bloß gut, dass die an der Außenwand der Halle… „Wir beginnen mit dem ersten Kampf des Tages, Maria aus…“ oder auch nicht. Ich überlegte. Der erste?? War ich echt so gut dabei? Nein, bestimmt hatten schon viele ihre ersten beiden Kämpfe gewonnen und ich war nur rein zufällig als Erste dran. Was solls… „kämpft gegen Sam aus Laubwechselfeld!“ Sam? Noch nie gehört… ein breit grinsender Trainer trat aus der Menge und stellte sich an den Platz mir gegenüber. „Ach wie niedlich, ein kleines Mädchen will den großen bösen Sam besiegen? Ich freu mich schon drauf!“ ich stand auf; mein Schnürsenkel war aufgegangen und ich hatte ihn zugebunden. Im stehen war ich größer als er, und ich lächelte ihn an. „Ein kleines Mädchen, ja?“ fragte ich. Er wurde rot. Hinter ihm auf der Tribüne saßen wohl seine Freunde, 2 oder 3 Trainer die sich permanent unterhielten. Es waren dieselben, neben denen er eben noch gesessen hatte, soweit ich mich erinnerte. Der Schiedsrichter hob die Flagge. „Es dürfen von beiden Kontrahenten 3 Pokémon benutzt werden, möge der Kampf beginnen!“ Sam sah nun etwas irritiert aus, als wüsste er nicht, wie er reagieren solle. Die Kette wurde warm. Wieso mussten mich immer alle unterschätzen? Wussten die nicht, wie das ist, wenn man im Kampf nie Favorit ist? Wie das ist, wenn man immer angesehen wird, als wüsste der Gegner, dass er das Freilos gezogen hat? Ich bemerkte ein Leuchten unter meinem Shirt, die Kette reagierte auf Gefühle? Nur Theorie, aber nicht unmöglich…
„Du bist auch einer von denen, die glauben, sie hätten leichtes Spiel mit mir?“ wollte ich wissen, meine Stimme bebte. Er hielt schon einen Pokéball in der Hand und sah sich hilfesuchend um. Hilfe wirst du im Kampf gegen mich nicht bekommen, dachte ich, irgendwie wurde ich immer wütender. Ich warf meinen Plan, Bollterus zuerst zu benutzen um die Stärken des Gegners auszukundschaften, über Bord. „Los, Galagladi!“ rief ich, der Schwertkämpfer erschien vor mir. „Los, Pixie!“ hatte er wieder Mut gefasst? Mir war das egal. In Pixie sah ich nur noch ein gutes Ziel für Galagladis Nahkampf.
Liebes Tagebuch, ich weiß nicht, was während dieses Kampfes passiert ist, aber ich werde den genauen Kampfverlauf nicht aufschreiben. Galagladi hat alle seine drei Pokémon besiegt, mir war danach nur noch schwindelig. Ich hoffe inständig, dass ich mir das eingebildet hatte, doch irgendwie hatte Sam nach unserem Kampf so einen entsetzten Gesichtsausdruck…
„Maria?“ – „Ja…“ ich war gerade vom Kampffeld gekommen, fühlte mich irgendwie schwach, und holte Phione ab, welches ich den Kampf über bei Lucia gelassen hatte. Sie sah mich beunruhigt an. „Alles klar?“ – „Tut mir leid, ich weiß nicht, was mit mir los war…ich war total sauer…“ schnell setzte ich mich auf eine naheliegende Bank. „Wo sind die anderen?“ – „Rocko ist schon vor deinem Kampf aus der Halle gegangen, er holt sich ein Zimmer im Pokémoncenter. Ash kommt gleich, ich bin früher aufgestanden als er.“ – „Achso.“ Sie hielt keinen Abstand mehr zu mir, vielleicht dachte sie etwas Ähnliches wie ich. War die Tiefseeperle eine Art Gefühlsverstärker? Nein… dann würde ich andauernd überreagieren, bei Trauer in Heulkrämpfe ausbrechen und was weiß ich nicht alles. Aber dennoch; irgendwas hatte sie damit zu tun. Wann würde ich das herausfinden? Ich fand, es war an der Zeit, dass mir einige Dinge gelingen mögen…
„So, Zimmer 19 ist meins!“ ein ziemlich außer Puste geratener Rocko blieb vor uns stehen, richtete sich auf und sah uns an. Lucia schlug vor, dass sie und Rocko sich auch auf die Bank setzen konnten, so würde es bequemer sein, die Geschichten auszutauschen. Gesagt, getan; dann fragte er… „Und wie bist du in den Himmel gekommen?“ – „Was? Ich war gar nicht im Himmel!“ – „Wo hast du sonst diesen Engel her??“ er verstummte und sah unter die Bank, wo sein Glibunkel mit erhobener Pfote hockte und offenbar auf irgendwas wartete. Ich wurde schon wieder rot. Mist, immer diese Komplimente… zum Glück hielt sein Glibunkel ihn etwas im Zaum… „Äh… ich heiße Maria, und … ach, nein, das weißt du ja bestimmt aus dem Fernsehen… ich habe Lucia vor einigen Tagen in einem Wald getroffen, ich war unterwegs und sie schien Hilfe zu brauchen… als sie gefragt hat, ob ich ihr vielleicht helfen möchte, hab ich zugestimmt.“, die Koordinatorin ergänzte: „Sie ist ein Fan von Wettbewerben, aber kämpfen kann sie auch sehr gut. Das hättest du erleben sollen, als uns Team Rocket ihr Phione abnehmen wollte!“ Rockos „Was, sie hat ein Phione?“ sah sie als Anlass, unsere Geschichte weiter zu erzählen. Wie ich sie getroffen hatte, wie Phione am Strand aufgetaucht war, mein Problem mit dem Wasser, unsere Reise mit Lizabeth und ihren Eltern, das Phantom, und die Idee, Rocko mithilfe der Kameraaufnahmen des Turniers Bescheid zu geben, wo wir waren, weil er aus irgendeinem Grund kein Pokémoncenter aufsuchte. Ich fügte die kleine Zeitreisegeschichte hinzu, die ihn weniger zu überraschen schien. „Und, Rocko, dann erzähl mal, was du erlebt hast!“ forderte Ash ihn auf, der während Lucias Bericht hinzu gekommen war. „Okay, wie bei euch beiden hab ich zuerst einen Lichtblitz gesehen, dann wart ihr auf einmal weg. Um mich herum schwebten überall Häuser, mal richtig herum, aber auch auf dem Kopf. So ein Ort war mir bisher total unbekannt, ich konnte auch ab und zu über eins der Häuser rüber springen, weil an manchen Stellen die Schwerkraft ausgeschaltet war. Fragt mich nicht, wie das geht, das hat mich schon irgendwie fertig gemacht. Dort lebte auch niemand. Ich hatte Glück, dass mein Proviant ausgereicht hat, sonst weiß ich nicht, was passiert wäre. Keine Menschen, keine anderen Lebewesen. Zeitgefühl hatte ich nach einigen Stunden auch keins mehr, das einzige, was mich daran erinnerte, wie spät es war, war meine Uhr. Tag und Nachtwechsel waren nicht vorhanden, aber nach 53 Stunden hatte ich riesige Eiszapfen gefunden, in denen ich Menschen sehen konnte. Später hab ich gemerkt, dass es nur Bilder davon waren, was woanders geschah, das eine Mal, als ich dich gesehen habe, Lucia, gehörte dazu. Maria, …“ er warf einen Blick auf Glibunkel und riss sich zusammen, „…du warst auch dabei, aber dann bist du auf einmal verschwunden.“ Ich dachte mir, da waren wir bestimmt schon in der Turnierhalle gewesen. „Maria sah ich kurze Zeit später noch einmal, und zwar in einem engen Raum, und dann ist etwas passiert, was mich ziemlich erstaunt hat. Ein anderer Eiszapfen hat mir nämlich auch Lucia gezeigt, allerdings warst du wieder dabei.“ Er sah mir in die Augen. „Also hab genauer hingesehen, mich weiter vorgelehnt, und um nicht abzustürzen hab ich mich auf beiden Eiszapfen abgestützt. Sie fühlten sich eiskalt an, aber irgendwie haben sie angefangen zu leuchten, und du bist ebenfalls im zweiten aufgetaucht.“ Er erzählte weiter, aber ich hörte nicht mehr zu. Rocko hatte bewirkt, dass ich mit meinem zukünftigen Ich aufeinandertraf. Diese Eiszapfen oder was das auch immer waren, hatten den Teleport beeinflusst. Rocko musste sich an einem Ort befunden haben, an dem Zeit und Raum keine Rolle spielen, womöglich in einer komplett anderen Welt. Was wiederum bedeuten musste, dass die Kraft, die Ash, Rocko und Lucia auseinander gebracht hatte, extrem mächtig war. Mal sehen… Lucia war bei mir gelandet, Ash wo ganz anders, und Rocko sogar in einer anderen Welt. Was sagte uns das? Richtig, die Raum-Zeit-Krise, von der mir Tonio erzählt hatte, war zwar aus Alamos verschwunden, aber nie und nimmer hatte sie Sinnoh verlassen. Meine drei neuen Freunde waren in Alamos beteiligt gewesen, vielleicht hatte das irgendwas damit zu tun. Ash stand auf, um zu seinem Kampffeld zu gehen, es war also nicht viel Zeit vergangen. Die Blauhaarige schreckte auf. „Oh, lass uns Ash anfeuern!“ sprach sie mich an. „Äh, gut, aber wieso bist du denn so nervös deswegen…“ – „Ach was, wer ist denn schon nervös, ich hoffe nur, dass er gewinnt!“ und sie lief ihm nach, in ihrem Rucksack wühlend. „Was…“ murmelte ich, Rocko ahnte wohl, was mich beschäftigte. „Sie hat in Ashs Arenakämpfen ab und zu diese Cheerleader-Puschel dabei, vielleicht kramt sie die gerade hervor.“ Meinte er und stand ebenfalls auf. „Gut, meine Geschichte hast du gehört. Habt ihr schon irgendwelche Ansätze? Der Plan ist doch durch diese Trophäe da ans Meer zu kommen, von da aus willst du Phione helfen, seinen Tempel zu finden. Richtig?“ – „Ja… nur habe ich kein Schiff, und so weit kann ich nicht schwimmen…“ – er überlegte kurz und zeigte dann auf die Kette. „Nach eurer Erzählung habe ich das Gefühl, dass dir die Perle helfen kann.“ – „Ja, denke ich auch, nur ich weiß nicht, wie… ziemlich frustrierend…“ ich wartete auf eine Bemerkung seinerseits, dass ich doch einfach meine Flügel benutzen könne, da kam mir eine Idee. Merlin hatte gesagt, dass Phione den erwählt, der ihm helfen soll. Oder die, in meinem Fall. Die Kette hatte sich später mit meiner Haut verbunden, also im Grunde auch gewählt. Was wäre nun, wenn die Tiefseeperle enger mit Phione verkoppelt war, als ich bisher gedacht hatte? Wie konnte ich diese Theorie denn belegen… ich hatte doch im Grunde keine Ahnung. „So, wollen wir uns dann Ashs Kampf ansehen?“ wie beiläufig bot er mir seinen Arm an. Eins musste man Rocko lassen, er war ein echter Gentleman. Als ich jedoch wiederum meinen Arm ausstreckte, traf der zweite Gifthieb. „Argh, nein, Glibunkel…“ ich musste schmunzeln. Oh, Sekunde, wie weckte man Rocko jetzt wieder auf? Hektisch sah ich mich um. Ein kleines Mädchen war erschrocken davon gerannt, als sie gesehen hatte, was Rocko passiert war, einige andere Trainer standen um uns herum und schienen nicht so recht zu wissen, was denn das für eine Show sei. „Am besten klatschst du ihm kaltes Wasser aufs Gesicht, oder?“ ich drehte mich um. Vor mir stand der Blonde von gestern, den ich kurz vor dem Pokémoncenter getroffen hatte. Oder eher, IM Pokémoncenter, ich war ja quasi drin gewesen. Kurz dachte ich darüber nach, kaltes Wasser wirkt sehr belebend. Dann neigte ich den Kopf nach links. „Gute Idee!“ „Glibunkel…“ der Giftfrosch war schon dabei, seinen Trainer davon zu schleifen, ich stellte mich vor ihn. „Da lang!“ und zeigte auf die Toiletten. Es sah mich an, setzte einen etwas finstereren Blick auf und gehorchte. Ich lief ihm hinterher und drehte mich einmal kurz um. Der Blonde sah mir für den Bruchteil einer Sekunde nach und verschwand dann aus meinem Sichtfeld. Kur darauf wurde ich vor eine schon schwierige Wahl gestellt: brachte ich Rocko in den Jungs- oder Mädchenraum? Hm, die Reaktion, wenn ich auf der Jungstoilette erschien würden nicht so heftig ausfallen wie das eventuelle empörte Gekreische, was folgen konnte, wenn man Rocko in der anderen sehen würde. Okay… ich atmete tief durch und zeigte Glibunkel, wo es lang musste. Schneller… ich wollte Lucia und Ash nicht im Stich lassen. Rocko schien völlig weggetreten zu sein, naja, gleich würde er sein Wasser haben. „Chrrr…“ dieses Geräusch zeigt einem an, dass das Phione, das man auf seinem Kopf hat, schläft. Wie schaffte es das nur? Immer, wenn ich irgendwas schräges erlebte, schlief Phione ein. Aber wirklich böse konnte ich ihm nicht sein, inzwischen mochte ich es einfach zu sehr. Dann fiel mir ein, dass ich auch Plinfas Blubbstrahl benutzen konnte, um Rocko zu wecken. Panzerschrank würde es mit dem Wasser sicher übertreiben… egal, ich war eh gleich am Wasserhahn, die paar Sekunden machten es auch nicht mehr schlimmer. Ich sah mich schnell um, ob mich jemand beobachtete, Dann schlüpfte ich hinter Glibunkel durch die Tür. Ein wutschnaubender Trainer kam mir entgegen, beachtete mich gar nicht, stürmte aus der Toilette und war verschwunden. Komisch… gelinde gesagt. Erstens, wieso hatte er mich nicht gesehen, zweitens, wer ist denn wütend, weil er auf dem Klo gewesen war?? Was solls…
Im Raum selber war außer Rocko, Glibunkel und mir niemand mehr… ich schrak zusammen, als ich einen sich bewegenden Schatten in einer Ecke ausmachte. Oh, es war nur ein Aquana… hatte der Trainer es zurückgelassen? „Oh, hallo…“ sagte ich zu ihm, es sah mich mit großen Augen an. Ob er es freigelassen hatte? Oder hatte er es hier sitzen lassen, um es für irgendwas zu bestrafen? „Aquana!“ antwortete es. Naja, wenn ich mit allen Wasserpokémon reden könnte, hätte ich das schon lange herausgefunden.
„Quak!“ aus den Augenwinkeln sah ich, wie Rockos Glibunkel wieder in seinem Ball verschwand. Es hatte Rocko genau mit dem Gesicht unter der Kante des Waschbeckens abgelegt, welches wie der Boden in hübschen beigefarbenen Fliesen gehalten war. Ich hielt inne. Ein riesiger Berg Papier, welchen das Pokémon wohl aus dem Papierspender zum Abtrocknen der Hände genommen hatte, war dabei, über die Kante zu rutschen. Er war mit Wasser durchtränkt, und ich irgendwie wusste ich ganz genau, dass dieses Wasser eiskalt sein musste. Wenn das ganze Papier runterfiel… mein Blick zuckte zu Rocko, er lag auch noch auf dem Rücken. Oh, verdammt. „Aquana!“ - huch? Ich warf nur einen Blick zurück, es sah mich immer noch an. „Ich muss nur eben das Papier da wegnehmen, dann sehe ich mal, ob du verletzt bist oder so…“ sagte ich. Aber ich konnte den Blick nicht von seinen Augen wenden. Sie schienen immer größer zu werden, ich wurde quasi davon eingesogen… was war denn jetzt wieder los? Warum passierte sowas psychomäßiges immer nur mir? Die Tiefseeperle wurde wärmer, meine Beine gaben unter mir nach, ich sackte auf den Boden. Eine tiefe Stimme erklang in meinem Kopf, ich bekam regelrecht Schmerzen davon. „Geist oder Körper…“ fragte sie, das Echo danach raubte mir fast den Verstand. Warum musste das auch noch so laut sein… was sollte die Frage? Verlor ich das, was ich wählte? Oder behielt ich es? Was war denn das für eine Frage? „Wenn du nicht antwortest, wähle ich für dich…“ – „Was…“ brachte ich noch heraus, dann wurde es dunkel um mich herum. „Dein Geist ist zu kostbar… ich habe gewählt…“ also bezog sich die Frage darauf, was man behalten wollte? Hatte diese schreckliche Stimme jetzt den Geist gewählt? Ich würde meinen Geist behalten, aber was zum Geier… mehr konnte ich nicht denken.
Ich weiß auch nicht, wie viel Zeit vergangen war, wie lange ich da rumlag, aber als ich wieder einigermaßen zu mir kam, hing dieser Papierstapel immer noch über Rockos Gesicht, Aquana war jedoch verschwunden. Die Kette an meinem Hals war wieder auf Körpertemperatur abgekühlt.Phione war bei meinem Sturz erwacht, es hatte sich auf das Armaturenbrett gesetzt. Ich streckte eine Hand nach dem Papierstapel aus… ich wollte ihn wegschieben…
Er fiel. Und fiel. Und eine Hand fing ihn auf. Schnell wandte ich den Kopf, Merlin sah mir verärgert und spöttisch ins Gesicht. „Jetzt sitzen wir richtig tief in der Tinte, was?“
das ist kapitel 20, viel spaß damit...:D ich hoffe, es erklärt einiges. nuja... ich werde weiterhin versuchen, jedes wochenende ein neues kapitel rauszubringen.
mfg
DoD