Kapitel 16:
Weniger als 10 Minuten dauerte es, bis Karadonis und Lohgock an der Grundschule ankamen. Gerade betreten sie das Schulgelände. Der Pausenhof ist recht groß. Der mit Backsteine bepflasterte Boden ist mit grundschultypischen Motiven beschmückt. Die kleinen Pokemon malten hier mit Straßenkreide „Himmel und Hölle“-Felder, Sonnen mit Sonnenbrillen und andere kindische Malereien. Links befindet sich ein Klettergerüst aus Holz, welches aus einem Turm besteht, der mit einer roten Seilhängebrücke zu einem zweiten Turm führt. Damit die Grundschulpokemon sich hier nicht groß verletzen können, wurde der Boden mit festem Gummi bedeckt. Rechts von Karadonis und Lohgock aus gesehen befindet sich ein kleines Grüngelände, wo die Kinder auf Bäume klettern oder Verstecken spielen können. Neben diesem Gelände befindet sich noch ein graues, und sehr altes Hangelgerüst. Es kann nicht mehr lange dauern, bis es entweder zusammenbricht, oder abgerissen wird.
Die FBI-Agenten laufen gerade aus an den Spielgeräten vorbei und betreten dann das Schulgebäude. Man merkt sofort, dass hier etwas nicht stimmt. Normalerweise befindet sich um 17:00 Uhr niemand mehr in der Schule. Anscheinend mussten Herr Knuddeluff und Frau Pixi noch den Unterricht für den nächsten Tag vorbereiten. Aber die Glassplitter, die einst als eine Glastür den Eingang der Schule bildete, weisen garantiert auf eine große Gefahr hin.
„Weißt du, wo es zum Lehrerzimmer geht?“, flüstert Lohgock, kampfbereit, Karadonis zu. Sie stehen im ersten Raum, dem Treppenhaus, der Schule. Der Boden ist weiß mit schwarzen und braunen Punkten überdeckt.
„Ich bin hier auch zur Schule gegangen. Wenn ich mich recht erinnere, müssen wir dort lang“, antwortet Karadonis leise und zeigt in einen Nebengang. Auch dieser Nebengang ist mit einer Glastür von dem Treppenhaus getrennt. Allerdings hängt diese Tür noch korrekt in ihren Angeln.
„Weißt du, was das mit den Türen auf sich haben könnte?“, fragt Karadonis.
„Es könnte durchaus sein, dass die Eingangstür abgeschlossen war, und die Lehrer noch einen Ersatzschlüssel haben. Somit musste diese Tür zertrümmert werden“, antwortet Lohgock. Karadonis nickt zustimmend, während sie den Nebengang betreten.
Der Boden besteht aus grauem Gummi, die kalte Backsteinwand ist mit Bildern aus dem Kunstunterricht beschmückt. Der Gang ist sehr lang, links und rechts befinden sich in regelmäßigen Abständen giftgrüne Türen.
„Letzte Tür rechts müsste es sein“, sagt Karadonis. Er und sein Kollege joggen leise zur letzten Tür.
„Sei vorsichtig“, flüstert Lohgock. Karadonis macht eine abweisende Handbewegung. Diese sollte so viel bedeute wie ‚Ich weiß schon was ich tue’. Vor der letzten Tür rechts bleibt Karadonis stehen. An der giftgrünen Tür hängt ein Schild. ‚LEHRERZIMMER’ ist in fetten Druckbuchstaben darauf geschrieben. Karadonis lauscht an der Tür. Er hört ein leises, schmerzerfülltes Stöhnen. Lohgock steht nun neben Karadonis.
„Sollen wir rein?“, fragt Karadonis. Lohgock nickt. „Vorsichtig und kampfbereit!“, fügt er noch hinzu.
Karadonis drückt die rote Türklinke hinunter und lässt die Tür mit einem Ruck aufschwenken. Dann betritt er mit Lohgock das Lehrerzimmer. Der Boden besteht grauen Teppich und blauen Vierecksmustern. An der Wand stehen Holzregale, die bis zum Rand mit Büchern voll gestopft sind. In dem Zimmer stehen vereinzelte Holztische mit Holzstühlen. Gemütlich sieht es nicht aus. Auf einigen Tischen liegen aufgeschlagene Bücher. Und am Ende des Raumes ist das Unglaubliche. Frau Pixi. Drei Besenstiele ragen aus ihrem rosa Körper heraus. Die Besenstiele sind mit dunkelrotem Blut übersät.
Karadonis hält sich die Hand vor den Mund, um einen Würgereflex zu unterdrücken. Lohgock begibt zu dem sterbenden Pokemon. Während dem Laufen ruft er: „Karadonis, sieh mal nach Herrn Knuddeluff!“ Dann kommt er an der schwer verletzten Lehrerin an. Sie steht an den Holztisch gelehnt. Die Borstenseile der Besenstiele, die aus dem Rücken der armen Frau herausragen, stützen sie ebenfalls noch ein wenig ab.
„Hören Sie zu“, redet Lohgock auf Frau Pixi ein, „Ich werde nun den Notarzt verständigen. Mehr kann ich leider nicht für Sie tun. Wenn ich die Besenstiele herausziehen würde, würde das Ihnen nur noch mehr Schmerzen bereiten, und wahrscheinlich würde ich Sie dann aus Versehen umbringen. Versuchen Sie, gleichmäßig zu atmen, und auf keinen Fall die Augen schließen!“ Dann wählt Lohgock eine Nummer in seinem Handy. Mit der einen Hand hält er sich das Handy ans Ohr, mit der anderen fängt einen Bluttropfen ab, der aus Pixis Mund seinen Weg zum Bauch suchen wollte.
„ Karadonis, sieh mal nach Herrn Knuddeluff!“ Karadonis nimmt die Hand vom Mund. Er geht an einigen Regalen vorbei zu einer Tür. An der hellgrünen Holztür hängt wieder ein Schild mit den fetten Druckbuchstaben „DIREKTOR“. Karadonis will seine Hand auf die Türklinke legen, greift aber ins Leere.
„Was zum…?“, flucht Karadonis leise. Keine Türklinke vorhanden. Nur ein Loch. Karadonis sieht sich die Tür genauer an. Sie hängt gar nicht mehr in den Angeln. Sie ist anscheinend eingetreten und wieder hingestellt worden. Ein wenig ragt sie nämlich aus dem Türloch in der Backsteinwand heraus. Und dann spürt Karadonis etwas Lauwarmes an seinen Füßen. Er sieht nach unten. Dunkelrote Flüssigkeit. Blut.
„Äh, Lohgock? Ich glaube, ich muss gar nicht nach Knuddeluff schauen. Die Tür wurde schon mal aufgebrochen und an meinen Füßen ist Blut. Es ist lauwarm, was bedeutet, das es tief aus dem Inneren seines Körpers kam…“, erklärt Karadonis.
„Hier habe ich auch etwas Bemerkenswertes entdeckt: Die Besenstiele wurde nicht angespitzt, und höchst wahrscheinlich auch durch keine Maschine in ihren Körper gerammt worden sein. Das kann nur bedeuten, dass der Mörder eine ungeheure Kraft besitzt…Moment…“, Lohgock dreht sich um. Durch den minimalen Türschlitz am Boden kann er einen schwarzen Schatten sehen. „RUNTER!!!“, brüllt Lohgock und wirft sich auf den Boden. Karadonis macht es ihn im letzten Moment nach. Denn wäre er nur eine Millisekunde noch stehen geblieben, hätte ihn garantiert die Tür zertrümmert, die vom Direktorzimmer aus mit über 100 km/h gerade die Fensterscheiben am Ende des Lehrerzimmers zertrümmert…