Hey Koko c:
Endlich habe ich neben dem ganzen Schulstress auch nochmal Zeit, einen Kommentar zu verfassen. Das wollte ich schon seit Langem mal tun und endlich komme ich also auch mal dazu. Ich werde mir erst mal nur dein neustes Gedicht vorknöpfen; ich hoffe das ist okay für dich. Das Thema, was du aufgreifen möchtest, finde ich sehr spannend. Nur dadurch, dass du den Erläuterungstext nicht in einen Spoiler getan hast, habe ich ihn vor deinem Gedicht gelesen, was ich sonst eher ungern tue. Ich denke, genau verraten, was in deinem Gedicht vorkommt, musst du im Vorhinein nicht. ;)
Bowling am Morgen
Okay, hätte ich hier keine Beschreibung gehabt, wieso du den Titel gewählt hättest, wäre ich wohl auch niemals darauf gekommen, wieso das Gedicht nun so heißt. Denn der Name ist durchaus ungewöhnlich. Die Gefühlslage, die du in dem Gedicht zum Ausdruck bringst ist sehr traurig und auch etwas dunkel und harmoniert daher nicht so recht mit dem Titel. Schließlich ist bowlen an sich ja eher eine lustige Aktivität, die man mit mehreren machen kann. Auch wenn du ja meinst, ihn absichtlich gewählt zu haben, bin ich da noch ein wenig skeptisch, aber vielleicht wird sich das ja noch ändern, wenn ich mich etwas mehr mit dem Gedicht beschäftigt habe.
Generell lässt sich ja feststellen, dass das Gedicht in zwei Teile untergliedert ist, wie du ja auch sagtest, insofern ich mir das denn richtig vorstelle. Den Vers „Bowling am Morgen“ wirkt dabei immer wie die Abtrennung der einzelnen Teile. Daher werde ich mir diese auch einzeln vorknöpfen und mal schauen, was ich aus dem Gedicht alles rausfiltere. Mag natürlich sein, dass meine Ideen nicht den deinen gleichen. ;>
Im ersten Teil finde ich, dass es mehr die Sicht eines Außenstehenden ist, der quasi nicht in denjenigen reinschauen kann, der das Leid empfindet, es aber dennoch verstehen kann. Bei den Glasperlen in der ersten Strophe habe ich mich erst gefragt, ob es sich tatsächlich um so was wie Glaskugeln handeln soll, die vielleicht die Zukunft erahnen, wie es ja in Fantasy die Hexen gerne tun. Aber im gewissen Sinne passen hier auch die menschlichen Augen recht gut hin. Sie werden ja auch gerne als Seelenfenster bezeichnet, da sie in gewissem Maße schon wiederspiegeln, was der Gegenüber für eine Person ist. Zumindest finde ich, dass man in Augen sehr gut sehen kann, wie sich ein Mensch fühlt, da sie nur selten Lügen können – wenn überhaupt. „Gefüllt mit Trüb“ könnte dann ausdrücken, dass alle anderen, gar nicht wirklich wahrnehmen, wie schlecht es doch der Person sieht, da einfach nur durch das Leid hindurchgeschaut wird, so wie es in diesem Fall auch das lyrische Ich tut. Sehr gut gefällt mir hier, dass du in der dritten Strophe das Wort „schauen“ verwendet hast. Denn einerseits mag es sich ja auf die zuvor erwähnten Glasperlen beziehen, aber wenn man die außer Acht lässt, wirkt es durchaus auch so, als wären mehrere Personen an dieser Situation beteiligt. Und so ist es ja auch oft, wenn s jemanden schlecht geht … meist haben dann alle, die um diese Person herum leben, etwas dazu beigetragen.
Die folgende Strophe ist besonders ausdrucksstark und ich finde, sie verpasst einem beim Lesen quasi schon so einen richtigen Schlag in den Magen. Gefällt mir richtig gut, da sie auch wieder sehr viel ausdrücken kann. Aber ich vermute mal, das Wort im zweiten Vers sollte „Wahnsinn“ heißen? Besser hätte es mir glaube noch gefallen, hätte die zweite Strophe „in Wahnsinn gequillt“ gelautet. In der Regel kommt es einem auch erst mal so vor, als würde das Wort gequillt an dieser Stelle gar nicht passen. Eine Seele gequillt? Aber dennoch kam mir da doch ein recht starkes Bild auf. Denn eine Seele stelle ich mir immer ähnlich dem Herzen vor, nur dass es quasi der Regler für unsere Gefühle ist. Normalerweise sind unsere Emotionen also im Gleichgewicht – wir bekommen Gefühle zu verspüren und geben auch welche an andere weiter. Wenn dem aber nicht so ist und quasi nur noch Hass in unserer Seele ankommt, verschließen wir uns und es ist quasi, als würde uns ein Ventil zugemacht. Und wenn man sich nun vorstellt, dass aus diesem Grund dann die Seele aufquillt bis sie nichts mehr aufnehmen kann oder sogar platzt … heftig. Oo Würde aber dann auch sehr gut dazu passen, dass die Person in ihrem Leid weint. Denn „in deinem Leid“ drückt ja aus, dass er mit diesem allein ist uns es mit niemanden teilen kann. Dann gibt er (ich gehe mal einfach davon aus, dass die Person, von der du schreibst, männlich ist, da ich sie mir so vorstelle) aber durchaus ein sehr trauriges Bild ab. Sehr rührend.
In der dritten Strophe bestätigt sich dann auch sehr gut, was ich in der letzten Strophe angesprochen habe. Mit verhassten Blicken steinigen sie ihn und sehen dabei nicht, wie schlecht es ihm geht. Das sieht man ja im Alltag häufig, dass diejenigen, die seelisch quasi schon ein Frack sind, besonders schlecht behandelt werden. Hier gefällt mir die Verwendung von „draußen“ auch besonders gut, da es schon fast bildhaft trennt, dass die außenstehenden Menschen sich auch wirklich aus dem Leben des Leidtragenden heraushalten. Quasi als würden sie wirklich draußen stehen und nicht in seine Welt eintreten wollen, um ihn überhaupt verstehen zu können. So aber können sie natürlich nicht verstehen, was auch der letzte Vers – so finde ich – deutlich macht. „Sie sehen nicht“ heißt nämlich heutzutage auch leider häufig „die Menschen wollen nicht sehen“. Daher finde ich es sehr aussagekräftig, dass du es aufgegriffen hast.
Auch die letzte Strophe dieses „Teils“ mag ich in Verbindung mit den anderen sehr. Bei den anderen Strophen kam es mir mehr so vor, als würden sie die Situation beschreiben, wie sie vor dem Amoklauf war. Die Person wird in ihrer Gefühlswelt kurz vor ihrem Ende dargestellt, weiß sich keinen Ausweg mehr und nun kommt die Auswirkung der Menschen, die nicht verstehen, wie ein Junge so etwas getan haben kann. Sie sind geschockt, basteln sich zusammen, wieso der Junge es letztendlich getan hat und erkennen vor lauter Fragen die traurige Wahrheit nicht. Leider ist es häufig so, wie ich finde. Nachdem jemand Selbstmord begangen hat, fragen auch alle, was denn der Grund gewesen sein könnte, dass sie aber alle einen Teil zu diesem Grund beigetragen haben, verstehen oft die Wenigsten. Sehr traurige Sache, die du da aufgreifst bzw. wird sie mir in dieser Strophe vermittelt.
Dann kommt ja wieder der Bowlingsatz, den ich schon die ganze Zeit versuche in meine Gedanken so zu verstehen, dass er gut zu dem Gedicht passt ... Nun ja, bisher stehe ich da wohl noch nicht auf festem Grund, daher werde ich es am Ende nochmal aufgreifen. :)
Dafür werde ich mir aber erst mal den zweiten Teil vorknöpfen, den ich so verstehe, dass nun die „zerstörte“ Person bzw. der Amokläufer aus seiner eigenen Sicht schreibt. Es mag sein, dass das nur meine Empfindung war, aber mir kam die Person durchaus etwas wirr vor. Vermutlich, weil sie ihren Gefühlssturm nicht mehr bewältigen kann oder ich habe es mir einfach nur so vorgestellt. ;) Auffällig sind ja die ähnlichen Satzstellungen wie zuvor und auch einige Worte, die du wieder verwendet hast. Aber dann zu sehen, wie sehr der Sinn nur durch ein paar andere Wörter so drastisch geändert werden kann, ist schon sehr stark. Besonders, da man auch den genauen Vergleich hat, wenn man zuvor ja den ersten Teil gelesen hat.
Bei „Glasperlen – gefüllt mit Hass“ kann man wohl davon ausgehen, dass die Person keine anderen Gefühle aufnimmt, als Hass gegenüber anderen, wie ich es zuvor schon einmal vermutet hatte. Es ist durchaus so, dass man – wenn einem viel Leid zugefügt wird – mehr und mehr verlernt, Menschen zu lieben. Eine sehr traurige Geschichte, aber wir alle sind besser im Zerstören, als wir es uns wohl eingestehen. Dass das lyrische Ich – ich vermute mal stark, dass es die Person ist, auf die man im vorherigen Teil nur von außen draufgeschaut hat – schaut demnach durch die anderen durch, weil es ihren Wert nicht mehr wahrnimmt. So als würde der Blick der Person an niemanden mehr haften bleiben, da er weiß, dass er dann sowieso nur Leid erfahren wird. Quasi eine leere Hülle; leere Glasperlen. :c
In der zweiten Strophe finde ich wieder das mit dem gequillt etwas schwierig, da ich mir da im ersten Moment nicht viel drunter vorstellen kann. Vor allem das „im“ irritiert mich an beiden Stellen – sowohl zuvor als auch jetzt – ein wenig und reißt mich jedes Mal wieder für einen kurzen Moment aus meinen Gedanken. Vermutlich soll es aber ausdrücken, dass er die Seelen bereits in Blut sieht, da er seine Tat schon geplant hat. Wäre nun ein recht grausiges Bild, aber dennoch ja vorstellbar, wenn man bedenkt, dass es Amokläufer ja nicht unbedingt selten gibt. Und die Taten sind ja generell schon vorher recht genau geplant – zumindest einige davon. „Ohne Existenz“ könnte sich dann demnach einerseits auf den Charakter selbst beziehen, der ja bald schon keine Existenz mehr haben wird, da er sich bewusst ist zu sterben und auch existenzlos in dem Sinne, dass er von der ganzen Welt verhasst wird, was ja auch nichts ist, was man sich wünscht. ;/ Andererseits sind aber auch die Seelen, auf die es die Person abgesehen hat ja bald existenzlos, wodurch durchaus beides gemeint sein kann, vermute ich mal.
Die dritte Strophe ist ja ähnlich wie die im ersten Teil und drückt demnach das Gleiche aus. Okay, nicht ganz. Hier wird noch deutlicher, dass das lyrische Ich auch selbst die ganzen hasserfüllten Blicke auf sich spürt und das es im fortlaufend Leid zufügt. Anderes habe ich ja oben schon erwähnt und ist auch hier sehr passen.
Und auch hier behältst du bei der letzten Strophe bei, dass sich um die Situation nach dem Amoklauf handeln kann. In der Regel dürfte der Täter das von sich selbst dann ja nicht mehr schreiben können, wenn man voraussetzt, dass er am Ende auch stirbt, aber er kann in gewissem Maße ja auch vorausblickend davon sprechen. Jedenfalls zeigt es ja, dass die Person weiß, dass sie für immer verhasst wird, aber dennoch stockt sie nicht davor, so eine grausame Tat zu vollbringen. Die Welt ist dann natürlich davon mitgenommen und geschockt, was ich auch gut nachvollziehen kann, weil es einfach etwas ist, was mehr als nur grauenvoll ist.
Dennoch kann ich dich da sehr gut mit einer Einstellung verstehen, da meine ähnlich ist. Denn das, was Amokläufer tun ist ja keineswegs gerechtfertigt, jedoch ist es auch so, dass die Menschen um diesen Täter herum oft mit Schuld sind, wenn man überlegt, wie oft Schüler gemobbt werden, ohne dass man deswegen auch nur ein schlechtes Gewissen bekommt. Leute, die deswegen zum Mordwerkzeug greifen und diejenigen, die sie jahrelang geärgert haben, töten wollen, kann einem leidtun. Denn oft haben sich diejenigen dann schon in sich selbst verloren und wissen aus ihrem Leben keinen Ausweg mehr. Das dies nicht der richtige Weg ist, ist natürlich klar.
Aber bevor ich nun auch schon zum Schluss komme, möchte ich nochmal kurz den Titel/Vers aufgreifen, der mir ja erst gar nicht in den Kram passen wollte. Dass ein so ernstes Thema mit Bowling verknüpft wird … naa, das wollte sich doch einfach nicht zusammenschmieden lassen. Du hast ja schon erklärt, wieso es darin steht, aber dennoch habe ich mir ein paar Gedanken dazu gemacht. Ich habe mir vorgestellt, dass das Bowlen quasi das Symbol dafür ist, dass die Kugel letztendlich ins Rollen gebracht wurde und schließlich Kegeln – quasi Unschuldige – mit sich reißt. Wenn man es so betrachtet, passt es wieder zusammen, wenn es auch erst ungewöhnlich ist.
Gut, zuletzt kann ich noch sagen, dass ich es gut finde, dass du so ein Thema in deinem Gedicht aufgreifst. Es ist natürlich sehr ernst und auch traurig, aber es ist ja die Realität und von dieser sollte man sich nicht verschließen. Auch finde ich, dass dein Werk nochmal sehr zum Denken anregt. Man hört zwar viel in den Medien, aber ich finde, dass berührt einen längst nicht so viel wie ein Gedicht, was die Gefühle betont, die in solch einer Situation im Spiel sein können. Mag ich sehr, auch wenn es ein paar Stellen gab, die mich ja gedanklich etwas rausgeworfen haben. C; Aber ich hoffe dennoch, dass meine Gedanken zu deinem Gedicht nicht allzu verwirrend erscheinen und du dich eventuell auch ein wenig freust.
Bis zum nächsten Mal *will nun häufiger vorbeikommen*
Liebe Grüße~