Werde grausam, werde stark
[Blockierte Grafik: http://s1.directupload.net/images/131208/mktcxbmz.jpg]
Wer den Tod fürchtet, vergisst zu Leben.
Vorwort:
Diese Fanfiction bezieht sich auf kein Buch und entsteht ausschließlich aus meiner Fantasie.
Diese Geschichte kann an manchen Stellen etwas brutaler sein. Es werden definitiv Charaktere sterben und Kämpfe werden auftreten. Die meisten Kapitel werden für die Altersklasse 12+ sein, aber es werden auch viele eher für Leute über 16 geeignet sein. Dies wird dann vor den Kapiteln vermerkt.
Genre:
Dieses ist in Fantasy einzuordnen. Verbunden mit anderen Genren.
Inhalt:
Lucius ist eigentlich ein gewöhnlicher Junge... nein ist er nicht. Lucius Flash lebt mit seinen zwölf Jahren bei seiner Mutter, welche Alkoholikerin ist, in einer kleinen Mietswohnung von Hartz IV. Sein Leben ist eigentlich grausam. Tägliche Streitereien mit seiner Mutter über seinen Vater, den er noch nie gesehen hat und die Probleme in der Schule gehören zum Alltag. Erst als seine Mutter verunglückt, lernt er seinen Vater kennen und somit eine ganz andere Welt.
Idee und Inspiration:
Alles entstand, als ich damals bei Sims 3 einen Magierchara erstellte (Das ist echt ewig her). Irgendwann überlegte ich mir eine Story für den Chara und da ich lange kein Sims mehr spiele habe ich diese in meinem Kopf weiter ausgearbeitet. So enstand dann diese Fanfiction, welche von Büchern, Filmen, Serien, Liedern und Zeichnungen inspiriert wird.
[tabmenu][tab=Charas] Es wird keine Charakterbeschreibung geben. Der Leser wird in der Geschichte alles Mögliche über die Hauptcharas erfahren und eine Charakterbeschreibung würde nur Spoilern.
[tab=Kapitel]
Kapitel 1
Ein unangenehmer Geruch von Zigaretten und Alkohol kam Lucius entgegen, als er die alte Tür der kleinen Mietswohnung aufschloss. Er strich seine verschlissenen, alten Schuhe auf dem dreckigen, durchgelaufenen Teppich ab und schlüpfte durch die Tür in die kleine Wohnung. Die vergilbte Tapete löste sich im kleinen Flur schon ab und der geflieste Boden sah aus, als wäre er seit Ewigkeiten nicht mehr gereinigt worden. Zurückdenkend an den bisher schrecklichen Tag, schmiss der Junge seinen schmutzigen Rucksack auf den Boden und bahnte sich seinen Weg durch das schäbig eingerichtete Wohnzimmer, in dem man bestimmt zwanzig leere Flaschen von alkoholischen Getränken zählen konnte, vorbei an dem alten, verstaubten Röhrenbildfernseher, bis er die altbackene Küche betrat. Diese war sehr schlicht eingerichtet und es fehlte von Hygiene jede Spur. Lucius schlüpfte durch die schmale Lücke, die der kleine Esstisch und der Kühlschrank boten, um ins Innere der Küche zu gelangen. Auf der dreckigen Arbeitsplatte lagen Zigarettenstummel und ältere Essensreste. Seufzend nahm er sich einen alten Lappen aus der verkalkten Spüle, lies einmal Wasser über diesen laufen, wrang ihn aus und wischte die nikotinhaltige Droge von der Arbeitsplatte. Danach schmiss er den Lappen zurück in die Spüle. Dann öffnete er unter einem lauten Quietschen die Schublade unter der Arbeitsplatte und suchte diese mit seinen großen Augen ab, bis er fand, wonach er suchte. Vorsichtig fischte er eine Plastiktüte, deren Inhalt offensichtlich Brot war, hinaus und öffnete den Metallclip. Ruckartig zogen seine Mundwinkel nach unten und sein Gesicht verwandelte sich in eine angewiderte Grimasse, als er den Geruch des Brotes wahrnahm und so warf er das verschimmelte Brot in einen Plastikmüllbeutel, der mit einem Haken an der Küchenwand befestigt war. Enttäuscht bahnte er sich wieder seinen Weg aus der alten Küche, durch das Wohnzimmer an den Flaschen und dem verblichenem Sofa vorbei, bis er an drei Türen ankam. Er öffnete die rechte Tür und betrat einen dunklen Raum mit einem kleinem Fenster, weißer Tapete und blauem Teppichboden, der sein Alter mit seinen ganzen Flecken verriet. Die Einrichtung bestand aus einem alten PC mit Röhrenbildschirm, der auf einem von Macken gezeichneten Schreibtisch stand, ein Bett mit olivgrünem Bettbezug und einem Stuhl, der auch schon seine besten Jahre hinter sich hatte. Deprimiert setzte sich Lucius an seinen Schreibtisch, schaltete seinen PC an und schon verlor sich der Zwölfjährige in der Welt des Internets. Kaum anderthalb Stunden später vernahm er das Rascheln eines Schlüsselbundes an der Tür und es graute ihm schon. Wenig später krächzte die verrauchte Stimme durch die Wohnung: "Luuuuciuuus, bist Du Zuhause?" "Ja, Mutter", antwortete der Junge genervt. Er hasste dieses Weib. Kurz danach öffnete sich seine Zimmertür unter einem Nägel aufrollenden Quietschen und die blonde, verlebte Frau betrat sein Zimmer. "Was ist mit dem Brot passiert?!", schrie sie ihn an. "Verschimmelt", murmelte er als Antwort. "Na toll, was hast Du jetzt schon wieder gemacht?! Woher hast Du das blaue Auge?!", sagte sie, während sie auf ihn zutrat und mit ihren langen, ekeligen Gelnägeln sein Gesicht packte, um sich das Veilchen besser ansehen zu können. "Mir haben zwei Jungs mein Essensgeld abgenommen und ich wollte mich wehren", bekam sie als Antwort. "Tse, weißt Du was? Ich glaube dir nicht. Vermutlich hast Du das Geld einfach für irgend 'en Ramsch ausgegeben und dich danach mit welchen geschlagen. Du bist halt zu nichts nutze!" Nach dieser Aussage war es ihm genug. "Mutter lass mich einfach in Ruhe, ja?! Und zahl mal bitte die Miete, der Vermieter hat heute Morgen wieder genervt." Ihre Antwort brachte ihn zum Rasen: "Von welchem Geld? Dem, das Du heimlich auf dem Kopf haust?!" Also konterte er aufbrausend: "Also, erstens kannst Du dir ja anscheinend den Alkohol und die Zigaretten leisten. Selbst deine Nägel hast Du heute neu machen lassen. Wo hast Du denn das ganze Geld her? Zweitens habe ich das Geld nicht ausgegeben; es wurde mir gestohlen und drittens: Lass mich endlich in Ruhe!" Türknallend zischte die Hexe ab und lies ihn in der Stille seines Zimmers zurück. Noch konnte er ihre Gedanken hören: "Boah, wie ich diesen elenden kleinen Quälgeist hasse“ Wutentbrannt stand er auf und lies sich auf sein Bett fallen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis dem Vermieter der Kragen platzen würde und die beiden auf der Straße sitzen würden. Und solange seine Mutter es nicht einsah, arbeiten zu gehen, oder mal ansatzweise sparsam zu leben, würde es auch keine Lösung für das Problem geben. Unterhalt bekamen sie auch nicht, denn von wem? Der Mann, den Jessica Flash, so war der Name von seiner Mutter, immer als Lucius‘ Vater bezeichnete, war nachweislich nicht sein Vater, was sogar mit einem Vaterschaftstest bewiesen worden ist. Wer sein leiblicher Vater war, wusste niemand. Natürlich machte es ihn traurig, ohne Vater aufzuwachsen und wie oft hatte er sich gewünscht, seinen Vater kennenzulernen. Vielleicht würde dann das Geheimnis gelüftet, warum er etwas konnte, was kein andere konnte. Doch inzwischen war jede Hoffnung aufgegeben. Ein Geklimper von Schlüsseln löste ihn aus seinem Gedankengang. Anscheinend machte seine Mutter ihre abendlichen Züge durch die Stadt und ihm war es inzwischen egal, dass sie im Alkoholrausch Auto fahren würde.
Den Rest des Abends verbrachte er mit seinen Hausaufgaben. Als die Turmuhr elf schlug, machte er sich bettfertig und legte sich schlussendlich erschöpft in das muffige Bett. Doch einschlafen konnte er nicht. Bei jeder Bewegung quietschte der Lattenrost und seine Gedanken liefen wieder wie wild. Ein seltsames Gefühl erfasste ihn; so lag er da und dachte nach. Über seine Mutter, über sein Leben, über seine Schule, über seinen Vater, über sein ungewöhnliches Talent; Magie. Um ein Uhr setzte er sich auf, denn er hatte noch immer Hunger und hielt es nicht mehr aus. In der Dunkelheit konnte der Junge nichts erkennen, außer Schwärze. Vorsichtig lauschte er den Geräuschen, die von außen in die Wohnung eindrangen. Katzengesang, Straßenlärm und das Rauschen von Wasser in den Leitungen. Um etwas erkennen zu können, konzentrierte er sich vollkommen auf seine Hand und spürte eine wärme in seine Fingerspitzen sausen. Diese Wärme verwandelte sich mit der Zeit in eine Hitze, bis Funken aus seinen Fingerspitzen sprühten und den Raum erhellten. Geblendet von dem Licht kniff er seine Augen zusammen, bis diese sich an die Helle gewöhnt hatten und so schlurfte er durch die Wohnung, auf Nahrungssuche. In der Küche wurde er schließlich fündig und so machte er sich ein Müsli mit Milch und verspeiste die zuckersüße, knusprige Erfrischung, legte die leere Schüssel in die Spüle, huschte wieder ins Bad und putzte sich dort seine Zähne. Im Spiegelbild beobachtete er sich selbst, während die Zahnbürste um seine Zähne kreiste. Lucius war sehr dürr und klein für sein Alter. Jeder konnte an seinem Gesicht seine Traurigkeit lesen. Die blasse Haut, die großen Augen, schwarz wie die Nacht, unter denen sich dunkle Augenringe stark abzeichneten. Das alles wurde abgerundet durch eine Stupsnase und einem Mund mit schmalen Lippen in einem leicht kantigem Gesicht. Das einzige, das ihm Leben verlieh, waren seine langen Wimpern und seine chaotischen braunen Haare. Die Schwellung des blauen Auges ließ schon langsam nach. Inzwischen waren die Zähne geputzt, also spülte er sich den Mund und wanderte ins Bett. Im Gedanken über den morgigen Schultag schlief er endlich ein.
Piep, piep, piep, piep!
Vollkommen erschöpft wurde der Zwölfjährige aus dem Bett gerissen. Noch schlaftrunken tastete er nach dem Wecker und schaltete das Gerät aus. Dann drehte er sich nochmals um und schlief wieder ein.
Ding, dong!
Wieder wurde er aus seinem Schlaf gerissen und sein Blick fiel sofort auf den Wecker, der auf dem Bettrand stand. "Scheiße!", fluchte Lucius und kämpfte sich aus dem Bett.
Ding, dong! Ertönte es wieder. "Och, bitte nicht schon wieder der Vermieter", flehte er vor sich hin und huschte durch die schmutzige Wohnung bis an die Tür. Noch einmal tief Luft geholt und schon drückte er die Klinke hinunter, zog die verranzte Tür auf und begutachtete die zwei Personen, welche vor ihm standen. "Oh Gott, was ist jetzt schon wieder?", kam ihn in seinen Gedanken auf, als er die zwei als Polizisten identifizierte. Die Polizisten musterten ihn von oben bis unten und Lucius spürte, wie er rot wurde, da er nur einen Schlafanzug trug. Der größere Polizist schien der jüngere zu sein, trug eine Brille und hatte kurze, dunkle Haare und starrende, blaue Augen. Im Gegensatz dazu wirkte der Ältere freundlicher und seine grauen Haare flogen ihm leicht ins Gesicht. Seine Augen waren braun und er hatte anscheinend schon viele Jahre hinter sich. Nun beugte sich der Jüngere zu ihm runter und fragte ruhig: "Bist Du Lucius Flash?" Leicht verunsichert und verwirrt nickte er. Mit betretenem Blick fing nun der andere an zu sprechen: "Wir haben eine schlimme Nachricht für Dich, was deine Mutter Jessica Flash betrifft. Letzte Nacht ist sie anscheinend etwas angetrunken gefahren ..." Natürlich konnte der Kleine sich denken, was passiert war und sein Herz schlug ihm bis zum Hals vor Angst und Nervosität. "Na ja ... Es fällt uns echt schwer, dir das zu sagen, Kleiner, aber sie hatte einen Autounfall und ist dabei ums Leben gekommen" Auch wenn er immer dachte, er würde seine Mutter hassen, spürte er nun, wie ihm Tränen in die Augen schossen, sein Blickfeld verschwimmen ließen und langsam eine ihm die Wange herunterrannte. "Oh man, der arme Kleine. Der sieht aber auch schwer misshandelt aus", konnte Lucius die Gedanken der Älteren hören. Nun fuhr dieser fort: "Wir können verstehen, dass dies eine schwere Situation für Dich ist, deswegen musst Du heute nicht zur Schule und Du kannst deine Sachen packen, denn wir haben deinen Vater ausfindig gemacht. Du wirst erst einmal bei ihm wohnen und dann kommen wir nochmal vorbei und, wenn Du mit ihm gut auskommst, darfst Du dort wohnen bleiben" Ungläubig starrte Lucius den Fremden an. Seinen Vater? Er würde jetzt endlich seinen Vater kennenlernen? Nun hörte er nur noch das Pochen seiner Adern in den Ohren.
Kapitel 2 hat etwas leicht brutales :3
[align=left]
Kapitel 2
So saß er nun in einem modernem Auto, der schäbige Rucksack auf seinem Schoß und er dachte nach. Noch nie hatte er in einem klimatisierten Auto gesessen und wusste so den Luxus einer Klimaanlage zu schätzen. Die Fahrt dauerte nun schon gefühlte drei Stunden, die wahrscheinlich in Wahrheit nur eine waren, aber dennoch war Lucius noch immer so aufgeregt wie an seiner Haustür. Auch wenn er mittlerweile etwas misstrauisch wurde, denn er empfand es als sehr ungewöhnlich, dass die Polizei ihn persönlich zu seinem Vater fahren würde, und noch kurioser fand er es, dass er nicht dazu in der Lage war, die Gedanken des jüngeren Polizisten zu lesen. Im Auto herrschte bis auf die Motorengeräusche und das Gebläse der Klimaanlage absolute Stille. Seit dem Einstieg in das Fahrzeug wurde nicht mehr gesprochen. Darüber war er aber auch froh, denn er war gerade nicht dazu in der Lage, ein halbwegs sinnvolles Gespräch zu führen. Mit dem Kopf angelehnt am Fensterglas betrachtete der Junge die Umgebung und spielte sein Lieblingsautofahrtenspiel, das er selbst erfunden hatte. Es ging um das Abschätzen, wann Leitplanken vor seinen Augen erscheinen würden und mit einer imaginären Figur darüber zu springen. Lucius wusste nicht warum, aber er spielte immer wenn er im Auto saß, dieses Spiel. Dabei war es auch immer interessant zu beobachten, wie die Landschaft im Hintergrund sich änderte. Zurzeit fuhren sie durch dunkle Nadelwälder, an dessen Rändern Farne wuchsen. Plötzlich durchbrach die Stimme des älteren Mannes die Stille und lies den in Gedanken verlorenen zusammenschrecken. "Ach ja, Du weißt ja noch nichts über deinen Vater. Öhm Patrick, könntest Du dem kleinen Jungen mal die Akte geben?" Schon wurde ihm von einer knochigen Hand eine Akte, wie er sie aus dem Fernsehen kannte, entgegengereicht. Unsicher nahm er ihm die Akte aus der Hand und schlug sie auf. Von Innen wirkte sie ganz anders wie die aus den Krimis. Darin war erstmal ein seltsames Wasserzeichen in der oberen, linken Ecke auf dem Papier, welches eine Figur darstellte, um die seltsame Ornamente schwebten und unter der Figur stand in Druckbuchstaben "KMP". Natürlich wurde die Akte von oben bis unten gelesen, wobei auffiel, dass in mehreren Punkten "Unbekannt" stand und kein Foto vorhanden war. Nach dem gründlichen Studieren der Akte wusste der Kleine also nur folgende Punkte: Name, Geburtsdatum, Adresse, Geschlecht (das ihm ja schon vorher bewusst war) und das dort unter Besonderheiten: "Kein magisches Empfinden" stand. Was das zu bedeuten hatte, blieb ihm unklar. Laut diesem Stück Papier im Pappumschlag war sein Vater zurzeit 43 Jahre alt, geboren am 5. Januar und der Name war Magnus Tricius Bane. "Was für ein komischer Name ...", dachte Lucius, "hmm ... okay, mein Name ist nicht sonderlich besser." Schweigend reichte er das wenig Aufschluss bringende Ding zurück. "Wie lange wird die Fahrt noch ungefähr dauern?", fragte er vorsichtig und bekam eine kurz angebundene Antwort: "Eine halbe Stunde." Erleichtert seufzte Lucius auf. Und die Landschaft veränderte sich langsam. Denn nun bahnte sich die Straße zwischen Felder und Wiesen, die in Farben von goldgelb bis knallgrün leuchteten. Irgendwie machte sich ein wohlig warmes Gefühl der Freude in dem Jungen auf, ein Gefühl, welches er so selten verspürte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen verbrachter er die restliche Zeit der Fahrt träumend, bis sie an einer größeren Stadt ankamen. Verärgert darüber, das Schild mit dem Namen der Stadt verpasst zu haben, schaute er sich die ganzen Wohnungen an, an denen sie vorbeifuhren. Hier war alles dicht besiedelt. Doch es dauerte nicht sehr lange, bis die Besiedelung weniger wurde und sie die Innenstadt auch schon verließen. Nun fuhr das Polizeiauto von der großen Hauptstraße ab in ein kleineres Dorf. Total aufgeregt setzte Lucius sich auf, als sie an kleineren Häusern vorbeifuhren, an einem Lebensmittelgeschäft, an einer Schneiderei und einer Grundschule. Immer wieder konnte man Bäume sehen und hier mangelte es nicht an Natur, im Gegensatz zu seiner Heimat, einer hässlichen, sozialschwachen Gegend. Langsam wurden die Häuser und Grundstücke größer, bis sie in einer Straße namens "Luzernenallee" ankamen. "Wir sind da", sagte der Ältere, der auch den Wagen fuhr. Dann deutete er auf ein riesiges Haus, welches man schon als Villa bezeichnen konnte und fügte noch hinzu: "Da vorne ist es, Hausnummer 13. Steig ruhig aus. Falls irgendetwas sein sollte, kannst Du uns jederzeit anrufen. Hier ist die Nummer. Ach ja, bitte gib diesen Umschlag deinem Vater." Er kramte aus der Tasche seiner Polizeiuniform eine Visitenkarte und einen Brief heraus und übergab diese ihm. Leicht zitternd zog seine kleine Hand den metallenen Türgriff und mit einem Klacken war die Tür entriegelt und ließ sich aufdrücken. Eine heiße Augusthitze traf ihn wie eine Wand, als er aus dem klimatisierten Auto stieg und die frische Luft einsog. Mit seinem dreckigen, blauen Rucksack über den Schultern in zerschlissener Jeans und abgenutzten T-Shirt ging er seinen Weg über die Straße und betrachtete die Blütentracht in den Vorgärten. Nummer 13 hob sich aber von allen Häusern ab: Der Vorgarten hatte vergleichsweise wenig Blumen und bestand mehr aus einem gepflegtem Rasen, auf dem links und rechts neben dem Haus jeweils eine große Eiche stand. Vor allen Fenstern waren die Rollläden verschlossen, vermutlich um das Innere von der Wärme zu schützen. Komisch war auch, dass das Grundstück keine Einfahrt besaß und auch kein Auto vor der Villa stand. Nun schloss Lucius seine Augen, atmete tief ein, ließ die Luft wieder aus seinen Lungenflügeln entweichen und betrat den Vorgarten. Aufgeregt bahnte er sich seinen Weg zum Haus, erklomm die drei Treppenstufen bis zur Haustür. Dort stand er nun; sein Herz pochte ihm bis zum Hals und die Augen musterten die riesige Tür. Am Rand stand durchgestrichen "Grayoak" und mittig war ein großer, metallener und verschnörkelter Türklopfer platziert. Unbeholfen griff der Junge mit beiden Händen den schweren Metallring, stemmte ihn mit hohem Kraftaufwand hoch und ließ diesen wieder niederschnellen. Der Knall, welcher dabei entstand, ließ ihn zusammenzucken und versetzte ihm einen Schlag auf das Trommelfell. Erst dann bemerkte er, dass die Tür nur angelehnt war und da er nichts Besseres zu tun wusste, als vom Inneren keine Reaktion auf das Klopfen kam, drückte er die Tür auf und betrat den Flur. Geschnitzte Figuren in massiven, glatten und dunklen Holz von einem Treppengeländer einer großen Treppe fingen seinen Blick auf. Generell war auch der Parkettboden aus dunklem Holz und die Tapete war dunkelrot mit feinen, goldenen Verschnörkelungen. An der Decke hing ein kleiner, aber edler Kronleuchter, der von Spinnen verwebt war. Neugierig lief er den Flur entlang und schaute durch einen Türbogen in ein antik eingerichtetes Wohnzimmer. Doch eine unerwartete Sache ließ ihn leicht erschrecken. Neben einem riesigen Kachelofen stand ein großer Flachbildfernseher, vor dem drei moderne Spielkonsolen standen und mehrere Controller lagen neben Spielehüllen auf dem Boden verteilt. Natürlich war der Jugendliche daran besonders interessiert und so ging er auf die Gegenstände zu. Mitten auf seinem Weg vernahm er hinter seinem Rücken ein schleifendes Geräusch und so schwang er herum und sah dem Grauen ins Gesicht. Vor ihm stand ein Wesen mit leicht bläulicher Haut, einer Wunde am Hals, die vor kurzem wohl zugenäht wurde, mit schneeweißem Haar und roten Augen, die wie LEDs leuchteten. Das ganze Erscheinungsbild erinnerte ihn an einem Zombie. Plötzlich schnellte das Monster mit aufgerissenem Mund auf den Jungen zu und vergrub seine scharfen Zähne in dessen Schulter. Der Schmerz fuhr durch seinen Körper und zwang ihn zum Aufschreien. Voller Panik ließ er Flammen aus seinen Fingern schießen und drängte damit den Zombie von ihm weg. Noch bevor das Wesen nochmals angreifen konnte, nahm Lucius all seine Kräfte zusammen und ließ einen Flammensturm auf das Monster los, bis dieses mit einem ekelhaft süßlichen Geruch von verbranntem Fleisch zusammenbrach und es halb skelettiert auf dem Boden lag. Erleichternd und noch keuchend betrachtete er dieses Wesen und war schwer beeindruckt von sich selbst. Als er versuchte sich zu bewegen, stellte er verwirrt fest, dass er nicht dazu in der Lage war und plötzlich spürte er eine eiskalte Messerklinge an seiner Kehle und hätte er dies gekonnt, wäre er zusammengezuckt. "Na, verwundert darüber, dass Du dich nicht bewegen kannst? Unglaublich, dass sie jetzt schon Kinder losschicken, um das Buch zu stehlen. Ich würde dir raten, mir nun alles zu erzählen, was Du weißt, wenn dir dein Leben lieb ist." Eine männliche genervt klingende Stimme durchbrach die Stille. Stotternd stammelte der Verängstigte: "I-ich bin ni-nicht h-hier um et-was zu st-stehlen. E-es tut m-mir leid." Langsam ließ der Mann das Messer sinken und sagte: "Ok, ich spüre, dass Du Die Wahrheit sagst, also erkläre Dich. Du brauchst keine Angst zu haben." Er begann etwas angstbefreiter: "Also, letzte Nacht, da ist meine Mutter gestorben. Heute Morgen standen zwei Polizisten vor der Tür, um mich zu meinem Vater zu bringen. Angeblich soll dieser hier wohnen." Nun spürte er, wie er sich langsam wieder bewegen konnte, also drehte er sich, um den Mann betrachten zu können. Groß gewachsen, aber vom Aussehen her, höchstens siebzehn, hatte er längeres, schwarzes Haar, welches mit leuchtend blauen Strähnen durchzogen war und sehr wild wirkte. Vorne war es am längsten, ging teilweise bis zu Schulter und flog ihm ins Gesicht vor seinen dunklen, mandelförmigen Augen, die bezeugten, dass er seit längere Zeit keinen Schlaf gefunden hatte. Ansonsten besaß er noch eine Stupsnase und einen ziemlich normalen Mund mit etwas schmäleren Lippen. Auffällig an ihm war eine große Narbe links am Hals und rechts daneben prangte ein seltsames verschnörkeltes Tattoo. Gegen die Erwartungen von Lucius lächelte sein Gegenüber ihn nun freundlich an. "Na ja, ich wohne hier zwar alleine, aber ich kenne mich hier in der Gegend ziemlich gut aus. Vielleicht hast Du ja einfach die falsche Adresse. Wie sieht dein Vater denn aus? Mach dir mal keine Sorgen, ich werde die dabei helfen, deinen Vater zu finden. Versprochen." Etwas zuversichtlicher antwortete er ihm: "Während der Fahrt, zeigte mir ein Polizist seine Akte. Ich habe meinen Vater nie kennengelernt und darin war auch kein Foto. Aber die Adresse war definitiv Luzernenallee 13. Ach ja, aber ich glaube, ich kann mich noch an den Namen erinnern, weil dieser meinem so Ähnlich klingt." "Na, worauf wartest Du dann noch? Raus damit! Wie heißt Du und wie heißt dein Vater?", sagte der Blaugesträhnte und grinste ihn dabei an. "Mein Name ist Lucius. Lucius Flash. Und ich bin mir eigentlich recht sicher, dass mein Vater Magnus Tricius Bane heißt." Während er den Namen seines Vaters aussprach, verwand das Lächeln seines Gegenübers und dieser sog scharf Luft ein. Dann schloss er seine Augen, wobei sich seine langen dunklen Wimpern von dem Rest seines Gesichtes abhoben und fragte ruhig: "Weißt Du sonst etwas über deinen Vater ... zum Beispiel sein Alter?" "Er soll 43 sein." Nun zog er seine rechte Augenbraue hoch sah Den kleinen an und antwortete: "Ich sehe zwar nicht so aus, aber ... ich bin 43 Jahre alt ... und mein Name ... ist ... Magnus ... Tricius ... Bane ..."
Kapitel 3
Nachdem die Situation etwas abgeklungen war und erste Fragen beantwortet waren, suchte Lucius sich sein Zimmer aus. Mit seinem schäbigen blauen Rucksack, bahnte er sich zusammen mit seinem blauhaarigen Vater den Weg über die wunderschöne, aber leicht knarzende Treppe hoch, bis beide im großen Flur ankamen. „Also … hier auf der Etage gibt es fünf Zimmer und zwei Bäder. Bei den Badezimmern gibt es eigentlich nur den Unterschied, dass das eine größer ist und noch eine Badewanne hat, die ich noch nie benutzt habe, weil ich nur dusche.“, entgegnete der Hausherr grinsend. Dann deutete er auf ein paar Türen: „Da vorne ist mein Zimmer und das daneben ist leer, aber naja das bleibt auch leer. Und die übrigen drei haben halt ihre Vor- und Nachteile. Rechts das zum Beispiel ist das größte, aber dafür ist es dunkler und Du hast dort Abendsonne. Dort das ist auch groß, aber nicht so groß und es hat einen netten Ausblick, finde ich zumindest, na ja, und du hast da dein eigenes Bad. Das linke Zimmer ist am kleinsten, es ist hell und du könntest ja das Bad immer noch als dein eigenes nutzen. Mir ist das so ziemlich egal. Such dir irgendwas aus.“ Da der Junge nun keine Lust hatte, sich alle Zimmer anzuschauen, entschied er sich für das Zimmer mit dem schönen Ausblick und bahnte sich seinen Weg über teuren Parkettboden bis hin zur alten hübschen Tür, die anscheinend auch aus Massivholz bestand. Als er die Tür mit einem leichten Knarzen öffnete, bot sich ein für ihn überwältigender Anblick. Noch nie zuvor hatte er in einem so großen Raum leben dürfen. Dieser Raum war sogar größer als das Wohnzimmer der Mietswohnung, die er vorher bewohnte. Glücklicherweise war er auch möbliert; er besaß einen sehr großen, schönen Schreibtisch aus dunklem Holz mit drei Schubfächern, zwei Bücherregale, die halb gefüllt waren, einer Kommode auch aus dunklem Holz, vermutlich Walnuss, einem Kleiderschrank und einem Bett, welches so bequem aussah, als dass man sich gerne sofort darauf werfen würde und die Welt um sich herum vergessen könnte. Es roch nach frisch gemähter Wiese, da das Fenster geöffnet war und der Duft ins Zimmer zog. Noch immer beeindruckt von der Größe des Raumes öffnete er den Reißverschluss seines Rucksackes, griff hinein und legte vorsichtig dessen Inhalt auf den Boden. Theoretisch hätte er nicht einmal einen Kleiderschrank gebraucht, da er nur vier zerschlissene Paar Hosen besaß, sechs T-Shirts, die auch schon sehr abgenutzt aussahen, drei Pullover und natürlich Unterwäsche. Ansonsten hatte er nur Schulbücher und Hefte mitgenommen, denn andere besondere Sachen besaß er nicht. Während er gerade auf dem Boden hockte, hörte er Schritte hinter sich und eine skeptische Stimme erklang, als er gerade aufstehen wollte: „Das ist alles? Ernsthaft, mehr Sachen hast Du nicht?“ Leicht beschämt nickte Lucius. „Hmm, Du musst dich doch deswegen nicht schämen. Sag mir, was Du willst, ich kaufe es dir. Fernseher, PC, Kleidung, Bücher, was immer Du willst“ Verwundert drehte er sich zu seinem Vater um: „Nein, ist schon okay. Ich brauche eigentlich nichts, vielleicht irgendwann mal einen PC für die Schule, aber an sich eigentlich nichts.“ Doch er bekam eine Antwort, mit der er nicht rechnete: „Junge, ich kann deine Gedanken lesen. Ich weiß ganz genau, dass Du gerne ein Paar neue Sachen hättest. Wegen dem Geld musst Du dir keine Sorge machen. Für mich ist es einfach nur bedrucktes Papier, von dem ich schon genug habe und wenn Du mal bedenkst, wie viele Jahre ich deiner Mutter keinen Unterhalt bezahlt habe, weil ich einfach nicht wusste, dass Du existierst, dann summiert sich das eh recht hoch. Von daher sei mal nicht so bescheiden. Und wenn Du dich jetzt weigerst, mir zu sagen, was Du haben willst, lese ich es einfach aus deinen Gedanken raus“ Bei dem Grinsen, welches nach diesem Satz wieder auf dem Gesicht seines Gegenübers erschien, dachte Lucius auch nur: „Boah, der sieht aus wie höchstens siebzehn, wie kann der Kerl dreiundvierzig sein?“ „Das ist mehr oder weniger normal für magische Wesen. Es ist zwar extrem selten, dass Magier nicht altern, aber meist altern Magier langsamer als Menschen. Vampire zum Beispiel altern überhaupt nicht, dennoch gibt es weniger Vampire als Magier. Ich altere anscheinend auch nicht, obwohl ich kein Reinblüter bin, da meine Mutter ein Mensch war.“ Über die Tatsache, dass dieser Mann tatsächlich seine Gedanken lesen könnte, war der Zwölfjährige so erschreckt, dass er ein T-Shirt fallen ließ, welches er gerade in den Kleiderschrank räumen wollte. Dann fragte er:“ Moment, es gibt Vampire?! Gibt es auch Werwölfe und Feen und Meerjungfrauen und solche Viecher?“ „Also erstens, möchte ich nicht, dass Du hier wen als Vieh bezeichnest und zweitens, es gibt auch Werwölfe und Feenwesen, aber keine Meerjungfrauen, davor gibt es eine andere menschenähnliche Lebensform, die im Wasser lebt, von der aber eigentlich keine Sau was weiß, außer ich oder vielleicht der Magierrat, aber ob die davon wissen, weiß ich gar nicht. Ansonsten gibt es noch Drachenseelen, das sind Menschen, die die Drachengestalt annehmen können, diese sind aber auch sehr selten.“ „Wow, also das heißt, mein ganze Leben lang lebe ich in einer Welt, in der es alle Wesen aus Büchern, Filmen, Computerspielen und so was gibt, aber merke nichts davon?“ „Ja“, lautete die Antwort, “die Magier sind dafür zuständig, dass die Menschen davon nichts erfahren und alle Völker haben in Vorsicht zu leben. Auch leben wir eigentlich nicht unter den Menschen, außer so ein paar Leute vereinzelt, wie ich zum Beispiel, Magier leben in ihrer, ich sag mal „eigenen Welt“. Diese ist unterteilt in Rudelgebiete der Werwölfe, in das Vampirkönigreich, dem Königreich der Feenwesen und dem Imperium der Magier. Dabei ist das Magierimperium das größte und dominiert sozusagen die anderen Stämme. Ich bin ja kein Fan von Magiern, aber das ist eine andere Geschichte. Hey Moment mal! Du hast es tatsächlich geschafft mich abzulenken und das Thema zu wechseln. Du bist clever …“ Leicht triumphierend lachte Lucius auf. „Aber anscheinend bin ich noch nicht gut genug darin, es ist dir nämlich aufgefallen … Also gut … ich hatte bei meiner Mutter einen alten PC … es muss nichts Neues oder Teures sein, mir würde ein gebrauchter auch reichen. Schulkram hab ich eigentlich alles und Klamotten auch.“ Obwohl diese Antwort nicht ganz wahr war, denn natürlich wollte er ein paar neue Schuhe oder eventuell sogar einen eigenen Fernseher im Zimmer schien sein Vater nicht weiter nachzuhaken. Nachdem er wieder unter einem ihm unwohlem Schweigen von oben bis unten gemustert wurde, brach Magnus die Stille mit dem Satz: „Ich hasse zwar Shopping, aber wir gehen einkaufen. Alleine schon dein Rucksack. Ernsthaft, ich kauf dir einfach alles neu …“
Am Abend hatte der Kleine also neue Klamotten, die alle gerade in der Mode waren, ihm gefielen und nicht gerade günstig waren, ein modernes Handy, einen neuen PC, welcher ca. 1000€ gekostet hat, einen 27 Zoll Flachbildfernseher, ein paar neue Bücher und Manga (er hatte zwar noch nie in seinem Leben Manga gelesen, aber sein Vater meinte diese wären Pflicht) und einen neuen Rucksack, von der zurzeit am meisten „gehypten“ Marke. Die etlichen Kommentare, von wegen er bräuchte diese Dinge doch nicht und alles sei zu teuer, die er während dem Einkaufen von sich gab, hatte sein Vormund gekonnt ignoriert. Langsam bekam Lucius richtigen Kohldampf, also fragte er vorsichtig, wann sie etwas essen würden. Die Antwort, die er darauf bekam, amüsierte und verwunderte ihn zugleich, denn diese beinhaltete, dass sein Vater zugab nicht kochen zu können und dass sie Pizza oder Döner bestellen konnten. Wobei, warum sollte er kochen können? Nach dem Essen (sie hatten sich dann doch für Döner entschieden) und nachdem in seinem Zimmer die neuen Elektrogeräte angeschlossen waren, ging er vollkommen gesättigt in seinen neuen persönlichen Zufluchtsort. Dort verbrachte der Zwölfjährige den Rest seines Abends an seinem neuen PC und legte sich schon um neun Uhr, ermüdet von diesem aufregenden und anstrengenden Tag, in das frisch duftende, weiche Bett und schon versank er im Reich der Träume.
Kapitel 4
Piep piep piep piep …
Um sechs Uhr erklang nun wieder sein Wecker. Doch heute wachte Lucius nicht vollkommen fertig auf, denn er hatte noch nie in seinem ganzen Leben so gut geschlafen. Warmes Licht schien von außen hinein und blendete ihn, als er seine Augen aufschlug. Mit schmerzenden Pupillen musterte er seine Umgebung. Die Tapete war nicht weiß, sondern in ein warmes Gelb getaucht, das Zimmer ungewohnt und so kehrte seine Erinnerung des gestrigen Tages zurück. Gähnend wurde die Bettdecke zurückgeschlagen. Schon stand der Zwölfjährige auf seinen Beinen und schaltete genervt den Wecker aus. Dann streckte er sich; ein angenehmes Knacken durchbrach die kurz entstandene Stille. Noch leicht schlaftrunken betrachtete er die Uhr, welche halb sechs anzeigte. Eilig flitzte er in sein neues Bad, ging auf die Toilette, putzte sich die Zähne und duschte. Anscheinend hatte sein Vater gestern Abend noch Zahnpflegemittel und Duschzeugs ins Bad gestellt, darüber war Lucius nun sehr dankbar. Um viertel nach sechs kam er dann fertig und mit gepackter Schultasche die alte, schöne Holztreppe hinunter und betrachtete seine Umgebung. Nun fielen ihm viele Dinge auf, die er gestern nicht sah. Auf einem niedrigen Schrank lag ein Messer, hinter der großen Haustür stand ein seltsamer Besen und an der dunkelrot tapezierten Wand hingen Bilder, welche wohl alle gezeichnet waren. Plötzlich durchbrach ein seltsames Rascheln die Stille und leicht verwundert wandte der Kleine seinen Blick von den Gemälden ab. Überraschenderweise saß sein Vater im Schneidersitz auf der Couch, hatte aber seine Knie so nach oben gezogen, dass er ein Buch darauf stützen konnte und Blätterte gerade eine Seite um. Die dunkle Kleidung war locker und hing chaotisch an seinen muskulösen Körper. Nun wandte er seinen Blick vom Buch, zog eine Augenbraue hoch und fragte: „Was biste so früh schon auf?“ Verwundert darüber, dass sein Vormund nicht noch so früh schlief, antwortete er: “Ich wollte zur Schule gehen?“ Mit einem Aufseufzen bekam er folgende Antwort: „Okay …, also, so wie du es gesagt hast, ist deine Mutter erst gestern gestorben. Ich glaube nicht, dass es allzu gut wäre, würdest du heute schon zur Schule gehen, da ich spüre, wie dich dies belastet. Du kannst wegen mir heute dorthin gehen, aber das musst du entscheiden. Und wie wolltest du denn zur Schule kommen, wenn du gedacht hast, ich würde noch schlafen? Sie ist ja schon ziemlich weit weg.“ Darüber hatte er noch gar nicht nachgedacht. Leicht verunsichert antwortete er: „Ehm, ich wollte eigentlich schon zur Schule, um nichts zu verpassen und um in den Alltag reinzukommen. Ich hatte ehrlich gesagt nicht darüber nachgedacht, wie ich dahin komme. Ich schaffe das schon und bitte dich darum, mich dort irgendwie hinzubringen.“ Nun klappte sein Gegenüber das dicke Buch mit dem dunkelblauen Einband zu, setzte seine Füße auf den Boden und stand auf. Er pustete sich sein Haar aus dem Gesicht und knackte mit seinen Fingern. Dabei blitzte ein silberner Ring auf dem Ringfinger seiner rechten Hand auf. „Wenn du das wirklich möchtest und bereit dazu bist, kann ich dich auch zur Schule bringen, aber fühl dich nicht dazu genötigt, du musst erst wieder dorthin, wenn du dich dazu bereit fühlst. Pack dir aber dann was zu essen und zu trinken ein oder so … Ach ja! Willst du mit ‘m Auto oder mit ‘m Besen gebracht werden?“ Verwundert über die vorherige Aussage schweifte sein Blick zu dem seltsamen Besen, dessen Stiel eher wie Wurzelholz wirkte und dessen Reisig am Ende untypisch für Holz leicht metallisch schimmerte. „Ehm … Wie fliegt man damit? Also jetzt so richtig wie in den Büchern?“ In einer fließenden Bewegung hob Magnus seinen rechten Arm und schnipste mit seinen Fingern. Während das Geräusch kurz erschallte, fing der Besen an zu leuchten, hob sich vom Boden ab und schwebte in seine Hand. Diese griff den Besen feste und hielt ihn Lucius entgegen. „Nimm ma‘! Vielleicht bist du ja in der Lage, ihn zu kontrollieren. Falls dies der Fall ist, wirst du das merken. Wenn wir hiermit zur Schule fliegen sollten, dann werde ich uns unsichtbar machen, damit uns keiner sieht“ Überraschenderweise spürte er es. Dieses warme knisternde Gefühl, welches sofort durch seinen Arm drang und langsam seinen ganzen Körper durchfuhr. All die Kraft, die Energie, welche diesem Besen innewohnte, er könnte sie hören, fühlen, sehen, schmecken. Plötzlich verschwand diese Trance und er merkte, dass seine Hände nun leer waren. „Du hast es gemerkt, stimmt‘s? Ein unbeschreibliches Gefühl, bis ich ihn dir weggenommen habe. Man, ich glaube, du bist echt richtig talentiert. Wenn du nix dagegen hast, kann ich dich ja irgendwann ma‘ ausbilden, was Magie angeht. Also, Lust auf Besenflug?“ Schon wieder in so kurzer Zeit spürte der Junge einen Anflug von Euphorie und bekam den Zwang zum Grinsen. Schließlich nickte er und konnte seine Aufregung kaum verbergen.
Als die Turmuhr des Dorfes viertel vor sieben schlug, standen beide im Hintergarten des riesigen Grundstückes. Dieser bestand aus einem grünen, gemähten Rasen und im hinterem teil befanden sich mehrere Laubbäume. Eine kleine Terrasse, welche direkt an der kleinen Villa andockte und auf der ein Mahagoni Tisch mit dazu passenden Stühlen stand lag vor ihnen. Das Klima war milde, das taubesetzte Gras glitzerte im Sonnenlicht und Stimmen verschiedener Singvögel belebten den Morgen. „Bist du bereit?“, stellte der Magier die Frage und bekam als Antwort ein nervöses Nicken. Blitzschnell sauste der Besen in die Höhe, flog über beide hinweg, machte eine Drehung und blieb ruckartig in der Luft stehen. Beeindruckt über die Ruhe und vollkommene Gelassenheit, die sein Vater ausstrahle, während dieser aus den schwebenden Besen zuging, beobachtete Lucius das Geschehen. Mit wenig Mühe zog sein Gegenüber sich auf den Besenstil und setzte sich in aller Ruh auf diesen, als wäre es die normalste Sache der Welt. „Na komm!“, rief er. Zitternd vor Aufregung und mit Rucksack bepackt machte der Kleine ein paar Schritte auf den Besen zu und griff dessen Stiel. Wie vorher beobachtet zog auch er sich hoch und schwang sein Bein um den Besen. „Ehm, ach ja … Du solltest dich verdammt gut festhalten, denn wir fliegen verdammt schnell und ehm … na ja, verdammt hoch. Und ich mach uns unsichtbar, hehe. Bereit?“, bekam er die Frage entgegengeworfen. „Bereit“, antwortete er voller Aufregung.
Dieser Flug war unglaublich. Besser als Lucius es sich je hätte vorstellen können. Natürlich hatte er Angst, vom Besen zu fallen, da starker Gegenwind herrschte, aber dieses unglaubliche Gefühl war überwältigend. Fest den Besenstil umklammernd, mit den Unterarmen und Knien, spürte er den Wind durch sein Gesicht peitschen, hörte das laute Rauschen und sah die Landschaft unter ihm, wie klein alles wirkte. Hin und wieder zischten ein paar Vögel an ihnen vorbei. Inzwischen waren die kleinen Hände des Zwölfjährigen sehr kalt geworden und er fing an zu frieren. Über das extrem laute Rauschen des Windes hörte er seinen Vater rufen: „ BALD SIND WIR AN DEINER SCHULE. MACH DICH BEREIT FÜR EINE HOLPRIGE LANDUNG!“ Und im selben Moment kippte der Besen leicht nach vorne und flog in hoher Geschwindigkeit steil nach unten. Nach circa einer halben Minute des Herabfliegens bremste der Besen langsam ab und blieb einen Meter über den Boden stehen. „Viel Spaß im Unterricht“, grinste Magnus.
Kapitel 5
Im Gegensatz zum vorherigen Besenflug, war die Schule einfach … grausam. Während Lucius etwas verunsichert seine Bahn durch den schmalen, stickigen Flur, welcher teils nur schwach beleuchtet war, da nicht alle Lampen funktionierten, bahnte, wurde er auch schon von den Zehntklässlern abgefangen. Gerade jetzt spürte er die Angst in sich hochkochen, als sich die drei kräftigen Jungen um ihn herum positionierten. „Ey, da sieh mal einer an, wer da ist, der kleine Flash, naa, wie geht’s denn deinem Auge? Haste heute etwas mehr Geld dabei oder muss das andere auch leiden?“ Die drei Gestalten rückten auf ihn zu. Aus Angst ihnen in die Augen zu sehen, starrte der Zwölfjährige auf den kalten, grauen Fliesenboden, welcher leichte Risse hatte und spürte schon eine warme, verschwitzte Hand an seinem Nacken „HEY! Haste heute was mehr Geld dabei oder nicht?!“ Nun spürte er Hände, wie sie seine Jackentaschen durchwühlten, wie ihm sein Rucksack vom Rücken gerissen wurde und der Aufknallen seiner Schulsachen auf den Flurboden löste die sonstige Ruhe des Flures. Es war früh und nur die wenigsten waren um diese Uhrzeit schon im Schulgebäude, außer natürlich seinen Peinigern, welche schon jetzt auf ihre Opfer warteten. Flucht war zwecklos, sie haben einen immer erwischt. „Da haben wir ja mal was. Wow sogar zehn Euro! War deine Alte heute mal großzügig?“ Nach diesem Satz hörte er nur noch das sadistische Lachen und spürte einen kräftigen Schlag in seine Magengrube. Ruckartig krümmte er sich vor Schmerz nach vorne und seine Umgebung verschwamm vor seinen Augen. Heiße Tränen liefen ihm die Wange herunter, während eine unglaubliche Schwere ihn überkam. Langsam herrschte wieder Stille. Die Jungen, welche ihn noch vor kurzem gequält und drangsaliert haben, waren nun verschwunden und mit der Stille die nun herrschte, überfiel dem Kleinen eine unglaubliche Leere. Um ihn herum schien nichts zu sein, das einzige, was herrschte, war der Schmerz und die Einsamkeit. „Warum ich? Warum das alles? Warum muss meine Mutter sterben? Warum kann ich nicht einmal einen tollen Tag haben, an dem nichts schiefgeht? War es meine Schuld, dass Mutter gestorben ist? Hätte ich sie aufhalten müssen?“, tausende Fragen, die er sich stellte, und er spürte Tränen auf seine Jacke und seine Hände tropfen. Erst als irgendjemand den Flur betrat, schaffte er es, sich zu fassen und all seine Sachen, welche auf dem kalten Boden verstreut lagen, aufzusammeln. Noch leicht zitternd schnäuzte er sich die Nase und rappelte seinen Körper auf, denn langsam wurden es mehr, die den Flur betraten und in diesem Zustand sollte ihn keiner sehen. Dann machte er sich auf zu seinem Klassenraum.
Unterricht … die erste Stunde verbrachte er so ziemlich unbemerkt, schweigend in der letzten Reihe. Auch wenn Englisch sein liebstes Fach war, konnte er sich heute einfach nicht konzentrieren. All diese Fragen behagten ihm weiterhin. Jegliche Objekte, Menschen oder sonstige Sachen um ihn herum nahm er einfach nicht wahr. Aus seiner Trance wurde er erst endlich gerissen, als eine Stimme laut zu ihm schrie: „Lucius! Hörst du mich?!“ Er zuckte vollkommen zusammen und realisierte jetzt erst seine Umgebung. Noch immer saß er hinten, in der letzten Reihe, das Englischbuch vor ihm aufgeschlagen, der Klassenraum grell beleuchtet voller Mitschüler, die sich umgedreht hatten und ihn nun anstarrten. Doch vor ihm stand nicht sein Englischlehrer, sondern sein Mathelehrer, welcher Gleichzeitig auch sein Klassenlehrer war. „Wir haben seit zwanzig Minuten Mathe und du hast es immer noch nicht geschafft, deine Sachen auszupacken?! Sag mal, was denkst du dir eigentlich?! Wenn dich mein Unterricht so wenig interessiert, kannst du auch draußen warten, wie klingt das für dich? Wo warst du eigentlich gestern? Du stehst im Klassenbuch als fehlend. Hast du eine Entschuldigung oder muss ich wieder deine Mutter anrufen?“ Vor Wut waren die Augen, welche in faltiger Haut lagen, des alten Mathelehrers zusammengekniffen und sein Gesicht schien purpurrot. „Ähm, ich öh …“ Vollkommen baff wusste Lucius nicht, was er sagen sollte, denn die letzten siebzig Minuten sind tatsächlich in gefühlten drei Minuten vergangen. „Also, hast du jetzt eine Entschuldigung dabei oder nicht?!“, fiel der Alte ihm ins Wort und zuckte dabei mit einem Auge. „Öhm … n-nein“, war die zaghafte Antwort. „Hast du dich denn wenigstens nach den Hausaufgaben erkundigt?!“ Selten fühle der Schüler sich so blamiert, niedergemacht und hilflos, obwohl der Lehrer an sich ja vollkommen Recht hatte. Schluckend schüttelte er seinen Kopf und verneinte somit die Frage. „Ich glaube es ja nicht! Was ist nur mit dir los? Sonst bist du wenigstens nicht SO unorganisiert! Du bleibst in der Pause erstmal hier, ich muss mit dir reden.“ Kopfschüttelnd ging er wieder nach vorne und ließ den Jungen in seinen Gefühlen zurück. Irgendwann klingelte es auch zur Pause, doch dies bekam Lucius nicht mit. Erst als sein Lehrer zum dritten Mal seinen Namen rief, wurde er erneut aus seiner Trance gerissen. „Also, du erklärst mir jetzt, was los ist? Ich weiß, dass du mit deiner Mutter Probleme hast und dass sie dich nicht immer gut behandelt, aber so warst du noch nie. Oder hat es mit etwas anderem zu tun? Du kannst mir echt alles sagen. Wo warst du denn gestern?“, nun als der Mann ihm gegenüberstand und mit einem ruhigen und freundlichen Ton redete, wirkte dieser viel freundlicher. Doch jetzt bekam Lucius immer noch keinen Ton heraus. Sein Brustkorb fühlte sich schwer an und seine Kehle war wie zugeschnürt. „Nun soll ich deine Mutter anrufen und fragen was war?“ „D-d-das … geht … n-nicht …“ Wieder könnte er Tränen in seine Augen aufsteigen spüren, doch er wollte sich die Blöße, vor einem anderen Menschen weinen zu müssen, auf keinen Fall geben. Also schluckte er all seine bitteren Tränen hinunter und riss sich zusammen. „Sie i-ist … tot …“ In dem Moment, als er das letzte Wort aussprach, versteinerte die Miene des Klassenlehrers. „Bitte was?! Was ist passiert? Und wieso bist du dann hier in der Schule? In solchen Fällen wird die Schule doch sofort informiert … Bist du jetzt alleine?“ „Ehm nein, ich äh hab gestern meinen Vater kennengelernt. Sie hatte einen … Autounfall und äh …“ „Deinen Vater?!“, unterbrach der alte Mann, „Ich dachte, das wäre unbekannt? Also wer dein Vater ist. Jedenfalls hab ich das so mitbekommen. Geht es dir denn bei ihm gut? Ist er nett zu dir?“ Nun begannen die Hände des Jungen wieder zu zittern. Zaghaft antwortete er: „Ja, ich wurde von Polizisten zu ihm gefahren und er ist wirklich nett …“ Den Vorfall mit dem Zombie, der Magie und dem Messer wollte er hierbei nicht erwähnen. Doch sein Gegenüber schien skeptisch und fragte: „Wieso lässt er dich heute wieder zur Schule?“ „Öhm, er wollte, dass ich daheim bleibe, aber ich wollte nicht … und öhm ja …“ Endlich konnte er wieder halbwegs normal sprechen. Nach einer kurzen, stummen Pause setzte der Ältere wieder an: „Ich muss deinen Vater kennenlernen und mit ihm über diese Situation sprechen. Zu wissen, ob es dir daheim gut geht, gehört auch zu meiner Aufgabe als Lehrer. Hast du vielleicht seine Nummer?“ „Er hat mir gestern ein Handy gekauft, da ist die Nummer“, antwortete der Zwölfjährige, kramte das Handy aus seiner Tasche und reichte dieses zaghaft dem Lehrer.
Kapitel 6
„Hey Kleiner … du brauchst dich echt nicht schämen. Ich kann gut verstehen, dass dich die Situation ziemlich fertig macht. Du hättest sogar nicht zu Schule brauchen. Und warum hast du nichts von diesen Zehntklässlern gesagt? Keine Sorge, das wird schon.“ Das freundliche Lächeln seines Vaters heiterte ihn etwas auf. Sein Lehrer hatte diesen mit dem Handy angerufen, zur Schule bestellt und daraufhin folgte ein ziemlich langes Lehrer-Elterngespräch. Nun war der Magier mit seinem Sohn auf dem Weg, das Schulgebäude zu verlassen. „Es tut mir echt Leid, irgendwie kam dieses Gefühl so plötzlich und ich konnte mich einfach nicht mehr konzentrieren und so …“, sagte Lucius noch immer verunsichert. „Ach was, ist wirklich kein Ding. Sowas ist sehr schwer. Egal wie die eigene Mutter einen behandelt, wenn sie verstirbt, belastet das jeden. Du musst einfach weitermachen. Und jetzt brauchst du vor keinem mehr Angst zu haben, ich beschütze dich und helfe dir.“, bekam er als Antwort. Doch nun wusste der Kleine nicht, was er antworten sollte und so entstand eine Weile eine unangenehme Stille. Als die beiden gerade das Schulgelände verlassen hatten und die Hauptstraße vor der Schule entlanggingen, setzte Magnus wieder an: „Weißt du … meine Mutter ist auch gestorben, als ich klein war. Ich glaub ich war da acht … Das war für mich die schlimmste Zeit meines Lebens … Aber irgendwann wird alles wieder besser. Die Zeit, in der ich bei meinem Onkel aufwuchs, hatte ihre Schattenseiten, aber war dennoch die schönste Zeit meines Lebens …“ Verwundert schaute Lucius seinen Vater, welcher etwas gedankenverloren in die Ferne starrte an. Dieser zuckte plötzlich zusammen, sah ihn an und frage: „Was soll ‘n wir jetzt unternehmen? Lust auf irgendwas Bestimmtes?“ Noch etwas verwundert über den plötzlichen Themawechsel überlegte der Schüler kurz und antwortete mit einem Schulterzucken. „Hmm … wir können die neue Konsole, die ich gekauft habe, testen, ich habe dazu noch ein Ballerspiel. Oder, öhm, wenn du Bock hast, kann ich dir zeigen, wie man besser mit Magie umgeht oder öhm,… keine Ahnung. Hast du Hunger? Sprich doch, woher soll ich denn wissen, was du willst?“ Wieder fing sein Vater an zu lachen und Lucius dachte über den letzten Satz nach. Konnte sein Vater nicht seine Gedanken lesen? „Öhm, ja kann ich“, bekam er als Antwort, obwohl er keinen Ton von sich gegeben hatte. „Aber ich bevorzuge es, wenn man mit mir spricht. Also los!“ Irgendwie war dieser aufgeweckter, fröhlicher und etwas eigenartiger Mann das totale Gegenteil seiner launischen und nervigen Mutter. Die einzige Gemeinsamkeit, die er zwischen den beiden Menschen sah, war, dass beide totale Chaoten waren. „Hmm, ich habe keinen Hunger. Kannst du mir was von dieser coolen Magie zeigen und danach zocken wir?“, war nun endlich die Antwort. „Alles klar! Wie willste nach Hause? Wieder mit ‘m Besen?“ Natürlich war das die gewünschte Transportmöglichkeit und der Zwölfjährige bejahte die Frage mit einem fröhlichen Lächeln. Sein Gegenüber führte langsam seine rechte Hand durch die Luft, klatschte beide Hände zusammen und zog sie auseinander. Wie aus dem nichts begannen seine Handinnenflächen grell zu leuchten und zogen ein helles Band aus Licht mit sich, welches immer größer wurde und plötzlich hielt sein Vater den Besen in der Hand, welcher noch Lichtfunken versprühte.
Es war erst zehn Uhr morgens, als der beurlaubte Schüler mit seinem Vater wieder auf der Wiese im Hintergarten stand. Noch immer glitzerte der Tau, aber nun strahlte die Sonne auf die Terrasse und gab mit den schon leicht rötlich gefärbten Laubbäumen ein episches Bild ab. Seltsamerweise war nun Lucius Laune, als sein Vater bei ihm war, wieder vollkommen in Ordnung und er freute sich nun auf den Magieunterricht. „Also … ich würde sagen, ich fange mal mit Lektion Eins an. Die wichtigste und eigentlich einfachste Lektion. Magie ist sehr gefährlich und du wendest sie niemals an, wenn ich nicht in der Nähe bin oder es dir explizit erlaube. Die einfachsten Grundlagen sind ja Feuer- und Wassermagie. Feuer hab ich ja bei dir schon gesehen. Dann gibt es noch fortgeschrittene, schwarze und dämonische Magie. Diese Formen kann man im Kampf anwenden. Beeinflussende Magien wie Heilung, Illusion, etc. kommen später dran. Öhm ja, mach mal nochmal so `ne Flamme“ Lucius konzentrierte sich nun wieder vollkommen auf seine Hand und spürte die Wärme in seine Fingerspitzen sausen, bis endlich eine kleine Flamme entstand. „Versuche nun, langsam und vorsichtig die Flamme größer werden zu lassen. Pass aber auf, dass keine Stichflamme entsteht.“ Also versuchte er dies und mehr Kraft durchströmte seinen Arm. Vollkommen hypnotisiert von dem ungewohnten Gefühl in seinem Arm, welches zu seiner schmalen Hand immer stärker wurde, bemerkte er kaum noch die Flamme, spürte nur noch die Wärme, welche immer größer wurde. „Pass auf, übertreib es nicht …“, merkte sein Lehrer wieder an. Doch leider hatte er es schon übertrieben und verlor plötzlich die vollkommene Kontrolle. Um den Kleinen herum bildete sich eine Flammenwand, die Hitze wurde langsam unerträglich und das Rauschen des züngelnden Feuers überdeckte sämtliche Geräusche von außen. Plötzlich verschwand das Feuer um ihn herum und er spürte wieder die angenehm kühle Luft auf seinem schweißbedeckten Gesicht. Noch hing in der Luft Rauch, welcher langsam verflog und sein Vater stand vor ihm und hielt die heiße Gefahr in seinen Händen. Dieser atmete tief ein und blies langsam die Luft wieder aus. „Gut, bis auf das Ende war‘s schon echt gut. Wie gesagt, deswegen Regel Eins. Machen wir mal lieber mit Wassermagie weiter, du brauchst `ne Abkühlung.“ Bei seinen letzten Worten umspielte wieder ein Lächeln seine Lippen. „Ich mach‘s dir jetzt auch nicht einfach. Das Wasser ziehst du nämlich aus der Luft, so lernst du es direkt.“
So ging es dann weiter, bis die Turmuhr des ländlicheren Dorfes dreizehn Uhr schlug. „Puh, genug für heute, keinen Bock mehr, lass zocken gehen. Oder essen. Oder beides.“, beendete Magnus den Unterricht und nach diesen drei Stunden konnte sein Sohn tatsächlich schon ziemlich gut mit Wasser- und Feuermagie umgehen. „Ganz ehrlich, du bist unglaublich talentiert. Alleine schon, dass wir mit bloßen Händen Magie nutzen können, ist ja was total seltenes, andere brauchen einen Zauberstab, ohne den die ja vollkommen aufgeschmissen sind, aber in drei Stunden die Grundlagen grob zu können, ist echt beeindruckend.“ Der Rest des Tages wurde dann wie angekündigt mit Essen, Zocken oder beidem verbracht und am Abend redeten sie. „Sag mal, auf deiner Schule, hast du da viele Freunde?“ Etwas beschämt schüttelte der Zwölfjährige den Kopf. „Fändest du es schlimm, die Schule zu wechseln, so als Neuanfang? Fühl dich nicht dazu gezwungen, es wäre ja nur ein Vorschlag. Ich würde dann veranlassen, dass du in ein paar Wochen ´nen Platz hier in der Nähe hast oder so, wenn dir das lieber wäre.“ Überrascht über diesen Vorschlag antwortete er seinem Vater: „Die Idee klingt sogar richtig gut. In meiner jetzigen Schule ist eh viel ziemlich blöd. Die wenigsten Lehrer können mich leiden, ich bin in meiner Klasse ein Außenseiter, und diese Zehntklässler will ich auch nie wieder sehen.“ „Gut, dann hast du bald ´ne neue Chance mit ´ner neuen Klasse“, bekam er recht zügig als Antwort, „dann brauchste dir keine Sorgen mehr zu machen. Das wird schon.“ Seltsamerweise hatte Lucius weniger das Gefühl, als säße er seinem Vater gegenüber, sondern eher einem großen Bruder, denn nicht nur vom Aussehen sah dieser jugendlich aus, sondern auch vom kompletten Verhalten verhielt dieser sich eher wie ein Teenager, welcher jedoch Verantwortung zeigte. Und so endete ein Tag im warmen, weichen Bett des Jungen in seinem neuen, riesigen Zuhause.
Kapitel 7
Erwartungsvoll hob der Zwölfjährige die Gabel, nahm eine kleine Geruchsprobe der dampfenden Mahlzeit und zog skeptisch seine Augenbraue hoch. „Na, probiere doch wenigstens das Essen, ich kann nichts garantieren, aber bei Gnocchi kann man ja nicht wirklich viel falsch machen …“, sagte sein Vater, welcher ihm gegenüber an einem großen Massivholz-Esstisch saß. „Ich finde es echt voll cool, dass du dir extra Mühe machst, für mich was zu kochen“, antwortete Lucius und schob sich endlich die Gabel mit den Gnocchi in den Mund. Ein wirklich unglaublich salziger Geschmack überkam seine Zunge und er zwang sich die ekelhafte Portion zu schlucken. „Es schmeckt dir nicht,… hmm,… warte ich probiere mal und wehe, es ist lecker!“, entgegnete Magnus auf die Reaktion seines Sohnes. Selbstsicher probierte er eine der gekochten Teigwaren und spuckte diese wieder in seinen gefüllten Porzellanteller. „Gott, schmecken die beschissen. Tut mir leid. Sollen wir mal wieder was … bestellen?“, fragte er grinsend. Inzwischen waren schon über zwei Wochen vergangen, in denen der Vater seinem Sohn die Grundlagen der Magie vermittelt hatte und in denen sich der Kleine in seinem neuen Zuhause gut eingewöhnt hatte. Es war ein Freitag und langsam ging die Sonne unter. Durch die Fenster schien leicht rötliches Licht und vergab dem Inneren des Hauses einen leicht rustikalen, dennoch eleganten Touch. „Haha, können wir machen. Aber diesmal was ganz anderes oder so. Wie wäre es mit Sushi?“
Die abendliche Ruhe wurde aber an diesem Abend, nachdem beide ihre Mahlzeit zu sich genommen hatten, von einem lauten Krach gestört. Verwundert tappte Lucius ins Wohnzimmer, wo sein Blick von dem Ausblick des Fensters angezogen wurde. Draußen blitzten am schwarzen Himmel etliche Sterne auf und die gegenüberliegenden Häuser waren in einem leicht bläulichen Licht getaucht. Dieses atemberaubende Bild ließ ihn den Grund seines Kommens vollkommen vergessen und so stand er da und schwieg. „Du kannst ja deinen Vater fragen, ob er dir diesen Ausblick zeichnet oder malt und so festhält hahaha!“, tauchte plötzlich eine fremde, tiefe Stimme aus dem Nichts auf. Ruckartig schwang sich der Zwölfjährige um und suchte mit seinen Augen die Umgebung ab, doch er fand nichts. Im Kamin prasselte das beruhigende Feuer und beleuchtete mit einem leichten Flackern, die Möbel wie Fernseher, Couch, etc. des Wohnzimmers. „Naaaa, findest du mich nicht? Thihihihihi. Dennoch stehe ich neben dir … hmm ,wie ist das wohl möglich?“ Um besser sehen zu können, dachte Lucius darüber nach, ob er mit seinen neuen magischen Kenntnissen eine Lichtquelle schaffen sollte, doch ließ es lieber bleiben und wollte gerade zum Lichtschalter tappen, als ihn etwas festhielt. „Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Thihihi. Hast wohl an die Regeln gedacht. Zaubere niemals, wenn dein Daddy nicht in der Nähe ist“, noch immer war nichts zu erkennen und langsam machte sich eine Panik im Inneren des Kleinen auf. „Ehhhm, Magnus? Irgendwas ist hier komisch. Bitte komm schnell her!“, rief er verunsichert. Nun erschallte wieder etwas:„Psssst, … wenn er kommt, bekomm ich Ärger, Kleiner, heheheheheh“ und etwas zog mit Wucht am T-Shirt des Jungen, sodass er schreiend zurückfiel und sich gerade so noch von Sturz retten könnte. „Steve, hör sofort mit dem Scheiß auf und lass meinen Sohn los …“, ertönte plötzlich die etwas genervte Stimme seines Vaters aus dem Nichts, „ kann man nicht mal in Ruhe duschen?“ Aufgrund des Gegenlichtes des Flures könnte man nur die Silhouette des Mannes im Türrahmen erkennen, welcher anscheinend nur eine Jeans trug. Als dieser das Licht eingeschaltet hatte und endlich die Lampen flackerten, erkannte man eine etwas gereizte Miene im Gesicht des Magiers. Aber die Sache, die Lucius am meisten in die Augen stach, waren die Narben, welche die komplette Brust zierten. Sie verliefen kreuz und quer, als hätte jemand mit einem Messer brutal auf den Körper des Halbnackten eingestochen. „Ach, Magnus entspannt dich und sei doch nicht immer so engstirnig“ Diesmal hallte die fremde Stimme laut und deutlich durch den Raum und man konnte langsam die Umrisse eines großen Mannes in der Luft erkennen. „Als ob ich engstirnig wäre. Aber du könntest zumindest mal die Klingel benutzen und nicht an Lucius rumrobben“, war die Antwort des etwas Genervten. „Ahahahahahahaha, weißt du, wie das klingt?!“, lachte die Stimme und nun tappte eine dunkle, deutlich erkennbare Gestalt, um genau zu sein ein schwarz gekleideter Mann mit einer auffallenden Haarfrisur, am verwirrten Sohn vorbei. „Wobei, ich sollte mit meinen bösen Gedanken aufhören und mich mal vorstellen. Hallo Kleiner, sorry dass ich dich geärgert hab. Mein Name ist Steve und ich bin der geniale Mentor deines Vaters und gehe mit ihm gerne feiern“ Steve war recht groß, hatte eine lange Narbe, die über seine linke Gesichtshälfte verlief, schwarze, glatte Haare, welche ihm auf der rechten Seite bis zur Taille gingen und links nur wenige Zentimeter lang waren, gepiercte Ohren und ein Augenbrauenpiercing nahe seiner Narbe und trug nietenbesetzte Gothikkleidung. Nach einem kurzen Schweigen ergriff Magnus wieder das Wort: “Seit wann … bist du … mein Mentor? Lehrer passt da wohl besser, oder Sklaventreiber … ja, das gefällt mir. Aber mit „genial“ hat er leider nicht Unrecht, Lucius.“ Er wandte sich zu seinem etwas verwirrten Sohn, „Steve ist eigentlich der einzige Magier, den ich kenne, der die achte der obersten Magiestufen in Kampfmagie hat und sogar die neunte in schwarzer Magie. Das zu schaffen, scheint eigentlich ja unmöglich. Ich glaub jeder, der es bis zur zehnten schaffte, wurde eine Legende …“ Mit einer total lässigen Art legte der Gepiercte seinen Kopf schief und seine dunklen Augen funkelten leicht. „Die Legende, die bin ich doch jetzt schon, Draken“, dann machte sich auf sein Gesicht ein beängstigendes Grinsen breit und zeigte seine hellen, geraden Zähne. „Öhm okay … Wer ist jetzt Draken? Und wieso Legende? Und was für ´ne Magierstufe?“ Etwas verunsichert meldete sich der Zwölfjähre zu Wort. Mit einem freundlichen Lächeln versuchte der Vater es seinem Sohn zu erklären: „Also, Draken ist der Name, den mir meine Adoptiveltern damals gaben. Steve ist mehr oder weniger eine Legende, eher bekannt, da er sozusagen als „der Tod“ arbeitet. Also naja was heißt „der Tod“ … er ist eher so eine Art … hmm … ein bisschen wie ein Shinigami, also Todesgott. Er schnappt sich die Seelen der Toten, überprüft diese und spaltet sie auf, um sie ins Totenreich oder so zu bringen. Ich glaube, er darf sogar in manchen Fällen Leute am Leben lassen. Und er tritt denen in den Hintern, die illegale Totenbeschwörung betreiben. Außer mir … du durftest ja den Zombie am Tag deiner Ankunft hier … vernichten. Magierstufen sind sowas wie Schulabschlüsse. In deinem Alter macht man den ersten Abschluss und lernt bis zum 19. Lebensjahr alle Grundlagen in jeglichen Bereichen. Danach kann man sich auf einzelne Bereiche spezialisieren, und um in den obersten Magierstufenbereich zu kommen, muss man sehr, sehr lange trainieren, Talent haben und vieel Ausdauer.“ „Welchen Abschluss hast du, Magnus?“ bekam er wieder eine Frage von seinem Schüler. „Thihihihihihih, er hat gar keinen. Kein Magieempfinden, also so denkt er, der Magierrat, ahhaahaha!“, lachte der kuriose Todesgott laut auf. „Aber Lucius, der Magierrat weiß nicht alles.“, fuhr dieser fort, „ Du hast das bestimmt auch in der Akte deines Vaters gelesen, mit dem Magieempfinden. Dennoch ist dein Dad talentiert und sogar richtig gut. Es hat seine Gründe, warum ich von allen Magiern auf dieser Welt, ihn zu meinem Schüler gemacht habe. So und nun zeigst du mir, was dein alter Herr dir in den letzten zwei Wochen beigebracht hat, damit ich sehen kann, ob er auch zum Lehrer taugt oder vollkommen versagt.“ Gähnend drehte sich Magnus um und tappte Richtung Treppe. Dabei nuschelte er etwas in der Art von: „Mmmhh, ich geh mich ma‘ anziehen, wartet auf mich, aber draußen ist es zu kalt, um so rumzulaufen.“ „Ist es denn nicht viel zu dunkel, um noch zu trainieren?“, stellte Lucius eine Frage an den Lehrer seines Vaters. „Kleiner, mit Magie ist es niemals zu dunkel, das wirst du gleich sehen. Ach ja, mach dir keine Sorgen, du bist nicht der einzige, der trainieren muss. Ich hab deinen Vater schon ´ne vieeel zu lange Pause gegönnt“, entgegnete Steve.
Weitere Kapitel sind schon vorbereitet/fertig und folgen mit der Zeit. [/tabmenu]
Beta-Leser: @Sakul
Sonek
anyway
Rainbow
Jefi
Kommodore Waran
~Bane