Miranda - Die Geschichte zweier Waisen

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“

  • Einhundert Tage später...
    Miranda schaute sich um. Zwei zu ihrer Linken, drei zu ihrer Rechten. Zwei junge Frauen gegen fünf unfreundliche Gegner. Mitglieder Team Plasmas, das sich so langsam wieder in den Städten der Einall-Region breitmachte. Wieso waren sie nur so schnell zu altem Ruhm gelangt? Wussten die Menschen denn nicht, dass G-Cis und seine Schergen Wesen der Finsternis oder sogar Monster waren? Dass sie alles dafür taten, um ihre Macht zu vergrößern, die Kontrolle über das gesamte Einall zu erlangen und dann als Nächstes die Welt einzunehmen? Wie schnell vergaßen sie nur alle. Aber nicht Miranda und auch nicht ihre Schwester, Amanda.
    Und nun standen sie hier in Marea City in der Nähe des Hauses, das anderthalb Jahre lang ihre Heimat gewesen war, das auf den Schutz des Arenaleiters Turner angewiesen war. Jenes Haus, das Miranda und ihre Schwester aus dem Nachlass ihrer wahren Eltern geerbt hatten, nachdem G-Cis das Monster endlich seine wahre Persönlichkeit zur Schau gestellt hatte und sie von ihm befreit worden waren.
    »Wie könnt ihr euch nur jetzt schon wieder in eurer abartig dunklen Kluft auf die Straße trauen? Haben euch eure Eltern niemals gelehrt, dass man ein wenig Respekt der Gesellschaft gegenüberbringen muss, um selbst akzeptiert zu werden? Und Akzeptanz bedeutet noch lange nicht Respekt! Wie könnt ihr euch nur hierher wagen, nachdem ihr so vielen Menschen in so vielen Städten Leid angetan habt? Und dann auch noch Marea City, wo euch der Held aus der Legende, der Champ bereits einmal in die Knie gezwungen hat? Damals war es nur das größte Monster, das euch befreien konnte, als wir noch so verblendet waren und in seinem Dienste standen. Aber wir sind ausgestiegen und auch ihr hattet die Chance dazu. Ich und ganz bestimmt meine Schwester noch weniger wollen euch nicht bekämpfen. Einst waren wir Freunde und hatten ein gemeinsames Ziel. Wir hatten ein Ziel der Freude und des Glücks für alle Wesen auf dieser Welt. Erkennt dieses Ziel wieder an, lasst von eurem Machthunger ab und uns endlich wieder die Freunde sein, die wir schon einmal waren. Was sagt ihr?«, appellierte Miranda an die Gewissen der fünf Rüpel, die nur mit einem boshaften Lachen antworteten und ihre Pokémon riefen.
    Es waren ein Rabigator, das rote Krokodil mit den schwarzen Augen, zwei Rokkaiman, die Vorentwicklung von Rabigator, und zwei Kleoparda, in dessen Augen die beiden Schwestern in diesem Moment blickten.
    Das Haus, vor dem sie standen, mochte nicht mehr ihre Heimat sein, wie es noch vor dreieinhalb Monaten gewesen war. Aber dieses Gebäude war auch nicht mehr von Turner geschützt. Nun waren sie die Hüter der ehemaligen Rüpel, die die richtige Seite gewählt hatten. Es schmerzte Miranda, dass ihre fünf ehemaligen Freunde, die ihr mit diesen kalten Antlitzen gegenüberstanden, doch jetzt war ihre einzige Reaktion ein Seufzen. »Nun gut, ich habe es euch angeboten, aber ihr habt leider abgelehnt. Dann werdet ihr jetzt auch sehen, was ihr davon habt. Und wenn ihr erwartet, dass wir die ungeschützten Musen von früher sind, dann habt ihr euch getäuscht. Wir sind nicht mehr so wie früher. Glaubt mir.«
    Miranda warf einen Pokéball in die Luft, dessen obere Kapselhälfte gelb und dessen untere Hälfte rot war. Ein M war auf das Gelb eingraviert, wie es bei jedem ihrer Bälle der Fall war. Hier stand das M aber nicht nur für ihren Namen, sondern auch für das Pokémon darin. »Maracuja, ich brauche deine Hilfe!«
    Aus dem Ball zog sich nicht das blaue Licht, das man sonst sah, wenn ein Pokémon gerufen wurde. Stattdessen schien die Kapsel zu reißen und ein flammendes Inferno schoss aus der Öffnung heraus, bündelte sich auf einen Punkt vor Miranda und ließ ihren neusten Partner erscheinen.


    Neunzig Tage zuvor…
    »Und ihr müsst wirklich schon gehen? Wir haben doch noch gar nichts gelernt!«, meinte Miranda zu Zoé, als sie mit ihrem Koffer in der Eingangspforte zur Einall-Zentrale der P.G.A. stand.
    Die Brünette lächelte sie an und antwortete: »Ach was! Ich bin mir sicher, dass ihr mit Felix einen außergewöhnlich guten Lehrer gefunden habt. Er ist nicht umsonst Vize-Chief in Einall geworden, nachdem wir wieder hier waren. Das heißt, dass er jetzt sogar noch besser ist als Lukas und ich. Und das ist wirklich eine große Leistung. Also sei nicht enttäuscht, dass wir wieder losziehen müssen. Wir haben einen Auftrag in Orre erhalten, der uns wahrscheinlich eine Menge Zeit kosten wird. Aber ich habe sowieso noch ein Geschenk für dich. Das wollte ich eigentlich schon viel früher gemacht haben, dran gedacht hab ich nur nie.«
    Die Agentin aus Kalos zog ihre Taschen zurecht und öffnete einen Reißverschluss an der größten Tasche, in der eine Frau sicherlich genügend Platz hatte, um bequem zu fliegen. Wie hatte sie das Gepäckstück dorthin tragen können? So stark sah sie nämlich nicht aus.
    Es dauerte einige Zeit, sie schien zu suchen und nichts zu finden. Einige Momente vergingen sogar und Miranda konnte den Umschwung in Zoés Blick sehr gut erkennen. Erst überrascht, dann von der Suche angenervt. Doch ihr Gesichtsausdruck veränderte sich wieder schlagartig und sie zog ein kleines Objekt aus der Tasche heraus.
    Ein Ball. Rot und gelb. Ein M auf dem Gelb.
    Diesen überreichte sie Miranda und grinste breit. »Ich habe gehört, dass dein sechstes Pokémon aus Kalos stammt und dass du es noch nicht so lange hast. Und ich habe gehört, dass es noch keinen Ball hat, weil es gerade erst geschlüpft ist. Da ich aber einige ziemlich gute Verbindungen zu Kurt aus Johto habe, weil seine Enkelin mal von Lukas und mir gerettet wurde, konnte ich über eine Eilzulieferung diesen Ball geschickt bekommen. Es ist eine besondere Version des Traumballs, der nur im Zentrum von Einall hergestellt wurde. Das Pokémon, das du damit fängst, wird seine besondere Fähigkeit ausprägen, während es wächst. Oftmals kann so etwas, gerade für uns Agenten, von großem Nutzen sein und ich glaube, dass es Sinn macht, wenn du diesen Ball zu Beginn deiner Ausbildung erhältst, wenn du sowieso schon nicht genug Zeit hast, durch die Akademie zu wahrer Größe zu gelangen. Aber wie gesagt: Felix wird seine Aufgabe mit Sicherheit unglaublich gut machen und euch wirklich zu den besten Agentinnen machen, die die Einall-Region jemals beehrt haben. Und wenn wir uns das nächste Mal sehen, werden wir eine Mission zusammen erledigen! Ich freu mich jetzt schon darauf! Also wenn ihr Agenten werdet, nachdem ihr G-Cis niedergezwungen habt.«
    »I-ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Vielen Dank! Das ist wirklich ein großartiges Geschenk und bestimmt perfekt für Maracuja. Du musst wissen, dass ich das Ei von Rubius erhalten habe, nachdem er von Professor Platan aus Illumina City besucht worden ist. Bisher schläft das kleine Fynx aber nur und ich weiß noch nicht, wann wir das Training beginnen können. Aber mit dem Ball wird es bestimmt schon bald losgehen können!«, bedankte sich die ehemalige Muse und fuhr fort: »Aber Zoé?«
    »Ja?«, fragte diese überrascht.
    »Bist du dir sicher, dass du in dem Outfit in den Flieger steigen solltest?«
    Zoé trug ein aquamarinblaues Kleid, das wie ein Badeanzug an den Oberschenkeln endete. Eine hellere, aber ebenso blaue Schleppe zog sich noch etwas weiter runter, war aber so zusammengenäht, dass es eher aussah wie die Schwanzfedern eines Swaroness. Doch wenn man sich das Kleid genau anschaute, erkannte man darin Elemente des Aussehens des legendären Pokémon Kyogre. Die Musterungen an der Taille waren rote Kreise, die mit roten Strichen verbunden waren und der Ausschnitt war mit einem roten Rand umzogen. Am unkomfortabelsten sahen jedoch ihre Schuhe aus, die an die Flossen eines Kyogre erinnerten, wobei die dortigen roten Elemente die Schnüre waren, jene Stellen, die sonst blau waren, ihre Füße zeigten und ihre Zehen unter den weißen Klauen versteckten. Und der Absatz erschien MIranda auch nicht schmerzlos. Waren es zwölf Zentimeter oder mehr? Irgendwie in dieser Richtung.
    Doch die Agentin lachte nur auf und antwortete mit einem Zwinkern: »Natürlich! Wir fliegen mal wieder mit dem Jet. Das dauert ja nur etwa fünf Stunden, bis wir in Orre sind. Außer wenn Lukas fliegt. Dann dauert es etwa das Dreifache. Könntest du Calisto Farewell noch von mir grüßen? Er wollte sich zwar eigentlich verabschieden, aber er ist immer so verpeilt und hat es wohl vergessen. Und wir wollen dem guten Mann ja nicht einfach ohne Tschüss das Haus verlassen.«
    »Ich werde es ihm ausrichten. Aber in den letzten Tagen habe ich ihn sowieso nicht gesehen. Er war die ersten drei Tage zwar immer bei Amanda und mir, aber jetzt ist er auf einmal verschwunden. Was er wohl wieder macht?«, fragte sich Miranda laut und umarmte Zoé noch einmal. Obwohl die Brünette High Heels trug, war sie immer noch kleiner als sie.
    »Lukas ist schon draußen, ich muss mich also beeilen. Bis dann! Grüß auch deine Schwester noch mal von mir!«, rief die Agentin ihr noch zu, während sie sich umdrehte und aus der Zentrale der P.G.A. austrat.
    Nun würde das Training mit Maracuja beginnen!


    Das Pokémon, das wie ein Schamane aussah. Fuchsartig und dennoch menschlich. Ein Meister der Flammen und dennoch irgendwie magisch. Das rote Fell sah so aus wie der Umhang eines Zauberers, der Holzstab tat sein Übriges dazu. Fennexis, das Fuchs-Pokémon. Oder Maracuja, wie Miranda es liebevoll nannte.
    Amanda setzte in Kombination dazu Ada, ihr Vulnona, ein, das sie seit ihrer frühsten Kindheit besaß.
    Nun konnte der erzwungene Kampf beginnen.
    »Ihr könnt noch aufgeben, Jungs. Ich bin wirklich nicht an einem Kampf gegen euch interessiert. Aber ich werde wegen unserer Vergangenheit nicht weniger geben, als ich kann. Wir werden es nicht. Also bitte ich euch, dass ihr euch zurückzieht«, wollte ehemalige Muse des Friedens die Rüpel überzeugen.
    »Rabigator, Erdbeben!«
    Das war eine Antwort.
    Wenn sie nicht anders wollten, konnte sie auch nichts mehr tun. Sie hatte alles versucht, um ihre fünf Gegner zu überzeugen, sich zu ergeben, bevor es zu spät war. Wieso hatten sie es nicht einfach angenommen?
    Sie seufzte und schaute dann zu Maracuja, der sie grinsend anblickte und auf ein Kommando wartete. »Maracuja, Magieflamme!«
    »Ada, Solarstrahl!«
    Adas Fähigkeit, Dürre, drängte die Wolken vom Himmel und ließ die Sonne auf Marea City strahlen wie jenes Licht auf eine Wüste, die immer weiter zerfällt, deren höchsten Berge und Landschaften langsam zerfallen, um als ein Meer aus Sand auf ewig zu existieren. In diesem Moment jedoch verstärkte die Fähigkeit nur beide Attacken und ließ den Solarstrahl umso schneller aufgeladen sein.
    Die Magieflammen erreichten die beiden Kleoparda, noch bevor das Rabigator das Erdbeben initiiert hatte, hüllten die Katzen-Pokémon ein und ließen sie aufjaulen vor Schmerz. Es tat Miranda in der Seele weh, dass sie das tun musste, denn diese Pokémon waren nicht böse, sie waren nur von Team Plasma gestohlen und umkonditioniert worden. Sie waren unschuldig, nein, sie waren sogar Opfer der Boshaftigkeit dieser Organisation und trotz des Wissens darum ließen sich diese fünf Menschen nicht aufhalten, weiter im Schatten eines noch größeren Monsters zu arbeiten. Es fügte ihr physischen Schaden zu, das zu wissen. Und es kränkte sie umso mehr, dass sie diese Menschen mal Freunde genannt hatte. Sie waren zwar immer nur ihnen gegenüber unterwürfig gewesen, weil sie die Hüterinnen Ns waren, aber der Respekt beider Seiten gegenüber war stets groß gewesen. Davon war jetzt nichts mehr zu spüren.
    Adas Solarstrahl war vollkommen aufgeladen, als das Rabigator zum Erdbeben ansetzte. Jetzt ging es um Sekunden.
    Das Vulnona fokussierte das gebündelte Licht noch weiter und ließ es dann in einem Atemzug frei, in alle Richtungen nahm es seinen Lauf und hüllte die drei Boden-Pokémon in einen Angriff aus Licht und Leben ein. Und auch dieser Angriff war gepaart mit den Schmerzensschreien der Pokémon, mit dem Leid in Mirandas Herzen und dem Zorn, den sie gegenüber Team Plasma verspürte. Das Leid dieser fünf Pokémon sollte nicht vergebens sein. Sobald dieser Kampf vorbei war, konnten sie die Pokémon ihren rechtmäßigen Besitzern übergeben. Es war nicht viel, aber es war der einzige Weg, ihre Schuld ansatzweise zu vergelten. Auch wenn ihre Schuld auf ewig hoch sein würde.
    »Wollt ihr weiterkämpfen oder gebt ihr euch geschlagen? Wir werden euch nicht mit diesen Pokémon laufen lassen, denn sie gehören nicht euch. Aber wir werden euch mit Respekt behandeln und ihr werdet einen fairen Prozess erhalten. Das höchste Gericht von Einall wird anerkennen, dass ihr die Pokémon zurückgegeben habt. Tut ihr das jetzt jedoch nicht, werden wir euch besiegen und ihr werdet für sehr viel längere Zeit eure Schuld begleichen müssen. Das will niemand von uns. Also bitte, lasst uns einen besseren Weg gehen. Es geht anders«, plädierte Amanda nochmal für das Aufgeben der Rüpel, doch der Rabigator-Trainer spuckte nur aus. Das mochte nur symbolisch und viel zu weit von Amanda weggewesen sein, um sie zu treffen, aber das war endgültig genug. Miranda nahm es hin, wenn Menschen nicht einsahen, dass sie falsch lagen, dass ihre Position einfach nicht mehr gerechtfertigt werden konnte und es der blinden Gier zukam, was diese Menschen noch taten. Aber wenn es um ihre Freunde und vor allem ihre Schwester ging, kannte sie kein solches Mitgefühl mehr.
    »Maracuja, beende diesen Kampf.«
    Zwar sagte sie das zu Fennexis, doch ihre Augen leuchteten auf.


    Fünfzig Tage zuvor…
    »Und du bist dir sicher, dass es niemanden außer dir, deiner Schwester und N gibt, der ebenfalls solche Fähigkeiten in sich trägt? Es wäre super, wenn euch jemand beibringen könnte, wie ihr diese Kraft in euch fokussieren könnt, damit ihr das im Kampf gegen Team Plasma einsetzen könnt. Anders fällt mir nicht ein, wie wir euch darin stärken können«, meinte Felix ein wenig enttäuscht zu Miranda, die den Kopf schüttelte.
    »G-Cis hat selbst immer nach dem perfekten Träger gesucht, um seine Pläne zu verwirklichen. Gäbe es einen Menschen, der solch eine Gabe in sich trägt, dann hätte er ihn für sich genutzt und N oder uns bestimmt unterrichten lassen, damit er noch mehr dieser … Wundersoldaten… für sich nutzen kann. Aber das ist nicht geschehen«, erklärte Miranda, die beim Begriff “Wundersoldaten” stark schlucken musste. Sie hatte vor einigen Tagen erst in Akten der P.G.A. gelesen, was Felix während seiner Mission über Team Plasma herausgefunden hatte. Zwar hatte sie schon länger gewusst, dass G-Cis Amanda, N und sie wegen ihrer Gaben für sich nutzen wollte, aber sie hatte herausgefunden, dass er bereits einige Kinder zuvor dafür genutzt hatte, die bei den Versuchen, die er an ihnen durchgeführt hatte, gestorben waren, wenn sie nicht schon in der Wildnis verhungert waren.
    Felix schaute nach oben und säuselte leise, um sich dann wieder an Miranda zu richten: »Was ist, wenn dieser Mensch genau das vermieden hat? Weil er erkannt hat, dass G-Cis ein Monster ist?«
    »Wenn das so ist, müssen wir diesen Menschen finden. Denn wir werden sein Wissen nutzen müssen, wenn wir eine Chance gegen G-Cis und seine neuen Vorstände haben wollen.«


    Der Körper des Fennexis, gestärkt von Mirandas Gabe, färbte sich rötlich, jedes Gelb und jedes Weiß an seinem Körper wurde orange, die Hitze zeigte sich durch den Wasserdampf, der das Pokémon umgab. Das Gras unter den Pfoten des Feuer-Pokémon fing an zu brennen, die Luft bewegte sich in sichtbaren Wellen. Feuerbälle entstanden vor den Pfoten, der Ast begann ganz zu brennen, in der Luft entstand eine riesige Kugel aus konzentriertem Feuer. Dann platzte die Kugel und ließ die Kleoparda brennen, die Rokkaiman vor weiterem Schmerz aufschreien und das Rabigator nur noch stöhnen. Ein Tumult ohnegleichen. Ein Leid, das Miranda nie wieder spüren wollte und dennoch bald sicherlich wieder werden musste.
    Dann war es still.
    Ada, die die Flammen auf ihrem Fell genossen hatte, wurde zurück in den Ball gerufen und auch Maracuja sprang voller Freude wieder in die zerstörte Kapsel, die sich gleich wieder wie von Zauberhand reparierte und in Mirandas Hand landete.
    »Wir nehmen eure Bälle jetzt. Die Polizisten hinter euch werden euch Handschellen anlegen«, kommentierte Miranda das nachfolgende Geschehen und schritt zu den fünf Pokémon. Aus ihrer Tasche nahm sie fünf gelbe, oktaederförmige Objekte, die sie an die fünf Pokémon verfütterte. Beleber, die zumindest einen Teil der Schmerzen dieser Pokémon lindern konnten, wenn auch nicht alles Leid ihrer Zeit als Sklaven nehmen konnten. Welche Erfahrungen hatten sie machen müssen, als sie gegen ihren Willen trainiert worden waren, bis sie schließlich nachgegeben und das Glück ihrer Vergangenheit hinter sich gelassen hatten?
    Daraufhin ging die Blondine zur den Einsatz leitenden Offizierin, Officer Francine Rocky, die sie bereits von einigen Treffen in der Vergangenheit kannte. Noch ehe sie etwas sagen konnte, sprach die Polizisten voller Zufriedenheit in der Stimme: »Es tut mir leid, dass wir nicht schnell genug dasein konnten, um zu helfen, aber ihr habt das ja anscheinend auch ganz großartig ohne uns geschafft. Ich hatte zwar gehört, dass ihr wirklich gut seid, aber ich wusste auch, dass ihr erst seit hundert Tagen im Training seid, deswegen hatte ich nicht erwartet, dass ihr so schnell fünf Gegner besiegen würdet. Also gute Arbeit!«
    »Eigentlich wollte ich mich bedanken, dass sie so schnell gekommen sind. Aber was wird mit den fünf Leuten passieren? Sie haben zwar eine Strafe verdient, aber trotzdem waren sie einst unsere Freunde und teilten mit uns einen Traum. Ich weiß, dass das nichts an den Taten ändert, aber… was heißt das für sie?«
    »Nun, das ist schwer zu sagen, weil es viele Rüpel gab, die verschieden viel verbrochen haben. Nach dem, was ich bisher von den Verhafteten erfahren habe, als wir hierhergefahren sind, schätze ich, dass man sie vor das Gericht in Stratos City führen wird. Je nach Tatbestand kann die Strafe variieren. Bestenfalls eine Sozialarbeitsstrafe von tausend oder zweitausend Stunden, es könnten aber auch zehn bis zwanzig Jahre Gefängnis sein, wenn sie weiter oben mitgemischt haben.«
    Zehn bis zwanzig Jahre. Wie konnten diese Menschen nur so bescheuert sein? Wieso hatten sie nicht einfach aufgegeben, als sie die Chance hatten? Was wäre dann die Strafe gewesen? Ein Bruchteil auf jeden Fall. Vielleicht die Hälfte. Vielleicht mehr, vielleicht weniger. Aber jetzt würden es so viele Jahre sein, die sie mit ihrer Strafe verbringen mussten. Zurecht, wenn Miranda wirklich objektiv beurteilte. Denn im Gegensatz zu den ehemaligen Mitgliedern dieser Organisation waren sie öffentlich mit Diebstahl und Pokémonraub in Verbindung zu bringen. Es war furchtbar, was G-Cis angerichtet hatte und noch immer anrichtete.


    Eindreiviertel Jahre zuvor...
    »Mein Name lautet … mein Name tut nichts zur Sache, sie können mich aber LeBelle nennen. Ich bin Mitglied der Internationalen Geheimpolizei und auf der Suche nach ihrem Vater. Sie wissen nicht zufällig, wo ich ihn finden kann?«, fragte der Mann im braunen Mantel und dem beigefarbenen Anzug, der so aussah, als könnte man ihn in einer großen Masse besitzen, denn an einem Knopf hing ein Stückchen Papier mit der Aufschrift “22. Anzug”.
    Wenn Miranda diesen Mann so anschaute, wusste sie nicht so recht, was sie von ihm halten sollte. Zwar wusste sie in diesem Moment ohnehin nicht, was sie wie finden sollte, denn eigentlich ihr ganzes Leben abgesehen von der Liebe zu ihrer Schwester und ihrem Bruder war eine Lüge gewesen, aber das war eine jener Situationen, in der man auch unter anderen Umständen nicht wissen würde, wie man reagieren sollte.
    Der Mann wirkte freundlich, etwa Anfang der Vierziger, vielleicht Ende der Dreißiger, aber unglaublich neben der Spur. Sein Aussehen war dabei nur das kleinste Indiz. Viel wichtiger war, dass er in das Haus hineingestolpert war, nachdem er Rubius als erstes hineingelassen hatte.
    Sie hatten vor wenigen Tagen ein Haus in Eventura City gemietet, um für die erste Zeit in einer von Team Plasma unberührten Umgebung zu leben. So südlich war Team Plasma nie vorgedrungen und genau deswegen war dies der perfekte Ort, um sich erst einmal wieder zu fangen. Doch der Agent der Internationalen Geheimpolizei hatte laut über die Weisheit dieser Entscheidung gesprochen, sodass wahrscheinlich die Hälfte der Nachbarschaft nun genau wusste, wer sie waren und was sie getan hatten. Und dann hatte er auch noch ein Hutsassa - unwissend, nicht absichtlich - in der Nähe geärgert, dass ihm bis hierher gefolgt war und mit einem Schlafpuder vier Bewohner des Hauses eingeschläfert hatte.
    »Nein, es tut mir leid, aber ich weiß nicht, wo er sich befindet. Wenn ich es wüsste, würde ich mit meiner Schwester und meinen Freunden soweit weg, wie es mir möglich ist, um diesem Horror ein für alle Mal entkommen zu können. Es ist einfach nicht mehr sicher für uns und ich weiß nicht, wie lange wir hier bleiben können«, antwortete Miranda mit Augenringen, die bis zu den Lippen reichten. Ihre Lippen waren aufgeplatzt, weil sie nicht genug trank, ihre Arme schmerzten, ihre Augen wegen des wenigen Schlafs auch. Sie hatte abgenommen, obwohl sie noch nie viel gewogen hatte. Und jetzt wusste nicht einmal dieser Geheimdienst, wo man ihren Adoptivvater finden konnte.
    LeBelle schaute sich um und seufze: »Sie müssen wissen, dass wir alles versucht haben, um ihren Vater zu finden und dass sie die letzte Hoffnung waren. Eigentlich wollte man sie schonen, bis es ihnen wieder besser geht, weil man gehofft hatte, dass ihr Bruder in Kürze wiederkommt, aber das ist nicht geschehen und so langsam ist es wirklich Zeit, ihn zu finden.«
    Die junge Frau schaute ihn aus erschöpften Augen an und erwiderte: »Sie sind der Agent. Wir legen unsere Hoffnung in ihre Hände. Wir brauchen sie. Bitte helfen sie uns.«
    »Okay, gut. Ich gebe mein Bestes. Ich würde an ihrer Stelle nicht hier bleiben, denn dieser Teil mag zwar nie von Team Plasma besucht worden sein, aber gerade das ist ein Grund dafür, dass sich ehemalige ranghohe Mitglieder in diesem Teil der Region verstecken. Sie sollten in ein Gebiet gehen, wo die Arenaleiter für ihre Stärke bekannt sind. Ich habe mich schlau gemacht und weiß, dass sie Erbinnen einer relativ vermögenden Familie sind und dass sie ein Haus in der Nähe von Marea City geerbt haben. Dort lebt Turner, der Arenaleiter der Stadt, ganz in der Nähe und sollte für sie den besten Schutz darstellen, der möglich ist. Ich würde ihnen das echt empfehlen«, erklärte LeBelle und schaute sie mit freundlichen, aber besorgten Augen an.
    Der Agent hatte Recht. Die Familienvilla in Marea City würde sicher sein. Und vielleicht schöne Erinnerungen in Miranda wecken.


    Und es wird weitergehen…

  • Hallo Dusk,


    ich hätte ja mit allem gerechnet, aber nicht, dass sich Miranda gleich einmal alleine um fünf Rüpel kümmern muss. Dass sie an diese, trotz ihres Wechsels zur bösen Seite, noch einmal appelliert, fand ich zu Beginn etwas merkwürdig, bis du erwähnt hast, dass sie einmal zu der Gruppe dazugehörten. Eigentlich interessant, dass sie sich nun doch wieder Team Plasma angeschlossen haben, aber so sollte es wohl sein. Die Pokémonwahl war zu erwarten. Bei Maracuja habe ich aber erst gestutzt, weil mir zu dem Namen kein Pokémon eingefallen wäre. Du hast es wohl mit ausgefallenen Namen, hm? Fennexis war in dem Sinn eine positive Überraschung und auch, dass sie wohl Spaß an dem Kampf hatte - warum hätte sie sonst so gegrinst? -, war nett einbezogen. So wirkt Fennexis nämlich als ziemlicher Kontrast zu Miranda, die ja doch auf Ruhe bedingt ist und Kämpfen eher aus dem Weg gehen würde. Auf jeden Fall war der Kampf spannend und mit tollen Attacken-Einlagen geschrieben, man konnte ihm gut folgen und allgemein, finde ich, blühst du in diesen Abschnitten auf, weil sie dir liegen.


    Die Ausflüge in die Vergangenheit haben ebenfalls wieder neue Einblicke gegeben. So erklärt sich auch, warum sich Miranda nun schlussendlich für den Kampf gegen die Organisation entschieden hat und worin der Hintergrund liegt. Im Beitreten der P.G.A natürlich. Ist dieser Traumball eigentlich so ausgelegt, dass er einfach die versteckte Fähigkeit eines Pokémons fördert oder kann er in seltenen Fällen auch die allgemeine Kraft steigern?
    LeBelles Auftauchen war über kurz oder lang zu erwarten und in Anbetracht des Zustandes, in dem sich Miranda damals befand, musste sie wohl ebenso wie ihre Schwester noch den Schrecken von Team Plasma verdauen. Verständlich natürlich; das geht nicht einfach von heute auf morgen, hat aber schließlich dazu geführt, dass sie sich in die Villa einnisten und Pläne schmieden. So ergibt sich also nach und nach die Geschichte. Und was hat es wohl mit dieser Person auf sich, die ähnliche Fähigkeiten wie die beiden und N haben? Darauf bin ich allerdings schon sehr gespannt, was du daraus machen wirst.
    Übrigens: Im letzten Absatz sollte die "Sie"-Anrede großgeschrieben werden. Ist mir spontan beim Lesen aufgefallen.


    Und es wird weitergehen ...


    ~Rusalka

  • Hallo Dusk!


    Erst einmal: ich habe großen Respekt vor deiner Disziplin. Du bringst ziemlich regelmäßig neue Kapitel raus und die sind nicht gerade kurz. Leider bin ich alles Andere als diszipliniert, weshalb weitere Kommentare bisher auch ausblieben. Das wollte ich jetzt ändern, hier kommt also mein Kommi. Ich werde mir erstmal die Kapitel bis zum Infopost vornehmen (also 8+9), den Infopost und das zehnte Kapitel ein anderes Mal.
    Bevor ich zum Kapitel komme - ich finde es ein bisschen schade, dass du noch immer kein Inhaltsverzeichnis hast, bzw es nur bis Kapitel vier geht. Bei so viel Text wäre es wirklich einfacher für den Leser, wenn du im Startpost die Kapitel verlinkt hättest.
    So, jetzt aber los.




    Das wärs erstmal von mir. Das waren zwei spannende Kapitel, weiter so ^^
    Ich werde wie gesagt hoffentlich in naher Zukunft deine Charakterübersicht und das zehnte Kapitel lesen und kommentieren.


    Lg,
    Jefi

  • Danke für den Kommentar! Während ich Rusalka bereits privat etwas dazu geschrieben habe und das daheim erst nachreichen werde, werde ich dir jetzt eine Antwort schreiben; teilweise einfach der Fragen wegen oder weil ich meine Ansätze klarer erklären und deutlich machen will.


    Genau den Satz, den du so häufig gelesen hast, habe ich genommen, weil er so häufig genutzt wird. Vielleicht ist es dir aufgefallen, vielleicht auch nicht, aber grundsätzlich hat Miranda eine ironische Art an sich und kommentiert Situationen, die comichafter kaum sein könnten, mit einer gewissen Menge Sarkasmus. Dennoch ist sie eben auch ein Mensch, der genauso in solche Situationen kommt und dann wie die breite Masse reagiert. Wenn man das im Kopf behält, merkt man das vermehrt und es zeigt sich einfach, dass auch Miranda ein Teil der normalen Masse ist, obwohl sie sich zu Beginn der Geschichte nicht so gefühlt hat.


    Miranda mag gut im Umgang mi Pokémon sein und das ist ihr auch beigebracht worden, aber sie hasst Kämpfe, sie sieht sich nicht als Trainerin (was eigentlich bor jedem Kampf vermittelt sein sollte, wel sie sich bei jedem Wurf eines Pokéballs überwinden muss) und in diesem Kontext erkennt selbst Miranda das, die sich so weit davon distanziert.
    Auch ist es für sie natürlich ein Wink des Schicksals, dass da diese Agenten erscheinen, aber sie hat damit natürlich nicht gerechnet, schließlich war Felix in ihren Augen schon die große Rettung; dass er aber Hilfe von zwei viel erfahreneren Agenten hatte, kann ihr natürlich nicht klar sein – woher auch?
    Da das aber schon so ein wenig durch die Szene, in der Felix von seiner Zeit erzählt und wieso er bei Team Plasma ist, angedeutet werden sollte, dass sie auftauchen würden, weil man sie sonst auch in der Szene namenlos hätte lassen können, sah ich nicht den Zwang, es noch ein weiteres Mal zu zeigen, weil die subtilen Elemente nicht mit einem Hammer eingeschlagen werden sollten. Das ist jedenfalls meine Meinung. Da ich grundsätzlich aber auch nicht der Fan von so etwas bin, kannst du dir sicher sein, dass allzu bald in der Hauptgeschichte keine imba-Agenten von außerhalb mehr auftauchen werden, wenn es nicht so passt.


    Bei Rihornior darfst du nicht vergessen, was für Attacken es alles erlernen kann. Das sind Unmengen und so verschiedene Typen, dass es dem Eis-Pokémon einfach die Show stiehlt; außerdem hat es gegenüber Viscogon den Vorteil, dass es physisch ausgelegt ist und dementsprechend hart treffen kann.


    Was das „unglaublich“ angeht, sei gesagt, dass es einfach gesprochen ist. Man spricht niemals so effizient, wie man schreibt, das kann zumindest ich nicht von mir behaupten. In dem Fall wäre es präzise ausgedrückt wohl etwas wie „dass du kein einmaliger Verräter, sondern ein Doppelagent/Maulwurf bist“.


    Nicht überall werden Anführungszeichen gesetzt, bei inneren Monologen wären es dann auch nur einfache und nicht zweifache Anführungszeichen. Aber auch das ist nicht unbedingt notwendig; ich erkenne jedoch absolut an, dass es das wohl fürs Verständnis leichter machen würde.


    Der Sinneswandel kommt übrigens direkt aus den Spielen, der Dialog mit dem Protagonisten ist nur erweitert, damit es eben nicht so arg schnell passiert. Zumal das nur der Moment ist, dass ihnen klar wird, dass sie sich von ihm abwenden; diese Entwicklung findet schon früher statt. Dazu bald aber mehr!


    G-Cis selbst war es, nachdem er sie aufgenommen hatte, das wurde bisher aber nur nebenbei erwähnt, wann und ob die genaue Szene als Flashback folgt, weiß ich gar nicht so recht.


    Ihr Ziel wurde eigentlich klar genannt: Den Vater zu Fall bringen; suche nachher die Stelle dazu raus, müsste aber im neunten Kapitel passieren.


    Ich hoffe, ich konnte die Ungereimtheiten etwas aufklären; und freue mich schon auf einen möglichen weiteren Kommentar!


  • Die Schritte der Schwestern hallten durch den weiten Gang der riesigen, mit Marmor ausgekleideten Zentrale in Einall. Sie waren die meisten der letzten hundert Tage hier gewesen, um mit Felix und anderen erfahrenen Agenten zu trainieren, um stärker und mutiger zu werden und den Menschen, mit denen sie einst für ein scheinbar edles Ziel gekämpft hatten, zu zeigen, wie falsch sie mit ihren neuen Plänen lagen. Diese hundert Tage waren so voller Neuerungen gewesen, so voller Muskelkater und Schmerz, dass Miranda und Amanda nicht mehr die Musen von früher waren. Waren sie früher noch Symbole der Liebe und des Friedens auf der Suche nach der moralischen Richtigkeit in einer Welt voller Kämpfe und Zorn der eigenen Bespaßung wegen, waren sie nun auszubildende Agentinnen mit nur einer Mission: das Ende von Team Plasma heraufbeschwören.
    Und obwohl sie nun nicht mehr die schwachen Frauen von damals waren, fühlte sich Miranda nicht sonderlich verändert. Sie war immer noch sie selbst, wahrscheinlich mehr noch als je zuvor. Sie hatte die Angst vor Kämpfen abgelegt und freute sich immer wieder, wenn sie mit ihren Pokémon weiterkam, wenn sie einen Erfolg zu feiern hatten, wenn sie das freudige Aufjauchzen ihrer Partner hörte, nachdem sie in einem Kampf gegen irgendeinen anderen Trainer gewonnen hatten. Es war klar, dass ihr immer noch der undurchdringbare Schmerz von damals durch die Glieder fuhr, wenn sie sah, dass ihre Partner durch andere Pokémon Schmerzen erlitten, aber sie wusste auch, dass es für das Wohl aller Bewohner von Einall war. Und so wie sie es wusste, wussten es auch ihre Pokémon, die gespannter und energischer denn je zusammen mit ihr für ihr Ziel einstanden. Früher waren sie noch Partner gewesen, jetzt waren sie ein großartiges, beinahe unschlagbares Team.
    Langsam liefen sie in Richtung Fahrstuhl, um in das Büro des Sonderkommissars Calisto Farewell, auch LeBelle genannt, zu gelangen, um ihm die Informationen der vorangegangenen Mission mitzuteilen. Doch wenn sie auch Calisto eigentlich schon seit langer Zeit kannte, war er nicht mehr der Mensch, den sie einst kennengelernt hatte.
    War dieser Mensch vor fast zwei Jahren noch so unbeholfen und verpeilt gewesen, hatte er sich in letzter Zeit schlagartig verändert. Die Blondine hatte erst vor kurzem erfahren, was passiert war, und sie konnte nur zu gut nachvollziehen, was in seinem Kopf vorgehen musste.


    Neunzig Tage zuvor…
    LeBelle, eigentlich Calisto Farewell, war schon immer ein geborener Agent und er machte sich als Kommissar der Internationalen Geheimpolizei, oder kurz PGA, so gut wie kein zweiter. Er war stolz auf seine Fähigkeit, Menschen und Pokémon auf perfekte Weise zu imitieren und mit seinem Partner, ein - wie er - inzwischen in die Jahre gekommenes Glibunkel, konnte ihn niemand aufhalten. Sie waren ein so unglaublich starkes Team, dass sogar Team Galaktik sich einst ergab, nur weil sie den Blick des Frosch-Pokémon sahen. Natürlich war auch dieser Champ aus Sinnoh dabeigewesen, aber das vermochte den Erfolg in seinen Augen nicht zu mindern, denn schließlich hatte er die Schergen des boshaften Zyrus in Gewahrsam genommen.
    Inzwischen war er nach Einall versetzt worden, weil der Chief in Orre, Derek Storm, seine Arbeit nicht mehr benötigt hatte. Kommissare waren als Mitglieder der PGA einfach selten und so konnte man auf seine Hilfe in anderen Regionen natürlich nicht verzichten. Jedenfalls dachte LeBelle dies.
    Es war wieder einer dieser Tage, an denen man eine Menge zu tun hatte, aber nichts schaffte. Viele Aufgaben waren zu erledigen und viele Agenten zu koordinieren. Ja, Calisto hatte diese Aufgabe übernommen, nachdem die letzte dafür zuständige Agentin, Rebecca Joy, zum Commander der PGA ernannt worden war und nur in besonderen Fällen zurück nach Einall kam. Und der gute Farewell, freundlich wie er war, hatte natürlich angeboten, die Aufgaben kommissarisch zu übernehmen, bis ein geeigneter Nachfolger gefunden werden konnte. Aber bis dahin würde es wahrscheinlich noch einige Zeit dauern.
    So saß der Mann in seinem Anzug auf seinem Bürostuhl und drehte sich, so schnell er konnte, als ein Agent wie aus dem Nichts erschien und sich räusperte. »Ä-ähm, Sir? Es gibt einen dringenden Notfall in Panaero City und die einzigen Agenten, die für diese Mission in Frage kommen, sind Sie und ich. Aber Sie wissen ja, dass ich noch nicht so lange ein Level-6-Agent bin, weswegen es mir eine große Freude wäre, Sie als Level-8-Agenten wieder bei der Mission dabei zu wissen. Würden Sie mir diesen großen Gefallen tun? Ich weiß, dass Sie mit der Koordination der Missionen anderer Agenten bereits eine Menge zu tun haben und dass ich Sie schon etliche Male darum gebeten habe, dass Sie mir helfen, aber man munkelt, dass Sie es sowieso langsam satt haben, sich nur darum zu kümmern und damit hätten schließlich wir beide etwas davon, oder nicht? Bitte?«
    Calisto Farewell stoppte das Stuhlkarussell, fing sich erst wieder, um dann zu lachen. Mit freundlichem Gesichtsausdruck schaute er den jungen Mann kurz an und nickte daraufhin. Er kannte ihn bereits gut und hatte ihn nach den einigen Missionen ins Herz geschlossen, die er mit dem jungen Mann zusammen erlebt hatte. Es war nicht das erste Mal, dass dieser ihn darum bat, zu helfen, bisher waren sie auch immer ein gutes Team gewesen.
    Der Agent mochte es nicht wissen, aber Calisto genoss es, mit ihm auf Missionen zu gehen, für ihn war dieser nämlich fast so etwas wie ein Sohn geworden. Und nach all der Zeit hatte sein Gegenüber nicht aufgehört, ihn Sir zu nennen, was dem Mantelträger irgendwie gefiel. »Mein Junge, natürlich komme ich mit! Es ist mir eine große Freude, dir bei deinen Schritten als Agent außerhalb einer Gruppe zu helfen. Ich war schließlich auch mal an diesem Punkt und kann nur zu gut verstehen, wenn man die Hilfe eines so erfahrenen Agenten, wie ich einer bin, wünscht. Aber du weißt doch, dass du nicht so mit mir reden musst, wir haben schon so viele Missionen zusammen durchgestanden, da kannst du mich auch so nennen, wie ich heiße. Merk dir das nun für das nächste Mal, damit wir das auch ja nicht noch mal durchkauen müssen! Also, ich hole nur schnell meinen Mantel!«
    Man konnte sehen, wie sich der Ausdruck im Gesicht des jungen Agenten aufhellte, die ganze Last abfiel und er sich auf die Mission freute. Calisto war schon ein Gutmensch.
    Den Mantel angezogen trat der in die Jahre gekommene Agent vor und stieg in den Aufzug ein, schaute noch einmal kurz in sein Büro und schaltete das Licht über die Aufzugregelung aus. Es hatte ihn zwar in der Vergangenheit noch mehr als einen Versuch gekostet, den dafür zuständigen Schalter zu finden, aber nach zwanzig Tagen der Arbeit in diesem Büro war er erfahren und kannte sich hier aus. Seit dem Tag zuvor zumindest.
    Auf der untersten Etage, eigentlich eine geheime Parkanlage, angekommen, schaute sich der Mann um und erkannte seinen Wagen, ein Cabriolet in mattem Braun.
    »Dann nehmen wir mal mein Auto, nicht wahr?«, schlug er vor und setzte sich bereits in das Auto, als der junge Mann fragte: »Aber wir müssen nach Panaero City. Denken Sie nicht, dass das Auto vielleicht ein wenig zu langsam dafür ist? Es ist doch jetzt überall Stau auf den Straßen.«
    Darauf schüttelte er nur den Kopf und antwortete: »Natürlich wäre es als Auto auf den Straßen zu langsam! Aber das hier ist Bettsy. Bettsy ist ein ganz besonderes Fahrzeug, musst du wissen. Wäre das anders, würde sie nicht hier stehen, sondern auf der Straße. Steig ein, dann wirst du es sehen!«
    Ohne zu murren stieg der Agent ein und schien irgendetwas Besonderes zu erwarten, als LeBelle den Schlüssel einsteckte und losfuhr. Am Auto war nichts besonders. Es war viel eher sein Fahrstil, der sie schnell nach Panaero bringen würde. Oder ins Grab.


    Miranda und ihre Schwester standen gerade vor der Tür, als sich diese öffnete und ein bleicher Mann herauskam. Dunkle Augenringe zogen sich unter den braunen Augen des Mannes und waren Zeugnisse schlafloser Nächte und vieler Sorgen. Sie waren ein wenig rötlich, er wirkte so, als hätte er wenige Momente zuvor noch weinen müssen. Sein brauner Anzug war nur lustlos anzogen, das Innere einer Jackentasche lugte heraus, der Mantel darüber war an einigen Stellen zerrissen und die ehemalige Muse glaubte, hier und da Blut erkennen zu können. Calisto Farewell sah so schrecklich aus wie noch nie und das hatte nichts mit seiner sonst so verpeilten Art zu tun. Diese war schon seit einigen Monaten nicht mehr hervorgekommen und dem Mann nicht mehr anzumerken.
    Inzwischen hatte er sich sogar wieder etwas erholt, doch der Mann von früher war wohl nicht mehr zu finden, für immer ausgetauscht, ein Schatten seiner selbst. Die blonde Frau wusste nicht, was gerade in ihm vorging, aber richtig zu bemerken schien er die beiden Frauen vor sich nicht.
    Erst als er Amanda umlief, blickte er auf und sah die beiden Schülerinnen der Agency. Ein wenig perplex sprach er: »Guten Morgen, ich hoffe, ich habe Ihnen nicht wehgetan. Entschuldigen Sie mich, ich muss einem Fall nachgehen, der sich soeben ergeben hat. Spätestens in zwei Stunden sollte ich wieder zugegen sein, denke ich.«
    Der Kommissar der P.G.A. sah nicht gut aus, Miranda überlegte sich, was sie sagen konnte und meinte daraufhin: »Wollen Sie nicht vielleicht, dass wir mitkommen? Dann können wir Ihnen alles auf dem Weg erklären, damit sie auch verstehen, was in den letzten Stunden vorgefallen ist. Es wäre uns eine große Freude.«
    Doch LeBelle schüttelte den Kopf und antwortete: »Ich weiß nicht so recht. Ich bin eigentlich ein Einzelgänger und arbeite eigentlich nur mit … ich arbeite am besten alleine.«
    Die ehemalige Muse, die den Schmerz in seiner Stimme nur zu gut fühlen konnte, gab nicht nach: »Wir werden Sie bei Ihrer Mission nicht stören, das verspreche ich. Aber es wäre uns wirklich eine Ehre zu lernen und zu erfahren, wie ein ranghoher Agent eine Mission bewältigt. Ich weiß, dass Sie uns nicht beschützen können, aber dafür haben wir ja auch gelernt. Es wäre nur wirklich eine große Freude, Ihnen auf dem Weg alles erklären zu können.«
    Calisto Farewell, der erkannte, dass er gegen die Bitte der jungen Frau nichts entgegnen konnte, nickte schlussendlich und sagte schlichtweg: »Fein, aber ich bitte sie wirklich, gut auf sich aufzupassen. Ich kann mir nichts Schlimmere vorstellen, als einen Bericht darüber zu schreiben, wie Ihnen etwas passiert ist. Das wäre wirklich keine Freude für mich. Also bitte, bitte passen Sie auf sich auf.«
    Beide Schwestern nickten und der Mann fuhr fort: »Dann kommen Sie mit. Der Fall wird uns nach Eventura City bringen, das ist schon ein ganz schönes Stückchen zu fahren und ich will in einer Stunde da sein.«
    Mirandas Augen weiteten, als sie das hörte. »Sir, dann müssen Sie mehr als 300km/h fahren. Sind Sie sicher, dass Sie nicht lieber den Jet nehmen wollen?«
    Dieser jedoch schüttelte den Kopf und sprach: »Hab ich Eventura City gesagt? Ich entschuldige mich, ich bin heute nicht ganz bei der Sache. Ich meinte natürlich Rayono City, pardon.«
    »Na, wenn das so ist...«, setzte sie an, fuhr aber nicht fort, denn ihr Gegenüber war schon beschäftigt genug.


    Neunzig Tage zuvor...
    Die Quelle hatte Calisto und den jungen Agenten direkt zu einer alten Lagerhalle im Nordwesten der Flughafenstadt geführt und sich dort verabschiedet. Es war eine Frau am Anfang ihrer Dreißiger mit hellbraunen Haaren und smaragdgrünen Augen, deren Schönheit so groß war wie ihr Mut, hatte sich der Kommissar gedacht und gelacht, als er sich von ihr mit diesen Worten verabschiedet hatte. Die Frau hatte verlegen zurück gelächelt und sich dann auf den Weg gemacht.
    Leise und ohne eine Spur von Angst schlich sich der erfahrene Experte in die besagte Lagerhalle und fand nur einen riesigen, leeren Raum vor sich wieder. Nichts machte die Anzeichen, dass sich jemand dort befand, nur er und sein junger Kollege waren zugegen.
    Nach diesem wollte er sich gerade drehen, als er Schatten hinter sich bemerkte. Eilig wandte er sich um und erkannte zehn, vielleicht mehr Gestalten in grauen Anzügen, die an das Militär erinnerten, blau-weiße Insignien auf ihren Schutzwesten. Das waren doch Team-Plasma-Rüpel!
    Eine junge Frau löste sich aus den Reihen der Rüpel. Sie war anders gekleidet als ihre Kumpanen und trug keine schwarze Mütze. Stattdessen trug sie eine enge, dunkelgraue Hose, ein weißes Hemd und darüber eine ebenfalls dunkelgrau gehaltene Weste. Am auffälligsten waren jedoch ihre smaragdgrünen Augen, die in der Dunkelheit der Lagerhalle erst so richtig zu leuchten begannen. Das war die Quelle gewesen, die ihn und den jungen Agenten zur Halle geführt hatte. Und wo war der Agent überhaupt?
    Calisto schaute sich um und beachtete die Frau gar nicht. Es war nichts ungewöhnliches, dass Feinde sich als Freunde tarnten, er hatte schließlich schon selbst so manches Syndikat alleine ausschalten können, weil er sich als Mitglied dieser verkleidet und das System von innen heraus zerstört hatte. Der junge Agent jedoch hatte dies sicherlich noch nie getan.
    »Lieber Calisto, wen suchen Sie denn? Etwa ihren jungen Freund? Ich habe bereits gehört, wie viel er und Sie zusammen erlebt haben. Er respektiert Sie gar so sehr, dass er Sie als einen Vaterersatz ansieht. Denn Sie müssen wissen, dass sein Vater ihn verstieß, nachdem dieser seinen Sohn in flagranti erwischt hatte - mit einem anderen Mann. Ist das nicht eine herzzerreißende Geschichte? Der liebe Junge befindet sich in unserer Obhut, schauen Sie!«, führte die Frau aus, hob ihren Arm, sodass man die Hand über ihrer Schulter sehen konnte und bewegte Zeigefinger und Mittelfinger rhythmisch. Zwei Rüpel lösten sich aus der Menge, hinter denen zwei Rabigator herliefen, die den jungen Mann mit sich zogen - bereits verprügelt und kaum mehr bei Bewusstsein.
    Calisto riss seine Augen auf, als er das sah. Es mochte gewöhnlich sein, dass man sich beim Feind einschlich und dort für etwas Unruhe sorgte, doch das schloss nicht mit ein, unschuldigen Mitmenschen so brutal Schaden zu zufügen. Gereizt und vom Zorn gepackt schrie der Kommissar: »Lasst den armen Jungen frei, er hat nichts getan! Er wollte doch nur eine Welt der Gerechtigkeit erschaffen. Er wollte doch nur jenen Menschen helfen, die sich selbst nicht mehr helfen können. Er wollte doch einfach nur versuchen, die Fehler seines Vaters nicht selbst zu machen, auf jeden Menschen mit offenen Armen zu zugehen und jeden so nehmen, wie er ist. Wie könnt ihr so einem Menschen nur solche Schmerzen zufügen? Lasst ihn sofort frei, sonst bekommt ihr es mit mir zu tun!«
    Die Frau mit den smaragdgrünen Augen lachte nur und merkte an: »Süßer Calisto. Dein Name passt wirklich gut zu dir. Ich wechsle mal vom Siezen auf das Duzen, das klingt viel besser, nicht wahr? Und weil wir uns schon so gut verstehen und Du mir ein so wunderbares Kompliment gemacht hast, werde ich dir einen Vorschlag machen: Du kämpfst gegen mich und ich lasse deinen Schüler frei. Ist das nicht ein großartiger Vorschlag? Nimm ihn an, ich will dem armen Jungen ja auch nicht weiter wehtun. Er war immer nur ein Mittel zum Zweck und der Zweck warst Du. Denn Du warst es zusammen mit dem Ach-so-Auserwählten, der die sieben Weisen einfing und manche von ihnen auf einen falschen Pfad geführt hat. Und dafür wirst Du büßen müssen. Bist Du einverstanden?«
    Sie mochte es als Frage formulieren, doch sie wussten in diesem Moment doch Beide, dass es keine Frage darstellte. Es gab nur diesen einen Weg, um das unschuldige Leben des jungen Agenten zu retten, dessen Name Perl lautete.
    Also nickte Calisto und die Frau schaute erfreut. Dann sprach sie: »Ich werde mein Versprechen halten, da kannst du mir glauben. Keine Sorge, ich bin niemand, der “böse” ist und dann auch noch solche Versprechen bricht. Das ist nicht meine Art.«
    Daraufhin rief sie ihr Pokémon. Das erste, was zu sehen war, waren die eleganten, blauen, beinahe schwarzen Flügel, die nach außen hin dunkler wurden und deren inneres Flügelkleid rötlich glänzte. Die weiß glänzenden Brustfedern, die wie ein edles Halstuch wirkten, und der geschwungene Hut, der aussah wie jene, die Frauen auf Gallopa- oder Zebritz-Rennen trugen. Und natürlich der leicht geschwungene, gelbe Schnabel des Unlicht-Vogels. Ein Kramshef also.
    Calisto besaß selbst nur ein Pokémon, das er seit langer Zeit einsetzte. Sein Glibunkel, sein treuster Partner. Es mochte einen Typennachteil gegenüber dem Flug-Pokémon haben, doch das sollte ihn nicht stören. Sie konnten immer noch gewinnen!
    »Wie süß. Du glaubst ehrlich, dass Du etwas gegen das Kramshef ausrichten kannst, indem Du Deinen einzigen Kämpfer rufst? Ich hatte eigentlich gehofft, dass Du noch ein anderes Pokémon im Besitz hast, mit dem Du mir gefährlich werden könntest, aber ich habe Dich wohl leider überschätzt. So etwas passiert wohl jedem einmal, aber es ist eine Schmach für mich, dass mein Gegner sich auch noch Sonderkommissar schimpft. Ich dachte, eure Institution wäre stärker, nachdem ich so viel von der Arbeit der Agenten der PGA hörte, wie sie in anderen Regionen eine Organisation nach der anderen ausschalten. Aber Du bist wohl kein Musterbeispiel für diese Agenten. Oder sind es gar nur Sagen? Dann wird es mir ja nicht schwerfallen, euch auf alle Zeit in die Schranken zu weisen!«, zog die Frau über Calisto her, den es ein wenig verletzte, so etwas zu hören. Aber sie hatte ihn schließlich auch noch nie kämpfen sehen!
    »Glibunkel, Ableithieb!«
    Der Arm des kleinen Frosches begann grün zu leuchten und es machte sich bereits mit rasender Geschwindigkeit auf, das fliegende Pokémon zu treffen, dessen zweiter Typ schließlich Unlicht war. Und Unlicht-Pokémon besaßen bekanntlich eine Schwäche gegenüber Kampf-Attacken.
    Doch noch bevor der Frosch irgendetwas anrichten konnte, hatte der Vogel das sehr viel kleinere Geschöpf mit den Krallen geschnappt und war wieder in die Höhe gestiegen. Langsam umkreiste es die Wände der Lagerhalle und wurde mit jeder Runde schneller, bis es schließlich nur noch schemenhaft zu sehen war. Kurz darauf peilte es die andere Seite der Lagerhalle an, flog so schnell, dass es eigentlich in diese Wand hätte einschlagen müssen, ließ das Glibunkel vorzeitig jedoch fallen, sodass dieses bewegungsunfähig gegen die Wand knallte und bog dann wieder in die Kurve ein. Das Glibunkel rührte sich nicht mehr stark, war jedoch noch wach. Es schien wie paralysiert zu sein.
    Was für eine Attacke war das gewesen?
    Ohne sich das lange fragen zu können, sah Calisto, wie das Vogel-Pokémon den Frosch wieder in die Höhe zog und vor den Füßen des Kommissars fallen ließ. Sein Partner war schwer verletzt, die Arme des kleinen Pokémon waren merkwürdig abgeknickt. Doch es war noch wach.
    »Entweder kämpft ihr weiter oder der Junge stirbt. Und eigentlich will ich ihn gerne ins Krankenhaus bringen lassen, denn er sieht nicht gerade gut aus. Wie lang er wohl noch wach sein wird, bevor er ohnmächtig wird? Wie lange es dann wohl dauert, bis er nie wieder aufwachen wird? Wann wird er dann sterben? Willst du ihm und das Schicksal die Entscheidung abnehmen, wann er stirbt? Oder kämpft ihr weiter?«, fragte die Frau mit höhnischer Freude in der Stimme.
    Calisto wusste in diesem Moment nicht weiter. Entweder würde er seinem Pokémon unwiderruflichen Schaden zufügen. Oder er würde den Jungen opfern, der so sehr zu ihm aufsah und ihn als Vaterersatz ansah. Konnte nicht einfach er den Platz beider einnehmen? »Lasst meinen Partner und den Jungen gehen und ich werde mich ergeben. Die Beiden haben nicht verdient wegen meiner Taten zu sterben. Beide sind unschuldig. Also zeig bitte ein Herz und lass sie gehen.«
    Die Frau winkelte den Kopf an und legte diesen so schief. Sie schien wirklich zu überlegen und antwortete dann: »Mh. Nö… Kramshef, Himmelsfeger auf diesen Narren. Er soll lernen, dass man Vorschläge so hinnehmen muss, wie sie gemacht werden.«
    Der dunkelblaue Vogel veränderte seine Farbe und leuchtete in diesem Moment hellblau auf. Das Licht wurde immer greller und erleuchtete immer mehr die Lagerhalle, in der hier und da alte Container standen, die mit Sicherheit nicht mehr genutzt wurden. Es dauerte wenige Momente, dann hob der Vogel wieder ab und raste auf LeBelle zu wie ein Düsenjet auf sein Ziel.
    Doch dann veränderte sich die Situation schlagartig.
    Seine Umgebung begann weiß zu leuchten. Sein Glibunkel war in einen Schleier aus Weiß eingehüllt und veränderte seine Form, wurde größer und markanter. Dann kam die Entwicklung zum Vorschein: ein Toxiquak, dessen Arme noch immer gebrochen waren. Es stand genau zwischen Calisto und dem Angreifer…-
    Und wurde dann von seinem Gegner durchbohrt.
    Blut floss aus dem Mund des Gift-Pokémon.
    Kein Schrei. Kein noch so leiser Laut entfuhr der Kehle des Partners LeBelles. Es hatte genau gewusst, was geschehen würde und hatte sein Leben für das Leben seines Meisters geopfert. Aber dafür würde es selbst nicht mehr existieren.
    Die Augen des sonst so fröhlichen Mannes weiteten sich vor Trauer, Tränen tropften auf den Boden wie Regen während eines schweren Gewitters.
    Die Frau lachte weiter. Höhnisch. Voller Hass ihrem Feind gegenüber.
    »Süß, wie sich dieses Pokémon entwickelt, um den Angriff seines Feindes noch besser abwehren zu können. Trug es nicht einen Ewigstein bis vor kurzer Zeit? Hat es den soeben für dich abgeworfen? Nein, wie niedlich. Aber nun bist du an der Reihe.«
    Dann ging alles ganz schnell. Calisto wurde schwarz vor Augen. War er schon angegriffen worden? Nein. Er hatte keine Kraft mehr. Sein Partner war tot. Und er bald auch. Da brachte es nichts mehr, wach zu sein. Aber es war ein schönes Leben gewesen.
    »Calisto!«, war das letzte Wort, das er hörte, bevor auch seine Ohren nicht mehr arbeiteten.


    »Ihr habt also eine Gruppe Rüpel besiegen können. Das freut mich sehr. Diese Verbrecherbande hat viel zu lange Zeit viel zu viele Opfer in Einall gefordert. Man muss ihr ein für alle Mal ein Ende setzen«, kommentierte Calisto den Bericht von Miranda und wandte dabei seinen Blick nicht von der Autobahn ab, die inzwischen zwischen Stratos City und Rayono entstanden war.
    »Was ist das eigentlich für eine Mission, die Sie erledigen wollen, Sir?«, fragte Amanda beiläufig.
    »Ich habe die Mörderin meines besten Freundes ausfindig gemacht.«


    to be continued

  • oder kurz PGA

    Dachte mir, das könnte dich interessieren, weil dort die Punkte zwischen den Buchstaben fehlen.


    Hallo Dusk! Nach dem letzten Kapitel freut es mich zu sehen, dass Miranda immer mehr an Selbstvertrauen gewinnt und auch den Kämpfen mittlerweile nicht mehr so abgeneigt ist, wie es mal war. Eigentlich ist das auch nur eine natürliche Entwicklung, da sie sich auch selbst verteidigen und gegen das Böse vorgehen will und selbst ein ruhiges gefasstes Gemüt fällt damit wohl irgendwann einmal. Auf jeden Fall sollten die Schwestern dieses Mal gar nicht im Vordergrund stehen, sondern LeBelle bzw. Calisto. Mag sein, dass ich das schon mal gefragt habe, aber wie kamst du bei seinem Namen auf Farewell? Etwa wegen seiner vielen Abschiede in den Hauptspielen und weil er immer so viel unterwegs ist?
    Auf jeden Fall erfährt man nun endlich einmal einige seiner Erlebnisse, die noch gar nicht so weit zurückliegen und auch Perl beinhalten. Das Gespräch im Büro fand ich daher etwas verwirrend, da sein Name bis dahin nicht genannt wurde - oder bei dem Level-6-Agenten handelt es sich eigentlich um jemand anderen. Wie auch immer. Die Szene hatte allerdings ihre ganz besonderen Momente und auch LeBelles exzentrische Aktionen sind daher erwähnenswert. Das Drehen auf dem Stuhl, der wilde Fahrstil; man könnte fast meinen, er liebt das Abenteuer und kann sich nur unter solchen Bedingungen wirklich konzentrieren und zur Höchstform auflaufen. Man sieht auch in der nächsten Szene, dass er emotional doch auch sehr gerührt sein kann, wenn es um seine engsten Vertrauten geht. Mit dem Ergebnis, dass sich sein Glibunkel entwickelt und opfert, um ihn zu schützen, hätte ich in dem Moment nicht gerechnet und das fand ich auch ziemlich schockierend. Auch in Anbetracht dessen, dass Perl bewusstlos geschlagen wurde.
    Keine gute Ausgangssituation also, aber nachdem er nun auf seiner Mission ist und wohl Erfolg bei der Suche hatte, kann es nur spannend weitergehen.


    In diesem Sinne:Wir lesen uns hoffentlich bald wieder!

  • Hallo Dusk!
    Ich würde dir natürlich auch ganz gerne zu deinem neuem Titel (MdJ) gratulieren, also herzlichen Glückwunsch!


    Nicht mal einen Monat ist mein letzter Kommentar her, bin recht zufrieden mit mir ^^
    Ich werde wie letztes Mal beim Lesen kommentieren und am Ende meine Gedanken zum Kapitel zusammenfassen.


    Erstmal kurz zu deiner letzten Antwort:





    So, ich hoffe du kannst etwas mit meinem Kommi anfangen, schönen Tag noch und bis zum nächsten Mal :)
    Lg,
    Jefi


    P.S Gibt es einen Grund, wegen dem du deine Kapitelübersicht nicht vervollständigst und verlinkst?

  • Hi!
    @Jefi
    Es ist übrigens Metamera, nicht Metamero. Eine Frau mit Namen mit a-Endung und so, das Übliche eben. Tatsächlich ist Derek Storm im Nachhinein durch den Protagonisten von Richard Castle beeinflusst worden, was den Namen angeht, aber das war es auch schon mit Gemeinsamkeiten, weil ich den Namen wohl instinktiv so cool fand. Ist mir aber nicht aufgefallen, bis du es erwähnt hast haha


    Du weißt ja, dass es in Schwarz und Weiß diese Gaben gibt, die ich hier in der Fanfiction mit zunehmender Häufigkeit erwähne. N hat so eine Gabe und in Schwarz 2 und Weiß 2 wird auch bekannt, dass auch die beiden Musen solche Gaben besitzen, aber eben nicht im gleichen Ausmaße wie ihr Adoptivbruder Natural, weswegen sie schlussendlich nur seine Hüterinnen wurden und nicht selbst die großen Helden, die G-Cis in ihnen gesehen hat. Ähnlich ist es bei Metamera, die ebenfalls eine Gabe besitzt. Sie besitzt die Gabe der Wut und kann diese verstärken, sie wirkt also als Katalysator dieser Reihe an Gefühlen und spürt sie auch in ihrem Gegenüber, weil sie dadurch nur noch stärker wird. Es ist also davon auszugehen, dass auch der junge Mann so eine Wut in sich trägt (verständlicherweise), sie genießt es, Wut in anderen entstehen zu lassen und giert geradezu danach, Calisto Farewell solchen Gefühlen auszusetzen, weil sie ihn schlichtweg fast genauso hasst wie den Protagonisten aus Schwarz/Weiß. Nur hat sie gegen Calisto eine Chance.


    Dass Glibunkel einen Ewigstein trägt, habe ich nur dadurch, dass Glibunkel in Platin und Schwarz und Weiß vorkommt und durch X und Y klar ist, dass es sein treuer Freund ist. Es wird also nicht beispielsweise ersetzt, wenn es sich entwickelt, zwischen der vierten und fünften Generation liegt aber eine Menge Zeit, die es anders gar nicht plausibel macht. Ein Ewigstein musste also vorhanden sein.


    @Rusalka
    Calisto Farewell heißt übersetzt so etwas wie Der schönste Abschied und es passt einfach zu seiner Arbeit als Kommissar der Internationalen Geheimpolizei/P.G.A., denn er ist nie lange an einem Ort und in XY verabschiedet er sich auch noch nur per Brief, also passte das für mein Autorengespür einfach perfekt.
    Es handelt sich beim Level-6-Agenten tatsächlich auch um Perl, jo.


    Und nun viel Spaß mit dem nächsten Teil von Kapitel 11!


    Die Worte des gebrochenen Mannes echoten durch den Flur und die Schwestern blickten ihn wie erstarrt an. Sie hatten von diesem Vorfall gehört und die grausamen Methoden der namenlosen Frau mit den smaragdgrünen Augen wie einen Albtraum aufgenommen, gehofft, man würde sie so schnell wie möglich finden und für diese beiden grausamen Taten - der Mord an LeBelles Glibunkel und die schweren Verletzungen des Agenten - bestrafen. Doch genauso war es ihr inniger Wunsch gewesen, dass es Agenten wie Zoé oder Lukas wären, die dies übernähmen, weil sie sich bei ihnen sicher sein konnten, dass ihnen und ihren Pokémon nichts passierte. LeBelle, Calisto, mochte ein guter Kommissar gewesen sein, aber er war niemals auf solch eine Last vorbereitet worden.


    Neunzig Tage zuvor…
    Rebecca Joy war erst seit wenigen Monaten Commander der P.G.A., nachdem sie viele Jahre lang ihre Arbeit als Sonder-Agentin getätigt und so getan hatte, als sei sie eine Assistentin oder Sekretärin der G-Men Einall. Sie war Mitglied einer besonderen Einheit innerhalb der Institution gewesen, deren Arbeiten vom Direktoren und der Leiterin der Einheit direkt überwacht wurde, einer Einheit, die sich nicht einmal den Chiefs unterstellen musste. Man konnte von diesen Agenten, deren Zugriffslevel als X bezeichnet wurde und die man auch als das Konzil bezeichnete, stets die größten Leistungen erwarten und sich sicher sein, dass sie ohne Wenn und Aber ihre Missionen erledigten.
    So war es beinahe einem Schlag ins Gesicht gleichgekommen, als man der jungen Joy erklärt hatte, sie solle sich unter das Fußvolk mischen und so tun, als wäre sie nicht wirklich erfahren und ein Neuling auf dem Gebiet der Missionen. Doch ganz die Agentin, zu der man sie ausgebildet hatte, kümmerte sie sich um ihre Aufgaben, denn sie war es Amélie, der Leiterin dieser Einheit, schuldig, ihr Bestes in jeder Situation zu geben. Mit Freude tat sie es dennoch nicht und hatte nicht vor, sich große Freunde zu machen.
    Wenn sie nun jedoch noch mal diese Zeit Revue passieren ließ, dankte sie dem Schicksal, dass man ihr diese Mission zugeteilt hatte. Ansonsten hätte sie wohl niemals gelernt, was es hieß, Menschenleben schätzen zu lernen und sich über mehr Gedanken zu machen als nur die Erfüllung ihrer Aufgaben.
    Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt, als sie auf die Liegen hinter sich blickte; drei an der Zahl, eine Liege umhüllt mit einer weißen Decke, der Körper eines Pokémon darüber und eine tiefe Grube in der Mitte dieses Körpers, daneben zwei Liegen, auf denen zwei schwer verletzte Männer lagen. Einer davon war Calisto. Ihr Mentor während ihrer Mission und ihr Grund zu lernen, wie viel Leben bedeuten konnte.


    Das mattbraune Cabriolet war einem schwarzen Cadillac Escalade ESV gewichen, dessen Scheiben von außen keinen Blick in das Innere durchließen und die schwere Zeit Calistos sehr gut widerspiegelten, wie Miranda fand. Es war nicht nur sein Charakter, der sich verändert hatte. Auch nicht die tiefen Augenringe und die schlaffen Gesichtszüge, die von einer schweren Zeit kündeten. Viel eher war es sein Kleidungsstil.
    Zwar trug er noch den gleichen braunen Mantel, von denen er so viele Ausführungen in so großer Stückzahl besaß, dass man nach einem Bruchteil mit Zählen aufhörte, doch er wechselte diesen Mantel nicht mehr. Es war noch immer dieser eine Mantel, den er an diesem Tag getragen hatte.
    Und zeugte das nicht schon von einer Veränderung, war auch noch die äußerliche Härte zu spüren, die von einem früher lebensfrohen Mann Besitz ergriffen hatte. Die frohen Menschen stürzten schließlich noch immer am tiefsten.
    Sie traute sich gar nicht erst, mit ihm zu reden, denn ihr Gefühl sagte ihr, dass er keine Aufmunterung, keine Interaktionen wünschte, sondern nur seine Rache nehmen wollte, auf die er fast sechs Monate hatte warten müssen. Und auch wenn die junge Frau selbst wusste, dass Rache manchmal der beste Weg war, um stärker zu werden, lag es beim Chief der Einall-P.G.A. doch anders. Er hatte keinerlei Pokémon mehr und konnte sich auch körperlich nur dürftig selbst verteidigen. Selbst in der ersten Zeit ihrer Flucht waren Miranda und ihre Schwester zumindest immer von ihren Pokémon begleitet worden.
    Doch so, wie sie den Mann kennengelernt hatte, war sie sich mehr als sicher, dass ihn das nicht hindern würde, sich der Mörderin seines Glibunkel zu stellen, sich an ihr für seine beiden großen Verluste zu rächen und sie einzufangen wie der Jäger den Gejagten.
    Perl, der damals anwesende Agent, war zwar noch am Leben, aber lernte gerade erst wieder, sich ohne Hilfsmittel zu bewegen. Sein Rückenmark war an einigen Stellen gequetscht worden und auch sonst hatte er viele ernste Verletzungen erlitten, weshalb es ein Wunder war, dass er überhaupt noch lernen konnte, wieder zu laufen. Ob er jedoch jemals wieder die Chance haben würde, sich an einer Mission der P.G.A. zu beteiligen, so schnell zu rennen wie früher, im körperlichen Zweikampf zu glänzen, lag noch immer in den Sternen.


    Neunzig Tage vorher…
    »Calisto!«, war das erste Wort, das Joy schrie, als sie in der Halle ankam und das gezeigte Bild verarbeitete. Der Mann in seinem für ihn charakteristischen Mantel lag am Boden, viele Kratzer übersäten sein Gesicht, seine Arme, Blut tropfte aus seinem Körper auf den kalten Granitboden der Lagerhalle. Sein Mantel war an den Ärmeln aufgerissen, sein Hemd nur noch ein Fetzen und die Krawatte längst nicht mehr vorhanden. Vor ihm lag der leblose Körper eines Toxiquak, seines Toxiquak, das wohl sein Leben für seinen Trainer geopfert hatte und nun zweigeteilt da lag; auf der anderen Seite eine Frau mit langen braunen Haaren in einer einzigartigen Plasma-Uniform, hinter ihr dreizehn Rüpel und der regungslose Körper eines Agenten, der sich immer an die Fersen des kommissarischen Chiefs geheftet und in Farewell einen stets hilfreichen Mentor erkannt hatte, wie sie es auch immer getan hatte, als sie noch ihre Mission erfüllt hatte.
    Ein Kramshef kreiste über der Ansammlung und schien sich gerade auf einen neuen Angriff vorzubereiten, dessen Ziel Calisto sein sollte. Die junge Frau mit den braunen Haaren und außergewöhnlich grünen Augen bemerkte jedoch auch Rebecca Joy und lachte. »Ich kenne Sie nicht, werte Dame, doch wie es scheint, sind Sie zur falschen Zeit am falschen Ort. Und zu allem Unglück kennen Sie den hier Anwesenden auch noch. Es ist beinahe schade, dass ich Ihr Leben nun auch beenden muss, damit wir weitermachen können und ein für alle Mal Einall übernehmen. Oder wollen Sie sich uns anschließen?«
    Joy, deren Gefühle bereits vollkommen geordnet waren, spürte den Wunsch in sich, die Frau so schnell wie möglich zur Strecke zu bringen. Von hier aus konnte sie nur erahnen, wie es Farewell und dem jungen Agenten ging, also musste sie sich zusammenreißen. Oberste Priorität musste zwar die Ergreifung der Täterin und ihrer Verbündeten sein, doch sie gestatte sich selbst eine Ausnahme. Viel zu lange nämlich hatte sie dieser Order blind vertraut und war nur darauf aus gewesen, den Gegner auszuschalten.
    Ohne große Gesten lief sie auf Calisto zu und achtete gar nicht auf ihre Gegner, die sie nur perplex anblickten. Vermutlich hatten sie nicht damit gerechnet, dass die Agentin sich vor den Mann stellen würde, denn Tobsuchtsschreie der Rüpel füllten die Halle und auch die Frau schien außer sich vor Wut, dass sich die Frau mit den rosafarbenen Haare so einfach vor ihre Nemesis stellte. Und mit Sicherheit hatten sie auch keine Ahnung, wer sie war, denn sie war eine Agentin, die man schlichtweg nicht kennen durfte, weil sie Mitglied dieser geheimen Truppe innerhalb der ohnehin schon geheimen Institution gewesen war.
    »Ich lehne dankend ab.«
    Die Anführerin der Plasma-Rüpel schnaufte, nickte anschließend und sprach: »Dann ist auch Ihr Schicksal besiegelt, so viel Kummer es mir auch bereitet...Kramshef, Sturzflug.«
    In Bruchteilen einer Sekunde warf die Level-10-Agentin zwei Pokébälle in die Höhe.
    Aus einem entfaltete sich das bekannte blaue Licht und einen Blick auf ein schwarzes Kramshef mit goldenem Schnabel und goldenen Krallen, aber auch grünen Elementen an Schwanzfedern und Innenflügeln frei. Doch der andere Pokéball fiel einfach zu Boden, kein Licht ließ ein weiteres Pokémon erscheinen und auch sonst veränderte sich nichts an der Kapsel.
    Ihre Feindin lachte lautstark auf und schrie vor wahnsinniger Freude: »Scheint, als würden Ihre Pokémon wissen, was sie schaffen könnten. Geben Sie doch lieber auch auf und lassen sich schnell töten, dann werde ich auch meine Gutherzigkeit zur Schau stellen.«
    Aber Rebecca selbst reagierte nicht, sprach nicht einmal, als das gegnerische Kramshef nur noch einen Meter von ihr entfernt war, während ihr eigenes vier Meter in der Höhe flog und viel zu weit weg schien, um noch etwas ändern zu können.
    Ein halber Meter.
    Die Flügel des Kramshef leuchteten weiß auf und erste Windböen schnitten kleine Wunden in die makellose Haut der jungen Frau.
    Vierzig Zentimeter.
    Die Wunden wurden größer und Blut tropfte aus diesen heraus.
    Zwanzig Zentimeter.
    Der Schnabel verschwamm bereits vor ihren Augen, doch noch immer regte sie sich kein Stück.
    Zehn Zentimeter.
    Es war gleich vorbei.
    Stopp.
    Das Kramshef blieb in der Luft stehen, jaulte laut auf und schien mit aller Kraft zu versuchen, sich aus einem unsichtbaren Käfig zu befreien, der es einsperrte.
    Das Jaulen wurde immer lauter und Blut spritzte aus seinem Schnabel, Rinnsale der roten Flüssigkeit liefen dem Vogel aus den Augen wie Tränen. Und dann fiel es zu Boden und verstummte.
    Ihre Gegnerin lachte noch immer, aber nach einer Sekunde wich dieses Lachen einem markerschütternden Schrei. Sie konnte augenscheinlich nicht fassen, was ihrem Pokémon geschehen war, das nun so regungslos am Boden lag, wie es Farewell schon seit vielen Minuten tat.
    »Wie kann das sein?! Sie haben sich nicht einmal bewegt, kein Pokémon war da, um Sie zu schützen. Und dann… was soll das?! Sind Sie etwa auch eine Trägerin?!«, jaulte sie voller Zorn und fuhr fort: »Hätte ich das gewusst, hätte ich ganz andere Seiten aufgeschlagen. Aber dafür ist es nicht zu spät!«
    »Auch ich bin eine Trägerin, ja. Doch wie meine Vermutung so eben belegt wurde, sind auch Sie eine Trägerin, die die Stärke ihrer Pokémon so stark steigern kann, bis sogar die stärksten Knochen eines Pokémon« - ihr trauernder Blick galt dem geteilten Toxiquak - »nachgeben. Doch der Nachteil ist klar: sobald das Pokémon in eine Ruhephase gebracht wird, ist der Schwall an Adrenalin so stark, dass viele kleine Adern reißen und die Augen zu bluten beginnen. Ihre Gabe mag stark sein, doch sie ist unmenschlich und herzlos. Dass Sie das ihren Pokémon antun, zeugt davon, dass Sie ein Vorstand dieser Organisation sein müssen.«
    Ein kaltes Lächeln ließ sich wieder auf den Zügen der Frau blicken, die antwortete: »Das stimmt. Mein Name lautet Metamera. Die Gabe der Wut liegt in mir und bis jetzt hat noch keiner eines meiner Pokémon besiegen können. Da Sie jedoch eine Trägerin sind, werde ich den Kampf nicht fortführen. Doch den kleinen Agenten werde ich mitnehmen.«
    Joy schüttelte jedoch den Kopf und erwiderte: »Nein, denn er ist bereits wieder im Schutz der P.G.A., der ihm sicher ist. Wenn Sie ihn wollen, müssen Sie wohl doch weiterkämpfen.«
    Ein Schatten hinter ihr erschien, der langsam Form annahm.
    Eine weiße Blüte und ein grüner Körper waren die ersten Bestandteile des Pokémon, das sich nach und nach immer weiter verfestigte und schlussendlich als ein Weißblütler-Florges zu erkennen war, in dessen Armen der blonde junge Mann lag.
    Verächtlich schüttelte der weibliche Vorstand den Kopf. Mit einem Zeigefinger an ihrer Unterlippe begann sie zu sprechen, auffallende Ähnlichkeiten mit einem nachdenklichen Kind waren nicht zu verleugnen. »Nun gut, dann ist hier nichts mehr zu tun und ich verabschiede mich freundlichst. Ich denke, dass wir gute Arbeit geleistet haben und hoffe, dass Sie dem guten LeBelle einen schönen Gruß von mir ausrichten. Und natürlich auch den anderen Beide - dem einen anderen Agenten. Das Pokémon ist wohl dahin. So ein Jammer.«
    Sie zog einen schwarzen Pokéball aus einer Tasche ihrer Weste, rief ihr noch immer blutendes Kramshef zurück und lächelte Rebecca Joy noch ein letztes Mal an, bevor sie zusammen mit den Rüpeln und den zwei Rabigator hinter sich aus der Lagerhalle verschwand. Kurz darauf sah sie, wie ein riesiger Hubschrauber abhob und ihre Feinde sich entfernten.
    Nun waren nur noch sie, ihre Pokémon und die drei Opfer dieser Falle anwesend.
    Die Agentin nahm einen weiteren Pokéball mit pinker Farbgebung und rief ihr erstes Pokémon heraus, das sie seit ihrer frühsten Kindheit aufgezogen hatte.
    »Komm raus, Melody«, sprach sie ruhig und aus dem blauen Licht erschien ein eiförmiges Pokémon mit rosafarbenem Körper. Ein weißes Ei befand sich in einem Beutel am Bauch und kleine Arme und Beine waren am Oberkörper, der keine klare Abgrenzung zum Kopf aufwies, in stetiger Bewegung.
    »Kannst du bei den beiden Verletzten erste Hilfe leisten? Ich muss eben telefonieren«, meinte sie zu Melody, das daraufhin dem menschlichen Ohr unverständliche Worte von sich gab. Rebecca Joy verfügte als Trägerin über die Gabe der Verständnis, lauschte den Lauten und nickte. Sie war die Trägerin der Gabe der Ruhe und konnte damit physische Angriffe in ihrer Umgebung abfangen und Pokémon, aber auch Menschen in eine Starre verfallen lassen, die jedoch nur dann wirkte, wenn sie direkt angegriffen wurde, da sich nur dann die Energien trafen. Ansonsten ähnelte ihre Fähigkeit in einigen Aspekten der Gabe der Liebe, mit der man wilde und wütende Pokémon beruhigen konnte, weswegen sie im Kampf gegen Metamera einen klaren Vorteil gehabt hatte – anders als der gabenlose Calisto Farewell, um den sich das Heiteira in diesem Moment kümmerte.
    Eilig zog sie ihr Telefon heraus und tippte die Nummer der Einall-Zentrale der P.G.A. ein, woraufhin zu Beginn die Werbemelodie der Café-Kette ertönte, die die Deckfirma der Institution darstellte und von den Chiefs, allen voran Diantha aus Kalos und Blau aus Kanto, geleitet wurde.
    Nach der zweiten Wiederholung des Werbespruchs Get it your way sprach sie: »Agent RJ, ZL Zehn, Bestätigungscode Einundzwanzig-Pe-Ge-A-Einall-Vier-Sechs-Delta, Verbindung zu Agent Sterdam und Agent Flér, Ankunft in Panaero City, Lagerhallen-Komplex C, Lagerhalle 14.«
    Daraufhin legte sie auf und sprach ihr Florges an: »Harmony, bitte hilf Concord beim Tragen der Verletzten, ich muss noch mal schnell einen weiteren Anruf tätigen, aber wir dürfen keine Zeit verlieren.«
    Auch Harmony, das Florges, nickte und ließ die Körper der Verletzten schweben, während Concord, das Kramshef, sich um den Leichnam des Toxiquak kümmerte.
    »Infi, füge Daten dem Sicherheitssystem hinzu: Metamera, Team-Plasma-Vorstand, Trägerin einer der großen Gaben, spezifisch Gabe der Wut. Stärke der Pokémon wird auf ein enormes Potenzial gesteigert, indem Adrenalin einen Kampfrausch auslöst. Folgen sind katastrophal für Gegner, aber auch für die Anwender. Bedrohungsstufe auf Alpha setzen, Bedrohungsstufe für Team Plasma … wieder auf S. Höchste Alarmbereitschaft.«
    »Daten prozessiert«, kommentierte Infi, ein Programm der P.G.A., das auf einer künstlichen Intelligenz eines Kriminellen der Zerrwelt basierte, jedoch durch die vereinten Mühen der Pokétch Company, sowie der Devon und der Silph Corp. für die gesamte Institution nutzbar gemacht wurde.
    Einige Minuten vergingen und ein weißer Hubschrauber mit der Insignie der P.G.A. landete zwanzig Meter von der Lagerhalle an einem Waldstück, um die Verletzten dort aufzunehmen.
    Rebecca und ihre Pokémon liefen eilig zum Hubschrauber, Melody, das Heiteira, betrachtete die ganze Zeit über den jungen, blonden Mann, denn dieser war weitaus schwerwiegender verletzt als Calisto, der wahrscheinlich nur deswegen ohnmächtig war, weil ihm der Anblick seines verstorbenen Pokémon zu großes seelisches Leid zugefügt hatte.
    Direkt am Hubschrauber befanden sich fünf Personen, darunter zwei Frauen und drei Männer.
    Die drei Männer trugen die für Einall vorgeschriebene Uniform der regionalen Zentrale, die aus einem verstärkten Gummi bestand und Schutz vor Schusswaffen und extremer Hitze und Kälte bot. Die Hauptfarben waren ein blaulastiges Violett und ein etwas rötlicheres Lila, wobei erstere Farbe die Ärmel und die Seiten der Hose einfärbten und die andere Farbe die Vorder- und Rückseite der Uniform. Das Logo der Einall-Zentrale war auf der linken Brustseite angebracht. Dieses Symbol, ein Dreierwirbel, dessen drei Bestandteile wie ein Wirbel auf einen Kreis in der Mitte zuführten und den Einklang von Existenz, Wunsch und Leere symbolisierten, während der innere Kreis für die Vollkommenheit stand, war gerade im letzten Jahr nach dem Erwachen der beiden legendären Drachen wieder von größter Wichtigkeit gewesen. Somit hoben sich die Männer mit ihren braunen Haaren und dunklen Sonnenbrillen nicht besonders voneinander ab.
    Anders verhielt es sich bei den beiden Frauen.
    Die jüngere der beiden Frauen trug rotbraune Haare, die eher wild und ungestüm wirkten als geordnet und zurechtgemacht. Eine enge Chinohose in Dunkelblau und eine hellblaue Bluse stellten einen klaren Kontrast dar, während sich blaue kugelförmige Ohrringe am Kopf unter den Haaren hervorhoben. Dies war Fiona Flér, gerade einmal Fünfundzwanzig und schon seit über zehn Jahren eine der wenigen Agentinnen der Elite-Einheit der P.G.A..
    Die andere Frau hingegen, deren sechsundzwanzig Jahre sie gerade einmal unwesentlich älter machten, trug eine eingerahmte Brille, zwei große Zöpfe seitlich und einen schwarzen Rock. Das einzig Besondere waren wohl ihre goldenen Haarbänder, die einen vergleichbar starken Blickfang darstellten. Auch sie war eine Elite-Agentin. Roswitha Sterdam.
    »Wofür hast du uns gerufen, Rebecca? Es scheint so, als hättest du alles unter Kontrolle, also überrascht es mich, dass du uns kontaktiert hast«, sprach Roswitha.
    Der weibliche Commander räusperte sich und erwiderte auf die Frage: »Es verhält sich nur leider so, dass die Person, die den Opfern diese grausamen Verletzungen zugefügt hat, verschwinden konnte. Und mit ihrem Verschwinden habe ich zugelassen, dass Verbrecher weiterhin ihre Taten begehen können.«
    »Das habe ich mir schon fast gedacht, aber das können doch auch normale Agenten erledigen. Denn auch wenn Calisto Farewell ein kommissarischer Chief ist, ist er es nicht aufgrund seiner großen Stärke geworden. Wieso also nicht einfach Level-8-Agenten losschicken?«, fuhr Roswitha fort und schien noch nicht zu verstehen, was eigentlich passiert war.
    Doch Rebecca antwortete: »Die Person, die das getan hat, ist ebenfalls eine Trägerin. Und wie in den aktualisierten Dateien bereits vermerkt ist, kann sie ihren Pokémon so große Stärke verleihen, dass eine einzige Attacke ausreicht, um ein Pokémon zweizuteilen. Kein normaler Agent kann sich dieser Stärke stellen, ohne chancenlos dazustehen. Deswegen braucht es eure Fähigkeiten. Verstehst du es jetzt?«
    Denn auch Roswitha und Fiona trugen Gaben in sich. Roswitha war die Trägerin der Gabe der Geschwindigkeit, mit der ihre Pokémon sehr viel schneller agieren konnten und sogar langsame Attacken in kürzester Zeit aufladen konnten, was sie gleichzeitig immun gegen Verwirrungen oder Paralysen machte. Auf der anderen Seite trug Fiona die Gabe des Schutzes in sich, was es ihr ermöglichte, nicht nur sich vor psychischen Eingriffen und speziellen Attacken zu schützen, sondern auch die Resistenz ihrer Pokémon zu erhöhen.
    Roswitha nickte zur Antwort, während Fiona sich erkundigte: »In welche Richtung sind die besagten Täter verschwunden?«
    »Ich weiß es nicht. Wenn sie geradeaus geflogen sind, sind sie in Richtung Marea City oder Eventura geflogen. Andererseits gibt es keine Aufzeichnungen zu Vorkommnissen dieser Organisation in dem Gebiet um Eventura City herum.«

  • Hallo Dusk,


    nun geht es endlich weiter und ich war schon gespannt, wie sich LeBelle aus der Situation wieder befreien kann. Wobei er selbst ja nicht besonders viel getan hat. Übrigens danke dafür, dass du noch kurz auf seinen Namen eingegangen bist. Ich finde, das macht ihn aber auch aus; dass er so lange an einem Ort bleibt, wie er gebraucht wird und dass er die umgebenden Leute auch nachträglich beeinflussen kann. Man hat es in XY ja auch gesehen, dass er auf jeden Fall Spuren hinterlässt.


    Um ihn ging es aber weitestgehend auch gar nicht, sondern um Rebecca und ihren Auftrag, sich in diese Angelegenheit einzumischen und die beiden Agenten zu retten. Das war insbesondere am Anfang noch gar nicht so ersichtlich, weil du erst auf ihre Karriere innerhalb der P.G.A. eingegangen bist und im nächsten Rückblick schon an genau derselben Stelle wieder eingesetzt hast. Dass der erste Rückblick nach dem anderen spielt, klärt sich dann von selbst, aber das nur mal kurz erwähnt.
    Die Auseinandersetzung mit Metamera hat sich auch überraschend schnell gelöst. Zu Anfang hatte ich hier noch einen längeren Kampf erwartet, aber ich finde es gut so, wie es geworden ist. Dadurch, dass du auf beiden Seiten die Gaben erwähnt hast, kommt nun natürlich wieder etwas Würze in den Plot. Ohne die Charaktere gekannt zu haben dachte ich ja vorher eher, dass nur die Musen dazu imstande wären, wobei du auch mal drauf hingewiesen hast, dass theoretisch jeder dazu imstande ist, so eine Gabe zu haben. Und das hat sich ja nun bewahrheitet. Die Wut als solches war bis Kramshefs Ohnmacht nicht wirklich auszumachen, war aber sehr überraschend, als es plötzlich zu bluten begann. Wie Metamera so schnell darauf kam, dass Rebecca auch eine Gabe habe, erklärt sich durch die nachfolgenden Erklärungen natürlich, war aber für mich als Leser nicht sofort ersichtlich. Das mag ich, weil du so immer wieder ein Ass im Ärmel hast, um es auszuspielen und erst mal die Leser zu verwirren.
    Im Endeffekt konnte sie also flüchten. Das ist zwar schade für die Agenten, aber immerhin bleibt das Wissen, mit wem sie es zu tun haben. Und es ist auch anzunehmen, dass da noch einige Plasma-Mitglieder mehr darauf warten hervorzutreten, aber das ist eine andere Geschichte. Ich weiß noch nicht so recht, was ich zu Fiona und Roswitha sagen soll. Die Information zu ihren Gaben hättest du eventuell noch etwas aufschieben können; dass sie welche haben, wurde durch den Dialog ja schon bestätigt. Mal sehen, wie sich das alles noch entwickeln wird.


    In diesem Sinne: Und es wird weitergehen ...

  • Hy Rusalka!
    Wenn es etwas gibt, was ich eigentlich nicht unbedingt gerne mache, dann die Leser zu verwirren. Zumindest sehe ich das Verwirrende als etwas Negatives, etwas Erstaunliches wiederum als etwas Positives. Was du genau gemeint hast, weiß ich nicht, da du es aber mochtest, bin ich erst einmal zufrieden, ich kann nämlich jetzt gar nicht mehr so genau sagen, was ich mir vor etwa zwei Jahren genau dabei gedacht hatte, als ich dieses Kapitel schrieb. Du weißt ja, dass ich da eine ewig lange Pause gemacht habe und erst irgendwann im Februar wieder wirklich angefangen habe, diese Geschichte fortzuführen, weil ich auf einmal wieder richtig Lust darauf hatte. Deswegen bin ich auch so gespannt, gleich das nächste Kapitel einzuleiten, ich bin davon so ein großer Fan und ich liebe Miranda und Amanda und Calisto, der in den nächsten Kapiteln natürlich immer noch sehr wichtig sein wird.
    Was man nicht vergessen darf bei mir - und das ist jetzt gar nicht so sehr an dich gerichtet -, ist, dass ich inzwischen voll in der PGA-Riege schreibe, dass also immer damit gerechnet werden muss, dass etwas passiert, was erstaunlich ist, weil die nun einmal in einer Welt voller krass starker Wesen mit allem rechnen müssen. Und wer sollte die Menschheit davor schützen, wenn es nicht die Geheimagenten sind, die im Dunklen unsere größten Helden sind?


    Worum es hier ging, als das Kramshef geblutet hat, ist eine chemische Reaktion. Ich schrieb es ja schon im Kapitel, aber Kramshefs Körper wird durch was auch immer (ich gehe grundsätzlich davon aus, dass die Gaben irgendwie biologisch zu erklären sind, also beispielsweise durch Pheromone oder ähnliche Botenstoffe) dazu getrieben, eine extrem hohe Konzentration an Hormonen freizusetzen, die es nahezu unbesiegbar machen. Und genau das ist auch die größte Schwäche, denn irgendwann ist ein Limit erreicht, der Blutdruck so hoch, dass die Adern platzen und der Körper den Energien, die dadurch auf ihn einwirken, nicht mehr standhalten kann. Und weil Hormone durch Bewegung schneller verbraucht werden (weil es zu einer Freisetzung anderer Energien kommt), passiert das erst, wenn es wirklich nichts mehr tun kann. Das ist sozusagen der schwarze Peter in Metameras Spiel, das sonst nur Asse beinhaltet.


    Dass ich Roswithas und Fionas Gaben schon erklärt habe, liegt daran, dass beide Charaktere schon im Anime auftauchten. Irgendwie also war es wichtig, wieder eine Verbindung zu etablieren, denn einerseits ist meine Geschichte ziemlich losgelöst von Ash und Co., andererseits bediene ich mich der Städte und anderer Charaktere. Diese Gaben repräsentieren also eine Funktion, die sie in den Filmen haben.


    Nun besuchen wir aber einen anderen Charakter, der in Kapitel 11 schon vorkam. Mehr Informationen zu einem Charakter, der bisher kaum Relevanz hatte, doch mehr darstellt, als ihm selbst bewusst ist.


    Das Gefühl schwerer Eisenketten, die einen am Boden halten, schien endlos schwer auf dem Körper des jungen Mannes zu wiegen. Sie drückten auf den Körper wie eine unsichtbare Schlinge, die sich immer weiter um seinen Brustkorb zusammenzog.
    Sein Gesichtsausdruck war leer, jeder Muskel schlaff, nur die Augen unter den Lidern in ständiger Bewegung – das einzige Zeichen, dass er nicht tot war. Er hatte keine Kontrolle, konnte kein Glied bewegen, lag in einem Bett, zugedeckt und das Kopfende leicht nach oben gerichtet. Die kurzen blonden Haare waren geschoren worden, um Blutungen im Gehirn operieren zu können.
    Gewiss: Perl Steward war an der Grenze zwischen Leben und Tod.
    Seine Familie hatte ihn seit seiner Einlieferung ins Krankenhaus nur zweimal besucht. Nicht seine gesamte Familie. Lediglich seine Mutter, Jade Steward, hatte sich am zweiten Tag, den er im Krankenhaus war, in sein Zimmer getraut, um am Bett ihres Sohnes zu sitzen, die Hände vors Gesicht zu schlagen und bitterlich zu weinen.
    Perl hatte seine Mutter schon seit Jahren nicht mehr gesehen, seit sein Vater ihn aus der Familie verstieß, weil er nicht wie er war. Nun, eigentlich war der junge Mann inzwischen das Ebenbild seines Vaters Viktor, als dieser jung gewesen war, und eigentlich wäre er wohl auch der perfekte Nachfolger für ihn gewesen. Viktor Steward war nämlich eine Kampf-Koryphäe und nicht nur das, sondern auch die stärkste Kampf-Koryphäe in ganz Sinnoh. Der Meister über den Duellturm.
    Aber seine Neigungen lagen anders und ein starker Mann wie sein Vater hatte nicht akzeptieren können, dass er, sein eigener Sohn, schwul war, interessiert an einem anderen jungen Trainer, der nichts von den Gefühlen ahnte.
    Lange war seine Mutter nicht geblieben, denn sie hatte den Anblick nicht ertragen können. Perl hatte die ersten Operationen schon hinter sich gehabt und sein Kopf war vermummt durch Verbände, die nicht darüber hatten hinwegtäuschen können, dass sein Schädel ungewöhnlich flach war. Er hatte in dem Bett gelegen mit geöffnetem Schädel, um möglichst schnell die häufig auftretenden Blutungen stillen zu können.
    Vorwürfe waren ihrem Gesicht abzulesen gewesen und hätte Perl die Augen öffnen können, hätte er diese ohne Zweifel erkannt. Doch das hatte er nicht gekonnt und das konnte er seither noch immer nicht. Der junge Mann befand sich seit inzwischen zweiundneunzig Tagen im Koma.
    Beim zweiten Besuch, etwa drei Monate nach seiner Einlieferung, vor zwei Tagen, war sie mit seiner Schwester Amber wiedergekommen, die nicht die ganze Zeit bei ihrer Mutter und ihrem Bruder gesessen hatte, um den Beiden etwas Zeit zu geben. Jade Steward hatte Amber gedankt und einmal tief eingeatmet, als die Tür wieder zufiel.
    Sie hatte sich wieder an seinem Bett hingesetzt, aber Tränen kamen ihr keine. Nicht nur wegen der inzwischen geschlossenen Schädeldecke, durch die ihr Sohn wieder so normal aussah und einfach nur hätte schlafen können, sondern auch wegen ihrer eigenen Entscheidungen, die sie wieder hierher geführt hatten.
    Ruhig waren die Worte aus ihrem Mund gekommen, die davon handelten, dass sie sich von ihrem Mann getrennt hatte, um endlich einmal wieder das Richtige zu tun. Jeder Tag war für sie eine Last gewesen, denn sie hatte immer gewusst, dass ihr Sohn sie gebraucht hatte, als sie zu schwach gewesen war, um laut für ihn einzutreten.
    Sie hatte sich bei ihm entschuldigt für das Schweigen, entschuldigt für die vielen kleinen Gesten, die gefehlt hatten, und versprach, drei Tage später wiederzukommen. Langsam hatte sie über seine markante, leicht eingefallene Wange ihres Sohnes gestreichelt und leicht gelächelt, denn sie wusste, dass sie endlich etwas Gutes tat.
    Perl hatte nicht reagiert, denn sein Zustand hatte sich seit dem ersten Tag nicht verbessert.


    Drei Sachen waren ihm bewusst: Er befand sich seit drei Monaten im Koma.
    Wenn er seinen Lebensmut verlieren und aufgeben würde, würde er sterben.
    Und was er sah, war nicht real, denn es konnte nicht real sein.
    Eine große Halle war alles, was er vor sich finden konnte. Die große Fläche, an dessen einem Ende Perl stand, während er das andere Ende kaum sehen konnte, war komplett frei. Nichts war irgendwo abgestellt, keine Lampe, kein Tisch, nicht einmal eine Säule, die das Gewicht des Daches tragen könnte, war zu sehen. Nur ein viereckiger Raum ohne Türen oder Fenster.
    Kaltes Licht strahlte von Lampen herunter und blendete einen Teil seines Blickfelds.
    Seit dem ersten Tag befand er sich hier und hatte die ersten zwei Wochen jeden Tag versucht, die Halle zu verlassen, einen Ausweg zu finden, der ihm die Freiheit versprach. Denn Freiheit, das war ihm instinktiv klar, bedeutete Aufwachen aus dem Koma.
    Dem gerade einmal 20-jährigen war nicht so ganz klar, woher er wusste, wie viele Tage vergangen waren, seit er ins Koma geprügelt worden war. Die Zahl war einfach in seinem Kopf und nichts und niemand konnte dieses Wissen zerstreuen. Sie hatte sich in ihm eingebrannt und jeder weitere Tag war ein neues Brenneisen auf seinem Körper, das in seine Haut gepresst wurde.
    Doch andere Schmerzen spürte er keine. Er erinnerte sich an die letzten Momente, bevor sich seine Augen geschlossen hatten und ihm war bewusst, dass er sicherlich nicht nur einen Bruch erlitten hatte, aber der Schmerz blieb aus. Es war eher ein Gefühl der Taubheit, das ihn umgab und immer größere Kreise um ihn herum zog, je länger er in dieser Halle war.
    Die einzigen Momente, die ihn davon abhielten, verrückt zu werden, waren jene, in denen Calisto Farewell an sein Bett kam. Perl konnte den älteren Mann nicht sehen, aber hören wie durch alte Lautsprecher, die jeder Stimme ein Rauschen versetzen. Und Calisto saß oftmals viele Stunden bei ihm und erzählte von seiner Jugend, als er selbst noch ein Anwärter bei der PGA gewesen war; von seiner Zeit in Sinnoh, als er den einen Trainer kennengelernt hatte, in den sich Perl einst verliebt hatte.
    Wie es der Zufall wollte, war Perl der beste Freund der beiden Retter von Sinnoh gewesen. Diejenigen, die Giratina beruhigt hatten, als sich das Tor zur Zerrwelt geöffnet hatte. Und Calisto kannte sie beide, denn sie hatten nebenbei eine Verbrecherorganisation aufhalten können. Er selbst war lediglich der Kampfpartner gegen zwei Kommandanten gewesen. Unwichtig für einen Top-Agenten wie LeBelle.
    Der Mann im Mantel erzählte oftmals, wie viel Schmerz er fühlte, weil seinetwegen gleich zwei seiner Nächsten ihr Leben verloren hatten, während er lediglich ein paar blaue Flecken und nicht weiter schlimme Verletzungen erlitten hatte.
    Und jedes Mal schrie Perl in der Halle. »Es ist nicht Ihre Schuld! Sie können nichts dafür! Es war eine Mission wie jede andere, das schien jedem so zu sein. Sie können nichts dafür. Sie haben Ihr Möglichstes getan!«
    Natürlich hörte der Mann auf dem Stuhl nichts davon und sah nur das Gesicht ohne jeglichen Ausdruck und die sich ständig bewegenden Augen. Jedes Mal in diesem Moment seufzte er und meinte, dass der Sprössling vielleicht irgendwann erwachen könnte. Und jedes Mal stand er dann auf, berührte mit dem Zeigefinger die Decke als Zeichen des Abschieds, drehte sich um und ging mit Blick zum Boden aus dem Raum.
    Doch das letzte Mal war anders gewesen. Er war nicht lange dort gewesen und hatte nicht viel geredet. Perl hatte zumindest nur vier Worte in seiner Welt verstehen können: »Ich habe sie gefunden.« Und dann war er wie all die anderen Male verschwunden und hatte mit zwei Frauen gesprochen, deren Stimmen der Blondschopf irgendwoher kannte.
    Der junge Mann hatte seinem kurzzeitigen Lehrmeister so viel zu sagen. Aber er konnte nicht. Doch genau deswegen ließ er den Tod nicht in die Halle kommen. Er gab nicht auf. Er hatte Calisto so viel zu sagen und er würde schaffen, was er sich vorgenommen hatte. Vier Sachen hielten ihn also am Leben: Eines Tages würde er mit seinem Lehrmeister sprechen und ihn zurechtweisen. Er würde mit seiner Mutter sprechen und ihr verzeihen. Seinem besten Freund würde er seine Gefühle gestehen, egal was auch danach geschehen würde. Und irgendwann würde er der Top-Agent der PGA werden und Menschen weltweit helfen wie keiner vor ihm.
    Perl Steward war einiges, aber kein Schwächling. Und wenn es Situationen gab, in denen das helfen konnte, dann war es im Kampf auf Leben und Tod.
    »Lass uns einen Ausweg finden« – und eine Stimme ertönte, die er nie zuvor gehört hatte.


  • Hallo Dusk,


    zuerst einmal, verwirrend bedeutet nicht zwingend etwas Negatives oder Nichtverständnis der Situation. Falls solche Dinge überhaupt eingeworfen werden, dann sollten sie aber definitiv in der Unterzahl bleiben, damit eben nicht zu viele offene Fragen entstehen und solchen Elementen bedienen sich ja auch andere Geschichten ganz gern, nur um dann später einen bestimmten Punkt wieder aufzugreifen und die Vergangenheit zu erzählen. Dass du das sofort machen würdest, ist mir klar und das ist es wohl auch, was du als erstaunlich ansehen würdest, oder? Einfach die Geschehnisse sofort zur Hand zu haben und zu wissen, was Sache ist. Ich hab's schon mal gesagt, aber so einen Ansatz findet man nicht oft, aber hier fügt sich alles gut zusammen.


    Das aktuelle Kapitel kenne ich ja schon, dieses Mal auch mit dem Vorwissen, was mit Perl eigentlich passiert ist. Damals war ich noch verwirrt darüber (siehst du, da haben wir's schon wieder, aber es hat neugierig gemacht), heute hat es ganz andere Wirkung auf mich. Gerade in Anbetracht der Ereignisse ist das alles sehr erschütternd und gleichzeitig faszinierend, wie du seine Gedankenwelt beschreibst. Dieser leere Raum, aus dem es kein Entkommen gibt und in dem er, trotz seiner weiten Fläche gefangen ist. Fast schon ironisch; wenn auch wohl nicht bewusst stellt es die Freiheit an sich in Frage, die er aber als Illusion erkennt. Es ist schon ein Wunder, dass er so gut bei Sinnen bleiben kann und das spricht wohl auch für seinen wachen Geist.
    Zwar habe ich noch keine direkte Vermutung, um wen es sich bei der Stimme am Ende handeln könnte (Immerhin ist der Cast an Charakteren schon recht groß und könnte noch größer werden), aber es lässt zumindest darauf schließen, dass er bald wieder in Einsatz treten kann. Wie lange dieses bald aber ist, das ist eine andere Frage.


    Mir hat's gefallen, wie gehabt eigentlich. Wir lesen uns!
    Und es wird weitergehen ...

  • Und die zweite Klappe!


    Die Frage ist schlussendlich für jeden, was Freiheit heißt. Genauso gut hätte das durch ein anderes Szenario dargestellt werden können: Eines, in dem er sich in den endlosen Weiten der Konsum-Sucht verliert; denn Gedanken sind am Ende zu beeinflussen und was wir sehen, liegt irgendwo bei uns. Und wenn er sich nun charakterlich so weit verändert hätte, dass automatisch eine Welt entsteht, in der er glücklicher ist als anderswo, dann wäre das wohl so entstanden. Allerdings sehe ich Perl in meiner Charaktervorstellung nicht als so einen Menschen, sondern viel eher als einen Menschen, der sich wünscht, die Welt selbst zu verbessern und die Fehler und Rückstände seiner Umgebung aufzuheben. Dass für ihn also die Wirklichkeit Freiheit heißt und seine Gedankenwelt ohne Ausweg das Gegenteil, zeigt sich in der theoretischen Welt, die er vor sich hat. Wichtig war mir, dass man sieht, dass er da ist und in seine Freiheit will; aber sein Körper ist das riesige Gefängnis (mit so viel ungenutztem Potenzial (ebenfalls gezeigt als riesiger, leerer Raum)), das er nicht verlassen kann. Nicht alleine. Und selbst wenn er es mit Hilfe schafft, kann ich nicht sagen, was aus ihm geworden sein wird.


    Der Charakter, der auftauchen wird, taucht in allen Geschichten auf; allerdings bisher in noch keiner.

  • »Wir sind da«, war die einzige Aussage während der ganzen restlichen Fahrt, die der altgewordene Mann gemacht hatte.
    Die drei Insassen des großen Wagens hatten die bekannteste Vergnügungsstadt Einalls inzwischen erreicht und befanden sich vor einem alten Geisterhaus am Rande des Gebiets des Rayono City-Freizeitparks, den man im Volksmund kurz als “Rayo-Park” bezeichnete.
    Wieder einmal fühlte sich die junge Frau mit den hellblonden Haaren an einen schlechten Film erinnert, denn in welchem Film passierte jemals etwas Gutes, wenn man sich als Held einer Geschichte in ein Geisterhaus aufmachte, um den großen Schurken zur Strecke zu bringen? Selten kam für den Protagonisten etwas Gutes dabei heraus, wenn er oder sie versuchte, sich dem einen großen Feind, der Nemesis, zu stellen, um in einem finalen Akt siegreich zu sein.
    Doch andererseits war die Frage gleich dabei: Waren sie, Miranda, ihre Schwester Amanda und Calisto überhaupt noch Helden? Einst hätte sie die Antwort für sich und ihre Schwester mit einem schüchternen “Ja” beantwortet und nicht mehr viele Gedanken daran verschwendet, um der Wahrheit nicht in die Augen zu schauen.
    Und selbst wenn man von ihren Taten während ihrer Zeit bei Team Plasma absah, fügten sie den Pokémon ihrer Gegner immer wieder Leid zu, nur um die bösen Machenschaften der Trainer zu vereiteln, die sich die vielen Kleoparda, Rabigator oder Irokex nicht selbst ausgesucht hatten.
    Wie konnte man da noch ein Held sein?
    Vielleicht in einem dieser stereotypischen Superhelden-Filme, in denen der Held auch die grausamsten Taten vollführen durfte, ohne dabei Ärger zu bekommen - und wenn es doch mal Stress mit dem Gesetz oder der Regierung gab, dann war das nur für kurze Zeit, denn jeder konnte dem großen Helden oder der wundervollen Heldin verzeihen, sobald der mehrarmige oder mit Wunderwaffen arbeitende Antagonist zur Strecke gebracht wurde. Es zählte ja schließlich nur das Wohl des großen Ganzen und nicht die Schäden, die vorher durch all die Versuche, die Welt zu retten, entstanden waren.
    Vielleicht war an dieser Stelle der Gedanke an einen solchen Film nicht ganz passend, denn Mirandas Gefühle besserte der Vergleich nicht. Trotz all der unglaublichen Ereignisse in ihrem Leben, dem Wissen, dass es Gaben gab, die Menschen übernatürliche Fähigkeiten verleihen konnten, war das hier, ihr Leben und das ihrer Mitmenschen und das all der Pokémon, Realität und keine Fiktion, kein Klischee und kein schlechter Kinofilm. Helden waren nicht nur Ritter in weiß glänzender Rüstung auf einem edlen Gallopa.
    Doch neben der Erkenntnis, dass sie niemals mehr eine reine, weiße Weste haben würde, zog sie auch alles drumherum runter. Ihr Boss, der eigentlich nie ihr Boss werden sollte, weil sie die Freiheit und den Frieden liebte und von Kampf und Zorn so weit entfernt wie möglich sein wollte, war fertig, am Boden, ein Schatten seiner Selbst und wohl niemals mehr in der Lage, zu dem zu werden, was er einst war. Ihre Schwester würde in die gleiche Gefahrenzone gehen wie sie und Calisto.
    Zufrieden war sie nicht mit der Situation, aber irgendjemand musste etwas tun. Sie musste etwas gegen Team Plasma und alle Schergen dieser Organisation tun. Das war ihre Pflicht als frühere Mittäterin, Mensch und trainierte Agentin. Oder Agentin in der Ausbildung. Das waren auch nur drei Worte mehr ohne Bedeutung. Denn ein Agent war ein Agent.
    »Seid ihr bereit?«, lautete die Frage des Chiefs, dessen Rücken zu den Frauen gewandt war und der auf gar keine Antwort wartete. In dieser Situation gab es keine andere Möglichkeit als zu gehen. Er hatte lange darauf gewartet und nun endlich die Chance etwas zu verändern. Rache zu nehmen. Miranda verstand es. Und er war zumindest nicht alleine. Sie waren an seiner Seite und konnten ihm beistehen.
    »Bereit!«, sprach Amanda mit mehr Kraft in der Stimme denn je.
    Wahrscheinlich machte sich Miranda gerade viel mehr Sorgen als die anderen beiden. Normalerweise war zwar ihre Schwester die vorsichtigere von ihnen und immer etwas besorgter als die Blondine, aber das hatte sich in letzter Zeit geändert. Amanda war eine ausgezeichnete Agentin und dennoch viel empathischer als Miranda. Dafür beneidete sie ihre Schwester, die Muse der Liebe, ein wenig.
    Das Gebäude war geformt wie ein liegendes Rabigator, dessen geöffnete Schnauze der Eingang war. Miranda folgte an der Seite ihrer Schwester dem Mann, dessen Alter ihm durch das langsam wegfallende Licht immer stärker anzumerken war. Wenige Schritte waren sie gelaufen und die alles umfassende Finsternis hatte sie bereits eingefangen.
    Die blonde Frau wollte gerade Maracuja einsetzen, um die Zauberflamme als Licht zu nutzen, als schon ein blaues Licht erstrahlte und das rosafarbene Glühen eines samtigen Fells die Finsternis in ein surreales Leuchten tauchte. Amanda hatte Ada eingesetzt und hob gerade den besonderen pinken Pokéball wieder auf.
    Das Vulnona einzusetzen erschien Miranda sehr viel sinnvoller, denn während die Zauberflamme einen grellen Schein warf und viel Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte, wenn in der Nähe Feinde waren, war das geradezu vibrierende Strahlen des Fells des Feuerfuchses gerade so stark genug, dass die drei Agenten etwas sehen konnten.
    Doch viel brachte dieser Vorteil ihnen nicht …


    Vierzig Tage zuvor …
    Die Hallen der Einall-Zentrale in Stratos City waren wie leergefegt. Keiner der sonst so zahlreichen Agenten hielt sich in den Fluren auf, niemand war in den unzähligen großen und kleinen Schlafräumen zu finden, die sonst so gefüllt waren mit Leben. Nur wenige Agenten fanden sich in der Eingangshalle, die sich bereiterklärt hatten, heute die nötigsten Aufgaben zu übernehmen und hereinkommende Missionen zu bewältigen, wenn es denn in ihren Befugnissen lag. Es waren hauptsächlich frische und junge Agenten vor Ort, denn sie waren diejenigen, die noch keinen Draht zu Calisto aufgebaut hatten. Zumindest keinen Draht zum alten, fröhlichen Calisto, den jeder sofort ins Herz schließen konnte.
    Die jetzige Version des Mannes war wohl keineswegs mehr jemand, den man so leicht von sich überzeugen konnte, geschweige denn häufig zu Gesicht bekam. Dementsprechend hatten sie auch nicht den Zwang, sich seiner Rache und seinem Schmerz anzuschließen.
    Heute war ein besonderer Tag.
    Kein besonders schöner Tag, aber ein Tag, der allen Agenten besonders in Erinnerung bleiben würde. Die Untersuchungen des Vorfalls in den Lagerhallen hatten ihr Ende gefunden und so konnte auch der Körper des Toxiquak zu Grabe getragen werden. Das Toxiquak, das sich nur aus Zuneigung seinem Trainer und alten Freund gegenüber aus einem Glibunkel entwickelt hatte, um ihn zu retten und dabei selbst das Leben zu verlieren.
    Alle langjährigen Agenten befanden sich am Rande der Stadt Septerna City, die als ewige Stadt bekannt war. Als solche war sie nach dem Turm des Himmels der Ruheort, an dem die meisten Menschen und Pokémon begraben lagen und die den historischen Aspekt der Stadt nur noch verstärkten.
    Ein großes Areal, das nur mit wenigen Bäumen bepflanzt war, aber keinen einzigen Grabstein barg, sollte der Ort der Beisetzung sein, hatte Calisto Farewell entschieden. Ein Ort, an dem er und sein Glibunkel den im Kampf Gefallenen gedacht hatten.
    Miranda stand in der ersten von so vielen Reihen, in der Nähe von Calisto, der die Augen die ganze Zeremonie über geschlossen hielt und keinen Laut von sich gegeben hatte, während andere Agenten immer wieder tiefe Atemzüge machten, die man noch fünfzehn Meter weiter hören konnte.
    Es war gewiss kein häufiges Schauspiel, dass ein im Kampf gefallenes Pokémon den gleichen Ehren zuteil wurde wie ein verstorbener Agent, doch in dieser besonderen Situation hatte es außer Frage gestanden, hatten alle Commander einstimmig beschlossen. Dieses Pokémon hatte in vorbildlich selbstloser Manier einen Chief gerettet und damit wohl auch das Leben eines anderen jungen Agenten und all seiner Pokémon. Und so etwas wussten Agenten zu ehren.
    Miranda kam nicht umhin darüber nachzudenken, was das über die Gesellschaft aussagte, in der sie lebte, doch sie verwarf den Gedanken wieder. Keine Welt war perfekt und es lag an ihr, solche Normen zu ändern.
    An einer kleinen Grube, die für einen erwachsenen Menschen viel zu klein gewesen wäre, standen fünfhundert Männer und Frauen in schwarzer Uniform, die der sonstigen violetten Uniform höchstens im Schnitt ein wenig ähnelte. Diese Uniformen waren nur für diese Zeremonien kreiert worden, da die schwarze Farbe in alter Tradition Einalls die scheinbar unendlichen Weiten der Nacht symbolisieren sollte und das Übertreten der Toten in die Unendlichkeit.
    Erst waren alle anwesenden Agenten zusammen zur Wiese marschiert, Calisto an der Spitze direkt neben einem Mann mittleren Alters. Oder war er alt gewesen? Oder jung? Miranda hatte es nicht einschätzen können, denn dieser ihr unbekannte Mann hatte etwas Zeitloses an sich, etwas ihr gänzlich Unbekanntes. Und doch war es ihr fast schon so erschienen, als würde sie diesen Mann ziemlich gut kennen. Doch woher?
    Auch Amanda hatte trotz ähnlicher Empfindung keine Antwort gewusst und so hatte die blonde Frau sich damit abgefunden und es darauf geschoben, dass man in der Einall-Zentrale häufig Menschen nur unterbewusst wahrnahm. Aber trotzdem hatte es sie den ganzen Tag nicht komplett losgelassen, als würde ihr Geist ihr signalisieren wollen, dass dieser Mann irgendwie wichtig war.
    Daraufhin hatten vier Agenten, die entsprechend aus den vier großen Zweitzentralen in Einall kamen, die Aufgabe übernommen, das sogenannte Emblem der Erinnerung, ein Tuch das etwa zwei mal zwei Meter groß war, über den kleinen Sarg zu ziehen, das mit dem Zeichen der P.G.A. ausgestattet war, um diesen daraufhin in die Tiefe der Erde hinunterzulassen.
    Jeder von Calisto ausgewählte Agent hatte dann eine Schaufel Erde auf den Sarg geschüttet und in kurzen Worten den Abschied von etwas bekundet, um dem verstorbenen Pokémon ein letzter Mal etwas Ehrenhaftes zu widmen. Calisto, der den ersten Spartenstich übernehmen musste, hatte den Abschied von seinem besten Freund genommen und seinem üblichen Deckmantel LeBelle und noch einmal den Wunsch nach Fairness und Vergeltung ausgesprochen.
    Amanda hatte sich für sich selbst gewünscht, ihre Angst vor Team Plasma zu überwinden und einmal mehr gezeigt, wie stark sie geworden war. Felix hatte sich von seiner düsteren Vergangenheit verabschiedet, die er die kurze Zeit nach seinem Aufenthalt im Waisenhaus durchlebt hatte. Viele weitere Agenten kamen und die letzte Agentin war Miranda. Ihr war bis zuletzt nicht klar gewesen, was sie abschütteln wollte, doch dann war es ihr eingefallen: »Ich verabschiede mich von meinem Wunsch, vor meinen Aufgaben wegrennen zu dürfen, und versuche, die Selbstlosigkeit der Toten in Ehre zu halten. Ich werde ein für alle Mal versuchen, kein Gefangener in meinem eigenen Leben mehr zu sein und stattdessen mein Leben ganz im Zeichen der Gerechtigkeit zu leben. Es ist mein Wunsch, Verbrechen wie diesen Mord zu vergelten und trotzdem dabei einen klaren Kopf behalten zu können. Ich will für dich, Glibunkel, dass dein Tod nicht umsonst gewesen ist. Ich wünsche mir, endlich diese Verbrecher von Team Plasma zur Strecke zu bringen.«
    Bald wieder hatte sich Miranda wieder ihren Platz in der ersten Reihe genommen, wieder in der Nähe von Calisto, der die Augen wieder geschlossen hatte. Neben ihm stand Rebecca Joy und direkt neben ihr eine Frau mit schwarzen Haaren.
    Von hinten tippte sie jemand sanft an. Eine männliche, ihr allzu bekannte Stimme sprach: »Miranda, ich muss dir jemanden vorstellen.«


    »Willkommen in der Kammer des Schreckens, Calisto, mein alter Freund. Hier findest du alles, was dein Herz begehrt, und alles, was dich von innen heraus verzerrt. Komm und hol mich, denn ich warte auf dich. Nur auf dich, mein lieber Freund«, ertönte eine Lautsprecheransage, die der blonden Agentin bis ins Mark fuhr und sie zusammenzucken ließ. Es war die Stimme einer Frau gewesen, sanft und freundlich, geradezu betörend, melodiös und in Sicherheit wiegend. Aber dennoch mit einem immerzu präsenten Hass, der die Luft zum Vibrieren brachte.
    »Woher kann sie wissen, dass wir hier sind?«, fragte Amanda erschrocken.
    »Ah, die Muse der Liebe. Eine Muse des Wissens bist du nicht, das wusste ich ja bereits von deinem werten Papa, aber du solltest doch wissen, dass wir von Team Plasma unsere Augen und Ohren überall haben. Ich wusste bereits, dass ihr hier seid, bevor ihr in die Kammer des Schreckens eingetreten wart«, war die Antwort aus dem Lautsprecher.
    »Wir haben keine Zeit für Spielchen! Komm heraus und stell dich mir entgegen, du Monster. Ich will dich selbst zur Strecke bringen. Trau dich!«, schrie Calisto wutentbrannt mit Tränen in den Augen und Zornesröte im Gesicht. Zumindest glaubte Miranda, dass das Zornesröte war, denn in dem Glühen von Adas Fell war das nicht so deutlich zu sehen.
    »Aber was ist das denn für eine Begrüßung, mein treuer Freund? Du hast mich ewig gesucht und jetzt bist du direkt so harsch? Das ist aber nicht die feine Art eines Gentleman, der du doch so gerne sein wolltest, als wir uns das letzte Mal trafen! Bist du erbost? Na gut! Dann machen wir es so: Du kommst durch die Kammer und ich warte dort auf dich. Habe sogar noch ein wunderbares Präsent, das ich dir das letzte Mal überreichen wollte, aber dann so selbstsüchtig von deinem Pokémon abgestaubt wurde!« Die Frau schien geradezu vor Freude zu beben, als sie sprach. War sie noch ganz echt im Kopf?
    Also Miranda war klar, dass kein noch immer aktives Mitglied bei Team Plasma psychisch wirklich gesund sein konnte, doch diese Frau setzte dem noch eine Krone auf. Wahrscheinlich war sie sogar noch verrückter als ihr eigener Adoptivvater. Der wusste wenigstens noch, dass er ein Monster war. Diese Frau, wie auch immer ihr Name lautete, nicht.
    »Ich bin schon so gespannt, was ihr die hundert Tage seit eurem Treffen mit eurem Vater gelernt habt! Seid ihr inzwischen stärker geworden? Ich habe ja schon viel von euch und eurem Agentendasein gehört. Das muss wirklich viel Spaß machen. Erzählt ihr mir nachher auch ja mehr davon? Freue mich schon. Herzchen. Tüdelü!«, sprach die Frau noch ein Mal und schaltete dann wohl die Lautsprecheranlage wieder aus, da das leise Rauschen im Hintergrund verschwand.
    »Wir müssen wohl wirklich dadurch, um sie zu bekämpfen, oder?«, meinte die junge blonde Frau.
    Doch der Mann war bereits vorgelaufen.
    »Das war wohl ein Jahr ...«, folgerte sie daraus und schaute zu ihrer Schwester, die ihr still zunickte und Calisto hinterherzulaufen begann. Und so tat die Agentin es Amanda nach und setzte sich langsam in Bewegung. Sie hatten Zeit, ihre Feinde lauerten bereits und warteten darauf, dass sie kamen. Und keiner würde sich von seiner Stelle bewegen, bis sie ankamen. Es gab keinen Grund zur Eile.
    Ada vor ihnen und hinter Calisto leuchtete den schmalen Pfad vor ihnen. Nur ein Weg war vor ihnen, es gab also keine Möglichkeit, sich zu verlaufen. In diesem Moment fiel Miranda wieder eine jener vielen Situationen in schlechten Horrorfilmen ein, wo die Opfer durch irgendein Haus liefen, das mit Gängen nur so gespickt war, bis sie auf einen Gang ohne Abzweigung trafen, in die Ecke gedrängt und dann einzeln getötet wurden. Das war nicht der richtige Augenblick, sich an solche Szenen zu erinnern, aber sie fand den Gedanken daran ein wenig auflockernd. Denn eins war sicher: Sie war angespannt und hatte Angst vor dem, was sie erwarten würde. Ihre Gegner waren nun einmal nicht mehr darauf bedacht, so zu tun, als wären sie die Samariter, die die Welt retten wollen. Mord war ihnen gerade recht.
    Sie liefen gerade in eine Kurve, als der Chief ein Zeichen mit dem Finger gab, damit die beiden Agentinnen hinter ihm stoppten. Da ist jemand.
    Miranda legte ihre Hand an ihre Pokébälle, bereit für einen Kampf.
    »... und die Kommandantin ist sich sicher, dass die Agenten wirklich hierherkommen? Wir warten schon seit anderthalb Stunden und bisher war noch keine Menschenseele hier!«, erklang eine kratzige, krächzende Frauenstimme versucht leise, aber dabei nicht besonders effektiv, da man jedes Wort problemlos wahrnehmen konnte.
    Ein etwas älter klingender Mann antwortete sogleich auf die Aussage, sehr viel ruhiger: »Du ... noch neu, also sei ... verziehen, ... Metamera ... keine solchen Fehler ... dass die Agenten ... kommen werden ... können gar nicht anders, weil ...«
    Calisto drehte sich um, als das Gespräch der Späher Team Plasmas verstummt waren, nickte Miranda zu und sie wusste, was zu tun war. »Los, Lilium«, flüsterte sie und hielt die Öffnung der Kapsel in eine Ecke, um möglichst wenig Licht zu machen.
    Der Chief besaß kein Pokémon mehr und musste sich somit auf die beiden Frauen verlassen, wusste Miranda. Es war also offensichtlich, dass Ada und Lilium jetzt gerade die besten Kämpfer für diese Situation waren.
    Die gelben Sensen des Käfers glänzten im Schein von Adas Fell wie die geisterhaften Klingen des Todes.
    »Fadenschuss, Lilium!«, sprach Miranda im Dunkel und sah nur noch, wie ihre treue Gefährtin sich ihren Weg zu den Gegnern bahnte, um dann in den Schatten des Gruselkabinetts zu verschwinden.
    Zwei laute Schreie, die umgehend abgeschnitten waren.
    Stille.
    Die schweren Schritte Liliums waren zu hören, als sie nun zwei Männer mit sich trug, die geradezu perfektionistisch in Fäden eingeschlossen waren, aber so, dass sie durch die Nase ohne Probleme atmen konnten, ohne den Mund öffnen zu können, um die Fäden zu zerbeißen.
    Miranda und Amanda hielten kurz inne, doch Calisto Farewell nicht und die beiden Agentinnen mussten dem Mann nacheilen, um ihn einzuholen. Denn was ihn wie magisch anzuziehen schien, sahen sie jetzt auch: Ein großes Tor mit zwei Flügeltüren, auf denen ein breites Grinsen mit spitzen, unmenschlichen Zähnen zu sehen war. Und zwei Augen, die die Finsternis durchdrangen. Ganz so wie smaragdgrüne Augen in dunkler Nacht.
    Würden sie hier auf Metamera treffen?
    Alle drei, dieses Mal auch der Chief, hielten inne und atmeten tief durch. Nach allem, was in den letzten Monaten passiert war, erschien es jetzt wie ein Traum, dass sie das Ziel erreicht hatten. Aber war es nicht vielleicht doch ein Albtraum?
    Diese Frau hatte ohne Probleme einen jungen Mann ins Koma prügeln lassen, mit ihren Pokémon Calisto verwundet und seinen treusten Freund getötet, nur um Rache zu nehmen. Wenn eins sicher war, dann wohl eines: Sie würde kein leichter Gegner werden.
    Doch lange zu überlegen würde nicht helfen, wusste auch Miranda. Und nach allem, was sie durchgemacht hatten, hatten sie auch eine Menge lernen können. Wenn jemand Metamera in die Knie zwingen konnte, dann waren sie es.
    Nun war es an der Zeit, das volle Potenzial ihrer Gaben unter Beweis zu stellen. Sie war bereit. Und Amanda schien es auch zu sein, denn fast gleichzeitig setzten sich beide Frauen in Bewegung und stellten sich vor die Flügeltüren,die beiden Pokémon und der wehrlose Mann hinter ihnen. »Los, Curry«, flüsterte Miranda und rief ihr Simsala herbei, das ohne blaues Licht des Pokéballs erschien. Dessen Augen leuchteten sofort blau und die Türen öffneten sich, bevor Curry wieder verschwand.
    Auf den Anblick, der sie erwartete, konnten sie nicht vorbereitet sein. Darauf hätte niemand sie vorbereiten können.

  • Hallo Dusk,


    du hörst aber auch wieder an der spannendsten Stelle auf, ohne zu erklären, worauf denn niemand vorbereitet war. Ich will für dich hoffen, dass es die Wartezeit auch wert ist!
    Aber mal Spaß beiseite. Im Großen und Ganzen hast du dich im Verlauf des Kapitels auf zwei Dinge bezogen, die abzusehen waren. Zum einen die Ehrung zur Handlung von Calistos Pokémon, das einen nicht unerheblichen Beitrag für die Agenten geleistet hat (und die Zeremonie fand ich an der Stelle auch mehr als gerechtfertigt). Es ist auch in gewisser Hinsicht als Abschied der vergangenen Erlebnisse und gleichzeitig als Neuanfang für die Verbliebenen zu sehen, wo du doch jeden Agenten etwas Persönliches ablegen lässt.
    Was mich auch zur anderen Sache bringt und dazu beigetragen hat, wieso du in diesem Kapitel recht fokussiert auf Miranda warst. Ihre Wandlung, das Ablegen der Angst und sich dem Schicksal entgegen zu stellen. Schlussendlich sind wir da angelangt, was eigentlich schon lange zu sehen war und eigentlich nur die Bestätigung brauchte, dass sich Miranda endlich von ihren Zweifeln los sagt und mutig voranschreitet. Für den Frieden. So gesehen fand ich hier die Ereignisse gut miteinander verwoben und die Infiltrierung der Basis sowie die Anspannung vor dem wohl bevorstehenden Kampf gegen Metamera greifen dabei ebenso voraus, wie weit die beiden Schwestern schon gekommen sind, obwohl sie sich früher nicht in dieser Position gesehen hätten. Und das ist doch erstaunlich.


    Wir lesen uns!


  • Tropfen auf den Boden wie die letzten Mengen Wasser während eines Regenschauers. Hier und da leises Plätschern von Flüssigkeit, die auf Flüssigkeit trifft. Weite Augen, wohin man auch blickte. Keine Reaktion, wenn man in diese schaute. Keine Mimik verzog sich. Nichts.
    Das glänzende Metall bot einen Kontrast zum Rot der Flüssigkeit, die den weißen Boden befleckte. Der Übergang von Metall zu Fleisch war so grotesk, dass Miranda nicht wusste, wie sie reagieren konnte. Was sie sah, waren keine billigen Attrappen einer vergangenen Ära. Was sie sah, war echt und es war grausam und unwiderruflich in ihrem Kopf eingebrannt.
    Ihr war übel und sie war wütend. Sie war traurig. Traurig und wütend und so vieles mehr, was sie nicht beschreiben konnte. War das etwa das erste Mal, dass sie wirklich Hass in sich spürte?
    Sie hasste G-Cis für all seine Taten. Sie hasste Flavius für seine Taten. Zumindest hatte sie das stets gedacht. Doch das Gefühl, das sie jetzt spürte, war so viel stärker als alles, was sie gegenüber G-Cis gespürt hatte. Es war Hass gepaart mit Zorn.
    Miranda war an einem Punkt angelangt, an dem sie nicht mehr verzeihen konnte.
    »Gefällt euch, was ihr hier seht?«, fragte eine Frau, »Ich bin sehr stolz auf mein neustes Kunstwerk. Ich nenne es „Omen einer dunklen Zukunft für den Mann im Mantel“. Sehr treffend, nicht wahr? Sogar ein Exemplar seines früheren Partners habe ich verarbeitet!«
    Die blonde Frau konnte nicht ausmachen, woher die Stimme kam, bis sie sich endlich von dem Schauspiel lösen konnte, das ihr die Sinne geraubt hatte, das ihre Ohren rauschen und ihre Sicht rot werden ließ.
    Dieser Saal wurde von sechs großen Säulen gestützt, die Wände waren mit roten Vorhängen ausgestattet. Auf der einen Seite, auf der sich die drei Agenten im Moment befanden, war das Tor. Und auf der anderen Seite fand sich eine Galerie.
    Auf dieser Empore fand sich eine große Orgel mit Dutzenden Rohren, die in alle Richtungen deuteten. Dort, wo eigentlich die Klaviatur gewesen wäre, war nun ein Thron eingelassen, auf dem eine schlanke Frau mit braunen Haaren saß, die Augen geschlossen und die Lippen zu einem sanften Lächeln verzogen. Das war Metamera?
    Sie hatte gehört, dass die Kommandantin jung war und nicht aussah wie ein Monster, doch niemals hätte die Muse des Friedens erwartet, dass diese Frau so aussähe. Sie sah aus wie eine Frau, die im Reinen mit sich war, die das Leben genoss. Wie eine der typischen Frauen in Stratos City, die ihr Leben mit Shopping verbrachten. Jene Frauen, die Miranda einst beneidet hatte.
    Das einzige, was sie bei diesem Anblick an Team Plasma erinnerte, war eine weite schwarze Hose, eine weiße Bluse und darüber schlussendlich die Weste, die alle Mitglieder der Organisation in den letzten Monaten trugen.
    Sie wandte ihren Blick von diesem Wesen ab und schaute zu Amanda und sah Tränen in ihren Augen. Ihr war nur allzu schmerzlich bewusst gewesen, dass ihre Schwester noch stärker auf diese Horrorszenario reagieren würde, denn war sie selbst schon empathisch, war Amanda die lebende Empathie. Beim Tod eines Pokémon war sie zu Tode betrübt. Das hier waren möglicherweise zwei Dutzend.
    Ihr Blick glitt zum Boden und sie dachte darüber nach, was sie zu Amanda sagen konnte, als sie erschrocken feststellte, dass sie nicht geschaut hatte, wie es Calisto ging.
    Sie starrte den Mann sofort an, doch er gab keine Regung von sich. Zumindest nicht im ersten Augenblick. Nach wenigen Augenblicken erkannte sie nämlich, dass Blut die Lippen des Chiefs herunterliefen. Anscheinend hatte er sich so fest auf die Lippen gebissen, dass die Adern dabei aufgerissen worden waren.
    Wenn Metamera schon ohne einen Angriff diese Wirkung haben konnte, wie schlimm würde dann erst ein Kampf werden? Miranda schüttelte den Kopf und wusste nicht weiter. Sie wollte ihre Pokémon nicht verlieren, betrachtete ihre treue Partnerin Lilium und sah auch ihr das Entsetzen in den Augen an und Ada ging es wahrscheinlich nicht anders. Wenn jemand das noch stärker empfand als mitfühlende Menschen, dann waren es die Pokémon selbst, die gerade mitansehen mussten, wie das Blut anderer Pokémon den kalten Boden benetzte.
    Es gab kein Zurück mehr. Nein. Sie mussten stark sein und nicht nur Glibunkel rächen. Das war gerade keine Mission zum Schutz des Chiefs mehr. Das war etwas Persönliches.
    »Egal, was du glaubtest, was du uns mit diesem … dieser Tat antun könntest, du hast es nicht geschafft! Es bestärkt mich nur umso mehr, dich zur Strecke zu bringen und dich deiner gerechten Strafe zuzuführen!«
    »Verstehst du es denn nicht, Miranda? Dein Vater hat mir erzählt, dass du naiv bist, aber das macht mich traurig. Denn sei doch ehrlich! In der Vergangenheit aßen Menschen Millionen von Pokémon, obwohl es etwa drei Mal so viele Alternativen gegeben hätte. Sie wollten einfach den Genuss haben zu wissen, dass etwas für sie gestorben war. Und auf einen Menschen kamen da nicht zwei oder drei oder zehn oder zwanzig Pokémon, nein. Ein Mensch nahm während seines ganzen Lebens über 1000 Pokémon zu sich. Und das war nicht grausam, weil es vor hundert Jahren war? Du bist töricht und dem Tor ist kein Unheil zu gering.«
    »Du hast diese Pokémon nicht getötet, weil du zeigen wolltest, dass die Vergangenheit schlecht war. Wäre das deine Absicht gewesen, wärst du gar nicht erst Teil dieser Verbrecherbande geworden, als bekannt wurde, was die wahren Absichten waren. Was du zeigen wolltest, ist deine Freude am Morden, nur um andere zu verschrecken. Du bist widerlich«, schrie Miranda voller Inbrunst in der Stimme. Der Zorn war in ihr aufgestiegen und sie spürte, dass ihr immer wärmer wurde. War Recht bei Metamera wirklich eine Verhandlung? Würde sie ihre Taten wirklich mit Gefängnis sühnen? War ihr Tod nicht viel sicherer der Weg, um die Welt ein bisschen besser zu machen?
    »Ahhh, ich spüre, dein Hass wird immer größer und es entzückt mich. Das ist sicherlich dein erstes Mal, seit dein Daddy dich und deine Schwester hin und wieder schlug, weil ihr Enttäuschungen wart, nicht wahr? Wer so sehr in seiner Gefühlswelt schwankt, ist aber auch ein hoffnungsloser Fall. Ganz entzückend!«, rief Metamera voller Freude und öffnete ihre Augen, so weit, dass man oberhalb und unterhalb der Iris das Weiß des Augapfels sehen konnte. »Lass uns beginnen, du wartest doch nur darauf!«
    Ein schwarzes Licht zerschnitt die Luft, als eine dunkelgraue Kapsel sich öffnete.
    Ein Morbitesse zog sich aus dem Licht heraus und schien für den ersten Angriff bereit. Die blauen Augen signalisierten eine Psycho-Attacke, also war Lilium wohl die beste Möglichkeit, um zu gewinnen. Käfer-Attacken waren schließlich sehr effektiv gegenüber Psycho-Pokémon.
    Noch ehe es zu einem ersten Angriff kam, änderte sich das Licht um die Augen des Morbitesse herum und ein dunkelrotes Glühen nahm das hellblaue Strahlen nach und nach ein, bis nur noch am Rand letzte Funken des Lichts zu sehen waren, um dann ganz zu erlöschen. Setzte Metamera bereits ihre Gabe ein?
    »Morbitesse, Psychokinese!«
    Lange Metallstangen zogen sich aus den Ecken des Saals zusammen, die Rohre aus der Orgel lösten sich und stoben alle in eine Richtung zusammen, bis Dutzende metallische Geschosse in der Luft schwebten und alles und jeden in der Umgebung zu treffen vermochten. Miranda musste den Angriff rechtzeitig aufhalten, bevor dieser überhaupt weitergeführt werden konnte.
    »Lilium, Fadenschuss auf die Säulen, bilde so schnell wie möglich ein Netz!«
    Ohne nachzudenken machte sich das Schneider-Pokémon an die Arbeit, spann die Fäden an die ersten beiden Leitsäulen, während sich die Metallrohre langsam in Bewegung setzten. Trotz all der Kraft durch Metameras Gabe musste das Morbitesse eine Menge Kraft aufwenden, um so eine große Last tragen zu können. Und das war Mirandas einzige Hoffnung, denn Kraftaufwand benötigte mehr Zeit. Aber ob diese reichen würde, konnte niemand wissen.
    Die Rohre waren nur noch zehn Meter entfernt, als Lilium die grundlegende Arbeit erledigt hatte.
    Die beiden nächstliegenden Säulen waren nun mit zehn horizontalen Fäden verbunden, die wiederum fünfzehn diagonale Fäden verbanden. Ein wirkliches Netz, für das Käfer-Pokémon bekannt waren, war das sicherlich nicht, aber es musste auch andere Aufgaben erfüllen.
    Es war noch nicht fertig, als die ersten Rohre dieses durchbohrten, aber durch die Stabilität des Netzes teilweise zu Boden fielen oder an den Klebfäden hängen blieben. Die letzten wenigen Rohre jedoch stellten ein Problem dar und Miranda hatte keine Chance, etwas dagegen zu tun.
    »Ada, Flammenwurf gegen die Rohre!«, rief Amandas vertraute, warme Stimme, die etwas zitterte. Doch trotz allem: Sie rief und sie hatte sich in den Kampf eingeklinkt.
    Auch das Netz fing Feuer, als die Rohre in einem blauen Flammenmeer immer weicher wurden und sich nach unten bogen. Geschmolzen waren sie nicht, aber Morbitesse' Macht über das Metall war erloschen.
    »Na, na! Das geht so aber nicht, Madam! Eine Frau kämpft nur gegen eine andere Frau, nicht gegen zwei. Hat dir denn niemals jemand etwas über faire Kämpfe beigebracht?!«, rief Metamera erzürnt und lachte dennoch noch im gleichen Augenblick. Ihre eigene Wut verstärkte ihre Gabe nur noch mehr und das war ihr größter Trumpf. Sie konnte damit ihre eigene Spitzenamplitude erschaffen. Und das zeigte sich auch in den Augen des Morbitesse, die nun mehr an ein Schwarz als an ein Dunkelrot erinnerten.
    »Psychoschock!«, schrie die Plasma-Kommandantin.
    Dieses Mal war nicht Lilium das Ziel, sondern Ada, wie Miranda schnell feststellte. Doch auch Amanda hatte das bemerkt, denn sie rief gerade noch: »Ada! Weich aus und greif das Morbitesse dann mit Sondersensor an!«
    Das rosafarbene Vulnona konnte sich gerade noch schnell genug dem Großteil des psychokinetischen Stein-Regens entziehen, doch einige der Randstücke trafen Ada schwer in der Flanke und rissen die Haut des Feuer-Pokémon auf, die nun zu dampfen begann. Die Steine schienen sich weiter durch Adas Körper zu ziehen, denn das Fuchs-Pokémon jaulte auf. Noch bevor weitere Verletzungen erfolgen konnte, rief Amanda ihr Pokémon zurück.
    »Wie langweilig. Ich hätte gerne gesehen, wie sich die Steine langsam durch den Körper ziehen, bis sie das Ziel erreicht hätten. Das Ziel waren übrigens die Augäpfel. Ich konnte rote Augen bei rosa Fell sowieso noch nie leiden! Ich hätte dir doch sogar einen Gefallen getan! Und du dankst es mir nicht einmal …«, reagierte die Frau mit den smaragdgrünen Augen empört, »aber nun sind wir wieder unter uns, Mirandalein. Hach, wie ich mich freue.«
    »Finsteraura«, fügte sie hinzu.
    Normalerweise bildete sich eine Finsteraura unterhalb der Pokémon, die die Kräfte der Schatten kanalisierten, doch in diesem Fall zogen sich zwei Ringe aus den Augen des Morbitesse, die immer größer wurden, bis sie den Boden erreichten und diesen aufsprengten.
    »Schwerttanz! Und dann Kreuzschere!«, rief Miranda als Konter.
    Lilium sprang in die Luft, schloss die Augen und um es herum erschienen sechs blaue Fackeln aus Licht, die beinahe so geformt waren wie Schwerter. Diese zogen sich daraufhin zusammen und setzten sich an den Körper des Käfer-Pokémon, um daraufhin unter der Oberfläche zu verschwinden. Daraufhin begannen die beiden Sensen zu leuchten, die Matrifols Arme waren, wurden größer und größer, bis sie schließlich so groß waren wie Lilium selbst.
    Mit einer noch höheren Geschwindigkeit zog sich Matrifol an den Finsterauren vorbei, schoss direkt auf das Psycho-Pokémon zu und schnitt es frontal, sodass sogleich Blut aus dem Körper spritzte.
    Miranda verzog sofort das Gesicht, denn das hatte sie nicht erwartet. Sie hatte zwar von Rebecca Joy gehört, dass Metameras Gabe nicht nur positive Auswirkungen auf ihre Pokémon hatte, aber das ließ sie beinahe aufschreien. Statt der defensiven Stärke eines normalen Pokémon hatten ihre Kampfsklaven jegliche Verteidigungsfähigkeit aufgegeben, um immer stärker zu werden. Sie waren lediglich dünne Hüllen voller Energie.
    Das Morbitesse schrie auf und auch Metamera entfuhr ein Kreischen. Die Kommandantin hatte wohl nicht mit so einem Angriff gerechnet und war nun noch wütender. So wütend, dass die Energie, die ihre Gabe freilegte, sichtbar wurde und wie ein schwarzer Nebel den ganzen Saal umflutete. Miranda wurde kalt und sie spürte, wie ihr Herz pochte.
    »Mach sie fertig!!«, schrie Metamera aus Leibeskräften, während das Morbitesse eine erneute Finsteraura aussendete, die noch größer und noch kälter war als die erste. So groß, dass Lilium gar nicht ausweichen konnte und frontal getroffen wurde.
    Das Käfer-Pokémon fiel zu Boden, Wunden übersäten den grazilen Körper und es zuckte nur noch leicht. Metamera konnte sich nicht mehr halten und brach in schallendes Gelächter aus, sie schien in ihren schönsten Träumen angelangt. »Noch mal! Noch mal!«
    Sofort rannte Miranda zu ihrem Pokémon, ohne auf die Konsequenzen zu achten, legte sich schützend über ihr Pokémon, als die Finsteraura nur noch wenige Zentimeter entfernt war.
    »Halte durch, Lilium! Dir darf nichts passieren! Ich beschütze dich!«, flüsterte sie zu ihrem Pokémon und schloss die Augen. Zumindest tat sie etwas Gutes.
    Sie erwartete den Schlag, die Schmerzen, doch es blieb aus. Sie öffnete die Augen und erkannte, dass sich noch jemand anderes vor sie gestellt hatte, um sie zu schützen. Calisto.
    Seine Kleidung war zerrissen und blutende Wunden zogen sich über seinen ganzen Oberkörper und sein Gesicht. Sein Haaransatz war im warmen Rot getränkt und seine Atmung verlief nur noch schwer. »Es ist nicht dein Kampf, es ist meiner. Du wirst nicht sterben, weil ich nicht stark genug war, sie schon vor Monaten zur Strecke zu bringen!«, waren seine letzten Worte, bevor er zusammensackte und sich nicht mehr rührte.
    War er …? War er tot?
    Miranda schaute ihn an, noch atmete er. Noch. Sie hatte keine Zeit mehr. Sie hatte keine Geduld mehr. Es reichte ein für alle Mal. Miranda schrie so laut wie möglich, sammelte all ihre Energie. Sie würde nicht aufgeben. Der Kampf war noch nicht vorbei.
    Ihre Gabe, die Gabe der Stärke, durchzog sie wie nie zuvor und sie spürte wie jede Angst und jede Wut aus ihrem Körper glitt und einem anderen Gefühl Platz machten: Siegeswillen. Ein Gefühl jenseits von Gut und Böse, völlig unabhängig von und doch so sehr gebunden an andere Gefühle.
    Lilium regte sich wieder, ihre Wunden bluteten nicht mehr, das Blut war geronnen. Doch etwas war anders an ihrem Matrifol: Die Augen leuchteten in einem strahlenden Grün. Ihre Gabe war vollkommen erwacht.
    »Nein! Nein, das kann ich nicht akzeptieren! Erst lässt du mir nicht den einen großen Genuss, Calisto als Letzten von euch zu töten, damit er in vollem Bewusstsein erlebt, wie ihr sterbt! Dann kommst du mit irgendeiner Voodoo-Gabe und lässt das Blut deines Pokémon gerinnen, damit es wieder erwacht! Und dann willst du noch nicht einmal aufgeben und einfach sterben? Es reicht mir!«, kreischte Metamera mit krächzender Stimme.
    »Morbitesse, Felsgrab!«
    »Lilium, Kreuzschere!«
    Sofort zogen sich Brocken aus dem vorher so massiven Boden, die weißen Steinblöcke, über die nun rote Rinnsale liefen, in die Luft und stießen direkt ihren Weg in Richtung Lilium an. Doch wie befohlen zerschnitt das Matrifol die Steinblöcke, die ein eher leichtes Hindernis für das langjährig trainierte Käfer-Pokémon darstellten. Zu leicht.
    Metamera lachte und Miranda suchte den Grund dafür. Und schnell erkannte sie: Morbitesse war verschwunden. Doch wo war es hin?
    Dann erkannte sie erneut.
    Morbitesse war in einem Moment verschwunden und tauchte im nächsten Moment direkt hinter Amanda auf. Metamera war niemand, der direkt Rache an ihrer Nemesis nahm, sie wollte den größten seelischen Schaden hervorrufen, bevor sie die Reste eigenhändig zerstörte. Natürlich war für die blonde Frau ihre Schwester der wichtigste Mensch.
    »Amanda!«, heulte Miranda laut auf. Doch das Morbitesse hatte bereits eine Kugel aus violett schimmernder Energie erschaffen, zielte direkt auf Amandas Herz und …
    Morbitesse erstarrte.
    Rote Bänder aus Licht hielten das Psycho-Pokémon fest an der Stelle, an der es gerade ausholen wollte, um Mirandas Schwester zu beseitigen. Scheinbar aktivierte sich die Konsequenz der Gabe Metameras und das Pokémon schrie auf.
    Langsam schnitt ein unsichtbares Messer über den ganzen Körper Wunden, Blut tropfte auf den Boden, während die geisterhafte Attacke des Pokémon weiterhin auflud.
    Auflud, bis der Spukball so groß war, dass die Kraft nicht mehr gehalten werden konnte und die Energiekugel explodierte – und dabei die Umgebung und das Morbitesse umschloss.
    Eine Staubwolke entstand durch den ganzen Schutt, der durch die Detonation entstanden war und lichtete sich erst wenige Augenblicke später, als ein Körper leblos zu Boden fiel. Und mit ihm sank Amanda zusammen.
    War das ihre Gabe gewesen?
    »Was soll das?! Komm zurück, Morbitesse!«, bellte die Plasma-Kommandantin und rief das Psycho-Pokémon mit dem schwarzen Licht zurück.
    »Fein, ihr habt mein Morbitesse besiegt, aber zu welchem Preis? Calisto Farewell ist kurz vor seinem Tod und ihr werdet ihn nicht so schnell ins Krankenhaus bringen können, wie er verblutet. Das Vulnona deiner Schwester ist bereits außer Gefecht gesetzt und dein Matrifol wird auch nicht mehr lange aushalten, auch trotz dieses ach-so-wunderbaren Kraftschubs. Und ich habe noch nicht ein Mal meine Trümpfe eingesetzt! Was glaubst du, was passiert noch? Dass ihr gewinnt? Und selbst wenn ihr das schaffen würdet. Team Plasma ist so viel mächtiger als jemals zuvor und wartet nur darauf, in aller Öffentlichkeit zurückzukehren. Ihr seid nichts im Vergleich zu uns. Jämmerliche Voltilamm, die darauf warten, geschoren zu werden. Und irgendwann werden auch sie geschlachtet, weil sie zu alt sind, um weiche Wolle zu produzieren. Das ist euer Schicksal und nichts weiter!«
    »Knuddeluff!«, rief die Kommandantin mit hasserfüllter Stimme, ein schwarzer Pokéball füllte die Hand der Frau. Gekonnt warf sie ihn in die Luft und das blaue Licht ließ ein übermäßig großes Pokémon zum Vorschein kommen. Lange Ohren mit weißen Spitzen, ein ovaler Körper mit rosafarbenem Fell und leuchtend blaue Augen, die selbst bei der Hitze im Saal dafür sorgten, dass das Blut in Mirandas Körper langsamer floss und langsam gefror.
    »Lilium, Kreuzschere!«, rief sie ihrem Matrifol zu, das sich umgehend in Bewegung setzte, getrieben von der Kraft in seinen Adern, die durch die Gabe der ehemaligen Muse freigesetzt worden war. Doch es war keine destruktive Kraft, es war nicht vergleichbar mit Metameras Gabe. Nein, diese Kraft entstand nicht durch Hass oder Zorn, sondern durch die Freundschaft zwischen Mensch und Pokémon. Die Verbindung, die Miranda und Lilium so zusammenschweißte.
    »Feuersturm!«, brüllte die Frau mit den smaragdgrünen Augen und starrte die Schwestern dabei an. Und Miranda verstand dieses Mal und wusste, was ihr Blick zu bedeuten hatte. Nicht Lilium war das Ziel und dieses Mal konnte Calisto sie nicht retten.
    Sie wollte sich gerade einen zweiten Pokéball schnappen, doch Amanda schien es auch verstanden zu haben und hatte bereits einen in der Hand. »Belladonna, hilf uns, Spiegelcape«, flüsterte die Muse der Lieber und schloss beim Aktivieren der Kapsel die Augen. Ihre Schwester, das wusste Miranda, war am Ende, aber sie machte trotzdem weiter.
    Die glänzenden Schuppen des Milotic strahlten ein helles Licht aus, das sich im Kontrast zu den Fackeln und Spießen erhob. Die züngelnden Flammen, die sich im Saal ausgebreitet hatten und beinahe Miranda und Amanda eingenommen hätten, wichen zurück, wurden zurückgeworfen auf das Knuddeluff, das schmerzerfüllt schrie.
    Noch waren die Schwestern nicht am Ende und sie würden nicht gegen Metamera aufgeben. Wenn sie das taten, hatten sie auch keine Chance gegen ihren Adoptivvater.
    Ihrer Gegnerin schien das ebenfalls aufzufallen, denn ihr Gesicht füllte sich wieder mit Zorn und sie schrie ihnen entgegen: »Wir sind drei Kommandanten, die ihr besiegen müsst, bevor ihr jemals wieder zu G-Cis vordringen werdet. Doch das werdet ihr nicht schaffen, denn die anderen beiden Kommandanten sind nicht schwächer als ich. Ihr seid lächerlich und nicht zu belehren, fürchte ich. Versteht ihr es denn nicht?! G-Cis ist ein Visionär und unter seiner Führung wird die Welt eine neue Zeit des Ruhms erleben. Und ihr müsst euch ihm in den Weg stellen? Was seid ihr nur für blinde Menschen! Das ist das Ende!«
    »Oh ja, Metamera, das ist das Ende, das stimmt. Noch bevor wir den Saal hier betreten haben, habe ich mein Simsala losgeschickt, um Unterstützung zu holen, weil ich nur zu sicher war, dass wir dir nicht ebenbürtig sein könnten. Ich mag naiv sein, aber ich kenne die Tricks meines Vaters und mir war klar, dass du nicht anders sein würdest. Ich hatte nur nicht erwartet, dass du noch schlimmer als er sein könntest … dass du noch mehr Pokémon so grausam behandeln könntest. Doch ja, ich habe mich getäuscht und gesehen, wie tief der menschliche Abgrund gehen kann. Nein, ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich das Ende war und es bringt mich zum Weinen. Aber meine Aufgabe war es auch nur, dich so lange abzulenken, bis die Einheiten die gesamte Umgebung umzingelt haben. Du kannst nicht mehr fliehen, egal was du versuchst. Es ist vorbei! Und ich glaube, Rebecca Joy wird ihre persönliche Freude dabei haben, dich zu Team Plasma zu befragen.«
    In diesem Moment tauchten Rebecca Joy und die beiden anderen Frauen, Fiona Fiér und Roswitha Sterdam, auf und das wahnsinnige Lächeln der Frau mit den smaragdgrünen Augen, die sogar die dunkelste Nacht erleuchten konnten, verzog sich zu einer klagenden Miene. Viel hatte sich in den letzten vierzig Tagen getan, seit sie ihr Gaben-Training begonnen hatte. Und heute hatte es sich bezahlt gemacht.
    Gewiss: Helden waren keine Ritter in weiß glänzender Rüstung. Helden waren eben doch nur Menschen mit Fehlern, die sie dazu brachten, über sich hinauszuwachsen und nach dem Besten zu streben. Nach dem Besten für alle und nicht nur für sich selbst.


    Und es wird weitergehen …

  • Hallo Dusk,


    endlich folgt das große Finale mit Metamera, nachdem sie sich in den letzten Kapiteln als große Bedrohung herausgestellt hat. Und dabei wirkt sie in diesem Kapitel noch so viel gefährlicher als davor, was nicht nur an der Orgel im Raum liegt, sondern auch an ihrer Fähigkeit, die zu Höchstleistungen anspornt. Die Auseinandersetzung zwischen den Pokémon selbst war eher kurz, aber intensiv und angesichts dessen, was auf dem Spiel stand und anhand der Beschreibungen - ich denke hier jetzt nur mal an die Rohre -, passte das auch gut so. Ein Kampf unter besonderen Pokémon, der oftmals Spannung und auch Angst unter den Beteiligten hervorgerufen hat. Morbitesse wurde schließlich auch die Gabe zum Verhängnis, sodass Amanda nicht die volle Stärke abbekam. Aber schlussendlich wurde der Kampf durch eine typische Rede aufgelöst. Gerade, als es wohl so richtig loszugehen schien, kamen schon die Einsatzkräfte und ließen Metamera verstummen. Das fand ich etwas schade, weil du ja tatsächlich diese Bedrohung so langsam aufgebaut hast und hier kurzzeitig gipfeln hast lassen, jedoch auch wieder schnell damit abgezogen hast. Es wirkt irgendwie nicht verdient.
    In dem Zusammenhang muss ich auch kurz die langen Reden erwähnen. Metamera nimmt sich oft die Freiheit, einen Monolog zu führen und ich weiß gar nicht, ob das in der angespannten Situation überhaupt normal wäre, da auch zuzuhören. Eher würden wohl Gedankenwelten aufeinandertreffen und heftige Dialoge entstehen. Besonders am Ende ist das aufgefallen, als sich auch Miranda zu Wort gemeldet und es ihr gleichgetan hat.


    Es bleibt noch viel offen. Die erste Kommandantin ist geschlagen; aber es warten noch einige mehr darauf, von den Agenten zerschlagen zu werden, um schließlich zum eigentlichen Ziel zu gelangen. Und bis dahin könnte es tatsächlich noch ein sehr steiniger Weg werden.


    Wir lesen uns!


  • Die Stimmung im Hubschrauber war getrübt. Nicht nur wegen der Verbrecherin, die ihren Mund nicht mehr öffnen konnte, weil eine schwere graue Eisenmaske die Lippen zusammendrückte, sondern auch wegen der Trage abseits hinter einer weißen Tür mit großer Glasscheibe, auf der Calisto Farewell, Mirandas Beschützer, lag. Wäre die düstere Miene, die die Qualen des Mannes gezeigt hatten, nicht schon seit einiger Zeit auf seinen Zügen gewesen, hätte sich die blonde Agentin wohl nicht mehr getraut, ihn anzuschauen. Sein Ebenbild hatte sich in den letzten Wochen so verändert, dass sie den Anblick irgendwie ertragen konnte. Aber doch schmerzte ihr Herz, während sie die leisen Geräusche durch die dicke Schutztür hörte, die Calisto vor Infektionen schützen sollte.
    »Wird er durchkommen, Rebecca? Er hat uns beschützt, er hat sich zwischen uns und den Attacken ihrer«, sie blickte zu Metamera, deren höhnisches Lächeln auch hinter der Maske zu erkennen war, »Pokémon geworfen und uns gerettet. Ich kann es nicht ertragen, wenn er wegen uns stirbt. Unseretwegen soll er nicht sterben.«
    »Ich werde euch Beiden nichts vormachen, Miranda, dafür wisst ihr zu genau, was ihm passiert ist. Aber wenn er jemals eine Chance gehabt hat, dann bei uns und diese Chance werden wir nutzen. Aber egal was passiert, es ist nicht eure Schuld, was passiert ist. Hört ihr? Nur euretwegen wird er überhaupt die Chance haben!«, dann blickte sie in Richtung des liegenden Körpers, »Oh, Calisto, Regeln einzuhalten war noch nie deine Stärke, aber du wusstest, wie stark sie geworden sind. Wieso hast du nicht gewartet? Ich verstehe deine Schmerzen, aber schau, was mit dir passiert ist. Hätte ich nur besser auf dich aufgepasst …«
    Miranda schaute zum Boden, denn eine Träne bildete sich gerade in ihrem Auge. Es war ihr nicht peinlich, sie fühlte sich nicht schwach wegen dieser Träne. Aber sie wusste, dass Metamera in ihrer Nähe war und alles sehen konnte, was in Miranda vorging. Diese Freude wollte sie der Plasma-Kommandantin aber nicht gönnen. Die Muse des Friedens hatte in sich noch niemals das Gefühl von Hass oder Zorn gehabt, zumindest nicht auf diese Weise. Doch die brünette Frau hatte in ihr etwas ausgelöst, das sie nur schlecht kontrollieren konnte. Warum konnte sie nicht einfach sterben? Sie hatte so viele Lieben auf ihrem Gewissen, nur um LeBelle, Calisto, zu verhöhnen und ihm noch mehr Leid zuzufügen. Wie konnte das fair sein?
    Und wenn sie dem einfach selbst ein Ende bereiten könnte? Es wäre so leicht, gerade in diesem Moment war niemand darauf vorbereitet. Niemand. Auch nicht Rebecca und auch nicht ihre Schwester. Ihre Schwester.
    Miranda blickte wieder nach oben und richtete ihren Kopf nach rechts, wo Amanda, ihre Schwester, saß und auch sie anschaute. Ihretwegen war die Blondine während der ganzen Mission nicht zusammengebrochen, nur ihretwegen hatte sie Metamera so problemlos gegenüberstehen können, ohne diese Angst zu spüren, die sie jetzt in sich spürte, weil sie nicht sicher waren, solange Team Plasma noch weitere solcher Mörder aufbieten konnte.
    Aber um ihretwillen musste sie stark bleiben, denn andersherum war es doch genauso. Amanda war für sie da und hatte eine Stärke entwickelt, für die sie jeder Agent der P.G.A. nur beneiden konnte. Sie war eine so viel bessere Agentin als Miranda geworden. Hatte sie denn gar keine dieser Gedanken?
    Miranda tippte Amanda an und deutete ihr an, in den Abstellraum zu kommen, der sich im hinteren Abschnitt des Hubschraubers mit den zwei riesigen Propellern befand, in dem Rebecca Joy so häufig unterwegs war.
    »Wir sind gleich wieder da, Rebecca«, meinte Amanda mit fester Stimme und hatte ein leichtes Lächeln im Gesicht, während sie die Top-Agentin ansprach, die als Antwort nur nickte und Metamera im Auge behielt.
    So gingen die Schwestern ein Stück und schlossen die schmale Tür hinter sich. Sobald das geschehen war, sprudelte es aus Miranda raus: »Wie schaffst du es nur, so ruhig zu bleiben? Wie kannst du Rebecca anlächeln, obwohl wir so etwas Grausames gesehen haben? Wie kannst du nicht weinen bei den Gedanken an die Pokémon, die nur ihretwegen gestorben sind? Sie hat diese ganzen unschuldigen Pokémon zerteilt und sich gefreut und sie fand es toll. Hast du ihren Gesichtsausdruck gesehen? Hast du gesehen, wie sie gelächelt hat?
    Wie schaffst du das?
    Amanda, ich schaffe das nicht. Wenn ich noch einen Moment in ihrer Nähe bin, dann muss ich mich übergeben und ich weiß nicht, ob es das dann gewesen ist. Ich habe Angst, dass ich mich nicht halten kann und ihr etwas tue, solange ich noch kann. Ich weiß, dass ich das nicht darf. Ich weiß, dass ich dann nicht besser bin als sie. Aber das kann ich nicht akzeptieren. Sie hat diese ganzen Sachen gemacht und darf leben? Vielleicht stirbt Calisto. Vielleicht stirbt der Junge im Krankenhaus.
    Und sie lebt. Sie lebt und lacht und wahrscheinlich kommt sie irgendwann aus einem Gefängnis und lacht weiter und tötet weiter.
    Und wahrscheinlich wird sie über das Gefängnis herrschen und nicht aus ihren Fehlern lernen. Amanda, es macht mich verrückt, ich weiß nicht, was ich tun kann, damit dieses Gefühl aufhört. Dieser Hass und dieser Zorn und diese Übelkeit. Ich schaffe es nicht. Ich schaffe es einfach nicht.«
    Amanda schaute sie mit besorgtem Blick an, als es Miranda wirklich hochkam. Die Frau mit den rosafarbenen Haaren schaffte es gerade noch so, ihrer Schwester irgendeinen Eimer zu beschaffen, der wohl kein Eimer war, sondern eher eine Kiste, in der irgendetwas sonst lagerte. Und sie hielt ihrer Schwester die Haare, während sie alles rausließ.
    Eine ruhige Hand strich über den Rücken der Muse des Friedens und sobald sie fertig war, blickte sie ihre Schwester mit müden Augen an und schaute dann wieder weg, denn sie hatte Angst, Erbrochenes im Gesicht zu haben. So etwas Banales war ihr gerade wichtig. Sie wollte diesen Zustand mit niemandem teilen, auch nicht mit ihrer Schwester. Aber sie brauchte sie bei sich und wegschicken wollte sie Amanda sowieso nicht.
    Nach einigen Augenblicken schaffte sie es wieder, einigermaßen ruhig zu atmen und da begann ihre Schwester Amanda zu reden: »Weißt du noch, als wir gerade zu G-Cis kamen und wir es geschafft hatten, aus dem Wald zu kommen? Und dann meintest du, dass es nichts gäbe, das uns etwas anhaben kann, solange wir uns haben. Ich muss sagen, dass ich lange Zeit nicht daran gedacht habe. Ich weiß nicht, wann ich diesen Gedanken aufgegeben habe. Aber in diesen Momenten, seit wir bei der P.G.A. sind und all diesen Verbrechern begegnen, die früher unsere Freunde waren, habe ich bemerkt, wie stark du bist. Du hast es geschafft, diese Gefühle hinter dir zu lassen und du hast diesen Mut an dir, der mir so fehlt.
    Aber als ich dann überlegte, fiel mir wieder ein, was du mir damals gesagt hast. Und seit diesem Tag sage ich mir in jeder Situation, die mich innerlich zerreißt, dass du da bist und wir zusammen sind. Solange wir zusammen sind, kann mich nichts aufhalten. Auch nicht diese Bilder. Sie machen mir etwas aus und diese Frau hat diese Gerechtigkeit nicht verdient. Aber ich glaube an dich. Und ich glaube an unser Ziel. Und deswegen glaube ich auch, dass der Weg der P.G.A. der einzige ist, der uns nicht zu solchen Monstern macht wie sie. Und solange du bei mir bist, kann ich diesen Weg auch gehen. Weil du mein Anker bist. Weil du meine Seelenverwandte bist.
    Du bist, was mich in der Wirklichkeit hält.
    Darf ich das auch für dich sein?«
    Wie dumm sie sich jetzt doch fühlte. Wie konnte Amanda nur so weise sein? Immer wieder konnte sie nur ihre Schwester anschauen und bewundern, was aus ihrer geworden war. Denn sie selbst fühlte sich gerade so stark wie seit langer Zeit nicht mehr. Ihre Schwester hatte ihre Lebensgeister wieder entflammen lassen und ihr ein Gefühl der Sicherheit gegeben. Sie liebte Amanda jeden Moment mehr.
    »Du bist es für mich. Seit ich denken kann. Du bist du. Danke sehr, Amanda«, sprach die blonde Agentin und drückte die andere Frau an sich, viele Momente lang.
    Dann nickte sie, wie als Zeichen für irgendeinen unsichtbaren Betrachter, öffnete die Tür mit der linken Hand und ging zielgerichtet zur weißen Tür, hinter der Calisto Farewell lag und gerade wohl um sein Leben kämpfte.


    Sie waren eine Stunde lang unterwegs, was im Vergleich zur Autofahrt am Mittag sehr lang wirkte. Aber das war wohl auch nicht verwunderlich bei einem Autofahrer wie Calisto, der dreimal schneller fuhr als das Limit erlaubte. Miranda musste lächeln, doch nicht viel später versetzte es ihr einen Stich. Sie hatte nicht vergessen, was ihm passiert war, aber es kam ihr doch vor wie eine ganz andere Zeit. Als seien Wochen vergangen.
    Kaum waren sie gelandet, war Metamera schon von drei Agenten zu einem Verhörzimmer eskortiert, die nicht mehr so lächelte. Miranda wusste nicht wieso, aber irgendwie hatte sie sich vorstellen können, dass die Kommandantin wohl gehofft hatte, dass man sie befreien würde. Und wenn die Blondine ehrlich zu sich war, hatte sie das auch erwartet, nachdem G-Cis das letzte Mal ohne Probleme entkommen war, weil man ihm geholfen hatte.
    Rebecca Joy war der Eskorte gefolgt, kam jedoch nach kurzer Zeit wieder zurück und sprach die Schwestern an: »Ich möchte euch jemanden vorstellen, der euch mit euren Gaben helfen möchte. Ich bin mir eurer Schmerzen bewusst und wenn ihr wünscht, verschieben wir das, aber wenn ihr euch bereit genug fühlt, wäre das gut.«
    Die Schwestern schauten sich an und schnell war klar, dass Miranda antworten sollte, denn sie waren sich einig: »Wenn wir noch besser trainiert gewesen wären, unsere Gaben einzusetzen, wäre das mit Calisto niemals passiert. Ich will nicht …– wir wollen nicht, dass so etwas noch mal passiert. Also ja, bitte stell uns diesen jemand vor, wenn er uns wirklich helfen kann.«
    Rebecca nickte und hinter ihr stand von einem Augenblick auf den anderen ein Mann mit grauen Haaren, der irgendwie alt wirkte, aber dann doch wieder jung. Es war schwer zu sagen, wie alt er war oder aus welcher Region er stammen könnte, keine dieser typisch stereotypischen Merkmale besaß er und so war eigentlich Folgendes sicher: Er hatte graue Haare und seine Augen waren ebenso grau. Er war ein Mann. Und er war angezogen wie ein Agent und dann doch nicht, denn seine Uniform erinnerte eher an einen Anzug und sah doch so leicht aus, dass er darin auch kämpfen könnte. Wer war er?
    »Mein Name lautet Elias Barett und ich habe leider erfahren müssen, was euch zugestoßen ist. Ich wollte euch schon seit vielen Jahren einmal begegnen, denn eure Schicksale und meines sind miteinander verwoben wie kaum ein anderes. Umso trauriger macht es mich, euch jetzt erst sehen zu können.
    Man sagt mir nach, dass ich ein ganz guter Lehrer sei und mich mit den Gaben auskennen würde. Ich hoffe, dass ich euch helfen kann, wenn ihr wirklich bereit seid. Wenn ihr das nicht seid, und ich weiß, dass ihr Rebecca gerade erst versichert habt, dass ihr das wärt, würdet ihr diese Lehrstunden vielleicht nicht so gut überstehen, wie ich es mir wünsche. Seid ihr euch also wirklich sicher, dass ihr schon jetzt mehr über die Gaben lernen wollt, die ihr in euch tragt?«
    »Ja, sind wird«, schoss es aus Amandas Mund.
    »Ich spüre Sicherheit in euren Herzen, also wird es so geschehen«, sprach Elias Barett mit einer Stimme, die ebenso wenig über sein Alter verriet wie sein Aussehen. Es gab so Stimmen, fand Miranda, die klangen alt. Und dann gab es Stimmen, die klangen nun einmal jung. Doch seine Stimme war alles und doch nichts. Wie ein klassisches Stück, das in einem modernen Lied zitiert worden war, ohne dabei seinen klassischen Charme zu verlieren.
    Dieser Mann war ein einziges großes Mysterium.
    Rebecca verbeugte sich respektvoll vor dem Mann, wie Miranda es noch nie zuvor gesehen hatte bei der Frau, der normalerweise selbst diese Geste zugedacht war. Wer war dieser Mann nur?
    Elias Barett atmete tief ein und deutete den beiden Agentinnen an, ihnen zu folgen: In einen Aufzug, der das Dach mit den anderen Etagen des hohen Gebäudes verband. Er drückte auf einen Knopf abseits der anderen und eine leise Melodie erklang, die ebenso mystisch anhauchte wie der geheimnisvolle Mann.
    »Erzählt mir bitte, was ihr bisher über die Gaben gelernt habt.«
    Und eine Tür öffnete sich und vor sich sah Miranda – sich selbst. Sich selbst vor vierzig Tagen.


    Vierzig Tage zuvor …
    Ein großer Saal eröffnete sich vor Mirandas Augen. Neben ihr war wie gewohnt ihre Schwester, ihnen gegenüber stand Rebecca Joy und die Frau, die dabei gewesen war, als man Calisto und den jungen Agenten in die Basis gebracht hatte, um ihnen zu helfen, nachdem sie das erste Mal von Metamera erfahren hatten.
    Dieser Raum war normalerweise eine der Trainingsarenen, in denen Agenten gegeneinander antreten konnten, um stärker zu werden. Hier hatten Miranda und Amanda schon viele Stunden verbracht, um mit Zoé und Lukas zu trainieren.
    Doch jetzt sah der Saal doch anders aus, drei Stühle befanden sich hier, dazu ein Tisch, auf dem einige Zettel lagen. Man konnte zwar Schrift erkennen, aber das musste die Sauklaue von Calisto Farewell sein, denn man konnte kaum ein Wort entziffern.
    Dann räusperte sich die P.G.A.-Kommandantin.
    »Ich glaube, ich habe euch bereits einmal vorgestellt, aber der Tradition wegen: Die junge Frau hier neben mir heißt Fiona Fiér und ist eine der legendären X-Agentinnen, die direkt dem Direktor und mir unterstellt sind. Sie ist eine Meisterin auf einem Gebiet, das euch wohl interessieren dürfte. Sie besitzt selbst eine Gabe und hat sie bis zur Perfektion ausgeprägt. Also denke ich, dass sie euch helfen können wird, eure Gaben grundsätzlich verstehen zu lernen«, kündigte Rebecca Joy mit extra tiefer Stimme an und deutete auf eine junge Frau mit relativ kurzen, rostbraunen Haaren und einer Kette, deren Anhänger ein alter Pokéball war.
    »Seit wann sprichst du eigentlich so förmlich, Rebecca? Das kenne ich gar nicht von dir. Ähm, also ja, ich bin Fiona, Fiér mit Nachnamen, viele Freunde nennen mich auch Neesha, aber das kommt von einer Mission damals in Kanto, also ist Fiona schon in Ordnung, wenn euch das besser gefällt. Jedenfalls bin ich die Trägerin der Gabe des Schutzes und bin daher irgendwie immun gegen allerlei psychokinetischen und telepathischen Einflüssen. Das hat mir auch bei der Mission damals geholfen.
    Euch hilft das aber vor allem deswegen, weil ich damit auch die Kehrseite erreichen kann. Wenn ihr also bereit seid, kann ich genauer in eurem Inneren betrachten, wie eure Gaben aktiviert werden. Ihr wisst, habe ich von Rebecca gehört, welche Gaben ihr ungefähr habt, oder?«, sprach die junge Frau in einer schnellen Abfolge von Silben.
    Miranda musste sich konzentrieren, alles zu verstehen, aber konnte dann doch recht bald antworten: »Ich habe die Gabe der Stärke in mir und kann damit meine Pokémon verstärken.«
    Amanda wiederum antwortete für sich: »Ich trage die Gabe der Liebe in mir. Die Pokémon in meiner Nähe werden ruhiger und teilweise sogar zahm.«
    Fiona nickte hastig und grinste: »Also haben du und ich irgendwie ähnliche Gaben, weil wir durch sie geschützt sind. Hast du mal ausprobiert, das Gegenteil zu machen? Pokémon, die zahm sind, nur mit deiner Gabe aufzustacheln?«
    Die Frau mit den rosafarbenen Haaren wurde bleicher und schüttelte unsicher den Kopf. »Nein, das kann ich nicht. Das will ich nicht können.«
    Die neue Lehrerin der Beiden grinste und ein leises Kichern entfloh ihren Lippen: »Das ist ungemein wichtig. Ihr müsst wissen, dass Gaben zwar irgendwie feste Bestandteile sind und man aus deiner Gabe der Stärke nicht auf einmal eine Gabe der Zuckerrüben machen kann, mit der man die Früchte von Tropius besonders süß macht oder so, aber der Träger einer Gabe kann diese doch irgendwie beeinflussen und in Richtungen lenken.
    Ich sehe bei euch, wenn ich eure Gefühlswelten betrachte, dass ihr eher Probleme habt mit Kämpfen. Bemerkenswert, dass du deine Gabe trotzdem kennst, Miranda. Das ist selten und zeugt davon, wie groß deine Fähigkeiten sein können. Ich bin gespannt!
    Also darf ich eure Erinnerungen durchforsten? Keine Angst, das ist kein Gedankenlesen, ich werde also nichts über euch erfahren, ich kann nur Gefühle ableiten, die zu einer besonderen Reaktion in eurem Körper geführt haben. Denn viele Gaben funktionieren über Pheromone, die Menschen zwar nicht mehr wirklich aufnehmen können, aber auf Pokémon wirken sie umso stärker.«
    Miranda und Amanda nickten verlegen und Fiona schloss die Augen.
    Erst spürte die Blondine nichts. Absolute Stille um sie herum und noch mehr Aufregung erfüllten sie, denn sie erwartete irgendetwas. Aber es blieb viele Momente aus. Fing Fiona vielleicht mit ihrer Schwester an?
    Dann auf einmal fühlte es sich an, als würde jemand sachte an Mirandas Kopf klopfen und einen Eingang suchen. Zwischen ihren Augen hörte das Klopfen dann schlagartig auf und dieses Gefühl machte einem neuen Gefühl Platz. Mehreren Gefühlen sogar. Erst war sie traurig, dann grinste sie breit, dann kamen ihr Tränen. Was geschah mit ihr?
    Noch ehe sie fragen konnte, war es vorbei. Sie fühlte sich, als hätte sie eine Nacht ganz schlecht geschlafen und sie setzte sich auf einen Stuhl, der Kopf fiel sachte auf einen ihrer Arme, der auf dem Tisch mit den ganzen Papieren lag. Aber sie schlief nicht ein. Sie wurde zwar immer erschöpfter, aber sie war nicht müde.
    Das Gleiche geschah wenige Augenblicke später mit Amanda, die kurz geschluchzt hatte, um dann einem lauten Gelächter zu verfallen. Was machte Fiona mit ihnen?
    Alle plötzlich aufgetretenen Gefühle fanden ihr Ende und Normalität breitete sich in Miranda aus, die nicht mehr erschöpft war. Und kurze Zeit später schon meinte die X-Agentin zu ihnen: »Bemerkenswert. Ihr seid echt Wunder. Ich verstehe nicht, wieso dieser G-Cis auch noch ein weiteres Kind adoptieren musste, wenn ihr Beiden solch eine unvorstellbare Macht in euch tragt. Ihr seid der Schlüssel zu einer neuen Zeit«, sprach sie voller Begeisterung.
    »Und was bedeutet das? Was hast du gefunden, Fiona?«, wollte Rebecca wissen, die noch immer etwas abseits stand und wohl alles beobachtet hatte.
    »Genau das ist es ja! Ich habe nichts gefunden. Es gibt keine Erklärung dafür, wie sich ihre Gaben entfalten. Ich kam nicht in ihre Köpfe und konnte nichts herausfinden. Du weißt, dass es nur zwei Menschen gibt, auf die das Gleiche zutrifft. Und du weißt, zu was sie imstande sind. Es ist fast so, als würde sich der Lauf der Geschichte wiederholen. Und wieder sind es zwei Geschwister, die diese legendären Gaben in sich tragen«, war Fionas Antwort, die noch immer nicht wieder ruhig war und schien, als würde sie gleich Luftsprünge vor Freude machen.
    »Das verstehe ich nicht«, meinte Miranda, »ich habe so viele Gefühle gespürt. Du hast doch gesehen, dass wir reagiert haben. Das war doch nicht nichts.«
    »Du musst wissen, dass meine Gabe oder eher deren Pheromone über Nervenbahnen wirken, die das emotionale Zentrum mit dem Erinnerungsvermögen verbinden. Das ist also eine Art Autoschlüssel der Gefühle, mit dem ich ein Auto freischalte, das ich zwar nicht kenne, das aber mit diesen Gefühlen verbunden ist.
    Wenn ich also selbst an etwas Lustiges denke, schaffe ich es, euer limbisches System so zu beeinflussen, dass ich alle Erinnerungen zu besonderer Freude erhalte. Normale Gehirne vermitteln mir dann etwas wie Vorschaubilder auf Video-Streaming-Seiten, wo man Ausschnitte sehen kann, aber nicht alles. Das reicht auch gut aus, um Informationen ableiten zu können.
    Eure Gehirne sind aber vergleichbar mit einem gut gesicherten Account auf einer Video-Streaming-Seite. Zwar kann ich eure Emotionen beeinflussen und habe das Passwort, um Zugriff zu erhalten, weil ich diese Emotionen aber nicht entsprechend verschlüsseln kann und keinen Zugriff auf die Log-In-Funktion habe, komme ich nicht an eure Erinnerungen.
    Das müsst ihr jetzt nicht verstehen, ist aber so. Und das ist einfach total großartig, denn ihr seid die ersten Menschen seit zehn Jahren, bei denen das nicht funktioniert. Die einzigen anderen Menschen sind wohl …«
    »Nicht jetzt«, mahnte Rebecca Joy Fiona und schaute sie eindringlich ein, während es in Mirandas Kopf schwirrte.
    »Das ist jedenfalls lange nicht mehr passiert. Besser so, Rebecca?«, fragte Fiona ihre Chefin und streckte ihr wie ein Kind die Zunge raus.
    »Sehr viel besser.«
    »Und was jetzt?«, fragte Amanda verunsichert.
    Fiona drehte ihren Kopf etwas, schaute Amanda ernst an, konnte den Gesichtsausdruck aber nicht lange halten und lächelte. »Jetzt versuchen wir, eure Fähigkeiten auf ganz konventionelle Weise zu trainieren. Hat vor mir ja schon bei vielen Leuten funktioniert. Ich musste da auch durch.«


    »Okay, diese Erinnerungen reichen mir schon, danke«, sprach der Mann wieder, als die Aufzugtür sich schloss, und vor Mirandas Augen verschwand das Bild, das sie ungläubig verfolgt hatte. Sie hatte alles gesehen, was vor vierzig Tagen passiert war. Aber wie war das möglich? Hatte der Mann es wirklich auch gesehen?
    Die Blondine schüttelte den Kopf und schaute Elias Barett an. »Wie konnten Sie das machen? Fiona hatte gesagt, dass niemand auf unsere Gedanken zugreifen könnte, weil wir irgendwie verschlüsselt wären. Aber bei Ihnen habe ich nicht einmal ein Gefühl gespürt, dass Sie in meinen Kopf eintreten!«
    »Du darfst mich duzen, ich duze euch schließlich auch. Und Fiona hat natürlich recht damit, dass man auf eure Erinnerungen nicht so zugreifen kann wie bei normaleren Menschen. Allerdings habe ich euch gebeten, dass ihr diese Erinnerungen bewusst wieder aufleben lasst, sodass diese Sicherung gar nicht mehr existierte. Wenn ihr nämlich zurückerinnert, werden diese Informationen an eine andere Stelle eures Kopfes transportiert. Und das zu knacken ist nicht schwer, wenn man Ahnung hat wie.
    Aber es tut mir leid, dass ich euch nicht gefragt habe, ob ich das darf, ich vergesse diese Gesten immer wieder«, erklärte der Grauhaarige und lächelte verlegen.
    Die beiden ehemaligen Musen nickten und Amanda antwortete für Beide: »Wir haben Ih... dir gesagt, dass wir bereit sind. Wenn es uns hilft, mach es. Wir sind bereit.«
    Das schien Elias Barett sichtlich zu erfreuen, denn kaum war das letzte Wort verhallt, sprach er: »Seid ihr bereit, eure Gaben zu entdecken? Ihr werdet nur das sehen, worauf ihr euch einlasst.«
    Ein wortloses Nicken, ein Lächeln und schon öffnete sich die Aufzugtür das nächste Mal.


  • Eure Gehirne sind aber vergleichbar mit einem gut gesicherten Account auf einer Video-Streaming-Seite.

    Auf den Vergleich muss man erst mal kommen. Das zeigt aber nur, wie unkonventionell Fiona denkt.


    Hallo Dusk! Dass sich Miranda und Amanda nach den Geschehnissen mit Calisto und Metamera nicht mehr so sicher über ihre eigenen Fähigkeiten fühlen, ist nachvollziehbar. Angesichts dessen, was mit ihnen alles angestellt werden kann, würde sich wohl jeder erst mal unwohl dabei fühlen und sich fragen, welche Extreme da überhaupt ausgereizt werden können. Gerade als Anzeichen für die Wut und den Hass hast du auch einen interessanten Gegenpol für Mirandas Gabe geschaffen, die Stärke zu erhöhen, den sie erst einmal zu zügeln wissen muss, damit sie das nicht unbewusst auf jemand anderen entladen kann. Denn Stärke kann man aus verschiedenen Gefühlen ziehen; die Frage dabei ist nur, ob es auch die richtigen Gefühle sind.
    Jedenfalls ist es interessant zu sehen, dass sie nunmehr darüber unterrichtet werden, was sie eigentlich können, passenderweise von jemandem, der ebenfalls Ahnung von der Sache hat. Da frage ich mich schon, wie es eigentlich zu diesen Gaben kam und wie viele Menschen noch von diesen Fähigkeiten profitieren. Überhaupt gefällt es mir aber, dass du nicht nur die beiden Schwestern zu besonderen Fähigkeiten gebracht hast, sondern auch andere, bisher unbekannte Leute, die nun nach und nach vorgestellt werden. In Bezug auf Team Plasma erklärt es auch, wieso sich G-Cis um all diese Leute bemüht hat und das wirft ein ganz neues Licht auf die Geschehnisse in den Einall-Spielen. Ich freue mich daher schon auf das nächste Kapitel.


    Wir lesen uns!

  • Cyndaquil

    Hat das Thema geschlossen.