Alte Sünden
Klapptext
»Ich hänge nicht an der Vergangenheit. Wer zu sehr mit dem Gestern liebäugelt, dem entgeht die Chance, das Heute zu schreiben.«
Lucario verstummte und ließ von den intensiven Augen vor ihm ab. Der Brandy, den er in seinem Glas wild umherkreiseln ließ, erinnerte an ein glimmendes Glutnest, nur darauf wartend, zu einem ausgewachsenen Flächenbrand seiner Gedanken zu werden.
»Aber wer aus den Fehlern der Vergangenheit nicht lernt, der droht, dieselben Fehler erneut zu begehen«, widersprach Rutena.
Lucario spürte die warme, einfühlsame Berührung von Rutenas Pfote unter seinem Kinn, die ihn fort dem Getränk auf dem Tisch und wieder hinauf zu den roten Augen hob; ein Blick, der heiß auf seiner Seele brannte und Herz und Gedanken in unendlicher Agonie durchbohrte. Stumm und leise sahen sie einander an. Doch so wie Rutena von Lucarios Kinn abließ, so wanderte dessen Gesicht wieder hinab zu dem Brandy. Schweigsam.
Wieder schwenkte er die Flüssigkeit, diesmal schneller. Seine Gedanken verschwammen in einem in Ebenholz gereiften, bernsteinfarbenen Ozean. Der wild wirbelnde Alkohol und seine kreiselnden Gedanken vereinigten sich und wuchsen zu einem unzähmbaren Feuersturm heran. Die entfesselten scharlachroten Böen gaben verschwommenen Bildern Geburt, welche dann wieder von gewaltigen Farbexplosionen verschluckt und von neuen Erinnerungen abgelöst wurden. Lucario beobachtete den im Glas eingefangenen Wirbel, dann nippte er an ihm. Er wünschte, er könnte seine Erinnerungen einfach auf dem Grund des Glases zurücklassen und für immer begraben.