24. Kapitel
Herzhofen – Die Stadt des Reichtums (Teil III)
Im Gebäude war es ruhiger, sodass sich die Vier es in der Launch des Pokémon Center es sich gemütlich machen konnten. Zum Glück verfolgten die aufdringlichen Leute von der Straße sie nicht. So ersparten sich die Vier unliebsamen Blicken. Nur Schwester Joy kam zu ihnen um sich nach dem Wohlbefinden der Trainer zu erkundigen. Chaneira brachte jedem ein Glas Saft, den sie genüsslich austranken.
Kyouji lehnte sich ins Sofa zurück und musterte Kenta neugierig. „Und? Wie ist es dir ergangen?“, wollte er wissen. „Wie viele Orden hast du schon gesammelt?“ Kenta senkte den Kopf. „Keine Orden…“, murmelte der Junge. Er holte eine kleine, glänzende Schatulle heraus und öffnete sie. Zwei verschiedenfarbene Bänder kamen zum Vorschein. „Ich bin ein Koordinator.“ Kyouji war überrascht zu hören, dass der Junge keine Orden sammelte, wie es eigentlich jeder männliche Trainer tat. Mal abgesehen von Shuu… Beide Koordinatoren blickten mit gemischten Gefühlen auf die Bänder, die Kenta bereits gewonnen hat. Dies bedeutete wohl, dass Haruka und Shuu ihren ersten Rivalen kennen gelernt hatten. Und Kenta war alles Andere als ein Schwächling. Doch Rika schien von der Tatsache nicht überrascht zu sein. Sie hatte es geahnt, dass der zarte Junge kein Typ für harte Kämpfe war. Kyouji und Kenta unterschieden sich komplett. Kyouji war ein rauer und widerstandsfähiger Trainer, dagegen war Kenta eher schmächtig und wirkte zerbrechlich. „Mach dir nichts draus.“, tröstete Rika ihn. „Jeder wählt selbst seinen Weg erfolgreich zu werden.“ Auf dem Gesicht der Schwarzhaarigen schlich sich ein schwaches Lächeln.
Kyouji schien allerdings nicht so viel Verständnis für Kenta aufzubringen. Er ließ seinem Unmut freien Lauf. „Das hätte ich von dir gar nicht erwartet!“, lachte der Blonde. „Das passt zu dir, echt. Du bist solch ein-“ Rika unterbrach Kyouji mit einem finsterten Blick und verpasste ihn in einem Moment der Unaufmerksamkeit einen Tritt ins Schienbein.
„Au!“ Er hielt sich das besagte Schienbein, welches vor Schmerz eine leichte Rötung bekam. „Für was sollte das denn sein?!“, fauchte Kyouji. Die Schwarzhaarige warf dem Jungen einen tödlichen Blick zu. „Unsensibler geht’s nicht.“, giftete Rika zurück. Kyouji schnaubte wütend und erhob sich ruckartig. „Ach ja? Was mischst du dich denn da ein?!“ Rika behielt die Ruhe. Sie war besonnener als Kyouji und verschaffte sich durch ihre Gelassenheit ein gutes Durchhaltevermögen. Das Mädchen schenkte dem Blonden einen frostigen Blick, erhob sich dann jedoch gelassen und starrte ihm stechend in die Augen. Es war ein Machtkampf, wer zuerst den Blick abwenden musste.
Kenta rutschte nervös auf seinem Platz herum. „Streitet euch nicht. Bitte!“, fiepte er kleinlaut. Haruka und Shuu fühlten sich ebenso hilflos, wie der Junge mit den lavendelfarbenen Haaren.
Rika und Kyouji schauten sich weiterhin böse an. „Wir und streiten?! Das ich nicht lache!“, fauchte der Blonde. Rika grinste kaltblütig. „Warum klären wir diese kleine Meinungsverschiedenheit nicht in einem fairen Kampf? Zwei-gegen-Zwei?“
Kyouji wich erschrocken zurück. „Ei-Einen Kampf?“ Rika fuhr sich durch die Haare und nickte zustimmend. „Oder hast du etwa Angst gegen mich zu verlieren?“, spottete Rika gehässig. Diesmal lachte Kyouji. „Ha! Ich und Verlieren? Du machst Witze!“, erwiderte der Blondhaarige. Rika zuckte nur mit den Schultern. „Ob ich wirklich Witze reiße, wirst du ja dann noch sehen…“ Ihre Mundwinkel verzogen sich zu einem schmalen, fiesen Lächeln. Kyouji schluckte schwer, Rika machte tatsächlich ernst!
Langsam holte Kyouji die Furcht ein. Er wusste nur zu gut, dass Rika sehr rücksichtslos sein konnte. Ungnädig zeigte sich die Schwarzhaarige keinesfalls, selbst gegenüber ihrem besten Freund. Im Gegenteil zu Kyouji, schien Rika die Ruhe selbst zu sein. Er zögerte, während er sie schweigend ansah. Doch das Mädchen zog nur geringschätzig die Mundwinkel hoch zu einem Grinsen. „Wird das heute noch was?“, rief sie provozierend. Kyouji biss sich auf die Lippe. Niemals würde er gegen Rika klein bei geben!
Der Blonde zückte zwei Pokébälle, vergrößerte sie per Knopfdruck und warf diese in die Luft. „Fukano und Dratini! Zeig’s ihr!“ Aus dem Lichtschein der geöffneten Pokébälle kam ein rot gefellter Hund heraus und eine Schlange, dessen Haut bläulich schimmerte, hervor.
Nun warf Rika ebenfalls zwei ihrer Pokébälle in die Luft, die sich mit einem Klick öffneten. „Frizelbliz und Hundemon!“ Auf Rikas Seite erschienen ihr Elektrohund Frizelbliz und ihr unheimliches Hundemon.
Kenta, Haruka und Shuu saßen als Zuschauer auf einer Parkbank. Sie waren etwas irritiert über den Grund des Kampfes, jedoch warteten sie gespannt das Ergebnis dieser kleinen Meinungsverschiedenheit ab.
Rika strich sich durch die Haare. „Wie heißt es so schön? Lady’s first!“, rief sie zu Kyouji herüber, der nun leise lachte. „Du und eine Lady? Du bist eher ein… Wie soll ich sagen…?“ Kyouji brach ab als er realisierte, dass sich Rika bereits zum Kampf rüstete. „Hundemon, Spukball!“ Der Schattenhund mobilisierte im Maul einen finsteren Ball, der von violetter Farbe umgeben war. Schnell ergriff der Blonde angemessene Gegenmaßnahmen. „Schnell Flammenwurf, Fukano!“
Fukanos kraftvoller Flammenwurf hielt Hundemons Spukball effektiv. Doch dadurch kam es beim Aufprall zur einer Kollision und so wurde die Sicht von dichtem Staub behindert. Rika schien dies nicht zu interessieren. „Tackle, Frizelbliz, los!“ Der grüne Elektrohund rannte in die Staubwolke um schließlich Dratini anzugreifen. „Wickel, Dratini!“
Der Rauch verzog sich allmählich und offenbarte, dass Frizelbliz’ Tackle ins Leere gegangen war. Stattdessen hatte der schlangenartige Drache sich um das Elektro Pokémon gewickelt, sodass sich dieses nicht mehr bewegen konnte. „Du sitzt in der Klemme, Rika!“, feixte Kyouji überheblich. Rika erwiderte sein Grinsen mit einem schwachen Lächeln. „Funkensprung, Frizelbliz.“, befahl sie ruhig.
Um Frizelbliz’ Körper floss eine gelbe Aura, die nun Dratini veranlasste von dem Elektro Pokémon abzulassen. Die Elektro Attacke hatte jedoch kaum Wirkung auf den Drachen.
„Drachenwut auf Frizelbliz!“ In Dratinis Maul sammelte sich ein bläulicher Energieball, der von weißem Licht umschwirrt wurde. Dieser raste auf Frizelbliz blitzschnell zu. „Ruckzuckhieb!“ Doch konnte Frizelbliz rechtzeitig ausweichen. Die Drachenwut ging daneben. Kyouji lachte. „Da hattest du aber noch mal Glück gehabt.“, sagte der Junge. „Fukano, jetzt deinen Flammenwurf!“
Rika hob ihre Hand um sich eine Strähne aus dem Gesicht zu schnippen. „Hundemon, du weißt, was du zu tun hast.“ Der Schattenhund knurrte leise, sprang vor Frizelbliz und wurde dadurch voll von Fukanos Flammenwurf getroffen. Es rührte sich keinen Zentimeter. Dann öffnete es sein Maul und schien die Hitze des Flammenwurfs in sich hinein zu saugen. „Und jetzt zeig ihm, was ein richtiger Flammenwurf ist!“, rief Rika.
Hundemons Maul wurde in rötliches Licht getaucht, bevor es einen machtvollen Flammenwurf auf Dratini und Fukano spie. Beide Pokémon wurden von der Attacke schwer in Mitleidenschaft gezogen.
Kyouji fehlte die Sprache. Wie konnte es sein, dass eine solche Attacke eine dermaßen Kraft hatte?! Rika fühlte, was in seinem Kopf herum schwirrte. „Hundemon hat die Fähigkeit jegliche Feuer Attacken zu absorbieren und dadurch seine eigenen Attacken zu verstärken.“, erklärte die Schwarzhaarige. Kyouji begriff. Es hatte etwas mit den Fähigkeiten der Pokémon zutun. Jedes Pokémon hatte eine individuelle besondere Fähigkeit, die sich entweder negativ oder positiv in einem Kampf auswirken konnte. In diesem Fall war es, dass Hundemons Fertigkeiten sich positiv auf den Kampf auswirkten.
Kyouji ließ sich dadurch nicht einschüchtern. ‚Wir können nicht sie nicht mit Feuer Attacken angreifen, sonst lässt sie wieder Hundemon die Attacken absorbieren.’, dachte sich der Blonde im Stillen. Er beobachtete Rika. Sie war vollkommen gelassen. Kyouji lachte leise. Rika schaute ihn irritiert an. „Du bist wahrhaft eine gute Trainerin, Rika.“, lobte der Junge. „Aber jetzt werde ich dir zeigen, was ich drauf habe!“ Die Schwarzhaarige blickte ihn erwartungsvoll an. „Spring Fukano!“ Der rote Hund gehorchte und schnellte ihn die Luft. „Eisenschweif!“ Fukano rollte sich in der Luft ab, sein Schweif leuchtete auf und traf Hundemon unerwartet. „Windhose, Dratini!“
Dratini beschwor einen heftigen Tornado, der Frizelbliz und Hundemon erfasste und den Boden unter ihnen regelrecht wegzog. Nachdem die geballte Kraft fast ihre gesamte Energie aufgezehrt hatte und Rikas Pokémon hart auf dem Boden aufschlugen, erhoben sie sich gleich darauf wieder.
Hundemon wurde nun rasend vor Wut und fletschte bösartig die Zähne. Selbst Frizelbliz beschlich langsam die Furcht vor dem Schattenhund. „Spukball und Funkensprung!“
Der Schattenhund öffnete sein Maul und schleuderte einen dunklen Ball auf Dratini, welches gegen einen Baum knallte. Frizelbliz schüttelte die Angst vor Hundemon schnell wieder ab und rannte flink auf Fukano zu, während sein Körper von statischer Energie umgeben war. Auch der rot gefellte Hund prallte am Boden ab und blieb für einen Moment bewegungslos liegen. Doch Kyoujis Pokémon rappelten sich langsam wieder auf.
Der Blonde wollte sich soeben wieder zum Kampf rüsten als Rika die Pokébälle ihrer beiden Pokémon hervor holte. „Es reicht. Kommt zurück.“ Die roten Lichtstrahlen fingen Hundemon und Frizelbliz ein und ließ die Konturen der Pokémon verblassen.
Kyouji schaute verwirrt Rika an. „Was? Warum brichst du den Kampf ab?“ Rika lachte. „Du bist viel zu besessen mich zu besiegen. Schau dir deine Pokémon an. Sie können kaum mehr aufrecht stehen.“, belehrte das Mädchen den Blonden. „Du bist ein guter Trainer, Kyouji. Du solltest aber mehr auf das Wohlergehen deiner Pokémon sorgen.“
Das Mädchen wandte sich von Kyouji ab um zu Gehen. „Warte, Rika!“, rief der Blonde ihr hinterher. Rika hielt inne. „Wer hat nun gewonnen?“ Die Schwarzhaarige zuckte mit den Schultern. „Seh es als Unentschieden an.“, erwiderte das Mädchen lächelnd und ging. Kyouji bewegte sich langsam auf Kenta zu, der neben Haruka saß. „Ich schulde dir wohl eine Entschuldigung.“, sagte der Blonde kleinlaut. Kenta lächelte. „Schon gut.“ Nun wandte sich der blondhaarige Junge an das Koordinatorenpärchen. „Und? Was macht ihr jetzt?“ Shuu zuckte die Schultern. „Keine Ahnung.“ Haruka stand auf. „Ich werde noch trainieren gehen.“ Shuu schaute sie ungläubig an. „Jetzt noch?!“ Das Mädchen nickte. „Ja.“ Sie beugte sich vor und gab Shuu einen zärtlichen Kuss. „Bis später.“
Haruka verschwand so schnell, dass Shuu keinen Einspruch gegen ihr Vorhaben erheben konnte. So ließ er das Mädchen von Dannen ziehen. Er blickte ihr hinterher.
Kyouji grinste. „Da ist aber einer ganz schön verliebt.“, feixte der Junge. Shuu erhob sich schweigend und würdigte dem Blonden keines Blickes. Wortlos ließ er Kenta und Kyouji alleine zurück.