Huhu Tragosso! ^-^
Ich kam bisher leider noch nicht dazu, dir einen Kommentar in deiner Sammlung zu hinterlassen und möchte das nun endlich einmal nachholen. :3
Dein Gedicht Vorbote spricht mich inhaltlich mit seinem bedächtigen Naturmotiv sehr an, geht es hier doch um das allmähliche Erwachen einer zarten Blume. Dass dabei nicht direkt genannt wird, um welche Blume es sich konkret handelt, sondern fast ein wenig rätselartig Hinweise eingeworfen werden, gefällt mir ausgesprochen gut. Auf diese Weise beschäftigt man sich beim Lesen nicht mit den prototypischen Merkmalen, die einem bei der Nennung des Pflanzennamens fast schon zwingend in den Kopf schießen würden, sondern man wird gezielt von dir auf bestimmte Aspekte der Blume aufmerksam gemacht. Das Durchbrechen des Eises, die hängenden Köpfe und die weiße Farbe geben hierbei bereits ein klares Bild zu erkennen; erst der vorletzte Vers ist es aber, der mit seinem deutlichen Bezug zum Namen der Blume keinen Zweifel mehr zulässt, dass es sich hier um ein Maiglöckchen handelt, das vom Ich beschrieben wird.
Formal ist zunächst die Länge der Verse auffällig, die aber bereits im ersten Vers wunderbar zur beschriebenen Geduld der ruhenden Pflanze passt. Der Wechsel vom Kreuz- zum Paarreim beim Übergang von der ersten zur zweiten Strophe offenbart sodann, dass die Blumen die Phase des Ruhens hinter sich gelassen haben. Im abschließenden Verspaar habe ich bereits den ersten Vers hervorgehoben, der das Rätsel final auflöst; aus formaler Sicht sticht aber vor allem der zweite Vers ins Auge, der als einziger im gesamten Gedicht einen Auftakt erhält. Die Aufmerksamkeit wird auf diese Weise sehr gezielt auf den Vers gerichtet, sodass sich in der Folge ganz bewusst die Frage nach der im Vers genannten Botschaft stellt. Im Zusammenspiel mit dem Titel möchte ich glauben, dass der Fokus hier vom Glöckchen in Maiglöckchen weggelenkt werden soll und dass stattdessen die frühzeitige Ankündigung des Mais im Vordergrund steht, verbunden mit einer frühlingshaften Vorfreude des Ichs, die sich beim Betrachten der einzelnen Blüte in aller Ehrlichkeit offenbart.
Sprachlich möchte ich abschließend außerdem noch hervorheben, dass mir die Alliteration des blütenweißen Blumenmeers ausgesprochen gut gefällt und dass ich auch den Gedankenstrich im achten Vers immer gerne zum kurzen Verharren nutze. Auch das verspielte Bild der sich reckenden und streckenden Blume vermittelt einen niedlichen Eindruck, der zu überzeugen weiß. Insgesamt gefällt mir das Gedicht damit wirklich sehr gut! ^-^
Zu deiner Pfropfenproblematik wurde ansonsten schon ein wenig gesagt und allzu viel kann ich vermutlich gar nicht mehr hinzufügen. Ich möchte trotzdem kurz festhalten, dass mir der Text mit seinem humorvoll eingesetzten Rhythmus und den gekonnt eingebauten Wiederholungen ebenfalls sehr gut gefällt. Das Ich wirkt regelrecht geplagt, wenn es den Reim (und eventuell auch das o als dunklen Vokal, der gehäuft vorzukommen scheint) in Analogie zum steten Tropfen des Wassers immer wieder aufgreifen muss. Insofern ja, den Text finde ich definitiv auch sehr gelungen! ^-^
Au revoir! ^-^