Moin, moin und hallo,
wir sind nun an einem Punkt angelangt, an dem die Überarbeitung meines Erachtens kaum noch nötig gewesen war. Lediglich im Detail habe ich noch einige Änderungen vorgenommen, doch die haben nicht wirklich Gewicht. Das hier wird heute übrigens das letzt Update sein, doch der Rest folgt bald, versprochen. Bis dahin...
Wiederschauen, reingehauen^^
Kapitel 15: Die Schätze vereinen
Für einen kurzen Moment setzte Ryans Herz aus. Der Schreck saß ob diesen lauten Knalls, der so unerwartet gekommen war, recht tief. Wie ein Tornado wirbelte er herum und erkannte eine riesige Rauchwolke, nahe der Insel des Eises und noch etwas viel ihm auf: Arktos, Zapdos und Lavados, keiner von ihnen war zu sehen! Er konnte auch keine Attacken der drei oder sonst irgendwelche Anhaltspunkte ausmachen und Lugia war ebenfalls nicht zu entdecken.
„Oh nein“, hauchte er.
„Oh nein, nein, nein, nein.“
Als wolle er die Realität nicht wahrhaben sträubte er sich gegen das, was wahrscheinlich gerade passiert war. Und griff sich mit beiden Händen krampfhaft an den Kopf. Er betete, dass ihm seine Augen einen gemeinen Streich spielten doch Ryan wurde klar, dass sich die vier Pokémon in dieser riesigen Explosion gegenseitig ausgeschaltet haben mussten. Doch wie stark waren sie nun tatsächlich verletzt? Waren sie überhaupt noch alle am Leben? Schnell verdrängte der Blonde diesen schrecklichen Gedanken, aber er konnte sich nicht der Tatsache entziehen, dass dies vielleicht der Realität entsprach. Doch als sich der Rauch dann langsam ein wenig verzog, konnte Ryan etwas sehen, das ihn wieder etwas erleichtert stimmte.
Lugia hatte sich im letzten Moment mit seiner Barriere schützen können und er sah zu, wie es nun aus der Rauchwand herausgeschossen und direkt auf ihn zugeflogen kam. Allerdings hatten sich die Titanen gegenseitig besiegt. Ryan hatte sehr gehofft, die Schätze zusammen zu bekommen, bevor so etwas passieren konnte. Er war nur knapp zu spät, doch die Schmerzen der drei würden nicht lange anhalten! Diesen kleinen Dienst konnte er ihnen noch erweisen, jedoch tadelte er sich selbst für sein zu langsames Handeln. Allerdings änderten auch diese neuen Umstände nichts an seiner Aufgabe, im Gegenteil.
Ryan hatte die letzte Kugel und konnte ihre Kräfte wieder ins Gleichgewicht bringen und er war dazu mehr entschlossen denn je. Er nahm all seine verbleibenden Kräfte zusammen und rannte hinauf zum Steinkreis, wo er schon erwartet wurde.
„Ryan, du bist zurück!“
Melody kam dem jungen Pokémontrainer sofort mit einem unendlichen Blick der Freude und Erleichterung entgegen Zuerst noch etwas unsicher wie sie ihre Emotionen ausdrücken sollte, schloss sie ihn schließlich überglücklich in die Arme. Ein wenig verhaltener, aber mit einem wohlgesonnenem Lächeln erwiderte. Fast kam es ihm so vor, als wollte sie sich gar nicht mehr von ihm lösen und irgendwie wurde das Gefühl ihrer Zuneigung von Sekunde zu Sekunde angenehmer. Er fühlte sich urplötzlich mit seiner Bürde nicht mehr so alleine, hatte das Gefühl, dass die Rothaarige die ganze Zeit bei ihm gewesen war. Vielleicht war sie es ja auch gewesen.
Als sie sich dann wieder voneinander lösten, blickte Ryan absolut ernst in ihre Augen.
„Klar, hab ich doch versprochen“, sagte der Blonde dann in einem unerwartet selbstverständlichen Ton. Die beiden lächelten kurz, bevor der Mützenträger schließlich zum Schrein hinüber sah, neben dem Laschoking stand. Das Monarch-Pokémon sah Ryan mit einem zufriedenem Blick an. Es schien stolz zu sein, dass er sein Ziel nun erreicht und seine Aufgabe erfüllt hatte. Da allerdings nicht die Spur von Erleichterung zu erkennen war, vermutete der Blonde, dass es von Anfang an keine Zweifel gehabt hatte. Dann wandte es den Kopf unerwartet aufs Meer hinaus und Ryan folgte seinem Blick. Augenblicklich begann sein Gesicht begann zu strahlen.
„Lugia“, sagte er leise. Seine Stimme klang erleichtert und glücklich, als er das legendäre Pokémon relativ unversehrt vor sich sah. Sein zuvor noch so herrliches Federkleid war nun ziemlich zerzaust und einige leichte Wunden und Prellungen zierten den eleganten Leib, doch schwere Verletzungen suchte man glücklicherweise vergebens.
Lugia hatte den Steinkreis nun erreicht und landete mit sanften Flügelschlägen direkt vor Ryan. Einen Moment lang sahen sie sich stumm an, bis der Wächter des Wassers schließlich zufrieden lächelte.
„Ich wusste, dass du es schaffst.“
„Ich hatte ja auch großartige Unterstützung“, sagte Ryan darauf. Tatsächlich war er sich nicht sicher, ob er es ohne Lugias Hilfe überhaupt bis zur Insel des Eises geschafft hätte, vom Rückweg ganz zu schweigen. Der Versuch Ryan beizubringen, dass er allein der Held dieses Tages ist würde wohl sinnlos sein, daher beließ es Lugia dabei und letztendlich zählte nur, dass sich die beiden gegenseitig geholfen hatten, um ihr Ziel zu erreichen und genau das ist Ryans Definition vom perfekten Leben zwischen Mensch und Pokémon.
Dann richteten die zwei ihre Blicke auf den Schrein in der Mitte des Steinkreises und sahen sich gleich danach wieder in die Augen. Der Wächter des Wassers nickte dem jungen Trainer zu.
„Bring es nun zu Ende“, sagte Lugia mit einem stolzen Gesichtsausdruck. Ryan nickte und holte die ersten beiden Kugeln hervor - die Eiskugel, die er gerade geholt hatte und die Feuerkugel, mit der alles anfing und die nach wie vor feurig leuchtete. Er ging zum Schrein hinüber und stieg langsam die steinernen Treppen hinauf, wobei sich die Schritte bleischwer anfühlten, doch das kümmerte den Jungen nicht. Nach so vielen Strapazen und Prüfungen waren ein paar Meter Schrittweg eine geradezu lächerliche Hürde. Melody, Laschoking und vor allem Lugia sahen mit einem Gesichtsausdruck der puren Freude und des Stolzes, wie Ryan schließlich vor den steinernen Ablageplätzen für die Kugeln trat. In den Schrein waren drei kunstvoll umrandete Löcher mit einem Sockel darin eingeschlagen worden, die jeweils genau zu den Inseln des Feuers, Eises und Blitzes, woran man sofort erkennen konnte, welche Kugel an welchen Platz gehörte.
Ryan wollte gerade die erste Kugel an seinem Platz ablegen, als er plötzlich inne hielt. Aus dem Augenwinkel heraus hatte etwas aufleuchten sehen und zwar von der Insel der Blitze. Genauer gesagt, ging es vom abgestürztem Luftschiff von Lawrence aus. Es schien eigentlich recht unscheinbar, doch als der Blonde zum Rest der Gruppe hinüber sah, schaute auch Lugia zur Insel und in seinem Blick konnte er eine alarmierende Feindseligkeit in ihnen erkennen. Seine marinenblauen Augen waren leicht zu Schlitzen verengt und seine Körperhaltung wirkte angespannt. Ryan steckte die Kugeln zurück in die Tasche, stieg von den Treppen des Schreins herab und trat an die Seite des legendären Pokémons. Melody und Laschoking waren zunächst verwundert, doch dann folgten sie ihren Blicken und sahen schließlich, was die beiden beunruhigte. Irgendetwas war vom Luftschiff aus in die Luft geschossen worden. Aus der Ferne sah es erst aus, wie eine Feuerwerksrakete, aber Lawrence hatte gerade recht wenig Grund zum Feiern, was diese Möglichkeit sang und klanglos ausscheiden ließ. Dann schließlich, änderte das Objekt seine Flugbahn, es flog genau auf den Steinkreis zu!
Langsam beobachteten die vier, wie das Objekt immer näher kam, doch sie konnten nirgends hin fliehen oder Schutz suchen. Ausgeliefert waren sie dem rätselhaften Objekt, was auch immer es sein mochte. Nun war ein pfeifendes Geräusch zu hören, das vermutlich vom Antrieb der Rakete, oder was auch immer dieses Ding genau war, kommen musste. Es war von grauer Farbe, mehr konnte man über sein Äußeres noch nicht feststellen. Aufgrund der Entfernung war selbst die ungefähre Größe nur schwer einzuschätzen. Nur wenige Sekunden, bevor das Objekt sie erreichen würde, meldete sich Ryans Sarkasmus.
„Oh Mann, wie ich es hasse, immer Recht zu behalten.“
Er hatte Melody zuvor noch gesagt, dass er Lawrence noch nicht abgeschrieben hatte, und zu seinem eigenem Leidwesen hatte er völlig richtig gelegen. Innerlich waren alle angespannt, doch keiner bewegte sich, denn jeder wusste, dass Lugia sie beschützen würde, wenn dieses Ding gefährlich war. Als es dann mit einem dumpfen Geräusch in dem kahlen Blumenbeet einschlug, passierte aber nichts. Lediglich wurden Staub und Schnee aufgewirbelt, was aber niemanden aus der Gruppe zu einer Reaktion bewegtet. Lugia hatte sich bereit gemacht, um seine Barriere einzusetzen, doch geschah für den Augenblick gar nichts. So blieb es nun mit einem verdutzten, aber keinesfalls unvorsichtigen Eindruck zurück, sein Körper war nach wie vor angespannt und bereit für den Fall von drohender Gefahr. Aufmerksam sah es mit seinen scharfen Augen den Gegenstand an, welcher einer Rakete tatsächlich sehr ähnlich sah. Allerdings eher so einer, wie sie beim Militär benutzt wurden, daher wunderten sich Ryan und Melody, warum dieses Ding nun einfach mit der Spitze im Boden steckte, doch nach einigen Sekunden passierte dann doch etwas.
Mit einem elektrischen Summen öffnete sich schließlich der hintere Teil der breiten Rakete, die eine Länge von gut eineinhalb Metern haben mochte und ein kleiner schwarzer Bildschirm kam herausgefahren. Ryan trat nun an diesen heran und ging in die Hocke, um genau auf Augenhöhe mit dem Bildschirm zu sein, gerade als dieser kurz schwarz-weiß flackerte, bevor schließlich ein stabiles Bild darauf erschien. Er wunderte sich nicht sonderlich, wer darauf zu sehen war.
„Lawrence!“, sagte er in einem hasserfüllten Ton.
„Welch eine Freude euch wieder zu sehen“, antwortete er mit einer leicht verzerrten, elektrischen Stimme. Die ruhige und gelassene Art von ihm und nicht zuletzt seine unverschämte, gespielte Freundlichkeit brachten Ryan noch mal um den Verstand.
„Du hast wohl noch immer nicht genug was? Du solltest mal wissen, wann du verloren hast.“
„Ich bedaure dich enttäuschen zu müssen, aber ich bin noch lange nicht am Ende. Denn ich habe etwas bei mir, dass dich wohl interessieren wird!“
Ein Schock überkam Ryan, als er sah, was Lawrence in seine Hand hielt: Die Blitzkugel!
Ungläubig kramte er in seine Jackentasche, in die er die Kugel gesteckt hatte. Sie war leer, es war wirklich die echte Kugel, die da in Lawrence Händen lag! Auch Melody und die anderen verfolgten das Gespräch weiter mit nun ungläubigen und geschockten Gesichtsausdrücken. Natürlich war es unfassbar entmutigend, so kurz vor dem Ziel festzustellen, dass sie noch eine weitere Hürde zu nehmen hatten, die vielleicht noch schwerer war, als die bisherigen, doch wie musste sich Ryan nun fühlen? Er fühlte sich einfach nur grauenhaft. Wie hatte er nur die Kugel verlieren können? Es war seine Aufgabe alle drei Kugeln zusammenzusuchen und es war die wichtigste Aufgabe, die er in seinem ganzen Leben haben würde – und er verlor eine der Kugeln!?
Die Tatsache, dass sie sich nun in der Hand von Lawrence befand, machte die Katastrophe perfekt. Dieser riss Ryan nun aus seinen Gedanken, als er in völlige Gelassenheit gehüllt weiter redete, doch es stand außer Frage, dass ihm die Reaktion des jungen Trainers nicht verborgen geblieben war.
„Wie es aussieht, haben wir beide etwas, das der Andere haben will. Ich mache dir einen Vorschlag...“
Doch Ryan schnitt ihm das Wort ab. „Ich verhandle nicht mit Abschaum!“
Er wusste ohnehin, worauf Lawrence hinaus wollte, doch der setzte ganz unverschämt seinen Satz einfach fort.
„Mir ist diese Kugel von keinem Nutzen, aber du scheinst sie unbedingt haben zu wollen. Wie wäre es also, wenn ich dir die Kugel gebe...“ Seine Stimme wurde etwas leiser und heimtückischer, klang nun wie die Stimme des Teufels persönlich, der die Seele eines Menschen erkaufen wollte.
„...und dafür bekomme ich Lugia?“
Er schien dies vollkommen ernst zu meinen, doch wenn er wirklich glaubte, dass Ryan darauf eingehen würde, erklärte er ihn endgültig für bescheuert.
„Du hast sie echt nicht mehr alle, niemals würde ich Lugia eintauschen! Lugia ist außerdem nicht mein Eigentum, ich könnte es also nicht einmal eintauschen und selbst wenn... könntest du das ganz schnell wieder vergessen!“
Die Worte waren überaus laut und mit Wut im Bauch gesprochen worden, doch Lawrence blieb ruhig, wie er es immer tat.
„Bist du dir da ganz sicher? Ich kann dir garantieren, dass ich ihm kein Leid zufügen werde, wenn du es mir nun aushändigst. Schließlich bin ich ein Ehrenmann.“
Abwertend schüttelte der Blonde den Kopf. Ob der Grünhaarige nicht zuhören konnte oder es nicht wollte, konnte er nur mutmaßen. Jedenfalls schien die Botschaft nicht angekommen zu sein, was wohl einen anderen Ton verlangte.
„War ich undeutlich? Du kannst mich mal, du Gestörter!“
Wohl schien der Mann auf dem Bildschirm endlich zu begreifen, dass Ryan das Angebot nicht freiwillig annehmen würde, weshalb er nun versuchte, ihm seine Situation noch aussichtsloser einzureden, als sie ohnehin schon war. Und leider behielt er seine ruhige, entspannte Stimme bei.
„Ich fürchte nur, dass du keine andere Wahl hast, wenn du diese Kugel willst. Ich gebe dir eine allerletzte Chance, du kennst ja mein Angebot bereits. Also, schlägst du ein?“
Er wollte es nicht begreifen oder er konnte es nicht. So oder so ließ er nicht locker. Dann musste man eben auf eine andere Weise kommunizieren, eine andere Sprache sprechen, die jeder verstand.
Ryan drehte den Kopf und sah Lugia an. Sein Blick war ausdruckslos und unterstrich seine feindselige Einstellung gegenüber dem Pokémonsammler. Dann drehte er sich ganz um und sein Blick traf den von Melody, die eine besorgte Miene aufgesetzt hatte. Jedem der beiden war klar, was Ryan von dem Angebot hielt und wusste, dass er die Bedingung niemals akzeptieren würde. Dann drehte er sich wieder zum Bildschirm und begann langsam und leicht mit dem Kopf zu nicken.
„Ja“, antwortete er schließlich. Doch noch bevor der Schock über dieses kleine Wort Melody richtig erreichte, machte Ryan deutlich, was er mit „einschlagen“ gemeint hatte. Er ballte die Hand zur Faust, holte aus und zerschmetterte den Bildschirm mit einem kräftigen Hieb, in den er all seine Wut steckte.
Auf der Insel der Blitze konnte Lawrence nur sehen, wie das Bild auf seinem Monitor schwarz wurde, als Ryans Faust darauf traf. Doch er lächelte weiter selbstsicher vor sich hin, denn er wusste, dass er auch so noch eine Chance bekommen würde, um Lugia zu fangen. Er würde auf den richtigen Moment warten und zuschlagen, wenn es keiner erwartete und schließlich waren Teile seines Verteidigungs- und Fangsystems noch einsatzfähig. Es gab also keinen Grund aufzugeben und so hatte er weiterhin sein teuflisches und selbstsicheres Grinsen aufgesetzt. Er würde warten.
Einige Splitter des Bildschirms hatten sich in Ryans Hand geschnitten. Er trug zwar wie immer seine engen, fingerfreien Lederhandschuhe, doch die konnten ihn bei diesem Aufprall nicht schützen und so tropfte nun leichtes Blut in den vom Sturm übrig gebliebenen Schnee. Doch Ryan spürte den Schmerz in seiner Hand gar nicht, auch nicht die Kälte des Schnees, der seine Jeans langsam durchnässte. Er nur hockte vor den zerschmetterten Überresten der Rakete und richtete den Blick auf den Boden, ließ sprichwörlich den Kopf hängen.
Melody, Laschoking und Lugia sahen ihn stumm an. Sie waren nicht enttäuscht oder sauer auf ihn, sie fühlten eher Mitleid. Ryan und seine Pokémon hatte so hart gekämpft um an die Kugeln zu kommen und nun musste er nochmal losziehen, um die eine verlorene unter ihnen zurück zu holen – und das, wo es erst noch so ausgesehen hatte, als hätte er es nun geschafft. Lugia kam schließlich näher an Ryan heran und legte sanft seinen Flügel auf die Schulter des Blonden. Dieser griff schließlich mit seiner Hand danach und fühlte die tröstende Wärme des Pokémons, doch er hielt den Kopf gesengt.
„Manchmal mag es so aussehen, als wollte das Leben uns am Boden sehen“, begann Lugia dann. Ryan kämpfte mit sich selbst und versuchte einige Tränen der Wut zurück zu halten. Wut auf sich selbst, er war so nah dran gewesen...
„Doch wenn wir dann am Boden sind, ist es an uns wieder aufzustehen. Es ist noch nichts verloren, du kannst die Welt noch retten und das wirst du auch, ich weiß es!“
Ryan blickte noch immer nicht auf. Die Worte Lugias trösteten ein wenig, taten aber gleichzeitig weh. Er spürte das Mitleid, welches das silberne Wesen ihm entgegenbrachte, doch wollte er es nicht haben. Er wollte von ihm nicht wie einer der Schwachen behandelt werden. Fast wäre es ihm lieber, es würde seine Stimme nur ein wenig erbost erheben.
Keines der Worte schien ihn in irgendeiner Weise aufheitern oder neu motivieren zu können, was auch irgendwo verständlich war.
„Das ist nun mal Schicksal! Doch deine Pokémon sind heute an ihre Grenzen gegangen und darüber hinaus und jetzt... jetzt musst auch du das tun!“
Es klang hart, ungerecht und in gewisser Weise auch falsch, aber Lugia versuchte nur, ihm mit diesen Worten Mut zu machen. Noch hatte er es selbst in der Hand, jedoch war die Aufgabe schwer, sogar nahezu unüberwindbar. Schließlich nahm Ryan langsam seine Hand von Lugias Flügel und stand auf. Er drehte sich um und sah dem lagendären Pokémon in die Augen, sein Blick zeigte die willenlose Bereitschaft alles zu tun, was nötig war.
„Ich hatte ein Ziel, von dem ich dachte, ich hätte es erreicht“, sagte er schließlich.
„Doch ich habe mir geschworen, nicht aufzugeben bis ich es wirklich erreicht und dabei bleibt es!“
Lugias Blick wurde wieder zuversichtlich, Ryan hatte sein Selbstvertrauen noch nicht verloren!
„Ich habe mir geschworen, alles zu geben und so lange ich noch Kraft habe, werde ich weitermachen und ich werde an meine Grenzen gehen, wie es meine Pokémon bereits getan haben!"
Ryan tat alles weh, jeder Muskel in seinem Körper schrie nach Erholung und er konnte sich im Moment nicht schöneres vorstellen, als sich in ein gemütliches Bett zu legen und zu schlafen. Doch es gab nun einmal Zeiten zum Ausruhen und es gab Zeiten, in denen man sich einfach zusammenreißen und das tun , was getan werden muss und das war jetzt zur Insel der Blitze zu reisen, die letzte Kugel zu holen und diesen Alptraum endlich zu beenden!
„Ich weiß nicht, wie viel Kraft ich noch aufbringen kann, doch ich kämpfe bis zum Ende, du weißt, dass ich das werde.“
Lugia nickte. Tatsächlich fühlte es den eisernen Willen Ryans und seine Aufrichtigkeit in diesen Worten.
„Aber... ich brauche etwas Hilfe dabei“, sagte der Blonde schließlich. Lugia lächelte ihn darauf hoffnungsvoll an. Es war offensichtlich, dass Ryan nicht ans Aufgeben dachte, aber er war nun fast am Ende seiner Kräfte und glaubte nicht mehr, es allein schaffen zu können. Allerdings war davon auch nie die Rede gewesen.
„Ich werde dich auf jedem deiner Wege begleiten und dich mit all meinen Kräften unterstützen“, gab Lugia zur Antwort. Ryan konnte sich selbst einfach nicht erklären, wieso zwischen ihm und Lugia ein so starkes Band existierte. Vielleicht lag es bei ihm an der unglaublichen Ehre, die er empfand, da Lugia ihn nicht nur für den stärksten Trainer, sondern auch für den Menschen mit dem stärksten Herzen hielt. Nun, als er so darüber nachdachte, konnte das auch der Grund sein, warum Lugia ihn so bedingungslos unterstützte. Das Schicksal der Welt stand und fiel mit ihrer Zusammenarbeit und dieser Drang trieb heute Menschen und Pokémon in einer Art und Weise voran, wie es sich mit Worten nicht beschreiben ließ.
Doch die Zeit lief gegen sie! Mit jeder Minute gerieten die Kräfte der Natur immer mehr aus dem Gleichgewicht und richteten auf der ganzen Welt Verwüstung an, sie mussten sich beeilen. Für Ryan bedeutete dies, auf einen Freund zurückzugreifen, den er lange geschont hatte, doch es gab nun keinen anderen Weg mehr. Die Zeit der Worte war nun vorbei, deshalb warf er seinen Pokéball in die Luft, ohne einen Ton von sich zu geben. Aus dem grellen Lichtblitz heraus kam Panzaeron, das sich relativ gut erholt zu haben schien. Unmittelbar nach seinem Erscheinen breitete es seine stählernen, glänzenden Flügel aus, krächzte ein Mal laut, gab somit das unmissverständliche Zeichen, dass es bereit zum Kampf war. Aufmerksam fixierten sein scharfen Augen den Blonden Jungen, der den Stahlvogel trat.
„Panzaeron, jetzt ist der Moment, in dem wir geprüft werden“, sagte Ryan leise, aber dennoch bestimmend. Seine Stimme war einnehmend und die Worte entsprangen seinen aller tiefsten Gefühlen.
„Du warst mir immer mit der treuste Freund und du hast mich noch nie enttäuscht, doch das kannst du heute so oder so nicht mehr.“
Melody hörte Ryans Worten mit bewegter Miene zu. Sehr wohl registrierte sie die Aufrichtigkeit, welche ihnen beiwohnte, verstand aber nicht genau, worauf er damit hinaus wollte.
„Ich will damit nur folgendes sagen“, setzte er dann an.
„Egal, was heute noch passiert, ich bin unendlich stolz auf jeden Einzelnen von euch und ihr habt weit mehr getan, als eigentlich in eurer Macht lag. Und das werde ich euch allen niemals vergessen, geschweige denn, dass ich euch diesen Dienst jemals zurückzahlen kann.“
Panzaeron sah seinen Trainer, seinen Freund, der mit erneut gesenktem Kopf und schwacher, zittriger Stimme sprach, mitfühlend an und trat schließlich näher an ihn heran, um seinen Kopf an seine Brust zu schmiegen. Ryan fuhr mit seiner Hand über Panzaerons Schnabel und hielt einige Tränen zurück. Das glatte Metall, das den kompletten Körper des Vogels einhüllte, glänzte trotz der vorherigen Kämpfe noch immer blitzblank und verlieh diesem stets ein fantastisches Aussehen. Das Ergebnis stundenlangen Polierens und fürsorglicher Pflege. Die Haut des Stahlvogels war kalt, doch Ryan war das egal, denn für ihn gab es kein schöneres Gefühl, als die Zuneigung und das Vertrauen seiner Freunde zu spüren. Da spielte es keine Rolle, wie sich das Pokémon anfühlte, oder wie es aussah.
„Also was meinst du, sind wir bereit für diesen Flug?“, fragte er schließlich lächelnd und wieder mit fester Stimme. Panzaerons Antwort kam ohne jegliches Zögern und Ryan hatte den Eindruck, dass er es noch niemals so selbstbewusst und kampfbereit gesehen hatte. Sein Schrei war von großem Mut und so großer Entschlossenheit erfüllt, dass seine Stimme ungeahnte Töne erreichte. Beinahe war dem Jungen, als würde er dauerhafte Gehörschäden davontragen, doch wie er so Panzaerons Tatendrang spürte, wäre es ihm wohl gleichgültig gewesen. So nahm er erneut auf dem Rücken seines Partners platz und sah dann noch einmal Lugia an. Sie brauchten mal wieder keine Worte, um zu erkennen, dass der jeweils andere bereit war und so spreizten die beiden Flugpokémon ihre Schwingen und stießen sich vom Rande der Klippe ab. So flogen sie schließlich gemeinsam los, in Richtung Insel der Blitze.
Melody war von dieser Szene tief berührt und sie musste nun einige eigene Tränen zurückhalten. Schließlich rannen dann aber doch zwei Tropfen ihre Wangen hinunter, die sie sogleich mit dem Ärmel ihrer Jacke wegwischte. Laschoking trat an sie heran und legte behutsam eine Hand auf ihren Rücken.
„Er wird es schaffen. Er ist zwar nicht der Auserwählte, doch das ist auch nicht wichtig. Dieser Junge nimmt sein Schicksal selbst in die Hand, deshalb hat ihn der Wächter ausgesucht und deshalb wird er nicht scheitern.“
„Ich weiß“, hauchte Melody mit trauriger Stimme, obgleich sie keine Trauer empfand.
„Das ist auch nicht der Grund, warum ich weine. Es ist so einfach nur schön zu sehen, wie nahe sich Ryan und seine Pokémon sind. Sie geben bedingungslos alles füreinander und verlieren nie den Glauben an sich.“
Und genau so sollte es auf der ganzen Welt sein.
Ryan nahm sich eine Sekunde Zeit, um diesen Moment einzufangen und zu genießen – schon wieder. Es mochte sich komisch anhören, doch er genoss diesen ganzen Tag, genoss jede einzelne Sekunde an der Seite von Lugia und fühlte sich einfach frei, lebendig. Mit all seinen Freunden an der Seite dieses legendären Pokémons zu kämpfen, gab ihm immer weiter Kraft und den Willen, nicht aufzugeben. Selbst in den dunkelsten Momenten war die Anwesenheit Lugias ein wahres Geschenk, ein heller Stern in einem ansonsten ausnahmslos schwarzen Nachthimmel. Während sie noch unterwegs zur Insel der Blitze waren, ließ Ryan den bisherigen Tag noch einmal vor seinem inneren Auge vorbeilaufen. Die Legenden-Zeremonie, der Aufbruch zu den Inseln, die Gefangenschaft unter Lawrence und der Kampf der drei Titanen. Nun war er hier, vor dem Höhepunkt dieses Tages und vor dem größten Kampf seines Lebens. Dabei hatte er gedacht, sein größter Kampf würde erst in ein paar Wochen bei der Silberkonferenz stattfinden, doch manchmal kamen die Dinge eben komplett anders, als man erwartet.
Ryan beschloss nun endgültig alle überflüssigen Gedanken beiseite zu legen und sich auf seine bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren. Nur eine Kugel, diese eine Kugel... und alles war vorbei. Doch plötzlich schien etwas Lugia zu beunruhigen, denn es verlangsamte sein Flugtempo und sandte einen vernichtenden Blick in Richtung des Luftschiffes. Misstrauen lag auf einmal in der Luft.
„Was ist los?“, fragte Ryan. Sie hatten die Insel schon fast erreicht und von Lawrence war noch nichts zu sehen, keine Angriffe und auch sonst nichts um sie aufzuhalten.
„Da kommt etwas“, antwortete Lugia dennoch. Das erklärte noch nicht viel, aber das war auch nicht nötig, denn nur eine Sekunde später erkannte Ryan das Problem. Das Schicksal schien heute aber auch kein Erbarmen mit ihm zu haben. Hunderte von Lawrence` Kampfdrohnen kamen aus den Überresten des abgestürzten Luftschiffes emporgestiegen. Sie blieben direkt vor dem riesigen Loch in der Wand in der Luft und schienen fast eine Art Schutzwall zu bilden.
„Lugia...“
Es antwortete, bevor Ryan seine Frage überhaupt stellen konnte.
„Ich werde ihre Reihen durchbrechen, du musst sofort hinein und den letzten Schatz holen, während ich sie weiter ablenke.“
Mit dem Nicken, welches der Blonde darauf entgegnete, gab sich das silberne Pokémon allerdings noch nicht zufrieden. Seine Augen hafteten weiter an ihm und erlangten die bereits von ihm abgewandte Aufmerksamkeit zurück.
„Hör mir genau zu. Du darfst dich nicht umdrehen, verstanden? Du gehst hinein und holst den Schatz, alles weitere kümmert dich nicht.“
Zuerst überlegte Ryan, ob er Protest gegen diese eigenwillige Entscheidung einlegen sollte, doch in den Augen des Legendären stand die absolute Sicherheit und über seine Entscheidung und die Entschlossenheit, diese durchzusetzen. Dies war schließlich der Grund, warum er Lugia vertraute.
„Okay, dann los!“
Lugia beschleunigte augenblicklich sein Tempo und flog Ryan und Panzaeron ein Stück voraus, bevor es dann in der Luft abbremste und seine Position in der Luft hielt. Einige der Drohnen kamen ihm entgegen, doch keine Einzige von ihnen konnte dem standhalten, was Lugia ihnen entgegen warf. Noch bevor sie in Reichweite kamen, senkte der Wächter des Wassers seinen Kopf etwas und legte ihn anschließend in den Nacken, während ein gelblicher Ball voller Energie in seinem offenen Maul erschien und rapide anwuchs.
Als er schließlich seine volle Größe erreicht hatte, warf Lugia den Kopf nach vorne und feuerte den mechanischen Angreifern einen gleißenden Strahl entgegen. Eigentlich waren es erst viele kleinere Strahlen, die in die verschiedensten Richtungen zielten und sich erst nach einer kurzen Sekunde der Konzentration zu einem einzigen Energiestrahl bündelten. Diese Attacke hatte einen unglaublichen Schub. Um den Strahl herum entstand ein regelrechter Wirbelwind, der sogar hinunter bis zur Wasseroberfläche reichte und das Eis aufbrach. Vom Aufprall war nicht viel zu sehen, denn sofort nachdem er auf die Drohnen-Armee getroffen war, gab es eine gewaltige Explosion und alles um das Luftschiff herum war in eine dicke Rauchwand eingehüllt. Die Wucht hatte auch Teile des Luftschiffs selbst noch mehr beschädigt, als es ohnehin schon war. Ryan wusste es zwar nicht, aber dies war Lugias Markenzeichen, die Attacke, die nur es selbst beherrschte und mit der es in der Lage war ganze Landstriche zu verwüsten. Es war Lugias letzte Option, wenn alle anderen Versuche scheiterten, der Angriff, in den es seine ganze Macht legte: der Luftstoß.
Ryan selbst war völlig sprachlos, natürlich war ihm klar gewesen, dass Lugia über eine immense Macht verfügte, aber diese Power haute ihn glatt um. Würde er selbst einmal das Ziel einer solchen Kraft sein, so würde garantiert kein einziger Fetzen von ihm übrig bleiben. Für einen Moment war er noch unfähig zu reagieren, doch Lugia holte ihn wieder zurück in die lebende Welt.
„Jetzt, das ist deine Chance!“
Ryan nickte und gab Panzaeron das Zeichen, mitten in die Rauchwand zu fliegen. Kurz bevor er in die schwarzen Schwaden überging, holte der Pokémontrainer tief Luft und kniff die Augen zusammen, sodass diese nicht allzu viel von dem giftigen Rauch ertragen mussten. Und tatsächlich, ohne dass sich ihnen auch nur eine einzige Drohne in den Weg stellte, erreichten sie das Luftschiff und flogen durch das große Loch in der Wand direkt ins Innere. Ryan sprang sofort von Panzaeron ab und sah noch einmal zurück nach draußen. Zu seinem Entsetzten musste er feststellen, dass bereits wieder unzählige neue Drohnen erschienen waren, die nun alle Lugia angriffen. Rot glühende Hitzestrahlen schossen von allen Seiten auf es zu, während die Quellen dieser Angriffe wie eine Arme von Insekten um Lugia herumschwirrten
„Panzaeron, ich komme hier schon zurecht, sie du bitte zu, dass du Lugia ein wenig unter die Armee greifst okay?“
„Panzaeroooon!“
Der Stahlvogel hob sofort ab und feuerte sogleich eine Sternenschauer-Attacke in die Menge, worauf sich Lugia überrascht umdrehte und sich an Ryan wandte. Obwohl er ein gutes Stück entfernt war, konnte er die Stimme des Pokémons deutlich in seinem Kopf hören.
„Du brauchst dir um mich keine Gedanken zu machen, kümmere dich um den Schatz!“
„Das mache ich“, antwortete Ryan mit spürbarem Gehorsam. Allerdings dachte er gar nicht daran, seinen Kämpfer zurückzupfeifen.
„Aber Panzaeron wird dir etwas den Rücken frei halten!“
Für Diskussionen war jetzt weder die Zeit, noch hatte es einen Sinn, darum nickte Lugia nur stumm und wich gleich danach dem Hitzestrahl einer Drohne aus, um sie dann mithilfe eines kräftigen Stoßes mit seiner Barriere zu zerstören. Ryan konzentrierte sich nun wieder auf sein eigenes Ziel. Er ging weiter ins Innere des Luftschiffs hinein und sah schon früh, dass Lawrence in seinem Sitz in der Mitte des Raumes saß und ihn scheinbar erwartete. Nun stand er ihm also ein zweites Mal gegenüber, nur diesmal war auch Ryan zu allem bereit.
Wortlos kam der Junge mit der Mütze näher heran, den Blick immer auf den ständig dreckig lächelnden Lawrence gerichtet und blieb schließlich einige Meter vor ihm stehen, während er ihn finster ansah. Seine Körperhaltung war energisch, fordernd, spiegelte die Absichten des Blonden geradezu wider.
Ryan war nicht der Mensch, der anderen gleich seinen Hass zeigte, er nahm eigentlich alles sehr gelassen und dachte sich dafür seinen Teil dabei, doch nicht bei Lawrence! Diesen Menschen verabscheute er mit jeder Faser seines Körpers und er wünschte ihn sich in die Hölle. Was er heute schon zum wiederholten Male getan hatte, war unverzeihlich und wenn es nur einen Funken Gerechtigkeit auf dieser Welt gab, würde der Grünhaarige eine schmerzhafte Quittung erhalten. Da trug es nicht unbedingt zu seiner Laune bei, dass Lawrence noch immer die Dreistigkeit besaß, ausgesprochen freundlich mit ihm zu reden.
„Willkommen zurück, was kann ich für dich tun?“
Doch Ryan hatte beschlossen, sich diesmal nicht auf seine Mache einzulassen und lächelte finster, wie es eigentlich Lawrence tun sollte. Seine dunkelgrünen Augen waren erfüllt von Zorn, Abscheu und sehnten sich danach, diesen Mann leiden zu sehen. Dann holte er wortlos einen Pokéball.
„Du kannst um dein Leben rennen!“
Er vergrößerte die rot-weiße Kapsel per Knopfdruck, befreite sein Pokémon allerdings noch nicht aus dem Ball. Vorerst beließ Ryan es bei der Drohung.
„Du glaubst wohl mich einschüchtern zu können, hm? Ich fürchte du liegst schon wieder in deiner Vermutung falsch, denn ich bin hier derjenige, der die Fäden zieht und du bist nur eine stumme Marionette.“
Der Trainer wurde aus diesen Worten nicht schlau, doch er hatte ohnehin nicht vor, sich lange mit diesem Irren zu unterhalten. Er wollte die Blitzkugel holen und so schnell und wie möglich nach Shamouti zurückkehren, doch noch bevor er etwas sagen oder reagieren konnte, drückte Lawrence einen Knopf an seinem Steuerpult. Ein mechanisches Geräusch erklang, worauf sich anschließend eine Luke am Boden öffnete und etwas herausgefahren wurde. Ryan hatte keine Ahnung, was das nun schon wieder für ein merkwürdiges Gerät sein sollte, doch es reizte ihn nicht sonderlich das herauszufinden. Es stellte eine verchromte Kugel dar, die auf einem länglichen Metallstab thronte. Jener war von zwei bläulich schimmernden Ringen umgeben, welche ein schwaches Licht in selbiger Farbe absonderten. Auf den ersten Blick sah es aus, wie eine Art Blitzableiter, aber schnell musste er feststellen, dass es sich nicht um einen solchen handelte.
Lawrence gab ein letztes leises Lachen von sich, hinterhältiger und unheilvoller als bei jedem vorherigen Male, bevor ein bläulicher Blitz von dem Gerät ausging, der im ersten Moment nur und die Kugel herum zuckte und dann auf Ryan traf. Dieser schrie, von unendlich qualvollen, beißenden berennenden Schmerz erfüllt auf und ging in die Knie. Augenblicklich verkrampften sich sämtliche Muskeln in seinem Brustkorb, um den auch einige Sekunden später noch einige weitere Blitze zuckten, obwohl die Maschine den Stromstoß bereits unterbrochen hatte. Mehrere Versuche nach Luft zu ringen schlugen fehl, erst nach einigen Augenblicken funktionierten seine Lungen wieder. Doch auch nachdem er wohl eine geschlagene Minute auf dem Boden kniend vor sich hin gestöhnt hatte, konnte er kaum vernünftig atmen und er hustete schmerzhaft unter dem Rauch und dem Geruch seiner leicht verschmorten Kleidung auf. Nun konnte er sich in etwa vorstellen, wie sich die Titanen vorhin gefühlt haben mussten. Auch nachdem der schlimmste Schmerz endlich vorüber war, zuckte hier und da noch ein Blitz auf seiner Brust, doch Ryan hatte nicht vor, es Lawrence so einfach zu machen. Allein die Vorstellung, wie er sich über den Anblick, welchen er selbst ihm gerade bot, amüsieren musste, weckte grausame Rachegelüste in dem Blonden. Mit einem schmerzenden Stöhnen kämpfte er sich wieder auf die Beine.
„Du scheinst nicht zu wissen, wann du verloren hast, junger Mann“, höhnte Lawrence wie bei einem Kind, das es nicht wahr haben wollte, sich geschlagen geben zu müssen.
„Was für eine Ironie, wenn man bedenkt, dass du genau dieselben Worte vorhin noch zu mir gesagt hast.“
Ryan hatte den Blick zum Boden gerichtet. Sein Atem ging nur stoß weise und der brennende, kribbelnde Schmerz auf seiner Haut wollte und wollte einfach nicht verschwinden. Genau in diesem Moment war alles um ihn herum still. Er hörte nicht den Kampf, der draußen am Himmel tobte, hörte sich das Knistern der Maschine, die ihm eben noch den elektrischen Schlag versetzt hatte, nicht einmal seinen eigenen Atem konnte er hören. Nur sein Herzschlag dröhnte in seinen Ohren, erklang wie laute Trommeln, auf welche man beständig einschlug. Seine Umgebung war auf einmal völlig grau, farblos, in den Hintergrund gerückt. Nur sich selbst und Lawrence erkannte er in den richtigen Farben. Alles andere Existierte gar nicht, war von ihm völlig ausgeblendet worden. Es gab nur Lawrence und ihn und wenn das hier vorbei war, würde einer von ihnen sich dem tristen Grau anschließen. Er würde es nicht sein!
„Heute kann ich nicht verlieren“, sagte er dann. Kaum konnte er die Kraft zum Sprechen aufbringen, doch schien sein Gegenüber jedes Wort zu verstehen, das sich seine Miene beständig verfinsterte.
„Ich habe meine Freunde immer an meiner Seite und wenn wir zusammen sind, kannst du uns nicht besiegen. Wenn all das hier vorbei ist, werden wir noch immer stehen und du wirst am Boden liegen.“
Der abwertende Ausdruck in den Augen des Grünhaarigen verschwand ganz plötzlich, da Lawrence nun laut und höhnisch auflachte. Meinte dieser naive Junge das wirklich ernst?
„Glaubst du etwa du bist allmächtig? Du bist nichts, als der tragische Verlierer in diesem Spiel. Du hast ja nicht die geringste Ahnung, mit welchen...“
„Nein, du bist es, der keine Ahnung hat“, unterbrach Ryan ihn mit energischer Stimme.
„Du ahnst ja gar nicht, welches Leid du Arktos, Zapdos und Lavados beschert hast und was auf deine Taten folgen wird, geschweige denn, dass es dich interessiert. Und ich weiß, dass ich nicht allmächtig bin, aber mit der Hilfe meiner Freunde schaffe ich das hier!“
Ryan wiederholte die Worte von Lugia und obwohl er kurz vor einem Schwächeanfall stand, blieb er fest entschlossen, weiter zu kämpfen.
„Wir stehen da auf, wo Verlierer liegen bleiben. Du kannst machen was du willst, aber mich kriegst du nicht klein, das verspreche ich dir.“
Ryans Hand begann den Griff um den Pokéball, der darin lag, zu verstärken, während er die Lautstärke seiner Stimme nun senkte, aber keinesfalls weniger entschlossen wirkte.
„Und wenn ich hier und heute sterben muss, dann nehme ich dich mit, verlass dich drauf!“