Herz aus Glas

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  • Herz aus Glas



    Vielen lieben Dank an die liebe @shadow wolf, die so lieb war mir diesen wunderschöne cover zu zeichnen.


    Hallo und herzlich willkommen zu meiner ersten Geschichte, die ich hier im Forum veröffentliche.


    An dieser Geschichte schreibe ich nun schon eine ganze Weile und dennoch ist sie noch immer nicht fertig. Wer hier eine gewöhnliche Reise erwartet ist leider falsch, denn wie man schnell merken wird, wird diese Reise ein wenig anders sein. Dazu jedoch mehr, wenn ich zur Story der Geschichte komme. Ich möchte gleich erwähnen, dass diese Geschichte bei einer Altersempfehlung von 12 liegt, das heißt es wird nicht Friede-Freude-Eierkuchen, sondern Stellenweise auch leicht düster zugehen können und Verletzungen sind natürlich nicht ausgeschlossen.
    Das Copyright:Die Rechte an den Design der Pokemon oder den Pokemon an sich liegt nicht bei mir, sondern bei Gamefreak und allen Entwicklern ebendieser. Mir gehören bloß die erfundenen Charaktere die auftreten werden, sowie die Idee der Story


    Einen ganz, ganz lieben Dank auch an @Alexia, die sich dieser Geschichte als mein wundervoller Betaleser angenommen hat.











    Nachwort: Das war ein kurzer Überblick über alles. Die Liste der Haupt-und Nebencharaktere wird je nachdem erweitert, wenn sie auftreten und etwas mehr über sie bekannt wird, da ich nichts vorne wegnehmen möchte. Allerdings wird es nur einen groben Überblick geben, da man das Meiste wohl aus der Geschichte erfahren wird. Ich hoffe es macht dem ein oder anderen Spaß diese Geschichte zu lesen, jedenfalls würde es mich freuen und ohne noch mehr große Worte zu lassen beginne ich einfach.






    Danke an Evali von Pokefans für den tollen Avatar, den sie als Preis für eine Aktion im Bisaboard angefertigt hat.

    18 Mal editiert, zuletzt von Eisseele () aus folgendem Grund: Cover hinzugefügt


  • Herz aus Glas



    Kapitel 1 Ein Blick allein



    Es war jeden Tag das ewig Gleiche, aber das störte Azarni nicht mehr. Sie hatte es nie anders gekannt, war auf diese Weise aufgewachsen und hatte nie den Wunsch etwas zu ändern. Warum sollte sie auch? Sie hatte alles, was sie sich nur wünschen konnte, jedenfalls in ihren Augen, und mehr brauchte sie nicht.
    Die Tasse mit dem heißen Kaffee in ihrer Hand schwenkte sie leicht hin und her, während sie der Erzählung ihrer Freunde lauschte. Wobei sie sich eingestand den Kaffee manchmal spannender zu finden, aber niemals würde sie das laut zugeben. In Illumina City war es für sie Standard geworden jeden Nachmittag mit ihren Freundinnen Kaffee zu trinken. Früher konnte sie dieses bittere Getränk nie ausstehen, doch wenn man in Illumina lebte gewöhnte man sich zwangsläufig daran. Sie ging sogar mal soweit zu behaupten, dass die Menschen in Illumina nichts weiter taten, als Kaffee zu trinken, was bei der Masse an Cafés, die die Stadt bevölkerten, nicht gerade abwegig wäre. Wobei es natürlich nicht stimmte, denn die meisten Menschen hier arbeiteten, wenn sie nicht gerade wie Azarni Ferien hatten. Natürlich war es schön nicht in die Schule zu müssen, aber ihr Vater hatte somit die Möglichkeit ihr noch mehr, als ohnehin schon auf die Nerven zu gehen. Damit wollte sie sich im Moment jedoch nicht beschäftigen. Daher richtete sie ihren Blick wieder zu ihrer Freundin Roe, die sie bereits seit etlichen Jahren kannte. Diese hielt gerade eine rote Tasche in die Höhe, an der einige Fransen nach unten hingen. Itoe, die ihr zusammen mit Roe gegenüber saß, pfiff anerkennend und betrachtete die Tasche ausgiebig, während sie sich ihre blonden Haare immer wieder über einen Finger drehte. Eine Angewohnheit, die sie schon immer hatte und nie losgeworden war.
    „Nicht schlecht, was?“, fragte Roe geschmeichelt nach und stellte die Tasche wieder neben sich ab. „Ich habe sie bei Maison Très Chique erst gestern gekauft.“ Azarni lächelte bloß zustimmend, als Itoe förmlich ins Schwärmen geriet und festlegte, dass sie nachher unbedingt noch einmal in den Laden gehen mussten, da sie jetzt unbedingt auch eine neue Tasche bräuchte. Azarni schüttelte nur den Kopf und sah die beiden an. Sie selber war nicht so, dass sie ständig jeder neuen Tasche nachlief. Klar, gegen eine neue Tasche war nie etwas zu sagen, aber manchmal glaubte sie, dass die beiden es vielleicht doch übertrieben, wenn sie sich wirklich jede Woche eine neue Tasche holten, die dann nur Zuhause rumstand. Sie lehnte sich leicht zurück und hörte ihren beiden Freundinnen zu, wie sie sich über die neuste Kollektion ausließen und lächelte leicht. Sie waren einfach unverbesserlich, aber genau das liebte sie so an ihnen.


    Ihr Kaffee war schon lange kalt, aber sie hatte ihn nicht vollständig getrunken, als sie das Café verließen. Itoe hatte beschlossen, dass sie gehen sollten, wenn sie heute noch zu Maison Très Chique gehen wollten und Azarni war das nur recht. Tatsächlich hatten sie über zwei Stunden im Café zugebracht und über ein wenig Abwechslung würde sie sich nicht beschweren.
    Wie so oft kontrollierte Roe, ob ihre rote Lockenpracht, die sie immer wieder zu einer anderen aufwendigen Frisur steckte, noch saß, bevor sie voran marschierte. Mit ihren feinen Gesichtszügen und der auffälligen Haarfarbe kam sie Azarni manchmal vor, wie aus einem Modemagazin entsprungen.
    Schnell legte Azarni das Geld für den Kaffee auf den Tisch, wie es üblich war mit einem guten Trinkgeld, bevor sie den beiden folgte.
    Der Weg zur Boutique, die im Südring von Illumina City lag, war zum Glück nicht besonders weit, denn sie befanden sich bereits im Südring. Die Stadt selbst teilte sich in einen Nord-und einen Südring von denen wiederum die vier Hauptalleen der Stadt abzweigten, die nach den vier Jahreszeiten benannt waren. Neben diesen gab es noch etliche andere Straßen und in der Mitte von Illumina City war das Zentral-Plaza, auf dem sich der Prismaturm befand. Illumina City galt eben nicht umsonst als größte Stadt in ganz Kalos.
    Sie folgte ihren beiden Freundinnen durch die Stadt, wobei sie immer wieder anderen Passanten ausweichen musste. Jetzt, um die Nachmittagszeit, war es auf den Straßen der Stadt mehr als nur voll und Menschen drängten sich geschäftig in die verschiedenen Läden oder Häuser. Aus Gewohnheit hielt sie ihre Tasche vor ihrem Körper, denn bei so einem Gedränge wusste man nie, ob nicht der ein oder andere Dieb seine Langfinger nach ihrer Tasche strecken würde.


    Als sie den Teil des Südringes erreichten, der bald in die Frühlingsallee - in der die Boutique lag – mündete, wurde es wenigstens etwas ruhiger und es trat ihr, bildlich gesehen, nicht mehr ständig jemand auf die Füße.
    Wie von selbst schweifte ihr Blick zu dem einzigen Gebäude hier, das nicht ins Bild passen wollte. Ein altes leer stehendes Haus, das bestimmt schon hundert oder mehr Jahre alt war, zumindest stand es schon leer solange sie oder ihre Großmutter denken konnten. Umso mehr wunderte es sie, dass es überhaupt noch stand, denn normalerweise wurden so alte Bauten abgerissen.
    Das Gebäude war zum Teil verfallen und der kleine Vorgarten hinter dem zerfallenen Zaun ungepflegt und vertrocknet. Kein schöner Anblick für eine Stadt wie Illumina. Dabei ragen sich um dieses Gebäude etliche Geschichten von Geistern, die keine Ruhe fanden, bis hin zu anderen Gruselmärchen, aber die Wahrheit war viel einfacher: Es war ein stillgelegtes Pokémon-Labor. Jedenfalls, wenn man ihrem Vater trauen konnte.
    Es war schon seltsam zu hören, dass vor über hundert Jahren so etwas existiert haben sollte. Angebliche Forschungen über Pokémon, dabei war es doch völlig unnötig. Alles, was man über Pokémon wissen musste war bereits bekannt. Nicht, dass es da sonderlich viel zu wissen gab. Damals allerdings sollten die Menschen eine völlig verdrehte Beziehung zu Pokémon gehabt haben, sie als Freunde oder ähnliches bezeichnet haben. So was war natürlich nur völliger Unsinn, Pokémon waren weder in der Lage Gefühle zu empfinden, noch dazu überhaupt eigene Gedanken zu haben. Pokémon waren einzig und allein Wesen, mit denen man Kämpfe austragen konnte, um seine Stärke zu beweisen und - jedenfalls in ihren Augen - an Reichtum und Macht zu kommen. Sie waren nichts weiter als gezüchtete Werkzeuge und Mittel zum Zweck. Auch wilde Pokémon, die es damals gegeben habe sollte, gab es heute kaum noch und wenn, reichte ihre Kraft nie an die der für den Kampf gezüchteten Pokémon heran. Die Einstellung, die früher angeblich geherrscht haben sollte, war garantiert auch nur ein Hirngespinst, Legenden und Märchen zuzuschreiben. Sie kannte keinen Menschen, der in einem Pokémon jemals etwas anderes, als ein Wesen sehen würde, das zum Kämpfen da war, eine gefühllose Kampfmaschine, wie viele sie gerne bezeichneten.


    Azarni warf noch einmal einen Blick zu dem baufälligen Haus, stockte allerdings, als sie hinter einem der Fenster einen Schatten wahrnahm, der so schnell verschwand, wie er gekommen war. Sie schüttelte ungläubig den Kopf, aber der Schatten blieb verschwunden.
    „Azarni? Wo bleibst du denn?“, rief Roe, die bereits etliche Meter von ihr entfernt stand. Azarni hatte gar nicht mitbekommen, dass sie stehengeblieben war.
    „Ich dachte, da wäre“, begann sie, schüttelte dann allerdings den Kopf und schloss zu ihren Freundinnen auf. „Nicht so wichtig.“ Bestimmt hatte sie sich das einfach nur eingebildet, genau, das musste es sein. In diesem Haus war schon seit Jahren niemand mehr gewesen. Wenn sie sich nicht getäuscht hatte, war es eben nur ein streunendes Pokémon, dass von seinem Trainer wegen mangelnder Stärke ausgesetzt wurde und bald im Zwinger - wie man den Ort nannte, an den streunende Pokémon gebracht wurden - landen würde. So was kam nicht gerade selten vor und Pokémon die zu lange im Zwinger waren, wurden irgendwann einfach entsorgt. Ein Pokémon das niemand wollte, brauchte niemand mehr.
    „Gehen wir weiter“, meinte sie lächelnd und ging einfach voran. Von ihren Hirngespinsten mussten die beiden nun wirklich nichts erfahren. Sie spürte zwar die skeptischen Blicke der beiden, trotzdem folgten sie ihr schweigend.



    Im Gegensatz zur Frühlingsallee herrschte bei Maison Très Chique eine angenehme Ruhe. Das konnte vor allem daran liegen, dass es zwar einer der größten dafür, aber auch teuersten Läden war. Allerdings machte sie sich dank ihres Vaters darum keinen Kopf, denn nicht umsonst galt er als der beste Trainer der Stadt - als Arenaleiter. Itoe sagte immer, dass es schon seltsam war, dass ihr Vater die Arena leitete, sie selbst allerdings kein Interesse daran hatte ebenfalls zu kämpfen. Sie fand es unsinnig. Man konnte wohl auch auf andere Arten erfolgreich sein, als Pokémon gegeneinander antreten zu lassen.
    Zumindest war das Thema von vorhin schnell vom Tisch kaum, dass sie den Laden betreten hatten. Itoe und Roe waren sofort vollkommen in ihrem Element und schienen beim Anblick der neuen Kleidungsstücke alles um sich herum zu vergessen. Die Verkäuferin warf ihnen nur einen kurzen Blick zu, bevor sie sich wieder ihrer Beschäftigung widmete. Sie wusste genau, dass sie zahlen würden und ihre Zeit nicht verschwenden, selbst wenn sie noch Kinder waren, jedenfalls vor dem Gesetz.

    Azarni fand es ungerecht jemanden noch als Kind zu bezeichnen nur, weil er erst siebzehn und nicht bereits achtzehn war. So war das eben und daran würde sie ganz sicher nichts ändern können. Einen Moment sah sie ihren beiden Freundinnen noch schmunzelnd zu, bevor sie sich ebenfalls die Kleidung, die angeboten wurde, ansah. Wenn sie schon hier war, dann konnte sie auch sehen, ob sie etwas Schönes fand. Obwohl sie eigentlich schon wusste, dass es garantiert nicht bei einem Versuch bleiben würde. Bei Maison Très Chique fand man so gut wie immer etwas, jedenfalls hatte sie persönlich es noch nie anders erlebt. Die Boutique existierte angeblich schon seit einer halben Ewigkeit und noch immer galt sie als eines der besten Geschäfte in Illumina. Es dauerte keine zehn Minuten, bis Itoe sie mit ihrer Begeisterung angesteckt hatte und sie neugierig mit ihnen durch die ausliegenden Waren streifte und alles anprobierte, was auch nur Ansatzweise ihrem Geschmack entsprechen konnte.
    Es endete, wie jede Shoppingtour mit ihren Freundinnen enden musste, mit einem ganzen Haufen neuer Kleidung. Dankend nahm sie die Tüte von der Verkäuferin entgegen, während Itoe stolz ihre neuen Schätze betrachtete.
    „Und wo wollen wir jetzt noch hin?“, fragte Itoe nach, als wäre es selbstverständlich, dass sie noch etwas zusammen machen sollten. Wenn Azarni ehrlich war, hätte sie am liebsten zuerst die Tüte Zuhause abgestellt. Selbst wenn es nur Kleidung war wusste sie, dass sie mit der Zeit verdammt schwer werden würde.
    „Wir könnten nachsehen, ob auf dem Zentral Plaza was los ist?“, warf Roe in die Runde und Itoe nickte sofort zustimmend. Auch Azarni stimmte schnell zu, denn so standen die Chancen ihre Tüte Zuhause abzustellen gar nicht mal so schlecht.
    „Na dann“, begann Itoe, allerdings brach sie mitten im Satz ab und starrte in eine der kleinen Seitengassen, die zum Place Cyan führten.
    „Was ist da?“, fragte Azarni nach und ging zu ihr, um in die Gasse zu sehen. Von hier aus konnte sie nichts weiter erkennen, als eine Menschenmasse, die sich auf dem Place Cyan versammelt hatte.
    „Ein Straßenkampf“, stellte Azarni schnell fest und schob sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die immer wieder ungünstig fiel. Anders als bei den Pokémonkämpfen in den Arenen, bei denen es nicht nur um Geld, sondern auch vor allem um den Ruhm und die Macht, die daraus folgte, ging es bei Straßenkämpfen allein um Geld.
    "Wie wär's, wenn wir uns das doch mal ansehen?", schlug Roe sofort vor. Wie Azarni sie kannte, würde sie kein nein gelten lassen. Anders als Azarni hatte sie vor, später mit Kämpfen erfolgreich zu werden, weshalb sie sich auch extra ein Igamaro hatte züchten lassen. Manchmal verstand sie diese Kämpfe nicht, denn eigentlich ging es nur darum, wer sich das stärkere Pokémon hatte leisten können und es auch entsprechend trainieren konnte, damit es gewinnen würde. Aber so war das eben und wem es gefiel, der sollte es tun.
    Als würden Itoe und Roe nur noch auf sie warten, stimmte sie schließlich auch zu. Es würde sie nicht umbringen sich einen Kampf anzusehen, von daher war es ihr recht egal.
    Sofort gingen sie zum Place Cyan, denn der Kampf schien gerade erst angefangen zu haben.
    „Entschuldigung, darf ich mal“, rief Roe und drängelte sich einfach an den Leuten, die um die Kämpfenden herum standen durch, ohne Rücksicht auf Verluste. Entschuldigend lächelnd folgten Azarni und Itoe ihr, aber sie konnten Roe auch nicht davon abbringen.


    Kaum hatten sie sich durch die Masse an Menschen gedrängt standen sie unmittelbar vor dem Geschehen. Azarni warf einen schnellen Blick auf die kämpfenden Parteien, bei denen es sich um zwei junge Männer handelte. Rund um sie herum ertönten verschiedene Rufe, die jeweils einen der beiden anfeuerten. Unter dem ganzen Lärm konnte sie kaum etwas verstehen.
    Auch die Pokémon der beiden standen sich bereits schweigend gegenüber und wartete nur auf einen Befehl. Während einem der beiden ein Fiffyen zur Verfügung stand, konnte der andere ein Glutexo sein Eigen nennen. Ein nicht gerade fairer Kampf dem Fiffyenbesitzer gegenüber, aber zum einen hatte er sich wohl auf den Kampf eingelassen und zum anderen wusste niemand, welche Fähigkeiten das Fiffyen durch seine Zucht wohl erhalten hatte. Das es Zucht-Pokémon waren stand für Azarni außer Frage. Es gab niemanden mehr, der mit anderen Pokémon kämpfte, denn Wilde würden nie dieses Niveau erreichen können.
    Sie waren wohl gerade rechtzeitig zum Beginn des Kampfes gekommen, was vor allem Roe unendlich freute. Wenn sie schon einmal hier war, beschloss Azarni, dass sie sich den Kampf durchaus ansehen konnte.
    Mit einer großzügigen Geste ließ der Besitzer des Glutexo seinem Gegner den Vortritt, was dieser sich nicht zweimal sagen ließ.
    „Biss“, lautete der Befehl des jungen Mannes. Sofort schoss das Fiffyen auf seinen Gegner zu und verbiss sich in dessen Arm, während dieser einfach nur dastand und es über sich ergehen ließ. Dabei drangen die Zähne des Fiffyen nicht einmal durch die lederne Haut seines Gegners.
    „Benutz Flammenwurf“, konterte der Trainer des Glutexo. Dieses öffnete sein Maul, um den heißen Flammenstrahl aus seinem Maul direkt auf das kleine Pokémon an seinem Arm entweichen zu lassen. Anschließend warf es das Pokémon mit einem Schwung seines Armes wieder vor seinen Trainer. Doch das Fiffyen war nicht so leicht unterzukriegen, sondern stand einfach wieder auf, während es sich die Büschel verbrannten Fells vom Körper schüttelte. In diesem Moment könnte es einem, wäre es ein Wesen mit Gefühlen, wirklich leidtun. Es war klar, dass es keine Chance in diesem Kampf hatte, zu gewinnen. Sein Gegner war ihm einfach einen Schritt voraus.


    „Eiszahn“, lautete der nächste Befehl an das Fiffyen. Damit war Azarni auch klar, dass es sich bei dem Trainer des Fiffyen noch um einen Anfänger handeln musste. Sie selbst hatte im Kampf zwar keine Erfahrung, aber durch Roe und ihren Vater so einiges mitbekommen. So auch, dass Eisattacken kaum einen Effekt auf einen Feuertypen wie Glutexo hatten.
    „Feuerschlag.“ Die Klauen des Glutexo hüllten sich auf den Befehl hin in Flammen. Noch bevor die Zähne des Fiffyen es erreichen konnten verpasste es ihm mit seinen Klauen einen kräftigen Schlag, der es zum zweiten Mal vor die Füße seines Trainers beförderte. Azarni konnte nicht verstehen, was manche in diesen Kämpfen sahen. Für sie waren es nur zwei Pokémon, die aufeinander losgingen.
    Azarni sah zu dem kleinen, grauen Pokémon, dessen Fell zum Großteil versengt war. Trotzdem versuchte das Pokémon sich erneut auf seine vier Beine zu stemmen. Irgendwo tat es ihr wirklich ein wenig leid. Das war der Moment, in dem das Fiffyen, jedenfalls schien es ihr so, sie direkt ansah. Seine gelben Augen, die während des Kampfes absolut ausdruckslos waren, hatten sich verändert. Eine stille Verzweiflung lag in ihnen, die Azarni fast den Atem raubte. Es war nicht möglich, dass ein Pokémon einen solchen Ausdruck in den Augen trug, denn sie konnten keine Gefühle empfinden. Kurz schloss sie die Augen und schüttelte den Kopf. Das war genauso Einbildung, wie der Schatten im Labor. Ihre Nerven gingen einfach nur mit ihr durch. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie gerade noch, wie das Fiffyen wie ein nasser Sack zur Seite kippte.


    „Anfänger“, stellte Roe fest, kaum dass sie den Place Cyan verlassen hatten. Wie es üblich war, hatte der Verlierer dem Gewinner noch den Wetteinsatz überreicht, aber da hatten sie den Platz schon wieder verlassen.
    Der Ausdruck in den Augen des Pokémon ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Sie war eindeutig übermüdet, dass sie sich auch noch Gedanken um so etwas Sinnloses machte.
    „Hey, wollen wir zur Arena gehen und sehen, ob dein Vater mal wieder ein paar Herausforderer auseinander nimmt?“, fragte Roe nach und mechanisch nickte Azarni leicht.




    An der Stelle noch einmal vielen Dank an @Alexia, dass sie so lieb war als Betaleser das Kapitel durchzusehen und mir die Fehler zu zeigen. :heart:
    Ebenso vielen Dank an @Shyzan, der mir ebenfalls noch bei einigen Fehlern in den Formulierungen geholfen hat.
    (Sprite neben Kapitelname made by me. Darstellung eines Auges eines Fiffyen. )

    Danke an Evali von Pokefans für den tollen Avatar, den sie als Preis für eine Aktion im Bisaboard angefertigt hat.

    9 Mal editiert, zuletzt von Eisseele ()

  • Hallo @Eisseele und ein (verspätetes) Willkommen im Fanfiction-Bereich!


    Dann will ich dir mal einen Kommentar dalassen :3


    Startpost/Allgemeines
    Zunächst zum Titel: Er erinnert mich an ein gleichnamiges Lied, ist da vielleicht eine Inspiration vorhanden? Ansonsten finde ich den aber gar nicht so schlecht gewählt: Er verrät noch nichts Direktes über die Geschichte, lässt aber gleichzeitig durchblicken, dass keine allzu schönen Ereignisse ins Haus stehen. Das macht einen neugierig darauf, was genau wohl die Problematik der Erzählung werden wird.
    Der Startpost an sich ist sehr übersichtlich und ordentlich strukturiert. Du könntest dir aber noch überlegen, ob du nicht einen schönen Header nutzen möchtest. So eine Art "Buchcover" begrüßt den Besucher, fängt seinen Blick als erstes ein und kann damit genutzt werden, potentielle Leser zum Verweilen zu bewegen.
    Eine Kleinigkeit, die die Optik aber etwas stört: Du solltest den Farbcode um den Unterstreichungscode herumlegen. Die Unterstreichung in weiß, während die Schrift bunt ist, sieht etwas komisch aus :/
    Ein weiterer Vorschlag, den ich gerne mache: Dateien zum Mitnehmen. Ich persönlich lese viel am Handy/unterwegs und mache mir daher von den Texten, die ich lesen will, eine ePub und/oder eine PDF. Ich weiß zwar nicht, wie viele das außer mir tatsächlich machen/sich wünschen würden, aber ich denke, so etwas anzubieten bzw. bereitzustellen wäre ein ganz nettes Gimmick :3
    Weiterhin wäre es strukturell besser gewesen, wenn du das Kapitel in einem extra Post veröffentlich hättest. Das mag zwar sicherlich Geschmackssache sein, aber es wirkt einfach schöner, wenn man eine optische Trennung zwischen reiner Information und Fließtext reinbringt.
    Wegen deines Absatzproblems, hast du die Geschichte vielleicht im Editor eingefügt? Versuch mal, erst in den Quellcodemodus zu wechseln (der kleine Kasten oben Links über dem Textfeld, wenn du einen neuen Beitrag tippst - er ist mit "BBCode" beschriftet, wenn du mit der Maus drüberfährst). i.d.R. behebt das das Problem mit den Absätzen dann schon, du müsstest u.U. dann nur ein paar Code wie kursive Schrift nochmal nachfügen.


    Kommen wir nun genauer zu deinem ersten Kapitel! o/




    Im Großen und Ganzen verfolgst du einen sehr interessanten Ansatz und ich bin schon gespannt, was du daraus noch machen wirst! :)


    Ganz liebe Grüße,


    Sheo

  • Hier nun auch endlich das lange erwartete 2. Kapitel. Ich habe mir mit dem Hochladen leider etwas Zeit gelassen.




    Kapitel 2 Pokemon-Labor



    So schnell wie die Ferien begonnen hatten, waren sie auch schon wieder vorbei und Azarni hatte in ihnen nichts getan, was sie sonst nicht auch tun würde. Sie hätte nicht gewusst, was sie sonst tun sollte und wollte es auch nicht anders.
    Für sie schien ihr Leben in einer Endlosschleife aus den immer gleichen Dingen zu bestehen, aber das war in Ordnung so. Lieber wissen, woran man war, als am Ende nicht mehr wissen, wo hinten und vorne war.
    Und doch war ihr die ganze Woche über immer und immer wieder etwas seltsam vorgekommen. Es war wie ein Fluch, der ihr sagen wollte, dass sie den Verstand verlor. Jedes Mal, wenn sie am verlassenen Labor vorbei ging, war da dieser Schatten im Fenster, der sie zu verhöhnen schien, denn nur sie sah ihn. Wann immer sie ihre Freundinnen darauf ansprach, war er wie durch Zauberhand verschwunden und nicht wieder aufzufinden. Auf die Blicke hin, die ihre Freundinnen hin und wieder zuwarfen, hatte sie die Beiden nie wieder auf den Schatten angesprochen. Sie glaubte selber mittlerweile, dass sie langsam aber sicher durchdrehte. Es war seltsam, was ein kleiner Schatten mit ihr anstellte. Wenn es nur ein normaler Schatten einer Gardine war, gut, trotzdem sie hatte das Gefühl, dass er sie zu sich winkte, so dumm es auch klang. Als würde er sie beobachten und eine menschliche Form besitzen.
    Dem wollte sie heute allerdings endlich ein Ende setzten. Sie wusste, dass sie das irgendwann bereuen würde, aber langsam sah sie keinen anderen Weg mehr. Um zu erfahren, was es damit auf sich hatte, würde sie versuchen, das alte Labor zu betreten und wenn sich dort wirklich jemand aufhielt, würde sie es erfahren. Wenn nicht gab es für sie keinen Grund mehr sich verrückt zu machen.
    Der erste Schultag war nie einfach, auch nicht nach den Ferien, wenn man sich danach sehnte wieder ausschlafen zu dürfen und wie immer hatte sie es trotzdem überstanden. Es war nun auch wieder nicht so, dass ihr eine andere Möglichkeit bleiben würde.
    Azarni konnte nicht sagen, dass sie die Schule nicht mochte, aber auch nicht, dass sie sie gerne hatte. Wer würde das schon von sich behaupten?


    Daher war sie auch mehr als erleichtert, als sie an diesem Tag das stickige Schulgebäude verlassen konnte und erst einmal tief durchatmete. Besonders jetzt im Frühling herrschte trotz der nachts noch kühlen Temperaturen, in der Schule oft eine erstickende Luft. Solche Temperaturen blieben wohl nicht aus, wenn man gut dreißig Leute in einen Raum setzte und das über einen langen Zeitraum hinweg. Man konnte lüften wie man wollte, auch das half dann nichts mehr. Es war tatsächlich der einzige Punkt, der Azarni in Illumina schon immer schwer im Magen lag, dass sie die Menschenmassen an manchen Tagen am liebsten verfluchen würde. Im Allgemeinen hatte sie wirklich kein Problem damit, aber es gab Tage, an denen jeder Einzelne von ihnen nervte.
    Azarno schulterte ihren Rucksack und verabschiedete sich von Roe und Itoe, die ihr verwirrt hinterher blickten. Ihre Freundinnen konnten nicht verstehen, warum sie heute nicht mit ihnen kam, aber Azarni hatte einen Plan und den würde sie umsetzen. Jedenfalls einen Versuch war es wert, falls sie es schaffte in das Gebäude zu kommen, denn eigentlich war der Zutritt streng verboten.
    Vielleicht lag es einfach daran, dass sie sich wie ein Schwerverbrecher fühlte, als Azarni sich durch die Massen des Südringes schlängelte, stetig ihr Ziel vor Augen. Die hohen Wolkenkratzer, aus denen Illumina nur noch zu bestehen schien, wollten sie verhöhnen und einengen.
    Von der Oberschule aus, die glücklicherweise in der Nähe des Prismaturms gelegen war, bahnte die junge Frau sich ihren Weg über die Frühlingsallee in den Südring, um zum Labor zu kommen - sofern es sich dabei wirklich um ein Labor handelte. Neben den hohen Gebäuden, die Illumina schmückten, wirkte das Gebäude noch kleiner, als es eh schon war. Wie konnten Menschen früher nur in solch einem kleinen Haus leben?


    Als sie das alte Gebäude allerdings erreicht hatte, schwand ihre Entschlossenheit auf ein Minimum. Besonders sicher sah es nicht aus, denn das oberste Stockwerk war bereits völlig zerfallen. Ob sie da wohl lebend rauskommen würde oder ob ihr die Decke auf den Kopf fallen würde? Dennoch: Ein Zurück gab es nicht, wenn sie Gewissheit wollte. Die Gewissheit, dass da etwas war und sie nicht verrückt wurde, sich von so etwas fertig machen zu lassen.


    Von der Vorderseite in das Gebäude zu gehen, wäre Wahnsinn gewesen, denn dann hätte sie sich auch gleich ein Schild umhängen können auf dem stand: „Ich will hier einbrechen.“ Etwas anderes tat sie rechtlich gesehen nicht. Langsam ging Azarni die schmale Seitengasse neben dem Gebäude entlang und hoffte, dass sie nicht auffiel, aber das bei so vielen Menschen, die unterwegs waren, ausgerechnet auf eine Einzelne Person geachtet wurde, war mehr als unwahrscheinlich.
    Wider Erwarten stand sie hinter dem Gebäude nicht sofort vor einer Wand, sondern einem mannshohem Zaun, der eine Absperrung zu etwas wie einem kleinen Vorgarten zum Hintereingang darstellte. Ihre Großmutter hatte ihr mal erzählt, dass viele Menschen früher solche Gärten besaßen. Heute waren sie nutzlos geworden, denn warum sollte man Pflanzen oder Gemüse anbauen, wenn man es auch kaufen konnte? Zumal sie sich fragte, wie man in der Stadt außerhalb von Gewächshäusern genug Platz dafür haben sollte. Gärten fand man in Illumina kaum noch.
    Zum Glück musste sie sich von hier nicht mehr beobachtet fühlen, denn auf dieser Seite befand sich gegenüber dem Labor keine Straße, sondern ein Firmengebäude, das erst vor wenigen Jahren gebaut worden war und wie ein Turm in den Himmel ragte.
    Vorsichtig schob sie eines der Bretter des bereits halb verfallen Zauns zur Seite, das sofort nachgab und auf dem Boden landete. Das war nicht der Plan gewesen, aber so würde sie in das Gebäude kommen, denn eine Tür zwischen den morschen Holzbrettern konnte sie nicht finden. Über das Gebilde klettern war, vor allem bei seinem Zustand, sicher keine gute Idee. Besonders da sie nicht gerade eine geborene Kletterin war.
    Vorsichtig schlüpfte sie durch die freie Stelle im Zaun und fand sich tatsächlich in einem kleinen Garten wieder, oder zumindest einem Vorgarten, denn die Tür zum Labor war nur wenige Meter von ihr entfernt.


    Der Weg dahin, sofern früher vielleicht mal einer existiert hatte, war nicht mehr da. Stattdessen stand sie mitten in beinahe hüfthohem Gras, das ihre, durch den kurzen Rock, nackten Unterschenkel kitzelte. Das war ja ganz toll. In den hundert Jahren, in denen das Gebäude leer stand, war wohl niemand auf die Idee gekommen mal Rasen mähen zu lassen? Gut, warum sollte das auch jemand getan haben?
    Dennoch war sie schon zu weit gegangen, jedenfalls für ihre Verhältnisse, um jetzt einen Rückzieher zu machen. Langsam bewegte sie sich durch das Gras vorwärts und kaum, dass der erste Stachel oder was auch immer es war ihr Bein streifte hätte sie am liebsten umgedreht. Sie wollte gar nicht wissen, welche Art von Distel da ihre Beine zerkratzte. Es war definitiv ein Fehler gewesen einen Rock anzuziehen, da halfen auch die kurzen schwarzen Shorts, die sie darunter trug, nichts. Da war ihre Schule schon eine der wenigen ohne Uniform und natürlich hatte sie sich mal wieder für die falsche Kleidung entschieden.
    Als Azarni vor der Tür angekommen war, stockte sie kurz, denn selbst auf dem Hintereingang, der das hier sicher sein musste, war ein Schild angebracht auf dem eine bereits leicht verwitterte Schrift zu erkennen war:
    „Privatgrundstück. Betreten streng verboten.“
    Natürlich hätte sie sich das denken können. Irgendwem musste das Gebäude gehören, und zwar jemanden mit jeder Menge Einfluss, sonst hätte man es schon lange abgerissen. Ein solch altes Gebäude störte das einheitliche Stadtbild schon sehr. Wieder einmal wurden ihr lauter Lücken in ihrem tollen Plan klar, denn selbst wenn sie ungesehen bis hier hergekommen war, wie sollte sie durch eine Tür kommen, die mit Sicherheit verschlossen war?
    Trotz der Erwartung, dass die Tür verschlossen war, drückte sie leicht dagegen und wie durch ein Wunder öffnete sie sich mit einem schrecklichen Quietschen ein Stück.


    Bevor sie es sich anders überlegen konnte, schlüpfte sie nach drinnen und stand sofort in einer Art Eingangshalle. Durch die teils vernagelten Fenster drang gerade so viel Licht herein, dass sie alles sehen konnte. Dabei auch Dinge, die sie lieber nicht gesehen hätte, wie die Spinnweben in der Ecke oder den meterdicken Staub, der überall lag. Gott, wenn sie hier raus war, dann brauchte sie erst einmal eine Dusche, das stand bereits jetzt fest.
    Die Eingangshalle war komplett leer, bis auf einige Schutteile, die verstreut herumlagen, und es interessierte sie auch nicht sonderlich. Das was sie prüfen wollte, befand sich ein Stockwerk höher.
    In der Mitte des Raumes befand sich zwar ein altmodischer Fahrstuhl, aber sie glaubte kaum, dass dieser noch fuhr und selbst wenn würde sie nichts in der Welt da hinein bekommen.
    Da war ihr die Treppe auf der linken Seite des Raumes schon viel lieber, zu der sie ging, während sie über einige Schutteile stieg. Selbst die Treppe, die noch ganz altmodisch aus Holz gefertigt war, weckte nicht gerade ihr Vertrauen und knarrte bei jedem Schritt, den sie tat, bedrohlich.
    Mit zittrigen Fingern zog sie den Träger ihres Rucksacks, der ihr über die bloße Schulter gerutscht war, wieder nach oben. Sie stellte fest, dass auch das blassrosa, trägerlose Oberteil keine passende Wahl für diese Aktion war, dabei fand sie das es sich eigentlich gut zu ihrem Rock und den langen, schwarzen Haaren ergänzte. Trotzdem eine schlechte Wahl.


    Azarni war allerdings sehr froh, als sie die Treppe hinter sich gelassen hatte. Im Gegensatz zum ersten Stockwerk war das zweite beinahe völlig so erhalten, wie es wohl vor über hundert Jahren war. Jedenfalls sah es ganz danach aus. Regale voller Bücher, die wohl bald zu Staub zerfielen, und seltsame Geräte, die sie nicht zuordnen konnte, füllten den Raum.
    In einer Ecke entdeckte sie etwas das aussah wie eine Wanne, mit einer Glaskuppel, auf die sie zuging. Mit einer Hand wischte sie den Staub von der Kuppel und verzog anschließend angewidert das Gesicht, als sie sah, dass es sich nicht nur um Staub, sondern auch eine undefinierbare Schmiere handelte.
    Im Inneren der Wanne konnte sie auch nichts weiter, als eine seltsame braune Brühe erkennen. Ihr Blick schweifte durch den Raum und blieb an einem alten Computer hängen, wie die Mutter ihrer Großmutter ihn vielleicht einst noch verwendet hatte.


    Entgegen aller Erwartungen, dass das alte Klapperding eh nicht mehr funktionierte, suchte sie den Knopf, um es zu starten und wartete ab, was passierte. Sie rechnete natürlich nicht damit, dass er ansprang und umso mehr schreckte sie vor dem Gerät zurück, als der Bildschirm zu flackern begann. Wie konnte er denn noch funktionieren? Es tauchte zu ihrer Verwunderung ein Startbildschirm auf und nach etlichen Minuten war das Gerät scheinbar bereit zur Nutzung. Wiederstrebend setzte sie sich auf den verdreckten Stuhl, natürlich nicht ohne den gröbsten Staub weg zu wischen. Hoffentlich bekam sie ihren Rock wieder sauber. Anschließend suchte sie nach einem Mittel, um diesen altertümlichen Computer zu bedienen. Da eh niemand hier zu sein schien, vergaß sie für einen Moment, weshalb sie gekommen war und widmete sich dem Computer. Wenn sie schon einmal hier war, dann könnte sie sich auch etwas umsehen. Ihre Kleidung war so oder so reif für die Wäsche.


    Wie kompliziert die Technik damals war. Erst brauchte man einen kleinen Kasten, mit dem man den Zeiger im Bildschirm bewegen konnte, statt die Option direkt anzuklicken. Nachdem sie das herausgefunden hatte, starrte sie einen Moment auf den Bildschirm. Was suchte sie eigentlich an diesem Computer? Auf Gut Glück öffnete sie die Dateien und klickte sie durch, allerdings sagten ihr die Titel der Dateien recht wenig. Meist bestanden sie nur aus Zahlen und Buchstabenkombinationen und auch der Inhalt war nicht weniger unverständlich. Nur eines der Dokumente schien tatsächlich auch für Normalsterbliche verständlich zu sein. Daher wählte Azarni es einfach aus und warf einen Blick auf den Inhalt. Vielleicht würde ihr dieser zumindest sagen, ob ihr Vater Recht hatte und hier früher Pokémon erforscht worden waren.


    Die Mega-Entwicklung


    Laut neusten Ergebnissen ist die Mega-Entwicklung eine Form, die ein Pokémon nur für die Dauer eines Kampfes annehmen kann, bevor es wieder in seine ursprüngliche Gestalt zurückkehrt. Während es sich in seiner Mega-Form befindet, gewinnt es nicht nur erheblich an Stärke, sondern verändert sogar seine Gestalt und unter Umständen seinen Typen.
    Zur Auslösung der Mega-Entwicklung ist allerdings ein Stein, namens Mega-Stein nötig und ein sogenannter Schlüssel-Stein. Sie kann nur vollzogen werden, wenn zwischen Trainer und Pokémon ein tiefes Vertrauen herrscht.
    Ich habe herausgefunden, dass der Ursprung der Mega-Entwicklung …


    An dieser Stelle hörte der Text einfach auf, als sei der Autor mitten in seinen Ausführungen unterbrochen worden. Azarni starrte den Text an. Das war doch Unsinn! Von einer solchen Entwicklung hatte sie noch nie gehört. Dann auch noch durch Vertrauen zwischen Mensch und Pokémon, wer zum Henker dachte sich so einen Unsinn aus? Als könnte man so etwas nur durch Vertrauen zu einem Wesen bewerkstelligen.
    „Mega-Entwicklung, dass ich nicht lache. Kein Wunder, dass es das Labor nicht mehr gibt, hier hat man nur Hirngespinste erforscht“, stellte sie genervt fest. Und für so was war sie hergekommen! Sie hätte irgendwie zumindest gerne gewusst, woher diese ominöse Entwicklung kommen sollte, die sich anhörte wie eine Kindergeschichte zur Belustigung.


    „Die Mega-Entwicklung ist kein Hirngespinst, sondern existiert wirklich. Allerdings ist sie mittlerweile in Vergessenheit geraten, so wie vieles andere auch“, ertönte eine helle Stimme hinter Azarni und diese fuhr herum.
    Da stand sie, mit beinahe ausdruckslosem Gesicht, hinter ihr, als hätte sie schon ewig dort gestanden. Sofort stand Azarni auf und starrte hinter sich. Sie war sich sicher, dass vor wenigen Minuten noch niemand hier gewesen war.



    Vielen Dank erneut an die liebe @Alexia, die so lieb war das Kapitel zu korrigieren.


    Ebenso auch hier wieder an @Shyzan für die Hilfe bei einigen Formulierungen.

    Danke an Evali von Pokefans für den tollen Avatar, den sie als Preis für eine Aktion im Bisaboard angefertigt hat.

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  • So nun komme ich auch endlich dazu wieder ein Update zu machen.



    Kapitel 3 Pokemon mit Herz und Seele




    Das Mädchen vor ihr war nicht älter als sie, eher sogar noch etwas jünger. Honigblondes Haar fiel ihr auf den Rücken und der schlichte rote Rock mit dem schwarzen Top war zwar sauber, sah allerdings auch nicht besonders hochwertig aus. Was sie allerdings am meisten erstaunte, war der rote Hut, der abgetragen und uralt erschien.
    Wenn dieses Mädchen hier war, konnte das heißen, dass sie der Schatten, diejenige war, die sie beobachtet hatte.
    „Wer bist du? Und warum hast du mich beobachtet?“, brachte Azarni schließlich zustande, nachdem sie den ersten Schock überwunden hatte. Dass sie beide eigentlich nicht hier sein dürfen, überging sie einfach.
    „Du hast es mitbekommen?“, fragte das Mädchen mit heller und ruhiger Stimme.
    „Natürlich, das war schlecht zu ignorieren. Warum?“ Damit bezog sie sich sowohl auf das, warum es ihr nicht aufgefallen war, als auch warum sie es getan hatte.
    „Weil die meisten Menschen verlernt haben auf Kleinigkeiten zu achten“, lautete die Antwort, bevor das Mädchen zu dem Fenster ging, durch das sie Azarni wohl beobachtet hatte.
    „Ich habe nicht dich beobachtet, sondern alle Menschen, die hier vorbeikommen. Es scheint mir, als hättest nur du mich bemerkt.“ Etwas Seltsames, was nicht zu einem Mädchen passen wollte lag in ihrer Stimme.


    „Du hast also herausgefunden, dass dies einst ein Pokémon-Labor war“, wechselte das Mädchen urplötzlich das Thema und Azarni nickte überrumpelt.
    „Ja, aber das ist alles ziemlicher Unsinn, wer sollte schon Pokémon erforschen wollen?“, konterte sie schließlich. Es war eine seltsame Situation, in der sie sich befand. Sie unterhielt sich in einem Labor, in dem sie nicht sein sollte, mit einem Mädchen, dass ihr beinahe unheimlich erschien.
    „Wenn ich dir jetzt sage, dass Pokémon nicht das sind, für was du sie hältst, sondern Wesen mit Herz und Seele, würdest du mir glauben?“ Das Mädchen drehte sich zu ihr und sah sie offen an.
    „Nein“, antwortete Azarni sofort. Das war unsinnig. Man wusste, was Pokémon waren und was nicht.
    „Das dachte ich mir, aber Menschen vom scheinbar Unmöglichen zu überzeugen, ist schwer. Vielleicht denkst du eines Tages noch einmal darüber nach.“
    Auf diese Worte schüttelte Azarni den Kopf. Warum sollte sie das tun?
    „Wir werden sehen. Sieh einfach genauer hin, als andere Menschen. Wir sehen uns wieder, da bin ich mir sicher.“ Ohne ein weiteres Wort ging sie an Azarni vorbei, die Treppe nach unten. Gut, das war dezent unheimlich, stellte Azarni fest. Warum war sie sich da so sicher und wollte sie sehen? Für ihren Teil wollte sie es ganz sicher nicht! Dieses Mädchen war ihr nicht geheuer. Schon allein, dass sie sich hier wohl immer wieder hineinschlich, um andere zu beobachten … das hieß doch aber, dass sie es weiterhin tun würde! Anders konnten sie sich kaum wiedersehen!


    „Halt, warte!“, rief sie sofort und eilte dem Mädchen hinterher. Den Computer vergaß sie dabei völlig und stolperte die Treppe nach unten. In dem leeren Eingangsraum war das Mädchen allerdings nicht mehr, sodass Azarni das Labor sofort verließ. Sie war weg. Allem Anschein nach musste das Mädchen bereits in der Menge der Menschen vor dem Labor untergetaucht sein und dort würde Azarni sie nie wieder finden. Na klasse. Was wollte dieses seltsame Mädchen von ihr? Viel wichtiger war ihr, was sie tun sollte, wenn sie nun tatsächlich weiter beobachtet wurde. Sie wusste nun, dass sie sich das alles nicht eingebildet hatte, allerdings half ihr das in ihrem Problem nicht sonderlich weiter. Sie wollte sich nicht von einem unheimlichen Mädchen beobachten lassen. Im Moment konnte sie allerdings nichts dagegen tun, denn das Mädchen war weg.


    „Na das ist ganz toll gelaufen“, fluchte sie leise und wandte sich ab von dem Labor. Wenn sie Pech hatte, musste sie sich jetzt mit diesem Mädchen rumschlagen, aber das konnte sie im Moment nicht mehr ändern. Sie würde erst einmal wieder nach Hause gehen und sich dort überlegen, was sie jetzt tun sollte. Wobei sie sich wohl erst einmal eine Ausrede einfallen lassen musste, warum ihre Beine zerkratzt und ihre Kleidung voller Dreck waren.
    Mit einem Mal berührte etwas Nasses, Kaltes ihr bloßes Bein und sie zuckte erschrocken zurück, wobei sie fast wieder in das Gebäude stolperte.
    Ihr Blick huschte nach unten und was auch immer sie in dieser surrealen Situation erwartet hatte, das sicher nicht.
    Aus großen roten Augen starrte sie ein Pokémon an, ein Fiffyen, das seine feuchte Nase an ihr rieb. Sofort trat sie einen Schritt zurück und starrte auf das Pokémon. Gehörte es zu dem Mädchen? Dann allerdings sah sie genauer hin und erkannte, dass dieses Pokémon kaum einen Trainer gehören konnte, sondern eines von denen war, die in den Zwinger gehörten und den Fängern ausgesetzter Pokémon bis heute entkommen waren. Beinahe konnte es einem leidtun, das arme halb verhungerte Ding. Seine Knochen waren selbst durch das verdreckte und verfilzte Fell leicht zu sehen.
    „Kusch, verschwinde“, meinte sie und versuchte es mit einem Fuß vorsichtig von sich zu schieben. Die Fänger würden dem Ding einen Gefallen tun, wenn sie es fingen. Wieder ein tolles Beispiel, dass dieses Mädchen ganz sicher nicht Recht hatte. Wie sollten diese Pokémon Gefühle haben, wenn sie nicht einmal dazu in der Lage waren sich selbst zu versorgen?
    „Ich habe nichts zu Fressen, weg“, versuchte sie erneut das Pokémon von sich zu bekommen. Diese Augen, kamen die ihr nicht fast bekannt vor? Nein, ganz sicher nicht. Es waren die gleichen Augen, die jedes Fiffyen hatte.


    Dieses allerdings dachte nicht einmal daran, ihrem Befehl Folge zu leisten, sondern ließ sich zu ihren Füßen nieder. Was ging denn hier ab?
    „Wenn ich dir etwas zu Fressen gebe, lässt du mich dann in Frieden?“ Das konnte doch nicht sein, sie sprach wirklich mit einem Pokémon. Allerdings war das vielleicht kein schlechter Plan, denn wenn das Fiffyen mit Fressen beschäftig war, würde sie sich einfach aus dem Staub machen. Tatsächlich begann sie in ihrer Tasche nach etwas Essbaren zu suchen und fand nur einen eingepackten Keks, den es in Cafés immer zum Kaffee gab und die sie meist verschmähte. Nicht viel, aber sicher würde es das Pokémon lange genug ablenken, damit sie verschwinden konnte, wenn sie es weit genug wegwarf. Das Rascheln des Papiers schien das Pokémon zurückschrecken zu lassen, denn es wich von ihr und starrte sie mit angelegten Ohren an.
    „Fang“, gab sie ihm einen der einfachsten Befehle und wenn sein früherer Trainer nicht unfähig war, würde es gehorchen. Sie schwenkte den Keks vor seiner Nase und warf ihn dann in Richtung des Grases, während sie sich selber umdrehte und den Weg in die andere Richtung durch das Gras anzutrat. Am Ende dessen, was früher einmal ein Garten war, drehte sie sich erneut um und stellte erstaunt fest, dass das Pokémon noch an Ort und Stelle stand. Sie schüttelte den Kopf über dieses verrückte Verhalten und tauchte hoffentlich ungesehen wieder in den Strom der Menschen ein, die auf den Straßen von Illumina unterwegs waren. Die meisten von ihnen waren so oder so völlig auf die Bildschirme vor ihnen konzentriert, sodass es nicht selten vorkam, dass sie sich gegenseitig anrempelten. An jedem Haus blinkten ihr Neon-Anzeigen entgegen, aber Azarni störte sich heute nicht daran, sondern ging einfach so schnell sie konnte weiter und wich dabei den Menschen, die sich dicht an dicht drängten, aus.


    Zum Glück schaffte sie es, ohne weitere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, bis zu ihr nach Hause. Das war auch nicht weiter schwer, denn in einer Stadt wie Illumina fiel ein Mensch eigentlich nie groß auf. Bei ihr Zuhause dagegen war das eine ganz andere Sache.
    Der neben dem Prismaturm gelegene Wolkenkratzer überragte diesen bei Weitem, als sie ihn betrat. Zwar war der Turm noch immer das Wahrzeichen der Stadt, doch er hatte seinen einstigen Glanz schon lange im Schatten des Fortschrittes eingebüßt. Mit dem Fahrstuhl fuhr sie in den höchsten Stock, von dem aus sie nach unten auf den Prismaturm sehen konnte.
    So leise wie möglich betrat sie das Apartment, das praktischerweise direkt neben der Arena lag, und spähte hinein. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Vater nicht zu Hause war, denn dann hätte sie noch die Chance das alles zu vertuschen, sodass ihr Vater davon nie Wind bekommen würde.
    Sie war nie ein Mensch gewesen, der an Glück, Pech oder Ähnliches glaubte, aber das hier fiel eindeutig unter den Begriff Pech.
    Wie sonst ließ es sich erklären, dass ihr Vater genau in dem Moment, in dem sie sich durch den Verbindungsflur ihrer Wohnung, die Treppe nach oben in ihr Zimmer schummeln wollte, durch den Flur ging. Seine zuerst erfreute Miene sie zu sehen, wechselte schnell ins Ungläubige und mit einem Schritt war er bei ihr und musterte sie prüfend. Das war natürlich ganz toll gelaufen!
    Ungläubig schüttelte ihr Vater den Kopf, sodass seine schwarzen Haare, die er länger als manch anderer trug, um seinen Kopf tanzten.


    „Was zur Hölle hast du angestellt?“, wollte er sofort wissen und deutete auf ihre zerkratzten Beine.
    „Nichts!“, beteuerte Azarni sofort, aber natürlich wurde ihren Worten keinen Glauben geschenkt. Eine Ausrede musste her und das sofort, sonst war sie dran. Wenn rauskam, dass sie in diesem Labor war, wäre sie dran! Nicht nur das ihr Vater ihr mit Sicherheit verboten hätte da rein zu gehen, das Betreten war eigentlich auch verboten. Umso mehr wunderte sie sich, was dieses Mädchen dort verloren hatte, denn mit rechten Dingen ging das ganz sicher nicht zu. Die Worte des Mädchens ließen sie nicht los, doch das konnte nur Unsinn gewesen sein. Sie hatte sicher einen ziemlichen Sprung in der Schüssel!
    „Ich … das war ein Unfall“, erklärte sie ihrem Vater schnell, der sie mit schief gelegtem Kopf ansah.
    „Inwiefern?“ Misstrauisch ruhte sein Blick auf ihr und ließ sie nicht los.
    „Ich bin in der Schule in einen Rosenbusch gestolpert und meine Kleidung hatte sich verheddert.“ Es war nicht die beste Ausrede. Eigentlich log sie ihren Vater auch nur ungern an, bloß was sollte sie sonst tun? Dass es in ihrer Schule nicht einmal Rosenbüsche gab, überging sie, denn ihr Vater war so oder so noch nie dort gewesen. Zu glauben schien er ihr allerdings nicht, aber er fragte nicht weiter nach, sondern deutete in Richtung Bad. Dankbar dafür beeilte sie sich von ihm wegzukommen, damit er nicht doch noch nachfragen konnte.


    Während sie die Kratzer säuberte und anschließend mit einem kleinen Mittel einsprühte, mit dem sie in wenigen Stunden heilen würden, wanderten ihre Gedanken immer wieder zu diesem Mädchen. Was sollte sie nun eigentlich tun, wenn sie dieses verrückte Mädchen wirklich erneut sah? Sie ignorieren konnte sie sicher schlecht, aber sie konnte doch auch nicht zugeben, so jemanden zu kennen. Wie sollte das denn bitte aussehen?
    Nachdem sie fertig war, ging sie zunächst auf ihr Zimmer und setzte sich dort auf ihr Bett. Für heute hatte sie eindeutig genug Aufregung gehabt.
    Daher zog sie erst einmal ihr Smart Log aus ihrer Tasche, um zu sehen, was es bei Roe und Itoe Neues gab.


    Der Smart Log war eine der besten Erfindungen, wie Azarni fand. Nicht nur konnte man sich mit jedem unterhalten, egal wo in Kalos er sich aufhielt, solange man Empfang besaß. Ebenso war es möglich jederzeit Zugriff auf das Netzwerk zu haben, mit dem man auch von Zuhause Einkäufe tätigen konnte oder einfach nur schnell an jede Information, die man brauchte, zu kommen. Es war praktisch das universelle Mittel für absolut alles, ohne das niemand in Kalos würde leben können. Dass die Menschen es früher wohl konnten, war für sie schon ein Wunder.
    Das kleine Gerät, das sogar in die Hosentasche passte, war eine beinahe völlig durchsichtige Scheibe, mit Ausnahme des dünnen Rahmens. Tatsächlich war es nicht möglich diese Scheibe in irgendeiner Weise zu zerbrechen.
    Mit einer einzigen Berührung des Displays startete sie das Gerät und wählte schnell ihre neuen Nachrichten aus, wozu sie das Display nicht einmal mehr berühren musste. Er reagierte allein auf Bewegungen vor diesem.
    Tatsächlich fanden sich nicht nur etliche Nachrichten von Roe und Itoe darauf, sondern auch die Bitte, sie anzurufen und warum sie denn nicht erreichbar war. Stimmt, für ihr Vorhaben hatte sie den Ton des Gerätes abgeschaltet. Wenn sie nicht gerade mit ihnen in der Stadt unterwegs war, kommunizierte sie eigentlich nur über dieses Gerät mit ihnen oder anderen Freunden, von denen sie manche auch nur über die Netzwerke des Smart Log kannte.
    Schnell wählte sie den Kontakt von Roe aus und keine zehn Sekunden später hatte diese abgenommen und ein kleines Hologramm ihrer Freundin wurde über ihrem Gerät projizierte.


    „Mensch, Azarni wo warst du?“, fragte diese sofort. „Du weißt gar nicht, was du verpasst hast.“ Kurze Zeit später befand sie sich in einem Gespräch mit ihrer Freundin, in das Itoe sich natürlich nur zu gerne immer und immer wieder einmischte.
    Dabei fiel Azarni auch ein, was sie vorhin im Labor in aller Eile vergessen hatte. Der Computer, den sie gestartet hatte, musste noch immer angeschaltet sein. Wie auch immer er nach all der Zeit noch laufen konnte war ihr nach wie vor ein Rätsel, aber es wäre sicher besser gewesen, wenn sie ihn ausgestellt hätte. Nicht, dass man ihr dadurch irgendwie auf die Schliche kam, was sie dort getan hatte. Wäre es nicht noch dümmer, erneut dorthin zu gehen und nachzusehen? Vor allem wenn sie dabei diese Verrückte wiedersehen könnte.
    Tatsächlich beschäftigte sie das Thema so sehr, dass sie nach dem Gespräch bis in den späten Abend hinein begann, nach allen möglichen Quellen zu suchen in denen gesagt wurde, dass Pokémon fühlende und denkende Wesen waren. Tatsächlich fand sie etliche Verschwörungsseiten, die sagten, dass Pokémon alles andere als dumm waren, dass sie tatsächlich Gefühle besaßen und sogar imstande waren mehr von der menschlichen Sprache zu verstehen, als nur knappe, klare Befehle. Aber keine dieser Quellen war seriös oder in irgendeiner Weise glaubhaft. Es waren meist Menschen, die einfach meinten es besser zu wissen. Verrückte, die die Welt verändern wollten oder einfach nur irgendwelche Legenden, die in Umlauf gekommen waren. Langsam fragte Azarni sich wirklich, ob sie verrückt wurde, dass sie über so etwas nachdachte.
    Allerdings hatte sie für sich bereits unterbewusst beschlossen, dem Labor morgen einen erneuten Besuch abzustatten und zumindest das Gerät abzustellen. Und wer wusste schon, ob sie das Mädchen nicht erneut traf und herausfinden konnte, woher sie ihre Überzeugungen nahm und sie überreden konnte sie nicht weiter zu beobachten.










    Anmerkung: Wenn der Begriff des Smart Log leitet sich vom Holo Log aus Pokemon X&Y ab und soll eine Weiterentwicklung dessen sein.
    Und erneut natürlich ein liebes und großes Danke, an meine liebe Betaleserin @Alexia.

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  • Hallo Eisseele,


    zuerst einmal möchte ich dir empfehlen, dass du das Cover-Bild etwas verkleinerst, weil es schon ziemlich viel Platz einnimmt, bevor man zum eigentlichen Text des Startposts kommt. Ansonsten dachte ich beim Titel der Geschichte spontan an das Lied "Castle of Glass" von Linkin Park. Eine Verbindung wäre wohl eher zufällig, aber ich mag es, wie du von Anfang an auf diese fragile Verbindung hinweist, die Menschen und Pokémon in der Geschichte verbindet. Schlussendlich wird sicher mehr dahinter stecken, als dass sie nur für Kämpfe gedacht sind.


    Erste Anzeichen dafür finden sich bereits im neuesten Kapitel, in dem ein wildes Fiffyen auf Azarni zukommt. Es ist so diese typische erste Begegnung mit einem zukünftigen Partner und ich denke mal, dass sie genau dieses Fiffyen wieder sehen wird, wenn sie erst mal zu dem Labor geht, und sie dieses auch aufnehmen möchte. Genaueres wird sich ja zeigen. Es wird auf jeden Fall Probleme mit sich ziehen, überhaupt mit Pokémon befreundet sein zu wollen, weil sich die Gesellschaft eben so stark geändert hat (auch wenn ich mich hier frage, wie es überhaupt so weit kommen konnte).
    Interessant ist auch, dass das Labor selbst noch zugänglich ist und nicht einfach entfernt wurde. Immerhin handelt es sich um einen verlassenen Platz, der wohl von keinem mehr aufgesucht oder gepflegt wird. Aber auch hier gibt es Hinweise, dass Menschen und Pokémon eine Beziehung zueinander aufbauen und Seite an Seite leben können. Ich erwarte jetzt nicht, dass du noch tiefer in die Geheimnisse der Mega-Entwicklung eintauchst, aber besonders dieses Annähern an die Pokémon wird ein interessanter Schritt für Azarni. Immerhin weiß sie ja, dass es nicht möglich sein sollte, aber wenn sie es einmal akzeptiert, könnte sich einiges ändern. Und ich mag in dieser Hinsicht den Werdegang, den du beschreibst. Anfangs noch unsicher wegen der vielen Indizien und schließlich mit der Begegnung des fremden Mädchens. Ich hoffe, dass sie noch weitere Male auftaucht und ihre Beweggründe auch erklärt, weil ganz umsonst wird sie ja nicht da sein.


    Wir lesen uns!

  • Hallo liebe @Eisseele!


    Ich hatte schon seit einer ganzen Weile (eigentlich seitdem du dein erstes Kapitel online gestellt hast) vorgehabt zu lesen und zu kommentieren, bin aber erst jetzt richtig dazu gekommen. Bzw. das erste Kapitel hatte ich schon gelesen, aber irgendwie habe ich noch nichts dazu gesagt, was? Ich beziehe mich erst einmal darauf, weil ich leider noch nicht wirklich weiter gekommen bin. Das kommt später mal. x3
    Jedenfalls wollte ich dir mitteilen, dass ich deine Idee sehr interessant finde. Eine Pokémon-Welt, die mal so ganz anders ist, als man es sonst so kennt. Eine Welt, in der die kämpferischen Wesen nicht mehr als das angesehen werden, was sie sind, nämlich echte Lebewesen und Individuen, sondern nur noch auf ihre Fähigkeiten beschränkt werden - nämlich als Kampfmaschinen.
    Durch diese Grundlage kann diese Geschichte interessante Formen annehmen, worauf ich schon gespannt bin, vor allem was du vorhast. Toll finde ich es auch, dass du Kalos in den Vordergrund gestellt hast, denn das ist auch meine Lieblingsregion (und Generation). <3
    Du hast im ersten Kapitel die Gesamtsituation schon gut genug beschrieben und erläutert wie es in der Welt so abgeht. Welchen Status die Pokémon mittlerweile für die Menschen haben, was aus dem Labor passiert war, wie krass sich das Denken verändert hat! Die kleinen alltäglichen Dinge, die du erwähnst (Café, Shopping etc. pp.) machen das alles lebendiger und mir persönlich gefällt auch die Erwähnung eines "Straßenkampfes". Finde ich immer sehr spannend, hätte ich auch gerne, wenn ich nicht bei mir da so ne blöde Regel mit eingebaut hätte. :D
    Das "Gegacker" der Mädels ist sehr typisch, wobei ich mich frage, warum Azarni überhaupt sich mit ihren Freundinnen abgibt. In Gedanken kritisiert sie diese doch sehr und passt meiner Ansicht nach irgendwie gar nicht zu den beiden anderen. Das ist schon krass, aber gut, ich lass mich überraschen, was noch kommt und wie sich das alles entwickelt. Es wirkt jedenfalls sehr oberflächlich, was keine Kritik an dich selbst ist, sondern an den Freundinnen, die keine tiefere Freundschaft verbindet (zumindest nach dem ersten Eindruck, das kann später ja noch anders aussehen, da spielen ja dann besonders kritische Situationen eine Rolle, wo man sieht, wer wirklich ein guter Freund ist. ^^)



    Irritierend finde ich ein wenig, dass dein erstes Kapitel zentriert ist. Wieso? :/ Du weißt ja, ich selbst mag eher den Blocksatz, besonders bei langem Text. Aber falls du lieber den Flattersatz, also linksbündig, benutzen willst, wäre es gut, wenn du diese Kleinigkeit noch änderst. Dann ist es überall gleich. ^^



    Besitzt du eigentlich einen Betaleser? Falls nicht, dann ...


    Lieben Gruß
    Lexi~ :heart:

  • Nun kommt auch endlich Kapitel 4. Und zuerst erneut ein ganz liebe Danke, an meine Betaleserin @Alexia.
    So lange sollte die Geschichte wohl ein wenig voran kommen, was?




    Kapitel 4 Konsequenzen


    Nach einer mehr als unruhigen Nacht war Azarni nur froh, dass sie sich heute nicht auch noch in die Schule quälen musste.
    Doch es ändere nichts an der Sache, dass der Gedanke vom Vorabend sie nicht los ließ. Der Gedanke, dass sie zurück musste. Wer wusste schon, ob sie diesem seltsamen Mädchen nicht erneut begegnen würde? Sie gab zu, ein wenig Angst machte sie ihr schon. Wenn sie daran dachte, dass dieses Mädchen sie beobachten würde wurde ihr ganz komisch. Vielleicht sollte sie wirklich versuchen sie zu überreden das zu lassen. Obwohl der Gedanke eher unlogisch klang, denn irgendwie war dieses Mädchen nicht nur seltsam, sondern auch im gleichen Maße unheimlich.
    Am Ende war es eigentlich egal, was sie versuchte sich hier einzureden, denn ihre Entscheidung war klar. Mit dem Gedanken, von diesem Mädchen beobachtet zu werden, konnte sie nicht leben, geschweige denn in Ruhe durch die Straßen von Illumina laufen.


    „Dann auf ins Gefecht“, meinte sie zu sich selbst. Nachdem ihr Ausflug gestern alles andere als gut gelaufen war, entschied sie sich heute ein wenig praktischere Kleidung anzuziehen. Nicht das sie sich ihre Beine noch weiter zerkratzte. Eine lange Hose musste also her, nur dumm, dass sich in ihrem Schrank beinahe nur Röcke befanden und sie fast eine halbe Stunde brauchte um doch mal eine lange Hose zu finden.
    Auf jeden Fall wusste sie jetzt, was sie bei der nächsten Shoppingtour mitnehmen musste. Nun hoffentlich besser ausgerüstet, steckte sie noch ihren Smart Log ein, den sie erneut stumm schaltete, ehe sie das Haus verließ. Immerhin musste sie sich heute zum Wochenende nicht um ihren Vater sorgen, denn er würde genug in der Arena zu tun haben. Oft besuchten Herausforderer die Arena, die noch arbeiten gingen und in der Woche so keine Zeit hatten. Wenn Azarni ehrlich war, kannte sie nur wenige, die sich völlig auf die Karriere als Trainer konzentrierten, um irgendwann einmal eine Arena zu leiten. Hatte man diesen Punkt allerdings erst einmal erreicht, war es natürlich leicht nur als Arenaleiter sein Geld zu verdienen.


    Mit dem Hintergedanken, dass sie womöglich jederzeit beobachtet wurde, kam ihr die Stadt plötzlich wie eine ganz andere vor. Mit einem Mal schienen alle Augen auf ihr zu liegen und hinter jedem Fenster konnte ein heimlicher Beobachter lauern. Die Stadt bekam in ihren Gedanken Augen, die jeden ihrer Schritte verfolgte.
    Leicht schüttelte sie über sich selbst den Kopf, denn das war mittlerweile wirklich nicht mehr normal, was sie da trieb. Sie sollte diese Gedanken wirklich loswerden, aber genau aus dem Grund war sie auch auf den Weg zum alten Labor.
    Anders als gestern schwand ihre Entschlossenheit nicht, als sie das Gebäude vor sich sah, sondern stieg wenn möglich noch. Sie wollte das aus der Welt haben und nichts würde sie aufhalten. Daran, dass sie das Mädchen nicht im Labor antreffen würde, wollte sie gar nicht denken.
    Da bereits gestern niemand auf sie geachtet hatte, als sie den Weg durch die Gasse zum Hintereingang eingeschlagen hatte, scheute sie sich heute nicht, sondern steuerte zielgerichtet darauf zu. Auch die Lücke im Zaun war noch da, wo sie gestern war und erfreut stellte sie fest, dass auch die Disteln heute kein Problem mehr darstellten. Und da sollte noch einer behaupten, sie würde nicht dazu lernen.


    Womit sie allerdings weniger gerechnet hatte, war der kleine Besucher, der sie an der Tür zum Labor erwartete. Oder sollte sie eher sagen ein kleiner Wachposten? Wie in Stein gemeißelt, saß es vor der Tür und als hätte es nur auf sie gewartet, hob es den Kopf, als sie an die Tür trat. Der kleine Schweif des Fiffyen schlug wild hin und her und ungläubig schüttelte Azarni den Kopf. Hatte das Pokémon etwa nur hier gewartet, weil sie ihm gestern den Keks zugeworfen hatte? Nein, selbst ein Pokémon würde so was nicht machen, zumal sie nur von ihm hatte wegkommen wollen. Fakt war aber, dass das Fiffyen hier saß und sie nicht mehr aus den Augen ließ.
    „Verschwinde“, wies Azarni das Pokémon an, aber natürlich tat es nichts in der Richtung. Wäre auch zu schön gewesen, wenn es ihr gehorcht hätte.
    Im Moment hatte sie allerdings andere Probleme, als sich mit einem streunenden Pokémon herumzuschlagen. Es würde schon früher oder später verschwinden, wenn es merkte, dass es von ihr kein Fressen mehr bekam. Sollte sich jemand anders darum kümmern, das war nicht ihr Problem.
    Ohne dem Fiffyen, das noch immer an der Tür verharrte, weitere Beachtung zu schenken betrat sie das Labor und sofort machte sich wieder dieses unheimliche Gefühl in ihr breit. Sie tat es damit ab, dass das Gebäude verlassen war und schon ewig leer stand und solche Gebäude eben immer etwas Unheimliches an sich hatten.
    Vorbei an dem Gerümpel in der Eingangshalle, führte ihr Weg sie sofort die morsche Treppe nach oben, die auch heute nicht unter ihrem Gewicht nachgab.


    In Gedanken hatte sie sich auf dem Weg hierher bereits etliches bereitgelegt, was sie dem Mädchen sagen wollte. Unzählige Formulierungen tummelten sich in ihrem Kopf, bereit losgelassen zu werden und ihre Gegenübern zu überzeugen. Selbst ihren Auftritt hatte sie genau durchdacht. Einfach rein und sie gar nicht erst zu Wort kommen lassen. Azarni wusste, wenn die Fremde anfangen würde zu reden würde sie Azarni mit ihrer Art sofort wieder in ihren Bann ziehen und alles, was sie sagen wollte, wäre vergessen.


    Ihre Worte sollten alle ungehört verhallen, denn das Zimmer, das sie betrat, war leer. Nur der alte, von der Zeit zerfressene, Vorhang wehte leicht im Wind, der durch das offene Fenster schlug.
    „Das kann nicht wahr sein!“, schimpfte Azarni laut. Ob laut oder in Gedanken war egal, denn es würde sie sowieso niemand hören können, denn es war niemand hier. Und jetzt? Sollte sie einfach so oft wiederkommen, bis sie das Mädchen antraf? Nein, das wäre dumm, denn jedes Mal, wenn sie her kam ging sie das Risiko ein, dass jemand sie entdeckte und sie der Polizei meldete.
    Alles, was sie geplant hatte, um überzeugend zu sein, war vom Winde verweht, denn was nützten Worte, wenn es niemanden gab, der sie hören würde?
    Unschlüssig stand sie einen Moment lang im Raum, nicht wissend, was sie jetzt tun sollte. An sich blieben ihr aber nicht gerade viele Möglichkeiten, gerade mal eine und die hieß: Raus aus dem Labor und einen neuen Plan überlegen. So oft zu kommen, bis sie das Mädchen antraf, war definitiv keine Option.
    Wenn sie einmal hier war, beschloss sie gleich den Computer abzustellen, nicht, dass doch jemand durch einen dummen Zufall darauf aufmerksam wurde.
    Das war allerdings gar nicht mehr nötig, denn das Gerät war nicht mehr angeschaltet. Kritisch betrachtete Azarni das Gerät, aber der Bildschirm war dunkel und auch, als sie es erneut einschalten wollte, um sicher zu gehen, rührte es sich nicht. Hatte sie das nur geträumt, dass der Computer gestern angesprungen war? Aber das war eigentlich unmöglich.
    Was ihr dafür sofort auffiel, war, was gestern noch nicht hier war. Eine kleine, rot-weiße Kapsel lag vor dem Gerät. Anders als alles andere hier, lag darauf kein Staubkorn und Azarni war sich sicher, das musste jemand nachträglich dort platziert haben. Sie wusste mit Bestimmtheit, dass dieser Pokéball gestern noch nicht hier gelegen hatte.
    Leicht legte sie die Stirn in Falten. Ob er diesem Mädchen gehörte? Wenn es so war, dann stand die Chance, dass sie kommen würde, um ihn zu holen, doch ganz gut. Andererseits hätte es keinen Grund gegeben den Ball hier zu lassen.


    Vorsichtig griff sie nach der Kapsel und stellte fest, dass er tatsächlich noch einer von der alten Machart war. Es gab nur noch wenige Menschen, die diese Art von Ball nutzten, denn die meisten waren heutzutage leichter und aus einem völlig anderen Material. Sie gab es nicht gerne zu, aber ein wenig neugierig, ob sich tatsächlich ein Pokémon darin befand, war sie schon. Immerhin würde sie dann wissen, ob das Pokémon darin dem Mädchen gehören konnte, wovon sie fast ausgehen könnte. Passieren konnte an sich nicht viel, denn sie könnte das Pokémon jederzeit in den Ball zurückholen.
    Einen Moment überlegte sie, wie man die Kapsel öffnete, denn so etwas hatte sie noch nie getan, aber am Ende war es ganz logisch, dass sie auf den Knopf an der Vorderseite drücken musste, was sie tatsächlich tat. In ihr hatte sich nämlich ein neuer Gedanke gebildet. Wenn sie nicht zu dem Mädchen kommen konnte, dann würde sie den Spieß einfach umdrehen.
    Sollte sie zu ihr kommen, wenn sie ihr Pokémon zurück haben wollte. An sich war Azarni nicht der Typ, der so etwas tat, aber was sollte sie sonst tun? Sie wollte es nicht stehlen, sondern einfach nur noch einmal mit dem Mädchen reden, um sie davon abzuhalten sie zu beobachten. Allerdings hegte sie Zweifel an dem Plan, denn eigentlich gehörte sich das nicht und sie ahnte schon, dass sie das am Ende nicht würde durchziehen können.


    Entgegen ihrer Erwartung ein Pokémon vor sich zu sehen, betätigte sie den Knopf und es tat sich absolut nichts. Kein Pokémon entschlüpfte dem Ball. Damit war auch dieser Plan zum Scheitern verurteilt.
    „Und warum liegt dann hier dieser Ball rum?“, fragte sie sich selbst laut. Bevor sie ihn zurücklegen konnte, drängte sich ihr ein neuer Gedanke auf. Vielleicht könnte sie auf anderem Weg noch herausfinden wem der Pokéball ursprünglich gehört hatte auch, wenn das bei solchen älteren Bällen eher schwer war.


    Bei den Pokébällen die heutzutage auf dem Markt waren, sah die Sachlage schon ganz anders aus. Jede dieser Kapseln wurde mit einem Code versehen durch den sowohl das darin gefangene Pokémon, als auch dessen Besitzer genau vermerkt wurden. Das machte nicht nur eine Verwechslung, sondern auch einen Diebstahl eines seltenen Pokémon sehr viel schwerer. Auf diese Art war es hinterher einfacher den Besitzer des gestohlenen Pokémon zu finden, sofern der Dieb es in Kämpfen nutze und der Besitzer den Diebstahl meldete.
    Um das zu gewährleisten, wurde auf dem zuständigen Amt auch ein entsprechendes Register geführt. Schwarzhandel mit Pokémon oder nicht registrierten Besitz schloss das zwar nicht aus, aber in Azarnis Augen wäre so was dumm. Warum sollte jemand ein Pokémon nicht registrieren, wenn es doch eigentlich jedem Bürger erlaubt war, solche zu besitzen? Selbst nachdem ein Pokémon freigelassen wurde konnte man den Besitzer des Pokéballs im Regelfall noch finden, solange dieser die Registrierung nicht aufgehoben oder den Pokéball zerstört hatte.


    Da sie im Labor nun nichts mehr hielt, beschloss sie so schnell wie möglich raus aus dieser Ruine zu kommen. Eines war klar: Ein neuer Plan musste her. Sie war sich auf seltsame Art und Weise sicher, dass dieses Mädchen ihre Drohung wahr machte. Oder vielleicht war sie einfach nur nicht mehr richtig im Kopf, Azarni wusste es nicht. Für den Moment, wollte sie erst einmal hier raus.
    Kaum trat sie durch die Hintertür in den überwucherten Garten blickte auch schon das Fiffyen, das wirklich noch immer im Türrahmen saß, treudoof zu ihr auf. Das hatte ihr noch gefehlt. Einen Versuch es zu verjagen, startete sie erst gar nicht, denn viel würde es sicher nicht bringen.
    Durch das Gras bis zu dem Loch im Zaun kam sie ohne Probleme, auch wenn sie an der Bewegung hinter sich spürte, dass das Fiffyen ihr tatsächlich folgte. Wollte es sie jetzt ewig verfolgen?
    Raus aus diesem Gestrüpp streckte sie sich einmal und sah zurück zum Labor.
    „Tja, das ist weniger gut gelaufen“, murmelte sie zu sich selbst und griff nach dem Pokéball. Am besten sollte sie das gleich erledigen.
    „Das denke ich aber auch, junge Dame!“ Vor Schreck, denn hier hätte sie niemals mit einem anderen Menschen gerechnet, ließ sie den Pokéball fallen, der über den Boden rollte, bis er von jemanden aufgehoben wurde.
    Leicht schluckte Azarni und hob vorsichtig den Blick, ehe sie förmlich erstarrte. Das konnte doch nicht wahr sein.
    „Ich hoffe, Ihnen ist bewusst, dass das Betreten dieses Grundstückes verboten ist?“, fragte der Mann vor ihr nach und betäubt nickte sie. In der üblich blauen Uniform, welche die Polizei von Kalos auszeichnete standen sie vor ihr. Zwei Männer, mit verschränkten Armen und deutlich sichtbarer Polizeimarke an der Brust. Azarni traute nicht ihnen richtig ins Gesicht zu sehen, ihr Blick huschte nur kurz über das Gesicht des älteren Mannes, der sie angesprochen und den Ball aufgehoben hatte. Sein junger Kollege stand stumm neben ihm und wirkte eigentlich fast noch zu jung, um wirklich Polizist zu sein.
    „Dann erklären Sie uns bitte, was Sie hier zu suchen haben?“, forderte er sie auf.
    „Ich-ich wollte nur“, begann sie stammelnd, aber wurde schließlich unterbrochen. Das konnte nicht wahr sein. Das, was sie hatte vermeiden wollen, war nun passiert. Wie hatte sie auch so dumm sein können zu glauben, dass sie bei der ganzen Aktion hier niemand sehen würde?
    „Nun gut, das können Sie uns in Ruhe auf der Wache erzählen, wo wir noch ihre Personalien aufnehmen werden. Ich schätze, Ihre Eltern werden wir ebenfalls benachrichtigen müssen“, setzte der Polizist nach, während der junge Mann noch immer schwieg. Mit einer deutlichen Geste gab er ihr zu verstehen, dass sie mitkommen sollte.


    Das durfte doch alles nicht wahr sein. Wenn ihr Vater davon erfuhr, würde das nicht gut für sie enden. Erst log sie ihn so offensichtlich an und dann musste er sie von der Polizei abholen. Wie hatte das alles nur so aus den Fugen geraten können? Dabei hatte sie sich hier doch nur kurz reingeschlichen, das konnte doch nicht so schlimm sein?
    Als der Mann merkte, dass sie sich dennoch nicht bewege, griff er nach ihrem Arm, wahrscheinlich um sie zum Gehen zu bewegen, aber sein Griff sollet sie nicht erreichen.
    Ein lautes Knurren durchbrach die Stille und ließ die Hand des Mannes erstarren, den Blick auf das Pokémon gerichtet, das sich neben Azarni aufgerichtete hatte. Auch sie selbst riss das aus ihrer Erstarrung und ihr Blick glitt zu dem kleinen Fiffyen, das mit aufgestelltem Fell den Polizisten fixierte.
    Dieser musterte das Pokémon kurz, ehe er seinem jungen Kollegen deutliche Anweisungen gab.
    „Ruf im Zwinger an, sie sollen ein streuendes Pokémon hier abholen.“
    Das war schon lange überfällig und die Erscheinung des ausgehungerten Fiffyen machte deutlich, dass es ein solches war. Dennoch rührte sich in der Sekunde etwas in Azarni, was sie sich selbst hinterher nicht erklären konnte. Vielleicht war es der Umstand, dass das Fiffyen den Eindruck machte sie schützen zu wollen, vielleicht war es aber auch nur die Müdigkeit von der Nacht. Ein Ruf löste sich aus ihrer Kehle, noch ehe sie darüber nachgedacht hatte. „Fiffyen ist mein Pokémon!“


    Azarni erschrak über ihre eigenen Worte, denn das war so nicht geplant. Vor allem aber war es glatt gelogen. Was in aller Welt hatte sie dazu geritten? Für einen Moment hatte sie nicht nachgedacht, sondern einfach gehandelt.
    Nicht weniger überrascht, als sie selbst, musterte der Polizist sie kritisch und sie sah sofort, dass er ihr kein Wort glaubte. Hätte sie an seiner Stelle auch nicht getan. Zwar stand das Pokémon knurrend neben ihr, aber sein Erscheinungsbild sprach für sich. Genauso wusste sie auch, dass es für einen Rückzieher in ihre Augen zu spät war. Was auch immer sie für ein Geist getrieben hatte, und sei es nur Mitleid, weil sie wusste, was dem Fiffyen anderenfalls bevorstand, für einen Rückzieher war es zu spät.
    „Fiffyen, aus“, orderte sie unsicher und betete stumm, das es gehorchte. Es hatte einen Trainer, es musste gehorchen. Was, wenn man ihr sonst noch Betrug oder das Belügen der Polizei vorwarf, wo sie schon illegal hier eingedrungen war? Zu ihrem Erstaunen ließ sich das Fiffyen auf seine Hinterläufe sinken, aber das unterschwellige Knurren blieb bestehen.
    „Ich nehme an, dass dies dann deiner ist?“, riet der Mann vor ihr noch immer skeptisch. Er hielt ihr den Ball fordernd entgegen und sie wusste, was er wollte. Das war’s. Dieser Ball gehörte nicht ihr und sie wusste nicht einmal, zu welchem Pokémon er gehörte. Man würde ihre Lüge enttarnen und sie auch noch deshalb mitnehmen. Nicht das man das nicht ohnehin getan hätte.
    Resigniert richtete sie den Pokéball auf das Fiffyen und rechnete damit, dass dieser ihr sofort entrissen wurde. Ein blauer Energiestrahl leuchtete kurz auf und ehe Azarni sich versah, war das Fiffyen im Inneren des Pokéballs verschwunden.
    „Dann begleiten Sie uns, bitte.“ Die Worte verschwammen in ihr. Das war doch völlig unmöglich. Selbst wenn, sie hatte damit offiziell das Pokémon seinem Besitzer gestohlen.

  • Kapitel 5 Eine neue Situation



    [font='Verdana, Geneva, sans-serif']Krampfhaft versuchte Azarni ihre Atmung wieder zu beruhigen, die mittlerweile recht hektisch geworden war. Die Hände auf dem Schoß um den fremden Pokéball verkrampft, saß sie auf dem Rücksitzt des Dienstautos der Polizei. Eine innere Panik hatte von ihr Besitzt ergriffen, die sie mit aller Macht versuchte nicht nach außen zu zeigen. Ihr rasendes Herz beruhigte das hingegen nicht gerade.
    Der Ältere der Polizisten, lenkte das Auto geschickt durch den Verkehr von Illumina, wobei das nicht gerade schwer war. Es fuhren zwar etliche Autos durch die Straßen, davon ein Großteil Taxis, aber viele Menschen nutzen auch gerne Busse und Ähnliches. Ihr Blick glitt immer wieder zu den Menschen auf den Straßen, die sie durch die geringe Geschwindigkeit, mit der sie fuhren, erkennen konnten. Sie kam sich vor wie ein Schwerverbrecher, der abgeführt wurde, und das obwohl sie eigentlich nichts getan hatte. Gut, sie war in das Labor eingebrochen und das zwei Mal, das gab sie zu. Aber war das wirklich so schlimm? Es war doch schon lange verlassen! Noch dazu hatte sie nichts angestellt und war auch nicht allein dort gewesen.
    Sollte sie der Polizei von dem Mädchen erzählen oder nicht? Sie gab es nicht gerne zu, aber sie rechnete nicht damit, dass man ihr glauben würde, denn sie hatte keine Beweise. Noch dazu war sie mit dem Pokéball in ihrer Hand auch noch zum Dieb geworden. Wie sollte sie das erklären? Dass sie ihn nur mitgenommen hatte, weil sie dachte, er wäre leer und sie damit ein Mädchen finden wollte, das würde ihr niemand glauben! Die Wahrheit war keine Option, denn sie war zu verrückt um wahr zu sein. Azarni selbst wollte nicht einmal glauben, dass das gerade passierte. Ihr Vater würde sie umbringen, sollte er davon erfahren.


    Mit einem leichten Ruck hielt der Wagen vor einer Polizeistation von Illumina. Insgesamt fand sich, aufgrund der Größe der Stadt, an jeder der großen Alleen eine Wache, was bisher immer für ein gewisses Gefühl der Sicherheit in Azarni gesorgt hatte. Im Moment verabscheute sie das Gebäude, dessen Neonanzeige ihr das Zeichen der Polizei grell leuchtend unter die Nase rieb.
    Die Polizisten stiegen aus und der Jüngere der beiden öffnete ihr die Tür, ehe er leicht lächelte und sie am Oberarm fasste. Man wollte natürlich verhindern, dass sie einfach so weglief, auch wenn sie das nicht gekonnt hätte. Immerhin verzichtete man darauf, ihr Handschellen anzulegen. Das hätte ihr wahrscheinlich den Rest gegeben.
    „Komm“, sprach der jüngere Polizist zum ersten Mal. Unter der typischen Mütze, die er trug, hatte sie sein Gesicht bisher schlecht sehen können, aber ihr fiel auf, dass er kaum älter sein konnte als sie. Einige dunkelblonde Strähnen schauten unter der Mütze hervor. Was sie jedoch nur noch näher an den Rand der Verzweiflung brachte, war der skeptische Blick aus seinen Augen. Sie nickte leicht und erkannte aus dem Augenwinkel den Namen „K. Hills“ auf dem kleinen Namensschild an seiner Brust. Warum sie in diesem Moment auf solche Kleinigkeiten achtete, wusste sie jedoch selbst nicht.


    Zuerst hatte sie gedacht, dass nun alles ganz schnell gehen würde, aber da hatte sie sich getäuscht. Officer Hills führte sie in ein kleines Büro und deutete ihr dort zu warten an, ehe er von dem älteren Polizisten eine andere Anweisung bekam. Mittlerweile war sie sich sicher, dass er noch kein vollständiger Polizist sein konnte, sondern eher in die Richtung eines Auszubildenden ging.
    „Wären Sie so nett uns Ihren Pokéball zu leihen? Wir wollen nur sicher gehen, dass er und dessen Inhalt Ihnen gehören, das verstehen sie aufgrund der Umstände sicher“, wies der Polizist - Carters laut seinem Schild - sie an, kaum dass sie Platz genommen hatte. Mit einem Nicken überreichte sie ihm mit zittrigen Händen den Ball. Auch ihren Ausweis, den sie immer bei sich trug, wobei es kaum mehr als eine Nummer war, überreichte sie ihm. Heute war beinahe alles nur noch digital gespeichert. Was würde passieren, wenn man herausfand, dass sie ihn gestohlen hatte? In wenigen Minuten würde sie es wissen, jedenfalls dachte sie das. Ein Blick sagte ihr, dass es gerade erst Mittag war und sie steckte bereits mächtig in der Tinte. Officer Carters verließ den Raum und Azarnis Hände verkrampften sich ineinander. Sie war erledigt.
    Mit allen Mitteln versuchte sie die panische Hitze, die in ihr aufstieg, niederzukämpfen. Doch mit jeder Minute, die verstrich, in der sie nur hier saß, wurde sie nervöser und ängstlicher. Bestimmt wussten sie schon längst, dass sie eine Diebin war und dachten sich ihre Strafe aus.


    Es dauerte geschlagene zwei Stunden, wenn sie der Uhr trauen konnte, denn ihr kam es deutlich länger vor, bis Officer Carters den Raum wieder betrat.


    Panisch schloss sie die Augen, das Schlimmste erwartend, aber das Einzige, was sie hörte, war ein metallisches Geräusch. Verwirrt öffnete sie die Augen und sah nur den Pokéball vor sich auf dem Tisch liegen. Was bedeutete das?
    „Ihren Pokéball können Sie wieder einstecken. Er ist ordnungsgemäß auf ihren Namen, Azarni Zaren, registriert. Wir haben bereits Ihren Vater informiert und er wird in wenigen Minuten eintreffen. Dann werden wir über unser weiteres Vorgehen, ihre Straftat betreffend, reden“, schloss der Polizist und legte ihr auch die kleine Karte mit der Nummer neben den Pokéball.
    Völlig aus dem Konzept starrte sie ihn an und konnte sich erst im letzten Moment verkneifen zu sagen, dass das doch eigentlich unmöglich war. Wie konnte das Pokémon auf ihren Namen registriert sein? Sie besaß kein Pokémon und es war offensichtlich, dass dieses ausgesetzt wurde. Das war absolut unmöglich! Was hatte das zu bedeuten? Hatte sie damit jetzt ein Pokémon, das ihr nicht gehörte? Das könnte sie natürlich nie laut sagen, aber sie konnte es auch nicht ohne Weiteres behalten. Es gehörte ihr nicht, wie auch immer ihr Name in die Datenbank gekommen war. Noch dazu konnte sie nichts mit einem Pokémon anfangen, nicht das ihr Vater weniger verwirrt wäre, als sie es war.
    Sie wusste nicht was, aber irgendwas lief hier gerade mächtig schief.


    Ihre Panik war wie weg gewischt und zittrig griff sie nach dem Ball und ihrem Ausweis, um diesen wegzustecken, und den Ball fest in ihrer Hand zu umklammern. Wie man die Größe des Balles verkleinerte, konnte sie gerade nicht sagen, weshalb sie ihn so umschloss, wie er war. Wie in einem stummen Blickduell sah sie Officer Carters an und dieser sie. Befreit wurde sie erst, als die Tür schwungvoll ausgerissen wurde und ohne hinzusehen, wusste sie, wer es war.
    „Herr Zaren“, sprach der Polizist ihren Vater an und stand auf, um ihm die Hand zu reichen. „Bitte setzen Sie sich doch. Ich habe ihren Vater bereits über alles in Kenntnis gesetzt.“ Den letzten Satz richtete er dabei direkt an Azarni.
    Ihr Vater wusste also bereits, dass sie in das Labor eingebrochen war, das war gut. Immerhin blieb es ihr so erspart, dass sie selbst es ihm erklären musste. Sie warf einen Blick zu ihrem Vater, der sich nur neben sie stellte, anstatt sich zu setzen. Einen Moment ruhte sein Blick auf dem Pokéball, den sie noch immer krampfhaft umklammerte und leicht legte sich seine Stirn in Falten. Dennoch schwieg er zu diesem Thema und richtete sein Wort direkt an Officer Carters.
    „Ich werde meine Tochter mitnehmen. Diese ganze Angelegenheit ist doch lächerlich. Sie ist noch fast ein Kind und ich verspreche, es war ein einmaliger Fehltritt“, legte ihr Vater fest.
    Er fragte nicht, ob es möglich war, er bestimmte es mit einer Ruhe in der Stimme, die ihr Angst machte. Sie wusste, noch war er die Ruhe in Person, aber ihre Strafe würde sie erhalten. Er war noch nie jemand gewesen, der schrie und wütete, aber das hieß nicht, dass seine Missgunst deshalb besser zu ertragen war.
    „Bei aller Ehre, Herr Zaren. Ich schätze Sie sehr, aber sie hat eine Straftat begangen und diese muss gesühnt werden. Allerdings mache ich Ihnen einen Vorschlag. Sie ist noch nicht volljährig und dies ist ihr erstes Vergehen. Daher werde ich es bei einer Verwarnung und einer Geldstrafe belassen, wie klingt das für Sie?“, fragte Officer Carters nach. Ihr Vater zögerte einen Moment, eher er nickte. Er war nicht zufrieden, aber er nahm es an und reichte dem Polizisten erneut die Hand.
    „Gut, ich denke, Sie sollten nun ihre Tochter nach Hause bringen, alles Weitere werden wir noch klären.“ Der Polizist war aufgestanden und ging ihnen voraus zur Tür. Mit zittrigen Knien stand Azarni auf und ihr Vater legte eine Hand auf ihren Rücken, um sie aus der Polizeistation und somit auf die Straße zu führen.
    Im Vorraum saß noch immer Officer Hills und warf ihr beim Verlassen des Gebäudes einen schiefen Blick zu.


    Ohne weitere Worte zu verlieren, winkte ihr Vater einem der Taxis auf der Straße, welches vor ihnen zum Stehen kam, und schob sie hinein. Den Pokéball hielt sie noch immer fest in ihren Händen.
    Schweigend sah sie die Fahrt über aus dem Fenster, jedenfalls bis ihr Vater endlich das Wort erhob.
    „Erklär es mir. Was hattest du dort zu suchen und was hat es mit dem Pokémon aus sich“, verlangte er noch immer in dieser unheimlichen Ruhe. Er war nicht wütend. Viel eher konnte sie es mit Enttäuschung beschreiben und das machte ihr nicht weniger zu schaffen. Sie konnte ihm nicht die Wahrheit sagen, sie musste lügen, ob sie wollte oder nicht.
    „Ich … ich wollte dort trainieren“, log sie stockend. „Ich wollte versuchen, ob ich nicht doch Pokémon-Kämpfe austragen könnte, wie du es dir gewünscht hast, aber ich wollte dir keine zu großen Hoffnungen machen.“
    Sie wusste, dass es falsch war, was sie tat. Das Pokémon musste sie auch so schnell wie möglich wieder los werden, aber bis sie das Mädchen fand - sie ging jede Wette ein, dass es ihr gehörte - musste sie es wohl behalten.
    Ihr Vater hatte sich tatsächlich schon öfters erhofft, dass sie eines Tage in seine Fußstapfen trat und so hoffte sie, dass er ihr glauben würde.
    „Warum hast du nichts gesagt, nur deshalb? Ich hätte dir ein anständiges Pokémon besorgen können und du hättest nicht einen solchen Unsinn anstellen müsse. Das alte Labor. Weißt du, wie viel Überzeugungskraft es mich vorhin gekostet hat, dass das so glimpflich ausgegangen ist?“
    Nach diesen Worten schwieg ihr Vater. Er würde über das halb verhungerte, völlig verfilzte Fiffyen alles andere als erfreut sein, aber es war nicht zu ändern. Sie würde es bald wieder loswerden und das alles klären. Dann hätte sie ihr normales Leben wieder. Bis dahin würde sie das Pokémon behalten, was auch immer sie damit anfangen sollte.


    Die Stille, die entstand, drohte Azarni zu erdrücken, auch wenn sie fast angekommen waren. Sie musste es fragen, denn sonst würde sie wahnsinnig werden. Ihr Vater war schon immer wichtig für sie gewesen, auch wenn er sie oft nicht verstand. Er war alles an Familie, was sie hatte.
    „Bist du wütend auf mich?“ Sie hörte sich an, wie vor fünf Jahren, als sie unbedingt auf eine Party gehen wollte, für die sie zu jung war und auf die sie sich geschlichen hatte.
    „Enttäuscht.“ Die gleiche Antwort wie damals, als sie ihn angerufen hatte, damit er sie abholte, weil sie zwischen all den älteren Leuten nicht zurechtgekommen war.
    „Du weißt“, begann er erneut. „dass du die Strafe von deinem Taschengeld zahlen wirst? Und sei dir gewiss, dass sie nicht gerade klein sein wird. Außerdem verlässt du das Haus die nächsten zwei Wochen nur, um zur Schule zu gehen. Das Training werde ich mit dir abhalten.“
    Leicht nickte Azarni und senkte den Blick. Hausarrest hatte sie zuletzt vor Jahren, als sie klein war, bekommen. Allerdings hatte ihr Vater sie auch nie von der Polizei abholen müssen. Noch dazu zwang er sie in gewisser Weise dazu, mit diesem Pokémon zu trainieren. Ob er es als einen Teil der Strafe ansah oder glaubte, dass sie es wirklich versuchen wollte, wusste sie nicht. Vielleicht war es eine Mischung aus beidem, denn so leicht hätte sie ihrem Vater nicht davon überzeugen können, dass sie eine Trainerin sein will. Nicht nachdem sie so lange gesagt hatte, das Kämpfe nichts für sie waren, sondern nur ein paar Menschen, die Pokémon Befehle entgegen brüllten, um zu sehen, wer das meiste Geld, für das beste Pokémon hatte.
    „Ich hoffe, du hast dir wenigstens ein einigermaßen anständiges Pokémon besorgt“, murmelte ihr Vater wieder ein wenig mehr in seinem Element.
    Das sollte dann wohl eher ein Problem für Azarni darstellen, ihrem Vater auch noch das Pokémon von der Straße zu erklären. Ihr Vater wollte nur das Beste für sie beide und ließ auch nichts anderes gelten.


    Azarni schloss einen Moment die Augen, als das Taxi vor ihrem Haus hielt und stieg anschließend aus. Ihr Vater würdigte sie keines Blickes mehr und ging auch nicht ins Haus. Seine Schritte führten ihn in Richtung der Arena und einen Moment stand Azarni vor der Tür, ohne nach drinnen zu gehen. Hausarrest. Das hörte sich an, als wäre sie ein Kleinkind, aber in den Augen ihres Vaters hatte sie sich wohl wie eines benommen. Dabei hatte sie ihm die Wahrheit nur nicht sagen können, denn er würde es sowieso nicht glauben. Das tat sie selbst nicht einmal wirklich! An alledem waren nur das Mädchen und dieses Pokémon Schuld, dachte sie wütend über die Situation und schloss die Haustür hinter sich. Ohne sich weiter mit etwas aufzuhalten, ging sie in ihr Zimmer und legte den Pokéball auf den Schreibtisch und setze sich auf ihr Bett, den Kopf in den Händen vergraben. Das alles konnte nicht wahr sein.


    Mit einer Hand holte sie ihren Smart Log hervor, der noch immer ausgeschaltet war und wurde von etlichen Nachrichten ihrer Freundinnen begrüßt. Sie gestand allerdings, dass sie im Moment wenig Lust hatte mit ihnen zu reden, das alles hier, war ihr im Moment zu viel. Sie schreib den beiden nur schnell einen Text, dass sie fürs erste Hausarrest hatte, wobei sie nicht anders konnte, als das Ganze als etwas Lustiges darzustellen, dass sie ihnen morgen in der Schule erklären würde. Nur wenige Sekunden nachdem sie die Nachricht geschickt hatte und den Smart Log zur Seite gelegt hatte, hörte sie den Signalton für eine eingehende Nachricht, aber sie ignorierte diese und richtete ihren Blick auf den Pokéball.
    Eines war klar, in den nächsten zwei Wochen würde sie das Pokémon nicht loswerden können, zumal das auch vor ihrem Vater viel zu auffällig gewesen wäre. Nur was sollte sie dann tun? Azarni war klar, dass ihr Smart Log keine Information darüber liefern würde, was man mit einem Pokémon anstellte, dass man nicht trainieren und behalten wollte. Höchstens, dass man es abgeben sollte und das würde nur zu noch größerem Misstrauen bei ihrem Vater führen.


    Nur etwas musste sie tun, denn wenn er sah, dass es ein Pokémon war, das sie von der Straße geholt hatte, konnte sie sich den Blick ihres Vaters bereits vorstellen. Und der war alles andere als angenehm. Warum musste man es dem Fiffyen auch sofort ansehen?
    Sie hob den Kopf und stand auf, um den Pokéball doch vom Tisch zu nehmen. Einen Moment zögerte sie, ehe sie ihn öffnete und das Pokémon sich vor ihr materialisierte. Brav saß das magere Fiffyen vor ihr, das Fell zerzaust und mit Dreck verklebt. Ihrem Vater würde sofort klar sein, dass da etwas nicht stimmte. Fieberhaft überlegte sie, was man mit ihm tun könnte, damit es nicht mehr ganz so schlimm aussah. Ein Mensch würde sich die Haare waschen, damit sie nicht mehr vor Dreck standen, aber ob man ein Pokémon waschen konnte oder baden? In eine Wäscherei würde sie es wohl kaum geben können und die Waschmaschine war sicher auch keine Alternative. Vielleicht konnte sie einfach versuchen, es in der Badewanne zu waschen? An der mageren Gestalt konnte sie im Moment nicht viel ändern, aber wenn sein Fell nicht mehr vor Dreck stand, würde es ihrem Vater vielleicht nicht so sehr auffallen, denn seine Pokémon hatten immer sauberes Fell. Zwar kümmerte er sich darum nicht selbst, sondern das Pokémon-Center mit einer speziellen Einrichtung, aber da kam sie im Moment nicht hin. Sich noch einmal davon stehlen, wollte sie nicht riskieren, also würde es wohl die Badewanne werden.






  • Hallo Eisseele,


    langsam scheint die Geschichte in Fahrt zu kommen und so lernt auch Azarni ihre Situation zu verstehen. Und ich finde es nach wie vor interessant, wie Pokémon in dieser Welt betrachtet werden und wie viel Zuneigung dieses Fiffyen zeigt, obwohl es Azarni erst seit so kurzer Zeit kennt. Noch dazu, dass auch der Pokéball auf sie registriert ist. Nachdem das Mädchen sofort wieder verschwunden ist, wird da wohl im Hintergrund schon einiges mehr geplant worden sein, um sie überhaupt auf die folgenden Ereignisse vorzubereiten und noch ist gar nicht klar, worauf die Geschichte eigentlich hinaus läuft. Und das macht es spannend. Mit kleinen Schritten gehst du vorwärts, zeigst zum einen die Handlung und die Charaktere und nun wird wohl auch die Stärkung der Bande zwischen Azarni und Fiffyen folgen. Besonders diese ersten Schritte mit dem neuen Pokémon finde ich immer besonders interessant, weil sich hier zeigt, wie sie miteinander umgehen und was sie voneinandern lernen können. Und so gesehen ist es für beide ein neuer Anfang.


    Jedenfalls wäre nun vielleicht auch ein guter Zeitpunkt (nach dem Hausarrest), die Gesellschaft an sich etwas näher zu beleuchten. Die ersten Kapitel sind sehr stark auf Azarni bezogen, wie sie ihre eigenen Abenteuer erlebt und nun wird sie ja selbst auch in diese Welt der Pokémon gestoßen, wie sie es vielleicht nicht erwartet hatte. Ich hoffe zumindest, dass du mit der Zeit darauf eingehen wirst und einige Fragen beantworten kannst, denn noch existieren einige Fragen, die es zu lösen gilt. Unter anderem, ob die angesprochene Mega-Entwicklung noch relevant wird oder eher dem Vorwand diente, ihr die Bindung zwischen Mensch und Pokémon zu zeigen, die kaum mehr vorstellbar ist.


    Wir lesen uns!

  • Kapitel 6 Badespaß und Training




    [font='Verdana, Geneva, sans-serif']Links. Rechts. Links. Rechts. Links.
    „Halt still!“, Der Ruf hatte sich aus Azarnis Kehle gelöst, noch bevor sie es selbst realisiert hatte. Nur gut, dass ihr Vater noch nicht wieder da war, denn das hätte man bestimmt durch das gesamt Haus gehört, fürchtete sie. Das war nicht einmal ihre Schuld, denn seit bestimmt zehn Minuten versuchte sie dieses Fiffyen in die Badewanne zu bekommen.
    „Und jetzt geh da rein!“ Eine Hand am Türrahmen zu ihrem Bad, das glücklicherweise direkt mit ihrem Zimmer verbunden war, deutete sie mit der anderen Hand zur Badewanne. Ihrem Befehl nicht einmal im Ansatz gehorchend, saß das Pokémon mit wedelnder Rute vor ihr und starrte sie aus angeblich unschuldigen Augen an. Benutzte sie die falschen Befehle oder hatte sein früherer Trainer es einfach nicht gut abgerichtet? Langsam zweifelte sie an ihrem Plan das Pokémon zu waschen. Nachdem es auf ihre erneute Anweisung noch immer noch reagierte, sondern erneut begann vor ihr auf und ab zu laufen wie in einem lächerlichen Spiel, verlor sie langsam aber sicher die Geduld. Sie hätte es doch von Anfang an mit der Waschmaschine versuchen sollen!
    „Es reicht“, murmelte sie leise zu sich selbst. Dann musste sie jetzt eben doch da durch, denn so konnte das Fiffyen nicht bleiben, wenn sie es morgen früh ihrem Vater präsentierte.


    „Sitz!“, befahl sie. Endlich ließ das Pokémon sich auf seine Hinterbeine nieder und saß nun still. Zögerlich ging sie auf es zu und kniete sich leicht vor das Pokémon, welches die Ohren anlegte. Sie hatte darauf genauso wenig Lust wie das Pokémon, aber sie mussten beide irgendwie da durch. Fast vorsichtig, denn verletzen wollte sie es am Ende auch nicht, griff sie nach dem Fiffyen und umfasste es mit beiden Händen hinter den Vorderbeinen und hob es schlussendlich hoch. Während sie es leicht von sich weg hielt trug sie es bis ins Bad, wo sie es in der Badewanne wieder absetzte. Na, das ging doch recht gut, das hätte sie vielleicht schon eher machen sollen, denn ihre Hände konnte sie sich auch waschen.


    „Bleib“, befahl Azarni. Entgegen ihrer Vermutung sprang es nicht sofort wieder heraus, sondern saß nun brav dort. Selbst als sie auf dem kleinen Display an der Wand neben der Badewanne auswählte, dass sie warmes Wasser wollte blieb es still. Das Wasser kam augenblicklich aus dem Duschkopf, den sie in der Hand hielt. Probeweise hielt sie eine Hand darunter, bevor sie das Wasser über Fiffyen strömen ließ. In wenigen Sekunden war sein Fell völlig durchnässt. Zufrieden stellte sie fest, dass es sie zwar ansah, aber dennoch still hielt. Warum ging das nicht von Anfang an so? Als nächstes wählte sie auf dem Display ein beliebiges Shampoo aus und hielt die Hand unter den kleinen Hahn, aus dem es kam. Flaschen, in denen Shampoo abgefüllt war gab es schon seit Jahren nicht mehr. Ihr Vater kannte so etwas noch, sie selbst allerdings nicht. Wie sollte das denn auch gehen, wenn sie für jedes ihrer unzähligen, unterschiedlichen Produkte eine Flasche hier stehen hätte?


    Einen Moment überlegte sie, ob sie das wirklich tun sollte, aber am Ende hatte sie keine Wahl. Mit beiden Händen begann sie vorsichtig das Fell des Fiffyen einzuschäumen und ihr war klar, noch einmal tat sie das sicher nicht! Ein leises Wimmern entwich dem Pokémon, aber Azarni machte sich darum keine Gedanken, denn alles, was noch blieb, war das Fell abzuspülen und das konnte so schwer nicht sein. Mit einem schnellen Griff zum Display wählte sie wieder Wasser aus, damit das hier endlich ein Ende hatte.


    Wasser spritze umher und in wenigen Sekunden war Azarni selbst mindestens so nass wie das Pokémon vor ihr. Mit einem Sprung hatte es sich bellend aus der Badewanne befördert, kaum hatte das Wasser sein Fell berührt. Bevor Azarni es wieder einfangen konnte begann es sich ausgiebig zu schütteln und somit auch dem Badezimmer eine unfreiwillige Dusche zu verschaffen. Endgültig voll mit Wasser und Schaum sah sie das Pokémon nicht gerade erfreut an.
    „Das musste jetzt sein, oder?“, fragte sie ironisch nach, wobei sie wusste, dass sie nicht verstanden wurde.
    „Komm wieder her“, befahl sie halbherzig. Abspülen konnte sie sich jetzt sparen, allerdings musste es nicht nass durch ihr Zimmer laufen. Sie stand wieder auf und nahm sich ein Handtuch, das sie über Fiffyen warf und es anschließend so hochheben wollte. Sie war verdammt froh, wenn das hier ein Ende hatte. Noch bevor sie dazu kam es hochzuheben hatte Fiffyen das Handtuch abgeschüttelt und war mit ihm in der Schnauze durch ihre Beine entwischt.


    Die Vorderbeine ausgestreckt und das Hinterteil höher als den Kopf stand es hinter ihr und wedelte erneut mit dem Schweif. Langsam konnte sie wirklich nicht mehr. Was sollte sie mit diesem Pokémon nur noch anfangen? Kaum ging sie einen Schritt auf das Fiffyen zu, bellte es, wobei ihm das Tuch aus der Schnauze fiel, dass es sofort wieder aufnahm und ihr fast spielerisch auswich.
    „Was bist du denn für ein verrücktes Vieh?“, fragte sie erstaunt nach, als es mit dem Handtuch in der Schnauze durch das Bad flitzte. War das eigentlich normal? Ein Schmunzeln konnte sie sich trotz allem nicht verkneifen, denn so etwas hatte sie auch noch nicht erlebt. Gut, dass sie die Tür zum Bad geschlossen hatte. Sie wusste nicht, wie lange sie versuchte dem Fiffyen seine Beute abzunehmen. Als sie es dann endlich geschafft hatte konnte sie es sich zumindest ersparen es noch abzutrocknen, denn in der Zeit war sein Fell beinahe völlig getrocknet.


    Ihr Zwangs-Pokémon einen Moment ignorierend, ging sie wieder in ihr Zimmer und holte sich aus ihrem Kleiderschrank frische Kleidung. Ihre feuchte Kleidung warf sie in eine kleine Klappe, von wo aus sie direkt zum Waschen kommen würden, ohne dass Azarni etwas dafür tun musste. Problem Nummer eins hatte sie gelöst und nun sah das Pokémon auch nicht mehr ganz so schlimm aus wie vorher. Dieses war ihr erneut gefolgt und saß nun brav vor ihrem Bett, was sie als Anlass nahm es in seinen Ball zu schicken.
    Ihr Vater war noch immer nicht da und so würde sie die Zeit nutzen etwas Pokémon-Futter zu holen. Immerhin musste man einem Pokémon sicher auch etwas zum Fressen geben, jedenfalls war das nur logisch. Anschließend konnte sie es endlich, wie es sich gehörte, in seinem Pokéball verschwinden lassen. Einen Moment überlegte sie, entschied sich dann jedoch dazu, es einfach in ihrem Zimmer zu lassen und nach unten in die Küche zu gehen. Wenn es einen Ort gab, wo sie nach Pokémon-Futter suchen konnte, dann dort.


    Das Glück war nicht mit ihr, denn in keinem der Schränkte konnte sie etwas finden. Oder hatte ihr Vater es am Ende gar nicht hier und seine Pokémon wurden im Pokémon-Center gefüttert? Das konnte durchaus sein, denn er brachte sie schließlich einmal am Tag dorthin. Mittlerweile hatte Azarni auch keine große Lust mehr zu suchen, weshalb sie kurzerhand eine Packung Wurst aus dem Kühlschrank nahm und mit nach oben trug. Eigentlich durften Pokémon keine Menschennahrung essen, aber was sollte es ihm schaden, wenn sie selbst es auch aß?
    Erneut entließ sie das Fiffyen aus seinem Pokéball, um ihm nun auch etwas zum Fressen zu geben.
    Die Verpackung entsorgte legte die Wurst vor Fiffyens Pfoten, welches sie begierig verschlang. Damit war dann auch Punkt zwei auf ihrer Liste erledigt und sie konnte das Fiffyen endgültig in seinen Ball schicken und diesen auf ihren Schreibtisch legen.
    Die Sonne war inzwischen untergegangen, aber ihr Vater war noch immer nicht da und so legte sie sich einfach ins Bett. Was für ein verrückter Tag, dachte sie bei sich. Sie ahnte allerdings, dass das lange nicht alles war und sollte Recht behalten.


    Ihr Vater ließ es sich am nächsten Tag nicht nehmen, sie persönlich zur Schule zu fahren und auch wieder abzuholen, damit sie keinen Unsinn mehr anstellen konnte. Sie hatte es in seinen Augen wohl wirklich übertrieben. Zumindest vor Roe und Itoe konnte sie die Ereignisse gestern als großes Missverständnis darlegen. Verwundert darüber, dass Azarni nun auch ein Pokémon hatte waren sie fast so sehr wie Azarni selbst.
    So schlimm die Demütigung von ihrem Vater zur Schule gebracht zu werden auch war: Es konnte noch schlimmer kommen. Zwar hatte sie das Fiffyen dank des Pokémon-Verbots in der Schule zu Hause gelassen, aber ihr Vater hatte ihr bereits Training am Nachmittag angekündigt. Somit war Azarni sich sicher, dass es auf seltsame Art auch ein Teil ihrer Strafe war.
    Zumindest hatte sie in der Schule die Zeit gefunden, die üblichen Zuchtattacken eines Fiffyen zu erfahren. Sonst hätte sie sich vor ihrem Vater vollständig blamiert. Nicht, dass sie das nicht auch so würde, mit ihrem Null-Wissen über Pokémon.


    Wie sie es erwartet hatte hieß es nach der Schule sofort in ihr Zimmer, das Pokémon holen und anschließend brachte ihr Vater sie in die Arena. Dort hatte er einen eigenen Trainingsraum, den sie nutzen würden. Im Grunde handelte es sich dabei um nichts weiteres, als einen schlichten, dunkel gehaltenen Raum mit einem Kampffeld, das mittig lag.
    Bereits beim Betreten des Raumes wählte ihr Vater an einem Display aus einer Liste etwas aus, vermutlich das Pokémon, das er einsetzten wurde. Dessen Pokéball wurde bereits Sekunden später in der Klappe unter dem Display geliefert. Ihr Vater besaß als Arenaleiter Pokémon in unterschiedlichen Stärken, damit er sich auf seinen Gegner einstimmen konnte, denn er durfte nicht gegen jeden mit seinen Stärksten Pokémon antreten. Er musste individuell einschätzen, für wie stark er seinen Gegner hielt, was nicht zuletzt daran gemessen wurde, was er für sein Zucht-Pokémon ausgeben konnte. Das war eine der Auflagen, die er als Leiter hatte.


    Er gebot ihr, auf eine Seite des Kampffeldes zu gehen, was sie widerwillig tat. Das hier sollte also wirklich ihr erster Kampf sein, auf den sie keine Lust hatte und bei dem sie sich nur blamieren konnte.
    „Ich werde versuchen, es dir nicht sofort so schwer zu machen, sondern dein Pokémon erst einmal zu testen“, erklärte ihr Vater. Er öffnete den Pokéball und entließ sein Pokémon auf das Kampffeld. Regungslos stand das luchsartige Pokémon auf dem Feld und fixierte einen Punkt auf dem Boden. Einzig seine schwarze Mähne knisterte vor Elektrizität. Azarni erinnerte sich grob, dass dieses Pokémon Luxio hieß und eher zu den schwächeren Pokémon ihres Vaters gehörte.
    Sie selbst schickte nun auch Fiffyen auf das Feld. Anders als Luxio schüttelte es sich und blickte mit angelegten Ohren zu ihr nach hinten, als wüsste es nicht, was es in einem Kampf zu suchen hat. Allerdings sollte das doch etwas Normales für dieses Pokémon sein.
    „Fiffyen“, stellte ihr Vater fest. „Interessante Wahl.“ Oder mit anderen Worte übersetzt: Wie konntest du dir so ein schwaches Pokémon aussuchen?
    „Bitte, du beginnst“, bestimmte ihr Vater. Solange sie sich nicht vollkommen bloß stellte, würde alles gut werden. Immerhin hatte er durch das verstrubbelte Fell des Fiffyen noch nicht bemerkt, dass es von der Straße kann.


    Zwar wusste Azarni, welche Attacken ein Fiffyen üblicherweise konnte, allerdings wusste sie nicht, welche davon dieses Exemplar kannte. Ihr blieb also nichts weiter, als zu raten.
    „Donnerzahn“, begann sie mit strenger Stimme. So jedenfalls taten die anderen Trainer es immer, wenn sie einen Befehl gaben. Einen Moment lang hoffte sie, dass es die Elektro-Attacke einsetzte würde, allerdings passierte nichts. Fiffyen stand einfach nur mit angelegten Ohren da und fixierte das Luxio. Immerhin hatte es sich wieder daran erinnert, wie man einen Kampf zu bestreiten hatte.
    „Ich meinte natürlich: Biss-Attacke!“, versuchte sie es erneut. Zumindest das musste es können, das war sicher keine komplizierte Attacke.
    Azarni atmete auf, als Bewegung in Fiffyens Körper kam und es auf seinen Gegner zulief, der sich nicht einen Zentimeter rührte.
    Weder ihr Vater, noch sein Pokémon zeigten eine Regung, als Fiffyen seine Zähne in das Vorderbein seines größeren Gegners schlug. Tief bohrten sich die Zähne in das Fleisch, aber selbst da zeigte das Luxio keine Reaktion. Erst auf den Befehl ihres Vaters bewegte es sich schließlich.
    „Funkensprung. leicht.“ Die leichten Funken, die zuvor über Luxios Mähne gesprungen waren breiteten sich zu immer stärkeren Blitzen aus, die über seinen ganzen Körper zogen. In einer flüssigen Bewegung zog es sein Bein, in dem Fiffyen sich noch immer verbissen hatte, zurück und stieß es kraftvoll nach hinten. Ein Jaulen entkam dem Fiffyen, das nun vor Luxio lag. Fast, dachte Azarni, führte den Gedanken auf den Blick ihres Vaters jedoch nicht zu Ende.


    „Steh auf“, befahl sie streng, wie sie es oft gehört hatte. Als Fiffyen wieder stand, überlegte Azarni fieberhaft. Wenn sie erneut eine solche Attacke befahl würde es nicht anders enden, aber so war das in Kämpfen. Es entschied doch immer das Durchhaltevermögen eines Pokémon, nicht?
    „Eiszahn“, forderte sie die nächste Attacke, in der Hoffnung, dass sie dem Fiffyen bekannt war. Mit angelegten Ohren sah es nach hinten, setzte dann zögernd auf seinen Gegner zu. Erneut gruben sich spitze Zähne in Luxios bereits malträtiertes Bein und ebenso zeigte es auch dieses Mal keine Reaktion. Das leichte Splittern von Eis war zu hören und von der Stelle aus, an der Fiffyens Zähne das Fleisch berührten, begann das Fell seines Gegners einzufrieren. Die Besonderheit von Eiszahn, im Gegensatz zu Biss. Fast konnte es einem leidtun, denn immerhin lebte es am Ende auch und konnte somit auch Schmerzen spüren oder irrte sie sich da? Tatsächlich hatte sie keine Ahnung, wie das bei Pokémon war, was kein Wunder war, denn bisher hatte es sie nicht interessiert.


    „Funkensprung, stark“, forderte ihr Vater von seinem Pokémon. Wie beim letzten Mal schlugen Blitze um den Körper des Elektro-Pokémon. Statt erneut mit seiner Pfote zuzuschlagen senkte Luxio seinen Kopf und stieß diesen mit aller Macht gegen Fiffyen.
    Über den metallenen Boden rutschend, landete ihr Pokémon direkt vor ihren Füßen und ein leises Fiepen entkam ihm.
    „Ich denke, wir sollten das beenden, bevor es untauglich für weitere Kämpfe wird“, stellte ihr Vater mit einem seltsamen Unterton fest. So viel also dazu, dass sie sich nicht blamieren wollte. Sie hatte noch schneller verloren, als sie es sich hatte träumen lassen und das haushoch.
    Warum musste es auch unbedingt ein Fiffyen sein? Hätte sich in dem Ball nicht ein stärkeres Pokémon befinden können, wenn sie es schon am Hals hatte? Aus seinen gelben Augen starrte das Pokémon zu ihr, bevor es mühsam wieder auf die Beine kam. Schwach oder nicht, es tat ihr leid. Laut würde sie das nie zugeben, jedoch hatte sie das Gefühl, diesen Blick zu kennen. Ein Verzweifelter Blick und das Wissen, dass man nicht gut genug war.
    Entschlossen tat sie es ihrem Vater gleich und holte ihr Pokémon wieder in den Pokéball. Sie hatte eindeutig zu lange über die Worte dieses seltsamen, kleinen Mädchens nachgedacht, dass sie bereits solche Gedanken hatte.


    „Wir haben mit diesem Pokémon noch jede Menge Arbeit vor uns, um es gehorsam zu bekommen und zu stärken. Allerdings haben wir auch genug Zeit“, stellte ihr Vater fest. Ihre Strafe hatte er also nicht vergessen. Wehmütig nickte Azarni ihm zu, denn sie wusste, dass sie keine Möglichkeit hatte ihn umzustimmen. In seinen Augen war sie nun zu einer Trainerin geworden und aus der Nummer kam sie nicht mehr raus.
    Sie folgte ihrem Vater zu einer Maschine, die er in der Arena hatte, mit der er die Pokémon in wenigen Minuten vollständig heilen konnte, etwas das sonst meist in einem Pokémon-Center möglich war. Als Arenaleiter besaß er allerdings selbst eine. Die Technologie der Maschine hatte sie noch nie verstanden, aber das wollte sie auch nicht.
    Eher fragte sie sich, wo das noch hinführen sollte, mit ihren wirren Gedanken und nun sogar ihrem Vater.




    Danke an Evali von Pokefans für den tollen Avatar, den sie als Preis für eine Aktion im Bisaboard angefertigt hat.

    3 Mal editiert, zuletzt von Eisseele ()

  • Hallo Eisseele,


    die ersten Stunden gemeinsam mit dem Fiffyen vergehen eigentlich ziemlich amüsant. Die bevorstehende Dusche hast du auch gut dadurch gelöst, dass nicht alles im vollständigen Chaos aufgeht, sondern dass Fiffyen sehr gehorsam auf einige Befehle reagiert. Da kommt natürlich umso eher die Frage auf, wer es so gut abgerichtet hat, dass es sofort darauf hört. Witzig war danach aber, dass es aber flüchtete und wohl mit Azarni spielen wollte. Da war auch noch nicht wirklich zu erkennen, ob sie nun wirklich mit ihrem neuen Pokémon zufrieden ist oder nicht. Die Überraschung und Verwunderung der letzten Kapitel ist nun endgültig der eher schlechten Laune, die mit dem Vorfall einherging, gewichen und das wird nun wohl der große Abschnitt sein, in dem die beiden ihre aufkeimende Freundschaft auf die Probe stellen müssen. Und da Fiffyen schon so lebendig ist, kann ich mir leicht vorstellen, dass das schneller kommt als erwartet.
    Jedenfalls: Training. Auch wenn es hier direkt ein Kampf gegen ein weitaus stärkeres Pokémon war, so konnten beide erste Eindrücke zu Kämpfen sammeln und sich auch kennenlernen, was am Anfang ein sehr langwieriger Prozess sein kann. Man muss schon fast sagen, immerhin hatte Azarni ein paar Reserveangriffe in petto, um nicht ganz verloren auf dem Feld zu stehen. Obwohl der Kampf nicht gewonnen wurde, haben beide Erfahrung gesammelt und damit werden die beiden auch weiter zusammenwachsen. Wohin das führt, wird sich zeigen, aber besonders auf die nächsten Kapitel und die weitere Entwicklung bin ich sehr gespannt.


    Wir lesen uns!

  • Kapitel 7 Serena



    Azarni hatte wirklich gehofft, dass ihr Vater den Hausarrest vergessen würde, aber da hatte sie sich geirrt. In den nächsten zwei Wochen zog er es konsequent durch und holte sie von der Schule direkt zum Training mit ihrem Pokémon. Das Training, dass ihr bereits am zweiten Tag zum Hals raus hing, und das sie sicher auch nach dem Hausarrest nicht loswurde.
    Es war völlig nutzlos, denn bisher hatte sie absolut keine Fortschritte gemacht, wenn sie ihrem Vater glauben durfte. Dazu kam noch, dass sie tatsächlich anfing sich Sorgen um dieses kleine Fiffyen zu machen, welches jeden Tag aufs Neue von dem Luxio besiegt wurde. Die Worte des seltsamen Mädchens wollten ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen. Sie erwischte sich dabei, wie sie immer öfter darüber nachdachte, wenn sie das Fiffyen ansah. Konnte da etwas dran sein, dass diese Pokémon mehr verstanden, als man ihnen zutraute? Dass sie intelligent waren? Jedes Mal versuchte sie zwanghaft diese Gedanken zu verdrängen und doch kamen sie ihr immer wieder auf. Es war nicht so, dass sie daran glaubte. Sie fragte sich nur, was wäre, wenn es wirklich stimmte? Zumindest ihr Fiffyen benahm sich merkwürdig und völlig anders als die Pokémon, die sie bisher gesehen hatte. Immerhin hatte ihr Vater keine Erklärung gewollt, woher sie das Pokémon hatte, sonst wäre sie in echte Erklärungsnot geraten.


    Wie sie es erwartet hatte, verlangte ihr Vater nach den zwei Wochen noch immer, dass sie mit ihm trainierte, aber das war nebensächlich. Endlich hatte sie ihren Freiraum, zu gehen wohin sie wollte, wieder. Da konnte sie über das Training im ersten Moment hinwegsehen. Dass sie sich dennoch damit beschäftigen musste, was sie in Zukunft mit dem Fiffyen tat, blendete sie erst einmal aus.
    Mit der dafür vorgesehenen Vorrichtung hing der kleine Pokéball auch jetzt an ihrem Gürtel. Ihr Vater hatte darauf bestanden, dass sie ihn mitnahm, wenn sie in die Stadt ging. Wie ein echter Trainer. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass sie ihm einen Gefallen getan hatte, indem sie sich Fiffyen angeschafft hatte.
    Allerdings war das im Moment erst einmal nebensächlich. Viel wichtiger waren ihre Freundinnen, denen Azarni nun endlich wieder gegenübersitzen konnte und das außerhalb der Schule. Sie hatten es sich in einem Café nahe des Place Verte gemütlich gemacht und genossen ihren ersten freien Samstag „in Freiheit“, wie Roe es ausdrückte. In allen Einzelheiten ließ Azarni sich von den beiden erzählen, was sie alles verpasst hatte, wobei sich das zum Großteil auf die neusten Errungenschaften in Sachen Mode bezog. Azarni war froh, denn es hatte einen Hauch von Alltag an sich, den beiden zuzuhören.


    „Aber mal ernsthaft“, begann Itoe irgendwann. „Wie kommt es, dass ausgerechnet du dir ein Pokémon zugelegt hast? Immerhin hast du dich doch so lange dagegen gewehrt.“
    Azarni zuckte leicht die Schultern, denn noch immer hatte sie dafür keine Ausrede gefunden, die wirklich glaubhaft war. Sie sah auf ihren inzwischen kalten Kaffee und überlegte einige Sekunden.
    „Keine Ahnung“, gestand sie schließlich offen. „Es war einfach nur eine Schnapsidee, mir ein Pokémon zuzulegen. Leider komme ich aus der Nummer auch nicht mehr raus.“ Das war Fakt und dieses Mädchen noch einmal aufsuchen, würde sie nicht riskieren. Das letzte Mal hatte ihr genug Ärger eingebracht. Roe und Itoe sahen sie einen Moment lang skeptisch an, ließen das Thema dann zum Glück fallen und gingen zum normalen Klatsch und Tratsch über.
    Es dauerte jedoch nicht lange, bis sie wieder im Mittelpunkt stand und Roe sie leicht in die Seite stieß.
    „Kennst du den?“, fragte sie plötzlich leise nach. Azarni runzelte leicht die Stirn und sah ihre Freundin fragend an.
    „Wen denn?“, wollte sie wissen. Sie kannte viele Leute, aber keinen von denen, die im Moment hier waren.


    „Den Typen hinter dir, der dich schon ewig anstarrt“, setzte Roe leise hinzu. Aus Reflex drehte Azarni sich um und schüttelte den Kopf, als sie einen dunkelblonden Jungen hinter ihr sah.
    „Kenn ich nicht“, gab sie zu verstehen und drehte sich wieder um. Ihre Freundinnen sahen sie eindeutig an und Azarni hob sofort die Hände. Das sollten sie sich aus dem Kopf schlagen!
    „Komm schon, was ist, wenn er was von dir will? Schlecht sieht er nicht aus. Setzt dich doch einfach zu ihm“, begann Itoe auf sie einzureden. Darauf wollten die beiden also hinaus. Das konnten sie vergessen, Azarni würde sich nicht zu einem Fremden … mitten in ihren Gedanken stockte sie und drehte sich erneut um. Konnte es denn sein? Wenn sie genauer hinsah, erkannte sie, dass dieser Junge ihr sicher nicht fremd war. Hinter ihr saß niemand anderes als der junge Polizist, der vor zwei Wochen dabei war, als sie verhaftet wurde. Über einen solchen Zufall hätte sie früher gelacht, doch im Moment passierten ihr zu viele Zufälle auf einmal, die sie nicht erklären konnte. Wollte er sich über sie lustig machen oder es ihr unter die Nase reiben? So wirkte er nur leider nicht, denn sein Gesicht war völlig ernst und mit einer eindeutigen Geste gab er zu verstehen, dass sie zu ihm kommen sollte.


    „Entschuldigt mich“, wandte sich Azarni an ihre Freundinnen. Nun stand sie doch auf und setzte sich zu ihm, aber dass sie Respekt zeigen würde, konnte er vergessen, denn er war nicht im Dienst.
    „Was willst du?“, fragte sie offen. Er dagegen sah sie einen Moment lang nur an, bevor er antwortet.
    „Mir das Mädchen ansehen, das sie ausgesucht hat“, gestand er offen. Azarni verstand nur Bahnhof und das war sicher verständlich.
    „Wer soll mich ausgesucht haben und für was?“ Was redete der Kerl für ein kryptisches Zeug?
    „Verzeihung, ich hab mich nicht vorgestellt, oder? Wir kennen uns ja nur flüchtig von neulich. Ich bin Rayon Hills“, stellte er sich nun offenbar höflich vor. Er hielt ihr seine Hand entgegen, die Azarni nur widerwillig ergriff.
    „Azarni Zaren“, stellte sie trocken fest. „Aber das wirst du wissen.“ Dennoch kam ihr einen Moment lang etwas seltsam vor, denn eindeutig hatte auf seinem Namensschild K. Hills gestanden. War das nur sein Zweitname?
    „Tue ich auch, ich wollte nur höflich sein“, stellte Rayon fest. „Was ich eigentlich von dir wollte: Wie geht es eigentlich dem Fiffyen? Sein Vorbesitzer war ja nicht besonders nett zu ihm.“ Azarni winkte auf die Frage leicht ab, denn über das Pokémon wollte sie gerade wirklich nicht reden.
    „Dem geht’s gut, ich … warte mal, du weißt, dass es nicht mir gehört hat?“ Die Erkenntnis traf sie wie ein Schlag und der hinterlistige Ausdruck auf dem Gesicht des Jungen, setzte dem die Krone auf. Er wusste es?
    „Woher? Du bist Polizist, du dürftest das gar nicht zugeben!“, verlangte sie sofort zu wissen. Niemand außer ihr und diesem Mädchen durfte und konnte das wissen. Dass war nur ein lächerlicher Versuch, sich selbst zu überzeugen.
    „Ach, das ist doch unwichtig, oder? Außerdem bin ich kein Polizist, ich bin erst ein Jahr älter als du und nur der Azubi “, versuchte Rayon sich rauszureden. Und wie das wichtig für sie war! Konnte es vielleicht sogar sein, dass er seine Finger im Spiel gehabt hatte und Fiffyen nur deshalb auf sie registriert war? Nein, das war einfach zu absurd um wahr zu sein und hätte ihm auch nichts gebracht. Auch die Tatsache, dass er erst achtzehn und Auszubildender war brachte sie davon nicht ab, dass er etwas mit der Sache zu tun hatte.


    Azarni atmete leicht ein und versuchte ihre Gedanken wieder auf das Wesentliche zu lenken.
    „Was willst du von mir?“, fragte sie erneut nach. Sie wiederholte sich nicht gerne, aber er ließ ihr keine andere Wahl.
    „Gut, reden wir Klartext.“ Die Miene von Rayon wurde ernst und er sah sie an. „Ich möchte, dass du mit mir kommst, um jemanden zu treffen, der dich um etwas bitten möchte. Frag mich bitte nicht, warum ausgerechnet du. Das frage ich mich nämlich auch. Ich kann selbst nicht verstehen, warum sie jemanden wie dich ausgesucht hat, aber sie hat sicher ihre Gründe dich zu bitten. Ich glaube ja, dass es eine Art Experiment für sie ist, ob auch solche wie du es verstehen oder sie sieht etwas, das ich nicht sehen kann.“
    Seine Worte ergaben für Azarni nicht mehr Sinn, als alles, was er bisher gesagt hatte. Er war ihr fast so unheimlich wie das Mädchen selbst. Nur eines stand fest: Das würde sie nicht tun.
    „Ich begleite dich nicht sonst wohin. Erst recht nicht zu diesem unheimlichen Mädchen“, stellte sie sofort klar. Das ließ Rayon nur leider nicht gelten.
    „Du weißt also, wo es hin geht. Immerhin scheinst du nicht dumm zu sein. Gut, ein Vorschlag. Wenn du mich im Pokémon-Kampf besiegen kannst, dann verschwinde ich und du siehst mich nie wieder. Gewinne ich, begleitest du mich. Wie wäre es?“, fragte er nach.


    Der Vorschlag allein klang für Azarni falsch und sie fragte sich erneut, was das alles sollte. Auf komische Art hatte sie langsam die Nase gestrichen voll von diesem „Pokémon-haben-Gefühle-Zeug“. Sie wollte endlich wissen, was hier vor sich ging und was das alles sollte. Warum hatten sie ihr dieses Fiffyen angedreht? Noch lieber wollte sie ihre Ruhe haben und die Chance darauf ließ sie ebenfalls aufstehen, als Rayon es tat. Ihre Freundinnen winkten ihr fröhlich zu und deuteten ihr mit einigen Handbewegungen, dass sie gehen sollte. Wahrscheinlich hatten sie nicht einmal mitbekommen, um was es eigentlich ging.
    „Gegenvorschlag“, stellte Azarni fest. „Wenn du gewinnst, begleite ich dich. Gewinne ich, dann verschwinden du und dieses unheimliche Mädchen aus meinem Leben. Außerdem nehmt ihr das Pokémon zurück“, stellte sie die neuen Regeln klar. Einen Moment glaubte sie Rayon würde überlegen, bevor er zustimmend nickte. Hätte man ihr vor zwei Wochen gesagt, was hier passierte, sie hätte es für einen dummen Scherz gehalten und darüber gelacht. Aber so unglaublich es klang, das alles passierte wirklich.
    „Lass uns zum Place Verte gehen. Auf den Kampffeldern ist um die Zeit immer wenig los und wir haben unsere Ruhe“, schlug Rayon vor und lief bereits los. Azarni blieb nichts anderes übrig, als ihm den kurzen Weg zu folgen. Noch einmal ging sie im Kopf alle Attacken durch, die Fiffyen können musste.


    Sie hatten den Place Verte schneller erreicht, als ihr lieb war und auf einem, der dort gebauten Kampffelder Stellung bezogen. Immerhin war wirklich kaum jemand anwesend, was über die Nachmittagszeit nicht ungewöhnlich war. Nur zwei weitere Trainer kämpften auf einem der drei Felder, dessen metallischer Boden hier erbaut worden war.
    „Also dann, ich werde mit diesem Pokémon kämpfen“, stellte Rayon fest. Er zog einen Pokéball von seinem Gürtel und ein Pokémon materialisierte sich vor ihm. Das kleine, gelbe Pokémon stieß einen Laut aus, der einem Bellen ähnlich war. : Die großen Ohren mit dem roten Fell stellten sich aufmerksam auf und es stützte sich auf seine kleinen Hinterbeine und sah abwartend zu Rayon hoch. Dieser kniete sich nach unten und strich dem Pokémon behutsam über den Kopf, bevor er es auf das Kampffeld schickte.
    „Darf ich vorstellen, meine schöne Magice.“ Beinahe stolz deutete er auf das Pokémon und Azarni runzelte erneut die Stirn. Wieso Magice? Wenn sie sich recht erinnerte, dann hieß dieses Pokémon Fynx. Sie stellte fest, dass auch dieses Pokémon sich seltsam verhielt, fast so wie Fiffyen es getan hatte. Es tappte nervös von einer Pfote auf die andere, anstatt still zu stehen.
    Nun entließ sie auch Fiffyen auf das Kampffeld, welches freudig kläffte und zu ihr sah. Dafür hatte sie aber keine Zeit, denn sie wollte nur gewinnen.


    „Fiffyen, Biss“, wies sie sofort an. Fynx war vom Typ Feuer und somit musste sie Eiszahn gar nicht erst versuchen. So viel war mittlerweile bei ihr hängen geblieben.
    „Verstehe, du bist also noch nicht darüber hinaus. Magice, zur Seite und dann Kratzer.“ Azarni war einen Moment über diesen ungewöhnlichen Befehl verwirrt. Tatsächlich sprang Fynx mit Leichtigkeit zur Seite und drehte sich schwungvoll um sich selbst und rammte Fiffyen seine Krallen in die Seite. Leise winselte es auf, aber noch gab sie nicht auf.
    „Biss!“, wies Azarni wieder an. Erneut wollte Fiffyen zubeißen, doch Fynx tänzelte einfach aus seiner Reichweite und brachte sich vor den Zähnen in Sicherheit.
    „Wenn du so kämpfst, kannst du uns nicht besiegen. Magice, beende es mit Glut, damit wir hier weg können.“ Erneut ein Befehl, dessen Formulierung doch eigentlich viel zu kompliziert war.
    Fynx holte Luft und stieß schwungvoll einen Schwall an Glutbrocken aus, welche sich an Fiffyens Fell festsetzten und dieses verbrannten. Winselnd schüttelte Fiffyen sich und kauerte sich auf dem Boden zusammen, als die Glut erloschen war. Konnte Fynx wirklich so viel stärker sein, das es so schnell gewonnen hatte? Intuitiv wollte sie einen Schritt auf Fiffyen zugehen, aber eigentlich war der Kampf nicht zu Ende, solange Fiffyen noch aufstehen könnte. Doch etwas hielt Azarni zurück. Wenn sie weiter machte, das spürte sie, würde es nicht anders ausgehen als eben.
    „Es reicht, du hast gewonnen“, stellte sie fest. Aus irgendeinem Grund wollte sie diesem Fiffyen nicht noch mehr schaden, wo der Ausgang des Kampfes klar war. Ungewollt zauberte sie damit ein Lächeln auf Rayons Gesicht.
    „Prima, dann können wir ja gehen. Da wo wir hingehen, können wir Fiffyen auch heilen“, stellte Rayon fest. Für ihn hatte es sowieso von Anfang an festgestanden, dass sie ihn begleiten würde. Eigentlich hätte sie noch die Chance wegzulaufen, aber sie tat es nicht.


    Azarni kniete sich leicht neben Fiffyen und strich aus einem Impuls heraus durch sein Fell, wie Rayon es bei seinem Pokémon getan hatte.
    Auf ihre Berührung sah Fiffyen auf und stellte seine Vorderbeine bellend auf ihrem Knie ab.
    „Schon gut!“ Leicht überfordert, denn damit hatte sie nicht gerechnet, schob sie es nach unten und schickte es wieder in seinen Pokéball. Anschließend richtete sie sich auf und sah zu Rayon, der sein Pokémon ebenfalls wieder in seinen Ball geschickt hatte und selig lächelte.
    „Bringen wir es hinter uns. Aber wenn du mir etwas antust, mein“, begann sie, doch wurde unterbrochen.
    „Niemand will dir was tun. Sie will dich nur um etwas bitten“, winkte Rayon ab und setzte sich bereits in Bewegung. Geschlagen folgte sie ihm durch Illumina, während sie in Gedanken nicht nur ihn, sondern auch sich selbst für verrückt erklärte.
    Der Weg, den sie gingen, war ihr leider nur zu bekannt und gefiel ihr gar nicht. Als hätte sie es geahnt, standen sie am Ende vor dem alten Labor und leicht schüttelte sie den Kopf. Sie wollte ihm sagen, dass sie da nicht reingehen würde, nachdem sie neulich verhaftet wurde, aber er erstickte jeden Protest im Keim.
    „Wir treffen den Besitzer des Grundstücks, also bleib locker.“ Über seine Worte schwieg sie, denn sie hatte noch immer kein gutes Gefühl dabei.


    Er wählte den gleichen Weg wie sie ins Haus: Durch den kleinen Garten und den Hintereingang. Immerhin erklärte es, warum dieser nicht abgeschlossen war, wenn er hier ein und aus ging. Sie war bereits drauf und dran zur Treppe zu gehen, als Rayon einfach vor dem Fahrstuhl stehen blieb.
    „Der ist kaputt“, stellte Azarni trocken fest. Die Tür stand sogar offen und lag vor dem Fahrstuhl selbst. Der würde nie wieder fahren.
    „Ich weiß und jetzt komm“, stellte Rayon ebenso trocken fest. Nun war er endgültig übergeschnappt. Um ihm den Gefallen zu tun – und ihm zu zeigen, dass der Fahrstuhl eben nicht mehr fahren würde – stellte sie sich zu ihm.
    Entgegen ihrer Vermutung ruckte der Fahrstuhl mit einem Mal und sie stieß einen erschrockenen Laut aus. Sie klammerte sich an einem Griff, der an der Wand angebracht war, fest. Mit großen Augen beobachtete sie, wie der Fahrstuhl sich langsam nach unten bewegte, wie von Geisterhand und ganz ohne Storm. Das fiel schon nicht mehr unter unheimlich, sondern unter absolut gruselig!
    Sie wich Rayons Blick aus, denn was sich ihr offenbarte, war viel interessanter. Sie hatte mit allem gerechnet, als der Fahrstuhl anhielt, jedoch nicht mit dem, was sich ihr bot.



  • Kapitel 8 Lügenmärchen oder Vergangenheit



    Kaum hatte sie den Fahrstuhl verlassen, stand sie inmitten eines altmodisch eingerichteten Wohnzimmers. Der Putz blätterte teilweise von den Wänden, doch die Schrankwand, sowie der Fernseher sahen sogar noch benutzbar aus. Zwei Türen führten von dem Raum weg, doch viel interessanter fand Azarni, wer auf dem Sofa direkt vor ihr saß. Als hätte sie nur auf sie gewartet, saß das Mädchen von neulich dort und nun war Azarni klar, wohin sie damals verschwunden war. Wie konnte es sein, dass ein Mädchen, das jünger war als sie selbst, hier allein lebte?
    „Wie versprochen, hier ist sie“, brach Rayon das Schweigen. Das Mädchen mit den honigblonden Haaren nickte nur leicht. Sie sah genauso aus, wie bei ihrer ersten Begegnung, sogar den alten Hut trug sie noch.
    „Was soll ich hier und warum hast du mir ein Pokémon aufgedrängt?“, fragte Azarni direkt nach. Sie wollte endlich Antworten. Das Pokémon, das hinter dem Mädchen stand, ignorierte sie gekonnt. Ein fuchsartiges Wesen auf zwei Beinen und gelb-rotem Fell, welches sie nicht aus den Augen ließ. Sie wollte nicht fragen, was es hier tat, denn es war nicht Bestandteil ihrer Fragen.
    „Da du hier bist“, umging das Mädchen ihre Fragen geschickt. „Heißt das, dass du über meine Worte nachgedacht hast. Bist du zu einem Ergebnis gekommen?“
    „Ja, zu dem, das ihr beide verrückt seid“, stellte Azarni trocken fest. „Ich weiß nicht, ob da was daran ist, aber das interessiert mich auch nicht. Ich will nur wissen, wer du bist und was du von mir willst.“
    Das Mädchen nickte und deutete neben sich auf das Sofa. Statt sich dorthin zu setzten, ging sie auf den Sessel zu und überließ Rayon den Platz neben dem Mädchen.
    „Ich werde deine Fragen beantworten, soweit ich das im Moment kann. Ich habe dich herbringen lassen, um dich um etwas zu bitten, um dir die Augen zu öffnen. Mehr will ich nicht. Mein Name ist Serena.“ Damit konnte Azarni wenig anfangen und sah diese Serena aufmerksam an.



    „Fein und nun von vorne. Was willst du von mir, Serena?“, fragte sie direkt nach. Sie hatte genug von diesen kryptischen Reden.
    „Das sagte ich bereits“, stellte Serena ruhig fest. „Ich hatte das Gefühl, dass du es verstehen kannst. Das du verstehen kannst, was Pokémon wirklich sind. Deshalb wollte ich dir helfen, es zu sehen.“ Das war alles? Nur deshalb war das alles passiert? Das konnte Azarni nicht glauben und sie wusste, dass da noch mehr dahinter war. Es konnte nicht alles sein. Ihr zeigen, dass Pokémon Gefühle hatten, das konnte nicht der reine Grund gewesen sein.
    „Also seid ihr beiden so was wie eine Untergrundorganisation, die allen Menschen auf der Welt zeigen will, dass Pokémon Gefühle haben?“, fragte sie ein wenig überspitzt nach. Zu ihrer Überraschung ließ Serena sich nicht aus der Ruhe bringen, sondern schüttelte den Kopf.
    „Nein, nichts dergleichen. Ich möchte einfach nur allen Trainern, die bereit sind es zu sehen, die Möglichkeit dazu geben. Dazu, die Menschen zum Umdenken zu bewegen, ist es zu spät. Diese Chance habe ich bereits vor Jahren verspielt.“ Insgeheim fragte Azarni sich, für wie alt sich Serena hielt, wenn sie von Jahren redete. Sie musste feststellen, dass Serena auch nicht gerade wie ein minderjähriges Mädchen sprach, sondern als wäre sie bereits etliche Jahre alt, aber das konnte alles Fassade sein. Eigentlich hätte Azarni Angst haben müssen, immerhin saß sie in einem unterirdischen Raum mit zwei Personen, die sie schon für verrückt erklärt hatte. Ironischerweise hatte sie die nicht, weil beide nicht gefährlich wirkten.


    „Ich möchte dich um etwas bitten“, setzte Serena wieder an. Sie kam also sofort zum Punkt und sparte sich alle Erklärungen, die Azarni gerne gehabt hätte. Auch gut.
    „Ein letzter Versuch. Ich möchte wissen, ob Leute wie du es völlig verstehen können. Hinter die Fassade sehen und glauben können. Ich bitte dich, baue ein starkes Band zu diesem Pokémon auf, ein Band des Vertrauens. Reise mit ihm zu den Arenen und kämpfe. Ich möchte dich bitten, dass zumindest du es verstehst.“ Auf diese Bitte war Azarni nicht gefasst gewesen, denn sie war absolut wahnwitzig. Sie sollte für dieses Mädchen in den Arenen antreten und das einfach so? Sie hatte doch nichts mit alledem zu tun, war doch nur durch einen dummen Zufall hier rein gerutscht, oder nicht? Eindeutig hatte dieses Mädchen den Verstand verloren! Wer dachte war sie, um ihr sowas vorzuschreiben?
    „Nun drehst du völlig durch, oder?“, fragte sie sofort erschrocken nach. „Das ist doch alles Unsinn! Warum sollte ich das tun? Ich habe mit alledem hier nichts zu tun, das ist nicht meine Welt. Ich will nicht einmal mit Pokémon etwas zu tun haben. Ich bin nur hier, weil ich das Fiffyen loswerden wollte, aber wenn ihr es nicht zurück wollt, dann behalte ich es eben. Kann ich vor meinem Vater sowieso besser erklären. Und nun entschuldigt mich, ich gehe. Das hier wird mir langsam zu verrückt.“ Azarni hatte langsam wirklich genug. Allen Menschen, die es wollten zeigen, dass Pokémon Gefühle haben. Was für ein lächerliches Ziel und nur dafür war sie hier. Sie ahnte, dass noch mehr dahinter steckte, aber es interessierte sie nicht mehr. Wenn sie diese beiden Menschen nie wieder sah, dann wäre sie schon glücklich genug.
    Ohne die beiden weiter zu beachten stand sie auf und stellte sich wieder in den Fahrstuhl ohne Tür. Niemand hielt sie auf, als sie den Knopf drückte. Bei ihr jedoch tat sich nichts, der Fahrstuhl war so kaputt wie er aussah.


    „Ich bin mir sicher, dass du irgendwann verstehen wirst, worum es wirklich geht. Banette, bitte bring sie nach oben“, äußerte das Mädchen erneut ruhig. Banette? Wenn Azarni sich nicht täuschte, war das doch der Name eines Pokémon? Kaum hatte sie den Gedanken zu Ende geführt drang ein leises Kichern aus der Wand. Und das wortwörtlich aus der Wand! Im ersten Moment dachte sie, dass sie nun auch verrückt wurde, bis sie den schwarzen Kopf gefolgt vom Körper aus der Wand kommen sah. Ein schwarzes Pokémon, das starke Ähnlichkeit mit einer alten, zerfledderten Puppe hatte, starrte sie an. Erneut drang ein Kichern zu ihr und ruckartig wich sie an die Wand des Fahrstuhls zurück. Ein Geister-Pokémon schwebte direkt vor ihr, mitten im Raum und das ohne Pokéball in Sicht!
    Die Augen des Banette begannen zu glühen und in der nächsten Sekunde setzte sich der Fahrstuhl rumpelnd in Bewegung nach oben. Azarni konnte es nicht glauben, dass jemand ein Pokémon benutzte, um einen alten Fahrstuhl zu bewegen. Das Herz wäre ihr fast in die Hose gerutscht. Wer wusste, was dieses Pokémon mit dem Fahrstuhl tun würde, wenn sein Trainier nicht hinsah? Sie starrte einfach nur das Pokémon an, bis der Fahrstuhl wieder zum Stehen kam und sie sofort nach draußen stolperte, bevor das Banette es sich anders überlegte. Dieses deutete fast scherzhaft eine Verbeugung Richtung Ausgang an und schwebte wieder durch die Wand davon.
    Das reichte nun endgültig und fast fluchtartig verließ sie das alte Labor, ohne sich Gedanken darum zu machen, dass sie jemand sah. Angeblich gehörte es doch dieser Serena und wenn man sie doch erwischte, würde sie behaupten, die beiden hätten sie entführt.


    Flink führten ihre Schritte sie durch Illumina, nur weg von diesen Leuten und den Gedanken, die sie nicht denken wollte.
    Lächerlich!
    Das war der Gedanke, der ihr nicht mehr aus dem Kopf ging. Wie kam diese Serena dazu sie um so etwas zu bitten? Als könnten Pokémon wirklich mehr sein, als das was sie waren. Nicht umsonst waren die wilden Pokémon ausgestorben! Es konnte nicht anders sein!
    „Azarni!“, der Ruf schallte über die Straße und ließ sie zusammenzucken.
    „Lass mich in Ruhe!“, rief sie, so laut sie konnte zurück. Jeder sollte sie hören, falls er etwas tat, das sie nicht wollte. Mit schnellen Schritten hatte Rayon sie eingeholt und lief neben ihr her.
    „Hör mal, das was Serena gesagt hat“, begann er, doch Azarni brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
    „Ich will es nicht hören, klar? Das alles ist der größte Schwachsinn, den ich je gehört habe! Ich will damit nichts zu tun haben“, brachte sie sofort an. Sie hörte Rayon leise stöhnen, doch es störte sie nicht.


    „Ich weiß doch auch nicht, warum sie dich darum bittet. Du könntest es Zufall nennen. Sie hätte auch jeden x-beliebigen Menschen hier aussuchen können. Aber sie hat nun einmal dich genommen. Auf was ich allerdings hinaus will. Du willst damit nichts zu tun haben und Fiffyen loswerden, richtig? Und ich will das Serena jemanden aussucht, mit dem wir Chancen haben. Also mache ich dir einen Vorschlag. Ich werde dir etwas zeigen, dass dich entweder dazu bringt es endlich zu verstehen und einzusehen oder du bist eben nicht geeignet. Wenn du Fiffyen danach immernoch nicht haben willst, dann nehme ich es an mich und spreche dich nie wieder an, in Ordnung? Und vorher bringen wir Fiffyen zum Pokémon-Center, bei Serena haben wir nicht daran gedacht die Verbrennung zu heilen“, schlug Rayon vor. Nein, das war ihr erster Gedanke. Doch an sich, sie war schon so weit gegangen, was schadete da dieser eine Schritt mehr noch, wenn sie danach endlich Ruhe hätte? Zumindest wenn er sein Wort hielt. Ein letzter Versuch mit alledem auf friedliche Weise nichts mehr zu tun zu haben.
    „Gut“, meinte sie und hob leicht eine Hand. „Diese letzte Sache noch, hörst du, nur die eine! Wenn ich danach sage, lass mich in Ruhe und du mich auch nur noch einmal belästigst, dann rufe ich die Polizei! Dann lasse ich dich und dieses kleine Mädchen auffliegen und dabei ist es mir egal, ob du Azubi oder der Polizeipräsident persönlich bist!“ Zum Ende hin war sie lauter geworden, als gewollt und einige Menschen, die an ihnen vorbei gingen, drehten sich um. Sie sahen sie an, aber sie blieben nicht stehen, um zu sehen, warum sie diesem Jungen mit der Polizei drohte. Hätte sie auch nicht getan. Die Angelegenheiten Fremder gingen einen nichts an und daran hätte sie sich von Anfang an halten müssen.
    „Dann los!“ Als hätte sie ihm nicht gerade gedroht, setzte er sich einfach in Bewegung.


    Sie waren ganz in der Nähe des Pokémon-Centers vom Südring, den sie ansteuerten. Hoffentlich wäre es schnell vorbei und sie hätte endlich ihre Ruhe vor alledem. Für ihren Vater würde Azarni schon eine Ausrede einfallen, warum sie das Fiffyen nicht mehr hatte.
    Im Inneren des Pokémon-Centers war es wie leergefegt. Die kleine Eingangshalle bot zwar die Möglichkeit sich zum Warten zu setzen, doch Azarni hatte hier nie jemanden sitzen sehen, wenn sie mit Roe und Itoe hier gewesen war. Es war nicht die typische Zeit, in der die Trainer ihre Pokémon heilten, immerhin war es erst früher Nachmittag. Hatte die Bewegung mit dieser Serena wirklich nur eine Stunde gedauert? Ihr kam es viel länger vor.


    Der Raum des Pokémon-Centers war Großteils steril und in Weiß gehalten. Hinter einer kleinen Theke stand vor einem großen Monitor, eine gelangweilt aussehenden Frau, die ihre Haare immer wieder um ihren Finger drehte. Sicher war das hier nicht der spannendste Job, den es gab. Früher gab es in jedem Pokémon-Center eine Ärztin, jedenfalls hatte ihr Vater das erzählt. Doch mit dem Fortschritt der Technik war das nicht mehr nötig. Mit der Maschine, die genutzt wurde, um Pokémon zu heilen, dauerte das keine zwei Minuten mehr. So kamen lange Warteschlagen in einem Center auch gar nicht erst auf. Ein Arzt wurde nur im absoluten Notfall gerufen und viele der Mitarbeiter hier wussten gerade einmal, wie die Maschine zu bedienen war.
    „Guten Tag“, ratterte die Angestellte runter, als sie sich nährten. „Was kann ich für Sie tun?“ Da es hier nur eines gab, was sie tun konnte, fand Azarni den Satz fast unnötig. Dennoch legte sie den Pokéball gezwungen höflich auf die Tresen.
    „Einmal bitte“, meinte sie und legte zehn Pokédollar auf den Tisch. Früher war es angeblich kostenlos seine Pokémon heilen zu lassen, aber heute nicht mehr. Warum es so war, konnte sie nicht einmal sagen, sondern sah der Angestellten nach, die mit dem Pokéball nach hinten zu der kleinen Maschine ging. Das Bild von Fiffyen loderte auf dem Bildschirm auf und eine Prozentanzeige wurde sichtbar. Stand sie bei 100 Prozent, konnte sie ihr Pokémon wieder mitnehmen.


    „Wegen dem Geld“, meinte Rayon plötzlich leise. Als hätte er ihre Gedanken erraten, begann er zu erklären. „Ist doch klar. Wenn es Geld kostet sein Pokémon immer wieder heilen zu lassen, nimmt der Staat mehr ein. Und Trainier überlegen es sich vielleicht zweimal, bevor sie ein schwaches Pokémon immer wieder herbringen oder ob sie sich nicht lieber ein stärkeres holen..“ Azarni nickte leicht, denn irgendwie klang diese Erklärung nicht einmal ganz so weit hergeholt. Die Anzeige leuchtete in diesem Moment auf und die Frau reichte ihr den Pokéball zurück, bevor sie das Geld verstaute.


    Zusammen mit Rayon verließ sie das Center wieder und folgte ihm unaufgefordert. Er würde ihr etwas zeigen und dann war die Sache durch. So jedenfalls war ihr Plan.
    Dennoch wüsste sie gerne, wohin er ging, denn gerade konnte sie es sich nicht vorstellen. In der Richtung, in die er ging, lag nichts Besonders. Jedenfalls nichts, das sie kannte.
    „Wohin gehen wir?“, fragte sie daher nach. Sie hatte ein Recht darauf es zu wissen.
    „Zu Route 4, warst du da schon mal?“, stellte er die Gegenfrage. Route 4? Einen Moment war Azarni völlig erstaunt. Die Route 4 oder auch der Parterre-Weg, lag direkt an Illumina City und dennoch war sie noch nie dort gewesen. Wenn sie die Stadt verlassen und in eine andere gereist war hatte sie stets den Zug oder das Auto genommen. Nicht umsonst wurden überall in Kalos große Autostrecken angelegt. Wer würde da noch freiwillig durch die Natur stapfen wollen? Natürlich gab es von Stadt zu Stadt große Wanderwege, aber sie kannte kaum jemanden, der sie wirklich nutze. Sicher kam es vor, aber sicher nicht besonders häufig. Dabei sollte gerade der Parterre-Weg sehr schön für Touristen sein.
    „Nein, wozu auch“, kontere sie sofort. „Aber was willst du da? Da gibt es nichts außer Blumen.“ Wollte er ihr etwa Blumen zeigen? Das war doch sinnlos.
    Erst vor dem Tor zur Route 4 sah Rayon sie wieder an und deutete einladend auf das kleine Durchgangshaus, das früher angeblich gebaut wurde, um wilde Pokémon fernzuhalten. Heute diente es nur noch zur Dekoration, wenn es überhaupt noch einen Nutzen hatte.


    Die Route vor ihr, die sie empfing kaum das sie aus der Tür trat war mit einem Wort: Grün. Die Bezeichnung Blumenmeer war noch untertrieben. Tausend Blumen tummelten sich auf den Beeten, in allen verschiedenen Farben. Für Menschen, die sich das gerne ansahen, war es sicher ganz hübsch, aber bisher hatte Azarni das nicht gewollt. Solche Bilder konnte sie auch lebensecht als Hologramm sehen.
    „Was ich dir hier zeigen will“, antwortete Rayon nun endlich. „Ist einfach. Wilde Pokémon.“ Das war ein Witz. Es konnte nur einer sein.
    „Du bist verrückt“, stellte Azarni erneut fest. „Es gibt keine wilden Pokémon mehr!“ Das wusste jeder und wenn es noch welche gab, dann sicher nicht mehr viele und nicht mehr lange.
    „Gibt es sehr wohl oder meinst du, das alles hier würde ohne Pokémon blühen? Gepflanzt haben es die Menschen, aber ohne Pokémon wäre es schon lange verdorrt. Glaube mir nur Menschen allein können solche Schönheit nicht schaffen“, hielt Rayon dagegen. Azarni beschloss, dass sie einfach mitspielen sollte, um hier schnell wieder weg zu kommen. Rayon setzte sich den Weg entlang wieder in Bewegung und unwillig folgte sie ihm.


    „Gut. Wo sind sie dann? Ich sehe hier nichts. Oder meinst du, dass alle Menschen irrtümlich glauben, dass es keine oder kaum wilde Pokémon gibt?“ Das konnte nicht sein.
    „Nein sicher nicht. Lass es mich erklären, aber dazu musst du zuhören, das könnte ein wenig dauern“, gestand Rayon, als wüsste er nicht, wo er anfangen sollte. Mit einer Handbewegung deutete sie ihm, dass er sie einfach mit den Informationen überfluten sollte, während sie gemütlich den schmalen Weg zwischen den Beeten entlangliefen.
    „Also, erst mal am Anfang. Was glaubst du, ist hinter diesem Wanderweg und der Straße?“, fragte er und deutete Richtung Straße. Der Weg selbst war großzügig und umfasste beinahe einen Kilometer breite und danach kam zu einer Seite die Straße. Zur anderen kam nichts, nichts Besonders jedenfalls.
    „Natur“, stellte sie trocken fest. „Ich bin nicht blöd. Einfach nur Natur. Aber niemand hat einen Grund da hin zu gehen. Alles, was man braucht, hat man in der Stadt, wozu also durch Geäst strauchen?“
    „Immerhin“, stellte Rayon fest. „Gut, weiter. Du hast gefragt, wo die Pokémon sind. Sie sind genau da. In der Natur, wo sie hingehören. Es ist schwarz zu erklären, aber früher vor weit mehr als hundert Jahren war es anders. Menschen sind herumgereist und überall gab es wilde Pokémon, die von Trainern gefangen und trainiert wurden. Aber als Er kam, änderte sich das.“


    „Wer, er?“, unterbrach Azarni ihn sofort. Schon wieder dieses mysteriöse Gerede, das konnte sie so gar nicht ab. Rayon musterte sie kurz und schüttelte den Kopf, bevor er einfach weitersprach.
    „Das sage ich dir, wenn ich weiß, ob du es überhaupt wirklich wissen willst. In jedem Fall hat sich das geändert. Er hat den Menschen eingeredet, das wilde Pokémon schwach und gefährlich sind. Sicher kam es immer schon vor, das wilde Pokémon Menschen angegriffen haben, aber nicht aus Böswilligkeit und auch nicht alle Pokémon. Oder meinst du, ein Raupy würde jemanden angreifen? Sicher nicht. Bei Bibor ginge ich noch mit, aber nicht weil sie gefährlicher sind als gezüchtete Bibor. Geschweige denn schwächer, aber das ist hier nicht Thema.
    Irgendwann haben die Menschen diese Lügen geglaubt und angefangen immer mehr gezüchtete Pokémon zu verwenden und sich von den Wilden fernzuhalten. Das alles hat Jahre gebraucht und ging nur schleichend, aber es passierte. Die Menschen hatten Angst vor den Pokémon und wie Menschen sind: Das, vor dem sie Angst haben, aber gegen das sie sich gewappnet fühlen, greifen sie an.
    Und zwar mit ihren Pokémon. Das hat die Pokémon dazu gebracht, sich zu verteidigen und den Irrglauben, sie wären gefährlich und zu wild, um gezähmt zu werden, gestärkt. Die wilden Pokémon bekamen Angst vor den Menschen und zogen sich immer weiter vor ihnen zurück und das ist auch heute noch der Fall. Zwar gibt es deutlich weniger als damals, aber sie sind noch da. Sie halten sich von den Menschen fern, weg von den Wanderwegen, die von Menschen genutzt werden. Und wie du schon sagtest, wer hätte Grund diese Wege zu verlassen?
    Wer das nicht tut, der trifft nicht auf wilde Pokémon. Und wer es doch macht und eines sieht, tja wird aus Angst vor einem Angriff weglaufen oder angreifen. Die Begegnung würde jeder als einen Einzelfall verbuchen, aber sicher nicht auf den Gedanken kommen, dass es mehr wilde Pokémon gibt, als er denkt. Verstehst du?
    Sie haben Angst vor den Menschen und wollen sich einfach nicht mehr zeigen. Und die Menschen hatten später den immer stärkeren Drang nach starken Pokémon, die nur auf das hören, was sie sagen. Die keine Gefahr waren und begannen, sie so zu trainieren, wie sie heute sind. Sie wollten sie zu Kampfmaschinen ohne Gefühle trainieren. Und wenn man Pokémon nur noch so sieht werden sie sich irgendwann so verhalten, aber zu dem Thema kommen wir ein anderes Mal.“ Nach dieser ausführlichen Rede schwieg Rayon. Wer sollte dieser Er sein, der das eingeleitet hatte? Konnte so etwas wirklich passieren oder hatte er sich das ausgedacht? Azarni wollte es nicht glauben.


    Das war doch nur ein Haufen Unsinn ohne Beweise! Pokémon sollten nur so gefühllose Wesen sein, weil sie so gesehen wurden und wilde Pokémon noch in Masse existieren? Von wegen, sicher nicht!
    „Und das hat dir sicher auch diese Serena gesagt? Woher soll ich wissen, dass es nicht nur ausgedachter Unsinn ist? Hast du Beweise außer Worte? Und warum geht ihr nicht öffentlich damit, wenn es angeblich stimmt?“, fragte sie skeptisch nach.
    „Weiß du“, meinte Rayon fast geschlagen. „Wenn wir es nicht schaffen, das ein Mädchen uns glaubt, wie sollen wir das bei ganz Kalos schaffen? Sicher, einige wissen von den wilden Pokémon, aber die halten sich auch von ihnen fern. Aber wenn du mir immer noch nicht glaubst, dann sei leise und sieh dahin.“ Unerwartet ging Rayon in die Hocke und deutete mit seinem Finger auf etwas. Azarni folgte seinem Blick.





    Und wie immer geht natürlich ein großer Dank an meine Beta @Alexia. ^.^


    Und, was haltet ihr von der Entwicklung? So langsam aber sich sollten wir wohl ein wenig Licht in alles bringen und Rayon fängt gerade erst damit an.

  • Hallo Eisseele,


    die Trainingseinheiten gingen im Endeffekt schneller herum als erwartet und offensichtlich haben sich da auch einige positive Ergebnisse gezeigt. Ein Sieg gegen ein entwickeltes Pokémon wird aber trotz allem nicht so leicht möglich sein und diesen Umstand zwischen wildem und gezüchtetem Pokémon hast du da auch gut veranschaulicht. Und dennoch kann ich den Grund für dieses Umdenken in der Gesellschaft nicht ganz nachvollziehen. Ich meine, wir sprechen da von einem Menschen, der allen anderen einredete, dass wilde Pokémon gefährlich sind (gerade bei der Redekunst musste ich unweigerlich an G-Cis denken, aber ich schließe mal aus, dass du ihn meintest). Und das ist einfach merkwürdig, wenn man bedenkt, dass sich davor praktisch alles um wilde Pokémon und das Abenteuer drehte, während sicher auch für alle anderen Leute gezüchtete Pokémon eine Option darstellten, die sich nicht dafür interessierten. Das allein ist mir als Grund etwas zu wenig, um das nachvollziehbar zu glauben, denn dadurch hat sich ja auch die Art des Herumreisens und des Trainerseins geändert. Da frage ich mich: Steckt noch mehr dahinter, das bis jetzt nicht bekannt ist? Und vor allem ist ja die Frage, wie wieder ein Umdenken bezweckt werden soll, besonders in diesem globalen Ausmaß. Da haben sich Serena und Rayon eine ziemlich große Aufgabe vorgenommen.


    Ja, ich weiß noch nicht, was ich von der Entwicklung halten soll. Aber du machst Interesse auf mehr und da nun wohl auch vermehrt wilde Pokémon und ihre Verhaltensweisen in den Vordergrund rücken, können sich da einige interessante Ansätze bilden. Mal sehen, für welche Richtung du dich entschieden hast. Es bleibt spannend.


    Wir lesen uns!

  • Hoothoot! Ich melde mich dann auch mal wieder zu Wort! Das aktuellste Kapitel habe ich leider noch nicht gelesen, aber ich denke, über einen Kommentar zum 7.
    Kapitel wirst du dich auch freuen :3



    Ich freu mich schon aufs nächste Mal! Das achte Kapitel steht wie gesagt noch auf meiner Liste, notfalls les ich wieder mehrere Kapitel zusammen! Wir lesen uns auf jeden Fall! :)


    ~ Sheo

  • Heyho! Nun kommt auch ein Kommentar zum letzten Kapitel!^^



    Ein schönes Kapitel, das muss ich sagen. Es liefert so einige Aspekte, die dabei helfen, deine Welt besser zu verstehen und langsam bewegen wir uns auch auf den Kern des Problems zu. Ich bin gespannt, wie die Geschichte sich entwickeln wird!


    Liebe Grüße,


    Sheo

  • Kapitel 9 Entschlossen


    Erst glaubte Azarni, dass er ins Nichts zeigte. Dann merkte sie, dass er auf ein Feld mit roten Rosen deutete und sie brauchte einen Moment, bis sie erkannte was genau er meinte. Eine der Blumen war weißt, statt rot. Wirklich eindrucksvoll, dachte sie wenig begeistert.
    „Und, was soll das sein?“, fragte sie nach, doch sofort deutete Rayon ihr still zu sein.
    „Leise, sonst bemerkt es uns“, flüsterte er fast und zog sie ebenso in die Hocke. Noch bevor sie nachfragen konnte, was sie verjagten, kam Leben in die weiße Blume und sie bewegte sich aus dem Feld heraus. Azarni zuckte vor Schreck zusammen, als sie erkannte, was er ihr zeigen wollte. Was sie für eine Blume gehalten hatte stellte sich als etwas vollkommen anderes heraus. An der Blume selbst hielt sich ein kleines Wesen fest, das von ihrem Platz aus kaum zu erkennen war und dennoch wusste Azarni intuitiv was es war.
    „Ein Pokémon“, hauchte sie ungläubig. „Aber hier ist kein Trainier.“ Wie also konnte das Pokémon hier sein? War es nicht unmöglich? Es sei denn natürlich, dass an Rayons Geschichte doch zumindest ein Körnchen Wahrheit steckte und wenn es nur der Aspekt war, dass wilde Pokémon nicht ausgestorben waren. Aber die Tatsache, dass ein Mensch allein so viel bewirkt haben sollte, das klang einfach nur übertrieben.


    Dennoch wagte sie kaum, sich zu bewegen und dabei war es ihr fast egal ob ihre Kleidung nun dreckig wurde. Immerhin hatte sie auf einen Rock verzichtet, sonst würde die Sache anders aussehen.
    „Aber“, brachte sie dann leise an. „Warum ist es dann hier?“ Als hätte ihre Stimme das kleine Pokémon aufgeschreckt, schlüpfte es wieder in den Schutz der Blumen und verschwand aus ihrem Blickfeld. Rayon erhob sich und Azarni tat es ihm gleich, ehe sie den Dreck von ihren Knien klopfte. Immerhin war der Boden trocken und es würden keine Flecken bleiben.
    „Die Blumen müssen es angelockt haben. Ob von Menschen gepflanzt oder nicht, schön sind sie immerhin. Und schöne Blumen haben Flabébé schon immer gemocht“, erklärte Rayon. Ohne weiter auf sie zu achten ging er auf das Blumenfeld zu und lief dann den schmalen Weg zwischen den Beeten entlang. Dachte er etwa, sie würde ihm einfach so folgen? Dennoch, auf sein Handzeichen, das sie es tun sollte, folgte sie ihm doch.
    „Wohin willst du jetzt schon wieder?“, fragte sie nach. Rayon drehte sich diesmal nicht einmal zu ihr, um ihr zu antworten.
    „Was wohl? Wir folgen ihm und bevor du fragst: Ja, wir verlassen den Parterre-Weg oder ist das ein Problem?“ Azarni schüttelte leicht den Kopf. Sie ahnte auf was er hinaus wollte, aber das ließ sie nicht zu. Es war natürlich kein Problem, immerhin war dieses Pokémon wohl nur eine Ausnahme und zur Not hatte sie doch das Fiffyen bei sich, das müsste stärker sein, als das Flabébé. Es war wahrscheinlich das Dümmste, was sie in ihrem Leben jemals getan hatte. Noch dümmer, als sich überhaupt auf das alles hier einzulassen, aber sie folgte Rayon.


    Sie achtete darauf, immer genug Abstand zu den Blumen zu lassen, denn wie sie schnell feststellte sahen Rosen zwar schön aus, hatten aber durchaus Dornen. Bestimmt zehn Minuten liefen sie schweigend, bis das Ende der angelegten Beete in Sicht kam und sie sich nun auf einer freien Grasfläche wiederfanden. Hier wuchsen nur noch vereinzelt Blumen oder Bäume. Noch ein Grund, warum man den Parterre-Weg sicher nur selten verlassen wollte. Im Gegensatz zu den Blumen war das hier völlig unspektakulär und fast hätte sie gelacht. Ein wenig mehr hatte sie sich schon erwartet.
    „Schick. Nach deinen Aussagen hätte ich mehr erwartet“, kommentierte sie trocken, als Rayon den Weg nun endgültig verließ. Leicht zögerlich folgte sie ihm, aber da musste sie durch, wenn sie ihn und dieses Fiffyen loswerden wollte. Rayon dagegen schien genau zu wissen, wohin er wollte.


    Überrascht sah sie, wie Rayon einen Pokéball von seinem Gürtel zog, den er trug. Rayon hatte ganze vier Pokébälle bei sich, wie sie feststellte. Eines seiner Pokémon entließ er nun daraus und sie erkannte das Fynx gegen das sie gekämpft hatte.
    „Was?“, fragte er nach. „Ich möchte Magice ein wenig aus ihrem Ball lassen. In der Stadt komme ich leider selten dazu, ohne dass ich von allen schief angesehen werde. Du könntest Fiffyen ja auch laufen lassen.“
    „Verständlich, dass man dich schief ansieht“, konterte sie. Dennoch griff sie widerstrebend nach dem Ball und entließ auch Fiffyen an die Luft. Dieses schüttelte sich kurz und sah sich um, ehe es das Fynx entdeckte. Fast hätte Azarni vermutet, dass sie aufeinander losgingen, aber das passierte nicht. Stattdessen liefen die beiden spielerisch umeinander und weiter vor ihnen her. Fast als würden sie sich wirklich vertragen.


    „Sag mal“, erhob Rayon dann wieder seine Stimme. „Hast du Fiffyen schon einen Namen ausgesucht?“
    „Namen?“ Wieso sollte man einem Pokémon einen anderen Namen geben, als den seiner Art. Über ihre Frage sah Rayon nicht gerade glücklich aus, das sah sie ihm sofort an.
    „Ja einen Namen. Mein Fynx heißt zum Beispiel Magice. Weißt du, so kann man es besser von den anderen Unterscheiden und es baut eine stärkere Bindung zu dir auf. Na ja, das letzte hat zumindest Serena behauptet.“ Klar, was sonst. Aber so wie sie die Sache sah, wäre er nicht eher zufrieden, bis sie einen Namen für das Pokémon hatte. Wobei das in ihren Augen immer noch unsinnig war. Sie beobachtete das Fiffyen, das vor ihr mit Fynx tobte. Wie sollte sie ihm einen Namen geben?
    „Ach keine Ahnung“, wank sie ab. „Wie wäre es mit Wolf oder Streuner, von mir aus auch Zottel.“ Würde doch immerhin passen, dachte sie bei sich. Begeisterung sah allerdings anders aus.
    „Sinnlos, sag ich doch. Im Übrigen ist Fiffyen weiblich“, schloss Rayon die Sache ab. Azarni war es nur Recht, wobei sie sich fragte, woher er wusste, dass Fiffyen ein Weibchen war.
    Schweigend folgte sie ihm weiter, gespannt was er nun eigentlich hier wollte. Wenn er glaubte, dass er damit Erfolg hatte, dann täuschte er sich gewaltig.


    Nach zehn weiteren Minuten Fußmarsch hatte er sein Ziel wohl endlich erreicht. Ein Baum. Tatsächlich blieb er mitten vor einem Baum stehen, der genauso aussah wie alle anderen. Fiffyen und sein Fynx liefen schnuppernd um den Baum herum, als witterten sie etwas. Noch bevor sie fragen konnte was das sollte, kniete sich Rayon wieder auf den Boden.
    „Du kannst rauskommen, sie ist eine Freundin von mir“, meinte er sanft, fast lockend. Und damit sollte er auch etwas bewirken, denn die weiße Blume, auf dem noch immer das Pokémon saß, kam zögerlich hinter dem Baum hervor.
    „Das Pokémon heißt Flabébé“, erklärte Rayon diesmal ohne Aufforderung. „Und das ist, was ich dir zeigen wollte. Es ist ein wildes Pokémon. Ich habe es vor zwei Wochen zufällig in den Blumenbeeten gesehen und bis hierher verfolgt. Seitdem versuche ich sein Vertrauen zu bekommen und mit Erfolg, wenn ich das so sagen darf. Immerhin lässt es sich mittlerweile sogar von mir anfassen. Wenn es so weit ist, werde ich es vielleicht fangen.“ Er streckte eine Hand aus, in der eine kleine Beere lag und leicht zögerlich schwebte das Flabébé auf ihn zu und nahm die Beere aus seiner Hand, die nicht viel kleiner war als es selbst. Mit der anderen deutete er Azarni näher zu kommen, aber kaum kniete sie neben Rayon wich das Pokémon verschreckt zurück. Die Beere hatte es vor Schreck fallen gelassen. Azarni gestand es sich nicht gerne ein, aber sie war fasziniert. Irgendwo war dieses kleine Pokémon schon niedlich und einen gefährlichen Eindruck machte es auch nicht. Konnte es sein, dass Rayon Erzählung doch nicht frei erfunden war? Sie wollte ihm eigentlich nicht glauben, weil es alles über Bord warf, was sie kannte. Aber auf der anderen Seite konnte sie manche Dinge auch nicht abstreiten. Vorsichtig hob sie die blaue Beere auf und hielt sie dem Pokémon wieder hin. Unschlüssig starrte das Flabébé sie an, bevor es sich zögerlich die Beere aus ihrer Hand schnappte und ein Stück nach hinten flog. Dabei hielt es mit einem Arm immer die Blume umklammert und von so nahmen erkannte sie auch die kleinen Ohren, die wie Blüten aussahen. Jedenfalls vermutete sie, dass es Ohren waren.


    „Es ist niedlich“, stellte sie fest. Was sie allerdings davon halten sollte, da war sie sich noch ein wenig unschlüssig.
    „Das sind viele Fee-Typen“, erklärte Rayon. Azarni hob leicht den Kopf. Sie kannte den Typen natürlich, aber hätte Flabébé niemals einem Typen zuordnen können. Rayon deutete das anscheinend als Interesse ihrerseits.
    „Sie sind zwar Fee-Pokémon, aber können auch viele Attacken vom Typen Pflanze. Flabébé leben meistens da wo es viele Blumen gibt, also wie den Weg, den wir genommen haben. Sie brauchen die Blume, die sie tragen, um zu überleben“, sprach er unbeirrt weiter und Azarni hörte ihm einfach nur zu, während das kleine Pokémon an der Beere nagte. Fiffyen hatte sich in der Zeit neben sie gesetzt und seinen Kopf auf ihren Oberschenkel abgelegt. Sie wusste einfach nicht, ob sie das richtige tat. Eigentlich hatte sie sich bereits den Plan zurechtgelegt, Fiffyen an Rayon zu geben und mit allem hier Schluss zu machen. Sie würde sich ein Pokémon besorgen, das wie alle anderen war, damit ihr Vater glücklich wäre, weil sie sich als Trainerin versuchte. Ruckartig erhob sie sich und Fiffyen stolperte erschrocken zurück. Ohne einen weiteren Kommentar schickte sie es wieder in seinen Ball.
    „Ich möchte zurück“, stellte sie fest. Sie musste ihren Entschluss nicht überdenken, er stand bereits fest.


    Über ihrer plötzlichen Handlung verwirrt nickte Rayon dennoch und verabschiedete sich von dem Pokémon, bevor er aufstand.
    „Gut“, war sein einziger Kommentar, bevor er schwieg. Er sagte auch nichts weiter, als er sie zurück zum Parterre-Weg gingen. Als sie Illumina schließlich wieder betraten hatte sie Fiffyens Pokéball bereits in der Hand, aber Rayon hielt sie zurück. Sie konnte nicht sagen, ob er enttäuscht war oder nicht. Zumindest war er so abweisend, wie nie zuvor.
    „Nicht hier. Ich muss deinen Namen erst aus dem System löschen. Bring es mir morgen ins Labor. Leg es einfach vor den Fahrstuhl, ich hole mir den Pokéball dann. Leb wohl, Azarni. Sieht so aus, als hätte sich Serena diesmal geirrt.“ Am liebsten hätte sie ihm den Ball einfach in die Hand gedrückt, aber sie tat es nicht. Ohne ihr weitere Worte zu schenken tauchte Rayon in den Menschenmassen von Illumina unter und Azarni fühlte sich seltsam schuldig. Einen Moment lang starrte sie ihm hinterher, bevor sie sich ebenfalls in Bewegung setzte. Trotz, dass sie heute bereits weiter gelaufen war, hatte sie keine Lust ein Taxi für das letzte Stück zu nehmen. So schlängelte sie sich zwischen den anderen Menschen hindurch, darauf bedacht keinem der Geschäftsmänner vor die Füße zu laufen, die nur auf ihren Smart Log und nicht auf die Straße sahen. Sonst hatte sie das auch oft getan, doch heute nervte es sie, denn ständig musste sie selbst aufpassen, dass sie nicht angerempelt wurde.
    Was war nur im Moment los mit ihr? Sie verstand sich selbst nicht mehr. Sie hätte dieses Labor nie betreten dürfen, dann wäre das alles nicht passiert und sie würde immernoch ihre Ruhe haben.
    „Ach verdammt!“, fluchte sie laut. So laut, dass einige sie seltsam von der Seite aus ansahen, aber keiner verlangsamte seinen Schritt, um zu sehen was wirklich mit ihr los war.
    Morgen, dachte sie. Würde sie zur Züchterei gehen, dort wo Pokémon gezüchtet wurden und zum Verkauf freigestellt. Sie würde sich ein normales Fiffyen oder ein anderes Pokémon besorgen, was auch immer ihr Budget hergab. Viel würde es nach der Strafe der Polizei nicht sein, aber für ein Pokémon würde es reichen, wenn es nicht so stark sein musste. Sich eines, nach ihre Wünschen züchten lassen, daran sollte sie im Traum nicht denken. Nicht, dass sie das nötige Wissen hätte.


    Als sie zu Hause ankam war es später geworden, als sie gedacht hatte. Ihr Vater war dennoch nicht Zuhause und wenn sie sich richtig erinnerte würde er heute auch nicht kommen. Er hatte irgendeine Konferenz der Arenaleiter von Kalos uns das konnte lange dauern. Azarni sollte es Recht sein. In ihrem Zimmer warf sie den Pokéball samt Gürtel auf ihren Schreibtisch und startete ihren Smart Log. Wie erwartet hatte sie unzählige neue Nachrichten von Itoe und Roe, die sie sofort beantwortete. Um mit ihnen zu telefonieren hatte sie heute keine Nerven mehr.
    Anschließend legte sie sich auf den Rücken auf ihr Bett und starrte aus dem Fenster. Mittlerweile war es dunkel geworden und der Mond ging langsam auf. Vollmond, stellte sie fest.
    Unbeabsichtigt fiel ihr Blick wieder auf den Pokéball. Morgen wäre sie ihn wieder los, stellte sie fest. Ohne groß zu überlegen, heute Nachmittag war doch auch nichts dabei gewesen, griff sie nach dem Pokéball und entließ Fiffyen daraus. Dieses sah sich einen Moment lang um, ehe es freudig bellte uns zu ihr auf das Bett sprang. Auch das noch.
    „Runter“, befahl sie halbherzig und Fiffyen gehorchte. Vorhin, als es mit diesem Fynx über die Wiese gerannt war hatte es nicht auf sie gehört, oder es hatte sie überhört.


    Lange blieb es nicht still sitzen, sondern lief schnuppernd in ihrem Zimmerhin herum. Es war nicht das erste Mal, dass sie es hier herumlaufen ließ, aber das erste Mal, dass sie keinen Grund dazu hatte. Lustlos nahm sie ihren Smart Log und wollte nun doch Roe anrufen. Sie tat es nicht. Stattdessen wählte sie die Videofunktion aus. Vielleicht wäre es ihr noch einmal von Vorteil, wenn sie das Verhalten des Pokémon beweisen konnte. Zur Sicherheit. Kaum hatte sie die Aufnahme gestartet sah Fiffyen sie direkt an. Anschließend klettere es auf ihren Schreibtischstuhl und setzte die Vorderpfoten auf den Tisch, um aus dem Fenster zu sehen. Einen Moment wusste sie nicht, was das sollte, bis Fiffyne begann zu Jaulen und das so laut, dass es die Nachbarn sicher hören könnten. Wie in einem Klischee jaulte es den Mond an, aber das ging so nicht. Sie stoppte die Aufnahme wieder und ließ mit einem Knopfdruck auf der Fernbedienung das Rollo runter.
    „Ruhe!“, befahl sie und Fiffyen verstummte. Immerhin das. Sie nahm wieder ihren Smart Log zur Hand und startete das Video, das sie eben aufgenommen hatte. Es war nur wenige Sekunden lang, aber das Jaulen hatte sie natürlich aufgenommen und bekam es erneut zu hören. Genauso wie Fiffyen, dass auf diesen Laut schnuppernd um sie herum lief, als würde es einen seiner Art hier vermuten. Nur um sie anschließend ahnungslos anzusehen.
    „Das war nur dein Echo, dummes Pokémon“, stellte sie fest und stellte den Smart Log ab. Einen Moment noch betrachtet sie das Pokémon und griff dann nach dem Pokéball. Als hätte es die Geste erkannt zog es den Schweif ein und wich zurück, als wollte es sie bitten es nicht zu tun. Aber es gab kein Zurück mehr und so schickte sie es wieder in seinen Pokéball. Ein Teil von ihr fühlte sich schuldig, dass sie Fiffyen einfach weggab, nach allem was passiert war. Aber war es nicht genau das was sie gewollt hatte?


    Den Gedanken zur Seite schiebend zog sie sich etwas anderes an und legte sich dann in ihr Bett. Aber Ruhe fand sie keine und nahm stattdessen wieder ihren Smart Log hervor. Sie gab den Namen Rayon Hills in die Suchmaschine ein und wurde tatsächlich fündig. Auf einer Seite wurde sein Trainerprofil angezeigt, aber mehr als sein Bild, sein Name und seine Pokémon konnte sie nicht daraus entnehmen. Als wäre er ein völlig normaler Trainer und das war er am Ende auch. Er hatte nur verrückte Ansichten. Ihre Suche nach dem Namen Serena ergab allerdings keine Ergebnisse, aber ihr fehlte dazu auch der Nachname.
    Nicht schlauer als vorher legte sie sich nun endgültig hin, mit dem festen Entschluss das Fiffyen morgen wieder zum Labor zu bringen.





    Kommentare:



    Und was haltet ihr von Azarnis neuem Pokemon? War dieser Schritt von ihr vielleicht sogar zu vorhersehrbar, oder ist es das, was nun unweigerlich im nächsten Kapitel folgen wird?


    Am Ende kann ich nur sagen, dass dieser Er bereits in der Geschichte auftauchte! Ob als Handelnde Person, nur namentlich erwähnt oder nur als "Passant" der nur mit einem kleinen Wort erwähnt wurde, das steht in den Sternen. Aber man hat bereis etwas von ihm erfahren. Ach ja, ich stifte doch gerne ein wenig Verwirrung. ;)

    Danke an Evali von Pokefans für den tollen Avatar, den sie als Preis für eine Aktion im Bisaboard angefertigt hat.

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  • Kapitel 10 Umbra



    Sie setzte ihren Plan in die Tat um. Ihr gesagtes Erspartes, was am Ende leider nur 2000 Pokedollar betrug, hatte sie bei sich. Dass sie dafür ein brauchbares Pokémon bekam, glaubte sie kaum, aber einen Versuch musste sie starten.
    Auf dem Weg bis zum Labor versuchte sie nur daran zu denken, wie glücklich sie wäre, wenn sie wieder ihre Ruhe vor diesen Leuten hatte. Versuchte das Gefühl, das sie das Falsche tat, zu verdrängen. Viel half es leider nicht. Diesmal hatte sie keine Angst erwischt zu werden, sondern lief einfach durch den Garten und legte den Ball auf den Boden vor dem Fahrstuhl. Das war es dann wohl. Entschlossen trat sie einen Schritt zurück, als sie auch schon ein bekanntes Geräusch hörte. Der Kopf des Geister-Pokémon, vor dem sie sich erst gestern erschrocken hatte, erschien aus dem Fahrstuhl.
    „Ich bringe Fiffyen zurück“, informierte sie überflüssigerweise. Fast glaubte sie das Banette nicken zu sehen, bevor es den Ball in die Hände nahm – wenn man das Hände nennen konnte – und es wieder im Fahrstuhl verschwand.


    Ohne einen Blick zurück verließ sie das Labor, ließ das Fiffyen, Rayon und Serena für immer hinter sich. Ihr Weg führte sie stattdessen stur durch die Straßen von Illumina City in Richtung der Winter-Allee. Sie passte sich dem einheitlichen Schritt der Menschen an und tauchte unauffällig in der Masse unter. Keiner interessierte sich dafür, woher sie eben gekommen war. Ihr Ziel war die Pokémon-Züchterei, wo sie auf Erfolg hoffte. Von ihrer Freundin hatte sie bereits etliches darüber gehört. Meistens gingen die Trainer dorthin, um sich ein Pokémon ganz nach ihren Wünschen züchten zu lassen. Aber die Preise dafür lagen jenseits von Gut und Böse und weit über ihrem Vermögen. Dafür wurden dort auch Pokémon verkauft, welche die Züchterei von sich aus züchtete. Man hatte keinen Einfluss auf Attacken oder Stärken der Pokémon, sondern musste sie nehmen, wie sie waren. Zweifelsohne waren sie dennoch stark, aber diese Einschränkung senkte den Preis auf ein erreichbares Niveau.


    Nach einem fast halbstündigen Marsch durch die halbe Stadt, wobei daran wohl vor allem die gefühlt tausend Ampeln schuld waren, erreichte Azarni endlich das Gebäude. Das große Gebäude, mit der Glasfensterfront war ihr natürlich nicht fremd. Man konnte es nicht übersehen, wenn man daran vorbei ging, denn die gewaltige Fensterfront gab auch einen Blick in das Innere frei. Wobei das nicht sonderlich beeindruckend war. Viel außer den Empfangstresen, an denen einige Mitarbeiter mit Kunden sprachen, sah man nicht. Kaum nährte sie sich der Tür, öffnete diese sich für sie und ließ sie eintreten.
    Sie machte sich erst gar nicht die Mühe sich an die Schlange an den Tresen anzustellen, sondern ging zu dem Informationsschild neben den gläserner Fahrstuhl. Eine Vorliebe für Glas schien man hier wohl zu haben. Da sie bereits wusste was sie wollte war es leicht die Etage zu finden, auf die sie musste. Immerhin war alles genau ausgeschildert. Daher wählte sie im Fahrstuhl die zehnte Etage aus und in erschreckender Geschwindigkeit schoss dieser nach oben. Entgegen ihrer Erwartung, dass hier weniger los war als unten, tummelten sich hier die Menschen.
    Der Raum an sich glich einem exakten Ebenbild der Empfangshalle. Ein metallischer Tresen, hinter der drei Mitarbeiterinnen saßen und scheinbar unabhängig voneinander die Kunden berieten. Bis auf die drei Warteschlangen vor den Schaltern war der grau gehaltene Raum fast vollständig leer. Nur eine einsame, fast vertrocknete Zimmerpflanze fristete ihr Dasein in einer Ecke des Raumes. Eine einzelne Tür führte neben dem Fahrstuhl aus dem Raum heraus, aber Azarni war nicht wild darauf zu erfahren, wohin sie führte.


    Wenig begeistert von der Aussicht zu warten reihte sie sich in die kürzeste Schlange ein, die dennoch sieben Kunden umfasste, und holte ihren Smart Log hervor. So wie es auch alle anderen getan hatten, die hier anstanden. Was sollte man auch sonst groß tun, Löcher in die Luft starren? Alles ging nur recht zögerlich von sich und bereits nach wenigen Minuten hatte sich der nächste Kunde hinter Azarni eingefunden, der ebenso begeistert aussah wie sie. Vielleicht hätte sie in die elfte Etage gehen sollen, denn diese wies den gleichen Zuständigkeitsbereich wie diese auf. Wahrscheinlich nur aus Platzgründen geteilt. Aber sie rechnete nicht damit, dass es dort anders aussah. Die Beraterinnen oder Verkäuferinnen, das konnte sie noch nicht direkt zuordnen, taten ihr Bestes alles schnell über die Bühne zu bringen und dennoch stand sie eine geschlagene Dreiviertelstunde, bis sie schließlich die nächste wäre. Die Frau hinter dem Tresen, im engen grauen Kostüm und mit den falschen langen Nägeln sah nur mäßig interessiert zu ihr auf.
    „Zuchtverein Kalos, Zweigstelle Illumina City, was kann ich für Sie tun?“, rattere die platinblonde Frau ihren Text runter. Ob es nicht eigentlich selbstverständlich war, dass sie ein Pokémon wollte? Aber gut, wahrscheinlich war dieser Text einfach Pflicht, wie im Pokémon-Center.


    „Ich bin auf der Suche nach einem günstigen Pokémon“, informierte sie nun. Und das war sie irgendwie wirklich, aber die Frau schien damit bereits Erfahrung zu haben, was auch zu erwarten war.
    „Wie viel Budget haben Sie zur Verfügung?“, fragte die Frau nach. Azarni fiel auf, das sie sich nicht einmal die Mühe gemacht hatte ihren Namen zu nennen und es sie auch nicht weiter störte ihn nicht zu kennen.
    „2000 Pokédollar“, nannte sie die Summe. Die Frau musterte sie kritisch und verzog die Lippen, bevor sie sich wieder ihrem Bildschirm zuwandte. Wäre diese Geldstrafe der Polizei nicht, hätte sie deutlich mehr gehabt.
    „Für diese Summe können wir Ihnen leider keines unserer zuchtfertigen Pokémon anbieten. Jedoch einen unserer rabattierten Zuchtreste können Sie zu diesem Preis erwerben. Bitte beachten sie, dass diese Mängel aufweisen und bei Nichtverkauf an den Zwinger abgegeben werden.“ Azarni war ernüchtert. Zumindest mit einem halbwegs anständigen Pokémon hatte sie gerechnet, aber ohne Pokémon konnte sie hier nicht gehen. Was würde sie ihrem Vater sonst morgen früh erzählen?
    „Einverstanden“, stimmte sie zu. Die Frau nickte und zog unter dem Schreibtisch ein Formular vor.
    „Wenn Sie sich für ein Pokémon entschieden haben, bitte ich Sie das zu unterschreiben. Als Absicherung, dass sie von den Mängeln des Zuchtrestes wussten.“ Azarni nickte und die Frau wandte sich wieder ihrem Bildschirm zu, der wie eine große Version der halbdurchsichtigen Scheibe des Smart Log wirkte. Anschließend drehte sie das Bild so, dass Azarni darauf lesen konnte.
    „Diese Zuchtreste sind für 2000 Pokedollar verfügbar“, stellte sie klar. Azarni blickte auf eine recht übersichtliche Liste von vier Pokémon.


    Da würde ihr die Entscheidung nicht schwerfallen. Eines der Pokémon, ein Magnetilo, schloss sie sofort aus. Ihr Vater besaß die Entwicklung des Pokémon und sie empfand es als unklug dieses in ihren Besitz zu bringen. Es würde ihr vorkommen, als kopiere sie ihren Vater. Auch das Pokémon namens Sleima würde nicht ihre Wahl werden. Das neben den Daten abgebildete Bild war ihr zu skurril und ein wenig ekelte sie sich vor diesem Pokémon. So blieben noch ein Plinfa und ein Sesokitz in ihrer Wahl. Spontan entschied sie sich für den besseren Typen. Plinfa war ein Wasser-Pokémon und diese waren anfällig für die Attacken der Pokemon ihres Vaters. Wenn sie nicht alles täuschte, dann setzten einem Pflanzen-Typen, wie Sesokitz, die Elektro-Attacken nicht ganz so stark zu.
    Gerade als sie sich entschieden hatte, räusperte sich der Mann hinter ihr sehr auffällig und als sie sich umdrehte, erkannte sie seinen drängenden Blick. Bitte, so lange hatte sie nun auch nicht gebraucht. Die meisten der Daten, die bei Sesokitz angezeigt wurden, sagten ihr sowieso nicht allzu viel, weshalb sie es darauf beruhen ließ.


    „Ich würde die Nummer drei kaufen“, teilte sie der Frau die Nummer des Pokémon mit. Diese nickte und reichte ihr einen Stift, mit dem sie das Formular unterschrieb, sowie den Kaufvertrag, den sie ihr noch hinlegte. Sie machte sich nicht die Mühe diesen zu lesen, denn sie würde eine Kopie bekommen und wollte dem Mann keinen Anlass geben sie erneut zu drängen.
    Sie gab der Frau noch kurz ihren Ausweis, damit sie die Nummer einlesen konnte und so an Azarnis Daten kam.
    „Ich bitte sie im Raum nebenan zu zahlen, ihr Pokémon wird bereits dorthin befördert und liegt abholbereit“, wies die Frau an und gab ihr den Ausweis zurück. Ohne sich zu verabschieden, ging Azarni aus der Schlange, aber die Frau hatte sich auch bereits dem nächsten Kunden zugewandt. Sie steckte ihren Ausweis wieder in ihre Tasche und ging schließlich durch die Verbindungstür in den anderen Raum. Tatsächlich erwartete sie eine exakte Kopie des vorherigen Raumes, mit der Ausnahme, dass dieser ein wenig leerer war und sie wohl nicht so lange würde warten müssen. Auch die vertrocknete Pflanze fehlte, stellte sie nüchtern fest.


    Hier dauerte es keine zehn Minuten, bis sie an der Reihe war und auch der Rest ging recht schnell. Sie zeigte einem der Mitarbeiter den Kaufvertrag, dieser nahm anschließend das Geld entgegen und händigte ihr noch den Pokéball aus. Der Pokéball war kleiner, als der des Fiffyen und die Farben blasser. Eines der neuen Modelle, wie man sie heute praktisch nur noch fand. Er war sogar in eine Schutzfolie gewickelt. Über welche Wege er in diesen Raum gekommen war, hätte sie zwar interessiert, aber als sie den Drängler von eben hinter sich erkannte, fragte sie besser nicht nach. Wahrscheinlich hätte sie das auch so nicht getan, denn eine Antwort hätte sie sicher auch nicht bekommen. Sie konnte sich jedoch denken, dass die Pokémon im Gebäude gelagert wurden und dann irgendwie nach hier oben befördert.
    „Bitte bedenken Sie“, wandte sich der Mann noch einmal an sie, als er ihr den Pokéball überreichte. „Normalerweise gilt bei uns ein einwöchiges Umtauschrecht, bei nachweisbaren, verhaltensbedingten Störungen des Pokémon oder anderen nachweisbaren Mängeln. Zuchtreste sind laut Vertrag jedoch davon ausgeschlossen.“ Azarni nickte und steckte den Ball ein, statt ihn auszuwickeln und an der Vorrichtung am Gürtel zu befestigen. Das würde sie zu Hause tun.
    Mit neuem Pokémon und Kaufvertrag in der Tasche verließ sie schließlich das Gebäude wieder. Sie fühlte sich seltsam schlecht, aber drängte das Gefühl zurück. Am besten würde sie nach Hause gehen und dort erst einmal auf dem Beiblatt, das man ihr mitgegeben hatte nachlesen, was genau das Pokémon nun konnte. Nicht dass sie sich morgen wieder blamierte.


    Auf dem Rückweg mied sie es, dem alten Labor zu nahe zu kommen. Sie wollte Rayon ungerne begegnen. Um Serena machte sie sich keine Gedanken, denn diese hatte sie nie außerhalb des Labors gesehen. Stattdessen wählte sie den Weg über den Place Verte, der zwar ein paar Minuten länger brauchte, aber sie dafür beruhigte. Gerade als sie dort ankam sah sie, dass auf den Kampffeldern einige Kämpfe im Gange waren. Auf diesem hatte sie selbst erst gestern mit Rayon gekämpft und es kam ihr vor wie eine Ewigkeit. Im Gegensatz zu ihrem Kampf war das Kampffeld nun aktiviert worden. Leuchtend blaue Begrenzungen zogen sich über das metallische Kampffeld.
    Zwar spielte es innerhalb des Kampfes keine Rolle, auf welcher Seite das Pokémon stand, aber zu Beginn eines jeden Kampfes musste es auf die Seite seines Trainers. Auch der halbdurchsichtige Bildschirm an der Seite des Kampffeldes war nun aktiviert und zeigte den aktuellen Stand des Kampfes. Die Regeln, nach denen gekämpft wurde, konnte man vorher dort einstellen. Nur wenn man ihn aktivierte, konnte der Kampf auch in die Trainer-Datenbanken aufgenommen werden, auf die jeder Zugriff hatte. Dort wurden die Siege und Niederlagen gezählt.
    So konnten starke Trainer sich starke Gegner aussuchen und diese kontaktieren, wenn sie die Siegesrate des Trainers sahen. Oder sich bewusst schwache Trainer aussuchen, um ihre eigene in die Höhe zu treiben. Nicht ehrenhaft, aber leider gang und gebe. Gestern hatte keiner von ihnen Interesse daran gehabt, dass der Kampf wirklich gewertet wurde.


    Sie wandte sich von dem laufenden Kampf ab, denn im Moment wollte sie das nicht mit ansehen. Es erinnerte sie so an die Kämpfe mit ihrem Vater und gleichzeitig daran, wie anders der Kampf mit Rayon gewesen war. Bevor sie weiterging, drückte sie noch schnell die ankommenden aktuellen Nachrichten von Kalos weg, die sie sich immer auf ihren Smart Log kommen ließ. Ihr blinkte bereits das Gesicht des Präsidenten von Kalos, Präsident Sandres, entgegen. Dafür hatte sie im Moment keine Nerven.
    Immerhin hatte sie das Glück, dass ihr Vater noch nicht zu Hause war und sie somit ihre Ruhe hatte. Die Tasche samt Pokéball warf sie auf ihr Bett und setzte sich dann unwillig an ihre Hausaufgaben. Sie musste sich ablenken, sonst käme sie bald um den Verstand. Selbst als sie damit fertig war und es langsam dunkel wurde, war ihr Vater nicht zurück. Ein wenig seltsam fand sie das schon, doch vielleicht hatte er in der Arena viel zu tun.


    Die Ablenkung war nun leider vorbei und so musste sie sich doch mit diesem unschönen Thema befassen. Sie wickelte den Pokéball aus der Folie und setzte sich mit dem Beiblatt auf ihr Bett, ehe sie das Pokémon aus Gewohnheit aus dem Pokéball ließ. Zu spät fiel ihr ein, dass es nicht mehr nötig wäre. Dennoch musterte sie nun das Pokémon vor ihr. Das kleine rehähnliche Pokémon wies ein rosa Fell auf und die Farbe sagte ihr schon zu. Die Beine und die Schnauze waren dagegen in einem sanften beige und ein gelbes Muster zog sich zwischen den beiden Farben über seinen Körper. Dazu trug es eine Art gelbe Blüte auf dem Kopf. Doch sofort zog sie einen Vergleich mit Fiffyen. Während dieses ständig durch ihr Zimmer gelaufen war, stand Sesokitz völlig unbewegt da, wie eine Statur und rührte sich nicht. Es war also so erzogen, wie es sein sollte. Es verhielt sich so, wie sie es von den Pokémon ihres Vaters kannte. Und Azarni gestand: Es gefiel ihr nicht. Irgendwie hatte dieser leere Blick etwas Unnatürliches an sich. Sie glaubte immer mehr, dass Rayon zumindest in dem Bereich recht haben könnte, aber sie wollte es sich nicht eingestehen.
    Kurz überflog sie den Zettel, auf denen unter anderem die Attacken des Pokémon standen, griff dann jedoch zum Smart Log. Sie hätte Sesokitz zurückrufen sollen, aber sie wollte nicht. Daher informierte sie sich erst einmal ein wenig darüber, was diese Pokémon normalerweise für Attacken beherrschen sollten und stellte fest, dass es wohl deshalb als Zuchtrest geendet war. Ihm fehlten wichtige Attacken.
    Gerade als sie den Smart Log nach gut einer Stunde abschalten wollte, fiel ihr das Video von gestern ein, das im Hintergrund noch offen war. Nun konnte sie es ja löschen.


    So der Plan, aber da es ohnehin niemand hören konnte, spielte sie es stattdessen ab. Erneut sah sie, wie Fiffyen auf ihren Stuhl kletterte und sein Jaulen hallte durch das Zimmer. Es wirkte natürlicher … sie schob den Gedanken beiseite und löschte die Datei endgültig. Dabei sah sie jedoch eine Bewegung im Augenwinkel.
    Das Sesokitz hatte seinen Kopf zu ihr gedreht, wahrscheinlich durch das Jaulen von Fiffyen aufgeschreckt. Doch kaum sah sie zu ihm, drehte es den Kopf wieder weg. Aus einem Impuls heraus stand sie auf und kniete sich neben das Pokémon, das ihr knapp über die Knie reichte.
    „Hör zu“, begann sie. „Ich komme mir dumm vor mit einem Pokémon zu sprechen und glaube, dass ich langsam den Verstand verliere. Ich will diese Geschichten nicht glauben, aber zumindest einen Teil davon kann ich langsam nicht mehr leugnen. Versteh mich nicht falsch, in vielen Bereichen übertreibt Rayon völlig, aber zumindest was euer Verhalten angeht. Warum rede ich überhaupt mit einem Pokémon?“ Dennoch, auf gewisse Weise hatte es gut getan ihre Zweifel auszusprechen. Wieder drehte Sesokitz den Kopf zu ihr.
    „Ich frage mich einfach nur, was wäre, wenn er wirklich Recht hat?“ Behandelten dann so viele Menschen die Pokémon falsch? Rayon hatte behauptet, dass viele die es besser wissen es sich nicht trauten etwas zu sagen. Wie dumm sie doch war. Erst ritt sie sich in die Sache rein und nun, wo sie nichts mehr damit zu tun hatte, machte sie sich Gedanken darüber. Eines war klar, von Sesokitz würde sie keine Antworten bekommen.
    Aus einem Impuls heraus streckte sie die Hand aus und strich dem Pokémon vorsichtig über das weiche Fell am Kopf. Dieses gab einen leisen Laut von sich, den sie nicht zuordnen konnte, und schmiegte seinen Kopf an ihre Hand.
    Die Schatten, die sie in diese Geschichte zogen, wurden immer länger.





    Kommentare:



    Und was haltet ihr von Azarnis neuem Pokemon? War dieser Schritt von ihr vielleicht sogar zu vorhersehrbar, oder ist es das, was nun unweigerlich im nächsten Kapitel folgen wird?


    Am Ende kann ich nur sagen, dass dieser Er bereits in der Geschichte auftauchte! Ob als Handelnde Person, nur namentlich erwähnt oder nur als "Passant" der nur mit einem kleinen Wort erwähnt wurde, das steht in den Sternen. Aber man hat bereis etwas von ihm erfahren. Ach ja, ich stifte doch gerne ein wenig Verwirrung. ;)


    Aufgrund eines Fehlers meinerseits das 9. Kapitel nach dem 10. noch hinzugefügt. Danke an @Rusalka, welcher mich darauf aufmerksam gemacht hat.

  • Hallo Eisseele,


    die paar Stunden draußen in der Natur bei den wilden Pokémon hatten etwas Beruhigendes für sich. Gerade nachdem man zuvor noch damit konfrontiert wird, dass nur gezüchtete Pokémon zum Erfolg führen, hast du es wirklich gut geschafft, diese Ruhe und Naturverbundenheit der Pokémon, in erster Linie aber Flabébe, zu zeigen und darzustellen. Schade nur, dass sich Azarni nicht drauf eingelassen hat, aber nachdem sie sowieso von Anfang an skeptisch war, wundert es mich gar nicht mal so sehr.
    Dem entgegen steht dann natürlich, dass sie sich nach Abgabe von Fiffyens Pokéball noch selbstständig ein Pokémon aus einer Zuchtstätte besorgen möchte. Gerade wenn man die zwei Kapitel hintereinander liest, wirkt das wie ein krasser Gegensatz, wenn sie sich plötzlich in diesem generischen Gebäude befindet und alles so automatisch anmutend abläuft. Dass sich Azarni am Ende für Sesokitz entschieden hat, habe ich tatsächlich erwartet (lag locker nicht an deinem Avatar). Als sie es später begutachtet hat, war da erneut dieser Gegensatz zu dem Kapitel davor zu erkennen, den du mit dem gedrehten Video noch einmal aufgegriffen hast. Zumindest hat sich dadurch gezeigt, dass Sesokitz durchaus Gefühle mit bringt und es wohl ein recht langer Weg wird, bis es aus dieser Starre zu einem natürlicheren Selbst findet. Aber die beiden befinden sich ja schließlich noch am Anfang und wer weiß, was nun als nächstes ansteht. Ich bin gespannt.


    Wir lesen uns!