Kapitel 6
„Die Uhr tickt“
„HEEEEYY, ASSHH!“ Ein völlig
aufgebrachter Gary Eich rannte den Strand hinunter, ohne Rücksicht auf seine
Marken-Schuhe zu nehmen, was er aber sonst immer tat. Ein schlechtes Anzeichen,
dachte Ash. Aber es kam noch verrückter: ein normaler Mensch würde ja noch vor
dem Wasser stehen bleiben, darauf verzichtete der junge Professor heute
allerdings. Mitsamt Jeans und Pullover stürmte er ins Meer, packte Ash an den
Schultern und zog aus dem Wasser. „Los, los los! Komm, beeil dich!“ „Was zum
Geier ist hier überhaupt los? Wieso rennst du so spät noch draußen rum, gehst
mit Klamotten ins Wasser, platzt mitten in einen der romantischsten Momente
meines ganzen Lebens und lässt mir nicht mal Zeit, mir trockene Sachen
anzuziehen!!!!!“, protestierte Ash. Aufgebracht wollte sich er aus Garys Griff
befreien. „Tut mir Leid, Kumpel! Aber diese Sache ist so wichtig, da kann und
darf ich keine Zeit verlieren! Und außerdem sollen die Mädels ruhig mal deinen
schmächtigen Oberkörper sehen!“ Auch wenn Gary es eilig hatte, für einen Scherz
war immer Zeit.
„Na hör mal…“ Ash konnte sich nicht verkneifen an sich herunter zu sehen. Zugegeben, er war nicht von oben
bis unten mit Muskeln bepackt, aber für einen 15-jährigen war das, fand er,
eben ein durchschnittlicher Oberkörper.
Das Wasser lief noch an seinen Beinen herunter, als Gary mit ihm ins Pokemon-Center stürzte.
Schwester Joy schlief mit dem Kopf auf dem Tresen und gab leise Schnarchgeräusche von sich.
Die Hitze machte ihr doch ganz schön zu schaffen.
Ash und Gary liefen den Gang entlang. Aus manchen Zimmern drang dumpfes Gelächter oder der Ton eines
Fernsehers. Hastig schloss Gary die Tür auf und klappte sein Notebook auf.
Unruhig tippte er mit den Fingern auf der Tastatur herum, während der Computer
hochfuhr. „Ähh… Gary? Hättest du eventuell und zufällig ein Handtuch parat? Es
wird langsam bisschen ka…“ Noch bevor Ash den Satz beendet hatte, landete schon
eine Handtuch in seinem Gesicht. „Los, jetzt setz dich doch endlich mal hin!“
Genervt klickte sich Gary durch sämtliche Dateien. „Also, pass auf!“ Er öffnete
einen Video-Ordner.
- bei Lucia, Maike und Drew -
Enttäuscht sackte Lucia auf ihr Handtuch. Das wäre die Chance gewesen, Ash etwas näher zu kommen. Immer
musste sie irgendetwas stören. „Naja… Bei der nächsten Gelegenheit die sich
bietet, sag ich Ash, dass ich ihn mag!“ Plötzlich fing es an zu regnen. Wo man
vorher noch die untergehende Sonne gesehen hatte, kamen mächtige Gewitterwolken
auf. Der Regen wurde stärker. Lucia packte hastig ihre Sachen und die von Ash
in ihren Rucksack. Drew stürzte aus dem Wasser. Er würde es nicht zulassen,
dass sein Markenpullover, der ihn ganze 210 Pokedollar gekostet hatte, jetzt
durch Regen ruiniert wurde. Maike hüllte sich in ihr Handtuch und nahm ihren
Rucksack auf den Rücken. „Das ist seltsam…“
Nachdenklich starrte Drew zum Horizont. Der Regen, der auf ihn einprasselte,
schien ihm auf einmal nichts mehr auszumachen. „Was ist seltsam?“ Maike schaute
ihn von der Seite an. „Das ist kein normaler Regen, Maike. Ich bin mir sehr
sicher, dass hier jemand Regentanz eingesetzt hat… Und zwar einen ziemlich
starken… Oder… Nein, das kann nicht sein!“ „Meinst du etwa, dass Kyogre etwas
damit zu tun hat?“ Maike hielt die Luft an. „Es wäre möglich… In den Legenden
wird Kyogre als das Pokemon beschrieben, das die Meere erschaffen hat. Es kann
Sintfluten und gewaltige Unwetter beschwören. Meistens tut es das, um Groudon
zu verschrecken!“ Lucia sah aufs Meer hinaus. „Dann sollten wir so schnell wie
möglich von hier verschwinden!“ Drew packte sein Zeug und rannte los. „Beeilt
euch!“ Maike und Lucia konnten ihm nur schwer folgen. Der Regen peitschte ihnen
ins Gesicht, verschlechterte die Sicht. Drew war nur noch durch seine grünen
Haare zu erkennen. In einer Kurve rutschte Maike plötzlich aus und stieß mit
dem Knie gegen ein Auto. Blut lief an ihrem Bein herunter. „Oh mein Gott!
Maike, wir brauchen dringend ein Pflaster!“ „Es tut nicht so weh, Lucia. Ich
glaub ich kann weite… AUA!“ Maike sackte auf den Boden zurück. „DREW, WO BIST
DU?!“ Der Wind verschluckte Lucias Schreie. Anscheinend war Drew zu weit weg,
um sie zu hören. Was sollte sie nun machen? Die Poketch! Genau! Ich werde ihn
mal anfunken! Hastig kramte sie ihren Poketch raus und tippte etwas wirr darauf
herum. Maike war blass. Sie konnte Blut einfach nicht ausstehen. „Jetzt mach
schon, send endlich diese doofe Nachricht!!!!“
Drew war gerade im Pokemon-Center angekommen, als sein Poketch zu surren begann.
-Von Lucia-
Drew, du musst mir unbedingt helfen! Maike hat sich
verletzt und ich glaub, ihr wird gleich schlecht
wegen dem ganzen blut. Ich kann sie nicht tragen und
sie kann auch nicht mehr aufstehen!!
Hilf mir!
„Maike…“ Drew rannte wieder
in den Regen hinaus. Hoffentlich hält sie durch!
Die Pfützen wurden immer größer und es ging ein stärkerer Wind. Drew kämpfte sich durch die Straßen. Um alles
in der Welt würde er Maike helfen!
Lucia versuchte, die Wunde zu stillen. Sie hatte in ihrer Tasche noch ein paar Tempos gefunden.
Maike verzerrte das Gesicht.
„Drew kommt gleich, Maike! Halt noch etwas durch!“ „Es geht schon…“ In diesem
Moment kam Drew um die Ecke. „Maike, geht’s dir noch gut?!“ Besorgt kniete er
vor den beiden Mädchen nieder. „Es blutet immer noch! Wir sollten sie so
schnell wie möglich ins Pokemon-Center bringen!“ Lucia stand auf. „Okay! Los,
Maike! Ich trag dich…“ Drew hievte Maike vorsichtig auf seinen Rücken. „Danke,
Drew… Hab dich lieb…“ Anscheinend war Maike nicht mehr ganz bei vollem
Bewusstsein, sonst hätte sie das nie gesagt. Drew schoss das Blut in den Kopf.
Der Regen prasselte immer noch wie wild auf das Dach, als sie wieder ein Mal im Pokemon-Center ankamen.
Schwester Joy regte sich und starrte die Drei etwas unsicher an. Es kam ja
soooo oft vor, dass Leute in Badesachen und klatschnass mitten in der Nacht im
Center aufkreuzten.
„Kann ich euch irgendwie helfen?“ „Sie können uns nicht helfen, sie MÜSSEN uns helfen!“
Drew war furchtbar aufgeregt und hibbelig, was man von ihm nicht wirklich gewohnt war.
Nachdem Lucia und er Schwester Joy die ganze Sache extrem gekürzt geschildert hatten, wurde Maike
sofort behandelt. Drew wich nicht von ihrer Seite. Lucia konnte sich ein
Grinsen nicht verkneifen.
Der supercoole Drew… Arrogant und überheblich, wenn es um Wettbewerbe ging, aber jetzt sah man den Jungen,
der sich um seine Freundin sorgte (Nicht DIE Freundin, ich mein die Kumpel-Freundin^^).
„Der Verband muss alle 2 Tage gewechselt werden. Aber sonst geht es ihr gut.
Sie hat anscheinend nur einen kleinen Schock!“ Man konnte richtig sehen, wie
sich die Gesichtszüge von Drew entspannten. „Ich geh dann mal…“ Lucia lies die
beiden Koordinatoren allein zurück, in der Hoffnung, mit Ash noch ein wenig
allein zu sein. Vorsichtig schloss sie die Zimmertür auf. Schade…
Ash war nicht da. Etwas traurig setzte sie sich auf ihr Bett und kramte in ihrer Reisetasche.
Ein Foto, dass Ash, Rocko und sie nach der Sinnoh-Liga zeigte. Ash lachte fröhlich in die Kamera, auch wenn
er eben ganz unglücklich das Finale gegen Cynthia verloren hatte.
Eine Träne rollte Lucias Gesicht herunter, sie drückte das Foto an sich.
-wieder bei Ash und Gary-
„Und was soll ich jetzt
daraus deuten?“ Verwirrt blickte Ash auf den Bildschirm.
„Das sind die Messungen der Meeresbewegug! Also etwa die Stromstärcke. Hier ist sie im normalen
Zustand… Und hier hat sie sich deutlich verändert!“ Gary klickte eine 2. Datei auf und minimierte sie so,
dass man die beiden Bilder zum Vergleich sehen konnte. „Für mich ist da kein
Unterschied!“, sagte Ash. „Da ist ein seehhr großer Unterschied dazwischen,
Herr Ketchum!! Richtig beängstigend!“
Gary zoomte die Bilder heran, tippte irgendwas auf der Tastatur und dann färbten sich ein paar Flächen auf
dem Bildschirm rötlich. „Siehst du? In der 2. Messung ist die Strömung deutlich
stärker, Ash!“ Dieser guckte angestrengt auf die Grafik. Tatsächlich. „Und
genau das ist der Punkt! Die heftigen Regengüsse, die starke Strömung! Alles
weißt auf Kyogre hin. Es bereitet sich anscheinend schon auf den Kampf mit
Groudon vor, da bin ich mir Dank der Messungen sicher! Dann die Erscheinung von
Rayquaza. Es kommt nur auf die Erde, um den Konflikt zwischen Groudon und
Kyogre zu schlichten! Es ist nur noch eine Frage der Zeit, dass die Katastrophe
beginnt!“
Gary raufte sich die Haare. Noch nie in seiner Trainer-Laufbahn war er so aufgeregt, schon gar nicht in
seiner Professor-Karriere. Da nützte auch der weiße Kittel nichts, den der
junge Eich wie ein Heiligtum hegte und pflegte. Plötzlich blinkte die
icq-Anzeige. „Oh, Mann… Ich hab jetzt absolut keine Zeit und vor allem keine Nerven
für ein Pläusch-!“ Er brach den Satz ab.
„Oh, oh! Freundinnen-Alarm!“, witzelte Ash. „Naja… Wenigstens GIBT es bei mir Freundinnen-Alarm!“, konterte
Gary. Er konnte es überhaupt nicht leiden, wenn man seine Beziehungen schlecht
machte oder über sie lachte. Gespannt öffnete er seinen icq-Account.
Sorry, wegen des Wartens... Hab Mathe lernen müssen... Hat sich allerdings auch sehr gelohnt!!!