Auf seine Aussage ging sie nicht mehr ein sondern streckte ihm nur die Zunge raus. Genau erklären wollte sie es auch sowieso nicht. Es war schlicht und ergreifend ihre Erfahrung. Jeder Mensch hatte irgendwo Seiten an sich die er versteckte. Egal ob bewusst oder unbewusst. Genauso wie sie selbst diese Seiten besaß, so würde auch William sie besitzen.
Recht interessiert hörte sie nun Williams Erklärung an. Das ergab Sinn und sie fand die Idee an sich auch wirklich gut. Doch hatte sie keine Ahnung ob das klappen würde. Außerdem erschien es doch etwas merkwürdig, dass einem Pokemon nach einer Entwicklung einfach Augen „wuchsen“...oder wie auch immer man das nennen wollte. Dennoch hoffte sie wirklich, dass es funktionierte. Die spezielle Kommunikation mit seinem Pokemon erinnerte Mitsuko allerdings an ihre eigene Art mit Kuro zu kommunizieren. Und unwillkürlich fragte sie sich, ob sie vielleicht auch mit anderen Pokemon und vielleicht sogar William seinem Partner so kommunizieren könnte. Doch lange nachhängen tat sie diesen Gedanken nicht.
So in sich zusammengesunken starrte sie einfach hinaus aufs Meer. Und wieder fiel ihr die Melodie des mysteriösen Pokemons ein. Leise summte sie eben diesen und empfand etwas Trost dabei. Kurz danach spürte sie, wie William ihr einen Arm um die Schultern legte und sie spannte sich fast sofort an. Allerdings, als er sie nicht weiter bedrängte begriff sie, dass er sie trösten wollte. So entspannte sie sich wieder etwas und hörte kurz danach auf zu summen, denn William hatte das Wort ergriffen. Er fragte, was für eine Person ihre Freundin sei und dabei schmerzte es sie, dass er von ihr in der Gegenwart sprach. Doch wie auch schon vorher wollte sie nicht über den Vorfall reden. Man sollte Leute doch schließlich immer in guter Erinnerung bewahren, so hatte sie es zumindest vorgehabt. Unbewusst lehnte sie sich etwas mehr an den Weißhaarigen, unterbewusst nach Halt suchend und legte dann einfach aus einem Impuls heraus ihren Kopf auf seine Schulter. Dass er das vielleicht gar nicht wollte oder auf welches Terrain sie sich damit begab, merkte sie in diesem Moment überhaupt nicht. So war sie in Gedanken doch schon ganz woanders.
„Wie gesagt, meine beste Freundin ist immer sehr geduldig mit mir gewesen. Manchmal hat sie mir auch den Arschtritt gegeben den ich gebraucht habe, schließlich habe ich mich früher kaum etwas getraut. Aber sie hat mich immer unterstützt und mir geholfen wenn ich ihre Hilfe brauchte. Außerdem war sie etwas ruhiger als ich und war immer etwas wie eine große Schwester oder ein Vorbild für mich“, fing sie an zu erzählen und musste dabei leicht Lächeln. Aber sie wurde auch leicht rot, wenn sie bedachte wie viel sie ihr wirklich geholfen hatte ihre scheu vor Anderen zu überwinden.
„Außerdem war sie in meinem Dorf meine einzige wirkliche Freundin und die Einzige mit der ich mehr als ein paar Sätze gewechselt habe. Mich hat das auch nie gestört, ich habe schon immer die Gesellschaft von Pokemon bevorzugt und hatte als ich noch sehr viel Jünger war fast Angst vor anderen Menschen gehabt. Bis ich dann festgestellt habe, dass die meisten eigentlich total in Ordnung sind“, gestand sie und musste dann ein klein wenig Kichern.
„Ich bin schon nicht ganz richtig im Kopf“, meinte sie dann und sah wieder hinaus aufs Meer und den Horizont.
Und als sie sich etwas geordnet hatte und ihm diese ganze Seite von sich offenbart hatte ging ihr auf was sie gerade getan hatte. Und sie verfluchte sich. Dieser verdammte Chameur hatte doch tatsächlich ihren Verstand überlistet und ihre Gefühle so beeinflusst, dass er ihr Spiel gewonnen hatte. Sie hatte ihre Maske ganz abgelegt in seiner Gegenwart und dafür wusste sie noch genauso wenig über ihn wie am Anfang. Sie war viel zu naiv geworden. Einen Moment lang wollte sie Abstand suchen und vielleicht einfach das Weite suchen. Aber dann schoss ihr eine Idee, nur ein ganz kleiner Gedankengang durch den Kopf und sie blieb an Ort und Stelle. Sie mochte vielleicht als erstes ihre Maske verloren haben, aber vielleicht konnte sie ihm auch etwas entlocken, wenn sie diese ganze Sache weitersponnen. Geduld und Ehrlichkeit zahlte sich doch bestimmt auch aus. Vielleicht sollte sie sich gar nicht so viele Gedanken machen? Sondern einfach ehrlich vorrangehen? Dann würde er vielleicht ihrem Beispiel folgen? In ihren Gedanken versunken fing sie einfach wieder an die Melodie von vorher zu summen und blieb an William gelehnt im Sand sitzen.