Love, Jealousy and other Problems!

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  • Das Gekreische dröhnte in Jace´ Ohren. Ein Mädchen mit braunen Haaren rannte direkt auf ihn zu. Ihr grüner Umhang wehte um ihren Oberkörper. Ihr Gesicht wurde von einem gigantischen Lächeln geziert.
    Das Mädchen stürmte an dem Züchter vorbei und ging vor diesem in die Knie. Jace beobachtete diese total verwirrt. "Ohhhhhhh wie süüüüüüüß!" quiekte das plötzlich aufgetauchte Mädchen und übertönte damit die ängstlichen Hilferufe von Shnebedeck, das versuchte sich aus dem Klammergriff des aufdringlichen Neuankömmlings zu befreien.
    Jace blinzelte ein paar mal um zu realisieren was gerade passiert war. "Hey! Wer bist du und lass mein Shnebedeck los!" keifte der Züchter die Brünette an.
    Das mysteriöse Mädchen sah perplex auf. "Oh tut mir leid. Ich drehe bei süßen Pflanzen-Pokémon immer am Rad" sagte das Mädchen und kratzte sich mit einer Hand am Kopf und umklammerte mit der anderen das immernoch wild zappelnde Pokemon. "Mein Name ist Silvana und ich bin die Arenaleiterin von Ewigenau. Pflanzen-Pokémon sind meine Lieblinge" für Silvana fort.
    "Und deshalb erlaubst du dir, einfach so hier aufzutauchen und mein Shnebedeck zu zerquetschen?!" Jace´ Stimme wurde lauter. Er funkelte die Arenaleiterin böse an.
    Diese senkte ihren Blick und nuschelte: "Es tut mir leid" und setzte das Eis-Pokémon ab, das sich daraufhin sofort hinter Jace versteckte.
    "Sollte es dir auch!" fauchte Jace.
    "Hey! Was fällt dir ein unsere Meisterin traurig zu machen?!" ertönte plötzlich eine weitere feminine Stimme.


    Chloé war ein wenig zu verwirrt, um zu realisieren, wer da eben erschienen war. Wer da eben so voller Enthusiasmus auf Jace und sein Shnebedeck zugerannt war, sich hinunter gekniet und lauter Glücksbekundigungen von sich gegeben hatte. Kurz verspürte Chloé einen undefinierbaren Stich im Herzen - sie hatte nicht viel von der Frau gesehen, die in einen baumgrünen Umhang gehüllt war, aber alleine ihre Figur und ihre Haare, die zwar kaum Schulterlänge erreichten aber dennoch wunderschön glänzten, machten sie eifersüchtig. Chloé biss sich auf die Zunge. Wieso konnte sie nicht so tolle Haare haben? Ihre hatten Spliss, eine komische Haarfarbe und hatten niemals solch einen Glanz gehabt. Doch ihre Mundwinkel zuckten, als Jace sie anschrie. Wieso lächelte sie deswegen? Das war total irrational. Sie ertappte sich tatsächlich, wie sie auf eine völlig fremde eifersüchtig war. Hatte sie echt so eine Panne? Obwohl es gar nicht sein musste, das war Chloé bewusst, da sie ja nicht mit Jace zusammen war. Als sie das dachte, ließ sie betrübt ihre Schultern hängen, denn diese Tatsache stimmte sie, warum auch immer, ziemlich melancholisch. Ihre Augen ruhten weiter auf der Frau, die sich nun zu Chloé drehte, ohne sie direkt anzusehen. Und da fiel es Chloé wie Schuppen von den Augen: Es war die Arenaleiterin! Sie hatte schon viel von ihr, Silvana, gehört, Bilder gesehen, sie im Fernsehen beobachtet. Doch das war kein Vergleich zur Wirklichkeit. Chloé lächelte wieder, und alle Eifersucht war vergessen. Bis sie eine weitere weibliche Stimme vernahm.
    "Hey! Was fällt dir ein unsere Meisterin traurig zu machen?!" Chloé drehte ihren Kopf in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war, und ihr Herz blieb stehen. Plötzlich fühlte sie sich wie das hässliche Entlein unter vielen schönen Schwänen.
    Aus einiger Entfernung kamen drei Frauen heran. Naja, es waren nicht wirklich Frauen, sie schienen kaum älter als Chloé selbst. Aber die Art wie sie herum liefen, ließ niemanden mehr von 'Mädchen' sprechen. Alle Drei hatten langes, goldgelbes Haar, auf das Chloé sofort maßlos neidisch war. Es fiel ihnen in langen Wellen den Rücken hinab oder wehte spielerisch im Wind. Eine musste wohl mal braune Haare gehabt haben - man konnte deutlich den dunkleren Ansatz sehen, aber man konnte ohnehin nicht auf die Haare achten.
    Sie waren geschminkt. Chloé fühlte sich mit ihrem 'Ab-und-zu-mal'-Mascara albern. Die Mädchen hatten rote, glänzende Lippen, wohlgeformt und voll. Ungewollt biss sich Chloé auf ihre spröden Lippen, die vorne ein wenig aufgeplatzt waren. Und ihr Selbstbewusstsein sank weiter.
    Die Augen der Mädchen stachen hervor durch den vielen Lidschatten und Mascara. Ihre Wimpern waren fast abnormal lang, reichten über das ganze obere Lid. Das alles wurde nur noch verstärkt, weil der Teint der Mädchen so blass war. Selbst Chloé war brauner. Und das sollte schon was heißen.
    Dann ihre Klamotten. Selbst wenn Chloé momentan in einem nicht ganz anständigen Kostüm herumlief, das viel zu sehen bot - es war kein Vergleich. Die zwei Mädchen, die hinten gingen, waren noch relativ vernünftig gekleidet, Top und Jeans - wenn auch etwas zerrissen. Sie trugen Pumps. Doch die, von der die Stimme zu kommen schien, sie übertraf alles, was Chloé schon gesehen hatte. Ein weit ausgeschnittenes, rosafarbenes Top, das noch genug Taille zeigte. Eine Hotpants, wenn man es noch so nennen konnte. Und High-Heels, rote, glänzende High-Heels, auf denen Chloé unter Garantie niemals laufen könnte. Aus den Augenwinkeln konnte Chloé erkennen, das Jace' Augen sich weiteten. Kein Wunder bei diesen Mädchen. Chloé spürte erneut einen Stich, doch diesmal einen weitaus schlimmeren. Stand Jace etwa auf...sowas? Chloé trat verschüchtert ein paar Schritte näher, bis sie fast neben Silvana stand, die lächelte, als wäre das alles ganz normal. Und nicht so extravagant, wie Chloé es einstufte.
    Dann waren die drei Mädchen zum stehen gekommen, alle die Hände in die Hüfte gestemmt, musterten sie die drei Personen. Chloé besonders abschätzig. Natürlich. Die Schamesröte lief ihr ins Gesicht, und am liebsten hätte sie sich hinter Jace versteckt. Aber der hätte im Moment sowieso keine Augen für sie gehabt. Ungewollt stiegen Tränen in ihre Augen. Dann hörte sie die Stimme, von der man sofort hörte, wem sie gehörte.
    "Unsere Meisterin liebt Pflanzenpokémon. Wenn sie dein Shnebedeck genauer betrachten will, dann lass sie gefälligst, du - " Als sie Jace erblickte, stockte ihr die Stimme. Sie sah ihn mit solch einer Intensität in den geschminkten Augen an, dass es Chloé einen Schauer über den Rücken jagte. Jace jedoch wirkte irgendwie angespannt, wenn auch fasziniert über den Anblick, dem sich ihn bot, aber das konnte ihm Chloé leider nicht verübeln. Plötzlich ertönten Stimmen hinter ihr, die ihr nur gut bekannt waren: "Was ist denn hier los?" Lucias Stimme ließ Chloé aus unbestimmten Grund aufatmen. Sie brauchte im Moment einfach ihre beste Freundin. Sie lächelte schwach und wartete, bis Lucia neben ihr angekommen war. Auch sie sah skeptisch die drei Mädchen an, die unverändert da standen.
    "Sag mal, wer sind die denn?" flüsterte Lucia ihrer Freundin zu, mit unverkennbarer Abneigung in der Stimme.
    "Ich weiß nicht Recht, sie nennen Silvana ihre Meisterin," entgegete Chloé.
    "Silvana?", fragte Lucia und schien erst jetzt die populäre Arenalleiterin zu entdecken. "Na dann. Mir gefällt nicht wie sie Jace angucken."
    Perplex sah Chloé ihre Freundin an. Das war es! Erneut wurde sie daran erinnert, wieso sie und Lucia seit so langer Zeit Freundinnen sind. Lucia wusste immer, was Chloé zwar auch wusste, aber nicht aussprechen konnte. Chloé lächelte schwach, und Lucia tat es ihr gleich. Doch das Lächeln sollte nicht von langer Dauer sein, denn die Stimme von Gary direkt neben Lucia riss die Mädchen aus ihren Gedanken. "Man, das sind vielleicht Schnitten!"
    Gary sabberte beinahe, und das schien auch nicht Lucia entgangen zu sein. Sie trat dem angehenden Professor hart gegen das Schienbein, und der kam wohl wieder zu sich.
    "Aaaau! Bist du verrückt? Was sollte das denn?" Gary blitzte Lucia böse an, die beleidigt wirkte. Hatte Chloé da etwas nicht mitbekommen?
    "Hör einfach auf diese...diese...'Schnitten' anzugaffen, sonst fallen dir noch die Augen raus!" Das Lucia das Wort 'Schnitten' besonders betonte, entging weder Gary noch Chloé. Wobei Chloé auch ein anderes Wort verwendet hätte, um die Mädchen zu beschreiben. Gary schmollte.
    Chloé grinste und war froh, Lucia wieder an ihrer Seite zu haben. Doch auch dieses Grinsen erstarb ebenso schnell, wie es gekommen war. Als sie wieder die Stimme des Mädchens vernahm, die Jace so stark angesehen hatte.
    "Ach, vergiss es Süßer. Kommst du heute auch auf die Party?"


    Langsam stieß Jace die angehaltene Luft aus. Diese "Mädchen", die vor ihm aufgetaucht waren, waren dermaßen aufgetakelt, dass er ihnen gerne ein paar Takte erzählt hätte, allerdings verbot ihm das seine Gentelmanerziehung. Er musste sich auf die Lippe beißen um nicht eine Schimpftriade los zu lassen. Jace war nicht prüde oder konservativ, aber dennoch widerte ihn so etwas einfach nur an.
    Was erlaubt sich dieses Flittchen eigentlich? dachte der Züchter. Ein Schmerzensschrei riss Jace aus seinen Gedanken. Er drehte sich um und merkte erst jetzt, dass Gary und Lucia erschienen waren. Schon beim Anblick von Gary stieg wieder Wut und leichte Verzweifung in dem Grünäugigen auf. Er wandte seinen Blick wieder zu den aufgetakelten Mädchen und musterte sie von oben bis unten. Ich wette um eine Million Pokédollar, dass diese Tusse keine Jungfrau mehr ist, dachte er und ein verächtliches Grinsen schlich sich auf sein Gesicht.
    Da ertönte wieder die Stimme der Strichbiene und Jace platzte der Kragen: "Erstens: Du solltest dir mal etwas vernünftiges anziehen! Zweitens: Benutz eine Tonne weniger Schminke! Drittens: Du solltest lernen mehr Respekt vor anderen zu haben! Viertens: Nur weil jemand eine ach so hohe Stellung hat, darf er oder sie diese nicht ausnutzen! Fünftens: Wenn du mich noch einmal "Süßer" nennst, wirst du es bereuen!"
    Nach seiner kleinen Ansprache stand Jace nur einen Meter von dem leicht bekleideten Mädchen entfernt, das vor Schock ihren rot bepinselten Mund und ihre überschminkten Augen weit aufgerissen hatte, und funkelte sie finster an, bevor er ihr den Rücken zu wandte und zurück ging.
    "So und jetzt zu dir..." begann Jace und wollte gerade der Arenaleiterin eine Ansprache halten, als er plötzlich von Silvana unterbrochen wurde.
    "Es tut mir leid. Ich entschuldige mich für mein impulsives Verhalten und das törichte Verhalten meiner Schülerinnen. Serena, Chantal und Luna entschuldigt euch!" richtete sich die Arenaleiterin an die schlampigen Mädchen, die daraufhin synkron antworteten: "Jawohl Meisterin! Wir bitten um Entschuldigung für unser törichtes Verhalten!" Dabei verbeugten sich die Mädchen.
    "Eure Entschuldigung könnt ihr euch sonst wo..." wollte Jace schon wieder beginnen, doch ein wütendes Gebrüll unterbrach ihn.
    "Sofort wieder an die Arbeit! Ihr nichtsnutzigen Bälger!" schrie Steve.
    Der Wunsch, jemanden ins Gesicht zu schlagen, stieg in Jace auf. Er presste seine Kiefer aufeinander, um eine unüberlegte Antwort zu vermeiden.
    "Ihr arbeitet hier?" fragte Silvana.
    "Notgedrungen, es gab kein Zimmer mehr im Pokémoncenter" gab Jace zu, der seine Hände zu Fäusten geballt hatte.
    "Ich will mein Benehmen von eben wieder gut machen. Lasst mich eure Schulden bezahlen!" bettelte Silvana schon beinahe.
    "Vielen Dank für das Angebot, aber neiiiiii..." begann Jace, als ein Schlag in die Magengegend ihm die Luft aus den Lungen presste.
    "Wir nehmen das Angebot gerne an" beendete Gary den Satz für Jace. "Übrigens, mein Name ist Gary. Gary Eich, angehender Professor" fügte der Trainer hinzu und gab jedem der Mädchen einen Handkuss.
    "Gary du..." begann Jace. Seine Stimme war voller Hass und Wut.
    "Ja, ich hab dich auch lieb, Kleiner" unterbrach Gary seinen ehemaligen Kumpel erneut.
    "Kommt ihr jetzt?" ertönte wieder Steves Stimme.
    Jace entfuhr ein verächtliches Schnauben. "Silvana komm bitte mit" sagte Jace und ging Richtung Gasthof. Auf dem Weg kreuzte sein Blick den von Chloé und ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht.
    Kraftvoll stieß er die Tür auf und ging mit großen Schritten auf den Barmann zu. "Wenigstens einer" sagte dieser verächtlich.
    Ein triumphales Grinsen schlich sich auf Jace´ Gesicht. "Steve, du kennst doch sicher Silvana, die Arenaleiterin. Sie hat sich bereit erklärt, alles für uns zu bezahlen. Stimmt doch, oder?"
    Silvana nickte nur und lächelte. Steve knurrte verächtlich. "Na gut."


    Chloé fingerte unruhig an ihrer Schürze herum, auf er ein großer, schwarzbrauner Fleck, wahrscheinlich noch vom verschütteten Kaffee, prankte. Sie war nervös, obwohl, nervös konnte man ihre Gefühlslage eigentlich nicht nennen, eher...
    "Irgendwie beunruhigt es mich, wie diese Schlampe Jace angesehen hat." meldete sich Lucia zu Wort. Und schon wieder machte sich Erkenntnis in Chloé breit. Beunruhigung. Genau das war es! Sie blickte zu Lucia, die sie ebenfalls ansah. "Dich nicht?" Das blauhaarige Mädchen legte ihren Kopf schief und blickte ihre Freundin neugierig an. Chloé lächelte und antwortete:
    "Ja, schon, aber er hat sie ganz schön angeschnauzt." Sie grinste breiter, und Lucias helles Lachen ertönte neben ihr. "Hat sie verdient. Guck sie dir doch an. Wie sie ihm immer noch nachgafft." Chloé wollte nicht, aber sie wurde praktisch dazu gezwungen zu diesem Mädchen zu schauen, das immer noch ein wenig entrüstet aussah. Sie schaute tatsächlich noch immer zur Tür, durch die Jace vorhin gegangen war. Wieder durchflutete Eifersucht Chloés ganzen Körper. Gegen solch ein Bild von einer Frau hatte sie doch keine Chance. Verzweiflung machten sie müde und bereiteten ihr Kopfschmerzen. Ihre Schläfen pulsierten und sie hob ihre Hand, um diese zu massieren.
    "Kopfschmerzen?" fragte Lucia. Erneut fragte sich Chloé verwundert, wie Lucia das machte. Ihre Mundwinkel zuckten amüsiert, aber es reichte nicht für ein Lächeln.
    "Ja, bin ein wenig geschafft von dem Tag. Wollen wir rein gehen?"
    "Klar, ich könnte auch noch 'ne Mütze Schlaf vertragen. Außerdem müssen wir uns ja auch mal wieder richtig ausquatschen, nicht wahr?" Auch wenn Lucia nach dem Satz ungeniert zwinkerte, wirkte sie unruhig. Auch Chloé biss sich auf die Zunge, nickte jedoch schnell. Was bereitete ihr nur so ein Unbehagen? Früher hatten die beiden Nächte durch gequatscht, über alles mögliche. Und jetzt wurde Chloé schon mulmig, wenn sie nur kurz mit Lucia alleine war. Was war denn bloß los?
    Versucht, nicht mehr an das komische Gefühl zu denken, ging Chloé voran, direkt auf die Tür zu. Langsam schritten sie hindurch, und sofort kam Jace in ihr Blickfeld, und ihre Wangen erröteten leicht. Er grinste breit, was auch sie zum schmunzeln brachte, warum auch immer. Freudig kam er auf die beiden Mädchen zu und rief: "Wir brauchen hier nicht mehr arbeiten! Los, zieht euch was Vernünftiges an, wir werden bald aufbrechen und dann -"
    "Aber Kleiner, was ist denn mit der Party, von der gerade die Rede war? Ich hätte mal wieder Lust dazu, ihr nicht auch?" Er richtete sich an die Mädchen und musterte das noch immer vorhandene Kostüm und erntete deshab wohl weitere böse Blicke von Jace. Chloé und Lucia erröten gleichzeitig, und alleine wenn Chloé an dröhnende Musik in ihren Ohren dachte, breiteten sich ihre Kopfschmerzen weiter aus. Das schien auch Lucia nicht entgangen zu sein. Mal wieder. "Hey, Chloé hat Kopfschmerzen, wir wollten uns jetzt eher ausruhen." Garys skeptischer Blick machte Chloé noch verlegener. Sie setzte einen entschuldigenden Blick auf, doch Silvanas Stimme erklang. "Naja, die Party veranstalte ich, zum Jahrestag meiner Arena, sozusagen. Sie fängt erst heute Abend geegen neun Uhr an, also hättet ihr alle genug Zeit, euch auszuruhen. Zur Feier des Tages gehen für euch auch alle Getränke aufs Haus."
    Alle Blicke ruhten auf Chloé. Und ihr war klar, dass Gary sie am liebsten angeschrien hätte. Jace womöglich auch. Doch Lucia schien es egal zu sein. Sie war mit den Gedanken augenscheinlich ohnehin woanders. Zögerlich, und vor allem, weil sie den Jungs nichts verderben wollte, nickte sie langsam.
    "Okay, ich ruh mich etwas aus, und dann können wir von mir aus dorthin gehen."
    "Jaa!" Gary sprang auf und packte Chloé an den Schultern und rüttelte sie. "Danke, das wird bestimmt super!" Sein Gesicht war viel zu nah an ihrem dran, und schnell wandt sie sich aus der Berührung. Aus dem Augenwinkel sah sie den feindlichen Blick von Jace, der ebenfalls seinen Kiefer bis aufs Äußerste angespannt hatte.
    "Kein Ding, wird bestimmt cool." Chloé lächelte. Dann zog Lucia sie mit, die Treppe hinauf, direkt in ihr Zimmer.


  • Chloé war sich unschlüssig, was sie fühlen oder denken sollte. Einerseits war sie noch immer müde, fühlte sich schwach und bekam ein Schwindelgefühl, wenn sie an die bevorstehende Party dachte. Doch andererseits flammte in ihrem Inneren Vorfreude auf, da sich die ganze Gruppe mal wieder entspannen sollte. Und ihre Kopfschmerzen waren, seitdem sie mit Lucia auf ihr Zimmer gegangen war, etwas besser geworden, also stand der Party doch nichts mehr im Wege, oder?
    "Sag mal," ertönte plötzlich Lucias Stimme hinter Chloé. Diese drehte sich im Bett, in das sie sich gelegt hatte, und die Matratze knartschte unter ihr. Dann sah sie in die blauen Augen von Lucia, die Chloé neugierig ansahen. "Hast du 'ne Ahnung, wieso sich Jace und Gary gestritten haben?"
    Schluck. Chloé hatte gehofft, dass dieses Thema endlich gegessen war. Doch es schien Lucia ebenso wenig loszulassen wie Chloé selber. Sie schluckte, doch der Kloß in ihrem Hals wollte nicht verschwinden. So hüstelte Chloé in ihr Kissen, versucht, so viel Zeit zu schinden wie möglich, um einer Antwort zu entgehen. Sie war nie gut im Lügen gewesen, und vor allem Lucia enttarnte ihre Lügen schneller als sie sie überhaupt ausgesprochen hatte.
    "Naja, ich weiß es nicht genau, schien um Mädchen zu gehen oder so."
    "Hat Jace dir das selbst gesagt?"
    "Nein."
    "Gary etwa?"
    "Nein" Chloé beobachtete den Staub, der in der Sonne tanzte. Sie konnte unmöglich in Lucias Augen sehen. Sie wollte davon nicht erzählen. Es tat ihr schon weh, erneut darüber nachzudenken. Was sie da, in jener Nacht, mitbekommen hatte.
    "Na, sag doch Chloé! Ist doch nichts dabei. Wann hast du was mitbekommen? Von wem?"
    "Ich habs selber gehört." Sie konnte jetzt nicht liegen bleiben, ihre Kopfschmerzen waren soweit zurückgegangen, dass sie ihr nichts mehr ausmachten. So stand sie auf, rieb sich die Augen und ging direkt an Lucia vorbei, obwohl sie den skeptischen Blick auf ihr spüren konnte. Sie ging ans Fenster, sah, wie die Bäume sich im Wind wiegten. Es beruhigte sie soweit, dass sie durchatmen konnte und relativ ruhig antwortete:
    "Naja, ich hab in der ersten Nacht hier die beiden streiten gehört. Ich hab nicht viel verstanden, nur dass es wohl um ein Mädchen ging." Chloés Augen glitzerten bedrohlich, der Effekt wurde nur noch vom einfallenden Sonnenlicht verstärkt. Sie konnte praktisch spüren, wie Lucia sich freute.
    "Echt? Um wen? Dich? Oder mich? Oder noch eine andere? Wie aufregend, und wenn Gary deswegen sauer ist, heißt das..."
    "Lucia." unterbrach Chloé ihre langjährige Freundin, die kaum mehr zu stoppen gewesen war. "Kann auch sein, dass ich was falsch verstanden habe. Aber im Prinzip gehts uns auch nichts an. Du kannst sie ja bei Gelegenheit fragen."
    Chloé schüttelte kaum sichtbar ihren Kopf, sodass einzelne Strähnen ihr in die Stirn fielen.
    "Okay, dann lass uns fertig machen. Naja, vorausgesetzt dir geht es entsprechend."
    "Klar, mir gehts super." log Chloé. Auch wenn ihre Kopfschmerzen vorbei waren, so war ihr immer noch ein wenig flau im Magen. Warum auch immer. Die Brünette drehte sich um und grinste breit. Hoffentlich nicht ein wenig zu breit. Doch Lucia schien mit ihren Gedanken so weit weg, dass sie Chloé diesmal nicht zu durchschauen schien.
    "Okay, dann erstmal raus aus diesem schrecklichen Kostüm und ab in partytaugliche Klamotten!" Sofort war Lucia wieder in ihrem Element. Ihre Hektik färbte jedoch schnell auf Chloé ab, sodass sie ihre trüben Gedanken schnell beiseite schob und sich sogar begann auf die Party zu freuen.


    "Wuhu, das wird so cool Kleiner" freute sich Gary und erntete nur einen missbilligenden Blick von Jace.
    "Ja total cool. Eine Party voller Schlampen. Genau das Richtige für einen angehenden Professor wie dich" spuckte der Züchter aus.
    "Welche Laus ist denn dir wieder über die Leber gelaufen?" stöhnte Gary.
    "Ach, vergiss es. Ich hab einfach kein Bock auf Party, mehr nicht" antwortete Jace und setzte sich auf einen Barhocker. "Ein Pils" sagte er mürrisch und ignorierte seinen besten Freund, wenn man ihn überhaupt noch so nennen konnte.
    "Ach, Jace." Gary machte es sich auf dem Barhocker direkt neben Jace bequem. "Ich kann nichts dafür. Es ist nun mal so." Steve reichte Jace das Bier, sein Gesichtsausdruck war ziemlich angespannt. "Jace, du weißt doch: Kein Bier vor Vier! Stevy, ich nehm ein Wodka-Energy. Danke Großer" dabei zwinkerte er ungeniert Steve zu, der so aussah, als würde er jeden Moment Gläser durch die Gegend werfen.
    "Du bist so ein Penner" knurrte Jace.
    "Ach komm, ein bisschen vorglühen vor der Party kann nicht schaden." antwortete Gary.
    Der Grünäugige vernichtete den Großteil des Inhalts des Glases mit großen Schlücken bevor er sagte: "Du checkst gar nichts! Sauf dich ruhig zu. Du hast e keine Gehirnzellen, die dadurch geschädigt werden könnten!"
    Steve brachte Gary ein Glas mit bräunlicher Flüssigkeit und glänzenden Eiswürfeln, das Gesicht des Barkeepers war von einem schadenfrohen Grinsen geziert. "Es hat doch bestimmt nichts wegen dem Alkohol zu tun, oder? Es ist wegen gestern. Wegen Chloé, stimmts?" sagte Gary.
    "Du bist so ein Blitzmerker, Alter" konterte Jace.
    "Ey Jungs. Soll ich euch mal was sagen?" mischte sich Steve ein.
    "NEIN!" brüllten die Trainer synkron.
    "Ok, wenn ihr meint. Aber ich sag euch nur, Bruder vor Luder"
    Kaum hatte der Barmann diese Worte ausgesprochen, platzten bei den Jugendlichen die Sicherungen raus.
    Die Barhocker landeten mit lautem Krachen am Boden. Das Blut pulsierte in ihren Adern. Wut und Hass durchströmte die Trainer. Der Barkeeper schrie, als er halb über der Theke hing.
    "Was fällt dir ein? Willst du, dass wir dir eine neue Visage verpassen?" bedrohte Jace den Barmann. Jace und Gary hatten Steve am Kragen gepackt und hielten ihm ihre Fäuste vor die Augen.
    "Ok Jungs. Beruhigt euch. Ich halt mich raus. Eure Angelegenheiten. Bitte lasst mich los" flehte Steve. Die Jungs tauschten kurz Blicke aus. Als beide anfingen zu grinsen, jagte ein Schauer über Steves Rücken.
    Das Geräusch von zersplitterndem Glas und Schmerzensschreie zogen die Aufmerksamkeit der restlichen Besucher an. Steve lag am Boden, inmitten von Scherben.
    "Guter Stoß" lobte Jace Gary.
    "Danke, deiner war auch nicht schlecht" gab Gary zurück. Die beiden Trainer gingen die Treppe hinauf. "Ey Jace. Das wegen Gestern tut mir leid. Wir sollten nicht streiten, schießlich kämpfen wir für die gleiche Person." begann Gary.
    "Ja, da hast du recht. Sollen wir das Kriegsbeil vorläufig begraben?" antwortete Jace.
    "Klar Kumpel" lächelte Gary und öffnete die Tür.
    "Kumpel" grinste Jace und schloss die Tür.


    Chloé hörte merkwürdigen Krach von unten. Zerbersten von Holz beispielsweise. Doch sie konnte sich diesen Lärm nicht erklären, sodass er sich mit der Zeit selbstständig in ein Hintergrundgeräusch verwandelte.
    Chloés trübe Gedanken waren ebenso in den Hintergrund gerückt, und die Vorfreude auf die Party nahm den Großteil ihrer Gedanken ein. So konnte sie sich mit einem Lächeln auf den Lippen fertig machen und umziehen - was sie schon zum Großteil erledigt hatte. Nun trug sie ein hellblaues Tanktop mit einem schwarzen Gürtel, und darunter einen schlichten weißen Rock, der genug Beinfreiheit bot. Zwar bekam sie schon wieder ein komisches Gefühl wenn sie an die Mädchen von vorhin dachten. Schließlich waren die im 'normalen' Zustand schon deutlich besser und schärfer, wie sich Chloé eingestehen musste, gekleidet als sie jetzt. Wie sie sich wohl zur Party kleiden würden? Unruhig biss sich Chloé auf der Unterlippe herum, ihr Biss war fast ausschließlich aus Eifersucht hergerührt, die sie sich zwar erklären konnte, aber nicht wollte, da es völlig absurd war, überhaupt eifersüchtig zu sein.
    "Na, wie steht's mir?" Augenblicklich wurde Chloé aus ihren ohnehin unnötigen Gedanken gerissen, als sie sich umdrehte und Lucia erblickte. Und sie staunte nicht schlecht, in was sich ihre beste Freundin da verwandelt hatte.
    Angefangen bei ihren Haaren. Ihre blaue Mähne glänzte wie die Tiefe des unergründlichen Meeres. Aus ihrem Pony, den man normalerweise sowieso nicht bemerkte, hatte sie zwei geflochtene Zöpfe gezaubert, die sie nach hinten zusammen gesteckt hatte. Sonst fielen ihre langen Haare glatt auf ihren Rücken.
    Dann ihr Outfit. Chloé war sich sicher, es noch nie an Lucia gesehen zu haben. Es war ein dunkelblaues, fast schwarzes Kleid, dass ihr bis zu den Oberschenkeln ging. An ihren Händen trug sie zahlreiche goldene Armbänder. Unter ihrem kurzen Kleid trug sie eine dünne Strumpfhose mit ausgefallenem Blumenmuster, und auch wenn es eigentlich zu aufreizend für Chloés Geschmack war, so wirkte es an ihrer Freundin völlig okay und schön. Wie für sie gemacht.
    "Wie schön!" rief Chloé aus und wollte Lucia fast schon um den Hals springen, als ihr einfiel, dass sie ihr Outfit keinesfalls ruinieren wollte. Sie stand einfach nur da, den Mund offen, kaum fähig zu sprechen. Lucia lächelte nur triumphierend.
    "Danke, Süße. Aber wir müssen uns auch noch um deine Haare kümmern."
    Chloés Mund schloss automatisch. "Meine Haare?" Sie nahm einige Strähnen ihrer Haarpracht in die Hand und begutachtete sie ausgiebig. Bis auf den vereinzelten Spliss war sie Recht zufrieden mit ihnen.
    "Was stimmt denn mit ihnen nicht?"
    "Ach Chloé." antwortete Lucia, die sie herablassend beobachtete, vor allem ihre Haare.
    "Das wird bestimmt eine super Party. Unvergesslich! Also müssen wir dir auch eine Frisur zaubern, die unvergesslich wird." Lucia zwinkerte und kam mit einer Bürste und Haarklammern auf Chloé zu. Diese hob abwehrend die Hände.
    "Nein, nein, du kennst meine Divise. Kein Färben. Keine Tönung. Nichts dergleichen. Schön einfach, okay?"
    Lucia schmunzelte, und Chloé fragte sich, was daran so lustig war.
    "Keine Sorge Chloé, ich will dir keine neue Haarfarbe aufdrücken. Ich will dir nur 'ne schöne Frisur herzaubern. Du kennst mich. Ich schaffe das schon."
    Lucia stand nur noch Zentimeter von Chloé weg. Diese seufzte spielerisch und sah auf die Uhr. "Gut. Aber mach schnell. Wir haben noch ein paar Stunden. Wenn du bis dahin fertig bist."
    "Klar, und du wirst aussehen wie eine Prinzessin!" Lucias helles Lachen erfüllte den Raum.
    "Na gut, wenn du das sagst." antwortete Chloé, immer noch ein wenig skeptisch.
    "Versprochen, Süße."


    Das Pokémon im Ei gibt leise Geräusche von sich. Ich vermute es wird innerhalb der nächsten Tage schlüpfen.
    Als aus dem roten Ei von Chloé das Vulpix geschlüpft war, sind uns viele wilde Pokémon begegnet und haben uns geholfen. Ziehen frisch geschlüpfte Pokémon wilde Pokémon an, um ihr überleben zu sichern?
    Das Fossil scheint einem Insekt zu ähneln.
    Schrieb Gary in sein Notizbuch.
    "Ey Gary. Was ist das überhaupt für eine Party? Du hast doch sicher mit den Flittchen von vorhin gequatscht, oder?" rieß Jace Gary aus seinen Forschungen.
    Gary sah auf und blinzelte ein paar mal bis er realisierte, dass jemand eine Frage an ihn gestellt hatte. "Ähm... Also... sie haben mir kaum etwas gesagt. Nur dass die Party in der Arena stattfinden soll. Es wird eine Art Waldparty mit viel Kräuterschnaps." Gary zwinkerte, bevor er fort fuhr, "Dazu wird es einen Überschuss an Mädels geben. Alles ehemalige Schülerinnen und Leiterinnen der Arena. Hast du gewusst, dass die Arena schon seid über 85 Jahren nur von Frauen geleitet wurde?"
    "Und du würdest gerne die aller erste Leiterin ins Bett kriegen, oder?" spottete Jace und lachte laut auf.
    "Ach Hals maul" antwortete Gary, dennoch ließ er sich von Jace fröhlicher Stimmung mitreißen und lachte ebenfalls. Nachdem der angehende Professor sich etwas eingekriegt hatte, fragte er: "Was ziehst du gleich an?"
    Jace stöberte kurz in seinen Rucksack, bevor er sagte: "Wie wärs mal wieder mit dem alten, ehrenwerten Anzug?"
    "Anzug an!" rief Gary und lachte erneut.
    "Diese Nacht wird sagenhaft!" schmunzelte Jace, "Wie geht es eigentlich deinem Ei?"
    "Gut. Es macht Geräusche" beichtete Gary stolz.
    "Wow, dann schlüpft es bald. Ey wie wäre es mit einem Trainingskampf sobald das Pokémon geschlüpft ist? Dein Ei gegen mein Kindwurm" schlug Jace vor.
    "Ist dass nicht ein bisschen unfair? Dein Kindwurm ist viel älter! Aber ok mein Pokémon wird e stärker sein" protzte der Junge mit den braunen Augen.
    "Ach mein Kindwurm strahlt vor Energie!" konterte Jace. "Ich spring mal eben unter die Dusche. Ich hatte eine lange Nacht."
    "Apropos: Wo warst du?" fragte Gary.
    "Ich hab keine Ahnung wo, ich hab die Nacht mit meinen Pokémon verbracht" sagte Jace wahrheitsgemäß, bevor er die Tür des Bads hinter sich zu schlug.
    Gary blieb allein im Raum. Was verheimlicht er nur? fragte er sich, ehe sich wieder an seine Notizen setzte...
    Wohlig warm prasselte das Wasser auf Jace´ Körper. Seine Gedanken flossen mit dem Nass durch den Abfluss ins Nichts. Gnadenlos spülte der Strahl die Anstrengungen der letzten Tage davon.
    Der Duschkopf spuckte nur noch Tropfen, als der Züchter hinaus trat und von der kühlen Luft empfangen wurde. Langsam rieb Jace sich mit einem weißen Handtuch ab.
    Nachdem er trocken war, streifte der Junge mit den grünen Augen eine weite Boxershorts über, bevor er aus dem Raub hinaustrat. Jace fand einen in seine Notizen vertieften Gary vor. "Das Bad ist frei" sagte er nur und setzte sich auf sein Bett.
    "Jap" antwortete sein bester Freund, schloß sein Buch und begab sich ins Bad.
    Jace zog sich Socken, Hemd, Hose, Jacket und Krawatte an, als plötzlich Gary aus dem Bad stürmte. "Uhh, heiß, heiß, heiß!" rief dieser.
    "Du weißt, dass man das Wasser auch kälter stellen kann?" läcte Jace und präsentierte sein Outfit.
    "Wow, Kleiner! In dem Anzug siehst du aus wie ein Großer! Wuhu!" rief Gary.
    "Danke! Und jetzt zieh dich an! Wir wollen doch pünktlich unten sein" sagte der Züchter und grinste weiter.
    "Okay! Ich beeil mich ja! Wie wärs? Die Männer im Anzug?" zwinkerte Gary.
    "Ja, hau rein! Anzug an, Kumpan!" sagte Jace und begann, während Gary sich anzog, seine Pokébälle zu pollieren.
    "So! Fertig! Ab gehts auf Brautjagd!" johlte Gary.
    "Du gehst auf Brautjagd. Ich besauf mich nur" lachte Jace.
    "Ach, Kleiner. Wir finden schon ein hübsches Mädchen für dich" prophezeite der angehende Professor.
    "Okay, langsam reicht es. Lass uns runter gehen" antwortete Jace stumpf und ging Richtung Tür. Gary folgte ihm ohne ein Wort zu sagen. Still schweigend gingen die Jungs die Treppe hinab.
    Unten angekommen, setzten sich die Männer an die Bar und beschäfftigten Steve, der in der Zwischenzeit die Scherben beseitigt hatte und obwohl man ihm seine Rückenschmerzen ansah, weiter arbeitete. Die Jungs bestellten ein Bier nach dem anderen, bis sie plötzlich Schritte hörten.
    Alle Gäste hielten die Luft an oder stießen bewundernswerte Pfieffe aus. Den Trainern an der Theke stockte der Atem. Chloé und Lucia stolzierten die Treppe hinab.


    Chloé fühlte sich schon recht unwohl, als alle Blicke auf ihr ruhten. Das war sie gar nicht gewöhnt. Sie war immer unauffällig gewesen, seit sie ein Kind gewesen war. Doch nun fühlte sie sich anders. Besonders, weil Jace' Blick auf ihr ruhte. Und was für ein Blick. Ungewollt röteten sich Chloés Wangen. Sie hatte nie, niemals Blicke auf sich gezogen. Das war immer Lucias Aufgabe gewesen. Doch nun richteten sich alle Blicke auf die beiden. Aus dem Augenwinkel konnte sie den Blick von Steve sehen, der ihr irgendwie boshaft erschien, aber auch schelmisch. Zwar wunderte sie sich, beließ es aber dabei. Und das alle Blicke auf ihr ruhten, war Chloé nun gar nicht gewöhnt. Sie befeuchtete ihre Lippen, und endlich waren sie angekommen. Unten an der Treppe, wo die beiden Mädchen schon von den beiden Jungen erwartet wurden. Erneut wurde Chloé rot, als sie die beiden Jungs erblickten, die beide in einen engen, schwarzen Anzug gehüllt waren. Jace empfing sie wie ein wahrer Gentleman, streckte ihr seine Hand entgegen und ergriff sie sanft, aber dennoch bestimmt. Gary hingegen wirkte ein wenig eingeschnappt, dennoch ergriff er ebenfalls die Hand von Lucia, die galant kicherte. Doch Chloé war gar nicht zum Kichern zumute. Ihr blieb einfach die Sprache weg, als Jace ihre Hand ergriff. Seine Hand war warm, weich und zart, ihr Herz blieb stehen, als sein Daumen über ihren Handrücken strich. Seine waldgrünen Augen glänzten wegen der Sonne, die durch die Fenster des Gasthofes schien. Sie ruhten auf ihren Haaren. Erneut wurden Chloés Wangen von einer Hitze übermannt, die ihr peinlich war.
    "Was hast du mit deinen Haaren gemacht?" fragte Jace, und seine Stimme klang wie ein wohliges Schnurren in Chloés Ohren.
    Tatsächlich hatten sich ihre Haare verändert. Jedoch nur ein bisschen. Lucia hatte einfach einen Lockenstab angewandt. Jedoch erzeugter dieser schneller ein Ergebnis als gedacht. Da Chloé ein solch intensives Volumen in den Haaren hatte, waren die Locken voller als erwartet. Deshalb waren die einzelnen Lockensträhnen zwar an sich dünn, doch wenn man es im ganzen Betrachtete, waren sie äußerst reichhaltig. Chloé lächelte schüchtern.
    "Ach, ich hab nur einen Lockenstab benutzt."
    "Du meinst wohl, ich hab einen Lockenstab benutzt!" unterbrach Lucia, die sich schon bei Gary untergehakt hatte. Was sonst gar nicht ihre Art war. Chloé nahm sich vor, Lucia bald mal danach zu fragen.
    "Ja, Lucia hatte die Idee. Ich wollte ursprünglich nur meine normale Frisur"
    "Aber das wäre doch viel zu langweilig!" rief Lucia aus, und Chloés Wangen wollten nicht aufhören zu kribbeln.
    "Ja. Also sind sie jetzt so."
    "Du siehst wunderschön aus." platzte es aus Jace heraus, der sogleich eine gesunde, rote Farbe annahm. Auch Chloé wurde rot, sie schien fast zu explodieren. Auch Gary stimmte in die Lobpreisungen mit ein. "Ja, steht dir wirklich gut, Chloé." Er setzte ein charmantes Lächeln auf, was Jace zum beben brachte. Das konnte Chloé an seiner Hand fühlen, die begann zu zittern. Erst wollte sie sich ihr entziehen, doch dann fiel ihr ein, dass sie das nicht wollte - dass Jace' Hand zu halten, alles war, was sie sich im Moment am meisten wünschte.
    Erneut wurde die Brünette rot. "Wollen wir dann los?" fragte sie, um ihre Peinlichkeit zu überspielen.
    Einstimmig nickten alle, und somit begaben sie sich alle auf den Weg in die Pflanzenpokémonarena.


  • Die kleine, heraus geputzte Gruppe trat durch die Tür in die Nacht. Kühl hauchte der Wind über ihre Wangen. Der Nachthimmel beleuchtete alles in einem sanften Licht. Die geschockten Ausrufe der Jugendichen übertönten das Rascheln der Blätter und die leisen Rufe der nachtaktiven Pokémon.
    "Haben wir wirklich so lange gebraucht? Vor fünf Minuten war es doch noch morgen!" rief Jace.
    "Anscheinend schon" flüsterte Chloé.
    Der Züchter sah das Mädchen an. Ihre Haut glitzerte im fahlen Mondlicht. Die Sterne spiegelten sich in ihren Augen. Ihre Haare bewegten sich leicht in der zärtlichen Brise.
    Jace spürte, wie sein Herz schneller schlug, wie das Blut seine Haut rot färbte, wie seine Lippen ein Lächeln formten. Jace beugte sich vor und bedeckte mit seinem Mund den von Chloé.
    "Jace? Alles ok? Du schaust so komisch" riss die Stimme von Chloé ihn aus seinem Traum.
    Der Züchter blinzelte einige Male, bevor er in die verunsicherten Augen seiner Begleitung sah.
    "Es ist alles ok Chloé" sagte Jace.
    "Kommt Leute, eine Party wartet auf uns!" rief Gary und die Truppe setzte sich in Bewegung.
    Ihr Ziel war nicht zu verfehlen. Riesige Scheinwerfer ließen die Arena hell erstrahlen. Das Gebäude war neben dem Gasthof das größte Bauwerk in Ewigenau.
    Stillschweigend setzten die Jugendlichen einen Fuß vor den anderen. Schon bald hörten sie das Dröhnen des Basses. Vor der Arena wurden die Trainer schon von einem Mann im Smoking erwartet. Der Herr, wahrscheinlich Mitte dreißig, trug eine Sonnenbrille und hatte schwarze Haare.
    "Guten Abend" begrüßte sie dieser.
    "Guten Abend" wiederholten die Jugendlichen.
    "Wuhu! Ihr seid tatsächlich gekommen!" ertönte plötzlich eine feminine Stimme. Silvana stürmte aus der Arena und umarmte jeden einzelnen.


    Er hatte irgendwas. Gefiel sie ihm doch nicht? Hatte der Wind ihre Haare so verunstaltet? Chloé suchte fieberhaft nach einer Erklärung, wieso sich Jace vorhin so komisch benommen hatte. Seine Augen waren glasig gewesen, während sie auf ihr geruht hatten.
    Chloé schluckte. Sie wurde davon abgehalten, weiter darüber nachzudenken, als Silvana freudig wie immer auf sie zugestürmt kam und sie alle umarmte. Erneut flammte ein kleiner Funken Eifersucht in Chloé auf, doch der drohte nicht zu entflammen, denn Silvana umarmte auch schließlich Gary. Chloé lächelte, als Silvanas Haare ihre Wangen streichelten, während sie sich umarmten. Ganz nah an ihrem Ohr hörte Chloé Silvana flüstern: "Das was du mit deinen Haaren gemacht hast, echt hinreißend."
    Als sich die Arenaleiterin wieder wegbeugte, zwinkerte sie Chloé kurz zu. Deren Wangen kribbelten. Sie wurde schon wieder rot. Klasse.
    Doch sie hatte erneut wenig Zeit, weiter darüber nachzudenken. Denn kaum hatte die in grün gekleidete Frau die Jugendlichen begrüßt, kam eine andere Frau mit einem Tablett angeschlendert, ihre Hüften galant und etwas übertrieben am schwingen. Ihre schwarzen, fast unnatürlich langen Haare fielen wie ein schwarzer Vorhang auf ihren Rücken, und Gary konnte kaum seine Blicke für sich behalten. Chloé sah absichtlich nicht zu Jace, solch einen gaffenden Blick seinerseits hätte sie nur weiter ernüchtert.
    Die Frau balancierte auf dem Tablett zwei Sorten Alkohol: Sekt, der einladend in den schön geformten Gläsern prickelte, und Bier, dessen Schaum fast dreiviertel des Getränkes einnahm. Und die Kellnerin musste wirklich begabt sein, denn sowohl Sekt- als auch Biergläser waren komplett gefüllt, jedoch war noch kein Tropfen des Genussmittels verloren gegangen.
    "Einen Drink? Geht auf's Haus." Silvana lachte und wartete nicht annähernd auf eine Antwort der Freunde. Die wäre sowieso nutzlos gewesen. Schnell drückte sie Lucia und Chloé jeweils ein Sektglas, und Gary und Jace jeweils ein prallgefülltes Bierglas in die Hand. Die beiden Jungs grinsten, stießen laut grölend an und tranken ihre ersten Schlücke. Chloé blinzelte verwundert. Hatte sie sich den Streit nur eingebildet? Die beiden verstanden sich, als wäre nie etwas gewesen. Doch Choé wollte auch gar nicht zu viel darüber nachdenken, rief laut: "Prost, Lucia!", stieß mit ihrer besten Freundin an, sodass das Getränk im Glas gefährlich schwankte. Dann legte Chloé ihren Kopf in den Nacken, führte das Glas zu ihren Lippen und trank einen großzügigen Schluck des Prickelwassers. Sofort wurden ihre Wangen rosig und ihr Mund begann zu kribbeln. Sie hatte schon lange nichts vergleichbares getrunken - der Sekt war fruchtig, explodierte förmlich in ihrem Mund, sodass sie, nachdem sie hinuntergeschluckt hatte, kurz auflachen musste. Lucia schien es ähnlich zu gehen. Im Gegensatz zu Chloé hatte diese jedoch ihr Sektglas schon geleert, hakte sich bei Chloé unter und zog sie davon. "Bis dann, Jungs."
    Chloé konnte sich nicht wehren, dachte jedoch auch nicht lange daran - sie wollte unbedingt wieder Spaß mit ihrer besten Freundin haben. Diese trat nun in die dichte Menschenmenge, die sich in der Arena angesammelt hatte. Doch wenn man die Menschen mal außer Acht ließ, staunte Chloé über die Arena selbst. Unzählige Bäume säumten die Wände der Arena, doch stören taten sie keineswegs. Der Boden bestand aus Gras und einigen plattgedrückten Wegen, die, außerhalb von Partys, die Trainer, die Silvana herausfordern wollten, wohl ziemlich verwirren sollten. Doch nun achtete man gar nicht auf sie.
    Die Partymeute tanzte, Chloé und Lucia mussten sich hindurchschlängen, um zu einem halbwegs abgeschotteten Ort zu gelangen, wo man ein paar Minuten ohne zu tanzen verbringen konnte. Chloé ergriff die Gelegenheit und trank ihren letzten Schluck Sekt, der eine wohlige Wärme in ihr auslöste und in ihren Wangen kribbelte. Unwillkürlich lächelte sie, stellte, Lucia folgend, ihr Glas auf einen Tisch in der Nähe ab und bewegte sich ein wenig zum Rhythmus mit. Es war kein schnelles Lied, und so war der Bass auch erträglich, sodass man sich mit fast normaler Lautstärke unterhalten konnte. Chloé ließ ihren Blick durch den vollen, riesigen Raum schweifen, und plötzlich erblickte sie zwei Personen, an die sie die ganze Zeit gar nicht gedacht hatte. Sofort biss sich Chloé wieder auf die Lippe, und das diese vom Sekt noch immer leicht kribbelten, biss sie fester als sonst. Lucia schien ihren Blick zu registrieren und sah sie neugierig an. Chloé nahm sich vom schon benannten Tisch ein weiteres Glas des köstlichen Sektes, und als Lucia es ihr gleichtat, sagte Chloé: "Da, hinter dir, da sind diese beiden Schlampen von vorhin." Lucia drehte sich um und trank darauffolgend sogleich einen kräftigen Schluck Sekt. Auch ihre Wangen waren schon rosig gefärbt. Chloé nahm ebenfalls einen herzhaften Strom des Sektes, bevor sie weitersprach.
    "Lass uns mal näher ran gehen. Vielleicht reden die ja über was interessantes." Komplett nüchtern hätte Chloé sich das niemals getraut. Doch bei ihr wirkte Alkohol immer schneller als bei Lucia. So stieg er ihr auch diesmal zu Kopf, entfaltete sich in ihrer Brust, sodass ihr warm wurde. So schlichen sich die beiden Freundinnen an die Mädchen heran, und erst bei näherer Betrachtung fiel Chloé auf, dass es nur die beiden 'Harmlosen' zu sein schienen. Die, die Jace so angegafft hatte, als hätte sie ihn am liebsten vernascht, war nicht da. Sogleich bekam Chloé Sorge. Und diese Sorge wurde auch bestätigt, als sie leise, aber dennoch glasklar hörte, worüber die beiden redeten.
    "Naja, denkst du, sie zieht es echt durch?"
    "Klar, wenn Serena sich etwas in den Kopf setzt, zieht sie das auch durch."
    "Aber ob er sich das gefallen lässt? Er hat sie vorhin ziemlich angebrüllt."
    "Er hatte mit allem Recht. Aber lass sie nur machen, wenn sie meint, dass sie heute Abend einen unschuldigen Jungen abschleppen muss."
    Chloé wurde hellhörig. Einen Jungen abschleppen? Sie meinten doch nicht etwa...?
    "Wie hieß er noch gleich? Sie hatte ja gar nicht mehr aufhören können, über ihn zu sprechen."
    "Jason? So oder so ähnlich, denke ich."
    "Jace. Stimmt, so ein ausgefallener Name." Die Mädchen kicherten und nippten an ihren Martinigläsern, die mit blassroter Flüssigkeit gefüllt waren. Mehr musste Chloé nicht hören. Entsetzt sah sie zu Lucia, die ebenso besorgt schien, jedoch auch mit dem Hass in den Augen, die Chloé für diese Serena fühlte.
    "Wir müssen unbedingt Jace finden." sagte Lucia bestimmt, trank ihr Sektglas abermals leer und bahnte sich ihren Weg durch die Menge, Chloé direkt hinter sich.


    Die Jungs hatten sich an die Theke gesetzt und waren dabei, ein Bier nach dem anderen zu trinken, wobei sie sich über die übertriebene Menge an Schaum beschwerten.
    Die Musik dröhnte in ihren Ohren. Die Luft war stickig und es roch nach Alkohol.
    Jace versuchte, in der Menschenmenge Chloé zu finden, doch es gelang ihm nicht. Resignierend stellte er sein mittlerweile leeres Glas wieder auf den Tisch. "Das einzige Gute an dieser Party ist der gratis Alkohol" jammerte Jace und bestellte sich noch mehr zum trinken.
    "Ach Kleiner. Hier laufen jede Menge hübsche Weiber rum. Dazu sind sie auch noch betrunken. Leichtere Beute gibt es nicht!" entgegnete Gary.
    "Du bist echt ein Schwein" sagte der Züchter und lachte sarkastisch.
    "Ach, du bist bemitleidenswert! Ich gehe jetzt zum Angriff über. Wir sehen uns morgen früh" prahlte der angehende Professor und tanzte auf ein Mädchen mit glatten, schulterlangen, roten Haaren, einem weißen engen Top und Jeans zu. Jace beobachtete die Szenerie. Das Mädchen sah den Trainer finster an, bevor sie ihm eine Ohrfeige verpasste. Jace lachte so heftig, dass er beinahe vom Stuhl gefallen wäre, als Gary zurück kam.
    "Oh, ist schon morgen früh, du Casanova?" höhnte der Züchter.
    "Ach, sie ist lesbisch" verteidigte sich der angebliche Frauenheld.
    "Ja sicher und ich bin der Kaiser von China" lachte Jace.
    "Wenn du dir so sicher bist, versuch du es doch!" forderte Gary seinen Freund heraus.
    "Ich hab so was nicht nötig!" konterte dieser arrogant.
    "Jaja, ich hab ein neues Ziel" antwortete Gary und ging nun auf ein Mädchen mit langen, blonden Locken zu.
    "Viel Glück" rief Jace ihm noch lachend hinterher. Der Züchter nahm einen Schluck aus seinem neuen Glas und lehnte sich zurück. Plötzlich versperrte ihm ein freier Bauch die Sicht.
    "Hi, Jace" kicherte Serena. "Ich habe gehofft, dich hier wieder zu sehen."
    Jace´ Laune sank noch weiter, als er die Blondine vom Vormittag erblickte. Sie trug ihre Haare offen und schien sich etwas abgeschminkt zu haben. Dennoch trug sie immer noch zu viel Make-Up. Mit einer Hotpants und einem zerrissenen T-Shirt bedeckte sie das Nötigste an ihrem Körper, dazu schummelte sie sich einige Zentimeter größer durch High-Heels.
    "Was willst du?" knurrte Jace sie an.
    "Ich wollte mich noch einmal persönlich für vorhin entschuldigen. Ich hab mich wie eine gigantische Zicke verhalten. Es tut mir leid" rechtfertigte sich Serena.
    "Okay" antwortete Jace genervt.
    "Gefällt dir die Party?" erkundigte sich die Blondine.
    "Bis jetzt ganz gut" erwiderte der Junge.
    "Du bist ziemlich kurz angebunden" stellte Serena fest und beugte sich vor, wobei sie ihren Ausschnitt überdeutlich präsentierte.
    "Ja und?" fauchte der Trainer.
    "Komm lass uns tanzen!" forderte das leicht bekleidete Mädchen den Züchter auf.
    "Nein, ich tanze nicht" entgegnete Jace.
    "Ach komm, das wird lustig!" rief Serena und zog Jace am Handgelenk davon.
    Der Trainer versuchte seine Hand frei zu bekommen, doch die Krallen der jungen Frau bohrten sich in sein Fleisch. "Hey! Lass mich los!" brüllte er, doch Serena schien ihn nicht zu hören.
    Schnell und bestimmt führte sie Jace zu einer Baumgruppe, hinter der sie vor den Blicken der anderen Gäste weitestgehend verborgen waren. "Was soll das hier werden?" fragte Jace.
    "Ich wollte ein bisschen ungestört mit dir sein" flüsterte die Blondine und strich mit ihren Händen über Jace´ Hemd.
    "Lass mich einfach in Ruh!" fauchte Jace und wollte sich abwenden, doch Serena zog ihn an sich und legte ihre Lippen auf seine.


    Jace, bittete Chloé, tief in Gedanken versunken. Jace, bitte fall nicht auf sie herein. Chloés Augen füllten sich langsam mit Tränen. Inzwischen hatte sie sich von Lucia getrennt, da die beiden es für besser empfunden hatten, getrennt nach Jace zu suchen. Eigentlich war das ziemlich dämlich, das war Chloé bewusst, schließlich konnte es ihr im Prinzip egal sein, mit wem sich Jace traf. Doch sie wollte auf keinen Fall, dass er verletzt wurde. Von solchen Mädchen wie Serena. Dass sie wahrscheinlich einfach nur total eifersüchtig war, drängte sie gekonnt in den Hintergrund. Dabei half ihr wahrscheinlich auch der fruchtig-süße Sekt, von dem sie mittlerweile das fünfte Glas intus und das sechste in der Hand hatte. Sie war schon unsicherer auf den Beinen als zuvor, und ein noch sachter Nebel hatte sich über ihre Augen und ihren Verstand gelegt, doch das änderte nichts daran, dass sie Jace finden musste. Um jeden Preis. Deshalb hatte sie auch die unzähligen Nachfragen ignoriert, die sie bekommen hatte. Viele wollten mit ihr tanzen, doch sie war immer weitergegangen.
    Plötzlich sah Chloé Gary, ja, sie war sich sicher. Sie formte die Augen zu Schlitzen, und tatsächlich, da materialisierten sich die braunen Haare von dem angehenden Professor. Er tanzte gerade mit einem Mädchen. Oder, besser gesagt mit mehreren Mädchen, Chloé konnte nicht genau sagen, mit wie vielen überhaupt. Jace war nicht bei ihm. Das erfüllte Chloé zum einen mit Erleichterung und zum anderen mit Sorge. Zähneknirschend trank sie einen weiteren Schluck des süßen Gebräus in ihrer Hand, und abermals begann ihr Gesicht zu kribbeln.
    Plötzlich fiel ihr Blick auf eine Baumgruppe, in einer der hintersten Ecken der Arena. Was genau sie daran eigenartig und anziehend fand, konnte sie nicht sagen. Musste wohl eine Nebenwirkung des Alkohol sein. Doch sofort setzte sie einen Fuß vor den anderen, angezogen von einer ihr nicht bekannten Macht, als würde eine unsichtbare Hand sie immer weiter vorwärts treiben. Schnell legte sie ihren Kopf in den Nacken und trank den letzten Schluck des Sektes, und auch den letzten Schluck dieses Abends, das nahm sich Chloé vor. Denn vor ihren Augen verschwammen schon die tanzenden Menschen, was ganz eindeutig kein gutes Zeichen war. So stellte sie das leere Sektglas auf einen Tisch, an dem sie auf ihrem Weg vorbeikam, und ging immer weiter auf die dunkle Ecke des riesigen Raumes zu. Die Bäume wurden immer größer, und je näher sie den Bäumen kam, die begannen, bedrohlich vor ihr aufzuragen, desto leiser wurde es um Chloé herum, sodass sie nach kurzer Zeit neben sachten Beats nur noch das Rauschen des Bluts in ihren Ohren hören konnte. Da war sie aus der Masse herausgetreten, atmete endlich wieder Luft ein, die nicht übermäßig nach Schweiß und Alkohol stank, und allein das machte sie schon beinahe wieder nüchtern. Kleine Schweißperlen glitzerten auf Chloés Stirn, die hauptsächlich von Angst herrührten. Angst, was sie erwarten würde. Mit langsamen, zögerlichen Schritten ging sie immer weiter auf die Bäume zu, bis sie einen Geruchscocktail wahrnahm: Den unbeschreiblich beruhigenden Geruch von Waldbäumen, wieder etwas Alkohol und dann noch...dann noch Parfum. Ein edles, dann konnte Chloé riechen. Es gehörte unverkennbar einer Frau. Chloé rümpfte ängstlich die Nase. War Serena da drin? Und war sie mit Jace da drin? Schwer schluckte die Brünette den aufsteigenden Kloß in ihrem Hals herunter und atmete noch einmal tief ein.
    Sie schwankte, also hielt sie sich provisorisch an der dicken, harzigen Baumrinde fest, die ihr ein Baum neben ihr bot. Das Holz fühlte sich rau unter ihren Fingerspitzen an, und sie beruhigte sich wieder etwas. Doch sofort waren wieder alle ihre Sinne geschärft, als sie die Stimme von Jace vernahm.
    "Lass mich einfach in Ruh!" Chloé horchte auf, atmete ihre angehaltene Luft aus. Plötzlich durchströmte sie das Adrenalin, gemischt mit Angst, und ihr wurde heiß. Sie krallte sich in die Baumrinde, stellte sich etwas sicherer hin. Kurz dachte sie: Was mach ich hier eigentlich? Das ist doch... Doch sie konnte nicht zu ende denken. Sie konnte an gar nichts mehr denken. Nur spüren, wie sich Tränen in ihren Augen ansammelten.
    Vorsichtig hatte sie zwischen die einzelnen Ästen des Baumes hervorgelugt. Hatte ihr Sehvermögen nochmal bis aufs Äußerste geschärft. Hielt den Atem an. Dort stand tatsächlich Jace. Und Serena stand da auch. Eine stille Träne lief Chloé die Wange hinunter und sie war nicht mehr imstande zu atmen. Sie küssten sich.

  • Ooooh, wie süß
    Auch wenn es nur Vorstellung war, er hat sie geküsst.
    Ich will unbedingt, dass die beiden zusammen kommen. Chloe und Jace sind echt total süß zusammen :love:
    sry, dass ich so lange mal wieder nicht kommentiert habe.
    Sag mal, was meint ihr mit dem falschen Kapi? Ich steh nämlich total auf dem Schlauch... ^-^'
    aber mal von meinen Problemen damit abgesehen, ein echt tolles Kapi. Rechtschreibung, da hab ich zwei Fehler gefunden:


    Zitat von Onee-Chan

    Jace, bittete Chloé, tief in Gedanken versunken


    äh, jedenfalls glaube ich, dass es 2 waren, aber den anderen find ich nicht mehr 8|
    ansonsten, was ich ganz toll fand:
    am Ende, wie ihr die Spannung gesteigert habt, das find ich echt super. Ich bin echt total neugierig, wie sich das jetzt entwickelt.
    Das Jace nichts von Serena will ist ja klar, aber ich glaube, das gibt dann die nächste Eifersuchtsszene.
    Ich freu mich schon drauf und hoffe echt, dass das diesmal etwas schneller geht. Sry, will eucht natürlich nicht hetzen, aber wäre halt schön. Jedenfall les ich immer wieder ganz gerne
    Ich meld mich nach den nächsten kapis wieder.
    Bis dann,
    Nachtara ;)


  • Chloé begann, unkntrolliert zu zittern. Die Tränen liefen unaufhörlich, und fast hätte sie sich durch ein Schluchzen verraten. So wandte sie sich ab, hielt sich verzweifelt an der Baumrinde fest. Sie war ganz eindeutig einem Nervenzusammenbruch nah. Frustiert biss sich Chloé auf die Lippe, während sie sich langsam, mit geschlossenen Augen, umdrehte, um den Schmerz, den sie empfand, so weit wie möglich zurückzudrängen. Doch es war unmöglich. Dieser Schmerz ließ sich nicht verdrängen. Er fraß sich von ihrer Magengegend hinauf in ihrer Kehle, in der sich ein heißes Gefühl breit machte. Er küsste sie. Sie küsste ihn. Sie küssten sich. Der Gedanke dröhnte in Chloés Ohren, ein unaufhörliches Echo, dass ihr von Mal zu Mal mehr Qual bereitete.
    Dann rannte sie los. Der Tränenschleier auf ihren Augen nahm ihr größtenteils die Sicht, doch davon ließ sie sich nicht abhalten. Der Alkohol berauschte ihre Gedanken, jedoch nicht den angenehmen Teil. Er verstärkte nur den grässlichen Schmerz, der sie zu zerreissen drohte. Automatisch fasste sie sich mit einer Hand an die Brust, damit sie nicht auseiander fiel. Und dann begann sie nun auch zu schluchzen.
    In ihren Ohren dröhnte zwar der laute Bass, doch Chloé kam es vor, als würde ihr Schluchzen alles übertönen. Wieso küsste er sie? Er hatte sie doch angebrüllt! War er etwa zu betrunken? Verschiedene Möglichkeiten schwirrten durch Chloés Kopf, doch egal, welche sie durchging, der Schmerz wurde nicht weniger. Im Gegenteil, je weiter sie darüber nachdachte, desto stärker pochte der Schmerz in ihren Schläfen. Sie kam sich töricht vor, sie heulte auf einer Party. Doch das war ihr eigentlich egal. Denn die Tränen hörten sowieso nicht auf, ihr die Wangen hinunterzulaufen. Sie schmeckte den salzigen Geschmack auf ihren Lippen. Dann blinzelte sie, um sich ein wenig zu orientieren. Verschwommen nahm sie den Eingang war, beziehungsweise den Ausgang, den sie anvisierte. Sie hatte keine Ahnung, wohin sie gehen sollte, sie wollte einfach nur weg. Also ging sie weiter zielstrebig auf die große, unübersehbare Tür zu. Doch als sie fast dort angekommen war, ertönte neben ihr eine ihr bekannte Stimme. Und sie wäre am liebsten im Boden versunken.
    "Chloé? Was ist denn mit dir los?" Gary kam ein Stück näher, sah ihr ins Gesicht, doch Chloé nahm ihn nur verschwommen wahr. Was sie jedoch wahrnahm war, dass er wegen ihr seinen Tanz mit den unzähligen Mädchen unterbrochen hatte und dass sein Gesichtsausdruck wohl mehr als schockiert war. Sie wandte schnell den Blick ab, versuchte, sich schnell mit dem Handrücken die Tränen abzuwischen, doch es brachte nichts. Sie liefen unaufhörlich weiter. So schüttelte sie kurz ihren Kopf, sodass ihr einzelne Strähnen über die Augen fielen. Sie wusste, dass sie nicht reden konnte. Sobald sie auch nur versuchen würde, einen Ton herauszubringen, würde sie beginnen zu schluchzen. Und richtig zu heulen. Noch schlimmer als bisher. Also schüttelte sie nur den Kopf, den Blick gesenkt. Dann spürte sie die warmen Hände von Gary auf ihren Wangen, die ohnehin schon glühten. Der Junge übte eine sanfte Kraft aus, sodass Chloé ihn ansehen musste. Sein Daumen strich über ihre gezeichneten Wangen, sodass er die getrockneten Tränenspuren deutlich fühlte. Chloé lief rot an, und sie war immer noch nicht im Stande, ihn anzusehen. Obendrein roch er nach Alkohol, sodass Chloé die Nase rümpfen musste.
    "Wieso weinst du? Was ist passiert?" Zwischen ihren Strähnen hindurch sah Chloé, wie Garys Augen kurz bedrohlich aufleuchteten. "Hat dir jemand was getan? War es wieder dieser Grapscher? Ich schwör dir, ich nehm ihn mir vor, wenn er dir was angetan -"
    "Gary," stotterte Chloé, bemüht, ihren Schmerz, der in ihrer Kehle wohnte, nicht lauthals rauszuschreien. "Niemand hat mich...begrapscht oder so'n Zeug." Es kostete sie alle Kraft, so langsam zu reden. Und nebenbei ruhten Garys Hände noch immer auf ihren Wangen. Am liebsten hätte sie sie abgeschüttelt, aber auch dazu war sie nicht im Stande.
    "Was ist dann los? Sag schon, Kleines." Erneut strich er mit einem Daumen über ihre Wange, und Chloé durchlief ein merkwürdiger Schauer. Wieder schaute sie runter, verschränkte ihre Hände ineinander, damit sie ihr Zittern so gut wie möglich unterdrücken konnte.
    "Ach, ich denke..." Ja, was dachte sie? Schnell überlegte sie sich eine Notlüge. "Ich denke, ich bin einfach viel zu schwach für den Wettbewerb. Ich...ich hab Angst." Sie schluckte schwer und hoffte, das Gary ihr glaubte. Und das schien er auch.
    "Ach, Chloé." Endlich nahm er seine Hände von ihren Wangen und drückte sie erst zaghaft, dann aber etwas bestimmter an sich. Toll. Doch zumindest sah er so nicht, wie sie weinte. Weinte und damit seinen Anzug durchnässte. Dann strich er ihr langsam über den Kopf. Chloé hatte sich selten so unwohl gefühlt. "Du bist nicht zu schwach. Du wirst das Ding gewinnen, da bin ich mir ganz sicher." Seine Stimme übertraf nur etwas die lauten Beats, doch da er genau an Chloés Ohr sprach, konnte sie ihn auch gut verstehen. Langsam löste sie sich aus dieser einseitigen Umarmung, doch seine Hände ruhten nun auf ihren Schultern. Sie sah ihm ins Gesicht, ein schiefes, aufmunterndes Lächeln zierte seine Lippen. Chloé konnte jedoch nur ihre Mundwinkel dazu bewegen ein wenig zu zucken. Zu mehr war sie einfach nicht fähig. "Aber deswegen brauchst du doch nicht weinen." Er lächelte etwas breiter. Aber er hatte ja nicht die geringste Ahnung.
    Chloé schüttelte seine Hände ab, flüsterte kaum hörbar ein danke und wollte schon davon laufen, als sie hinter sich die Stimme vernahm, die sie von grundauf erschütterte. "Was ist denn hier los?"


    Jace´ Körper verkrampfte sich. Sein Atem stockte. Von seinen Lippen ging ein Kribbeln aus, das seinen ganzen Körper durchzog. Langsam hob Jace die Arme und legte seine Hände auf Serenas Schultern. Mit einem kräftigen Ruck stieß er sie weg. Die Blondine landete unsanft auf dem Boden. "Was fällt dir Bitch ein?" schrie Jace. Sein Leib zitterte und Zorn brodelte in seinem Inneren.
    Serena stand langsam auf. Sie ging wieder auf den Trainer zu und flüsterte: "Och Süßer, hat es dir nicht gefallen? Soll ich dich anders verwöhnen?"
    Jace´ Hand bewegte sich von allein. Serena landete wieder auf dem Boden. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sie hielt sich die Wange. "Du... du...du hast mich..."
    "Ja" unterbrach der Züchter sie. Seine Augen waren nur noch finstere Schlitze. "Straßenmädchen wie du lernen es nicht anders." Nach diesen Worten wandte Jace sich endgültig von der Blondine ab.
    Schnellen und festen Schrittes bewegte Jace sich durch die Partymeute. Er wollte zum Ausgang. Er wollte an die frische Luft. Er wollte sein Gemüt abkühlen. Doch seine Wut wurde weiter angeheizt, als er sah, wie Chloé in Garys Armen lag. Geschockt von der Szenerie vor ihm, blieb Jace gelähmt stehen. Seine Augen waren weit aufgerissen. Jace versuchte kontrolliert ein und aus zu atmen. Sein Körper zitterte weiter. "Ach, scheiß drauf" flüsterte Jace. Der Züchter steuerte auf seine Freunde zu und rief: "Was ist denn hier los?"
    Chloé und Gary zuckten zusammen. Das Licht spiegelte sich in den Tränen der brünetten Koordinatorin. Ihre Augen strahlten Trauer, Verzweiflung und Entsetzen aus. Ihr Blick haftete eine Sekunde auf Jace, dann wandte sie sich plötzlich ab und rannte in die Nacht.
    "Chloé, Warte!" riefen Jace und Gary synkron. Doch das Mädchen lief nur noch schneller.
    "Hat sie dir was gesagt?" fragte der Züchter.
    "Sie meinte nur, dass sie Angst vor dem Wettbewerb hat" gab der Professor in spe wieder.
    Jace atmete verächtlich aus. Plötzlich ertönte eine feminine Stimme hinter ihnen.
    "Gaaaaaaary! Kommst du zurück?" Ein Mädchen mit langen roten Haaren und einem kurzen, schwarzen Kleid stand hinter ihnen. In der einen Hand hielt sie ein Sektglas mit der anderen zeigte sie Gary zu ihr hin zu kommen.
    "Kleiner. SIe wird sich wieder einkriegen. Mach dir keine Sorgen genieß die Party" sagte Gary und schlenderte zu dem Mädchen.
    Jace verfolgte ihn kurz mit seinem Blick, bevor er sich abwandte und Chloé in die schwarze Nacht folgte.
    Eisig peitschte der Wind um Jace´ Nase und zerzauste seine Haare. Bei der Finsternis konnte Jace fast gar nichts sehen. Doch das sanfte Mondlicht ließ Chloés weißen Rock kalt erstrahlen. Der Züchter begann zu rennen. Rannte durch die Schatten der Nacht auf einen leuchtenden Fleck zu. Ein leuchtender Fleck an einem wunderschönen Mädchen, das am Boden eine Spur aus Tränen hinterließ.
    Jace folgte Chloé bis zurück zum Gasthof. Der Züchter hörte, wie die Tür des Mädchenzimmers ins Schloss knallte und wie leise Schluchzer aus dem Zimmer drangen.
    "Chloé? Alles ok bei dir?"


    Blindslings war sie davon gelaufen. Nicht nur einmal wäre Chloé beinahe gestolpert. Doch ihr war bewusst, dass sie ihm nicht in die Augen hätte sehen können, wenn er sich bei einem Sturz ihrerseits neben sie gekniet hätte. Die Wärme seiner Hände, wenn er ihr aufgeholfen hätte, wäre einzig noch eine Lüge für sie gewesen - ein Trugschein, den sie nicht ertragen hätte. So rannte sie. So weinte sie. Immer, immer weiter.
    Als sie dann blinzelte, sodass sich der nicht weniger werdende Tränenschleier etwas verdünnte, sah sie den Gasthof hoch über ihr aufragen. Ohne nachzudenken, oder geschweige denn stehen zu bleiben, rannte sie hinein. Und ja, sie vernahm, dass Jace hinter ihr herrannte. Hörte neben ihrem angestrengten Keuchen und dem unaufhörlichen Schluchzen, wie er ebenfalls nach Luft rang. Er sollte nicht hinter ihr herrennen. Hätte einfach wegbleiben sollen. Sie konnte ihn nicht ertragen. Als sie ihn in der Menschenmenge gesehen hatte, war ihr Herz buchstäblich stehengeblieben. Er hatte entrüstet auf sie und Gary geschaut, und am liebsten hätte sie alleine wegen dieser Tatsache laut aufgeschrien.
    Der salzige Geschmack auf ihren Lippen, ihrer Zunge und in ihrer Kehle ließ sie beinahe würgen. Selten hatte die Koordinatorin so geheult. Sie empfand wohl doch mehr für diesen Jungen, als ihr lieb war. Und mit jedem Schritt wurde das Loch in ihrem Herzen größer - und schmerzte immer intensiver.
    Dann polterte sie gegen die Tür des Gasthofes, voller Angst, das schwere Material, was sie in ihrem Zustand nicht einordnen konnte, würde nicht zerspringen, wie es ihr Herz in dem Moment tat. Denn mit dem Betreten des Gasthofes kehrte die Erinnerung zurück: Er hatte sie doch beschützt. Er hätte ebenso gut nichts machen können. Und sie leiden lassen. Chloé war sich sicher, körperlicher Schmerz war um einiges sanfter als das, was sie jetzt empfand.
    Er hatte sie doch als sein Mädchen bezeichnet. Seins. Wieso, fragte sie sich verzweifelt, wieso warf er das alles weg? Träne für Träne tröpfelten ihre durchnässten Wangen hinab, konnten den Schmerz jedoch nicht fort waschen.
    Jace' Schritte kamen näher. Schwer keuchend rannte sie die Treppe hoch, sich abstützend am hölzernen Geländer, das bedrohlich begann zu knirschen. Dabei ignorierte sie gekonnt die Blicke von Steve und den Gästen - wenn noch welche da waren, sie konnte es nicht sagen. Dann hatte sie endlich ihre Tür erreicht, schlug sie auf, und mindestens ebenso kraftvoll wieder zu. Und verschloss sie. Verschließen war gut. Am liebsten hätte sie sich für immer, naja, zumindest für sehr, sehr lange Zeit in dem Zimmer eingeschlossen. Und dann konnte sie einfach nicht mehr. Sie sank in sich zusammen, die Arme auf die Knie gestützt, und den Kopf in den Armen vergraben. Und so saß sie da, heulte und durchnässte ihren Rock, für den sie einst so lange gespart hatte.
    Dann vorsichtiges Klopfen an der Tür. Es ließ sie aufhorchen, kurz mit dem Schluchzen aufhören, doch den Kopf hob sie nicht.
    "Chloé? Alles ok bei dir?" Jace. Natürlich. Vorsichtig nickte Chloé, wobei ihr einzelne Strähnen ihrer zuvor so perfekten Mähne nass ins Gesicht fielen. Sie nickte, bis ihr einfiel, dass Jace das ja nicht sehen konnte. Und nebenbei hätte ihr das in ihrem Zustand ohnehin niemand abgekauft. So hielt sie die Luft an, während sie sprach, weil das die einzige Möglichkeit war, um nicht völlig elend zu klingen. Obwohl sie sich so fühlte.
    "Ja, Jace. Mir gehts super. Geh bitte." Chloé konnte hören, wie die Türklinke hinunter gedrückt wurde, doch da sie abgeschlossen hatte, tat sich nichts.
    "Mach bitte auf." Seine Stimme klang relativ ruhig, gefasst traf es wohl eher. Doch angespannt war er alle Mal.
    "Bitte, Chloé. Was hast du?" Von plötzlicher Wut ergriffen biss sich Chloé auf die Zunge, so stark, dass sie den rostigen Geschmack von Blut wahrnehmen konnte. Der Schmerz ließ sie wieder einigermaßen klar denken, verscheuchte für einen Moment sogar die Tränen.
    "Ach, hast du nicht mit Gary geredet?"
    "Doch, er meinte, es hätte etwas mit dem Wettbewerb zutun." Er schien zu zögern. Chloé begann zu erwidern: "Ja also, was willst du dann hier, wenn du es schon weißt, dann -"
    "Aber ich glaube dem nicht." Erst jetzt hob Chloé den Kopf. Was sie sah, waren einzig ihre verklebten Strähnen, die vor ihrem Auge baumelten, und das Fenster, das Ausblick nach draußen bot. Ob sie wohl springen konnte? Dem hier entfliehen? Sie befanden sich schon einige Meter über dem Boden...
    "Chloé?" Als Jace sie dabei unterbrach, ihre Überlebenschancen eines solchen Sprunges abzuschätzen, lief ihr eine weitere, stumme Träne über die Wange und blieb an ihrer Unterlippe haften. Sie fuhr sich mit der Zunge darüber, schmeckte den salzigen Geschmack und versuchte, ihre Worte mit Bedacht zu wählen.
    "Es geht mir wirklich gut, Jace. Nur etwas zuviel Alkohol. Ich möchte jetzt..." Schweren Herzens schluckte sie, "alleine sein." Was natürlich eine Lüge war. Am liebsten hätte sie sich in seine Arme geworfen, doch sie wusste nicht, ob sie seine Arme noch immer als wohlige Zuflucht sehen konnte.
    Für einen langen Moment war es still. Chloé begann sich zu fragen, ob Jace bereits verschwunden war. Angespannt horchte sie, doch das einzige was sie hörte war ihr einziger, unregelmäßiger Herzschlag. Ihr Mund stand etwas offen. War er weg? War er tatsächlich gegangen? Erneut stiegen Tränen in die Augen der Koordinatorin, da ihr bewusst war, dass sie diesen Verlust nicht ertragen könnte. Verzweifelt schüttelte sie den Kopf, sodass ihre doofen, klebrigen Strähnen ihre Wangen kitzelten. Als nach gefühlten fünf Minuten immer noch kein Geräusch ertönt war, fühlte Chloé nur noch Leere. Leere an dem Platz, an dem sie zuvor so viel, was sie nicht recht verstand, für Jace empfunden hatte. Ihr Brustkorb zitterte unter ihren unkontrollierten Schluchzern, ihr ganzer Körper bebte. Was sollte sie jetzt tun? Sie wusste, es würde nichts bringen, es war schon zu spät. "Ich will nicht, dass du gehst."


    Verdammt. Wie lange hatte sie inzwischen nach Jace gesucht? Auf jeden Fall zu lange. Lucia seufzte gespielt melancholisch, blickte sich dann erneut um. Natürlich, Jace kann ich nirgendwo finden, er scheint wie vom Erdboden verschluckt. Aber Gary, der ist unübersehbar. Schelmisch grinste Lucia, als sie den angehenden Professor mit einer Rothaarigen tanzen sah. Wenn man es überhaupt tanzen nennen konnte, denn sie tanzten so eng, das hatte Lucia noch nie gesehen. Wie viel Gary wohl schon getrunken hatte? Anscheinend genug, denn er machte eindeutig zweideutige Bewegungen mit seiner Hüfte, die exakt mit denen von dem Mädchen übereinstimmten. Dabei strich er ihr genüsslich über die Kurven, und Lucia ging zielstrebig auf ihn zu. Vielleicht wusste er ja, wo Jace steckte. Und vielleicht auch Chloé, denn seit sie sich getrennt hatten, hatte Lucia nichts mehr von ihrer besten Freundin zu sehen bekommen.
    Siegessicher formte sie ihre Augen zu Schlitzen, da sie es ganz sicher genießen würde, Gary von seiner kleinen Tanzpartie abzulenken. Ihr fieses Grinsen wurde breiter, bis sie vor dem Braunhaarigen stehen blieb, der sie zunächst gar nicht bemerkte, da die beiden mit dem Rücken zu ihr tanzten. Plötzlich kam ihr ein Geistesblitz, und ihr Lächeln entfachte sich kurz mit neuer Kraft, bevor sie einen traurigen, verletzten Blick annahm. Kurz versetzte sie sich so gut es ging in ihr bevorstehendes Schauspiel, obwohl sie das innerlich zum Lachen brachte, was die ganze Sache nur noch komplizierter machte. So biss sie sich von innen auf die Wange, um nicht loszulachen, und tippte Gary auf die Schulter. Dieser drehte sich langsam um, und sein Blick sagte alles. Was willst du? Lucia konnte ihm deutlich ansehen, dass er sie gerne mit den Worten angebrüllt hätte, doch, mit angespanntem Kiefer, hielt er sich zurück. Inzwischen hatte sich auch das Mädchen umgedreht, das zugegebenermaßen ziemlich hübsch war, sie hatte eine kleine Nase und ihre Wangenknochen standen galant hervor. Sie hatte das, was mancher als Mandelaugen bezeichnet hätten, die einen satten Braunton hatten, der an Mahagoni erinnerte. Ihre Lippen waren voll, und der Lipgloss brachte sie zum Glänzen. So tat es Lucia fast schon Leid, was sie da jetzt tat.
    "Du Idiot! Mit mir wolltest du nicht auf die Party, aber dann machst du dich an eine andere ran?" Die Blauhaarige versuchte, einen entsetzten Ausdruck hinzubekommen, doch das wurde ihr wieder ziemlich schwer gemacht, da Gary sie so entgeistert ansah, dass sie am liebsten laut aufgelacht hätte. Doch sie nahm sich zusammen, hier ging es schließlich um Jace. Dann antwortete Gary endlich. "Was willst du denn? Lass mich." Er wollte sich schon wieder umdrehen, doch zu Lucias großem Vergnügen blickte das Mädchen äußerst sauer und ließ Gary einfach stehen, der sofort seine ganze Körperhaltung anspannte und sich wieder Lucia zuwandte. "Was sollte das denn? Ich hatte sie schon fast soweit -"
    "Jaja, Gary. Du hast noch genügend Gelegenheiten." Lucia zwinkerte Gary frech zu.
    "Jaja, also, was willst du?" Sein immer noch finsterer Blick ließ Lucia einen Schauer über den Rücken laufen.
    "Naja, ich wollte dich fragen, ob du weißt wo Jace ist."
    "Chloé hinterhergelaufen."
    "Was? Wieso?"
    "Als ob ich Jace' Handeln verstehen würde."
    "Na gut, und wohin ist Chloé gelaufen?"
    "In den Gasthof."
    "Okay, danke Gary. Jetzt kannst du ja weiter tanzen." Gedankenverloren biss sich Lucia auf die Lippe. Wieso war Chloé weggelaufen? Sofort flammten Sorge um ihre beste Freundin in der Blauhaarigen auf, und geistesabwesend ging sie weiter durch die Menge. Sie begann, gerade auf ihrem Fingernagel herum zu kauen, als sie die Stimmen von den Mädchen vernahm, die zuvor über Jace geredet hatten. Automatisch verlangsamte sie ihren Schritt und ging langsam und ganz nah an den Mädchen vorbei, und zu ihrer Überraschung konnte sie sehen, dass die Dritte dazugestoßen war. Diese ergriff auch sogleich das Wort, ohne von Lucia Notiz zu nehmen.
    "Mädels, ich habs so drauf!" Sofort wurde Lucia hellhörig, und für einen Moment blieb ihr Herz stehen. Hatte sie tatsächlich...? Sie verlangsamte ihre Schritte noch weiter, das Herz dröhnte in ihren Ohren.
    "Wieso? Was ist passiert?" fragte die, die schon einen braunen Ansatz hatte.
    "Ach Luna, was soll schon passiert sein, ich hab ihn in eine dunkle Ecke gelockt und sein Blut getrunken." Die Blondine leckte sich übertrieben über die Lippen, und Lucia musste einen Würgereiz unterdrücken. Die fühlte sich vielleicht toll.
    "Und in Echt, Serena?" Die zweite Blondine mischte sich ein, doch dass sie die Augen verdrehte, entging Lucia nicht. Ebenso wenig wie der, die behauptete, Jace verführt zu haben. Urg. Alleine bei dem Gedanken wurde Lucia flau im Magen, und ungewollt traten Tränen in ihre Augen. Was war denn los?
    Nun zögerte die Blondine, die Lucia als Serena identifiziert hatte, und suchte eindeutig fieberhaft nach irgendeiner Erklärung. Lucia zögerte ebenfalls. Log sie? Tatsächlich konnte sie sich irgendwie nicht vorstellen, dass Jace so...so dumm war. Und dann sah sie es. Bei dem flackernden Licht war es zwar etwas schwer zu erkennen, aber auf Serenas Wange prankte eine deutlich rote Stelle. Das konnte auch ihr Make-up nicht verstecken. Und bei noch genauerem Hinsehen konnte man schwach die Umrisse einer Hand erkennen. Lucia lachte, was in dem Bass unterging. Gut gemacht, Jace.
    Ohne weiter auf die Drei Mädchen zu achten, ging sie weiter auf den Ausgang zu, das letzte, was sie von Serena mitbekam, war, wie sie armselig versuchte zu beschreiben, wie Jace sie rangenommen hatte. Lucia konnte einfach nicht aufhören zu Grinsen. Einfach armselig.

  • Hallo.
    Sry, dass ich erst so spät lese, aber mein PC war schrott.
    und anders kommt man hier einfach nicht ungestört ins Inet -.-


    Okay, genug davon.
    Immerhin wollte ich dir ja n Kommi schreiben.


    wow, missverständnisse nehmen bei euch wohl kein ende ^^
    Aber das macht das gasnze auch viel interessanter, also nur her damir.
    Was ich bei euch immer wieder merke, wie mit der Sicht auch komplett das Verständniss einer Szene wechselt. Was ich meine ist, dass
    damit plötzlich alles in einem anderen Licht steht. Mir fällt sowas immer richstig schwer. Umso mehr gefällt es mir bei dieser Geschichte.


    aber irgendwie total süß, dass er ihr nachläuft. Klar, dass Jace in Chloé verliebt ist, wissen wir ja schon alle, aber trotzdem find ich es total knuffig.
    Dass Gary die Ausrede geglaubt hat, wundert mich dann aber doch. Ich glaube, so gut sollte er sie kennen. Wenn man ein bisschen drüber nachdenkt, wirkt das ziemlich unwirklich denke ich.
    Oder ist er echt schon so besoffen?


    Okay, Lucias Idee ist zu genial. Ich hab auch n bisschen mitgelacht.
    und echt mal: wenn Gary immer weiter rumflirtet, wundert es mich nicht, dass Chloé eher in Jace verknallt ist ^^
    aber ich bin ja schon mal neugierig, was jetzt noch zwischen Jace und Chloé passiert.
    schreibt schnell weiter.bitte.
    jetzt kommen ja die ferien.


    GLG
    Nachtara


  • Alleine sein. Dieser Satzfetzen hallte in Jace´ Kopf wieder. Verstärkte sich zu einem krampfhaften Echo. Ein schmerzender Tinitus.
    Sie wollte ihn nicht sehen. Sie wollte ihn nicht hören. Sie wollte ihn nicht in ihrer Nähe haben. Sie wollte, dass er verschwand.
    Sollte er gehen? Sollte er sie wirklich alleine lassen? Sollte er nun aufgeben? Ein für alle mal aufgeben?
    Ein feuchter Schleier legte sich auf seine Augen, den Jace sofort weg blinzelte. Der Züchter fühlte sich schwach und verwundbar. Sein Magen drehte sich. In seinem Kopf drehte sich alles. Sein Herz hätte jeden Moment zerspringen können.
    Jace lehnte sich an die Wand neben der Tür und ließ sich hinab sinken. Die Mauer und der Boden waren kalt. Aber nicht annähernd so kühl, wie das Innere des Züchters.
    Plötzlich ertönte eine Stimme hinter der Tür: "Ich will nicht, dass du gehst."
    Sechs erlösende Worte, die Jace aufatmen ließen. Tränen liefen ihm über die Wange, Tränen der Erleichterung.
    "Ich war nie weg. Ich werde immer an deiner Seite sein, Chloé" sagte Jace und versuchte dabei, so gefasst wie möglich zu klingen.
    Stille. Chloé sagte nichts. Wieso sagte sie nichts? Hatte Jace etwas falsches gesagt? Glaubte sie ihm nicht? Weitere Tränen rollten seine Wangen hinab. Tränen der Verzweiflung.
    Ich werde dich nie gehen lassen! dachte Jace, wischte sich die Tränen mit dem Handrücken weg und stand auf. Seine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an, dennoch stand der Züchter nun wieder aufrecht.
    Er ruhte mit seiner Stirn an der Holztür zu Chloés Zimmer. "Chloé. Mach bitte die Tür auf"


    Ihr Herz war tatsächlich wieder stehengeblieben. Sie dachte, er war weg! Und dann hatte er doch tatsächlich da gewartet. Chloé lief unmittelbar nach seinen Worten rot an. Ihr Gesicht kribbelte verräterisch. Noch immer saß sie da, auf dem Boden zusammengesunken. Völlig still. Chloé war sich nicht sicher, ob sie es aushalten konnte, ihm in die Augen zu sehen. Ob sie ihm immer noch glauben konnte? Sie wollte. Das wollte sie wirklich. Wenn sie jemandem glauben wollte, dann Jace. Doch ihr wollte dieser Kuss nicht aus dem Kopf gehen. Sie hatte nur kurz hingesehen - nur für den Bruchteil einer Sekunde. Doch das Bild, das sich ihr geboten hatte, hatte sich unwiderruflich in ihren Kopf gebrannt. Und sie war sich sicher, dass es keine Möglichkeit gab, es wieder verschwinden zu lassen.
    "Chloé? Bitte." Erneut drang die Stimme von draußen an Chloés Ohr und ließ sie zusammenzucken. Sie hatte fast vergessen, dass er immer noch da draußen war. Es gab einfach zuviel, das ihr im Moment durch den Kopf ging.
    Unentschlossen biss sich Chloé auf die Unterlippe. Was würde geschehen, wenn sie ihm die Tür öffnen würde? Und was, wenn nicht? Sie konnte schließlich nicht für immer in dem Raum bleiben. Oder?
    Doch dann erwischte sie sich dabei, wie sie bereits aufstand, sich an der Wand hochdrückte, und schließlich wackelig auf beiden Beinen stand. Vorsichtig stützte sie sich noch weiterhin an der Wand ab, da sie vermutete, bei einer größeren Bewegung sofort wieder zusammen zu brechen. So stand sie da, mit dem Rücken zur Tür, wischte sich großzügig mit dem Handrücken über das Gesicht, was bei ihr jedoch wahrscheinlich total sinnlos war. Sie tastete sich mit ihrer anderen Hand an das Schlüsselloch heran, in dem noch immer der rostige Schlüssel steckte, und drehte ihn herum. Das Geräusch zerrte schmerzvoll in Chloés Gehör. Und es war ihr gerade noch möglich, so viele Schritte in den Raum zu gehen, die nötig waren, um nicht von der Tür getroffen zu werden, als diese auch schon aufflog und Jace, schwer atmend, in ihrem Rahmen stand.
    Wie er sie ansah, erschütterte Chloé. Am Liebsten hätte sie direkt wieder neue Tränen vergossen, wenn sie daran dachte, dass Jace wahrscheinich wegen ihr so aussah. Seine Augen lagen tief in ihren Höhlen und waren durch Ringe gezeichnet, die wohl noch immer stumme Geschichten über die Nacht erzählten, in der Jace verschwunden war. Chloé schluckte schwer. Ob sie ihn wohl auch darauf ansprechen sollte?
    Dann sein Mund. Seine Lippen sahen ebenso spröde aus wie die ihren, doch das änderte nichts daran, dass Chloé sich nach der Berührung seiner Lippen sehnte. Und das gerade jetzt. Was stimmte denn nicht mit ihr?
    Seine Hände waren zu Fäusten geballt und zitterten sichtbar. Sein Brustkorb hob und senkte sich schwer, aber regelmäßig. Schließlich glitt Chloés Blick wieder hinauf zu seinen Augen. Sie ruhten auf ihrem Gesicht, er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass sie so viel geweint hatte. Sofort wurde sie wieder rot, verschränkte ihre Hände ineinander, um ihre Nervosität zu überspielen. Was ihr eindeutig nicht gut gelang. Noch immer befand sich ein Tränenschleier vor ihren Augen, den sie nicht verstecken konnte. Da das Mädchen sich immer unwohler fühlte, da die Stille wie eine Wand zwischen den beiden aufragte. So wollte sich Chloé schon abwenden, drehte sich halb zu dem Fenster, spannte deutlich ihren Kiefer an. Bis sie etwas hörte. Zunächst hörte sie es nur kurz, flüchtig - doch es wurde zunehmend lauter. Das Geräusch der knartschenden Treppen unter Schuhsohlen. Auch Jace schien inne zu halten, drehte sich um und erstarrte, soviel konnte Chloé aus dem Augenwinkel sehen. Diese wandte nun auch den Kopf, drehte ihn soweit, dass sie nun wieder die Tür erblicken konnte. Und erneut drang etwas in ihren Gehörgang. "Chloé? Bist du hier irgendwo?" Es war unverkennbar Lucias Stimme. Sie lallte sogar etwas wenn Chloé sich nicht irrte, ganz eindeutig eine Nebenwirkung des Alkohols. Chloé schluckte und spannte ihren Kiefer an. Dann stand auch schon Lucia in der Tür, ihr schleierhaft wirkender Blick landete sofort auf Jace und wechselte zwischen ihm und Chloé stetig hin und her. Bis sie schließlich, sichtlich verwirrt, mit leiser Stimme fragte: "Was ist denn hier schon wieder los?"


    Wie erstarrt standen Jace und Chloé in dem Raum. Als wären sie Wachsfiguren. Ein ziemlich skurriler Anblick, wie Lucia fand. Und das lag nicht nur an dem Alkohol, der Lucias Sinne ein wenig zu stark benebelte. Der letzte Cocktail hätte eindeutig nicht sein müssen, schärfte sich die Blauhaarige ein, blinzelte ein paar Mal um ihren Blick zu fokussieren und ging dann ein paar unsichere Schritte in den Raum hinein. Lucia konzentierte sich zunehmend darauf, gerade zu gehen und nicht zu stolpern, sodass sie die fragenden Blicke ihrer Freundin gekonnt ignorierte. Chloé hatte tatsächlich eine Augenbraue hochgezogen, sodass ihre Stirn in Falten stand. Bei genaurem Hinsehen fielen Lucia die getrockneten Tränenspuren auf Chloés Wangen auf, ebenso wie ihre geröteten Augen. Sofort wurde sie auf einen Schlag nüchterner, ging zielstrebig auf ihre Freundin zu und schloss sie in die Arme, wenn auch etwas stürmisch. "Aber Süße, was ist denn passiert? Ich hab dich gesucht!" Sie drückte Chloé energisch an sich, spürte ihr Kleid durch ihre Strumpfhose hindurch. Die Blauhaarige hörte Chloés unregelmäßigen Atem an ihrem Ohr, und ab und zu drang auch das ein oder andere leise Schluchzen an ihr Ohr. Lucia ließ ihre Freundin erst in dem Moment überstürzt los, als sie durch ihre vernebelten Sinne endlich realisierte, wie sich Chloés Rundungen so an ihren Körpern pressten, dass es unangenehm wurde. So spürte sie auch Jace' Blick in ihrem Rücken, stieß Chloé mehr oder weniger sanft von ihr weg und strich ihr Outfit glatt. Chloé war währenddessen rot angelaufen, fuhr sich mit ihren Finger routineartig durch ihre Locken, ihr Blick war leer und auf einen unsichtbaren Punkt im Raum gerichtet. Noch immer schimmerte ein Tränenschleier auf ihren Augen, und das ließ sie zwar traurig, aber gleichzeitig auch auf eine abgedrehte Weise wunderschön und unerreichbar wirken. Lucias Mundwinkel jedoch glitten nach unten, denn sie wusste dennoch dass Chloé tief erschüttert war. Insgeheim hoffte sie, dass sie an Chloé rankommen würde, denn so gebrochen hatte sie ihre Freundin nur außerordentlich selten erlebt. Dann glitt ihr Blick zu Jace, der den Kiefer sichtlich angespannt hatte. Und bei genauerem Hinsehen waren auch seine Augen von roten Umrissen geprägt. Was war denn hier nur wieder vorgefallen, dass sogar Jace es sich nicht verkneifen konnte, ein paar Tränen zu unterdrücken?
    "Okay, ich weiß nicht was hier schon wieder passiert ist, aber -", Lucia wandte sich nun direkt an Chloé, deren verloren wirkender Blick sich auch auf diese richtete, "willst du es mir erzählen?" Chloés Blick wirkte noch eine Spur verlorener, ruhte kurzzeitig auf Jace, das wusste Lucia ohne ihn direkt anzusehen. Sie konzentrierte sich viel mehr auf Chloés weiche Gesichtszüge, die eine Geschichte erzählten, die Lucia noch nicht kannte. Die Mundwinkel der Brünetten zuckten, ihre Lippen formten sich zu einem entschuldigenden Lächeln, doch ihre grasgrünen Augen sprachen eine ganz andere Sprache. Unschlüssig biss sich die Blauhaarige auf der Lippe herum, bis es ihr schließlich einleuchtete. Sie sah Jace in die Augen, die dunkel in ihren Höhlen lagen, mit einem traurigen Schleier auf ihnen, was Lucia kurz leidtat. Doch sie musste es tun, für Chloé. Somit schluckte das Mädchen und sagte entschlossener, als sie sich eigentlich fühlte: "Jace, kannst du bitte runter gehen? Damit ich -" "Schon klar. Ich bin dann unten." Seine Mundwinkel zuckten traurig, kurz wanderte sein Blick zurück zu Chloé, und seine Miene wirkte noch eine Spur verzweifelter. Dann ging er.
    Lucia verharrte, bis seine Schritte verhallt waren und die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war. Dann ging sie die paar Schritte auf Chloé zu, die sie noch voneinander trennten, blieb kurz vor ihr stehen - und musste mit ansehen, wie ihre Freundin vor ihr in Tränen ausbrach.


    Kaum fiel die Tür hinter dem Züchter ins Schloss, sackte Jace in sich zusammen. Ironie des Schicksals. Wieder sitz ich vor verschlossener Tür. Ein sarkastisches Grinsen zierte seine Lippen. Langsam hob und senkte sich seine Brust. Seine Tränen waren mittlerweile versiegt, dennoch vernebelten Sorgen seinen Verstand. Zögernd rappelte sich der Trainer auf. Schleppend setzte er einen Schritt vor den anderen und entfernte sich von der Tür.
    Das Holz knarrte unter seinen Füßen. Gedankenverloren ging er den Weg hinab und hinaus, den Blick und den verstohlenen Gesichtsausdruck des Barkeepers ignorierend. Die frische Nachtluft kühlte Jace´ Gemüt. Tief atmete der Trainer ein und aus. Mit den Handflächen wischte er sich über das Gesicht um die Spuren seine Verzweiflung zu vertuschen.
    Jace zuckte zusammen, als eine bekannte Stimme ertönte: "Hey, Kleiner! Was machst du hier?" Gary torkelte auf ihn zu. Sein Gesicht war leicht gerötet und seine Bewegungen unkoordiniert. Schwankend kam er vor Jace zum stehen.
    "Hi, ich schnapp frische Luft. Warum bist du denn schon hier? Und das sogar ohne Begleitung, was ist los?" entgegnete Jace. Seine Mimik täuschte sarkastische Freude vor, doch seine Gedanken waren woanders.
    "Ach, ich hatte keine Lust auf einen One-Night-Stand und obendrein habt ihr mich da allein gelassen." Gary sah seinen Freund finster an.
    "Tut mir leid, aber ich hab es da nicht mehr ausgehalten" sagte Jace. In seine leise Stimme mischte sich Wut.
    "Warum nicht? Ich hab eine interessante Geschichte gehört. Du hattest angeblich viel Spaß." Auf Garys Gesicht machte sich ein schelmisches Grinsen breit und er zwinkerte seinem Freund zu.
    "Was für Lügen verbreitet die Tusse denn jetzt?" Jace ballte seine Hände zu Fäusten. Sein Atem ging stoßweise.
    "Hast du nicht mit dieser sexy Serena rumgeleckt?" Garys Gesicht wirkte überrascht und leicht deprimiert.
    Jace kniff die Augen zusammen. "Natürlich nicht! Dieses Flittchen hat mich zwar geküsst, aber du kennst mich. Ich hasse solche Strichbienen!"
    "Und was hast du dann gemacht?" fragte der Professor in spe.
    "Ich hab sie weggeschubst." Jace sah verschämt zu Boden.
    "Mehr nicht? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die sich so einfach abservieren lässt." Gary rieb sich grübelnd das Kinn mit Daumen und Zeigefinger.
    "Leider nicht. Sie hat mich weiter bedrängt."
    "Jetzt rede nicht so um den heißen Brei rum! Was hast du getan?" hetzte Gary ihn.
    "Ich hab ihr eine Ohrfeige verpasst" flüsterte Jace.
    "Du hast was? Das glaub ich nicht! Du würdest sowas doch niemals tun! So kenn ich meinen kleinen, schüchternen, pazifistischen, besten Freund gar nicht." Die braunen Augen des Trainers waren weit aufgerissen.
    "Ich hatte keine andere Wahl!" verteidigte sich der Züchter, dennoch sah er weiterhin scheu zu Boden.
    Gary atmete laut aus. "Solange es nur solche Bitches erwischt." Ein zartes Lächeln schlich sich auf sein Gesicht und erneut zwinkerte er seinem Begleiter zu.
    Das Grinsen des Professors in spe war ansteckend und Jace´ Mundwinkel wanderten nach oben.
    "Es war eine einmahlige Sache" beteuerte Jace.
    "Weißt du was? Ich gehe wieder zurück und stell da ein paar Dinge klar." Zum dritten Mal zwinkerte Gary. "Willst du mit?"
    "Langsam denk ich, du hast irgendwelche Zuckungen."Jace streckte seine Zunge heraus. "Aber nein. Ich bleibe hier."
    "Ok, wenn du meist. Bis später." Mit diesen Worten wandte sich Gary ab und wollte zurück gehen.
    "Warte!" rief Jace ihm nach. Der Züchter wollte sich die Frage verkneifen, da er sich erst vor kurzem mit seinem Freund versöhnt hatte, doch er konnte es nicht. "Was war das vorhin mit Chloé?"
    Gary drehte sich wieder um und sah dem Züchter fragend in die Augen. "Was soll gewesen sein? Sie hat ..."
    Mitten in Garys Satz knarrte die Tür hinter den beiden Jungs und eine feminine Stimme sagte: "Ach hier bist du!"


    Durch einen alles verwischenden Tränenschleier konnte Chloé wahrnehmen, wie sie zu Boden sank. Was sie spätestens dann an ihren Knien bemerkt hätte, die unsanft auf dem Boden auftrafen. Mit Mühe hatte sie sich verkniffen, vor Jace in weitere Tränen auszubrechen. Doch kaum hatte er die Tür hinter sich ins Schloss fallen lassen, hatte sie ihre Gefühle nicht mehr im Zaum halten können. Als hätte sich ein unsichtbarer Riegel in ihr gelöst, waren die Tränen wieder gelaufen wie Wasserfälle. Wie sich Chloé schämte. Ihre Nase saß zu und es kam ihr vor, als ob ihr Gesicht alle möglichen Flüssigkeiten mischte, die möglich waren. So viel geheult hatte sie ja schon lange nicht mehr. Und gleichzeitig fühlte sich ihr Innerstes so leer an. Was war denn nur los mit ihr? Sie verstand es nicht, ihr schmerzte der Kopf, ihre Schläfen pulsierten. Auch in ihrem Magen begann sich alles zu drehen. Der Alkohol, ja, das musste es sein. Er verschlimmerte alles. Und tatsächlich schwirrte ihr noch immer der süße und benebelnde Geschmack des Getränks im Kopf herum. Vielleicht war sie ja deshalb so impulsiv. Und traurig. Und verletzlich. Und weinte sich wahrscheinlich gerade leer.
    Dann hörte sie schwach neben dem Pulsieren ihres eigenen, unregelmäßig schlagenen Herzens, wie Lucia auf sich zukam, sich neben Chloé kniete und ihre Freundin umarmte. Die Blauhaarige schlang ihre Arme um Chloés Schultern, drückte sie an sich, sodass ihre nachtblauen Haare die Wangen der Brünetten kitzelten. Hätte sie in dieser Situation lächeln können, wäre der Schmerz nicht so greifbar und unüberwindbar groß gewesen, sie hätte wohl gelacht.
    "Süße, ganz ruhig. Pssssssscht, alles ist gut, Chloé." Lucia strich mit ihrer Hand die kraus gewordenen Haare von Chloé glatt, doch nichtmal das konnte diese beruhigen.
    Ihr Atem ging stoßweise, sie musste sich bemühen, überhaupt einzuatmen. Was ihr dann auch nur sehr flach gelang. Sie klang wie ein überanstrengtes Hündchen. Dann sammelte sie sich, ihre Augen produzierten zwar weiterhin Tränenflüssigkeit, aber sie wurde zumindest ruhiger und schluchzte nicht mehr so übermütig wie zuvor. Dann hörte sie wieder die Stimme von Lucia, die weiterhin beruhigenden Einfluss auf sie nahm. "Was ist denn passiert? Mir kannst du's doch sagen. Was ist los?" Ein trauriges Lächeln zierte Chloés Lippen, ehe sie langsam und versucht kontrolliert begann zu sprechen. "Lucia...ich...ich bin einfach..." Ein Schluchzen unterbrach sie, und erneut brauchte sie Zeit, um sich zu sammeln. Lucia strich ihr über den Rücken, und dann fing sie abermals an. "Also...es war auf der Party. I...ich weiß nicht, ob du...das mitbekommen hast, aber J...Jace hat..." Weitere unkontrollierte Tränen liefen ihre Wange hinab, und diesmal festigte Lucia ihre Umarmung nur noch. Merkwürdigerweise klang ihre Stimme nur gepresst. Natürlich wusste sie es. Es war wohl nun das Thema der ganzen Party. Chloé wurde übel.
    "Ja, ich kann mir denken, was du meinst. Aber keine Sorge, das ist nur daher gelabert. Diese Schlampe hat nicht wirklich unseren Jace verführt. Das hat sie nur rum erzählt." Chloé erschauderte. Sofort spannte sie sich an, machte ihre Hände zu Fäusten, so stark, dass sich ihre Fingernägel in ihr Fleisch bohrten. Ebenso biss sie sich auf die Zunge, versucht, die nächsten Tränen aufzuhalten. Erfolglos.
    "Das...ich..." Durchatmen! ermahnte sich Chloé. Dann ging es erstaunlicherweise besser. "Ich...ich hab es gesehen. Also, dass sie...dass sie sich..." -Durchatmen - "geküsst haben." Kurz legte sich schweigen über die beiden Freundinnen, Lucia spannte sich ebenfalls an, zerdrückte Chloé beinahe.
    "Du...du hast es gesehen? Bist du sicher?"
    Stumm nickte Chloé.
    "Aber...aber ich..." Auch Lucia schien sonderbar geschockt über diese Nachricht sein. Dann atmete aber auch sie durch und fuhr fort.
    "Aber ich hab diese Bitch mit ihren Freundinnen reden gehört. Sie hat zwar angegeben, aber das war ganz eindeutig gelogen. Und," sie senkte ihre Stimme, sodass es beinahe nur noch ein Flüstern war, "sie hatte einen roten, frischen Handabdruck auf der Wange."
    Chloés Herz flatterte, warum konnte sie nicht sagen. Aber selbst wenn. Sie hatte sich nicht verguckt. Durch die Dunkelheit und den Alkohol hindurch hatte sie genau gesehen, wie sie sich...geküsst hatten. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Dennoch konnte sie es sich nicht erklären, denn Lucia irrte sich nur äußerst selten.
    "Weißt du was," erklang plötzlich wieder Lucias Stimme. "Ich geh jetzt nochmal dahin. Das alles klarstellen. Vielleicht seh ich ihn ja." Ohne ein weiteres Wort ließ Lucia Chloé los und stand auf, ging geradewegs zur Tür und ließ von einem Augenblick auf den anderen Chloé allein. Die wusste gar nicht, wie ihr geschah. Wusste nicht, was sie glauben sollte. Im grellen Licht der Deckenlampe glitzerten die Tränen auf ihren Wangen, die immer nocht stetig liefen. So hockte sie da wie ein Häufchen Elend, ohne zu wissen, was sie nun als nächstes mit sich anfangen sollte.


  • Die Stimme des Mädchens drang in Garys Gehörgang. "Lucia? Was machst du denn hier? Und warum hast du mich gesucht?"
    Die blauhaarige Koordinatorin stemmte die Hände in die Hüften und sagte: "Ich hab Jace und nicht dich gesucht! Warum bist du eigentlich schon hier? Hab ich dir die Tour versaut?" keifte Lucia.
    Gary sah erst das Mädchen böse an, bevor er seinem Freund einen fragenden Blick zuwarf, der jedoch erneut verschämt zu Boden sah. "Pah, die Hühner dort sind zu leichte Beute. Ich hab Spaß an der Jagd" sagte Gary und lächelte spitzbübisch.
    "Du bist so ein Macho!" fauchte Lucia.
    "Ich bin einfach ein Womanizer" prahlte Gary und zwinkerte der Koordinatorin zu, diese rollte mit den Augen und richtete sich dann an Jace. "Jace, können wir unter vier Augen sprechen?"
    Jace sah auf und blickte der Koordinatorin in die Augen. Diese spiegelten Trauer, Verzweiflung, Enttäuschung und Zorn wieder.
    Der Züchter wollte gerade den Mund öffnen, als Gary Einspruch erhob: "Stopp, stopp, stopp! Was Jace etwas angeht, geht auch mich etwas an!" Die Augen des Trainers verfinsterten sich, das bei Jace ein kleines Lächeln hervor rief.
    "Naja, wenn du meinst" sagte Lucia. Die Koordinatorin schnaubte laut. "Chloé hat dich vorhin mit Serena gesehen. Was ist da zwischen euch gewesen?" Richtete sie sich mit einer von Schmerz und Trauer durchtränkten Stimme an Jace.
    Das Lächeln des Züchters erstarb. Die Botschaft lähmte seine Muskeln. Sorge flutete seinen Körper. Die Verlustangst pulsierte in seinen Adern. Sein Blick richtete sich erneut auf den Boden und ein Kloß machte sich in seiner Kehle breit.
    "Ach, die Bitch hat unseren Jace mal richtig kennen gelernt" nahm Gary seinem Freund die Antwort ab und legte einen Arm um dessen Schultern. Ein schelmisches Grinsen legte sich über die Lippen des Professors.
    Lucia riss die Augen weit auf und hielt sich eine Hand vor den offenen Mund. "Was soll das heißen?" flüsterte sie voller Entsetzen.
    "Sie hat unseren kleinen Profizüchter nicht in Ruhe gelassen und da ist ihm eine Sicherung rausgeflogen." Gary schlug mit der Handfläche durch die Luft, um Lucia deutlich zu machen was der Trainer mit den grünen Augen getan hatte.
    Jace sah zur Seite. Der Kloß hatte sich noch nicht vollständig gelöst. Sein Magen drehte sich um. In seinem Kopf schwirrten Bilder von Chloé. Chloé, die sich von ihm abwenden und ihn hassen würde, sobald sie erfuhr, dass er Mädchen schlug.
    "Diese Bitch!" schrie Lucia. "Ich werde ihr die Augen auskratzten!"
    Jace schrak zurück, als er das Aufflammen des Zorns in Lucias Augen brennen sah. Die Koordinatorin stampfte zurück zur Party. "Ich geh mal hinter her, bevor Lucy was Schlimmes anstellt. Bis später" sagte Gary und ließ Jace allein zurück.
    Als der Professor in spe sich einige Schritte entfernt hatte, hörte er ein metallisches Klicken.
    "Beruhig dich, Süße. Du musst dich doch nicht so aufregen, nur weil eine Tusse Jace belästigt hat." bemerkte Gary, während er lächelnd neben Lucia lief.
    "Lass mich! Ich darf das!" meckerte Lucia, als sie die Tür der Arena aufstieß.


    Nun saß sie da wie ein Häufchen elend. Zusammengesunken auf dem Boden, ihre Knie berührten den Untergrund, doch Chloé war nicht im Stande, das Material zu identifizieren. Ihr Kopf war leer. Lucia war einfach gegangen. Zu Jace. Ein Kloß bildete sich in Chloés Kehle, wenn sie an den Jungen dachte. Er hatte Serena geküsst. Das war das einzige, was ihr durch den Kopf schoss, immer und immer wieder. Wie ein nervendes Echo in den Bergen. Und sie konnte es nicht verhindern, dass mit jeder Wiederholung dieser Worte in ihrem Kopf weitere Tränen aus ihren Augen schossen und ihre Wangen hinab liefen. Was sollte sie nun tun? Ihr Kopf war noch immer etwas benebelt vom Alkohol, er fühlte sich neben der Taubheit ziemlich leicht an. Chloé war bewusst, dass sie nicht gut im Umgang mit Alkohol war - besonders, wenn sie zuvor nichts gegessen hatte. Das wurde ihr auch nun wieder allzu deutlich bewusst. Wieso ihr nicht nachgehen? fragte sie sich. Wieso ihn nicht selber fragen? Ich bin doch kein kleines Mädchen mehr, dass einen Vormund braucht. Selbst wenn Lucia es nur gut meinte, fügte sie in Gedanken noch an, erwischte sich aber sogleich dabei, wie sie langsam auf die Beine kam. Zuerst wackelig, doch dann stand sie auch schon wieder relativ fest, obgleich sich vor ihr das Zimmer drehte. Sie blinzelte ein paar Mal, um ihren Blick zu schärfen, ihre Lider fühlten sich merkwürdig verklebt an. Musste wohl an den Tränen liegen. Mit dem Handrücken wischte sie sich kurz über die Augen, ehe sie, mehr oder weniger gerade auf die Tür zuging, die wieder zugefallen war. Zögerlich machte das Mädchen die Tür wieder auf, das laute Krächzen dieser schmerzte ihr qualvoll in den Ohren und hinterließ ein peinvolles Pochen in ihren Schläfen. Sie musste sich wieder mal dringend ausschlafen. Doch das wollte ihr in letzter Zeit ja ohnehin nicht mehr gelingen.
    Sofort drängte sich die Treppe in ihr Blickfeld, die ihr plötzlich steiler vorkam als zuvor. Sie schluckte die aufkeimende Panik hinunter, die sie überkam, was sie gekonnt auf den Alkohol schob. Vorsichtig tastete sie sich an das Geländer der Treppe, sie spürte die Unebenheiten des Holzes unter ihren kribbelnden Fingern, was eine beruhigende Wirkung auf sie hatte. Sie atmete die Luft des Gasthofes ein, eine Mischung aus Holz, Kräutern und Bier. Chloé rümpfte die Nase, und es machte sie ein Stückweit nüchterner. Zumindest etwas. So ging sie die Treppe hinunter, begutachtete währenddessen unauffällig den großen Raum, dem sie sich näherte, in der Hoffnung, dort Jace anzutreffen. Doch Fehlanzeige. Er war nicht dort. Nur ein Mann, Chloé schätzte ihn auf mitte vierzig, der an der Bar saß und mit Steve redete und große Schlücke aus seinem Glas trank, und eine Art Putzfrau, die den Holzboden fegte. Chloé beachtete die Menschen nicht weiter, sie ging geradewegs auf die Tür zu. Sie wollte ihn nur finden. Jace sehen. Sein Name hatte sich inzwischen deutlich in ihren Kopf eingebrannt.
    Sie wollte die Tür des Gasthofes schon aufstoßen, bis sie von draußen schwach Stimmen vernahm. Wie angewurzelt blieb sie stehen, jede einzelne Ader in ihr erstarrte, als würde plötzlich Eiswasser anstatt Blut durch ihren Körper fließen. Sie drängte alle anderen Geräusche in den Hintergrund, konzentrierte sich nur auf die ihr bekannten Stimmen. Machte die Tür nur einen Schlitz weit auf, ohne einen Laut von sich zu geben. Dort standen Gary, Lucia und Jace. Chloé hielt den Atem an.
    "Chloé hat dich vorhin mit Serena gesehen. Was ist da zwischen euch gewesen?" Lucias Stimme klang eindringlich zu Chloé durch, und kurz hatte sie das Gefühl, dass sie in Ohnmacht zu fallen drohte. Wieso sagte sie das? Wollte sie Chloé etwa in den Rücken fallen? Missmutig biss sich Chloé auf die Innenseite ihrer Unterlippe, bis sie den rostigen Geschmack von Blut auf ihrer Zunge wahrnahm. Das heiße Gefühl von Tränen schoss in ihrer Kehle hinauf, wollte schon mit einem Schluchzen entweichen. Doch das Blut verhinderte dies, auch wenn sich ihr langsam der Magen umdrehte. Dann sah sie ihn an. Jace' Augen lagen tief in ihren Höhlen, die anstrengenden Nächte zeichneten sich durch perlmuttgraue Schatten unter ihnen ab. Das sonst so prägnante, intensive Grün seiner Augen war dunkler geworden - es ähnelte nun eher der Farbe einer Tanne an einem regnerischen Tag. Sein Mund war verzogen zu einem traurigen Lächeln, vorerst zumindest, denn kaum hatte Chloé diesen Gedanken zuende gedacht, und kaum hatte Lucia die Frage gestellt, verschwand sein Lächeln ebenso schnell wie Chloés Hoffnung auf ein gutes Ende. Wenn diese Lippen - diese Lippen, an denen zuvor Serena sehnsüchtig gehangen hatte - sich traurig verzogen, was sollte dann Chloé tun? Am liebsten hätte sie wieder losgeheult.
    "Ach, die Bitch hat unseren Jace mal richtig kennengelernt." Garys Stimme drang wie ein schlechter Witz an Chloés Gehör; ihr Magen begann sich zu drehen. Dass Gary begann, vielsagend zu Lächeln, trug das Wesentliche zu Chloés Übelkeit bei.
    Auch Lucia schien schockiert, sie flüsterte irgendwas, was Chloé nicht verstand. Ihr Blut rauschte zu laut in ihren Ohren.
    "Sie hat unseren kleinen Profizüchter nicht in Ruhe gelassen und da ist ihm eine Sicherung rausgeflogen." Garys Hand rauschte durch die Luft, so schnell, dass sie vor Chloés Augen undeutlich verwischte. Hatte er tatsächlich das getan, was sie dachte? Hatte er sie..?
    Jace sah zu Boden, sein Kiefer war angespannt. An was er wohl dachte? Schämte er sich? Auch wenn er das tat - Chloé war unglaublich froh.
    "Diese Bitch! Ich werde ihr die Augen auskratzen!" Lucias Ausruf ließ Chloé zusammen zucken, so unvorbereitet traf er sie. Sie musste sich ein Lachen unterdrücken. Das war Lucia. Ein Lächeln bildete sich auf Chloés Lippen, als sie sah, wie Lucia zurück in Richtung Party stapfte, Gary nah bei ihr. Schließlich bekam sie noch mit, wie er sie 'Süße' nannte. Und obwohl sich Chloé deshalb wunderte, war es ihr in dem Moment ziemlich egal. Jace hatte Serena eine gescheuert. Wann? Egal. Er hatte es getan. Serena hatte ihn geküsst, das war alles was Chloé gesehen hatte. Dann war sie fortgelaufen. Plötzlich drängte sich noch ein Aspekt in Chloés Bewusstein: Sie hatte ihn was sagen gehört. Irgendwas in die Richtung: "Lass mich in Ruhe." Das hatte sie gar nicht bedacht. Erleichterung durchströmte sie wie heiße Lava, ließ das Eiswasser in ihren Adern schmelzen, sodass sie sich wieder lebendig fühlte. Das warme Blut stieg ihr zu Kopf, färbte ihre Wangen, ließ ihre Lippen weiter lächeln. Sie hätte die ganze Welt umarmen können. Obwohl Jace ihr vollends gereicht hätte.
    Jace. Sie fokussierte ihre Gedanken und ihr Bewusstsein wieder auf den Züchter. Er stand noch immer da und wirkte ziemlich verloren. Er scharrte mit den Füßen, sodass einzelne kleine Steinchen und Sand aufgewirbelt wurden. Seine Augen lagen im Schatten, sein Mund war zu einer strengen Linie verzogen. Plötzlich ergriff Chloé tiefe Sehnsucht. Schmerzende Sehnsucht, die sie nicht mehr zurückhalten konnte. Sie warf die Tür auf, der Überschwang der plötzlichen Bewegung verursachte bei ihr wieder ein Schwindelgefühl, doch sie ignorierte es gekonnt. Jace sah auf, blickte sie erst überrascht, dann traurig an. Sein Blick brannte sich ihr ein, es schmerzte, ihn so zu sehen.
    Sie biss sich auf die Unterlippe, nahm ihren ganzen Mut zusammen. Dann ging sie einfach auf ihn zu. Mit jedem Schritt wurde er präsenter, als wäre er zuvor nur eine Illusion gewesen - eine atemberaubende Illusion selbstverständlich. Sie sah ihm direkt in die Augen, das Grün der Tanne, einst an einem regnerischen Tag, verwandelte sich in das einer Tanne bei Sonnenaufgang - frisch und klar. Und unvorstellbar grün. Chloé brauchte alle Kraft, sich nicht in ihnen zu verlieren. Dann war sie bei ihm angekommen. "Chloé, was -?" Doch sie blieb nicht stehen, lief weiter, direkt in seine Arme und so in eine wohlige Umarmung hinein. Erst war er steif, bewegte sich nicht, als würde er die Umarmung nur widerwillig zulassen. Chloé spürte die Angespanntheit seiner Muskeln, seiner starken Arme, die er dennoch um ihre Schultern geschlungen hatte. Sie absorbierte seinen Geruch: Eine Mischung aus Tränen, Alkohol, Seife und seinem eigenen, maskulinen Geruch, den sie nicht ganz einordnen konnte. Sie hätte sich in ihm verlieren können. Sein Körper war warm, und allmählich entspannte auch er sich. Tränen der Erleichterung liefen der Koordinatorin über die Wangen, verschwanden in Jace' Anzug, so flüchtig waren sie. Er legte seinen Kopf auf den ihren, atmete tief ein und aus, sodass Chloé spürte, wie sich sein Brustkorb ihr entgegen neigte. Sie lief rot an. Jace allerdings schien mit sich zu ringen, doch gleichzeitig drückte er sie noch fester. Beinahe so fest, dass sie mit ihm hätte verschmelzen können. Und dann erklang seine Stimme, die sanfteste Stimme die sie je vernommen hatte, die jedoch einen unglaublich traurigen Unterton hatte.
    "Chloé, was machst du hier?" Er ließ sie nicht los. Vielleicht besser so, sie wusste nicht, ob sie es ertragen hätte, ihm in die Augen zu sehen. Wahrscheinlich wäre sie in Tränen ausgebrochen. Sie schluckte und antwortete, selbstsicherer als sie sich fühlte: "Ich war in meinem Zimmer. Dann bin ich runter gekommen. Und hab...euch gehört." Sie atmete langsam ein, die kühle Nachtluft gemischt mit dem Geruch von Jace beruhigte sie ungemein.
    Er war weiterhin angespannt. Überlegte anscheinend, was er sagen sollte. Er knirschte nachdenklich mit seinen Zähnen, was Chloé nur deshalb so überdeutlich spürte, weil sein Kiefer weiterhin auf ihrem Kopf ruhte. "Wie viel hast du gehört?" fragte er schließlich. Chloé musste nicht aufsehen um zu wissen, dass er starr geradeaus blickte.
    "Genug." flüsterte sie gerade so laut, dass Jace sie hören konnte. Diese Umarmung war Balsam für ihre Seele. Am liebsten hätte sie ihn niemals wieder losgelassen.
    "Ich schlage keine Mädchen...eigentlich." Chloé atmete die angehaltene Luft aus - sie hatte nicht gemerkt, dass sie die Luft angehalten hatte.
    "Es war nur so, dass...meine Nerven mit mir durchgegangen sind, und ..."
    "Jace," unterbrach Chloé die Rechtfertigungen des Züchters. Er hätte sie bestimmt für verrückt gehalten, wenn er gesehen hätte, wie sehr sie lächelte.
    "Ich weiß dass du keine Mädchen schlägst. Sie hatte es verdient und", Chloé atmete tief ein und sprach das aus, was sie im komplett nüchternen Zustand wohl nie zugegeben hätte ,"ich bin so unendlich froh, dass du das getan hast. Ich hab es nicht ertragen können, als ich euch gesehen hab, und deshalb -"
    "Ich weiß. Lucia hat erzählt, dass du das gesehen hast." Jace zuckte zusammen, und nun drückte er Chloé bestimmt von sich weg. Es erfüllte Chloé mit Trauer, die sich nur noch verstärkte, als sie sah, wie seine Augen auf ihr ruhten - als wäre eine kleine Welt in ihnen zusammen gebrochen. Verunsichert schluckte sie, seine grünen Augen waren weit aufgerissen vor Schock und Scham. Chloé versuchte, ihm ihre irgendwie merkwürdigen Gefühle zu erklären. "J...ja, ich...also, ich...naja, Lucia und ich haben die Mädchen belauscht, sie sagten, Serena würde dich verführen wollen. Und dann haben wir dich gesucht. Und dann bin ich zu dieser Baumgruppe gekommen. Und hab gesehen, wie ihr euch...wie sie dich..." Bei der Erinnerung stiegen Tränen in Chloés Augen, obgleich Jace es unterbunden hatte. Es hatte sich nunmal in ihr Gedächtnis gebrannt. Jace hielt sie weiterhin an den Schultern fest. Sein Gesicht wirkte ausdruckslos und war sehr bleich geworden, das konnte Chloé im einfallenden Mondlicht erkennen. Doch plötzlich lachte er kurz freudlos auf, sah abschätzig zur Seite. Sein Blick hatte sich deutlich verfinstert, sein Kiefer war angespannt, die feinen Konturen seines Gesichtes wirkten hart. Dann sah er sie wieder an, unsicher. Sein Blick wechselte zwischen ihren Augen und ihren Lippen. Dann sammelte er sich, blinzelte schnell und sagte: "Du musst wissen, ich hatte das nicht gewollt. Sie hat mich geküsst, und -" Er schien die Erinnerung selber abstoßend zu finden, räusperte sich und fuhr fort. "Und weil ich das ganz sicher nicht wollte, habe ich sie geschlagen. Ich würde sonst niemals ein Mädchen schlagen, Chloé. Niemals. Und wenn es ein Mädchen gäbe, dass ich küssen wollen würde, dann -" Chloé lief augenblicklich rot an, ihre Wangen wurden heiß. Doch Jace wurde unterbrochen. Als wäre Chloé das nicht schon gewöhnt. Sie und Jace wandten ihre Blicke gleichzeitig der Arena entgegen. Aus deren Richtung Lucia und Gary gelaufen kamen.


    Wütend betrat Lucia die Arena. Der Alkohol benebelte ihre Sinne, verstärkte ihre Kopfschmerzen. Tatsächlich dröhnte ihr allmählich der Schädel. Jace hatte Serena geschlagen. Das stimmte sie irgendwie fröhlich. Die Euphorie hielt jedoch nicht lange an. Sie suchte die Menge ab, es stank barbarisch nach Alkohol und Schweiß, dieses Gemisch verursachte bei Lucia Übelkeit. Dann bemerkte sie, wie Gary an ihre Seite trat, eine Hand stützend auf ihren unteren Rücken gelegt. Kurz ließ es sie erröten, wieso auch immer - musste wohl am Alkohol und an der Schwüle der Luft liegen. Sie sah auf zu ihm - im einfallenden Scheinwerferlicht sah er ungemein gut aus. Die einzelnen Lichtreflexe spiegelten sich in seinen braunen Augen und seine Haare standen jungenhaft von seinem Kopf ab. Sein Mund war eine Kunst für sich - seine schwungvollen Lippen bildeten eine gerade Linie und waren vom Alkohol gerötet. Seine hohen Wangenknochen brachten seine gesamten Gesichtszüge noch mehr zur Geltung. Lucia spürte, wie ihre Wangen zunehmend kribbelten. Als lag am Alkohol, ganz bestimmt. "Ist was?" fragte der Braunhaarige plötzlich, und die Schärfe in seiner Stimme brachte sie wieder auf den Boden der Realität zurück. Er war ein Womanizer, wie er gesagt hatte. Beschämt biss sich Lucia auf die Zunge, bis sie Blut schmeckte, der rostige Geschmack machte sie augenblicklich nüchtern. "Nein, ich hab mich nur gefragt, welche Mädchen mit ein wenig Gehirn mit dir tanzen." Sie lachte scherzhaft, als sie den feindseligen Blick von Gary auf sich spürte. Sogleich zog er seine Hand von ihrem Rücken zurück, gab ein Geräusch von sich, das wohl Entrüstung darstellen sollte, und sagte: "Genug, was wohl an deren guten Geschmack liegt, den du anscheinend nicht annähernd hast." Die beiden funkelten sich an, bis Gary Lucia überraschend den Kopf tätschelte. Herablassend sagte er noch: "Aber ist schon gut, Lucy, irgendwann wirst auch du meinem Charme verfallen." Er zwinkerte ihr arrogant zu, und Lucia konnte sich nicht zurückhalten: Sie trat ihm fest auf den Fuß. Bohrte ihren Absatz noch schön qualvoll in das Leder. Als er aufschrie, konnte sie sich ein Lachen nicht verkneifen. "Naja, mehr oder weniger. Jetzt ist aber gut, lass uns diese Bitch endlich suchen." Konzentriert suchte sie die Menge ab, sah aber eindeutig viel zu viele Blondinen. Hilfesuchend blickte sie hinauf zu Gary, der selbstgefällig grinste. Er nervte sie. Gary hatte etwas an sich, das Lucia ungemein nervte. Sie formte ihre Augen zu Schlitzen und fragte, versucht beiläufig: "Und, hast du sie gefunden?" Gary grinste noch breiter und antwortete: "Klar, ist doch nicht schwer. Bei der Rückseite." Ein weiteres Mal trat Lucia ihrem Begleiter auf den Fuß, bis sie schließlich seinem Blick folgte. Tatsächlich konnte sie deshalb nun auch Serena ausmachen. Ihre langen, glatten Haare fielen ihr wie ein Schleier über den Rücken. Ihre langen Beine waren makellos. Und sofort überkam Lucia eine brodelnde Wut, die ihre Gedanken völlig benebelte. So war ihr kaum bewusst, was sie als nächstes im Begrif war zutun. Gary wollte sie noch aufhalten, doch sie ignorierte es. Diese Serena hatte Jace geküsst. Sie verdiente es eindeutig, gedemütigt zu werden. Ehe sich Lucia versah, kletterte sie auf einen Tisch, was mit ihren Pumps gar nicht so einfach war. Oben angekommen, strich sie ihr Kleid glatt, wartete auf eine ruhige Stelle im Lied, das gerade lief, formte mit ihren Händen einen Trichter und rief, so laut, dass schon nach kurzer Zeit ihr Hals begann zu schmerzen: "Heeeeeey! Alle mal herhören" Der DJ ließ die Musik verstummen, alle Blicke richteten sich auf die Koordinatorin. Diese lief kurz rot an, doch dies verflog in dem Moment wieder, wo sich ihr Blick mit dem von Serena traf. Die Bitch wagte es doch tatsächlich, sie zu mustern! Ihre sorgfältig geschminkten Augen ruhten abschätzig auf der Blauhaarigen, die sogleich von einer erneuten blinden Wut gepackt wurde. Sie atmete einmal tief durch, ignorierte dabei gekonnt verschiedene Rufe wie "Los, komm, tanz für uns!" und rief dann: "Ich möchte euch alle nur freundlichst auf etwas hinweisen. Ich weiß nicht, wer von euch Serena kennt. DJ? Kannst du bitte die Scheinwerfer auf diese reizende Frau richten?" Lucia lächelte sarkastisch und deutete mit beiden Armen wild fuchtelnd auf die Blondine, die die Augen vor Schreck und Hass weit aufgerissen hatte. Sogleich war sie in grelles Licht getaucht, das sowohl sie als auch Lucia blendete. Diese kniff die Augen zusammen, und fuhr fort, bemüht, lauter als das allgegenwärtige Murmeln zu sein. "So. Wer kennt sie? Bestimmt die meisten Jungs von euch. Aber ich will euch mal was sagen." Sie holte tief Luft, lächelte dann mild und genoss den hasserfüllten Blick, den Serena ihr zuwarf. "Sie hat heute einen Jungen, na, sagen wir, viele Jungen geküsst. Aber einer war was ganz besonderes für sie. Sie wird euch erzählt haben, dass sie mit ihm vieeeeel Spaß gehabt hat. Aber wisst ihr was?" Finale, dachte Lucia. "Alles Lüge. Er hat sie abgewiesen. Auf die Art, die sie wohl am meisten verdient hatte. Um zu erfahren, wie, schaut euch einfach ihre Wange etwas genauer an. Und glaubt ihr kein Wort mehr! Das war's auch schon. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit!" Mit den Worten kletterte sie vorsichtig von dem Tisch, und Gary half ihr sogar hinunter, indem er ihre Hand vorsichtig nahm. Ein verschmitztes Grinsen ruhte auf seinem Gesicht. Noch immer war es still. Der DJ und alle anderen starrten Serena entsetzt an, die eine schon fast ungesunde rote Farbe angenommen hatte. Doch Lucia achtete nicht weiter auf sie. Sie ging mit Gary im Schlepptau Richtung Ausgang, und niemand hielt die beiden auf. Die Nachtluft war kühl, Lucia atmete sie genüsslich ein, als sie Garys Stimme vernahm. "Hast du gut gemacht, Lucy. Das hätte ich dir gar nicht zugetraut. Das hat die Schlampe verdient." Er lachte ein schallendes Lachen, in das Lucia nur allzu gerne einstimmte. Das hatte sie wirklich. Kaum hatte sie den Gedanken zuende gedacht, verfestigte sich auch schon der Gasthof vor ihr. Und vor ihm zwei Personen. Na klasse, dachte Lucia. Was ist denn nun schon wieder passiert?

    Eisig wehte der Wind um die Nase des Trainers. Das fahle Mondlicht bedeckte alles wie ein weißes Tuch. Leise wirbelte jeder seiner Schritte Staub auf. Rasend strömte die Eifersucht durch seine Adern. "Verdammt" hauchte Gary in die Nachtluft.
    "Hast du was gesagt?" fragte Lucia.
    Der Professor in spe hatte beinahe vergessen, dass Lucia neben ihm ging. "Ach, es ist nix" log er.
    Lucias Augen formten sich zu Schlitzen. Ihre Stimme bebte kaum merkbar: "Doch, da ist was! Jetzt sag schon!"
    Gary knirschte mit den Zähnen. "Nein" presste er nur hervor.
    Die blauhaarige Koordinatorin zwickte den Trainer in die Seite, der daraufhin zusammen zuckte. "Jetzt sag schon!" fauchte sie, "oder ich mach weiter!"
    Gary knurrte leise, bevor er sagte: "Na gut." Er räusperte sich kurz. "Wir dürfen Jace und Chloé nicht mehr allein lassen."
    Lucias Blick richtete sich auf die Silhouette der beiden Personen vor dem Gasthof. Gary merkte, wie sich ihr Körper anspannte, als sie mit zischender Stimme fragte: "Warum?"
    "Ich befürchte, wenn die beiden sich noch näher kommen, könnte was zwischen ihnen laufen. Du weißt nicht, wie Jace ist, wenn er eine Beziehung hat" seufzte Gary.
    Lucia richtete einen verwunderten und verwirrten Blick auf den Professor. "Was meinst du damit?" Ihre Stimme zitterte etwas.
    "Wenn Jace eine Beziehung hat, dann lebt er in seiner eigenen Welt, in der nur er und seine Geliebte existieren. Dann vergisst er, dass er noch Freunde hat. Ich will Jace einfach nicht noch mal ver..." Gary stockte kurz, "Ich will nicht nochmal erleben, wie Jace so leidet, nur weil er eine Freundin hat."
    Die Koordinatorin blinzelte ein paar Mal. "Ähm... Erstens, wieso nochmal? Und zweitens, wieso sollte Jace leiden, nur weil er eine Freundin hat?"
    Mit halb geschlossenen Lidern sah Gary Lucia an. "Nochmal, weil ich das schon einmal miterlebt habe und er leidet, weil er sich mit seinen zehn Fingern an ein Mädchen krallt, anstatt dass er zehn Mädchen an jedem Finger hat!"
    Lucia trat Gary gegens Schienbein. "Du bist so ein Arsch!" schrie sie.
    "Und du bist durchgeknallt!" brüllte er zurück.
    Beleidigt wandte das blauhaarige Mädchen den Blick ab und streckte die Nase in die Luft, während sie ein "Pah!" ausstieß.
    "Lucia" flüsterte Gary, "ich hab Angst, dass mein bester Freund sich wieder von mir abschirmt und er wird auch Chloé von dir abschirmen. Ich will verhindern, dass sich unsere kleine Gruppe trennt." Der Trainer sah Lucia, die ihn verwundert musterte, betrübt an.

  • find ich Cool. die Story find ich einfach nur Klasse.ich, wie ihr beschreibt, wie die
    verschiedenen Momente für die einzelnen Personen sind total toll. am besten finde ich
    aber die stelle, wo Serena von Lucia so "entblößt" wird :). ein paar schreibweisen haben
    mich allerdings stutzig gemacht. an einigen stellen, waren irgendwie die Wörter
    miteinander vertauscht. ich find das aber nicht so schlimm. man kann es ja lesen. :) toll, macht weiter so!

    Für Rechtschreibfehler haftet mein Handy!!!
    Dann möchte ich einmal Werbung für meine FF machen! lasst mir doch bitte nen Kommi da,
    ich würde mich freuen
    :D ;)


  • Ich hab Angst, dass mein bester Freund sich wieder von mir abschirmt und er wird auch Chloé von dir abschirmen. Ich will verhindern, dass sich unsere kleine Gruppe trennt.
    Verwundert ruhte Lucias Blick auf dem Braunhaarigen. Seine Haare fielen ihm in einzelnen Strähnen vor die Augen, doch er schien sie nicht weg machen zu wollen. Seine braunen Augen wirkten im Mondlicht noch dunkler als sonst, fast, als würde sich die Farbe der Iris mit der der Pupille vermischen. Lucias Kehle war staubtrocken. Sie schien wieder komplett nüchtern geworden zu sein. Chloé abschirmen...? Mal abgesehen von der Eifersucht, die sie für ihre beste Freundin empfand, war das ein ganz entscheidener Punkt - Chloé hatte noch nie einen Freund gehabt, und Lucia konnte sich vorstellen, wie sich Chloé verhalten würde, wenn ihr plötzlich ein Kerl zu Füßen lag. Besonders, wenn Jace dieser Kerl war. Ein Kloß sammelte sich in ihrem Hals, ein ungewöhnlich heißer Kloß, der wahrscheinlich Tränen mit sich trug. Lucia schluckte ihn mit Mühe hinunter, doch Tränen sammelten sich dennoch in ihren Augen. Entschlossen blinzelte sie sie weg. Ich werde nicht vor Gary heulen.
    Sie atmete die kühle Luft ein, die nach Holz, Gras und Honig roch. Allmählich hatte sie genug von diesem Dorfgeruch. Ihre Adern verzehrten sich beinahe nach dem Geruch von Autoabgasen und Ozon. Sie mussten mal dringend weiterreisen. Ewigenau hatte ihnen ohnehin nur Probleme bereitet.
    Auch wenn Gary und sie ihre Schritte inzwischen verlangsamt hatten, so kamen sie den beiden Schatten, die sich noch immer leidenschaftlich zu umarmen schienen, immer näher, und Lucia beeilte sich, ihm zu antworten. Sie hörte dabei ihre Stimme wie aus weiter Entfernung, als würde eine Fremde zu Gary sprechen und nicht sie selbst. "Okay, einverstanden. Wir lassen sie nicht mehr aus den Augen." Plötzlich fühlte sie sich einfach nur noch müde. Heckte sie da etwa wirklich einen Plan mit Gary gegen ihre beste Freundin aus?
    "Gut." antwortete Gary mit dünner, fast bedrohlicher Stimme, seine Augen starr auf die Szenerie vor ihm gerichtet.
    Missmutig biss sich Lucia auf die Unterlippe und schob sich mit einer Hand eine blaue Strähne hinter ihr Ohr. Dann richtete sie ihren Blick wieder in Richtung des Gasthofes. Die beiden Personen davor hatten sich inzwischen voneinander gelöst, sahen sich jedoch noch mit einem merkwürdigen Blick an. Plötzlich schmeckte Lucia den rostigen Geschmack von Blut im Mund - sie hatte ihre Zähne wohl etwas zu fest in ihre Unterlippe gedrückt. Dann waren die beiden letztendlich bei Jace und Chloé angekommen. Gary stand sichtlich angespannt da, als er sagte: "Na, ihr beiden? Hat unser kleiner Jace alles aufgeklärt?" Die Härte in seiner Stimme überraschte Lucia - sie war zwar auch nicht gerade entspannt, aber dass Gary mit solch einer Härte in der Stimme sprach, beunruhigte sie doch. Das Blut auf ihrer Unterlippe drehte ihr den Magen um und ihre Augen drohten zuzufallen. Mit einem fast gleichgültigen Blick streifte sie Jace; seine Augen lagen tief in den Höhlen, so tief, dass es in der Dunkelheit so aussah, als wären es nur tiefe, schwarze Einkerbungen im Gesicht. Seine Haare schimmerten im Mondlicht fast grau. Seine feinen Züge zeugten von ebenfalls großer Anspannung, als er im harten, beherrschten Tonfall antwortete: "Ja, Gary." Er atmete flach ein, richtete seinen im Schatten liegenden Blick dann auf seinen Freund. "Sonst noch was?" Kurz schweifte Lucias Blick zu Chloé, die neben dem mindestens einen Kopf größeren Jace nun etwas verloren wirkte. Sie schaute Jace direkt an, mit einer traurigen Miene, doch lag in ihren Blick noch etwas anderes, das Lucia nicht deuten konnte. Dann drang wieder Garys Stimme in ihren Gehörgang, und sie zuckte zusammen, denn seine Stimme bebte nun vor Angespanntheit. "Nein, Kleiner." In seinen Augen blitzte etwas auf, vielleicht eine Idee, vielleicht war es aber auch nur neu aufflackernde Wut. Egal, was von beidem es war - Lucia beschlich ein unheimliches Gefühl, es kroch ihr den Rücken hinauf und ließ sie erschaudern.
    "Aber ich würde gerne noch wissen, ob er dir auch gesagt hat, dass -" Als Gary sich mit den Worten an Chloé wandte, schüttelte Lucia nur mit dem Kopf. Das, was Gary hatte sagen wollen, würde wohl keiner mehr erfahren, denn Lucia unterbrach den Jungen abrupt: "So, jetzt ist auch gut, Gary. Lasst uns morgen abreisen, okay? Ich bekomm allmählich Kopfschmerzen von Ewigenau. Lasst uns jetzt hoch gehen, schlafen, und morgen früh abreisen." Sie blickte Chloé verschlafen in die Augen. "Abgemacht?"
    Chloé lächelte schwach, doch das Lächeln kam nicht ganz bei ihren Augen an. Dann nickte sie, sodass einige ihrer Locken ihr in die Stirn fielen. Dann richtete sie ihren Blick auf Jace, der ebenfalls etwas müde nickte. Er ging voran, Gary hinterher. Beide wirkten jedoch noch immer bis auf's Äußerste angespannt. Jace hatte seine Hände zu Fäusten geballt, so stark, dass seine Knöchel ungesund weiß hervortraten. Dann hatten die Vier auch die letzten Meter zum Gasthof zurückgelegt, die Tür schwang schwungvoll auf, und da sie so lange in der Dunkelheit verbracht hatte, blendete Lucia das gedämpfte Licht des Gasthofes beinahe. Dann gingen sie die Treppe hinauf, die knartschend jeden Schritt der Jugendlichen kommentierte. Inzwischen war Lucia so müde, dass sie sich nichtmal mehr sicher war, ob Jace und Gary noch 'Gute Nacht' murmelten oder nicht. Dankbar stieß Lucia die schwere Holztür auf, die sie und Chloé noch zu ihrem Bett trennte, und ließ diese dann wieder laut mit einem 'Klack' ins Schloss fallen. Sie wollte sich schon auf ihr Bett fallen lassen, als sie noch den Blick von Chloé auffing. Kurz flackerten Schuldgefühle in Lucia auf, die sich jedoch gekonnt zu unterdrücken versuchte, indem sie sich auf die Zunge biss. In Chloés Augen lag ein unausgesprochenes Wort, das Lucia versuchte zu vergessen, als sie endlich ins Land der Träume glitt: Danke.


    Kaum fiel die Tür ins Schloss, warf sich Jace aufs Bett. "Du bist so ein Momentkiller!" gähnte der Junge mit den grünen Augen.
    "Ach Kleiner" lachte Gary und schmiss seine Klamotten auf einen Stuhl, bevor er sich nur in Boxershorts aufs Bett legte. "Was hast du denn?"
    Jace setzte sich auf die Bettkante, streifte sich das Jackett und die Hose ab und legte sich wieder hin. "Du weißt, dass du ein mieses, kleines, dreckiges Arschloch bist, oder?" Jace sah seinen Freund aus dem Augenwinkel an. Gary lag ausgestreckt auf dem Bett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Ein schelmisches Grinsen zierte sein Gesicht.
    "Jacilein, warum bist du so mies drauf? Ich hab doch nichts getan." sagte der Professor in spe.
    "Du erscheinst immer in den unmöglichsten Momenten!" seufzte Jace und schloss die Augen.
    Gary lachte leise. "Das ist purer Zufall. Da kann ich nix für."
    "Jaja, als ob das alles nicht Absicht ist!" fauchte der Züchter.
    Gary reagierte auf die Anschuldigung nicht. Der grünäugige Junge hob die Lider und war dennoch in völlige Dunkelheit gehüllt. In dem Zimmer herrschte Stille, nur das Atmen der Trainer drang an Jace´ Ohr.
    "Was wolltest du eigentlich Chloé noch sagen?" fragte der Trainer in die Stille hinein.
    Gary gab ein langes Gähnen von sich. Jace verspürte das Bedürfnis ihm ein Kissen gegen den Kopf zu werfen, um ihn beim Ausatmen zu unterbrechen. "Das ist unwichtig. Sag ich dir vielleicht ein andermal. Lass uns jetzt schlafen und morgen so früh wie möglich von hier abhauen."
    Ehe Jace noch etwas sagen konnte, fielen seine Lider zu und Jace versank in einen traumlosen Schlaf.


    Chloé wurde von sanften Sonnenstrahlen geweckt, die ihr Gesicht kitzelten und ihre Lider von innen lachsrosa färbten. Ein sorgloses Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht - endlich hatte sie mal mehr oder weniger ausschlafen können. Sie räkelte sich langsam auf dem Bett, streckte sich und stieß dabei einen genüsslichen Seufzer aus. Ihre Haare fielen ihr allesamt ins Gesicht - von den Locken war nicht mehr viel übrig. Ihr Kopf dröhnte etwas - wahrscheinlich die Nachwirkung des Alkohols. Doch mit steigendem Bewusstsein entschwand auch langsam das Pochen an ihren Schläfen.
    Dann öffnete das Mädchen die Augen, ihre Wimpern lösten sich nur widerstrebend voneinander. Es kam ihr plötzlich so vor, als hätte sie viel länger als nur eine Nacht geschlafen. Verschlafen sah sie sich im Zimmer um. Kleine Staubpartikel tanzten im einfallenden Sonnenlicht, dass durch das Fenster schien. Von außerhalb konnte Chloé schwaches Vogelzwitschern vernehmen. Ihr Blick schweifte hinüber zum Nachbarbett - es war leer.
    Sofort beschlich Chloé ein mulmiges Gefühl. Sie biss sich auf die Unterlippe, was sie immer tat, wenn sie nervös war. Chloé schob die wohlig warme Decke beiseite und stieg aus dem Bett. Sogleich wurde sie von einem Schwindelgefühl gepackt, sodass sich das Zimmer kurz vor ihren Augen drehte, doch nach ein paar Mal blinzeln war auch das wieder okay. Sie strich sich mit den Fingern durch die Haare, um diese notdürftig zu kämmen, sodass sie wieder einigermaßen glatt lagen. Chloé sah an sich hinab: Sie trug noch immer die Kleidung vom Vorabend. Das hellblaue Top war zwar etwas verknittert und der Gürtel schien irgendwie verschwunden zu sein, doch alles in allem war sie noch ganz zufrieden mit sich. Mit einem leisen Seufzen setzte sie sich in Bewegung - Barfuß, ihre Schuhe standen noch immer vor dem Bett, doch es beruhigte Chloé irgendwie, als sie das weiche Material unter ihren Füßen spürte. Dann stieß sie die Tür auf, und der Geruch von altem Holz, aber auch von frisch gebackenem Brot stiegen der Koordinatorin in die Nase. Sie sog ihn genüsslich ein und gab erneut ein Seufzen von sich, begleitet von einem Bauchgrummeln. Schon wieder hatte sie tierischen Hunger. Sie befeuchtete mit ihrer Zunge ihre Lippen, die sich verdammt trocken anfühlten, und ging dann entschlossenen Schrittes die knartschende Treppe hinunter.
    Als ihre Augen die Tische streiften, die unten standen und von vielen Gästen besetzt waren, streifte ihr Blick einen blauen Punkt. Das musste Lucia sein. Chloé fokussierte ihren Blick auf den Punkt, und tatsächlich wurden Lucias kobaltblaue Haare immer schärfer. Neben ihrer Freundin saßen Jace und Gary - und wieder beschlich sie dieses komische Gefühl, dass sie nicht deuten konnte. Dann war sie unten angekommen und ging auf den Tisch zu. Die drei unterhielten sich angeregt. Als Chloé sah, dass Jace ihr Erscheinen bemerkt hatte, begann ihr Gesicht zu kribbeln und ihr Mund wurde trocken. Er hat mich gestern Abend umarmt, schoss es ihr durch den Kopf. Sie hoffte, dass das gedämmte Licht, dass dort unten herrschte, kaschieren würde, wie sie rot anlief.
    "Morgen." sagte Chloé im bemüht lockeren Ton. Alle Blicke wandten sich ihr zu, Lucia strahlte sie an, als würde sie der Sonne Konkurrenz machen wollen. "Morgen Süße. 'tschuldigung dass ich nicht gewartet hab, aber es roch so lecker und ich hatte so Hunger. Außerdem wollte ich dich schlafen lassen." Sie zwinkerte Chloé ungeniert zu, die daraufhin etwas irritiert auf die Teller der drei Jugendlichen starrte - sie alle waren leer, auf ihnen lagen höchstens noch ein paar Krümel und auf Garys Teller nur noch Orangenschalen. Ihr Aroma ließ Chloé das Wasser im Mund zusammenlaufen.
    "Ach, kein Problem. Hätte ich wahrscheinlich auch so gemacht. Aber...wie spät ist es denn?" Lucia bedeutete Chloé sich neben sie zu setzen, was diese dann letztendlich auch tat. Sie hockte nun gegenüber von Gary, der sie unverwandt anstarrte, mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen. Chloé versuchte es, zu ignorieren.
    "Süße, es ist gleich elf. Wir waren schon um neun hier unten und haben gegessen. Jetzt ist leider nichts mehr da." Betrübt schaute sie Chloé an, die sich daraufhin umsah: Tatsächlich war der Tisch mit dem Buffet abgeräumt worden, die Dienstmädchen, bei deren Anblick sich ein kalter Schauer auf Chloés Rücken breitmachte, räumten auch die letzten Reste ab. Chloé wandte ihren Blick ab. In dem Moment knurrte ihr Magen und Gary brach in schallendes Lachen aus. "Ich glaub, da hat aber noch jemand Hunger." Nun sah Chloé ihn an. Er begutachtete sie mit einer Mischung aus Spott und Mitgefühl. Seine Haare schienen ungekämmt zu sein, sie fielen ihm in die Augen. Und er sah nicht mehr müde aus. Chloé nickte hastig. "Ja, schon, aber ist schon gut. Ich warte, bis es hier Mittag gibt." Plötzlich wurde es ungewöhnlich ruhig um die Koordniatorin, die drei anderen sahen sich betreten an. "Was?" fragte Chloé. "Ihr wollt mir doch nicht sagen, dass das Mittagessen abgeschafft wurde? Ich werde sonst verhungern, und -" Jace unterbrach sie mit einem Kichern. Sofort hielt Chloé inne. "Nein nein, Chloé. Wir haben nur beschlossen, möglichst bald wieder abzureisen. Ewigenau hat uns ziemlich viele...Probleme bereitet." Es war das erste, was er bis dahin gesagt hatte. Bei den letzten Worten hatte seine Stimme einen merkwürdigen Unterton, doch Chloé wollte am liebsten gar nicht daran denken. Und obwohl ihr Magen sie derart aggressiv anknurrte, als wolle er sie zur Not selbst fressen, wenn er nicht bald was zu futtern bekäme, war Chloé hellauf begeistert von der Idee, Ewigenau so bald wie möglich zu verlassen.
    "Prima!" sagte sie also, entgegen den Erwartungen der anderen, die sie nun etwas perplex anstarrten. "Wann geht's los?!"


    Jace, der etwas von Chloés Gefühlsschwankungen verwirrt war, sah die brünette Koordinatorin an und stammelte: "Eigentlich wollten wir jetzt sofort los. Nur die Taschen holen und nichts wie weg hier."
    "Okay" sagte Chloé und sah in die Runde.
    "Dann komm Süße!" rief Lucia, sprang auf und zog Chloé am Handgelenk die Treppen wieder hinauf.
    Die Jungs saßen noch ein paar Augenblicke völlig überrumpelt am Tisch. "Wir sollten vielleicht auch langsam hoch gehen." sagte Jace nach dem letzten Schluck aus seinem Kaffeebecher.
    "Jacy, es sind Mädchen, wir könnten noch gemütlich zwei Tasse Kaffee trinken, bevor die beiden wieder unten sind" spottete Gary.
    "Ok, dann viel Spaß. Ich geh´ Zähneputzen." Der Trainer mit den grünen Augen erhob sich vom Tisch. Gary blieb allein am Tisch zurück und leerte in aller Ruhe seine Tasse. Sein Blick schweifte ohne ein bestimmtes Ziel durch den großen Saal. Gary ließ seinen Kopf in die Hände sinken und begann nach einer Weile seine Schläfen zu massieren. Sein Kopf dröhnte und er hörte, wie das Blut in seinen Ohren rauschte. Langsam stand er vom Tisch auf und setzte einen Fuß vor den anderen in Richtung Treppe.
    Leise fiel die Tür hinter Gary ins Schloss. Nur das gedämpfte Strömen von Wasser drang an sein Trommelfell. Mit kleinen Schritten bewegte sich Gary auf sein Bett zu. Unkonzentriert stopfte er alles, was ihm gehörte in den Rucksack.
    Plötzlich trat Jace aus dem Badezimmer heraus. "Hast du dich auch endlich dazu bewegt, deine Sachen zu packen?" fragte dieser.
    "Ja, Gruppenzwang und so. Wenn ihr geht, muss ich auch gehen, sonst wird es langweilig" sagte Gary gespielt fröhlich und streckte seine Zunge heraus.
    "Du bist trotzdem immer noch ein Idiot" lachte der Züchter.
    "Tut mir echt leid" antwortete Gary sarkastsich und sah seinen Freund finster an, bevor er sich an ihm vorbei ins Bad drängelte.
    Jace setzte sich aufs Bett und zog seinen Rucksack darunter hervor. Er legte seine restlichen Kleidungsstücke sorgfältig hinein und sah aus dem Fenster, bis Gary wieder erschien.
    "Wenn die Mädchen vor uns unten sind, bist du dran Schuld" sagte Jace, als er hörte, wie die Badezimmertür sich öffnete.
    "Jaja" entgegnete Gary und warf sich seine Reisetasche über den Rücken.
    Jace tat es ihm gleich und schweigend gingen die beiden Trainer die Stufen hinab.


    Chloé und Lucia hatten nicht viel packen brauchen. Es ging schnell, sich eilig etwas anderes anzuziehen und die paar Klamotten in die Reisetaschen zu stopfen. So trug Chloé jetzt eine schwarze Bluse und eine eng anliegende Jeans. Normale Chucks vollendeten ihr Outfit. Ihre Haare hatte sie in aller Eile zu einem Zopf zusammengebunden, da sie sonst ausgesehen hätte wie ein explodierter Besen. Doch selbst mit Zopf rutschten ihr noch einige widerspenstige Strähnen in die Stirn, doch Chloé nahm das nur mit einem Seufzen hin. Lucia hatte sich ebenfalls umgezogen. Ihre Haare fielen ihr zwar wie immer lang und in beeindruckenden, tiefblauen Wellen über die Schultern und den Rücken, doch sie hatte das Kleid vom Vorabend schon längst abgelegt. Das hatte sie schon beim Früstück, doch Chloé hatte es einfach nur zur Kenntnis genommen und nicht weiter drauf geachtet. Jedenfalls trug Lucia nun ein silberweißes Top ohne Träger und einen blutroten Rock. Ihre Beine wirkten länger als sonst, was wohl auch an den Schuhen mit sechs Zentimeter Absatz lag. Chloé stutzte - auf dem Weg nach Erzelingen, wo sie als nächstes hin wollten, gab es sicher nicht nur gut gepflasterte Wege. Und auch Erzelingen selbst war nach Chloés Wissen nicht gerade grün. Aber wenn Lucia unbedingt Absatz tragen wollte, dann musste Chloé das hinnehmen.
    In Gedanken versunken machte Chloé noch rasch ihr Bett, richtete die Decke und schüttelte ihr Kopfkissen aus. Irgendwie hatte sie mittlerweile genug von zwielichtigen Unterbringungen wo sie schlafen konnten. Es war nicht unbedingt sehr kalt für diese Jahreszeit - vielleicht konnte Chloé die anderen überreden, mal wieder draußen unter freiem Himmel zu schlafen.
    Nachdem die Betten gemacht waren, gingen Lucia und Chloé schweigend die Treppe hinunter. Dabei wippte Chloés Zopf auf und ab und kitzelte dabei ihren Nacken.
    Die beiden Jungs standen schon am anderen Ende der Treppe. Beide hatten ihre Reisetaschen über die Schulter geworfen. Gary schaute ungewöhnlich missmutig drein, Jace hingegen wirkte nur etwas gelangweilt. "Da seit ihr ja endlich." Garys Stimme hatte all den Enthusiasmus vom Frühstück verloren - er klang nur noch müde und genervt. Jace warf seinem Freund einen Seitenblick zu, sagte jedoch nichts, obwohl er eine Augenbraue in die Höhe zog, sodass sich kleine Falten auf seiner Stirn bildeten. Chloé versuchte, den Blick abzuwenden, doch irgendwie wollte es ihr nicht gelingen.
    "Ja, wir sind hier. Können wir aufbrechen? Diese Luft hier drin erdrückt mich allmählich." Lucias drängende Stimme riss Chloé von Jace' Anblick los. Ihre Mundwinkel zogen sich in die Höhe. Ohne ein weiteres Wort gingen die Jugendlichen in Richtung Tür. Ohne sich noch einmal umzudrehen, verließen sie den Gasthof, ohne sich noch einmal von Steve verabschiedet zu haben.
    "Da lang. Das ist die einzige Route für uns, wenn wir nach Erzelingen wollen." Jace zeigte entschlossen in eine Richtung. Chloé hätte eigentlich auf die Route oder die Umgebung achten sollen, doch irgendwie konnte sie ihren Blick nicht von Jace' Arm wegbewegen. Er trug ein schlichtes, rotes Tshirt. Die Haut, die darunter lag, war blass und schien im einfallenden Sonnenlicht fast milchig zu schimmern. Doch nur an Jace konnte diese Blässe attraktiv wirken. Seine Hände besaßen feingliedrige Finger, die an den Fingerkuppen mit etwas Hornhaut versehen waren. Dennoch fühlten sie sich bei einer Berührung unglaublich sanft und weich an. Bei der Erinnerung an Jace' Berührungen am vergangenen Abend durchlief Chloé ein wohliger Schauer und verursachte bei ihr eine Gänsehaut, obwohl die Sonne warm auf ihrer Haut tanzte. Chloé wandte schnell den Blick von Jace ab und blickte dann nach vorne, in die Richtung, in die Jace gezeigt hatte. Vor ihnen lag ein flacher Weg aus zertrampeltem Gras. Bäume säumten die beiden Seiten des Weges, jedoch wurden diese stetig weniger, je weiter sie sich von Ewigenau entfernten. Plötzlich ergriff Chloé eine Woge von Wehmut, und sie schloss kurz ihre Augen und seufzte resigniert.
    "Was hast du, Chloé?" Es war Jace, der ungeachtet neben ihr aufgetaucht war. Gary und Lucia gingen stumm vor ihnen beiden her, Lucia stolzierte noch sicher auf ihren Schuhen, doch Gary schien irgendwie angespannt, das konnte Chloé an seinen steif wirkenden Schulterblättern ausmachen.
    Cool bleiben, ermahnte sie sich. Ich mach mich jetzt nicht wieder zum Deppen. Ich kann doch ganz normal mit Jace reden. Sie schluckte einmal, ehe sie antwortete: "Ach, ich dachte nur gerade, dass es irgendwie schade ist, dass wir uns nicht von Silvana verabschiedet haben."
    Jace räusperte sich. Doch ehe er etwas erwidern konnte, fiel ihm Gary ins Wort, der mitgehört und sein Tempo verlangsamt hatte. "Die wird schon drüber hinwegkommen. Und außerdem -" Er machte eine bedeutungsvolle Pause, die Chloé nicht ganz geheuer war - "Außerdem lungern bei ihr ja bestimmt auch wieder diese Mädchen rum. Ihr wisst doch wen ich meine, oder?" Er lächelte, und in seinem Blick lag eine Herausforderung. Chloé biss sich auf die Zunge und versuchte gekonnt zu ignorieren, wie rot sie wurde und dass sich ein heißes Gefühl in ihrer Kehle breit machte. Sie formte ihre Augen zu Schlitzen, beließ es jedoch dabei, denn Jace, der ebenfalls eine gesunde, rote Farbe angenommen hatte, antwortete: "Ja, Gary, wir wissen Bescheid. Aber wir könnten uns ja auch von den Mädchen verabschieden, mit denen du getanzt hast. Vorausgesetzt, du kennst noch ihre Namen." Jace grinste selbstzufrieden, und Chloés Lippen verformten sich ebenfalls zu einem Lächeln. Das heiße Gefühl in ihrer Kehle war verschwunden.
    Gary funkelte die beiden mit hasserfüllten Augen an, jedoch verflog der Ausdruck genauso schnell, wie er gekommen war. "Ist ja gut, Jace. Wir alle haben unsere Fehler gemacht."
    Dabei beließ er es, blieb aber dennoch bei Jace und Chloé in der Nähe. Auch Lucia hatte ihr Tempo verlangsamt, sodass sie jetzt alle nebeneinander her gingen. Immer weiter in Richtung Erzelingen.

  • Wohlig kribbelte die Sonne auf Jace´ Haut. Eine leichte Brise brachte die Blätter der Bäume zum rascheln. Die kleine Gruppe marschierte Richtung Süden, direkt auf Erzelingen zu. Oft drang das Kichern der Mädchen in die Ohren des jungen Trainers. Sie unterhielten sich angeregt über belanglosen Kram, während er und Gary still schweigend einen Fuß vor den anderen setzten.
    "Weißt du schon, was du beim Wettbewerb anziehen wirst?" hallte die Stimme von Lucia über den Weg.
    "Nein... aber du wirst bestimmt wieder umwerfend aussehen!" antwortete Chloé in einem etwas schüchterneren Ton.
    "Och Süße, du wirst den Juroren bestimmt den Kopf verdrehen" quikte die Blauhaarige.
    Jace beobachtete die beiden lachenden Mädchen im Augenwinkel. "Ihr redet jetzt seid zwanzig Minuten über euer Outfit, aber habt ihr eigentlich schon trainiert? Wisst ihr schon welche Pokémon ihr ins Rennen schickt?" fragte er, als ob es das Normalste auf der Welt wäre.
    Schockiert sahen ihn die Mädchen an. "Oh mein Gott, dass hab ich total vergessen!" schrie Lucia. "Also in die zweite Runde schick ich wahrscheinlich Ambidiffel. Es ist mein stärkstes Pokémon!" prahlte Lucia mit in die Luft gestreckter Nase, was bei Jace zu einem Augenrollen führte. "Aber in der ersten Runde muss ich begeistern. Schick ich Plinfa oder Haspiror rein? Hmmm... ich könnte auch eine Choreo mit einem süßen, schnuckligen und bezaubernden Kussila einstudieren" Die saphirblauen Augen der Koordinatorin strahlten bei dem Gedanken an ihren neusten Fang, "aber ob die Zeit dafür reicht?"
    "Du wirst schon einen Weg finden" unterbrach Jace den Redeschwall von Lucia und fragte Chloé: "Und welche Pokémon setzt du im Wettbewerb ein?"
    Das brünette Mädchen sah dem Trainer etwas verloren in die Augen und flüsterte: "Ich weiß es noch nicht. Vielleicht Kirlia in der ersten Runde und Blitza in der zweiten. Ich muss erst einmal trainieren."
    "Wir sind schon lange unterwegs. Wie wär es, wenn wir eine Pause machen. Ihr zwei Trainiert, ich spiel den Juror und Jacilein kocht uns was schönes" mischte sich Gary in das Gespräch ein, woraufhin Jace ihm einen finsteren Blick zuwarf.
    "Oh ja, das wäre fantastisch!" Lucias Vorfreude war kaum zu überhören. "Findest du nicht auch Chloé? Dann bekommst du heute auch endlich was zwischen die Zähne." Ein schadenfrohes Lächeln zierte Lucias Lippen.
    Ehe Chloé etwas sagen konnte, gab ihr Magen ein lautes Knurren von sich. "Wenn es dir keine Umstände macht, Jace" sagte Chloé während ihr das Blut ins Gesicht schoss.
    Der junge Trainer musste bei dem Anblick der verschüchterten und vor Scham erröteten Chloé grinsen. "Es macht mir keine Umstände. Ich koche gern und gut, wie man an Gary sehen kann." Jace schlug seinem Freund leicht auf den Bauch, woraufhin dieser ihm einen finsteren Blick zuwarf.


    Chloé lächelte, als hätte sich das Gefühl auf ihren Lippen bereits eingebrannt. Jace hatte diesen Humor, den sie niemals hätte beschreiben können. Er war einfach umwerfend.
    Der Wind hatte ein zarte Brise herangetragen, die Chloés nackte Haut kitzelte. Die Haare in ihrem Nacken stellten sich auf und sie fröstelte, doch es machte ihr diesmal nichts aus. Sie genoss, wie die zärtliche Berührung des Windes ihre Haut streichelte. Sie atmete tief ein, woraufhin sie den Geruch der Bäume um sie herum nur noch schwach wahrnahm, gar nicht mehr so stark, wie es in Ewigenau der Fall gewesen war. Er war nur noch so eine Art Nebengeruch - ein angenehmer, kleiner Duft von Bäumen, Holz und Honig. Doch ein anderer Geruch wurde zunehmend stärker, der Geruch von Metall und Staub. Sie kamen Erzelingen also zumindest schonmal ein bisschen näher.
    "Übertreib mal nicht, Kleiner. Du kochst ganz okay, nichts besonderes. Ich hatte schon Weiber, die besser gekocht haben." Ein schelmisches Lächeln lag auf Garys Gesicht, während er Jace betrachtete.
    "Naja, wenn du meinst. Deine Meinung interessiert mich wenig." Jace drehte sich halb von Gary weg in die Richtung, in der Lucia und Chloé zum Stehen gekommen waren. "Aber eure Meinung. Also - sollen wir rasten und ich zaubere uns ein herrliches Gericht?"
    Seine Augen ruhten seelenruhig auf Chloé, sie waren so grün und tief wie ein unergründlicher Wald. Cool bleiben, ermahnte sich Chloé abermals. Sie atmete die erfrischende Luft ein, um den Kopf frei zu bekommen. Doch ehe sie antworten konnte, fiel ihr schon Lucia ins Wort.
    "Ja, Jace, bitte! Ich hab so einen Kohldampf, und Chloé wohl sogar noch mehr. Also, was kochst du uns denn schönes?" Ihre Augen glitzerten wie frisch geschliffene Saphire. Chloé beneidete sie nicht das erste Mal um ihre Augen - ihre eigenen hatten eine Farbe, die entweder an dreckiges Moos oder an einen algenverseuchten See erinnerte. Missmutig biss sich Chloé auf die Innenseite ihrer Unterlippe, als Jace antwortete:
    "Tja, ich kann uns einen Eintopf machen. Es gibt besseres, aber der macht wenigstens schön satt. Was hälst du davon, Chloé?" Erneut ruhte sein Blick auf ihr, und fast hätte sie sich ihre Zähne etwas zu fest in die Unterlippe gebohrt. Sie leckte sich schnell mit der Zunge über die Lippen, und dann sagte sie im Plauderton: "Klar, klingt gut. Solange du keine Zwiebeln rein tust."
    Jace lachte. "Wieso Zwiebeln? Beziehungsweise, wieso keine Zwiebeln?"
    Chloés Wangen kribbelten. "Ich hasse Zwiebeln im Essen. Die bleiben mir im Hals stecken."
    Nun mischte sich auch noch Gary ein. "Keine Sorge. Wenn Jace Zwiebeln kocht, schmeckt man die nicht mehr. Und zur Not geb' ich erste Hilfe." Er zwinkerte Chloé zu, die das zu ignorieren versuchte. Dafür wandte sie sich an Jace, der Gary jedoch mit einem Blick in den Augen ansah, den Chloé nicht deuten konnte.
    "Also, keine Zwiebeln. Sonst hätte ich gegen einen Eintopf nichts."
    "Eintopf? Onkel Jace, wann machst du denn wieder Pommes und Hamburger?" Garys sarkastischer Unterton schien Jace noch mehr zu missfallen als Chloé. Jace presste zwischen zusammengebissenen Zähnen ein: "Ist gut. Ist bald fertig." hervor, und dann begann er auch schon, in seinem Rucksack zu kramen. Erneut gab Chloés Magen ein beunruhigendes Grummeln von sich. Sie war froh, wenn Jace den Eintopf endlich fertig bekommen hatte.
    Dann setzte sich die Koordinatorin auch schon in Bewegung. Jace hatte sich mittlerweile auf einer kleinen Lichtung niedergelassen und schälte allerhand Beeren, um diese dann in den Topf zu werfen. Chloé warf ihre Reisetasche daneben und kramte ebenfalls darin. Sie hörte, wie sich Lucia eilig zu ihr gesellte, wenn nicht sogar etwas überstürzt. Doch Chloé war mit den Gedanken schon woanders.
    "Wen nimmst du denn jetzt mit in die erste Runde?" fragte sie fast beiläufig.
    "Vermutlich Haspiror, das kleine Ding hat schon viel Erfahrung, aber ich hab es schon so lange nicht mehr benutzt." Lucia klang dabei ein wenig traurig.
    "Sag nicht 'benutzt'. Pokemon sind doch keine Nutztiere." Noch immer gedankenverloren kramte sie in ihrer Tasche, vorbei an Unterwäsche und Sonnencreme. Dabei drückte sich der Reißverschluss unangenehm in ihren Arm. Wo war denn bloß...?
    "Gefunden!" rief sie plötzlich und hielt einen rot-weiß schimmernden Ball ins Sonnenlicht.
    "Ich denke, ich werde die Kleine einsetzen", sagte Chloé mit Stolz und Zärtlichkeit in der Stimme, während sie den Ball gen Himmel warf. Sofort erschien ein kleines Pokemon, mit weißem Körper und einer Art grünem Hut. Fast behutsam landete es auf dem Gras, schien es jedoch kaum zu berühren, als würde es in der Luft schweben. Der Anblick von Kirlia ließ Chloés Herz rasen. "Na, meine Kleine." Vorsichtig strich das Mädchen ihrem Pokemon über den Kopf. Es erzeugte eine kleine Melodie, als würde es singen. Doch Chloé wusste, dass es Kirlias Art zu lachen war. Mit bedämpfter Stimme sagte Chloé: "Wir werden sehr oft trainieren. Und wie schaffen diesen Wettbewerb." Sie lachte. Plötzlich wurde sie von einer unbekannten, tiefen Männerstimmer überrascht. Sie wirbelte herum und ein großgewachsener Mann trat in ihr Blickfeld.


    Ein leises Schnurre drang an Garys Ohr, während er mit der Bürste über Nachtaras Fell glitt. Im Schatten des Baumes herrschte eine angenehme Kühle. Das schwarze katzenähnliche Pokémon mit den goldenen Ringen auf dem Fell hatte es sich auf Garys Oberschenkeln bequem gemacht und ließ sich verwöhnen. Ein zufriedenes Grinsen zierte das Gesicht des Trainers. Sein Blick schweifte über die Landschaft und blieb kurz bei seinen Begleitern hängen.
    Jace lehnte an seinem Arkani und schälte einen Berg von Beeren, während Kindwurm die Schalen gierig in sich rein stopfte.
    Chloé und Lucia saßen kaum einen Meter von dem Züchter entfernt und kramten in ihren Taschen. Die brünette Koordinatorin hatte ihr Kirlia gerufen.
    Gary musterte das Pokémon kurz, bevor er seinen Blick wieder auf das Mondscheinpokémon auf seinem Schoss richtete.
    Plötzlich drang ein heller Schrei an sein Ohr. Der Trainer sprang auf. Nachtara hatte die Ohren aufgestellt und blickte in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war.
    Eine große Person stand hinter seinen Freunden. Ihr Körper war von einem dunkelen Mantel umhüllt und hatte das Gesicht hinter einer Kapuze verborgen. Links von dem Fremden stand ein gelbes Pokemon mit einem weißen Kragen, einer großen Nase und einem Pendel in der rechten Hand. Ein großer grüner Vogel, der komisch mit den Flügeln schlug, deckte die rechte Seite des Unbekannten.


    Jace wirbelte herum und stellte sich schützend zwischen Chloé und den Fremden. Sein Arkani stand zähnefletschend neben ihm. Das Knurren des großen Pokémon hallte durch die Lichtung.
    Gary war angerannt gekommen und stand zwischem Lucia und dem Eindringling.
    "Wer bist du und was willst du?" fauchte Jace.
    Der Mann sagte nichts, nur seine Pokémon gaben gackernde Geräusche von sich.
    "Nun antworte oder ich lass Arkani los!" drohte der Trainer während sein Pokémon laut brüllte.
    "Ihr seid auf dem Weg nach Erzelingen und lasst euch nicht aus der Ruhe bringen." Die Stimme des Mannes war tief und emotionslos.
    "Willst du uns verarschen?" brüllte Gary.
    Der Fremde neigt den Kopf. "Ihr solltet die Fassung bewahren, aber schnell mit dem Fahrrad fahren."
    "Willst du uns hier tot dichten oder was?" schrie Gary den Mann an.
    "Auf euch liegt eine große Last. Macht auf keinen Fall eine Rast. Fahrt gleich los, wie famos. Kommt zu mir, bleibt nicht hier!"
    "Jetzt reichts!" fauchte Gary und stürzte sich auf den Kuttenträger. Doch ehe Gary ihn erreichen konnte, hatte sich dieser in Luft aufgelöst. Der Trainer mit den braunen Augen landete unsanft auf dem Boden. "Wo ist der Typ hin?" fragte er perplex.
    "Entweder sein Hypno oder sein Xatu haben Teleport benutzt" schlussfolgerte Jace. "Mir ist es hier zu unheimlich. Lasst uns gehen."
    "Ok, ist mir Recht. Mir wird hier schon schlecht! Ach vedammt, jetzt fang ich auch noch an zu reimen!" sagte Gary und rappelte sich auf.


    Chloé blinzelte ein paar Mal. Hätte sie den ominösen Mann mit den zwei Psychopokemon nicht mit eigenen Augen gesehen, sie hätte niemals an seine Existez geglaubt. Und was sollten seine komischen Reime? Sie besaßen doch keine Fahrräder...?
    "Süße, ruf dein Kirlia zurück in den Pokeball, wir verschwinden. Je schneller wir in Erzelingen ankommen, desto besser." Lucias Stimme klag dünn, ein wenig ängstlich, dachte Chloé.
    "Aber...kein Essen?" Ihr Magen gab ein knurrendes Geräusch von sich und fühlte sich merkwürdig schwer an, als wollte sein Gewicht die Koordinatorin zu Boden zwingen.
    "Keine Sorge, Chloé. Sobald wir in Erzelingen sind, koch ich uns was schönes. Oder wir suchen ein Restaurant, aber bald kriegst du was zu essen." Jace' Stimme klang zuversichtlich, jedoch sah man seinen Augen an, dass er sich nicht so sicher fühlte, wie er vorgab. Chloé seufzte. "Na gut. Aber lasst uns schnell machen." Ihr Magen knurrte abermals. Mittlerweile schien er sie zu verspotten.
    Der rote Lichtblitz ihres Pokeballs wirkte im starken Sonnenlicht beinahe durchsichtig. Als Kirlia in ihm verschwunden war, machte sich in Chloé zum einen ein Gefühl von Erleichterung, aber zum anderen auch von schlechtem Gewissen breit. Sie wollte nicht wieder unnötig in ihrer Tasche herum kramen, also steckte sie den Pokeball in eine ihrer Hosentaschen. Es gab ihr ein Gefühl von Sicherheit.
    Dann schwang sie sich die Reisetasche über die Schulter und sprintete fast zu den anderen, die schon ein Stück vorausgegangen waren. Jace hatte sich seinen Rucksack zwar wieder auf den Rücken gehängt, doch den Topf hielt er eisern in beiden Händen, als hätte er Angst, dass jemand ihn wegnehmen könnte. Der süße, aromatische Geruch einiger Beeren schlich sich in Chloés Nase. Sie biss sich auf die Zunge, wo sie den metallischen Geschmack von Blut vernahm. Selbst das ließ ihren Magen weiter Geräusche von sich geben, allmählich wurde ihr unheimlich, bei was sie alles Hunger verspürte. Erneut seufzte sie und ging mit müden Schritten den anderen hinterher.
    Den Hain aus dunkelgrünen Tannen ließen die vier Freunde schnell hinter sich, und bald öffnete sich ein großer Platz vor Chloés Augen. Er war sandig, bei jedem ihrer Schritte wurde Staub aufgewirbelt. Er kitzelte Chloé in der Nase und brannte in ihren Augen, doch sie versuchte ihn einfach wegzublinzeln. Jace, Gary und Lucia, die vor ihr gegangen waren, verlangsamten ihre Schritte, sodass Chloé bald zu ihnen aufschließen konnte. Alsbald blieben sie ganz stehen, sahen sich hilfesuchend und etwas hilflos um. Chloé blinzelte den restliche Staub vor ihren Augen weg und sah dann, was alle verwunderte: Vor ihnen lag eine Straße. Die erste richtige Straße, die Chloé seit Tagen gesehen hatte. Doch es erfüllte sie kaum mit Erleichterung. Denn auf dieser Straße sah man nur Fahrräder, soweit Chloé sehen konnte. Immer wieder rauschten Fahrräder in die weite Ferne. Und ganz am Ende dieser Straße, die unendlich lang schien - dort konnte Chloé die Umrisse von Bergen sehen.
    "Dahinten muss schon Erzelingen liegen!" rief sie, und ging entschlossenen Schrittes auf die Straße zu. Sie hörte, wie die anderen hinter ihr irgendwas murmelten, doch sie hörte es gar nicht. Sie hatte schon fast einen Fuß auf den Asphalt gestellt, der herrlich nach Teer duftete, als ein Arm vorschnellte, gegen den sie fast gelaufen wäre. Abrupt und völlig überrumpelt blieb sie stehen, folgte mit den Augen dem Arm, hinauf in ein Gesicht von einem Mann. Er sah sie auf finsteren, kleinen Augen an, als hätte sie eben ein unerlaubtes Grundstück betreten, und nicht etwa eine Straße.
    "Wo wollen wir denn hin?" Chloé wusste nicht, ob er von ihr, Jace, Gary und Lucia sprach oder nur von ihr allein im Plural, dennoch machte sie es rasend.
    "Nach Erzelingen, so schnell wie möglich", giftete sie zurück. Ihr war im Moment gar nicht danach, höflich zu sein. Der Mann hatte inzwischen seinen Arm zurückgezogen, doch Chloé wusste, er war bereit, ihn jederzeit wieder einzusetzen.
    "Ihr könnt nicht über diese Straße. Jedenfalls nicht zu Fuß. Es ist eine Straße extra für Fahrräder. Also entweder mit Fahrrad, oder gar nicht."
    Chloé dachte an Ewigenau zurück, an die Mädchen, an die Party, und ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken, obwohl die Sonne schon über ihren höchsten Punkt hinaus war und trotzdem milde Temperaturen herrschten. Also musste es wohl mit Fahrrad sein. Doch schmerzlich wurde ihr bewusst, dass ja niemand von ihnen ein Fahrrad besaß. Naja, genau genommen besaß sie ja ein Fahrrad, zuhause in Zweiblattdorf, doch da kam sie jetzt ziemlich schlecht ran.
    "Hören sie, wir haben keine Fahrräder. Aber wir müssen unbedingt nach Erzelingen..."
    "Genau", pflichtete Gary ihr bei. "Wenn's nötig ist, rennen wir auch, um uns an die Geschwindigkeit der Fahrräder anzupassen." Seine Stimme hatte einen leicht sarkastischen Unterton, doch Chloé wusste, dass er das tun würde. Sie würde es auch tun, obwohl sie mit Entsetzen an den Hunger dachte, der ihr inzwischen in jeder Zelle ihres Körpers bewusst wurde.
    Der Mann neben Chloé grummelte etwas. Dann sagte er mit klarer Stimme: "Hört zu. Ihr könnt diese Straße mit den Fahrrädern passieren, die hier hinten stehen. Die sind extra für Fälle wie euch." Die Unfreundlichkeit in seiner Stimme ließ Chloé erschaudern. Doch sie folgte dem Blick des Mannes, und sah dann, hinter einem Baum versteckt, vier Fahrräder, als hätten sie dort schon immer gestanden und nur auf die vier Jugendlichen gewartet. "Bitteschön", ertönte erneut die Stimme des Mannes. "Eines für jeden. Gebt es einfach am anderen Ende wieder ab, ihr werdet dort dann erwartet."
    Mit einem mulmigen Gefühl dachte Chloé an den misteriösen Mann im Mantel zurück. Sie konnte nicht mit Sicherheit sagen warum, aber sie war sich ziemlich sicher, dass er auf sie warten würde. Ihr solltet die Fassung bewahren, aber schnell mit dem Fahrrad fahren.
    Langsam dämmerte Chloé, was er meinte.
    Fahrt gleich los, wie famos. Kommt zu mir, bleibt nicht hier!
    Nur ein weiterer Hinweis darauf, dass er es sein musste, der auf die vier Trainer wartete. Chloé lief ein kalter Schauer über den Rücken, den sie jedoch zu ignorieren versuchte.
    "Okay", sagte sie mit einer Stimme, die sicherer war, als sie sich fühlte. "Dann wollen wir mal."

  • So jetzt gebe ich auch mal meinen Senf dazu! Also im Vorhinein möchte ich mich entschuldigen dass ich nicht schon früher ein Kommi geschrieben habe, (fals das n Kommi is, bin ein blutiger Anfänger) aber ich hab mir erst jetzt einen Account zugelegt und konnte mich erst jetzt melden. Also kommen wir mal zur Sache. Du (oder ihr?) schreibt diese Geschichten einfach genial. Ich habe immer sehnlichst auf das nächste Kapi gewartet weil mich diese Geschichte einfach so fesselt das ich nie aufhörenwill zu lesen. Ihr schreibt alles so genau beschrieben und gefühlfoll, und genau deshalb sind eure Kapis so aufschlussreich.Die Gefühle, die ihr beschreibt springen auf einen über und man hat das Gefühl [ :–) ] in dieser Person zu stecken. Ich musste heulen beim Kapi ¨Ich will (nicht) dass du gehst¨, das immer noch mein Lieblingskapi ist. Nun zum Kapi: Wie immer ist dieses Kapi sehr gut gelungen deshalb großes Lob an euch. Komisch, in dem Kapi kommts mir vor als wären wir in der Zeit zurück gereist, ABER, man bemerkt dass immer noch ein kleines bisschen der Konkurenzkampf zwischen sowol Jungs als auch Mädchen tobt. Ich war immer schon für das ende Jace- Chloè, Gary-Lucia deshalb geht es in die gute Richtung. Ich frage mich was Gary und Lucia alles anstellen um die zwei auseinanderzuhalten, wir sind gespannt. Schreibt so weiter wie ihr gerade schreibt. Wir sehen uns beim nächsten Kapi!


    PS: Ich habe auch ¨May and Drew Summerlove¨ gelesen. Herausragend!!!


    Lg Asscree


  • Der kühle Fahrtwind rief eine angenehme Gänsehaut auf Jace´ Rücken hervor. Der junge Trainer raste über die geteerte Straße. Seine Oberschenkel schmerzten, da er so heftig in die Pedale trat. Die frische Luft wehte alle Ereignisse, Probleme und Befürchtungen der letzten Zeit in weite Ferne und rief ein Hochgefühl von Freiheit und Unbeschwertheit in Jace hervor.
    Sein Kumpel Gary fuhr nur zwei Meter vor ihm mit demselben energischen Ehrgeiz. Der Luftstrom ließ seine Haare wie Blätter im Wind flattern. Der Professor in spe sah über die Schulter. Als er seinen Begleiter erblickte, lächelte er höhnisch.
    Jace kniff seine Augen zusammen und versuchte noch schneller in die Pedale zu treten. Mit steigender Geschwindigkeit kam er Gary immer näher. Als der Trainer mit den grünen Augen an seinem Kumpel vorbei glitt, knirschte Gary mit den Zähnen und erhöhte sein Tempo ebenfalls.
    Die rasenden Trainer kämpften um die Führung und das Ziel, das Ende des Fahrradwegs, kam näher und näher. Die Sonne wurde von dem metallenen Torbogen reflektiert und brachte diesen zum Schimmern.
    Mit lautem Quitschen und einer kleinen Staubwolke kamen die Räder auf dem Kiesweg hinter dem Gebilde zum stehen. "Ha! Ich hab gewonnen!" rief Jace.
    "Aber nur um ein paar Zentimeter. Die meiste Zeit lag ich deutlich vorne!" protestierte Gary.
    "Na und," sagte Jace und streckte ihm die Zunge heraus, "ist doch eigentlich völlig egal. Es war klasse, den Fahrtwind über die Haut brausen zu fühlen."
    "Ja, müssen wir unbedingt wiederholen." bestätigte der brünette Junge.
    "Aber nicht jetzt! Ich brauch eine Pause. Wo sind eigentlich Chloé und Lucia?" fragte der Trainer mit den grünen Augen und sein Blick wanderte über die Rennstrecke. Ungefähr in der Mitte der Strecke leuchteten ein blauer und ein brauner Haarschopf auf.
    "Ich glaube, wir könnten ein Drei-Gänge-Menü kochen, bis die beiden Trantüten hier sind" scherzte Gary.
    "Wahrscheinlich brauchen die nicht so lange, aber eine lange Pause können wir uns gönnen, obwohl..." Jace sah in die entgegengesetzte Richtung und erblickte keine zweihundert Meter entfernt schon die ersten Gebäude der Stadt, die grau, trist und wenig einladend wirkten und dazu schienen die Straßen von einer dünnen Kohleschicht überzogen zu sein. "Wir sollten die Fahrräder abgeben und auf die Mädchen warten."
    "OK" entgegnete Gary, stieg vom Rad und schob es zu einer kleinen Hütte neben dem Torbogen. Ein großer, schlanker Mann in einer blau-weißen Uniform trat heraus und nuschelte: "Hallo. Die Räder könnt ihr rein stellen." Der Mann nickte in Richtung der Hütte. Die Jungs folgten der Anweisung und schoben die geliehenen Fahrzeuge in die dunkle Hütte. Es gab zwar ein Fenster, doch das war durch ein Rolle fast vollkommen abgedeckt. Der Raum wurde von einer Wand mit mindestens ein dutzend kleiner Monitoren beleuchtet, die alle verschiedene Abschnitte des Fahrradweges überwachten.
    Auch Chloé und Lucia waren zu sehen und huschten von einem Monitor zum nächsten.
    "Ihr habt euch ein beachtliches Rennen geliefert" ertönte plötzlich die Stimme des Wärters. "Beinahe neuer Streckenrekord."
    Ein mulmiges Gefühl breitete sich in Jace´ Bauch aus. "Danke, ich gehe mal davon aus, dass sie uns die ganze Zeit beobachtet haben, stimmt´s?"
    "Ja, das ist mein Job. Ich passe auf, dass niemandem etwas passiert und keiner etwas anstellt."
    Ohne ein weiteres Wort zu verlieren gingen Jace und Gary aus der Hütte und lehnten sich an einen Baum. Ungeduldig scharrten sie mit den Füßen, bis endlich die zwei Mädchen den Torbogen passierten.


    Chloé sah, wie die beiden Jungs an ihr vorbeirasten. Mit fast unnatürlicher Geschwindigkeit brausten sie an den Mädchen vorbei, sodass ein kräftiger Windhauch Chloés Haare aus dem Gesicht blies und ihr einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. Inzwischen stand die Sonne hoch am Himmel, sandte ihre Strahlen beinahe sanft auf die Erde, erwärmte Chloés Haut und somit auch ihr Gemüt. Der Wind war eine erfreuliche Abwechslung, kitzelte spielerisch die kleinen Härchen auf ihren Armen und duftete herrlich nach Teer und Frühlingstag. Chloé lächelte. Während sie in die Pedale trat, und trotz des Widerstandes kaum Anstrengung spürte, fühlte sie sich ungemein frei, von Sorgen komplett losgelöst, was guttat in Anbetracht der vergangenen Tage. Die reine Luft um sie herum schien sie von grundauf zu reinigen. Ihre Kleidung flatterte um ihren Körper, kitzelte ihre Haut. Chloé fühlte sich so gut wie schon lange nicht mehr.
    Die Jungs waren inzwischen schon beinahe am Tor angelangt, doch weder Chloé noch Lucia beeilten sich. Die Atmosphäre war einfach zu schön, zu entspannend. Wer weiß, wann es wieder so werden würde.
    "Ah, sag mir doch mal wieso die so rasen." schrie Lucia beinahe, sodass Chloé sie über den Wind hinweg richtig verstehen konnte. Chloés Mundwinkel zuckten belustigt, als sie antwortete: "Ich weiß nicht, sind halt Irre, die beiden." Irre süß.., dachte sie sich insgeheim noch, biss sich auf die Unterlippe, während sie an ihn dachte. Sanft schüttelte sie den Kopf, um ihre Gedanken frei zu bekommen. Ihre Haare peitschten ihr ins Gesicht, streiften ihre Wangen, und Chloé hörte Lucia lachen. Ein schallendes Geräusch, das vom Wind zu ihr hinübergetragen wurde. Ähnlich wie Glockengeläut. Oder vernahm sie wirklich Glockenläuten aus der Ferne? Chloé wusste es nicht.
    "Naja, so haben wir wenigstens mal wieder Zeit für...nanu?" Lucia hielt inne, Chloé sah von der Straße ab zu ihrer Freundin. Lucias Reaktion wirkte ernst, beinahe einschüchternd in Anbetracht der Tatsache, dass Lucia sonst niemals ernst war. Zumindest nicht oft. Lucia hatte nur noch eine Hand an den Lenker ihres silberweißen Fahrrads gelegt, sie wirkte zwar unsicher, aber nicht so, als würde sie bald die Kontrolle verlieren. Mit der anderen Hand befühlte sie ihre Reisetasche, die sie in dem Fahrradkorb abgelegt hatte. Das weiche Material eben dieser Tasche gab immer leicht unter ihrer blassen Hand nach, während sie die Oberfläche befühlte. Plötzlich riss die Blauhaarige die Augen auf, die Sonne glänzte in ihrer seeblauen Iris. "Chloé!" rief sie, ihre Stimme einige Oktave höher als es normal der Fall gewesen wäre. Schriller noch als die wenigen Rufe von Vogelpokémon in den Bäumen, die den Straßenrand säumten. Ehe Chloé im Stande war zu antworten, fuhr Lucia bereits mit ihrer Schreitirade fort.
    "Chloé, Chloé, Chloé, meine Tasche ist ganz warm, fast richtig heiß. Aber da ist doch noch gar nicht viel drin, Chloé, Hilfe!" Lucia hatte entgegen Chloés Erwartung noch nicht die Bremse betätigt. Chloés Blick ruhte weiterhin auf der Reisetasche im Fahrradkorb. Sie wirkte eigentlich ganz normal, ohne irgendeine nennenswerte Veränderung. Vielleicht war die Tasche inzwischen etwas dreckiger und staubbedeckter als am Anfang ihrer Reise, aber das war auch schon alles auffällige. Chloé schüttelte erneut den Kopf und rief ihrer Freundin über den laut tosenden Wind zu: "Ach Lucia, die Sonne hat nur das Material der Tasche erwärmt. Mach dir keine Sorgen, obendrein kannst du auch gleich noch gucken, denn wie du siehst - " Sie deutete mit einem Kopfnicken in die Richtung, der sie entgegen fuhren. Und das Tor, und somit auch Jace und Gary, waren schon in unmittelbare Nähe gerückt.


    Gemächlich näherten sich die Mädchen den Jungs, die ungeduldig an einem Baum am Wegesrand standen. "Es wurde auch langsam mal Zeit!" knurrte Gary, als die Mädchen vor ihnen zum stehen kamen.
    "Ihr seid doch selber schuld, wenn ihr wie die Bekloppten über die Straße brettert!" fauchte Lucia zurück.
    Aus zusammengekniffenen Augen sah Gary, wie die jungen Damen sich von den Rädern schwangen und Chloé fragte: "Wo sollen die Räder hin?"
    "Warte, ich mach das" sagte Jace und nahm der brünetten Koordinatorin das Rad aus der Hand und schob es in Richtung Schuppen.
    "Jace ist so ein Gentleman" schwärmte Lucia und ihr Blick fiel auf die leicht errötete Chloé. Das blauhaarige Mädchen lächelte spitzbübisch, doch ein dunkler Schleier legte sich auf ihr Gesicht. Schnell richtete sie sich an Gary: "Willst du nicht mein Fahrrad wegbringen?" Bei den Worten flatterte sie spielerisch mit den Lidern und setzte einen Hundeblick auf.
    "Nicht wirklich" brummte Gary.
    Lucia stieß ein empörtes Schnauben aus. "Du bist auch ein ungehobelter Klotz! Jace ist viel höflicher und toller und süßer!" Bei diesen Worten sah sie verträumt zum Himmel.
    Gary nuschelte einige unverständliche Wörter, schnappte sich des Fahrrad und folgte seinem Freund.
    "Stopp!" rief Lucia entsetzt.
    "Was ist denn jetzt schon wieder?" fauchte der Professor in spe und funkelte sie böse an.
    "Ich hab meine Tasche vergessen" lächelte Lucia etwas verschämt und zog ihre Tasche aus dem Fahrradkorb. "Danke, Gary" sagte sie noch und sah ihn mit einem schüchternen Lächeln an.
    "Kein Problem" antwortete dieser und machte sich auf den Weg, seinem Freund zu folgen.
    Jace war schon auf dem Rückweg und lächelte verschmitzt, als er Gary sah. "Du lässt dich echt leicht um den Finger wickeln" spottete er, als sich ihre Wege kreuzten.
    Der Professor in spe flüsterte nur: "Ach, sei ruhig" und ging an ihm vorbei.
    Jace lief inzwischen weiter auf die Mädchen zu, die um ein violettes Etwas am Boden standen. Mit jedem Schritt wurden mehr Details sichtbar. Das lila Ding hatte große, rote, hervorstehende Augen ohne Pupillen, eine kleine rote Schnauze mit zwei spitzen Zähnen, im Verhältnis zu seinem runden Körper große baige Füße, kleine Hände und lange schmale Fühler.


    Chloé war wie gelähmt. Normalerweise hätte sie laut aufgeschrien, doch dies stand zu einem Widerspruch in ihrem Inneren: Sie liebte Babypokémon.
    "Oh mein Gott, Lucia!" schrie sie aufgeregt. Sie hatte dieses einzigartige Gefühl bereits schonmal erlebt, doch noch immer war dieses Wunder etwas ganz besonderes. Etwas, das man nicht einfach erklären konnte. Etwas, dass einfach immer wieder Chloés Herz erwärmen würde.
    Lucia hingegen schaute mit einem Blick hinab auf das Pokémon, als könnte sie gar nicht glauben, dass es tatsächlich real war. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihr Mund zwar offen, aber dennoch zu einem Lachen verzogen. Mit dem Ausdruck purer Faszination flüsterte sie: "Chloé, oh gott, Chloé, es ist ein..."
    "Bluzuk?" Jace' Stimme erklang nur ein paar Meter neben Chloé, die sich schuldbewusst dabei ertappte, wie sie zusammenzuckte. Sogleich nahm ihr Gesicht eine gesunde, rote Farbe an, es begann zu kribbeln und sie musste sich schmerzhaft auf die Zunge beißen, um nicht vor Überraschung ein Geräusch von sich zu geben. Vorsichtig beobachtete sie den Jungen aus den Augenwinkeln - sein Haar wurde vom Wind umspielt, seine jadegrünen Augen glänzten ebenfalls vor Verwunderung wie auch vor Faszination. Seine Lippen waren leicht geöffnet, seine Wangen ein wenig gerötet. Ein Windhauch trug seinen Duft in Chloés Nase - ein ganz eigenständiger, unverwechselbarer Geruch, der nur Jace gehörte. Dann kniete Jace sich hin, das Mädchen hörte, wie seine Gelenke dabei knackten. Er ging behutsam in dieser Stellung auf das kleine Pokémon zu, mit einer Hand ausgestreckt, als wollte er es streicheln. Doch es befand sich kein Drängen dahinter - behutsam, mit unaussprechlicher Zärtlichkeit kam er dem Pokémon näher, und es bewegte sich seinerseits nicht, verharrte und wartete augenscheinlich auf Jace. Chloés Mundwinkel zuckten und sie spürte, wie ihre Haut kribbelte. Sie würde ihn wohl immer als perfekt ansehen.
    Neben ihm war auch Gary zum Stehen gekommen. Er hatte die Stirn in feine Falten gelegt, und seine Augen wirkten zwar ebenfalls überrascht, aber trotzdem irgendwie verstimmt, als wäre er mit der Gesamtsituation unzufrieden. Chloé wunderte sich darüber, sagte aber nichts. Das übernahm dann Lucia.
    "Jace, sei vorsichtig. Es ist...vorhin..." Ihre Stimme versagte, ihre blauen Augen glänzten bedrohlich. Doch Chloé war sich sicher, dass es Freudentränen waren, Tränen der Rührung. Was anderes hätte sie nicht verstanden.
    Jace' Kopf schnellte hinauf, so unerwartet, dass das Pokémon zu seinen Füßen zusammenzuckte und sich geschwind hinter Lucia versteckte. Diese verharrte regungslos. Sie war wohl noch immer überfordert.
    "Wie? Ist das aus deinem Ei geschlüpft? Ein Bluzuk, äußerst interessant..." So verfiel er ins Grübeln, und selbst das fand Chloé so ungemein anziehend an ihm, dass sie eine trockene Kehle bekam.
    "Ach, verdammt!" Chloé drehte sich um, nachdem sie Garys Stimme vernommen hatte. Noch immer schaute er verbittert drein, die Augen auf das Bluzuk gerichtet. Chloé legte den Kopf schief, als sie fragte: "Wieso?" In einem pötzlichen Anfall von Wut fügte sie noch hinzu: "Also ich finde das großartig, dass neues Leben auf die Welt gekommen ist. Und du solltest das auch schätzen, denn -"
    "Darum geht es gar nicht, Chloé." Mit der Unterbrechung hätte sie nicht gerechnet. Chloé blickte ihn verdutzt an. Er hatte mit zusammengebissenen Zähnen gesprochen, doch das Mädchen glaubte auch den Anflug eines Grinsens in seinen Gesichtszügen erkennen zu können.
    "Ich habe schon das Schlüpfen deines Vulpix verpasst. Ich wollte unbedingt Buch führen und den Prozess studieren, aber das kann ich mir jetzt auch abschminken." Der Junge fuhr sich durch die Haare und sah dann weg, in die Richtung, in der Erzelingen liegen musste. Dann ertönte wieder Jace' Stimme. Lucia war für die Situation ungewöhnlich ruhig, wie Chloé auffiel.
    "Auf den ersten Blick scheint es soweit gesund und vital zu sein, es hat dich auch schon als seinen Trainer anerkannt, Lucia. Da es aber in deiner engen Tasche zur Welt gekommen ist, wie ich vermute -" Lucia nickte schuldbewusst, hatte ihr neues Pokémon jedoch bereits schon auf den Arm genommen und streichelte es geistesabwesend - "sollten wir es so schnell wie möglich zum Pokémoncenter nach Erzelingen bringen. Und das kommt auch Gary zugute, denn dort kann er -"
    "Mein Fossil! Das hatte ich ja beinahe vergessen!" Gary lachte lauthals auf, als hätte er seine Trauer bereits vergessen. "In Erzelingen ist ja das Museum! Wunderbar, dann lasst uns gehen."
    Gary ging entschlossenen Schrittes voran, Jace stand langsam auf und folgte seinem Freund. Chloé sah nochmals zurück zu der Blauhaarigen, die noch immer ihr Bluzuk streichelte, welches sich eng an ihre Brust gekuschelt hatte und augenscheinlich schlief. Nun lag ein seeliges Lächeln auf Lucias Gesicht. Chloé lächelte ebenfalls. "Komm," sagte sie sanft, da sie das kleine Baby-Pokémon nicht wecken wollte. Schließlich hatte sie noch immer gesunden Respekt vor Käferpokémon. "Lass uns schnell in den Pokécenter gehen, dann wird schon alles wieder gut."
    Lucia blinzelte, als hätte sie Chloé nicht verstanden. Doch ehe sie ihr Gesagtes wiederholen konnte, antwortete Lucia: "Nein, es ist bereits alles gut. Ich bin nur so überwältigt." Sie lächelte erneut und strahlte auf einmal eine Ruhe aus, für die Chloé sie beneidete.
    Den Rest des Weges nach Erzelingen gingen alle Vier schweigend, man hörte nur das kratzende Geräusch der Schuhe, wenn sie auf dem Boden aufkamen, und regelmäßiges Vogelzwitschern. Einmal sah Chloé hinter einem Baum einen grotesken Schatten, der jedoch veschwand, als sie genauer hinsehen wollte. Sie dachte sich jedoch nichts dabei und hatte es schon wieder vergessen, als sie vor der Tür des Pokémoncenters zum Stehen gekommen waren.

  • Hey hey
    Asscreed hier! :D


    Also danke erstmal für das Lob und dagegen großes Lob an euch beide! Ich werde definitiv auch euere weiteren storys die ihr in zukunft schreiben werdet weiterverfolgen, denn ihr seid bis jetzt die weitaus besten Fanfiction Schreiber (nichts für ungut gegenüber bonni). Jetzt zum Kapi
    Wieder mal ein super gelungenes Kapi. Diesmal wurden die Fahrtwindgefühle genial beschrieben! Auch der Konkurenzkampf geht weiter. :love: Konnte wieder keine Rechtsschreibfehler entdecken. Super! Echt süß dass Jace Chloe das Fahrrad reinschiebt, :love: während Gary, dieser Antigentlemen, nicht mal dran denkt Lucias Fahrrad anzufassen!! :thumbdown: Naja hoffentlich wirbt Gary irgendwann so um Lucia wie Jace um Chloe wirbt :love:


    Tja, wer nicht will der hat schon :)
    Bis zum nächsten Kapi
    Asscree


    PS: Wer sich wundert dass ein Junge shippings liest!! Ist nicht verboten oder? :) ;D:):pika:

  • Als sich die Tür zum Pokémoncenter öffnete, kam Chloé ein Schwall warmer, destillierter Luft entgegen. Ein wohliger Schauer lief ihr über den Rücken, als sie zusammen mit den drei anderen Trainern auf den Thresen zuging, hinter dem wie üblich Schwester Joy mit einem einladenden Lächeln auf den Lippen die Jugendlichen Willkommen hieß.
    "Guten Tag, junge Trainer. Ich hoffe, ihr hattet eine angenehme Reise. Leider sind wir für diese Nacht bereits ausgebucht, aber - " Dann fiel ihr Blick auf das kleine, lilafarbene Pokémon in Lucias Armen, und ein besorgter Schleier legte sich auf ihre Augen. Sie zog ihre Stirn in Falten und eine kleine, rosa Strähne löste sich aus der perfekten Frisur. Lucia trat einige Schritte näher. "Das Bluzuk ist eben geschlüpft, nur leider in meiner vollen Tasche. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn sie es sich kurz angucken könnten." Lucias Stimme schien durchtränkt von Sorge, und als Chloé ihr ins Gesicht sah, konnte sie abermals feststellen, dass ihre Augen glänzten, als wäre Lucias Augenfarbe das fließende Wasser selbst. Chloé schluckte, als Gary von der Seite hinzufügte: "Genau, das wäre uns sehr lieb. Außerdem brauchen wir keine Übernachtungsmöglichkeit, wir wollen bald weiter. Wenn sie mir nur zeigen könnten, wo das hiesige Museum ist, wäre ich Ihnen - "
    "Oh mein Gott, natürlich gucke ich mir das Bluzuk an. Die Färbung lässt auf einen leichten Schwächeanfall deuten. Aber es dürfte ihm gut gehe, dennoch gut, dass ihr vorgesorgt hab." Mit diesen Worten kam sie hinter dem Tresen hervor und lief mit eiligen Schritten auf Lucia zu, die ihr ohne Widerrede ihr frisch geschlüpftes Pokémon übergab. Sogleich musste Chloé an ihr eigenes Neugeborenes Vulpix denken, und ein warmes Gefühl machte sich in ihrem Inneren breit. Dann hörte sie nur noch das schnelle Geräusch von Schwester Joys eilenden Füßen, während sie rief: "Und das Museum befindet sich von hier aus im Norden. Ich hätte euch gerne eine Unterkunft gegeben, aber wegen dem Wettbewerb in Herzhofen in ein paar Tagen sind wir maßlos überfüllt." Damit war sie verschwunden, das einzige, was noch zu hören war, waren noch immer ihre Schritte und das Geräusch von aneinanderschlagendem Metall. Doch das nahm Chloé schon beinahe nicht mehr wahr.
    "Der Wettbewerb! Ohje, den habe ich ja komplett vergessen!" In Chloés Augen sammelten sich unabsichtlich Tränen. Sie versuchte jedoch, das heiße Gefühl hinunterzuschlucken.
    "Oh Chloé, wir sind solche Idioten! Dann sollten wir weiterreisen, sobald Bluzuk wieder auf dem Damm ist!" Auch Lucias Stimme überschlug sich vor Aufregung, die vorige Ruhe schien nur Einbildung gewesen zu sein.
    "Aber, aber. Wir haben immer noch ein paar Tage, und Herzhofen ist nicht mehr weit entfernt, wir werden es garantiert noch rechtzeitig schaffen." Jace' Stimme war Chloé so nah, dass sie den Atem anhielt. Sie konnte spüren, wie sein Atem ihre Schulter kitzelte, als er sich neben sie stellte. Augenblicklich wurde sie wieder rot und hoffte inständig, dass Jace das im Licht des Pokémoncenters nicht sehen würde. Schnell nickte das Mädchen, um ihre Gefühle zu verstecken. "Du hast ja Recht, Jace. Aber trotzdem wird das eng, wir müssen schließlich noch trainieren!" Ein melancholischer Unteton mischte sich in Chloés Stimme, aber das war immerhin noch besser als eine hohe, piepsige Stimme.
    "Das könnt ihr doch jetzt machen." Jace drehte sich zu Chloé, sodass sie ihn genau betrachten konnte. Seine Augen glänzten sanft und gewährten Chloé Einblick in die Tiefen seiner smaragdgrünen Iris. Sie drohte, sich darin zu verlieren. Dann sprach Jace weiter, doch wenn sich Chloé nicht irrte, war seine Stimme gedämpfter und zärtlicher als vorhin. "Soweit ich das einschätzen kann, dauert die Untersuchung mindestens eine halbe Stunde. Bis dahin können wir doch Pause machen, und ihr könnt trainieren, wenn ihr wollt."
    "Fabelhaft, und ich gehe zum Museum!" rief Gary, ehe jemand etwas antworten konnte. Chloé und Lucia nickten einstimmig. Die Brünette wäre ohnehin nicht in der Lage gewesen, etwas vernünftiges in Jace' Anwesenheit zu sagen. So wandten sich alle vier zum gehen und traten aus der großen Glastür wieder hinaus ins Freie, unwissend, dass ein Schatten, versteckt hinter den Bäumen, sie breit grinsend beobachtete.


    "Wo wollt ihr eigentlich hin?" fragte Gary, kurz bevor er losstürmen wollte.
    "Gute Frage" sagte Lucia und ließ ihren Blick über die graue Stadt wandern. Eisern stand Haus neben Haus. Ab und zu von schwarzen Straßen unterbrochen.
    "Wie wärs, wenn wir ein Stück zurück gehen. Kurz vor dem Fahrradweg ist doch eine große Grünfläche. Da müsstet ihr gut trainieren können" schlug Jace vor.
    "Gut, dann treffen wir uns dort, in sagen wir, einer Stunde?" sagte Gary und wollte sich schon abwenden.
    Doch Lucia schrie: "Gary! Wie vergesslich bist du eigentlich? In dreißig Minuten holen wir Bluzuk im Pokemoncenter ab!"
    "Na und? Ihr müsst doch trotzdem noch weiter trainieren, oder? Eine halbe Stunde wird euch doch nicht reichen." Ein breites Grinsen zierte das Gesicht des angehenden Professors.
    "Du Idiot! Geh doch dahin, wo der Pfeffer wächst. Mir egal!" keifte die Koordinatorin.
    "Schön!" schnaubte Gary und wandte sich von der Gruppe auf und ging Richtung Norden. Nach ein paar Schritten sah er kurz über die Schulter, um Lucia einen verschwörerischen Blick zuzuwerfen. Ich hoffe, sie lässt Jace und Chloé nicht unbeaufsichtigt. Jace darf Chloé nicht bekommen! dachte Gary und ging zielstrebig auf ein großes Gebäude zu, das ein kuppelförmiges Dach besaß.
    Kalte, staubige Luft schlug in Garys Gesicht, als er durch die Eingangstür in einen runden, spärlich beleuchteten Raum mit hoher Decke gelangte. Ein fauliger, abgestandener Geruch stieg in seine Nase. Durch das wenige Licht konnte Gary nur die Konturen der Ausstellungsstücke erkennen. Langsam tastete sich der Trainer in den Raum.
    Plötzlich zuckte Gary zusammen, als eine hohe, feminine Stimmer ertönte. "Wir machen gerade Mittagspause. Wir öffnen erst in einer Stunde wieder. Tut mir leid"
    Der Trainer wirbelte herum und sah in das Gesicht einer jungen Dame mit langen braunen Haaren, die als straffer Zopf ihre Schulter hinab fielen, und einer eckigen Brille auf der Nase, die hinter einem Tresen stand. Sie trug eine graue Bluse und sah den jungen Trainer freundlich an.
    "Ach, deshalb ist es hier so dunkel" antwortete Gary und machte einen Schritt auf die Frau zu. "Ich wollte eigentlich mit einem Laboranten sprechen. Ich habe ein Fossil gefunden..."
    "Ach, sie müssen nichts mehr sagen. Ich weiß schon, was sie wollen. Sie möchten, dass wir es wiederbeleben" sagte die Dame.
    "Genau. Und ich habe noch eine Bitte. Ich möchte gerne dabei zuschauen. Geht das?" fragte Gary.
    "Es tut mir leid. Der Prozess ist streng geheim, niemand außer den Mitarbeitern darf beteiligt sein." antwortete sie kühl.
    "Sind sie sicher? Es interessiert mich ungemein und mein Großvater, Professor Eich aus Kanto, hat mich gebeten, ihm so viele Informationen aus Sinnoh mitzubringen wie möglich." zog Gary seine Trumphkarte.
    "Es tut mir leid. Ich habe nicht die Befugnis, ihnen das Labor zu zeigen, selbst wenn sie der Champ wären, ich würde meinen Job riskieren." antwortete die Brünette kühl.
    "Na gut" schmoll Gary und zog das Fossil aus seiner Tasche. "Wie lange wird es denn ungefähr dauern?"
    "Zwei bis vier Stunden. Kommt darauf an, wann der Professor wieder da ist und wie gut das Fossil erhalten ist." antwortete die Frau.
    "Oh je, das dauert aber lange." murrte der ungeduldige Trainer.
    "Sie können sich in der Zwischenzeit unser Kohlewerk ansehen. Dort wurden schon sehr viele Fossilien gefunden" sagte die Empfangsdame.
    "Mal sehen. Hier, passen sie mir gut darauf auf!" knurrte Gary und reichte der Frau sein Fossil.
    "Werde ich. Bis bald" verabschiedete die Lady sich.
    "Tschüss" murmelte Gary, trat hinaus und musste blinzeln, als die Sonnenstrahlen ihn blendeten.
    Er hob seine Hand zum Schutz vor den Strahlen und wollte sich auf den Weg zu seinen Freunden machen, als etwas ihm den Weg versperrte. Das gelbe Wesen mit dem weißen Kragen und der großen Nase sah dem Trainer tief in die Augen und schwang währenddessen ein Pendel. Ein Hypno? Was macht es hier? Oh! überlegte der Professor in spe, bevor es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. Gary brüllte: "Du gehörst doch zu diesem schrägen Dichter,oder?"
    Das Psychopokemon sah den Menschen regungslos an. Nur das Pendel schwang langsam hin und her. Der Blick des Pokemon haftete auf dem Trainer. Ein duchdringender Blick, der Gary zu durchbohren schien. Ein flaues Gefühl machte sich im Magen des Trainers breit und seine Lider wurden schwer. "Was soll das?" wollte er schreien, doch nur ein Flüstern drang aus seiner Kehle.
    Sein Blick verschwamm und ein grauer Schleier legte sich über seine Wahrnehmungen. An seine Ohren drang nur noch Rauschen. Das Letzte, das Gary registrierte, bevor er in völlige Dunkelheit gehüllt wurde, waren die schmalen, weißen Augen und der leise Ruf des Pokémon.


    Leises Blätterrascheln und Befehle der beiden Koordinatorinnen drangen an Jace´ Ohr. Das samtige Fell seines Arkani schmiegte sich an seinen Rücken. Die Sonnenstrahlen kribbelten auf seiner Haut. In einem sanften Rhytmus strich der junge Trainer mit einer Bürste über das Fell seines Aquanas, das auf seinem Schoß lag und schnurrte, während Jace Chloé beobachtete, wie sie ihrem Kirlia Anweisungen gab. Das kindliche Pokémon hob die Arme, um eine schwarze Kugel zu erzeugen und sie gen Himmel zu werfen. Dies wiederholte Kirlia mit vier grünen Kugeln, bevor ihre Augen violett zu leuchten begannen und die Kugeln vom Himmel fielen. Doch die farbigen Bälle landeten nicht am Boden, sondern begannen, wild um das Psycho-Pokemon herum zu wirbeln. Kirlia hob und senkte die Arme und die Kugeln folgten der Bewegung. Die Rotation der Bälle wurde schneller und schneller, bis die Konturen verschwammen und sich augenscheinlich ein dunkelgrüner Ring aus Energie um das Pokémon bildete. Plötzlich sprang der Kreis auf und ein schlangenähnliches Gebilde mit einem schwarzen Kopf stieg in den Himmel empor. Als die Schlange wieder zu Boden stürtzte, leuchtete ein Blitz auf und Kirlia wurde in bunte Funken gehüllt. Es machte einen Knicks und ging auf Chloé zu.
    Die brünette Koordinatorin klatschte erfreut und jubelte: "Das hast du super gemacht!"
    Jace stand auf und stellte sich neben Chloé, beugte sich vor und reichte Kirlia eine kleine, blaue Beere. "Als Belohnung" flüsterte der Trainer.
    Als er Chloé in die Augen sah, bemerkte er, wie ihre Wangen eine rötliche Färbung angenommen hatten, woraufhin ihm ein Lächeln ins Gesicht stahl. Chloé flüsterte: "Danke."
    "Hey! Wieso bekommt Kirlia eine Beere und mein Haspiror nicht?" keifte Lucia plötzlich. Sie versuchte es gespielt böse klingen zu lassen, doch man hörte die Wut deutlich heraus.
    "Wenn dein Haspiror so eine tolle Vorführung auf die Pfoten bringt, bekommt es auch eine Sinelbeere" sagte Jace ruhig. Er hatte keine Lust auf ein Eifersuchtsdrama.
    "Na gut! Haspiror, Sprungfeder!" befahl die blauhaarige Koordinatorin. Das hasenähnliche Pokemon quitschte und sprang mehrere Meter in die Luft. "Drehung und Irrschlag!" forderte Lucia. Das braune Pokémon wirbelte um die eigene Achse und die Enden seiner Ohren leuchteten hell auf. Haspiror wirkte ein wenig wie ein Helikopter. "Landung und Anziehung" rief Lucia. Das Normal-Pokemon landete leichtfüßig am Boden, verdeckte aber das Gesicht mit den Ohren. Schüchtern senkte es ein Ohr und blinzelte verführerisch. Dann legte es die Ohren an und warf seiner Trainerin einen Kuss zu. Jace hörte ein aufgeregtes Quitschen von Chloé und als sie sprach, überschlug sich fast ihre Stimme: "Aaaaaw wie süüüüß!"
    "Das hast du sehr schön gemacht, Haspiror!" lobte Lucia. Ihr Pokemon hüpfte auf und ab.
    Lucia sah Jace auffordernd an. "Na gut, die Show war ganz ok" sagte Jace und wollte eine weitere Beere aus seiner Tasche holen, als ihn das Geräusch von Flügelschlägen und ein Luftzug direkt über seinem Kopf zusammenfahren ließ.
    Haspiror quiekte. Lucia schrie. Jace und Chloé standen regungslos da und sahen zu, wie ein grüner Vogel mit weißen Flügeln Haspiror ergriff und mit ihm Richtung Erzelingen davon flog.


    Chloé wagte kaum zu atmen. Regungslos stand sie neben Jace - ziemlich nah, nebenbei gemerkt - aber diesmal spürte sie beinahe nichts als Angst und Taubheit. Verschleppte ein Xatu doch gerade Lucias kleines Haspiror. "Neeeein, Haspiror!" Lucias Stimme hallte schrill und unnachgiebig in Chloés Ohren wider, beinahe wie ein Echo. Das blauhaarige Mädchen stand ebenfall stocksteif da, schien nicht im Stande, sich zu bewegen. Eine Hand hatte sie vor ihren Mund gepresst, in ihren blauen Augen reflektierten sich die goldenen Sonnenstrahlen. Grotesk, das es in diesem Moment so unvergleichbar schön aussah.
    Während Xatu sich immer weiter entfernte und am Horizont immer kleiner wurde, bis er nur noch einen kleinen Punkt zwischen Wolken darstellte, war Jace der erste, der sich rührte. Als er die Stimme erhob, zuckte Chloé kurz zusammen. Noch immer war die Sache mit der Sinelbeere nicht vollständig aus ihren Gedanken verschwunden, was sie abermals zum Erröten brachte. Grausames Timing, tadelte sie sich, bevor sie sich auf die klare, gebieterische Stimme von Jace konzentrierte: "Was stehen wir hier so rum? Dem Xatu nach!" Kaum hatte er zuende gesprochen sprintete er hinüber zu seinem Arkani, das die Situation noch gar nicht richtig erfasst zu haben schien - es lag noch immer seelenruhig unter einem Baum und schien weggeschlummert zu sein, sein Atem ging regelmäßig. Als Jace jedoch auf sein Hundpokémon zulief, wachte es schlagartig auf, stand schneller, als Chloé schauen konnte, und alsbald hatte sich Jace auf seinem Pokémon niedergelassen. Sein Blick glitt hinüber zu den Mädchen. So entgeistert, wie er schaute, konnte er nicht glauben, dass die Mädchen noch immer wie angewurzelt dastanden. Chloé konnte eine leichte Hetze in seinen grasgrünen Augen erkennen, seine Stirn glänzte im Sonnenlicht leicht vor Schweiß. Sie wunderte sich gerade, dass ihn dies nicht minder attraktiv machte, im Gegenteil, als er rief: "Na kommt schon! Arkani wird euch in diesem Notfall schon beide tragen können, nur steht da nicht rum!" Und das ließen sich die Mädchen diesmal nicht zweimal sagen. Chloé rief ihre Pokémon zurück in ihre Pokébälle, übernahm dies auch für Lucia, da diese sehr aufgelöst wirkte und das auch durch ein paar vereinzelte Tränen rausließ. Nachdem die Pokémon verschwunden waren, drückte Chloé ihre Freundin kurz, aber liebevoll an sich, vermutete aber, dass sie dies nichtmal richtig mitbekam. Dann half die Brünette der Blauhaarigen auf das Arkani und versuchte den kleinen Stich in ihrer Brust zu unterdrücken der aufkam, als Jace Lucia seine Hand reichte und sie schließlich am Ellenbogen packte, um sie auf das Arkani zu heben. Sie biss sich auf die Zunge, doch gerade in dem Moment streckte Jace auch ihr seine Hand entgegen. Schon wieder erreichte sie diese unverwechselbare Röte. Sie hätte den Moment gerne mehr genossen, doch sie wusste, das dies nicht möglich war. Somit ergriff sie seine Hand, die die ihre warm und fürsorglich umschloss, obwohl sie von einem dünnen Schweißfilm bedeckt war. Schneller, als sie es realisieren konnte, saß sie auch auf Arkani, sofort konnte sie das weiche Fell spüren, das sie wohlig berührte. Und dann spürte sie auch schon den Windstoß, der ihr die Haare augenblicklich aus dem Gesicht blies und veranlasste, dass sich Chloé fest an Lucia drücken musste, um nicht hinunterzufallen. Die Blauhaarige war unglaublich starr. Beeil dich, Jace.
    Arkani schnellte immer weiter, es schnaufte zunehmend, und sowohl Lucia als auch Chloé hüpften bei jedem schnellen Schritt ein paar Zentimeter in die Luft. Ab und an spürte Chloé, wie die Schultern ihrer Freundin bebten. Es tat ihr weh, sie so traurig zu sehen. Aber auch sie fühlte sich leer angesichts der Tatsache, dass es so schnell passieren konnte, dass ein geliebtes Pokémon verschleppt werden konnte. Bei dem Gedanken lief Chloé ein kalter Schauer über den Rücken.
    Merkwürdigerweise war Xatu mit Haspiror nicht weit geflogen. Schon ein paar hundert Meter später konnte Chloé erkennen, dass die beiden Pokémon in eine Art Zelt gingen. Doch sie hatte keine Zeit, sich darüber zu wundern. Denn sofort kam Arkani zum Stehen und wirbelte sie alle in eine große Staubwolke, die Chloé Tränen in die Augen trieb und ihre Lungen reizte. Somit brauchte sie große Anstrengung, nicht in ein lautes Husten auszubrechen, als Jace auch schon von seinem Arkani abstieg und lässig auf beiden Beinen landete, als wäre Arkani gar nicht hoch. Chloé schluckte und blinzelte ein paar Mal, um sich vor dem Staub zu schützen, als sie sah, wie Jace sich Lucia entgegenstreckte und ihr von Arkani hinunterhalf, indem er ihr die Hand auf Schulter und Hüfte legte. Erneut sammelten sich Tränen in den Augen von Chloé, doch sie vermochte nicht zu sagen, ob vom Staub oder von der unbändigen Eifersucht, die sie immer wieder erfasste. Doch sie schüttelte den Kopf, weil sie an eben dies nicht mehr denken wollte, und sprang dann von Arkani. Der plötzliche Windstoß, als sie nach unten schnellte, kühlte ihr erhitztes Gemüt und verschaffte ihr kurzzeitig eine Gänsehaut. Dann kam sie auf dem harten, sandigen Boden auf, und kurz durchzuckte ein stechender Schmerz, ausgehend von ihren Fußknöcheln, ihren Körper. Sie biss die Zähne zusammen und sah dann aus dem Augenwinkel, dass Jace mit weit aufgerissenen Augen langsam auf Chloé zutrat, eine Hand ausgestreckt. Dann flüsterte er, gerade so laut, dass Chloé ihn hören konnte: "Chloé, so von Arkani zu springen, ist gefährlich. Das schaffte nichtmal ich, ich brauchte lange Übung. Geht es dir...?" Doch bevor Chloé Zeit hatte seine Worte zu realisieren und erneut wieder rot um die Nase zu werden, hörte sie Lucias zitternde Stimme: "Leute, was ist das hier?" Alle Augenpaare wandten sich Lucia zu, die benommen auf das graue, große Zelt starrte, dessen EIngang in völlige Dunkelheit gehüllt war. Chloé beschlich ein mulmiges Gefühl, doch sie rief sich ins Gedächtnis, dass Jace bei ihr war. Nach diesem Gedanken gingen Jace und Chloé langsam auf das Zelt zu und wollten gerade vorsichtig mit Lucia hineingehen, als sie eine wohlbekannte Stimme laut schreiend hinter sich vernahmen.

  • Danke, aber echt danke, für dieses tolle Kapi ihr beiden!
    Die Spannung steigt, wer wird es sein, der sein dunkles Gesicht im Zelt verbirgt. Wir werden es erfahren, im nächsten Kapi. Tja, komisch dass bis jetzt in der ganzen Geschichte niemals ein Xatu erwähnt wurde. Ich frage mich auch langsam, welches Pokemon aus dem Fossil erweckt wird (Ich hoffe ein Schilterrus). Das war aber mal echt süß als Jace mit der Beere ankam :love: (muss ich mal im reallive ausprobieren :D ). Mann Gary und Lucia gehen mir langsam echt auf die Nerven. Warum können sie die Liebe nicht einfach hinnehmen. Auf jedenfall find ich eure Cliffhanger gut ausgelegt. Ich bekomme immer mehr Lust das nächste Kapi zu lesen.
    Tja, da muss ich wohl warten.


    Bis zum nächsten genialen Kapi von euch!
    Lg Asscreed


  • Kaum war der Schrei ertönt, drehten sich die drei Jugendlichen um und hielten beinahe synkron den Atem an. Chloé versuchte, mit Blinzeln ihren Blick zu schärfen, um zu erkennen, was genau da auf sie zukam, denn die Silhouette wirkte merkwürdig verzerrt und schwarz, direkt vor der Sonne. Doch sie schien immer näher zu kommen, und Chloé spürte, wie eine kleine Schweißperle ihren Nacken hinablief. Während ihr Blick unnachgiebig auf die fremde Gestalt gerichtet war, konnte sie aus dem Augenwinkel erkennen, wie sich Jace mit langsamen, kleinen, beinahe unerkannten Schritten ihr und Lucia näherte und sich dann vor die beiden Mädchen stellte. Weiterhin nahm Chloé wahr, wie sich Lucia an Jace' Arm klammerte, doch die Brünette versuchte, das auf die allgegenwärtige Situation mit Lucias Haspiror zu schieben. Dennoch spürte sie wie schon so oft einen Stich in der Brust und musste sich auf die Unterlippe beißen, bis sie einen rostigen Geschmack im Mund wahrnahm. Dieser brachte sie wieder auf den Boden der Realität zurück, und dies gerade rechtzeitig, denn erneut durchzuckte eine Art Klageschrei die entstandene Stille. Er klang wütend, vielleicht etwas angsterfüllt. Aber noch etwas anderes schwang darin mit - Abscheu? Chloé wusste es nicht, aber etwas anderes wurde ihr plötzlich klar, und sie riss ihre grünen Augen weit auf, als ihr Mund dem Beispiel der Augen folgte: "Gary?!" Lucias und Jace' Köpfe drehten sich gleichzeitig verwundert zu Chloé, direkt darauf jedoch wieder zu der grotesken Gestalt, die weiterhin näher kam, in einem gruselig konstanten Tempo, als würde es gesteuert. Chloé bekam eine Gänsehaut und ihr Herz begann zu rasen. In ihren Ohren rauschte ihr Blut unnachgiebig vorbei, wie in einen Strom, sodass sie gerade noch das Flüstern von Jace mitbekam: "Chloé, ich glaube nicht..." Doch er wurde sogleich unterbrochen, und die Brünette war nicht imstande, den Blick von der grotesken Gestalt abzuwenden, sie schien eine merkwürdige Anziehungskraft auf sie auszuüben. Und dann ertönte wieder ein Schrei, diesmal jedoch gemischt mit Worten, die Chloés Vermutung unterstützten. "Chloé?! Ist Jace bei dir? Helft mir, verdammt!" Seine Stimme überschlug sich fast, und ein paar Extremitäten der Gestalt begannen sich zu verzerren. Bei genauerem Hinsehen bewegten sie sich nur. Chloé erschreckte dieser Anblick noch immer. Und dann war der Schatten vor den drei Jugendlichen zum Stehen gekommen. Chloé hielt den Atem an und sie war sich fast sicher, dass ihr Herz einen Schlag aussetzte. Sie stand regungslos da, und auch Lucia schien erschrocken - ein kleiner Schrei entfuhr ihrer Kehle. Aber eher ein Schrei der Überraschung als der Angst. Von Nahem war der Anblick nämlich zwar weiterhin gewöhnungsbedürftig, aber längst nicht so angsteinflößend, wie er von Weitem gewesen war. Und Jace bestätigte in eben diesem Moment Chloés Gedankengang - ein schallendes Lachen brach aus ihm heraus, seine Haltung entspannte sich wieder und er entfernte sich einige Schritte von den Mädchen, was Chloé mit leichtem Zähneknirschen registrierte.
    Jace ging auf die Gestalt zu. Nun konnte man Garys Kopf erkennen, der in einer merkwürdigen Stellung in der Luft baumelte. Sein Körper, der deutlich angespannt war, wurde von zwei gelben Händen gehalten, augenscheinlich ziemlich stark, was sich Chloé bei der Größe jedoch kaum vorstellen konnte. Doch sie wusste, dass Gary nicht schwach war. Und dann erkannte sie das Pokémon, das Gary fest im Griff behielt, und das mit einer gruseligen Ruhe, die es ausstrahlte: Es war ein Hypno. Und dann entfuhr auch Chloé ein Schrei - ein Schrei der Überraschung, der Ehrfurcht. Und letztlich ein Schrei der Erkenntnis.


    Langsam und vorsichtig ging Jace auf Hypno zu. Gary schlug und trat um sich, doch schaffte es nicht sich aus dem festen Griff des Psychopokémon zu befreien. Als Jace vor dem gelben Pokémon stand, ging er in die Knie und starrte auf die große Nase des Wesens. Wenn ich ihm in die Augen sehe, wird es mich hypnotisieren dachte Jace und richtete sich dann an Hypno: "Hallo Hypno. Wärst du so freundlich und lässt meinen Freund frei?"
    Hypno bewegte den Kopf ruckartig und starrte Jace plötzlich direkt in die Augen. Verdammt! schoss es Jace durch den Kopf, als er versuchte den Blick abzuwenden, doch seine Muskeln verkrampften sich.
    Hab keine Angst. Ich werde euch nichts tun. Ich lass deinen Freund frei. Geht in das Zelt. Geht in das Zelt. Geht in das Zelt.
    Jace riss die Augen auf, als Hypnos Stimme in seinem Kopf wiederhallte wie in einer Höhle. Langsam versuchte der Trainer zu nicken und das Echo in seinem Kopf verhallte langsam. Das Pokémon ließ Gary so plötzlich los, dass dieser abrupt zu Boden fiel. Jace´ Blick folgte dem gelben Pokémon, während es langsam an ihnen vorbei ging und im Schatten des Zeltes verschwand.
    Gary gab ein ein leises Stöhnen von sich und rieb sich den Rücken. "Danke Jace. Unglaublich, dass das Hypno auf dich gehört hat" sagte der Professor in spe. Doch Jace´ Blick war stur auf das Zelt gerichtet und er bemerkte nicht, wie Chloé und Lucia zu ihnen stürmten.
    "Gary ist alles ok bei dir? Wie ist das passiert? Aber bitte die Kurzfassung!" schrie Lucia hysterisch.
    "Als ich aus dem Museum trat, stand es dort und hat mich hypnotisiert. Und plötzlich war ich hier. Was macht ihr hier?"
    "Ein Xatu hat mein Haspiror entführt und hier her gebracht" schluchzte das blauhaarige Mädchen.
    "Was machen wir dann noch hier?" sagte Chloé. Ihr Blick richtete sich auf Jace, der immer noch apatisch auf des Zelt starrte. "Jace? Ist alles ok bei dir?"
    Langsam drehte sich der Züchter um und sagte: "Es hat mit mir gesprochen."
    "Was?" schrien Gary und Lucia synkron.
    "Ist das was besonderes?" fragte Chloé.
    "Pokémon können nicht sprechen!" keifte Gary.
    "Doch. Ich rede ständig mit meinem Kirlia" antwortete Chloé verschüchtert.
    "Im Ernst? Das ist ja faszinierend" sagte Gary und rieb sich das Kinn, "anscheinend können Psychopokémon telephatisch mit uns in Kontakt treten. Äußerst interessant. Darf ich mal dein Kirlia untersuchen?"
    Chloé wirkte überrumpelt und begann zu stottern, doch Lucia unterbrach sie: "Wie kannst du jetzt an Kirlia denken? Mein Haspiror wurde entführt!"
    "Stimmt ja, total vergessen" lachte Gary.
    "Du bist ein Idiot! Komm, wir gehen Chloé!" sagte die Koordinatorin und packte ihre Freundin am Handgelenk.
    "Wartet kurz!" rief Gary und richtete sich an Jace, "Was hat es zu dir gesagt?"
    "Es sagte, wir sollen ins Zelt gehen." antwortete der Trainer.
    "Dann mal los." sagte Gary und sprang auf. Langsam traten alle gemeinsam in den Schatten des Zeltes.


    Chloé betrat das Zelt mit gemischten Gefühlen. Ihr war gewiss unwohl zumute, fühlte sich jedoch aufgrund der Begleitung der Jungs etwas sicherer. Als sie den weichen Stoff des Zeltes zurückschlug, um mit ihren Freunden einzutreten, strömte ihr der Duft von Weihrauch und Zimt entgegen. Es war dunkel in dem Zelt, einzig eine einsame Kerze flackerte und warf ein schummriges Licht in den kleinen Raum. In der Mitte stand ein kleiner, hölzerner Tisch auf dem eine violette Decke ausgebreitet war, auf welcher die dicke Kerze stand. Hinter dem Tisch, direkt den Jugendlichen zugewandt, saß ein Mann mit schwarzem Umhang. Die Kerze warf einen so tiefen Schatten auf sein Gesicht, dass Chloé nur das düstere Grinsen erkennen konnte, der Rest war in schwarze Unkenntnis gehüllt. Chloé lief ein eisiger Schauer den Rücken hinunter, das war ihr nicht Geheuer. Obwohl es in dem Zelt ziemlich schwül war, bekam das Mädchen eine Gänsehaut. Schnell wandte sie den Blick ab, versteckte ihre grünen Augen hinter ihren Haaren und trat einen kleinen Schritt zurück. Als sie erneut einen Blick zu dem Tisch wagte, erkannte sie die beiden Pokémon, Hypno und Xatu, zu beiden Seiten der Tischenden. Sie starrten ruhig in die Richtung der Trainer, und diese bedrohliche Ruhe verschlechterte Chloés Gefühl noch mehr. Ihr Magen rebellierte und kurz tauchten schwarze Punkte vor ihren Augen auf. Sie versuchte, sie wegzublinzeln, als sie neben sich Garys Stimme hörte: "Wer sind sie? Was machen sie hier? Wo ist das Pokémon dieses Mädchens?" Mit einer Handbewegung zeigte er auf Lucia, die ebenso erstarrt zu sein schien wie Chloé. Die Brünette wagte nicht, zu atmen. Der Mann hinter dem Tisch begann zu lachen. Ein tiefes, argwöhnisches Geräusch, welches da hinter dem Grinsen hervorkam, jagte Chloé abermals einen Schauer über den Rücken. Dann sprach der Mann, und seine Stimme kam Chloé nicht nur bekannt vor, nein, er bestätigte auch ihren vorigen Verdacht. Seine Stimme klang wie berstendes Glas, schrill und ungewöhnlich. Als sie ertönte, spürte das Mädchen die allgegenwärtige Angespanntheit. "Na na, das sind aber viele Fragen. Das schlägt mir sofort auf den Magen." Sein Grinsen verlor sich nicht, im Gegenteil, es wirkte noch viel komischer, schräger. Chloés Kehle war trocken. Gary hatte indes seine Hände zu Fäusten geballt und zischte unter zusammengebissenen Zähnen hervor: "Wer sind sie?" Es schien ihn ungemeine Mühe zu kosten, diese Worte über die Lippen zu bringen. Erneut ertönte ein glucksendes Lachen hinter dem Tisch. Die Person hatte ihren spitz zulaufenden Kopf in seine Hände gestützt, und es kam Chloé so vor, als hätte sie viel zu lange Fingernägel. Konnte aber auch vom täuschenden Flackern der Kerze kommen.
    "Sehr viel besser, junger Freund. Ich habe oft von euch geträumt. Man nennt mich Destiny schlichtweg, und dies hier ist nur mein Versteck." Sein Grinsen schien mit jedem Satz breiter zu werden. Chloé schluckte und versuchte, ihre trockenen, spröden Lippen mit ihrer Zunge zu befeuchten. Gary schien noch immer durchaus angespannt, doch Chloé konnte ihn verstehen. Nun vernahm sie Jace' Stimme, die nicht minder angespannt klang als die seines Freundes. "Und wo ist das Haspiror unserer Freundin?" Lucia stieß laut die angehaltene Luft aus, doch Chloé hielt die von Weihrauch getränkte Luft weiterhin an. Erneutes Gegluckse kam hinter dem Tisch hervor.
    "Keine Sorge, es ist hier. In Sicherheit, genau wie Ihr." Nach diesen Worten tauchte hinter Xatu das kleine Häschen auf, hoppelte fröhlich auf seine Trainerin zu, der eine Träne die Wange hinabrollte. Ein kleines Lächeln umspielte sowohl Chloés als auch Lucias Mundwinkel, und auch die Jungs schienen sich etwas zu entspannen. Doch abermals ertönte die groteske Stimme des Mannes. "Eure Zukunft steht geschrieben, und nein, das ist nicht übertrieben. Es wär' mir 'ne Ehre, sie euch zu offenbaren, wollt ihr bleiben und sie erfahren?"


    In dem Zelt herrschte absolute Stille. Nicht einmal der Lärm der Stadt drang durch die dünnen Wände des Zeltes. Noch nicht einmal die Sonnenstrahlen drangen durch die feine Stoffmembran. Die kleine Flamme der Kerze flackerte ohne ersichtlichen Grund.
    "So ein Schwachsinn! Wahrsagerei ist Humbug!" platzte es plötzlich aus Gary heraus.
    "Naja, es kann nicht schaden, Gary" sagte Lucia, während der mysteriöse Mann und seine Pokemon wie Statuen regungslos da standen.
    "Paperlapapp!" knurrte Gary, "das ist absolute Zeitverschwendung! Lasst uns gehen, schließlich hast du dein Haspiror wieder."
    "Aber ich will bleiben!" keifte Lucia.
    "Wir haben genug Zeit Gary, lass es uns wenigstens versuchen" mischte sich Jace ein, "sieh es als Experiment und dazu bekommst du einen Einblick in die Kräfte der Psychopokémon."
    Gary rieb sich das Kinn. "Hmm... Gute Idee. Na gut, von mir. Aber ohne Reime!"
    Der Mann erhob sich und sagte: "Xatu, Hypno, ihr seid dran, zieht ihn in euren Bann!"
    Bevor Gary protestieren konnte, stieg eine Stichflamme aus der Kerze hervor und verschwand. In der erstandenen Dunkelheit leuchteten die Augen der Pokémon violett. Ihre Blicke durchbohrten den Trainer. Die zwei Augenpaare fingen an sich spiralförmig aufeinander zuzubewegen.
    Plötzlich stand der brünette Junge mitten in einer Höhle, vor seinen Füßen lag sein blaues Ei. Es wackelte, bekam kleine Risse und leuchtete hell auf. In dem strahlenden Weiß ertönte ein leises Jaulen.
    Als das Licht erlosch befand sich der Professor in spe auf einer Wiese. Er stand auf einem Hügel und machte sich Notizen zum Verhalten von Pokémon, die auf dem Gelände lebten. Plötzlich ertönte eine tiefe Stimme hinter ihm: "Gary! Mein Urenkel hat hunger!"
    Der Trainer drehte sich um und sah, wie Professor Eich mit einem weißen Stoffbündel, aus dem leises Geschrei austrat, auf ihn zukam. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht. "Ok, dann gib mir mal mein Söhnchen, Opa."
    Als Gary das Bündel entgegen nahm, schoss Wasser aus dem Stoff, umhüllte den Trainer und raubte ihm die Luft.
    Nach Atem ringend, versuchte sich der Junge mit den braunen Augen aus den Fluten zu befreien. Langsam bewegte er sich auf ein schwaches Licht zu.
    Als der Trainer die Wasseroberfläche durchdrang, wehte eine kräftige Brise seine Haare aus dem Gesicht. Blaue Schuppen rieben an seinen Handflächen. Eine laute Explosion zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Unter ihm kämpften eine blau schimmernde und eine rosa leuchtende Silhouette gegeneinander. Es folgte eine weitere Explosion, die Gary blendete.
    Als der Trainer die Augen wieder öffnete, befand er sich wieder im dunklen Zelt. Alle Augen waren auf ihn gerichtet.


    Gary kam keuchend wieder zu sich, Schweiß glänzte auf seiner Stirn, seine Augen wirkten verschleiert, schienen sich erst wieder an die Dunkelheit gewöhnen zu müssen. Lucia biss sich unsicher auf die Unterlippe und drückte ihr Haspiror etwas fester an ihre Brust. Normalerweise war sie begeisterte Anhängerin von Horoskopen und dergleichen, aber wenn sie das so sah, bekam sie Zweifel und ihre Brust schnürte sich zu. Sie spürte, wie ihr Pokémon aufgeregt atmete, und das trug auch nicht gerade zu ihrer Beruhigung bei.
    Nun trat Gary einige wacklige Schritte zurück und schien noch immer nicht Recht zu wissen, wo er sich in dem Moment überhaupt befand. Die Kerze war wieder angegangen
    , und ihr flackerndes Licht ließ Garys Haut beunruhigend blass erscheinen, vielleicht bildete sich das Lucia auch nur ein.
    Augenblicklich spürte sie einen eisigen Blick auf sich ruhen. Sie konnte die Augen von dem Mann nicht erkennen, doch sie wusste, dass er sie anstarrte. "Blauhaariges Mädchen, klein, möchtest du die nächste sein?" Seine Stimme jagde der Blauhaarigen einen eisigen Schauer über den Rücken. Doch ihr blieb versagt zu antworten - aus ihrer Kehle kam nur ein Schwall heißer Luft, und die Kerze erlosch abermals.
    Dann übermannten Lucia diverse Eindrücke und Gefühlsempfindungen. Erstmal spürte sie die Leichtigkeit an ihrer Brust - ihr Haspiror war verschwunden. Dann verstärkte sich der Geruch von Weihrauch extrem, strapazierte die Sinne des Mädchens, bis er schließlich vollständig verschwand. Sie war sich gar nicht bewusst, dass sie die Augen zusammenkniff, dass es beinahe schmerzte. Diese machte sie nun auf - und sah ein Wunder. Sie ging mit einem Mädchen einen Weg entlang. Dieses Mädchen hatte die unverkennbar brünetten Haare und die jadegrünen Augen - Chloé. Lucia sah sich, wie sie selig lächelte. Sie hatte eine Sonnenbrille auf dem Kopf zurückgeschoben, jedoch waren viele Wolken am Himmel. Ihre blauen Haare wehten in einer Brise. Sie lachte mit Chloé, wie sie es schon lange nicht mehr getan hatte - würde also wieder alles gut werden? Doch das war längst nicht alles an dieser friedlichen Szene - Lucias Blick viel auf ihren Bauch. Er war straff, der dünne Stoff spannte. Sie war schwanger. Sanft strich die Blauhaarige in dieser Szene mit der Hand über ihren hochschwangeren Bauch. Lucia hörte, wie sie selbst sagte: Nur noch ein Monat...
    Dann hörte sie Grollen. Lucia sah hinauf in den Himmel, sie war nicht mehr schwanger, wirkte jünger. Es sah nicht nach Gewitter aus. Doch dann riss sie die Augen auf. Eine riesige Gesteinslawine fiel auf das Mädchen hinab. Von kleinen Steinchen, die auf sie runter rieselten, bis zu großen Felsen, die Lucia unweigerlich zerquetschen würden. Sie hörte ihr Herz in ihren Ohren. Doch kurz bevor die Steine das Mädchen trafen, wechselte die Szene abermals. Nun befand sich Lucia in einer großen, hohen Halle, stand auf einem Boden, der aus Sand bestand. Vor ihr schwebte ein großer Schmetterling, Omot, soweit Lucia wusste. Dieser wirbelte gerade in einem großen Funkenregen gen Himmel. Es war ein wunderschöner Anblick, eine plötzlich erschienene Menge applaudierte. Und erneut wechselte die Szene. Nun sah Lucia wieder mit ihren eigenen Augen eine unabhängige Szenerie. Sie begutachtete einen Glaskasten, in dem sich eine blassblaue Flüssigkeit befand. In dieser Flüssigkeit erkannte Lucia drei verwischte Punkte - pink, ockergelb und tiefblau. Sie konnte sich nur kurz über die Szene wundern, die weitaus bedrohlicher wirkte, als man annehmen könnte, als sie aufschreckte. Es schien, als würde sie aus metertiefem Wasser gezogen, endlich wieder an die Oberfläche, in diesem Fall ihr Bewusstsein. Dann durchbrach sie die Oberfläche, atmete lautstark ein, keuchte, spürte, wie sich Tränen in ihren Augenwinkel sammelten - und befand sich wieder im Zelt, inmitten ihrer Freunde.

  • Hallo Asscreed ist vom Meer zurück!


    Tut mir leid dass ich nicht schon früher geschrieben habe, aber wie gesagt ich war in Caorle Italien. Wundert euch nicht dass ich immer das gleiche schreibe denn ihr schreibt eure Kapis immer gleich. Nähmlich phänomenal (wie immer). Tut mir Leid dass ich immer wirrerres Zeug schreibe, aber ich weiss einfach nicht mehr was ich schreiben soll, weil ich immer das gleiche schreibe. Najah. Lucia ist schwanger, und Gary hat einen Sohn. Verdächtig oder? Der Destiny oder so ist mir nicht so ganz geheuer. Ich hoffe er sagt auch Chloes und Jace` Zukunft vorraus. Mir ist ein Fehler aufgefallen. Ich hab das Wort vergessen bei dem ihr ein d statt einem t geschrieben habt undich möchte es nicht nocheinmal lesen weil es spät ist (nicht weil mir das Kapi nich gefällt, versteht mich nicht falsch). Aber wen stört ein Fehler in einem Meisterwerk von Text zweier Menschen.


    Denkt dran ich schaff das nicht. Ihr seid was besonderes. Bitte schreibt sooft und solang wie möglich in diesem Forum, denn wir alle möchten uns noch lange an euren Künsten erfreuen.


    Schöne grüße aus meiner Heimat Südtirol
    Mögen die Sterne über euch wachen (aus Eragon und der Auftrag der Ältesten)
    Asscreed III

  • Sry, ich hab ja ewig nix mehr geschrieben ^^'
    aber ich kommentiere auch mal nur euer letztes Kapi, dazu hab ich genug zu erzählen ... hoffe ich ^^'.
    Jedenfalls fand ich die Anfangsszene cool, bevor Gary aufgetaucht ist.
    Auch wenn ich gedacht hätte, die Gestalt ist iein flug und / oder drachentyp. war das echt die ganze zeit das Hypno?
    aber an sich, ihr habt eigentlich das alles total super beschrieben *-*
    Und ich stimme Ascreed zu, das mit Lucia und Gary ist echt versdächtig, wobei ich ja auch glaube, dass sich alle oder wenigstens die meisten von euren Lesern gedacht haben, dass am Ende chloé und jace zusammen kommen. Sie sind füreinander bestimmt!!! :love:
    und ja, leider weiß ich auch nie, was ich so lange schreiben kann, weil es bei euch nicht viel zu kritisieren gibt, und ein paar rechtschreibfehler find ich sogar in bestseller romanen, ist also von daher echt egal.
    Ich hoffe ich schreibt bald weiter und ich lese es dann früher, ich bin mal wieder mit allem hinterher. sry.
    Jedenfalls bin ich jetzt auch echt neugierig, wie es jetzt weitergeht, vor allem weil ich das mit den zukunftsvorhersagen echt spannend find ^^


    ich meld mich hoffentlich bald wieder ^^'
    bis dann
    Nachtara


  • Schweißperlen sammelten sich auf Jace´ Stirn. Er konnte beobachten, wie Lucia und Gary ihren Visionen unterlagen. Erst fingen sie an friedlich zu lächeln, doch dann spiegelte sich Entsetzen und Panik in ihren Gesichtern wider. Langsam bekam Jace Panik vor seiner Offenbarung, doch bevor sich diese manifestieren konnte, richtete sich der Kapuzenmann an ihn: "Junger Mann, mit dem grünen Blick, das alles ist gewiss kein Trick."
    Erneut flammte die Kerze auf und Dunkelheit umhüllte Jace. Plötzlich kitzelten Sonnenstrahlen seine Haut. Der süße Duft von reifen Beeren erfüllte die Luft. Bunte Blüten leuchteten in allen Farben und viele Pokémon huschten und quiekten hinter seinem Rücken. Ohne Vorwarnung rannten drei kleine Evolis um seine Beine herum. Jace musste lächeln.
    Von einem auf den nächsten Moment stand der Züchter einem etwa zwölfjährigen Jungen mit hellbraunen Haaren und tiefgrünen Augen gegenüber, der ein Evoli in den Armen hielt. "Du bist dir wirklich sicher?" fragte er den Jungen.
    "Ja Papa. Ich will ganz Sinnoh bereisen und schließlich bin ich nicht allein. Evoli begleitet mich doch!" antwortete der Junge, lächelte und streichelte sein Pokémon.
    "Hast du auch alles? Tränke, Bälle, Beeren?" hakte Jace nach.
    "Ja Papa, ich hab alles schon ein Dutzend mal geprüft! Wo bleibt eigentlich Mama?" entgegnete Jace´ Sohn.
    "Sie müsste jeden Moment kommen. Sie wollte dir noch ein kleines Lunchpaket machen."
    Als Jace sich abwandte um über die Schulter zu sehen, stand er einer gewaltigen Feuerwand gegenüber. Die Hitze schlug ihm ins Gesicht. Durch die Flammen konnte er die Umrisse einer Person sehen. Schreie und Hilferufe drangen an sein Ohr.
    Jace wollte sich in das Feuer stürzen, doch es verfestigte sich und bildete orange Schuppen. Unter ihm herrschte Dunkelheit bis auf ein hellrosa und ein tiefblaues Licht. Ein furchterregendes Lachen drang aus der Finsternis hinauf. Ein markerschütterndes Gackern, das plötzlich in ein furchterregendes Schreien ausuferte. Drei kleine, rote Lichtpunkte erschienen und wirbelten um die anderen Lichtquellen. Plötzlich erstrahlte eine graue Kugel und verschlang alles.
    Und dann stand Jace wieder im Kreis seiner Freunde in der Dunkelheit des Zeltes.


    Chloés Kehle war staubtrocken. Wenn selbst Jace, der sonst so viel zu verkraften schien, unter einer derartigen Vision litt, wie sollte es dann erst ihr selbst gehen, die selbst dann bittere Tränen vergoss, wenn es total unnötig war? Sie fand auf diese Frage keine Antwort und schluckte den aufkeimenden Angstkloß in ihrem Hals hinunter.
    Unterdessen keuchte Jace, seine grünen Augen waren weit aufgerissen, jedoch starrte er ins Nichts. Chloé trieb dieser Anblick Tränen in die Augen, Jace schien sehr zu leiden. Das Mädchen biss sich auf die Zunge, in der Hoffnung, der Schmerz würde zumindest etwas die Angst betäuben. Dies klappte geringfügig - bis sich das schelmische Grinsen des Mannes an sie wandte, und ihrer Meinung nach sogar noch etwas breiter wurde. Die Kerze, die immer mal wieder an und wieder ausging war Chloé nicht geheuer. Sie hatte sich schon immer vor Geistern und dergleichen gefürchtet, und dies trug nicht gerade dazu bei, dass sie nächste Nacht ruhig schlafen konnte. Aber davon wollte sie absehen.
    Chloé schloss die Augen, ihre Lider zitterten merklich. Sie spürte, wie ihre Freunde sie anstarrten, konnte beinahe fühlen, wie die nach Weihrauch riechende Luft um sie herum sirrte vor Anspannung. Sie biss die Zähne fest zusammen, bis es wehtat, als das Mädchen abermals die schräge Stimme ihres Gegenübers wahrnahm. "Als Letzte kommst nun du, mein Kind, ich bring' es hinter dich, geschwind!" Chloé hätte am liebsten protestiert, doch es kam ihr so vor, als wäre ihr das Sprechen verwährt. Augenblicklich konnte sie sich nicht mehr bewegen, nichtmal mehr die Augen öffnen. Als wäre sie müde, jedoch fühlte sie mit jeder Ader ihres Körpers, wie wach sie war. Dann spürte sie einen Ruck durch ihren Körper fahren, wie eine Welle, die so von den Füßen zu reißen drohte. Ihr wurde schwindelig, doch noch immer blieb es ihr versagt, sich in irgendeiner Form zu bewegen. Sie schien mit dem Boden verwurzelt, doch dann, ganz plötzlich, fühlte sie eine ungemeine Leichtigkeit. Plötzlich war sie wieder imstande, die Augen zu öffnen, und tat dies daraufhin. Was sie sah, hätte ihr wohl einen aufgeregten Schrei entlockt, wenn sie dazu imstande gewesen wäre. Doch noch immer konnte sie keine Laute von sich geben, nur still beobachten. Und was sie nun sah, trieb ihr beinahe Tränen in die Augen.
    Chloé sah sich selbst, sitzend auf einem hölzernen Stuhl in einem gemütlich eingerichteten Zimmer. Blumen schmückten viele Fensterbretter, die Sonne schien und ließ die Staubpartikel in der Luft tanzen. Sie selbst trug ein hellblaues Gewand aus Seide, welches ihrem Körper zu schmeicheln schien. Doch Chloé sah sich weinen. Tränen glitzerten durch die Sonne auf ihren Wangen, auf denen sie innegehalten hatten, bis sie schließlich zu ihrem Kinn liefen. Jedoch standen diese Tränen im Widerspruch zu einem herzlichen Lächeln auf Chloés Lippen - Freudentränen? Die Chloé in der Vision streichelte mit einer Hand ihren Bauch, mit der anderen hielt sie etwas fest...einen kleinen Apperat? Schwangerschaftstest?! schoss es Chloé durch den Kopf, doch ehe sie sich das Gerät näher anschauen konnte, kam ein starker Wind auf, blies die Szene weg wie ein Blatt Papier. Alsbald befand sich Chloé mitten in einer Windhose, spürte jedoch nichts außer einen sanften Hauch, der sie umgab. Ehe sie sich fragen konnte, was das bedeuten mochte, erstarb der Wind, und eine Totenstille umgab das Mädchen. Sie sah sich um, doch dann wurde die allgegenwärtige Ruhe durch einen Schrei durchbrochen - ihren Eigenen. "Hierher, hier bin ich!" Zu wem Chloé sprach war unschwer zu erkennen - aus der Ferne lief ein Pokémon auf sie zu, ein weißes, auf den ersten Blick bedrohlich wirkendes Pokémon, doch Chloé wusste, dass es zärtlich war. Doch ihm blieb keine Chance, bei seiner Trainerin anzukommen - die verwischte Silhouette verschwand in dem Moment, und eine blauschwarze Klinge ließ die Vision abermals den Schauplatz wechseln.
    Nun sah das Mädchen drei Glaskästen, in denen eine silberweiße Flüssigkeit präsent war. Sie schimmerte unheilvoll, wirkte beinahe wie flüssiges Silber. Chloé kniff die Augen zusammen, um zu erkennen, was in den Kästen herumschwamm, doch viel erkennen konnte sie nicht. Ein paar Farben? Doch sie konnte ihren Blick nicht fokussieren, denn sogleich ertönte das knirschende Geräusch von berstendem Glas, gefolgt von einer gigantischen Explosion. Feuerzungen und tiefschwarzer Rauch verfinsterten den Raum, hüllten Chloé vollends ein. Und dann konnte sie plötzlich wieder schreien. Sie spürte, wie sich der Rauch in ihren Lungen festsetzte, sodass sie husten musste. Ihre Augen tränten, ihre Wangen glühten. Einzelne Haarsträhnen fielen ihr ins Gesicht. Verzweifelt rang die Koordinatorin nach Luft, die nicht mehr vorhanden schien. Ihre Gliedmaßen schmerzten, sie spürte, wie ihr Körper taub wurde. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Bevor die Dunkelheit sie völlig umhüllte, dachte sie nur an eins: Jace, hilf mir...
    Langsam kam sie wieder zu Bewusstsein, war jedoch noch immer nicht in der Lage, die Augen zu öffnen. Sie wusste, dass es vorbei war. Dass sie sich wieder in der Realität befand. Sie hörte nichts außer das Blut in ihren Ohren und aufgeregtes Atmen von ihren Freunden, wie sie vermutete. Und dann schien alles in großes Chaos auszuarten.


    Als Chloés Beine plötzlich nachgaben, sah Jace alles in Zeitlupe. Langsam klappte die Koordinatorin zusammen und fiel zu Boden. Der Trainer riss seine grünen Augen weit auf. Instinktiv sprang Jace zu Chloé um sie aufzufangen. Er bekam das Mädchen unter den Schultern zu fassen und stützte sie ab. Gary und Lucia hockten sich links und rechts neben die bewusstlose Chloé. "Puls fühlen und Atemryhtmus feststellen!" befahl Jace mit einem besorgten Ton in der Stimme. Doch er erntete nur unwissende Blicke. "Lucia, halte Chloés Kopf so, dass ihr Hals überstreckt ist" sagte Jace und legte den schlaffen Körper der Koordinatorin vorsichtig auf den Boden. Das blauhaarige Mädchen kniete sich neben den Kopf ihrer Freundin und legte die Hände an ihre Wangen, während Jace sich an der frei gewordenen Seite positionierte. Sein Herz raste vor Sorge, während in seinem Kopf wieder das rythmische Tickticktick anfing. Er legte Zeige- und Mittelfinger an Chloés Handgelenk, als er hörte, wie Lucia leise stotterte. Ohne das Mädchen anzusehen, sagte er: "Ihr Kopf muss so stehen, als würde sie dich anschauen." Nach diesen Worte spürte er, wie der Körper leicht bewegt wurde. Seine Finger registrierten ein regelmäßiges Pulsieren. Erleichtert atmete Jace kurz durch. "Puls ok." flüsterte er und hielt seine Hand vor Chloés Nase. Angespannt hielt er die Luft an, doch seine Hand zitterte leicht. Kalter Schweiß rann ihm die Schläfe hinab. Alle Blicke sahen ihn gespannt an. Als ein warmer Hauch seinen Handrücken kitzelte, stieß er die angehaltene Luft beruhigt aus. "Sie atmet normal. Wahrscheinlich ist sie bloß ohnmächtig. Wenn wir ihre Füße hochlegen, müsste sie in ein paar Minuten wieder bei Bewusstsein sein" flüsterte er befreit. Sein Blick richtete sich kurz auf Gary, der sanft Chloés Beine anhob.
    Jace richtete sich auf, atmete einmal durch und stellte sich vor den vermumten Mann. Jace´ Hände knallten auf die Tischplatte, wodurch die Kerze zu wackeln begann. "Was haben sie mit Chloé gemacht?" brüllte der Trainer.
    Der fremde Mann hob den Kopf leicht, doch immer noch blieben seine Augen hinter der Kapuze verdeckt. "Manchmal wird man von der Zukunft übermannt, das ist allseits schon bekannt. Es ist noch niemand dran gestorben, mach dir daher keine Sorgen."
    "Wenn du mir nicht sofort sagst, was diese Bilder zu bedeuten haben, zeig ich dir ein paar meiner Freunde, die dein Zelt liebend gerne auseinander nehmen! Und zwar ohne Reime!" Jace´ Stimme nährte sich Geschrei, ein kratziger Unterton mischte sich ihr bei.
    Destinys Stimme blieb ruhig und emotionslos: "Reimen ist mein Leben, ich werde es niemals aufgeben. Eure Visionen sind euch nun bekannt, also seid nicht so angespannt. Es wird so passieren, niemand kann es korrigieren. Ihr müsst der Zeit lassen ihren Lauf. Auf wiedersehen, bleibt wohlauf." Nach diesen Worten flammte die Kerze ein letztes Mal auf und Destiny war mit seinen Pokémon verschwunden.


    Die Stimmen um sie herum vermischten sich zu einem unverständlichen Gemurmel. Noch immer war Chloé schwindelig und ihr war schleierhaft, was genau vor ein paar Minuten - oder waren es bereits Stunden gewesen? - passiert war. Sie erinnerte sich nur an schemenhafte Bilder, an Feuer, an Flecken und...Einen Schwangerschaftstest? Nachdem sie diesen Gedanken gegriffen hatte konnte sie sich besser konzentrieren. Ihre Sinne schärften sich, sie war wieder in der Lage, die Stimmen ihrer Freunde zu trennen. Jace schrie etwas, seine Stimme bebte vor Wut, was Chloé sofort das Herz zerriss. Wieso schrie er? Es ging ihr gut, sie war bei Bewusstsein, obgleich sie nicht in der Lage war, die Augen zu öffnen. Es erschien ihr zu schwer, als wären ihre Wimpern mit ihrer Haut verkettert. Doch sie spürte noch mehr. Als sie die Luft einsog, fiel ihr auf, dass etwas fehlte - der satte Geruch von Weihrauch war komplett verschwunden. Wie war das möglich, in Anbetracht dessen, dass der Geruch wenig zuvor so ausgeprägt gewesen war? Chloé runzelte die Stirn, zumindest dachte sie, dass sie das tat. Sie konnte ihr Gesicht noch nicht Recht spüren, weswegen sie nicht sicher gehen konnte. Etwas anderes fühlte sie jedoch umso deutlicher - dass irgendwas mit ihren Beinen nicht stimmte - sie hingen in der Luft. Und irgendjemand schien sie zu halten. Doch Jace konnte es nicht sein, seine bebende Stimme hallte noch immer direkt neben ihr wieder. Und die unverkennbar zärtlichen Hände von Lucia spürte sie nun an ihrem Unterkiefer, ihre Fingerkuppen zitterten leicht, doch die Berührung war sacht wie immer. Folglich...
    Und dann konnte sie die Augen aufschlagen. Es war dunkel in dem Zelt, die Kerze musste augenscheinlich erloschen sein. Vielleicht war ja deswegen der Weihrauchgeruch verschwunden. Chloé kniff trotz der allgegenwärtigen Dunkelheit die Augen zusammen, um ihren Blick zu fokussieren. Im Dunkeln konnte sie schwach die Silhouette eines Jungen erkennen, und die wirr abstehenden Haare ließen nur einen Schluss zu. Sofort riss Chloé ihre Augen auf, öffnete den Mund und stieß einen erschreckten Schrei aus. Sogleich begann sie, mit den Beinen zu zappeln, und obwohl sie sehr überrumpelt war, bemühte sie sich dennoch, dem Jungen nicht ins Gesicht zu treten. Dieser fuhr ebenfalls überrascht nach oben und gab ein überraschtes Geräusch von sich, doch dann ließ Gary glücklicherweise Chloés Beine los. Jace hatte indes aufgehört zu brüllen und hatte sich neben das Mädchen gekniet und ihr eine Hand auf den Rücken gelegt, um sie zu stützen. Inzwischen wurde ihr schwindelig, schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen, und wohlig seufzend ließ sie sich gegen die Hand des grünäugigen Jungen lehnen, der alsbald die Stimme erhob, diesmal aber sanft und leise, ein totaler Gegensatz zu vorhin. "Chloé, geht es dir besser?" Da Chloé in der Dunkelheit weiterhin mehr schlecht als Recht sehen konnte, aber dennoch versuchte, das unverwechselbare Gesicht des Jungen zu erfassen, spürte sie plötzlich die warmen, zarten Hände ihrer Freundin auf ihren Schultern. Nah an ihrem Ohr flüsterte diese: "Süße, alles in Ordnung? Du bist ohnmächtig geworden, wir haben uns Sorgen gemacht." Die Brünette schluckte, um ihre Stimme zu erheben, doch leider klang sie nicht halb so sicher, wie sie beabsichtigt hatte. Es war eher ein flüsterndes Krächzen als eine sichere Ansprache. "Ja, mir geht's schon besser. War wohl etwas viel für mich." Sie lächelte obwohl sie wusste, dass ihre Freunde dies nicht sehen konnten. Plötzlich spürte sie, wie sich eine Hand unter ihre angewinkelten Beine schob und eine andere Hand um ihre Schultern legte. Sie konnte sich gerade noch wundern, doch bevor sie widersprechen konnte, spürte sie einen kurzen Luftzug und befand sich dann auf den Armen eines Jungen. Doch ihre Sinne waren noch immer zu benebelt, als dass sie hätte sagen können, wer sie da trug. Natürlich hoffte sie, dass es Jace war, denn seine Wärme übertrug sich direkt in ihr Herz. Sie lächelte selig, während sie hinausgetragen wurde.
    Erst, als der Junge aus dem Zelt hinausgetreten war, bemerkte Chloé, dass sie die Augen bereits wieder geschlossen hatte. Ihre Lider nahmen eine stark leuchtende, orangerote Farbe an. Die Sonne schien also. Die Brünette kniff ihre Augen zusammen und wollte sich am Liebsten an die Brust des Jungen kuscheln und schlafen, doch sie wusste, dass sie das nicht tun konnte. Somit öffnete sie langsam die Augen, doch das Licht blendete sie so enorm, dass sie die Augen alsbald wieder schloss.
    Dann setzte der Junge sie behutsam ab, bis sie wieder verhältnismäßig sicher auf den Beinen stand, jedoch noch immer gestützt von etlichen Händen, die sie besorgt umfasst hielten. Eine unverkennbare Röte schoss ihr ins Gesicht, es war ihr einfach peinlich, dass gerade sie umgefallen war, wo die anderen die Prozedur so gut überstanden hatten. Aber das ist ja mal wieder typisch, dachte das Mädchen, bis sie sich wappnete und endlich die Augen öffnete. Vor ihr stand Gary, mit sorgenvollem Ausdruck auf dem Gesicht. Sie drehte den Kopf nach Rechts und sah in die blauen Augen von Lucia, die nah bei ihr stand und sie an den Schultern hielt. Sie lächelte, und eine kleine Träne rollte ihre Wange hinab. Chloé erwiderte das Lächeln. Dann drehte sie den Kopf abermals, diesmal nach links, und sah den schönsten Jungen, der in ihrer Vorstellungskraft existierte. Seine Haare wehten sachte in einer Brise, seine grünen Augen sahen mit einem Mix aus Freude, Wut und Erleichterung in die Ihren. Unweigerlich lief Chloé rot an, lächelte jedoch und hielt seinem Blick stand.
    Die Luft um sie herum roch frisch, nach Honig, Harz und Gras. Eine wunderbare Abwechslung zu dem vergangenen Weihrauchgeruch. Da fiel Chloé ein, dass sie den mysteriösen Mann schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen oder Reimen gehört hatte. So sah sie sich also um, in die Richtung, aus der sie gerade hinaus getragen wurde. Dann riss sie die Augen auf und ihr Unterkiefer klappte nach unten. Jace, Lucia und Gary folgten ihrem verständnisslosen Blick, bis auch sie überrascht die Luft einsogen: Das graue, merkwürdige Zelt, war zusammen mit irgendwelchen sonstigen Hinweisen von Destiny's Existenz verschwunden.