Nymphengesang

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

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  • Schimmer

    geschrieben am 04.02.24


    Es ist dunkel. Ich sitze angelehnt an eine Wand, die Beine angezogen. Alles, was an meine Ohren dringt, ist der pfeifende Sturm außerhalb meines Zimmers. Die Gedanken kreisen willkürlich umher und lassen mich nicht in Ruhe. Mein Körper zittert etwas.

    Eine Türklinke ist zu hören. Ein schmaler Spalt öffnet sich in einiger Entfernung und lässt Licht in den Raum herein. Die dunkle Hand einer schattenhaften Gestalt nähert sich meiner Position. Unfähig vor Angst schließe ich die Augen und mache mich so klein wie möglich. Die Hand berührt meinen Kopf und streicht sanft darüber.

    „Keine Sorge. Ich bin für dich da.“


  • Näher

    geschrieben am 18.02.24



    Mit leiser Macht

    endlich erwacht,

    Stimme der Nacht,

    lieblich sie lacht.


    Holt mich zurück

    in einem Stück,

    baut eine Brück’,

    ist’s doch ein Glück.


    Holt mich hier raus

    aus meinem Haus.

    Komm, kleine Maus,

    ist noch nicht aus.


    Bringt mich ans Meer,

    schien alles leer,

    ist’s doch nicht mehr,

    Freud’ ich begehr’.


    Still meine Frag’

    an jenem Tag,

    bis ich dann sag’,

    dass ich dich mag.


  • Nachtgedanken

    geschrieben am 03.03.24


    I lieg nu woch, de Aug'n offa. Drah mi hin und her und werd ned miad. Ois draht si ums Leb'n. Wieso wird's ned besser? De Gedånken kroas'n wüd umher, bis I draußt a Auta vorbeifohrn hea. I steh auf und geh zum Fenster, lah in Kopf außi und siach de boar Leid unt am Trottoir. Wos de woi heit nu olle dengan? Ob ea Leb'n vielleicht oafocher is?

    Mei Blick wondat aufi in Hümmi. Da Mond steht hoch und locht mi ån. Ob er si do ob'm alloa füht? Monchmoi frog i mi, ob er si an Freind wünscht.


  • Hey Rusalka!

    Ich wollte meine Wertschätzung zum Ausdruck bringen für deine Nachtgedanken, weil ich es gar nicht einfach finde, Dialekt schriftlich wiederzugeben. Im Fall deines Textes konnte man wirklich gut reinfinden, so dass sich bereits nach einigen Worten ein Gefühl für den Klang der Worte einstellte.

    Besonders stark finde ich den Satz "Ois draht si ums Leb'n." Als ob damit schon alles gesagt wäre. Manchmal kommt man mit den Gedanken einfach nicht weiter und kann trotzdem nicht aufhören, sie nochmal zu durchdenken. Eine gewisse Einsamkeit strahlt der Texte aus, allein schon die Frage, ob sich der Mond allein fühlt, verrät, dass es das Ich selbst ist, das sich einen Freund wünscht. Vielleicht traut es sich einfach nicht, mitten in der Nacht jemanden anzurufen? Um die eigenen Gedanken zu sortieren, sind echte Freunde, die einem zuhören, schließlich die beste Möglichkeit.

    Mach's gut und viel Freude beim Schreiben ^^

    Und plötzlich schien ein neuer Kontinent

    am Horizont, wir sind noch lange nicht am End’!
    _________________________________________________- Flocon

    Vielen Dank an Evoluna für dieses wunderbare Banner ^-^

  • Bahn

    geschrieben am 15.03.24


    Bahn, oh Bahn, oh Bahn,

    warum tust du mir das an?

    Treibst mich in den Wahn.


    Steh ich hier, ein Kind,

    Lichter sausen wie im Wind,

    Menschen, wie sie sind.


    Lauter wird die Stimm',

    erzählt dies, das, dort und bim,

    spät wird's, Tag ist dimm.


    Endlich Licht am End',

    ist das nun die große Wend'?

    Erhebe die Händ'.


    Steige endlich ein,

    Verspätung kommt sogleich rein,

    was für eine Pein.


  • Hey!


    Obwohl ich mit dem Lesen ... einige Monate zurückhinke (sorry :x), wollte ich gerne kommentieren. Ich hatte mir aus deinen neuen Werken Schimmer ausgeguckt, aber jetzt hast du ein Gedicht über die Bahn geschrieben! Dann muss ich wohl damit anfangen ...


    Ist dir bewusst, dass deine ersten zwei Strophen noch einen gleichbleibenden Trochäus hast? Mich zumindest hat der zweite Vers der dritten Strophe absolut rausgebracht, weil er plötzlich nicht mehr ins etablierte Schema passte. Es ist lustigerweise direkt in der Mitte des Gedichts, was einen klaren Cut zeichnet, weil die anderen beiden Strophen auch jeweils einen nicht alternierenden Vers haben. Ich kann nur inhaltlich nichts finden, was damit übereinstimmt. Wenn "Erhebe die Händ'" keiner davon wäre, könnte man meinen, es sei immer, wenn es um Verspätungen - oder Veränderungen - geht. Aber vielleicht hat Flocon mich auch einfach dazu gebracht, inzwischen nach so etwas zu suchen, auch wenn ich selbst es nicht bewusst gemacht hätte. Also ist das bei dir vielleicht auch die einfache Erklärung? Keine Ahnung. So oder so ist es ja aber auch einfach schwer genug, mehrere sich reimende Haiku zu schreiben, die auch noch eine Geschichte erzählen, also sollte man vielleicht nicht auch noch einen gleichmäßigen Rhythmus erwarten.

    Inhaltlich fällt die erste Strophe mehr oder minder mit der Tür ins Haus, was aber für die meisten Leute, die schon einmal Bahn gefahren sind, dennoch keine Überraschung darstellt. Die zweite Strophe wirkt dagegen fast schon freundlich. Ich finde, sie strahlt die Faszination und Unschuld des benannten Kindes aus, das Züge beobachtet. Ich gehe aber davon aus, dass die gewollte Interpretation bedeutet, dass man sich in Gegenwart der durchfahrenden Züge klein und hilflos fühlt, während alle Menschen nur auf sich achten. Dann geht es weiter mit den Durchsagen am Bahnsteig, die viel zu häufig Dinge erzählen, die man nicht hören will, aber das versteckt zwischen so viel anderem Kram, der einen gar nicht betrifft. Barrierefrei ist das nicht. Hab ich gestern mal wieder drüber nachgedacht. Ich frage mich, ob "bim" von "Bim Bam" oder von "österreichisch umgangssprachlich Straßenbahn" [Zitat Duden] kommt. Da sich letzteres aber von ersterem ableitet, womöglich beides. "Dimm" als Adjektiv kenne ich auch nicht. Ist das nur für das Gedicht von "dimmen" abgeleitet oder ist das ein Dialekt, der mir nicht vertraut ist? Im vierten Vers kommt dann die Bahn. Vermutlich da schon mit Verspätung oder zumindest anderen Problemen, die nicht geplant waren (veränderte Wagenreihung zum Beispiel). Aber selbst dann, ist es meist ja einfach nur schön, endlich im Zug zu sitzen. Dass sich die Reise dann mit dem letzten Haiku noch einmal verlängert, ist natürlich dann wirklich ärgerlich, was den wundervollen Bogen zur ersten Strophe schlägt, sodass man das Gedicht (aufgrund des Wahrheitsgehaltes leider) in Dauerschleife lesen könnte. Sehr schön umgesetzt!


    So, jetzt zu meinem eigentlichen Ziel. Schimmer beschreibt mehr oder weniger einen Hoffnungsschimmer in der Dunkelheit. Beim ersten Lesen habe ich (wie das bei mir häufiger mal passiert), den letzten Satz gelesen, ehe ich mich dem zweiten Absatz annahm. Bedeutet, ich wurde davon nicht in die Irre geführt. Beim nächsten Lesen habe ich dann aber festgestellt, wie bildgewaltig dein Drabble ist. Du schaffst eine Szene, die man sonst eher von einem visuellen Medium erwarten würde. Im Schriftlichen sind solche fehlleitenden Bilder eher schwieriger umzusetzen, aber hier funktioniert es problemlos. Es ist einfach so visuell geschrieben. Besonders die "Hand einer schattenhaften Gestalt". Obwohl ich den Ausgang kannte, hatte ich sofort ein Schattenwesen mit gekrümmten Klauen im Kopf.

    Psychologisch betrachtet, funktioniert dieses Drabble auch wunderbar, weil es zeigt, wie sehr man sich von der Außenwelt abschotten kann. Das hast du zum einen durch die in deiner Information erwähnten Lichtgestaltung geschafft, aber auch durch die eingewobenen Gedanken, dass das Ich gleich vom Schlimmsten ausgeht, als sich die Tür öffnet und jemand hereinkommt. Es schafft Monster, wo gar keine sind. Umso wichtiger ist das positive Ende, das das Drabble metaphorisch gesehen noch viel mehr erhellt als das Licht, dass durch die offene Tür fällt. Es gefällt mir wirklich sehr!


    Auch wenn der Drabblekommentar etwas kürzer wurde als der Gedichtkommentar, mag ich beide Werke hier sehr. Und ich verspreche, irgendwann werde ich auch die anderen endlich aufholen!

    Ich wünsche dir auch weiterhin viel Freude am schreiben und - ich klaue deine Verabschiedung - wir lesen uns!

    ~ShiraSeelentau

  • Seelenbund

    geschrieben am 04.02.24


    Eine sanfte Brise umspielte die längliche Gestalt des Drachens. Während er sich wand und in Richtung des Vollmondes unterwegs war, genoss er die kühle Nachtluft. Auf seinem Rücken ritt ein junges Mädchen, das sich verhalten an den Schuppen festhielt. Noch hatte es nicht ganz verstanden, wie die beiden seit langer Zeit befreundet sein konnten. Immerhin war es schon sehr lange eine Waise. Je länger sich das Mädchen jedoch in der Nähe des Drachen aufhielt, desto wohler und geborgener fühlte es sich.

    Schließlich begann es zu lachen. Der Drache schnaubte vergnügt und ließ die fröhliche Stimme des Kindes auf sich wirken.


  • Huhu Rusalka!


    Ich dachte mir, dass ich mal wieder bei dir vorbeiflattere. Ist ja schon eine Weile her seit ich es mir hier gemütlich gemacht habe. Und da ich auch immer von dir so fleißig besucht werde ... muss das so! The crow likes the sound of the neverending river. Ich schnapp mir einfach mal dein neustes Werk »Seelenbund«.


    Leider habe ich die Valentinsaktion dieses Jahr verpasst, weil mein Februar viel zu stressig war. Frech, wenn du mich fragst. Aber nachdem ich jetzt dein Werk und das dazugehörige verdrabbelte Werk gelesen habe, konnte ich wenigstens ein bisschen Anteil haben an der Aktion. Was mich daran erinnert, dass ich generell noch nachlesen wollte, huh! Anyway. Hier gehts jetzt erst mal um dein Drabble.

    Wenn ich als erstes über den Titel nachdenke, kommt mir direkt der Gedanke, dass ich selbst einen kleinen Fable dafür habe, wenn man von Seelenverwandtschaft spricht. Ich finde das ist irgendwie eine schöne Vorstellung; besonders weil es so viele verschiedene Formen und Arten haben kann. Und diese Diversität ist es auch, die einen sehr gespannt werden lässt auf das eigentliche Werk. Geht es um Freundschaft? Geht es um Liebe? Beides? Oder doch was völlig anderes, was den Zusammenhalt zweier Seelen beschreibt?

    Bereits nach wenigen Worten hat man als Leser bereits ein ziemlich ausführliches Bild im Kopf. Beziehungsweise habe ich das; allein weil ich dazu tendiere, mir bei Drabbles immer direkt einen halben Film auszumalen. Besonders effektiv, wenn im Hintergrund leise Musik läuft. Auf jeden Fall lernt man direkt den Drachen kennen, der in der Nacht durch den Himmel fliegt. Das ist ein sehr ruhiges und sanftes Bild, was du mit deinen kurzen Beschreibungen gut rüberbringen kannst.

    Als das Mädchen angesprochen wird, exisitert eine Mischung aus Melancholie und Gemeinschaft. Das entfernte Gefühl, dass sie mal allein war, sich darüber aber keine Gedanken mehr machen muss, weil sie nun einen Freund gefunden hat, der sie auf dem Rücken trägt. Sowohl durch die Nacht, als auch durchs Leben. Es erinnert mich irgendwie daran, dass man manchmal Personen im Leben trifft, die man nicht eingeplant hat. Sie sind einfach da und verändern sehr viel. Etwas, wonach man nicht gefragt hat. Aber gleichermaßen etwas, was man manchmal braucht, ohne es zu wissen. Dieses unterschwellige Gefühl davon, habe ich irgendwie beim Lesen verspürt. Denn die Begegnung zwischen einem Mädchen und einem Drachen ist nicht unbedingt eine alltägliche Sache. Wie haben sie sich kennenglernt? Warum reisen sie nun zusammen? Haben sie ein Ziel oder genießen sie einfach das Leben? Viele Frage, auf die man keine Antwort erhält und es sich selbst zusammenreimen kann.

    Aber wenn man es mal genau betrachtet: Warum sollten die genauen Umstände eine Rolle spielen, wenn man etwas hat, was einen glücklich macht? Man muss nicht immer alles wissen oder verstehen, um den Moment zu genießen. Oft zerdenkt man etwas auch. Ich weiß nicht, ob du diese Denkweise auch gehabt hast, als du das Drabble geschrieben hast. Aber ich mag diese Erklärung, die ich für mich mitnehme. Vielen Dank dafür!


    Ich freue mich schon auf weitere Werke von dir! Wir lesen uns. Kramurx

  • Spross

    geschrieben am 14.04.24


    Die morgendliche Routine verlief wie jeden Tag. Allerdings mit dem Unterschied, endlich Urlaub zu haben. Was für eine Woche! Jeder Tag wurde anstrengender und alle Arbeitskollegen machten zunehmend den Anschein, von den täglichen Anforderungen gestresst zu sein. Die Ruhe abseits des Jobs würde mir sicherlich gut tun, auf andere Gedanken zu kommen.

    Somit befüllte ich die kleine, blaue Gießkanne mit Wasser. Vor einiger Zeit hatte ich ein Beet auf dem Balkon aufgesetzt, in der Hoffnung, einige schöne Blumen halten zu können. Sie ließen sich aber viel Zeit und auch die Sonne wollte einfach nicht durchbrechen. Wehmütig dachte ich daran, wie sich wohl die kleinen Samen fühlen mussten. Ob ich vielleicht etwas falsch gemacht hatte?

    Bedacht trat ich auf den Balkon hinaus. Die Sonne schien heute tatsächlich, auch wenn es noch etwas fröstelte. Einige Minuten lang sah ich in den bläulichen, von Wolken überzogenen Himmel, bevor ich mich dem Beet widmete. Noch bevor ich gedankenverloren Wasser auf die Samen träufeln konnte, sah ich etwas durch die Erde schimmern. Kleine Sprösslinge suchten ihren Weg an die Oberfläche.

    Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht. Summend begann ich, eine kleine Melodie anzustimmen, während ich mich den Blumen widmete. Die gute Laune nahm Überhand.


  • Verblendet

    geschrieben am 20. und 21.04.24


    „Das Leben ist schön.“

    So oft habe ich diesen Satz gehört und immer danach gelebt. Aber warum eigentlich? Es ist eine leere Floskel. Schnell daher gesagt und schnell wieder verflogen. Ganz einfach. Warum beschäftigt es mich dann so sehr? Liegt es daran, dass ich abgelehnt wurde? Aber nein, heute ist das alles ganz egal. Vergangen sind die Tage. Nur lässt mich die Sache auch nicht los.

    Eigentlich sollte es mich nicht mehr belasten. Und doch denke ich wieder daran. Verdammt! Ich hätte alles hinter mir lassen können. Die Gedanken. Die Tränen. Und doch bin ich hier und erinnere mich wieder daran. Die gehässigen Worte über mein Aussehen. Nein, nicht noch einmal! Es ist vorbei. Ja. Vorbei.

    Sie ziehen vorbei. Die Blicke wieder auf mir. Verachtend? Bewundernd? Fällt mir schwer zu bestimmen. Damals nicht. Ja, damals. Hätte ich es nur geahnt, wäre es anders gekommen? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Hätte ich nur nicht zu singen begonnen. Vielleicht wäre mir dann der Schmerz erspart geblieben. So blieb ich abgeschieden und zog mich vollends zurück.

    Eine kleine Melodie. Ich dachte, sie wäre verschwunden. Aber hier ist sie wieder. Singt in meinem Kopf ihre Weise. Und ich mit ihr mit. Eine fremde Sprache. Wo warst du nur so lange?

    Die Wörter. Sie klingen vertraut. Meine? Ihre? Fantasie? Schwer zu sagen. Der Fluss der Zeit ist unbarmherzig. Ich habe sie gelernt. Damals? Nein. Sie waren schon immer da. Haben mich immer begleitet. Haben mir geholfen. Selbst in schwierigen Momenten. Ja, die Worte waren da. Sie haben mich nie beurteilt.

    Und nun bin ich hier. Wieder unter ihnen. Wieder diese Blicke. Verachtend? Bewundernd? Vielleicht letzteres. Eine glitzernde Schuppe hat die Veränderung gebracht. So viele Blicke, die mich ansehen, als gehöre ich zu ihnen. Als gehöre ich ihnen. Als würde ich ihnen meine Aufmerksamkeit geben. Und doch fühlt es sich nicht richtig an.

    Was ist dieses Gefühl? Einsicht? Unverstandenheit? Mein Gesang war ein Segen, mein Aussehen ein Dorn. Beides war nicht vereinbar. Und doch wurde ich gesehen. Heute ist nicht damals. Aber heute denken alle nur an sich. Wen interessiert das Gegenüber? Was es denkt, was es fühlt oder was es ist? So tief kann vermutlich niemand tauchen. Nicht in diese Emotionen. Und besonders nicht in diese Gedanken.

    Wer sind diese Schemen? Was wollen sie von mir? Reden über Dinge, die sie nicht verstehen. Ich bin im Mittelpunkt? Wozu? Ich bin einfach ich. Habt ihr mich nicht erkannt? Ihr kennt mich von damals. Ignoranz. Der Schmerz. Verdammt, warum holt er mich wieder ein? Sollte es nicht eigentlich anders sein? Diese schöne Schuppe hat keine Veränderung gebracht. Alles ist noch wie früher. Meine Umgebung ist verblendet und erkennt nicht das Wesentliche.

    Schönheit ist Gift. Solange man nur in ein bestimmtes Bild passt, ist alles andere egal. Aber ihr kennt mich nicht. Ihr wolltet mich damals nicht verstehen und versteht mich bis heute nicht. Alles, was ihr seht, ist mein neues Äußeres. Alles, was ihr hört, ist mein Gesang. Nichts davon wird allerdings je beschreiben können, wie ich mich wirklich fühle. Dazu müsstet ihr mich verstehen. Oder ihr euch selbst.

    Das Leben ist schön.

    … Oder?


  • Matt

    geschrieben am 28.04.24


    Sehnsüchtig blickte er empor. Der Himmel so fern, die Erde so nah. Wirre Gedanken schwirrten umher. Wie gerne wäre er wieder dort oben am abendlichen Firmament. Die Flügel gebrochen, die Haltung ermattet. Eine einzelne Wolke zog einsam vorbei. Auf den Boden der Tatsachen gebracht sah er sich um. Die Welt wirkte einladend, dennoch trostlos. Das einstige Gefühl des Interesses war wie weggeblasen.

    Ein Licht erschien plötzlich vor ihm. Was wollte es von ihm? Er lief über die Wiese, folgte dem Licht. Es schien ihn zu führen, tänzelte im Wind der Erneuerung. Die Neugierde war wieder erwacht. Ein neues Abenteuer wartete!


  • Mein erstes Pokémon und ich: Ren

    erstellt von 03. bis 31.03.24

    in Kollaboration mit moxie



    Name: Ren (連)

    Geschlecht: weiblich

    Alter: 24

    Eigenschaften:

    Ren ist 24 Jahre jung und in Ebenholz City aufgewachsen. Als Tochter einer Familie mit Wurzeln in der Erziehung von Drachen-Pokémon hatte sie bereits früh mit verschiedenen Arten dieser Pokémon zu tun. Da es jedoch schwierig ist, mit ihnen umzugehen, hatte Ren erst mit Tomoyukis Begegnung die Möglichkeit, ihr erstes Partner-Pokémon kennenzulernen.


    Die junge Frau ist 163 Zentimeter groß und von durchschnittlicher Statur gebaut. Auffällig sind an ihr vor allem die langen schwarzen Haare, die sie zu zwei Zöpfen gebunden an der Vorderseite herabhängen lässt. Ihre Welt beobachtet sie aus smaragdgrünen Augen, während ihr Gesicht rund um die Nase herum Sommersprossen zieren. Meist ist sie in traditionellen Gewändern der Region anzutreffen, was vor allem auf ihre familiären Pflichten zurückzuführen ist. Dazu trägt sie immer eine besondere Edelholzflöte um ihren Hals. Ihre Wirkung ist der Gelben Flöte nachempfunden und bewirkt, dass verwirrte Pokémon wieder beruhigt werden.


    Ren ist von ruhiger Natur und sehr darauf bedacht, ihre Umgebung zufriedenzustellen. Schon früh wurde ihr beigebracht, sich um junge Pokémon und deren Wohl zu kümmern und das hat sie unweigerlich auch auf Menschen übertragen. Daher muss sie von anderen meist daran erinnert werden, auch einmal etwas für sich selbst zu tun. Im Umgang mit anderen kann sie aber sehr streng und diszipliniert sein, wenn es sein muss.

    Schon von Kindesbeinen an hat Ren eine Faszination für Legenden und Mythen entwickelt. Durch ihre Berührung mit Drachen-Pokémon hat sie von ihrer Familie, aber auch von vielen Menschen in Ebenholz City und ganz Johto interessante Geschichten gehört. Diese weiß sie gekonnt im Beisein anderer Menschen zu erzählen.

    Durch ihre tägliche Routine ist Ren sehr darauf bedacht, Pünktlichkeit zu zeigen. Das kann sich unter Umständen so äußern, dass sie bis zu 30 Minuten früher als angedacht zu einem Termin erscheint. Umgekehrt kann sie aber auch sehr ungehalten werden, wenn jemand bis zur ausgemachten Zeit nicht erscheint.



    Pokémon: Sen-Long

    Spitzname: Tomoyuki (友幸)

    Geschlecht: männlich

    Level: 51

    Attacken: Wutanfall, Lichtschild, Fliegen, Flammenwurf

    Fähigkeit: Wutausbruch

    Eigenschaften:

    Tomoyuki hat die meiste Zeit in den Bergen Johtos verbracht. Da Beeren, seine Leibspeise, vor allem in tieferen Regionen wuchsen, kam er oft nach Ebenholz City. Während er dort war, hatte er immer gerne mit den ansässigen Kindern gespielt. Auf diese Weise hatte er schließlich Ren kennengelernt.


    Er ist im Beisein von Kindern sehr umgänglich und zeigt sich besonders fasziniert von Musik. So hört er jederzeit gebannt zu, wenn jemand ein Lied pfeift oder spielt.

    Im Gegenzug neigt Tomoyuki aber dazu, bei Ungerechtigkeiten die Fassung zu verlieren und den Übeltäter zu bestrafen. In diesem Zustand werden seine Wutanfälle unkontrollierbar und können nahezu nur noch von Rens Holzflöte abgedämpft werden.

    Zuletzt ist er sehr neugierig. Tomoyuki entdeckt gerne Neues und weist Ren mit großer Freude darauf hin, falls ihm etwas interessant erscheint. Dazu nutzt er auch gerne die Sanftglocke, die er um seinen Hals trägt und normalerweise dafür sorgt, dass sich Pokémon in der Nähe beruhigen.



    Geschichte

    Die Sonne neigte sich bereits dem Horizont entgegen, als ein länglicher Schatten über den Himmel huschte. Ren hatte auf dem Rücken ihres treuen Partners Tomoyuki, einem Sen-Long, Platz genommen und schirmte ihr Gesicht vor dem peitschenden Wind ab. Sie hatte ihm gesagt, dass er sich ruhig alle Zeit der Welt nehmen konnte, wieder nach Ebenholz City zurückzukehren. Dennoch schien Tomoyuki merkwürdig aufgeregt zu sein, so bald wie möglich anzukommen. Eventuell lag das auch an dem Pokémon, das Ren sicher in der anderen Hand hielt und im Moment fest schlief.

    Auf ihrem Rückweg von Mahagonia City hatte sie ein Milza aufgelesen, das in der bergigen Gegend um den Eispfad versucht hatte, sich gegen heimische Pokémon zu verteidigen. Erst Rens und Tomoyukis Eingreifen hatte dazu geführt, dass sie von Milza abgelassen hatten. Allerdings war es so geschwächt, dass es sich kaum alleine aufrappeln konnte. Ren hatte Milza daher angeboten, mit ihr mitzukommen. Nichts lag ihr ferner, als einem Pokémon in Not zu helfen, jedoch wollte sie es auch nicht einfach aus ihrer natürlichen Umgebung reißen. Es war nicht ungewöhnlich, junge Pokémon abseits ihrer Eltern zu finden und daher war es Ren ein Anliegen, dass sich die Pokémon selbst dazu entscheiden konnten. Milza musste nicht lange überlegen und kam daher freiwillig mit ihr mit.

    Mit der Sonne im Rücken überflogen Ren und Tomoyuki ihre Heimat Ebenholz City. Die Stadt war für ihre Drachen-Pokémon weithin bekannt und dank der hiesigen Arena auch ein regelmäßiger Anlaufort für Trainer aus aller Welt. Ihr Weg führte aber nicht dahin, sondern zum örtlichen Pokémon-Center. Gerade, als Tomoyuki zur Landung ansetzen wollte, erwachte Milza aus seinem Schlaf und streckte seine Glieder. Ren wurde darauf aufmerksam und drückte das junge Drachen-Pokémon stärker an ihren Körper.

    „Gleich sind wir da“, flüsterte sie ihm zu, während ihr Partner sanft auf dem Boden aufkam. Mit geübtem Schwung stieg Ren von Tomoyukis Rücken herab, der ihr wiederum interessiert den Kopf zuwandte. Sie richtete ihren Hakama und nahm anschließend eine Tsitrubeere aus dem Beutel an ihrem Gürtel. Anschließend reichte Ren die Beere ihrem Partner, der zuerst daran schnupperte und sie nach eifriger Begutachtung sanft aufnahm. Sie lächelte und strich Tomoyuki über den Kopf. Dieser stieß zwischen den Schmatzgeräuschen ein dumpfes Grollen aus.

    „Danke für den Flug! Ich bin gleich wieder da. Warte kurz, ja?“

    Mit diesen Worten betrat Ren das Innere des Gebäudes. Da es bereits spät am Abend war, befanden sich nicht mehr so viele Menschen im Eingangsbereich des Pokémon-Centers. Ren ging daher auf direktem Weg zum Tresen, wo eine Mitarbeiterin frei stand. Beide verbeugten sich förmlich und die junge Frau hielt das wilde Milza hin.

    „Guten Abend. Könnten Sie den Kleinen bitte auf Verletzungen begutachten? Ich habe ihn heute aufgelesen und ich möchte sichergehen, dass ihm nichts fehlt.“

    „Sehr gerne!“, antwortete ihr die Mitarbeiterin und nahm Milza entgegen. „Es wird eine Weile dauern, bis wir die Untersuchung vollständig durchgeführt haben. Wir können dich aber gern benachrichtigen, wenn du dich hier einträgst.“

    Das Prozedere war Ren natürlich bekannt, wenngleich die Mitarbeiterin selbst wohl neu war. Zumindest hatte sie das Gesicht noch nie zuvor gesehen. Pflichtbewusst kam Ren der Aufforderung nach und gab ihre persönliche Telefonnummer auf dem bereitgestellten Display an. Sie drückte auf Absenden und die Mitarbeiterin bedankte sich erneut. Damit war vorerst alles erledigt, was Ren für Milza tun konnte. Später würde sie ihm ihr Zuhause und die anderen Pokémon zeigen. Sie konnte es kaum erwarten, den Kleinen mit seinen Artgenossen bekannt zu machen.

    Als Ren aus dem Pokémon-Center austrat, war Tomoyuki nicht mehr zugegen. Beinahe war sie versucht, nach ihm zu rufen. Allerdings dachte sie daran, dass er vielleicht den Park in der Nähe angesteuert hatte. Das war tatsächlich nicht unüblich. Also ging sie zuerst dorthin, um nach ihm zu suchen.

    Dort entdeckte Ren ihren Partner auch, umgeben von mehreren, genauer drei, Kindern, die sich an sein weiches Fell kuschelten. Sie lächelte. Tomoyuki konnte schon immer sehr gut mit Kindern umgehen und es verwunderte sie nicht, dass er die freie Zeit damit verbrachte, mit ihnen zu spielen. Für einige Zeit beobachtete sie die vier, bis ihr Partner schließlich auf sie aufmerksam wurde. Er legte den Kopf schief und veranlasste die Kinder dazu, seinem Blick zu folgen. Kurz darauf scharten sich die drei um Ren herum.

    „Gehört der Opa zu dir?“, fragte ein Junge mit Brille aufgeregt. Ren hob beschwichtigend beide Hände und sah mit einem Lächeln zu ihrem Partner.

    „Ja“, sagte sie, während Tomoyuki langsam näher kam. Sie kraulte ihn unter dem Kopf, was er mit einem tiefen Grollen beantwortete. „Mit Tomo bin ich schon lange befreundet. Und wie ich sehe, habt ihr ihn auch ins Herz geschlossen?“

    „Jaaa!“, kam ein kollektiver Ruf von den Kindern. Etwas anderes hatte Ren nicht erwartet. Dennoch verfiel sie in Gedanken, als sie genauer über die Ausgelassenheit der Kleinen nachdachte.

    „Ihr solltet euch aber immer bewusst sein, dass Pokémon nicht nur freundlich zu euch sind“, begann sie und die anfängliche Freude war wie aus allen Gesichtern weggeblasen.

    „Wieso das?“ Das Mädchen der Gruppe schien wie aus allen Wolken zu fallen.

    „Möchtet ihr gerne eine Geschichte hören?“, fragte Ren und die Kinder stimmten aufgeregt zu. Sie lächelte und setzte sich auf eine nahe Parkbank. Tomoyuki hatte sich währenddessen auf dem Gehweg niedergelassen, während die Kinder eine Position auf ihm sitzend oder in seinem weichen Fell suchten.

    „Also gut“, sagte sie, als es sich alle bequem gemacht hatten. Ren überlegte kurz, wie sie beginnen sollte. So viele bekannte Legenden und Sagen über ihre Heimatstadt lagen ihr auf der Zunge, aber diese Geschichte sollte etwas Besonderes werden. So fing sie mit einer Einleitung an. „Einst trug sich etwas in Ebenholz City zu, was sich vereinzelt noch bis heute erzählt wird. Euch ist sicher bekannt, dass in dieser Stadt Drachen-Pokémon wie sonst vielleicht nur im fernen Lande Einall in Twindrake City verehrt werden. Seit jeher werden sie hier willkommen geheißen und die Menschen leben in Eintracht mit den vielleicht mächtigsten Pokémon dieser Welt.“

    Ren sah während ihrer Erzählung abwechselnd in die Augen der Kinder. Obwohl eines von ihnen so wirkte, als hätte es diese Worte schon tausende Male gehört, blieb es dennoch aufmerksam. Ein anderes hatte sich in Tomoyukis Fell verkrallt. Seine Reaktion darauf war lediglich, dass er dem Kind einen sanften Stups gab. Überrascht fuhr es hoch und lachte, als sich ihre Blicke kreuzten. Erneut lächelte Ren und sie fuhr fort.

    „Euch sind Sen-Long, so wie es Tomoyuki hier auch ist, sicher als sanfte Wesen bekannt. Das dachte auch das Mädchen dieser Geschichte. Jeden Tag hatte es sich darüber gefreut, dass sich eines dieser sanftmütigen Wesen von den hohen Bergen Johtos nach Ebenholz City herab begab. Trotz ihrer Größe waren und sind Sen-Long dafür bekannt, mit Pokémon und besonders auch mit Menschenkindern sehr enge Bande schließen zu können. Das gab Eltern immer die Gewissheit, Kinder in die Obhut dieser Pokémon zu geben.“

    In diesem Moment bemerkte Ren, dass sie zu sehr abschweifte. Es war zwar gut, über langjährige Erkenntnisse zu Sen-Long zu sprechen, aber sie musste den Fokus wieder auf die eigentliche Geschichte schwenken. Ihr Blick traf sich mit Tomoyukis und sie nickte.

    „Das Mädchen hatte bisher wenige Freundschaften in seinem Leben geschlossen. Da es einer Familie angehörte, die bereits seit langer Zeit mit Drachen-Pokémon in Verbindung stand und besonders junge Exemplare aufzog, dachten andere Kinder, dass es sich aufgrund der vielzähligen Traditionen, die damit einhergingen, nicht mit ihnen abgeben könnte. So sehr das Mädchen auch versuchte, Gespräche aufzubauen, scheiterten sie doch meist am Verständnis der anderen. Daher suchte es seinen Trost darin, Freundschaften zu Pokémon aufzubauen. Insbesondere zu Drachen-Pokémon konnte das Mädchen dank seiner Ausbildung immer schnell Fuß fassen.

    Es begab sich an einem Tag, dass wieder ein Sen-Long Ebenholz City einen Besuch abstattete. Viele Kinder hatten an diesem Tag keine Schule und so konnten sie viel Zeit in einem nahegelegenen Park verbringen. Genau dorthin hatte es jenes Sen-Long verschlagen, das sofort von allen Seiten umringt wurde. Während sein Blick von einem Kind zum nächsten wanderte, fiel ihm jedoch in einiger Entfernung ein Mädchen auf, das mit sehnsüchtigem Ausdruck in den Augen die anderen Kinder beobachtete. Es wollte immer nur das Beste für alle anderen und freute sich daher für alle, die sich dem großen Drachen-Pokémon nähern konnten. Schließlich sah es zu Boden und wandte sich zum Gehen. Bei so großem Andrang hatte es nicht gehofft, dass Sen-Long an ihm Interesse zeigen würde.“

    „Und es hat es doch getan?“, fragte der Junge, der sich erneut in Tomoyukis Fell verkrallt hatte. Die anderen Kinder baten ihn mit vor den Mündern gehaltenen Fingern, still zu sein. Ren lachte und sie nickte sanft.

    „Ja! Obwohl Sen-Long eine Menge Kinder um sich herum hatte, entfachte etwas in ihm Interesse an diesem einsamen Mädchen. In aller Kürze konnte es eingeholt und genauer betrachtet werden. Noch während das Mädchen rätselte, was Sen-Long ausgerechnet von ihm wollte, verließen ein stoßartiger Lufthauch sowie ein Schrei seinen Rachen. Die Haare des Mädchens wirbelten in dem so entstandenen Wind wild umher. Anstatt dass es aber zu weinen begann, lachte es. Sein heiteres Gemüt erfüllte den Park wie kaum ein anderes Kinderlachen an diesem Tag. Zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte sich das Mädchen wirklich frei.

    Ab dieser schicksalhaften Begegnung besuchte jenes Sen-Long öfter als sonst üblich Ebenholz City. Auch wenn das Mädchen nicht immer zugegen war, widmete es sich ihm doch jederzeit, wann immer Sen-Long es erblickte. Auf diese Weise entstand eine ganz besondere Freundschaft zwischen den beiden. Eine, die vielleicht sogar für immer hätte überdauern können. Aus diesem Grund erhielt das Mädchen von seinen Eltern ein Geschenk: Eine kleine Holzflöte, die es seitdem immer bei sich trug. Wann immer es hinein blies, schien Sen-Long besonderes Interesse daran zu haben und die Töne selbst mit seiner grollenden Stimme nachzuahmen.“

    In diesem Moment hielt Ren plötzlich inne. Sie schloss ihre Augen, richtete den Kopf etwas nach unten und ergriff den von ihrem Hals baumelnden Anhänger. Die Kinder wechselten fragende Blicke und Worte aus, bevor sich die Erzählerin wieder fing.

    „Eines Tages sorgte ein Ereignis aber dafür, dass das Verständnis für diese sanften Drachen-Pokémon in allen Bewohnenden der Stadt erschütterte. Durch die große Aufmerksamkeit, die Sen-Long dem Mädchen schenkte, wurde ein Junge auf es eifersüchtig. Er verstand nicht, warum das Pokémon ausgerechnet die Zeit mit ihm verbringen wollte und begann ab da, es in unbeobachteten Momenten zu ärgern. Die Laune des Mädchens verschlechterte sich wieder. Hatte es noch angenommen, sich nun endlich den übrigen Kindern anzunähern, schien dieses Ziel von einem Moment auf den anderen wie weggeblasen zu sein. Die Hänseleien taten ihm im Inneren weh, jedoch ertrug es still sämtliche Ärgernisse mit dem Jungen. Weder den anderen Kindern noch Sen-Long wollte sich das Mädchen anvertrauen. Insgeheim hoffte es, dass niemand etwas davon mitbekommen hatte, auch wenn sein nunmehr enger Freund immer wieder das Gefühl bekam, dass etwas nicht mit ihm stimmte.

    Doch auch die Begegnung mit dem sanften Drachen-Pokémon würde nicht mehr so sein wie zuvor und in ihren Grundfesten erschüttert werden. Als sich die beiden Freunde an einem bewölkten Tag wieder begegnet waren, tauchte der Junge ebenfalls auf. Er ließ sowohl seiner Wut als auch seiner Eifersucht freien Lauf, dass er nicht verstünde, warum Sen-Long nur mit ihr zusammen sein wollte. Aus diesem Grund warf er einen kleinen Stein auf das Mädchen, der es knapp über den Augen traf. Ein fataler Fehler, wie sich herausstellte.“

    Ren öffnete die Augen und betrachtete die Kinder. Alle verhielten sich ruhig und scheinbar wollten alle wissen, wie es weiter ging. Daher fuhr sie mit ihrer Geschichte fort.

    „Wie bereits gesagt, gelten Sen-Long als sanfte Wesen. Wird jedoch eines ihrer Schützlinge verletzt oder geärgert, kennen sie keinerlei Halten mehr. Voller Sorge betrachtete Sen-Long das Mädchen, das aufgrund der Verletzung wimmerte und sich so klein wie möglich machte. Erst in diesem Moment erkannte das Pokémon, dass die in letzter Zeit stattfindende Zurückgezogenheit des Mädchens wohl in diesem Jungen ihren Ursprung hatte.

    Was dann folgte, war ein ohrenbetäubender Schrei, den Sen-Long in Richtung des Eindringlings ausgestoßen hatte. Voller Wut ließ es eine Windhose entstehen, die augenblicklich dunkle Wolken am Himmel beschwor und die anwesenden Menschen im Park zu beeinträchtigen versuchte. Voller Schreck betrachtete das Mädchen jenes Pokémon, das es nunmehr seit Langem als seinen Freund angesehen hatte. Weder es noch der Junge hätten damit gerechnet, dass diese sanften Drachen-Pokémon zu solchen Taten imstande wären. Bewegungsunfähig sah das Mädchen zu, wie sich Sen-Long in die Lüfte erhob und den mittlerweile in Panik ausgebrochenen Missetäter verfolgte. Zitternd schüttelte es den Kopf, während seine Augen tränten. War das wirklich noch sein Freund? So oder so zwang es sich dazu, aufzustehen und die beiden zu verfolgen.

    Vor dem Haus des Jungen konnte sie das Mädchen schließlich einholen. Sen-Long hatte sich mit einer Drohgebärde hoch erhoben, während der Junge keuchend und sich das Knie haltend auf dem Boden lag. Offenbar war er auf der Flucht gestolpert. Obwohl vor ihm ein verletztes und ganz und gar verängstigtes Kind lag, setzte Sen-Long dennoch zu einer zerstörerischen Attacke an. Weswegen es keine Sanftmut mehr zeigte, war keinem von beiden bekannt. Das Mädchen schrie laut, dass Sen-Long aufhören sollte, bevor jemand verletzt würde. Allerdings drangen keinerlei Worte zu ihm durch. Erneut brach das Mädchen in Tränen aus. Voller Panik blies es in seine Flöte, um ihren Freund doch noch irgendwie auf es aufmerksam zu machen. Durch die Aufgeregtheit verließen nur schiefe Laute das Instrument. Schließlich konzentrierte sich das Mädchen so sehr darauf, ihn zu beruhigen, dass es endlich die gewollten Töne ausstieß. So laut, wie es ihm möglich war, hoffte es, dass sich Sen-Long darauf konzentrieren und beruhigen würde. Und siehe da: Die Drohgebärde wurde fallengelassen. Während Sen-Long mit interessiertem Blick das Mädchen beäugte, schnaufte der Junge durch und sah es mit schmerzverzerrtem Gesicht an. Das Mädchen war unter seinen zitternden Beinen auf die Knie gefallen und noch immer blies es voller Anstrengung in die Flöte. Schließlich endete es und ließ seinen Tränen freien Lauf, während es sich mit beiden Händen auf dem Boden abstützte.

    ‚Hör auf!‘, rief das Mädchen mit erstickter Stimme. ‚Hör auf, Sen-Long! Du bist doch normalerweise nicht so. Bitte!‘

    Im Anschluss wiederholte es die Worte immer wieder. Es hatte noch nicht verstanden, dass Sen-Longs Wutausbruch durch den hellen Klang der Flöte verflogen war. Erneut trafen sich sein Blick und der des Jungen. Während das am Boden liegende Kind schon fürchtete, erneut angefallen zu werden, begab sich Sen-Long in aller Ruhe zu dem weinenden Mädchen und umschlang es mit seinem langen Körper. Erst in diesem Moment sah es, dass sich sein Freund beruhigt hatte und er nach Aufmerksamkeit verlangte. Obwohl das Mädchen nichts lieber gemacht hätte, umschlang es nur das weiche Fell am Rumpf und ließ seine Tränen gewähren.“

    Erneut blickte Ren in die Runde. Jener Junge, der sich bisher intensiv an Tomoyukis Fell festgehalten hatte, sah zu ihm hoch und lockerte den Griff deutlich. Dieser reagierte darauf jedoch nur mit einem neuerlichen Stups sowie einem kehligen Grollen. Zudem klingelte er bewusst mit seiner Sanftglocke um den langen Hals. Ren lächelte.

    „Seit diesem Tag hatten nicht nur die beiden Kinder, sondern auch sämtliche Menschen, die sich in der Nähe befunden hatten, deutlichen Respekt für Sen-Long entwickelt. Dadurch hatte es nicht noch einmal jemand gewagt, einem Kind, dem Sen-Long seine Aufmerksamkeit gewidmet hatte, etwas anzutun. Es heißt, dass die Flöte des Mädchens seitdem ein gängiges Mittel war, um diese Pokémon ruhig zu stimmen und ihre sanfte Seite zu bewahren.“

    Als sie geendet hatte, nahm Ren ihren Anhänger zwischen die Finger. Sie hielt ein Ende des Objektes an ihre Lippen und blies hinein. Ein heller Pfeifton erklang, der nicht nur die Kinder, sondern auch Tomoyuki aufhorchen ließ. Er reckte seinen Kopf Ren entgegen, die ihrem Partner wiederum sanft über die Schnauze strich.

    „Tolle Geschichte!“, sagte eines der Kinder fröhlich, während ein anderes nachdenklich wirkte.

    „So habe ich Sen-Long nie gesehen. Aber was ist mit dem Mädchen und dem Jungen passiert?“

    „Nun“, begann Ren und lächelte, während sie die Augen schloss. „Es heißt, dass sich die beiden durch dieses Ereignis angefreundet haben und er ihr einen besonderen Ball zum Fang von Sen-Long geschenkt hat. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden. Es ist ja mittlerweile doch recht spät geworden, nicht wahr?“

    Mit diesen Worten sah die junge Frau in den Himmel. Die Sonne war in der Zwischenzeit tatsächlich untergegangen und die Dämmerung hatte eingesetzt. Auch die Kinder verstanden, dass es nun Zeit war, sich nach Hause zu begeben. Zuvor verabschiedeten sie sich aber noch ausführlich sowohl von Ren als auch von Tomoyuki, nachdem sie sich ein letztes Mal an ihn geschmiegt hatten.

    Während sie den Kindern hinterher winkte, kam ihr Partner langsam näher und suchte den Blickkontakt. Ren zwinkerte ihm zu und nahm seinen Ball in die Hand. Einen Freundesball.

    „Keine Sorge. Es ist lange her und ich bin darüber hinweg. Eigentlich hat es sogar sehr gut getan, davon zu erzählen.“

    Währenddessen vibrierte ihr Smartphone. Nachdem Ren es aus ihrer Tasche gezogen hatte, erkannte sie, dass das Pokémon-Center anrief. Sofort nahm sie den Anruf an.

    „Ja? … Ihm geht es gut? Das freut mich sehr! Dann hole ich Milza heute noch ab. … Ja, vielen Dank. Bis dann!“

    Im Anschluss legte sie auf und verstaute das Gerät wieder. Mit einem Blick zu Tomoyuki gab sie ihm zu verstehen, ihr zu folgen.

    „Holen wir Milza ab, mein Freund. Wir möchten ihm doch Zuhause noch die anderen vorstellen, nicht wahr?“

    Somit erhob sich Ren von der Parkbank und gab den Weg zum Pokémon-Center vor. Tomoyuki stieß ein dumpfes Grollen aus und folgte ihr schwebend.