Kalos // Ybernagium
Name: Gilian Finster
Geschlecht: männlich
Alter: 22
Spezialisierung: Tutor (Kehrtwende)
Aussehen:
… sofern ihr akribisch die Entwicklungen im Nachwuchsfußball, spezifischer diejenigen innerhalb der U21 des Tabellenführers Association Sportive Illumina verfolgt, wobei der Name Finster abseits dieser Nische wahrscheinlich weitaus weniger geläufig sein dürfte, als Gilian es sich gerne einbildet. Nach seinem unrühmlichen Ausscheiden aus dem Club hatte er seine tiefroten Haare, die ihm unter den Fans den geschmacklosen Spitznamen „Rote Gefahr“ eingebracht hatten, bis zur Taille wachsen lassen und trägt sie nun bevorzugt in einem hohen Ponytail mit zwei sein Gesicht einrahmenden Strähnen. Jenes Gesicht ist blass und trocken, sein Kinn kantig und stets glattrasiert, die Augen grün und seine Körpergröße 177 cm. Als ehemaliger Berufssportler ist Gilian entsprechend athletisch gebaut und achtet auch nach seinem Wechsel in ein anderes Tätigkeitsfeld auf seine Physis, vornehmlich aus einer trotzigen Weigerung, vor seiner Verletzung zu kapitulieren: Vor zwei Jahren führte ein brutaler Unfall auf dem Spielfeld zu Gilians abruptem Karriereende, im Zuge dessen sein demoliertes rechtes Bein oberhalb des Knies amputiert werden musste. Ersetzt wurde es durch ein Glanzstück der modernen Kybernetik, futuristisch-elegant mit innovativster pneumatischer Muskulatur und dynamobetriebener Elektronik, mit eingebauter Taschenlampe, Temperatursensor und USB-Anschluss.
Eigenschaften:
Wäre aus Gilian Finster kein dramatischer Außenstürmer geworden, hätte ihn wahrscheinlich jede Theatereinrichtung mit Handkuss empfangen: Er trägt sein Herz auf der Zunge, liebt und lebt Kitsch und Romantik aller Art und lässt sich nur zu gerne zu ein paar Tränchen hinreißen ... oder gleich mehreren, denn es gibt kaum etwas, das Gilian schlechter verträgt als Niederlagen. An das Verlieren hat er sich selbst in seinem ehemaligen Berufszweig nicht gewöhnt, denn jeder Rückschlag ist für ihn eine persönliche Angelegenheit, die er sich alleine zuschreibt, da in seinem flammenden Herzen eine tiefe Abeigung gegen Ausreden und Entschuldigungen innewohnt. Nicht gänzlich in der Schmach einer Niederlage aufzugehen bedeutet für Gilian die Akzeptanz der eigenen Unzulänglichkeiten, was für ihn, für den der makellose Sieg das höchste aller Ideale ist, unvorstellbar ist. Als Ausgleich für diese unrealistische, getriebene Ambition verfasst er in seinen müßigen Stunden, von denen er in letzter Zeit nicht mehr viele hat, auch gerne Gedichte. Diese strahlende poetische Ader, die er nach außen trägt, reicht bis in sein Inneres, wo es jedoch ungleich düsterer aussieht: So manche Psychologiestudierende hätten ihre helle Freude an dem bitterbösen Groll, an dem Gilian verbissen festhält, ein Groll, der seit jenem Tag, an dem er mit dem übelsten offenen Bruch seit dem Aufkommen von Beziehungsdramen auf Social Media ins Krankenhaus gekarrt wurde, sein Handeln bestimmt. Andere Menschen erwarten vom Leben Unsinn wie finanzielle Sicherheit, Familienglück oder Ruhm – Gilian Finster hingegen steht morgens auf und schmiedet Mordfantasien gegen Lasse Ehrling, den Mann, der ihm mit einem einzigen Foul seine strahlende Zukunft verbaut hatte und vorerst mit nichts außer einer roten Karte für die Saison davongekommen ist. Doch er würde – wenn es nach Gilian ginge – noch früh genug sein spektakuläres Ende finden, geplant von langer Hand und befeuert von beinahe pathologischem Rachedurst. Überhaupt ist die Rote Gefahr ungesund nachtragend. Oberflächlich mag er zwar verträumt und unbekümmert wirken, aber sollte man ihm doch irgendwie zu nahe treten, rückt die Hoffnung auf eine zweite Chance in weite Ferne.
Man muss über keine besonderen Menschenkenntnisse verfügen, um zu erkennen, dass Gilian eine kurze Zeit seines Lebens einen bemerkenswerten Hype geritten hat, zahllose Augen auf sich gerichtet hatte, kurz: Er war ein aufstrebender Star, ein Wunderkind. Entsprechend selbstverständlich ist es für ihn, dass man ihm auch manch ungebührliches Verhalten durchgehen lässt; sein Schwärmer-Image tut sein Übriges, um eigentlich flegelhaftes Benehmen in harmlose Exzentrik umzufärben.
Rationalität und Logik holen ihn nicht wirklich ab, Tagträume, Leidenschaft, Poesie und das viel besungene Schöne und Erhabene schon eher. Sein Transfer zu Ybernagium hatte sein eingleisiges Streben nach Ehrlings Ableben in eine ganz neue, unnötig komplizierte, aber unglaublich stilvolle Richtung gelenkt, mehr darüber im folgenden Abschnitt.
Herkunft/Geschichte:
Den Großteil seines Lebens verbrachte Gilian in der tristen Peripherie Illuminas, wo das spektakuläre Licht des Stadtzentrums die grauen Blocks, die aus dem rissigen Asphalt wachsen, nicht mehr erreicht. Seine alleinerziehende Mutter hatte neben ihren zwei Jobs nur wenig Zeit für ihren Sohn, weshalb dieser schnell gelernt hatte, sich entweder mit sich selbst – früher waren es Märchen- oder Bilderbücher, später alte Filme und Literatur – oder den Nachbarskindern zu beschäftigen. Über diese kam er auch zum Kicken, denn nach der Schule gab es in den Vororten für die Kids nicht viel zu tun außer sich die Zeit auf dem Hartplatz zu vertreiben. Unter der Heranwachsenden aus der Umgebung herrschten raue Sitten, und besonders Gilian mit seinen roten Haaren fand sich des Öfteren am falschen Ende von Sticheleien und herablassenden Kommentaren, denen er, unsicher und sensibel wie er war, hilflos ausgeliefert war. Um nicht für den Rest seines Lebens am unteren Ende der Hackordnung zu verweilen, musste er sich beweisen – doch da er weder besonders stark noch gemein war, blieb ihm nur eine Möglichkeit, sich Respekt zu verschaffen: Sein Hobby wurde zur Obsession, getrieben von seiner Unsicherheit fand er sich alsbald in jeder freien Minute auf dem Platz und versetzte die Jungs aus den Hochhäusern mit seiner Beinarbeit in Staunen. Seine Schulzeit verlief unspektakulär, sein Herz schlug für den Sport, weshalb ihn seine Mutter schon früh bei einem Club anmeldete, damit er gefördert werden konnte. Jahre später sollte diese Entscheidung Früchte tragen, nach Gilians Abschluss wurde er von einem Talentscout der Association Sportive entdeckt und durfte fortan einer Zukunft als Berufsfußballer entgegensehen – der Rest ist die altbekannte Erfolgsgeschichte. Aus den farblosen Banlieues kämpfte sich Gilian Finster ins Scheinwerferlicht der Sportreporter und machte dort nicht nur durch seine Tore, sondern auch durch seine Interviews von sich reden – Kritiker behaupteten nur zu gerne, dass dem Jungen der plötzliche Ruhm zu Kopfe gestiegen war, an seiner beeindruckenden Performance änderte dieser Umstand jedoch nichts. Doch die letzte Schlagzeile, die er verursachen sollte, krempelte sein gesamtes bisheriges Leben auf höchst dramatische Weise um: Bei einem regionalen Qualifikationsspiel vor zwei Jahren wurde Gilian Opfer eines grausamen Fouls, im Zuge dessen sein rechtes Bein so übel zugerichtet wurde, dass es von den behandelnden Chirurgen schweren Herzens amputiert werden musste. Dies war nicht nur für ihn selbst eine Katastrophe von apokalyptischen Ausmaßen, sondern auch für die Investoren der AS Illumina, hatte Finster doch die besten Chancen auf lange anhaltenden Erfolg versprochen. Obszöne Geldsummen wurden den Experten für seine Wiederherstellung in den Rachen geworfen, doch während die Wunder der modernen Medizin zwar Gilians Fähigkeit zu Laufen retten konnten, konnte man dasselbe von der Saison nicht behaupten: Etliche Monate vergingen, bis sich der Versehrte an seine Prothese gewöhnt hatte, und selbst danach blieb die Prognose düster: Selbst ein technologisches Meisterwerk aus den freitag’schen Laboren wie das seine würde ihn nie wieder spielen lassen können wie vor seinem Unfall – Gilians Karriere als Spitzensportler war vorüber gewesen, bevor sie überhaupt richtig Fahrt aufgenommen hatte.
Sein Vertrag wurde gekündigt und sein Name verschwand in der Obskurität. Indessen wurde die ehemalige Rote Gefahr verschlungen von Hass und Rachegelüsten. Wenn er nie wieder einen Fuß auf die wirklich großen Spielfelder setzen konnte, sollte es dem Mann, dem er seine Misere zu verdanken hatte, mindestens genauso schlecht ergehen. Solange Lasse Ehrling, jener Schurke, sein Bein ruiniert hatte, noch atmete, würde Gilian seines Lebens nicht mehr froh werden. In dieser dunklen Zeit, in der er vor lauter Minderwertigkeitsgefühlen und Mordabsichten kaum mehr gerade denken konnte, bot ihm das Molunk, dass ihm seine Mutter gegen die Trauer überlassen hatte, wenigstens einen schwachen Trost. Nebenbei schritt seine Therapie voran, sowohl die zur Wiedererlangung seiner Mobilität als auch jene, die ihm dabei helfen sollte, mit seiner lähmenden Frustration umzugehen. So konnte ihm die Krise, die zeitgleich über Kalos entfesselt wurde und die Region in anhaltende Angst versetzte, kaum mehr als ein genervtes Stöhnen abringen. Innerhalb der Grenzen seiner Heimatstadt nahm das Leben als ein zunehmend autoritärer werdendes Abbild seiner selbst seinen gewohnten Lauf, von den täglich zahlreicher werdenden Flüchtlingen und Polizisten einmal abgesehen. Bei einer seiner letzten Sitzungen mit den Ergotherapeuten begegnete Gilian schließlich Dr. Freitag persönlich. Der Doktor, in seiner vor der Öffentlichkeit sorgsam verschleierten Funktion als Vorstand von Team Ybernagium, erkannte in der gebrochenen Seele seines Patienten einen fruchtbaren Nährboden für das Gedankengut seiner Organisation und bot ihm unter dem Deckmantel einer dem Wohle der Region zugutekommenden Tätigkeit eine neue Perspektive an.
Durch den von Freitag vermittelten Kontakt erfuhr Gilian schließlich auch von Vitos großem Plan. Obschon er eigentlich keinen Kopf für das Gemeinwohl hatte und bislang überzeugt gewesen war, dass was auch immer gerade in Kalos vor sich ging nicht schlimmer sein konnte als sein persönliches Schicksal, erregte das Mittel, mit dem die Balance in der Region wiederhergestellt werden sollte, seine besondere Aufmerksamkeit: Seit dem Moment, in dem er aus dem künstlichen Koma aufgewacht war, hatte er an ausgefallenen und poetischen Methoden der Rache gefeilt, und endlich war ihm klar geworden, dass es nur eine wirklich befriedigende Möglichkeit gab, Ehrling ins Jenseits zu schicken – es würde Yveltal selbst sein, das ihm das Leben aus dem Körper riss, während Gilian zuletzt lachend daneben stehen und schließlich seinen verdorrten Schädel unter seinem mechanischen Fuß zermalmen würde.
Oh, feierliche Gerechtigkeit, wie sie sich kein Schriftsteller hätte besser ausdenken können!
Mochte danach aus der Region werden, was wollte. Denn wenn der Unhold, der Gilian auf seinem Zenit seine Existenz geraubt hatte, in seinem letzten Augenblick der Personifikation des Todes ins Gesicht blickte und verzweifelte, würde die Welt wieder in Ordnung sein.
Pokémon:
Spitzname: Star
Geschlecht: Weiblich
Level: 35
Fähigkeit: Korrosion
Attacken: Mogelhieb (Zucht), Aussetzer, Zugabe, Matschbombe (TM)
Herkunft: Star ist gewissermaßen ein Familienhaustier – Gilians Mutter akquirierte sie noch vor seiner Geburt bei einem Züchter, seither wurde sie gehätschelt. Nachdem Vater Finster von seiner Familie nichts mehr wissen wollte, musste Star als Bezugsperson hinhalten und wurde besonders während Gilians früher Kindheit von seiner Mutter nach Strich und Faden verwöhnt, entsprechend verfressen und bequem war sie bereits als Molunk gewesen. Gilian hatte sich schon immer gut vertragen mit ihr, zu seinem Pokémon wurde sie aber erst nach seinem langen Krankenhausaufenthalt, als seine Mutter ihm schweren Herzens ihr Molunk gegen die Einsamkeit überlassen hatte. Während einer besonders gnadenlosen Drillsession von Morgans entwickelte sich Star schließlich zu einem Amfira.
Wesen: Übergewichtig, faul und anhänglich ist Star nicht unbedingt ein furchteinflößendes Pokémon, doch das muss sie auch nicht sein – für Gilian hatte es ausgereicht, in der Zeit nach seinem Unfall, als er sich von der ganzen Welt im Stich gelassen gefühlt hatte, wenigstens eine einzige Freundin auf seiner Seite zu wissen, der er ohne Hintergedanken sein Herz ausschütten konnte. Umgekehrt liebt Star ihren Trainer über alles und nimmt ihren Auftrag von seiner Mutter, gut auf den Jungen aufzupassen, sehr ernst, manchmal zu ernst: Wenn sie nicht gerade in der Sonne faulenzt, neigt sie zu Eifersucht, oft genug zu Gilians Verdruss. Als Molunk saß sie gerne auf seiner Schulter, diese Vorliebe ist ihr auch nach der Entwicklung geblieben, nur dass er sie jetzt huckepack tragen muss.
Spitzname: Tanamo
Geschlecht: Männlich
Level: 33
Fähigkeit: Rohe Gewalt
Attacken: Stafette, Eisenabwehr, Knirscher, Heuler
Herkunft: Gilian traf das Flunkifer während eines Spazierganges auf Route 9, der ihm von seinem Arzt im Zuge der Rehabilitation verschrieben wurde. Wo andere Leute im Angesicht seines üblen Kiefers Reißaus genommen hätten, verliebte er sich hingegen sofort in das bizarre Kerlchen und verschleuderte ihren gesamten Proviant, um das wilde Pokémon von sich und Star zu überzeugen. Die leitende Idee hinter dieser Aktion war natürlich ein bis zur Unkenntlichkeit zerbissener Ehrling, doch während sich diese Gelegenheit bislang noch nicht geboten hatte, hatten die drei in der darauffolgenden Zeit mehr als genug Gelegenheiten, sich an einander zu gewöhnen.
Wesen: Jung und begeisterungsfähig hat sich Tanamo bisher stets die feentypische Unschuld bewahrt, selbst wenn er sich bisher wahrscheinlich kein einziges Mal gefragt hat, ob sich die Herausforderungen des Lebens durch Praktiken abseits der Gewalt bewältigen lassen. Sein erster und ursprünglichster Instinkt ist das Zubeißen, weshalb er auch nicht wirklich versteht, warum er innerhalb der Basis eine Glocke um den Hals tragen muss – immerhin konnte sein Trainer die Vorstände davon abbringen, ihm einen Maulkorb anzulegen. Leicht zu beeindrucken und immer auf Anerkennung aus ist das enthusiastisch-leichtsinnige Flunkifer aus einer moralischen Perspektive eines der letzten Pokémon, das an eine Person wie Gilian geraten sollte, wenigstens steht noch Tante Stars lethargische Art zwischen ihm und dem vollständigen Aufgehen in der Rolle als Kampfhund. Wähnt sich Tanamo, aus welchem Grund auch immer, irgendwie in einer vorteilhaften Position, kommt in letzter Zeit je länger je mehr Großspurigkeit oder gar Übermut zum Vorschein.