36. Kapitel
Rettung naht! (Teil I)
Ein pochender Schmerz breitete sich im Kopf der Schwarzhaarigen aus, als sie wieder zur Besinnung kam. Ihr Körper war von einer Lähmung befallen; es regte sich kein Muskel in ihrem geschundenen Körper.
Langsam hob Rika den rechten Arm, um sich an den vor Schmerz pulsierenden Kopf zu fassen. Unvermittelt hielt das Mädchen inne. Mit gedämpfter Stimme kam ein leiser Fluch über ihre Lippen.
Der Arm wies einige Abschürfungen auf; einige waren lediglich leichte Kratzer, aus denen Blut sickerten, andere waren mit einem schwachen Blau unterlegt. Das Mädchen konnte von Glück spreche, dass sie soweit unverletzt war. Der Sturz hätte noch weitaus anders sein Ende nehmen können.
Mühsam setzte sich das Mädchen auf und spähte in ihrer unmittelbaren Umgebung her. Eine Weile ließ sie die Stille auf sich einwirken und registrierte, wie ausgestorben der Wald war. Warum war sie hier? Was war geschehen?
Abrupt schreckte Rika auf, als ihr der Grund für ihren physischen Zustand zurück in den Sinn kam.
Das Rennen! Es war in großer Gefahr und nicht nur das Rennen, sondern auch ihre Großeltern, Haruka, Kyouji und alle anderen Teilnehmer waren gefährdet!
Das Mädchen versuchte sich hochzuraffen, doch es fand nicht die Kraft dazu; seine Beine knickten ein und es merkte, wie ein stechender Schmerz sich um seinen Fußknöchel klammerte.
Entkräftet ließ sich das Mädchen wieder auf den Boden sinken. Seine Hände stabilisierten den angeschlagenen Fuß, während es den Knöchel näher betrachtete. Dieser hatte einen zarten Lilaton angenommen, wohl eine Prellung oder Verstauchung. Mit bloßem Auge konnte Rika keine genaue Diagnose stellen.
Doch was sollte sie tun?! Um Hilfe schreien brachte nichts; sie war allem Anschein nach alleine im Wald. Und Gallopa hatte die Flucht ergriffen.
Rika lehnte ihren Kopf gegen den Baumstamm und suchte resigniert nach einer Lösung. Eines stand jedoch fest: untätig hier herumzusitzen brachte nichts!
Es lag an ihr, ob sie noch rechtzeitig ihre Freunde vor der Bedrohung warnen konnte oder nicht. So schöpfte sie neue Kraft durch den Gedanken, ihre Freunde und Familie vor der Gefahr zu schützen.
Mühevoll zog sich Rika den Abhang hinauf, den sie zuvor hinuntergeschleudert worden war, mit dem letzten Funken von Kraft, die ihr noch innewohnte. Nur schleppend kam das Mädchen voran, denn jeder Muskel schrie bei jeder Bewegung vor Schmerz.
Doch Rika ignorierte die Höllenqual, sie hatte nur eines im Sinn: ihre Freunde beschützen!
Nachdem die erste Hürde genommen war, musste die Schwarzhaarige nach Luft ringen. Es hatte sie viel Kraft gekostet, aber nun wartete eine weitaus schwierigere Aufgabe auf Rika. Aber wie sollte sie diese bewältigen, wenn ihr Körper so ausgelaugt war? Was würde nur geschehen? Was würde auch Haruka und Shuu werden? Und vor allem aus Kyouji?
Rika krallte ihre Finger in den Erdboden; sie fühlte sich, als ob sie ihre Freunde und ihre Großeltern im Stich gelassen hätte.
Verzweiflung ergriff Rikas Herz und sie spürte, wie seichte Tränen über ihr Gesicht liefen. „Verdammt! Warum bin ich so schwach?“, jammerte das Mädchen. „Hatte Ryo tatsächlich Recht damit, dass ich so unbrauchbar bin?!“
In ihrer Mutlosigkeit nahm Rika nicht wahr, dass es im Gebüsch raschelte und Faita daraufhin auf das niedergeschlagene Mädchen zuging.
Mitfühlend blickte er die Tochter seiner Trainerin an; Trauer und Kummer erfüllten ihr Herz. Das kluge Pokémon erkannte, dass Rika in ihrem jetzigen Zustand nicht fähig war sich zu bewegen.
Behutsam stupste das Pokémon das Mädchen an, welches alarmiert zusammenzuckte.
„Faita…“, wisperte Rika atemlos. Die Hand streckte die Schwarzhaarige nach seinen Nüstern aus um diese vorsichtig zu berühren. Dieser ließ die zarte Annäherung geschehen und merkte, wie erleichtert Rika war. „Ich bin so froh, dass du zurückgekommen bist“, sagte sie schwach. Erneut versuchte die Schwarzhaarige auf die Beine zu kommen, doch noch immer waren ihre Glieder wie eingefroren. Ihre innerliche Hilflosigkeit berührte das Feuerpferd.
Faita legte sich auf den Boden und musterte das Mädchen auffordernd. Er schnaubte.
Rika starrte Faita einige Momente fassungslos an. Wie kann es möglich sein? Faita hatte nie jemanden auf seinen Rücken gelassen, außer ihrer Mutter… „Ich soll auf deinen Rücken steigen?“, wollte das Mädchen zweifelnd wissen. Faita blies die Nüstern auf und nickte zustimmend. Unsicher dachte Rika über seine Aufforderung nach. Was blieb ihr anderes übrig?
Schließlich stützte sich Rika auf Faita ab, um sich wenigstens halbwegs auf den Beinen halten zu können. Dann setzte sich die Schwarzhaarige auf seinen Rücken und hielt sich krampfhaft an Faitas flammender Mähne fest. Abwartend ließ Rika einen bevorstehenden Abwurf auf sich zu kommen.
Faita richtete sich ruckartig auf, sodass Rika für kurze Zeit die Luft anhielt. Ihre Befürchtungen trafen nicht ein. Es war zwar ein atemberaubendes Gefühl, auf Faitas Rücken zu sitzen, aber würde das stolze Gallopahengst auch auf sie hören?
Rika trieb mit sanfter Schenkelhilfe voran. „Los Faita, wir müssen uns beeilen“, sprach sie das Feuerpferd an und klopfte seinen Hals.
Faita schnaubte, stellte sich halb auf die Hinterbeine, um im selben Moment nach vorne zu schnellen.
Das Herz der Schwarzhaarigen begann vor Aufregung zu pochen, während Faita durch den Wald jagte.
Die Braunhaarige schnappte nach Luft. Wer war diese Frau, die solch eine Forderung stellte? Haruka kannte zwar einige üble Organisationen, die in erster Linie Handel mit gestohlenen Pokémon betrieb, aber diese Frau hatte das Mädchen noch nie gesehen.
Sie spähte zu Kyouji umher, der mit regloser Miene die Grauhaarige ansah.
Hunter Js Geduld schwand mit einem Mal und wurde reagierte nun gereizt. „Soll ich sie mir etwa mit Gewalt holen?“, sie schnippte mit dem Finger und gab somit ihrem Drachen Brutalanda das Zeichen zum Angriff.
Der Drache formte einen machtvollen Energiestrahl. Diesen schleuderte es auf Hiroshi und Dodri, die nur knapp der vernichtenden Attacke entgingen.
Die enorme Druckwelle warf den Weißhaarigen von seinem Dodri und ließ diesen hart auf den Boden aufschlagen.
Er konnte nur zusehen, wie Hunter J augenblicklich ihren Arm auf das verstörte Pokémon richtete. Dodris Körper erstarrte unerwartet zu Stein.
Benommen erhob sich der Weißhaarige und ballte die Faust zusammen, wütend darüber, dass die unbekannte Frau sein Pokémon gestohlen hatte. „Gib mir mein Pokémon zurück!“
Ausdrucklos sah Hunter J auf den Jungen hinab, der eine solch absurde Forderung stellte, dass sie beinahe darüber lachte.
Gallopa schnaubte nervös, die Frau verängstigte das Flammenpferd. Irgendetwas war unheimlich an ihr. Auch Haruka erahnte Böses – und sie hasste es, Recht zu haben.
Hunter J verzog die Mundwinkel zu einem finsteren Lächeln. „Brutalanda, zeig ihnen, was wir mit aufsässigen Kindern machen.“
Wieder erschallte das Gebrüll des Drachens und entfachte gleich darauf einen flammenden Odem, der auf Hiroshi zu raste.
Blitzartig schnellte der vage Schatten von Arkani vor Hiroshi und holte ihn aus der Gefahrenzone. Kyouji war selbst überrascht, dass er solch eine heldenhafte Tat vollbrachte, um seinen Rivalen zu schützen.
„Alles in Ordnung?“, fragte der Blonde mit harter Stimme. Hiroshi straffte seine Schultern. „Tse. Auf deine Hilfe bin ich nicht angewiesen!“, keifte der Weißhaarige undankbar darüber, dass Kyouji ihm aus der Klemme verholfen hat.
Mit diesen Worten wandte sich Hiroshi an Hunter J, die währenddessen von Brutalandas Rücken gesprungen war. Fauchend machte sich Brutalanda wieder kampfbereit.
Haruka beobachtete angespannt die Lage. Sollte sie es wagen zu kämpfen? Oder besser ein Pokémon losschicken um Hilfe zu holen?
Durch das Gebrüll eines weiteren Pokémons wurde Haruka in die Realität zurückgeholt.
Der rot-weiße Pokéball strahlte ein gleißendes Licht aus, aus dem sich daraufhin ein monströses Nidoking von gewaltiger Kraft. Nur mit einem Schlag des Schwanzes konnte es einen Telegrafenmast umknicken lassen.
Hunter J war amüsiert darüber, dass der Weißhaarige sie anscheinend herausfordern wollte. Diese Kampfansage ließ die Jägerin nicht ungeschehen. „Brutalanda, Flammenwurf!“, befahl Hunter J gelassen.
Ein flammender Feuerstrahl sammelte sich in Brutalandas halb geöffnetem Maul, während ein leises Fauchen aus der Kehle des Drachens drang.
„Hyperstrahl, Nidoking! Mach es fertig!“ Nidoking brüllte laut auf. Ein machtvoller Energiestrahl entsprang aus dem Maul des kolossalen Monsters und traf auf den Flammenwurf. Die beiden Attacken entfachten eine mächtige Explosion. Das erneut aufgepeitschte Wasser trennte beide Pokémon voneinander.
Hunter J befahl ihrem erneut Drachen einen Hyperstrahl, der durch das Wasser brach. Nidoking wurde durch die bloße Kraft des Hyperstrahls auf den Boden geschleudert.
Abermals richtete Hunter J ihren Arm auf das Pokémon und ließ seinen Körper zu Stein werden. Hiroshi konnte nur tatenlos zu sehen, wie der Pokémonjägerin ein weiteres Pokémon in die Fänge fiel.
Die Schwarzhaarige beugte sich tief über Faitas Hals. Ein wahnsinniges Gefühl hatte sich in dem Mädchen ausgebreitet, als sie von dem treuen Pokémon ihrer Mutter akzeptiert wurde. Doch dieses Gefühl veränderte sich schlagartig; eine böse Vorahnung brach über sie hinein. „Faita! Schneller! Wir müssen noch rechtzeitig ankommen!“, trieb sie das Flammenpferd weiter zur Höchstleistung an.
Faita schnaubte bestimmend. Seine Hufe donnerten auf den Waldboden; sie klangen dumpf und rhytmisch.
Das Herz der Schwarzhaarige hörte nicht auf, wild zu schlagen. Irgendetwas erfüllte Rika mit tiefer Beunruhigung. War diese vielleicht berechtigt?
Faita spürte den unendlichen Willen des Mädchens, der so tiefgründig in ihrem Herzen lag. Und er wollte diesen Wunsch unbedingt erfüllen!
Harukas Fingern klammerten sich um die Zügel. Was sollten sie tun? Wenn es so weiterging, würde einer nach dem anderen seine Pokémon verlieren! Es waren bereits zwei Pokémon in Js Besitz!
Durch Arkanis aufgebrachtes Knurren lenkte das Mädchen wieder ihre Aufmerksamkeit auf das scheinbar aussichtslose Geschehen.
Fassungslos wurde ihr bewusst, dass Kyouji der Bedrohung direkt in die Arme lief. Warum tat er das? Wollte der Blonde etwa unbedingt eine Niederlage erleiden und dafür den zu hohen Preis bezahlen – sein Arkani verlieren?
Sie hätten doch einfach fliehen können! Galoppa war um ein vielfaches schneller als das Brutalanda!
Ungeachtet des Risikos gab Kyouji seinem Pokémon das Kommando, das die Jugendlichen noch mehr in Schwierigkeiten bringen sollte.
Zähne fletschend stellte sich Arkani der drachenartigen Bestie, die fauchend sich dem neuen Gegner widmete. Blitzschnell schnellte der majestätische Feuerhund auf Brutalanda zu.
Hunter J jedoch warf erneut einen Pokéball in die Luft, aus dem Piondragi erschien. „Giftstreich!“, konterte die Frau. Mit überkreuzten Klauen, die violettfarben aufglühten, stoppte der drachenartige Skorpion den Feuerhund und schlug ihn auf den Boden.
„Wie unfair!“, rief Haruka empört, wodurch sie die Aufmerksamkeit Js auf sich zog.
Gallopa wurde unruhig und nervös. Das Nichtstun und Zusehen, wie einer nach dem Anderen der Frau unterlag, machte das Feuerpferd beinahe verrückt!
Unberührt wandte Hunter J wieder ihre Blicke dem Arkani zu, das sich inzwischen aufgerafft hatte. „Arkani! Flammenwurf, auf geht’s!“
Um Js Lippen war ein kaltes Grinsen zu sehen. Es beunruhigte Haruka; sie schwankte immer noch zwischen der Entscheidung einzugreifen oder einer Konfronation aus dem Wege zu gehen. Aber was blieb ihr anderes übrig?
Die Pokémonjägerin gab nun wieder ihrem monsterhaften Drachen das Zeichen zum Angriff. Brutalanda hob den Kopf, seine Zähne wurden in orangefarbenes Licht getaucht, während im Rachen des Ungeheuers Feuer brodelte. Kurz darauf schoss eine mächtige, aufglimmende Flammenwalze auf den wehrlosen Feuerhund zu.
Der übermächtige Feuerstrahl schlug vor Arkanis Pfoten in den Boden und wurde durch die ausgelöste Druckwelle auf die Erde geschleudert.
Reglos blieb der Feuerhund liegen, nicht mehr fähig, seinen Körper zu bewegen. Die Druckwelle hatte eine weitaus verheerendere Wirkung herbeigeführt als ein direkter Treffer. Erzürnt musste Kyouji den Preis für diese Niederlage hinnehmen und konnte nichts dagegen unternehmen.
Hunter J deutete erneut mit ihrem Arm auf das niedergeschlagene Arkani, das aufgebracht zu knurren begann. Ein Strahl aus gebündelter Energie formte sich in der Öffnung, der direkt auf den Feuerhund zielte.
Doch plötzlich zischte eine gewaltige Feuerbrunst zwischen Arkani und dem Energiestrahl, der Lebewesen in Stein verwandelte. Eine schwache Erschütterung entstand dadurch.
Hunter J, Kyouji, Haruka und auch Hiroshi, der wie betäubt das Geschehen betrachtet hatte, wandten nun die Blicke in die Richtung aus der der machtvolle Feuersturm kam.
Auf einem kleinen Hügel stand Faita, zusammen mit Rika auf dem Rücken. Diese verzerrte die Lippen zu einem erzürnten Ausdruck. „Ich lasse nicht zu, dass du dir noch mehr Pokémon in die Hände fallen!“, rief sie erbost.
Haruka und Kyouji schauten irritiert das Mädchen an, das selbstsicher auf Faitas Rücken saß. Sie wussten, dass das stolze Flammenpferd niemanden an sich heran ließ, geschweige denn es zuließ, dass sich jemand auf seinen Rücken setzte. Und nun?
Hunter J jedoch betrachtete Rika kalt lächelnd. Es amüsierte die Pokémonjägerin, dass das Mädchen dem Hyperstrahl unbeschadet entkommen war.
Faita ging langsam auf die erschöpfte Gruppe zu; Rika schaute zuerst Hiroshi, dann Haruka kurz an. Zuletzt fiel ihr Blick besorgt auf Kyouji.
Nach diesem stummen Austausch der Blicke wandte sich Rika nun wieder der Pokémonjägerin zu. Sie sprang von Faitas Rücken herab und presste die Zähne aufeinander. Der Schmerz stach wie tausend brennende Nadelstiche in ihrem Knöchel. Doch sie ignorierte diese Qual.
Belustigt sah J die Schwarzhaarige an. „Du hast zwar unsere erste Begegnung überstanden, aber was willst du gegen mich ausrichten?“, wollte die Frau wissen.
Rika lachte leise, während der Schmerz immer stärker wurde. „Ich sage mal so: bei unserem ersten Treffen war ich nicht vorbereitet“, sie lächelte finster.
„Dann werde ich dir nun eine Lektion erteilen müssen!“, drohte Hunter J mit ernster Stimme. „Brutalanda! Piondragi!“
Die Schwarzhaarige wandte sich zu Faita und blickte ihm in die schwarzen Augen. War er nun bereit, ihren Befehlen zu folgen? War es nun an der Zeit, dass Faita eine neue Herrin bekam? War Rika bereit dazu, ihm das Vertrauen zurückzugeben?
Kyouji starrte sie wie versteinert an. Warum sah sie Faita bloß an und unternahm nichts? Sie war in Gefahr! Hatte sie überhaupt eine Chance gegen zwei Pokémon gleichzeitig?
„Brutalanda. Hyperstahl! Und Piondragi, Nadelrakete!“
Die Schwarzhaarige sah Faita immer noch stumm an. Dieser war unsicher, wie er sich entscheiden sollte. Sollte er dem Mädchen vertrauen, sie beschützen?
Entschlossenheit trat nun in Faitas Augen hervor; er war bereit, an Rikas Seite zu kämpfen! Bis zum bitteren Ende! Der Hengst stieg und demonstrierte allen Anwesenden seine wilde, eiserne Unerschrockenheit.
Rika nickte ihm dankbar zu, lenkte dann aber ihre Aufmerksamkeit auf das Kampfgeschehen. „Faita, noch einmal Feuersturm!“, forderte das Mädchen das Flammenpferd auf.
Faita schnaubte; in seinem Maul formte sich eine Feuerkugel. Das Flammenkreuz wehrte den Hyperstrahl und die Nadelrakete effektiv ab.
Der dichte Rauch, der dadurch entstanden war, verschleierte jedem die Sicht, aber Rika wartete trotzdem nicht ab, bis der aufgewirbelte Staub sich verzogen hatte. „Und jetzt, Faita, deinen Solarstrahl!“
Faita hob den Kopf; im Maul entstand eine Kugel aus reinem Licht, die stetig an Größe und Kraft gewann, während das Feuerpferd weiterhin Sonnenenergie absorbierte.
Die Staubwolke, die den Anwesenden den Blick auf das Kampfgeschehen verwehrte, vertrieb der reine Lichtschall mit Leichtigkeit. Dann traf diese gewaltige Kraft auf Piondragi und katapultierte den Skorpion mehrere Meter weiter. Faita scharrte kriegerisch. Es war erhitzt aufs Kämpfen.
Hunter J biss sich auf die Unterlippe. Sie fühlte das erste Mal, das Panik in ihr aufstieg. Nach diesem kraftvollen Angriff stand Piondragi, ihr Pokémon, nicht mehr auf. Verlor sie, die skrupellose und kalte Pokémonjäger, etwa diesen Kampf?
Aufgebracht darüber ballte sie ihre Hände zu Fäusten zusammen. „Brutalanda! Flammenwurf!“
Der Drache erhob sich fauchend in die Lüfte und spie einen glühend heißen Flammenstrahl auf Faita.
Rika grinste nur; sie hatte bereits mit einem solchen Angriff gerechnet. „Sprungfeder“, sagte das Mädchen ruhig.
Durch einen hohen Sprung in die Luft befand sich das Feuerpferd nun auf gleicher Höhe mit Brutalanda. Es schien, als würde Faita erhaben in der Luft schweben.
Rika verfolgte das Geschehen mit angespannter Körperhaltung. Worauf wartete J bloß? „Drachenklaue, Brutalanda! Gib ihm den Rest!“, befahl die Jägerin wütend.
Die Klaue des Ungeheuers wurde von einer starken Aura umspielt und schließlich raste der Drache auf Faita zu, der sich ihm zugewandt hatte. Die Drachenklaue traf das stolze Feuerpferd und schleuderte dieses hinab auf den Boden. Schon raste Brutalanda auf Faita zu, bereit für einen nächsten fatalen Angriff.
Tapfer erhob sich das Pokémon wieder; eine Niederlage akzeptierte Faita nicht! Niemals!
Auch in dieser Situation spielte Rika ihre völlige Gelassenheit aus und gab dabei ihre Ruhe an Faita weiter; sie hatte vollstes Vertrauen in das Pokémon ihrer Mutter. Schon unzählige Male hatte Faita ihr in ihrer Kindheit aus der Klemme geholfen, auch wenn das Feuerpferd stets unerreichbar für sie gewesen war. Jetzt war die Zeit gekommen, dass sich dies ändern sollte!
Die Schwarzhaarige richtete ihren Blick starr auf Faita. „Faita, höre mir zu, ich habe Vertrauen in deine Stärke und deinen Willen! Setz deinen Gigastoß ein!“
Faita nickte dem Mädchen zu, die er bereits als seine Trainerin anerkannt hatte. Dann drehte er sich wieder zu Brutalanda herum, das ihn abermals mit seinen Klauen angreifen versuchte.
Eine rote Aura umgab Faita, wurde immer größer und gewann an gewaltiger Stärke. Das Feuerpferd stürmte auf den Drachen los. Beide Pokémon trafen frontal aufeinander, aber Faita gewann die Oberhand und schleuderte den blauen Drachen mit Leichtigkeit auf den Boden. Faita schnaubte und stampfte wild auf den Boden. Brutalanda würde nicht so bald wieder aufstehen.
Rika lächelte. „Ich bin stolz auf dich, Faita“, bedankte sich das Mädchen bei dem Pokémon, das seinen eigenen Stolz überwunden hatte und nun der Tochter seiner einstigen Herrin gehorchte.
Hunter J jedoch fluchte leise. Ihre besten Pokémon waren kampfunfähig. Zwar hatte sie noch eines übrig, aber dieses hatte keine Chance gegen ein Feuerpokémon wie Faita.
Die Schwarzhaarige wandte sich nun wieder der Pokémonjägerin zu. „Lass die Pokémon wieder frei, die du gestohlen hast!“, forderte Rika Hunter J mit ernster Stimme auf.
Diese verdammte Rika im Stillen, da sie es wagte ihre Pläne zu durchkreuzen. Aber was blieb ihr anderes übrig als ihrer Anweisung nachzukommen? Ihre Niederlage war bereits besiegelt. Warum sollte sie also weiter ihren Plan verfolgen?
So betätigte die Frau einen Knopf an ihrem Amreif, der die Versteinerung schmelzen ließ. Nidoking und Dodri waren wieder frei.
Hunter J kehrte ihnen den Rücken zu, und bevor sie ging, warf sie Rika und Faita noch einen letzten Blick zu. Irgendwie kam ihr das Mädchen seltsam bekannt vor, auch wenn sie die Schwarzhaarige noch nie zuvor gesehen hatte. Dann wandte sich die Frau wortlos um und verschwand.