My very own Fate- Am I the one to change it?

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    My very own Fate- Am I the one to change it?


    Einleitung
    Herzlich Willkommen zu meiner zweiten Fanfiktion hier im Bisaboard, von der ich ehrlich gesagt noch nicht mal weiß, warum ich sie überhaupt anfange. Ich habe eigentlich im Moment wirklich was zu tun, Abistreß, einen Brief für meine liebe Briefreundin beantworten, meinen Tag für das FSJ planen und so weiter...
    Die Inspiration kam mir, als ich meinen eigenen Text noch einmal gelesen habe und ich ihn mit neuen Gedanken kombiniert habe, die ich so gerne in einer Fanfiktion sehen würde, aber da es die nicht gibt, muss man da selbst ran, und vielleicht inspiriertt man ja einen mit seinen Ideen und hat bald doch mal etwas zum Lesen.
    Das Coverbild hat eine besondere Bedeutung für eine Person, die schon bald in der Geschichte mitspielen wird, lass euch überraschen.
    Gewidmet wird diese Story vor allem meinen Freunden Niki, Sunny, Narisu und Tai, dem alten Lauch, weil sie mich immer unterstützt haben, und weil ich durch Sunny erst auf diesen Charakter gekommen bin.


    Disclaimer
    Nichts außer meinen eigenen Characteren gehört an dieser Story mir, Pokemon gehört Nintendo und ich verlange von niemandem, dass er für meine Hirngespinnste Geld ausgibt.


    Vorstellung
    Miharu ist ein dreizehnjähriges Mädchen mit allerhand Problemen. Nicht, dass sie im dritten Monat schwanger wäre und nicht weiß, wer der Vater ist, nein, sie lebt auf der Straße, erneut, ohne Gewissheit, ob es wieder nur einige Tage dauern wird, wie damals, als sie schon einmal geflohen war. Ihre Mutter befindet sich noch immer in den Klauen des Team Rocket und wird gezwungen, an Übersetzungen zu arbeiten, sodass das Team die legendären Pokemon zähmen und benutzen kann. Das Mädchen weiß nicht, was die Zukunft für sie bereithält und als sie auch noch in einem Straßenkampf verletzt wird, glaubt sie nicht, dass ihr Schicksal überhaupt noch eine für sie bereithält, doch Hilfe kommt unerwartet.

    Warnung

    Für Schäden durch Rechtschreib und Grammatikfehler übernehme ich keine Haftung. Meine Geschichte wird nicht ganz harmlos sein, deshalb würde ich sagen...p16?


    Benachrichtigung
    Jeder der mag, bekommt eine.

  • Hallo crystal angel,


    Nun, ich will eine Benachrichtigung, also schreib ich eine Kritik zu deiner Einleitung. :)



    Nun, deine Einführungen machen Lust auf mehr. :)


    Gute Beschreibung des Charakters, um den es geht (Hintergrund, etc.)


    ICh bin jetzt schon gespannt, um was es geht.


    Nur eine Frage hab ich:


    Muss ich deine andere FanFiction (wird das so geschrieben?) auch gelesen haben?


    Danke für die Antwort, und ich bleibe gespannt. ^_^


    LG, Arrior

  • Prolog




    Es war ein verregneter Tag in den Straßen der Großstadt Safronia in Kanto. Menschen beeilten sich, wenn sie Besorgungen zu erledigen hatten und die meisten Cafés waren geschlossen. Es war eben ein typischer Herbsttag, an dem die meisten Menschen in ein Regencape gekleidet waren oder ihre Kapuzenjacken tief ins Gesicht gezogen hatten um trocken zu bleiben, da der Wind ständig die Richtung änderte und es so stark regnete, dass sich über den Gehwegen ein leichter Wasserfilm gebildet hatte, bevor das kühle Nass zu den Bordsteinen der stark befahrenen, asphaltierten, Wegen floss und in die Kanalisation verschwand.
    Doch auch an sonnigen Tagen wäre den meisten Menschen nicht aufgefallen, was sich in einer dieser gewöhnlichen Seitengassen verbarg, die in tiefes Dunkel der Schatten der Bürogebäude gehüllt war. Entweder sie waren so mit sich selbst beschäftigt, dass ihnen zwischen den überfüllten und nach allem möglichen riechenden Müllwagen nicht das leise Wimmern an die Ohren drang, oder das Wühlen zarter, kleiner Finger in den Abfällen der Anwohner.


    Aus einiger Entfernung konnte man auf den momentan wenig benutzten Gehwegen einen Mann sehen, der aufgrund der kälteren Temperaturen schon seinen edel aussehenden, aber vom Regen durchnässten, schwarzen Ledermantel trug, welchen er sich nicht wie viele wegen des Wolkenbruchs bis Oben hin zugeknöpft und den Kragen aufgestellt hatte, sondern aus purer Gewohnheit. Dies war auch der Grund, warum sich der Siebenunddreißzigjährige von Zeit zu Zeit mit seinen dunkelbraunen, fast schwarzfarbenen Augen umsah. Der Mann, dessen braunes Haar mit Gel streng nach hinten gestylt war, und durch den Regen mehr strähnig wirkte, wurde nicht verfolgt, jedenfalls nicht heute. Der südländisch gebräunte Typ mit den etwas kantigen Gesichtszügen bewegte seinen muskulösen Körper zufällig in einer der, teilweise vom Regen geschützten, Abzweigungen und öffnete seinen von Nässe beschwerten Mantel, um eine Zigarettenpackung herauszuziehen und schob den rot gefärbten Pappdeckel der Hülle nach oben, währen die andere Hand noch in der Tasche ruhte. Er zog das Messingfeuerzeug mit der eleganten Verzierung und dem Griff aus Holz aus dem papierenen Rechteck und griff ebenfalls mit einer geschickten Bewegung nach einer mit Tabak gefüllten Stange, setzte sie sich an die Lippen und betätigte den Auslöser des kleinen Gerätes in seinen länglichen Fingern.


    Als er gerade dabei war, den ersten genussvollen Zug aus seiner Lunge herauszupusten und dabei mit dem Rauch Kreise zu formen, merkte er, wie sich hinter dem blauen Müllcontainer, der in der aufkommenden Dunkelheit schwerer zu erkennen war, etwas bewegte. Mit leisen Schritten bewegten sich seine Beine durch all den Unrat und blieben vor einem großen, vom Regen aufgeweichten, Karton stehen, in dem wohlmöglich mal ein Sessel oder ähnliches transportiert worden war. Er lächelte, wusste, dass seine Instinkte ihn nicht getäuscht hatten, dafür waren sie zu weit an seinen Lebensstil angepasst. Von oben herab blickte er in die geöffnete Verpackung, konnte jedoch nicht erkennen, was dort im Inneren stärker raschelte, obwohl ihm wohl klar war, dass, egal was es war, dieses Wesen versuchte nicht auf sich aufmerksam zu machen. Gescheitert war dieser Versuch an der Angst, vielleicht auch durch die Kälte, die einen überkam, wenn man vom Regen durchnässt, irgendwo saß.
    Der Braunhaarige wusste, wenn es die zweite Möglichkeit war, würde es entweder ein gegen Nässe sehr empfindliches Feuerpokemon sein, oder ein Mensch, der für ein Leben hier draußen nicht geeignet schien und vielleicht auch ein ganz bestimmter Mensch, ein Kind sogar.


    Nachdem er mehrer Züge stillschweigend an seinem Glimmstängel gezogen hatte, ließ er ihn einfach aus seinem Mund fallen und drückte den restlichen Tabak mitsamt dem Filter in den Boden. Das Zittern war währenddessen stärker geworden, aber der wässrige Niederschlag hatte etwas nachgelassen, sodass man die letzten Spuren der Dämmerung sehen konnte. Der großgewachsene Unbekannte realisierte dies, jedoch hielt er momentan den Karton für interessanter, wodurch er wieder in sein schwarzes Kleidungsstück griff, seine Raucherutensilien wieder in der gut gefütterten Innentasche verschwinden ließ, und aus der daneben eine rot-weiße Kugel mit einem schwarzen Trennstreifen, der sich an einem Punkt zu einem Kreis verdickte, der einen Schalter markierte. Die gepflegten Finger berührten diesen und aus einem roten Strahl materialisierte sich eine beige Raubkatze, deren wohlgeformter Kopf bis fast an die Hüfte des Braunäugigen reichte und sich nun an die dunklen Hose aus vornehmen Satin schmiegte, um seinem Herren ihre Unterwürfigkeit und Treue zu symbolisieren, das zu der sonst so stolzen Perserkatzendame eigentlich nicht passte, aber hier von ihrem Trainer erwartet wurde. Dafür besaß das Pokemon mehr Luxusgüter und mehr Privilegien, als manch ein Mensch. Die schmalen Lippen des Braunhaarigen glitten nach oben, ehe er dem Raubtier seinen Befehl gab.


    „Was auch immer in der Kiste ist, -schnapp es dir und halt es fest!“, sprach der Bemantelte leise, aber mit einem solchen Druck in der Stimme, der sofort und unmissverständlich erklärte, was dieser Mann wollte: absoluten Gehorsam.
    Nun passierte alles blitzschnell; -etwas Blauhaariges stolperte fluchtartig aus dem Versteck und wollte um die Beine des Mannes herum abhauen, jedoch erwischte das Snobilikat das flüchtende Wesen mit seinen fellbesetzten Pranken an der Brust und drückte es mit seiner Gewichtskraft gegen den Karton, denn das dürre Geschöpf hatte sich ein wenig aufgerichtet, ehe es nun mit der riesigen Schachtel auf den Boden gepresst wurde, während das Pokemon bedrohlich fauchte, um seinen Gegner einzuschüchtern, was auch funktionierte, denn plötzlich lag der Flüchtling, welchen der dunkel gekleidete Herr als sieben, höchstens acht, Jahre altes Mädchen erkennen konnte. Es wimmerte leise vor Angst und traute sich beim Anblick der Krallen seiner Schoßkatze nicht, sich zu bewegen. Ihre smaragdgrünen Augen waren vor lauter Schreck geweitet und ihre Seelenspiegel glänzten nur aufgrund der zurückgehaltenen Tränen in der Farbe des Grases





    Der augenscheinliche Geschäftsmann hob zum Zeichen seiner Überraschung die Augenbrauen und betrachteten das dünne Mädchen, dessen Haut bleich schimmerte und an manchen Stellen durch Schmutz und entzündete Narben unterbrochen wurden. Als Kleidung konnte er ein einmal weißes Unterhemd ausmachen, welches schon so große Rissspuren aufwies und so schmutzig war, dass es schwer war, zu erkennen ob es überhaupt ein Kleidungstück war.


    Die Kleine zitterte nun immer stärker am ganzen, vom Regen geradezu aufgeweichtem, Körper, als sich der Mann mit den undurchdringlichen, fast schwarzen, Augen näher zu ihr herunter beugte und sie musterte. Er musste unwillkürlich lächeln - da wurde ihm vorgeworfen, ein grausamer Trainier zu sein und über ihn erzählt, er würde schlecht mit seinen Angestellten umgehen und dann trat die Gesellschaft ein kleines Mädchen metamophorisch gesehen mit Füßen, obwohl er sich bei den blauen Flecken im sichtbaren Bauchbereich des Kindes nicht sicher war, ob nicht schon einer wirklich mit dem Fuß ausgeholt hatte, um ein nach Nahrung suchendes Kind zu vertreiben, dass es die Kunden nicht abschreckte. Hier in der Stadt hielt die Grausamkeit des Menschen viel schneller Einzug, da sie sich hier wie eine Epidemie weiter verbreiten konnte. Immerhin musste er das selbst wissen, denn er war eine der Ursachen, aber auch einer der Leute, die am meisten davon profitierten. Hier, wie auch in anderen Städten, konnte er mit seiner Organisation weite Teile der Stadt unter seine Kontrolle bringen, ohne dass die Polizei ihm etwas nachweisen konnte. Es war harte Arbeit gewesen und hatte viele Rückschläge zu verkraften gebraucht, ehe er das war, was er heute ist; Giovanni, Boss des Team Rocket.


    Giovanni wusste, dass er sich eigentlich beeilen sollte, doch irgendwie blieben seine Gedanken an Yuki hängen, der Mutter des kleinen Elends. Fünf jahre älter war sie gewesen, als seine Leute Yuki aus diesem Internat entführt hatten. Sie gehörte einer Familie an, die seit ewigen Zeiten auf das Entziffern alten Schriften spezalisiert war, ein Haufen Altertumsforscher, die einen noch größeren Haufen antiker Sprachen beherrschten. Über das übliche Poketopianisch, das an fast jedem bessergestellten Gymnasium unterrichtet würde, über Latin und Frankisch, die an der Universität nur den besten als Vorleseung vorgeschlagen wird, bis hin zu Fußstapfensprache und dem altkryptischen. Wirklich nützlich, wenn man wie er immer mal wieder etwas über die legendären Biester wissen wollte. Bis vor sieben Jahre war die Rotblondhaarige allerdings noch sehr wehrhaft gewesen, sie hatten kaum Nutzen aus ihr bekommen können. Bis es...diese Entführung gab. Neun Monate später war es ein Leichtes, sie gefügig zu machen.



    Seine Gedanken lenkten sich wieder um auf dieses kleine Häufchen Elend vor ihm. Die Verzweiflung und die Angst ihn ihrem Blick erinnerte ihn an seine untersten Gefolgsleute, jedoch meinte er zu sehen, wie auch etwas Stolz und Hoffung in den Seelenspiegeln des Mädchens in Erscheinung traten. Das gefiel ihm. Doch ihr würde es nichts nützen, das war eher wie ein weiterer Punkt auf der Liste, die sein Sohn zu erfüllen hatte, wenn er auf die Welt kam. Ihm gehörig, aber trotzdem mit dem Stolz eines Rocketbosses.
    Schließlich gab der berühmt berüchtigte Boss des Team Rockets der Raubkatze ein Zeichen, packte aber gleichzeitig vorsichtig den geschundenen Arm des Mädchens, um es am Flüchten zu hindern, wenn Snobilikat von ihrem Oberkörper abließ.
    Das Mädchen richtete ihren Oberkörper schnell auf, zögerte aber zu fliehen. Sie würde die Schnelligkeit des Katzenpokemons und den Griff des Braunhaarigen nicht unterschätzen, auch wenn es vielleicht ihr Todesurteil bedeutete und sie immer noch vor Angst wenige klare Gedanken fassen konnte. Umso überraschter und regelrecht geschockt war das Straßenkind dann allerdings, als der Mann sie sanft hochhob, indem er einen Arm unter ihre aufgerissenen Knie schob und einen Arm um ihre spärlichen Schultern legte. Noch wusste sie nicht, was der Mann mit ihr vorhatte, doch Yuki, ihre Mutter hatte schon viel von ihm erzählt und vor Furcht konnte sich die Kleine erst recht nicht bewegen. Obwohl ihre Mutter alles gegeben hatte, um sie nach Jahre der Verteidigung zu beschützen, hatte sie diese Arbeit in wenigen Tagen zunichte gemacht. Die Blauhaarige hatte sich dem Teufel ausgeliefert und sie ahnte, dass er ihre Seele in den Höllenschlund werfen wollte, um sich selbst noch mächtiger zu machen, wie schon bei Yuki, aber sie musste stark bleiben.
    Vielleicht gab es davor oder hinter dem gescheiterten Versuch ein Schicksal, das sie erfüllen musste, vielleicht konnte sie ihre Mutter retten - und sich selbst?

  • The End




    Lange blaue Haare folgten mir auf dem Weg durch die kalten und nassen Straßen, es waren meine eigenen. Leicht ungewaschen, leicht verklettet, wie auch meine restliche Erscheinung. Die Kapuze des alten, grünen Parkers hatte der Wind von meinem Kopf gezerrt, ich ließ sie lieber auf meinem Rücken liegen, beziehungsweise hängen, da mir eingefallen war, wie viel ich von meiner Außenwelt nicht wahrnehmen würde, würde der Stoff über meinen Ohren liegen. Jetzt konnte ich das allerdings am allerwenigsten gebrauchen. Die Finger an den Ellenbögen in die Jacke gekrallt, stiefelte ich weiter voran, versuchte die Blicke auszublenden, die mich teils mitleidig und teils abstoßend musterten.


    Trotzdem war diese Stadt anders. Nicht nur, dass sie in Johto lag, nicht wie mein Refugium vor fünf Jahren, Safronia City, sondern auch diese alt- erwürdige Atmosphäre unterschieden sie von der modernen Stadt. Sie war nicht so unnatürlich groß gewachsen, wie die andere Megacity, die durch einen plötzlichen Wirtschaftsboom zu ihrer Größe kam. Doch genau das macht sie für mich eigentlich unbrauchbar, weil es unmöglich war, in einer solch traditionsreichen Stadt in den verschiedenen Kulturen unterzugehen. Als kleines Mädchen war mir das egal gewesen, weil ich einfach nur weg wollte, aber nun, mit dreizehn Jahren, wollte ich untertauchen, verschwinden und nur zu einem ganz bestimmten Zweck wieder auftauchen. Danach würden wir ein neues Leben beginnen, in Einall oder Kalos, hatte sie gesagt...


    Mit der nächsten Böe bemerkte ich erstmals, dass anscheinend schon seit ein paar Minuten Schnee fiel, den weißen Spuren auf meinen Schultern zufolge. Ich brauchte eine Unterkunft und etwas zu Essen und auch, wenn es vermutlich klug wäre, über Nacht zu reisen, wenn ich an meine Verfolger dachte, erinnerte ich mich an die Worte meiner Mutter.
    „Auch wenn man es nicht glaubt, die Stürme, die Arktos manchmal über dem Silbergebirge entstehen lässt, können es mit denen mithalten, die es in Blizzach gibt. Sie breiten sich manchmal bis nach Alabastia in Kanto und Ebenholz in Johto aus.“, ertönte ihre sanfte Stimme in meinem Kopf, an die ich mich erinnerte, wie an das, was ich heute zum Frühstück nicht gegessen, sondern erträumt hatte, obwohl es jetzt schon wieder mindestens sechs Monate gewesen sein müssten, in denen wir uns nicht gesehen hatten. Als mich die Erinnerung verließ, zog ich seufztend den Parker enger um meinen Körper, weil mit ihr auch die Wärme der Stimme verloren ging. Als ich durch die alten Häusergassen sah, deren Baumaterial der Stadt ihren Namen gab, erblickte ich auf dem sympatisch mit verschiedenen Feldsteinen geplasteren Weg ein kleines Mädchen, das mit seiner Mutter gerade in einem Hauseingang verschwand und mir dabei freundlich zuwinkte. Ich erwiderte diese Geste und setzte weiter einen Fuß vor den anderen.


    Als ich ein ganzes Stück gegangen war, fand ich schließlich, wonach ich gesucht hatte. Ein Viertel, gelegen am Rande der Stadt, bewohnt von der unteren Schicht, die sich meist nur um sich slebst kümmerten und nicht auf eine vermutlich verirrte Dreizehnjährige achteten, die über den vom Schnee verdeckten Gehweg tappste. Vielleicht gab es hier sogar ein leerstehendes Haus, das als Schlafplatz dienen könnte. Schlimmer als in diesem schlimmen Heim konnte es ohnehin nicht mehr werden. Mit ein paar wilden Pokemon, die in der Ruine hausten, würde ich mich arrangieren können, notfalls auch kämpferisch, doch das war eher weniger mein Ziel. Die meisten Wesen hatten doch eh mehr Angst vor uns, als wir vor ihnen. Wer konnte es ihnen verübeln, wenn man sich einmal Team Rocket ansah. Zum Glück hatte ich Libelldra mitnehmen können, wer weiß, was sonst mit der aufgeweckten Drachenlibelle passiert wäre? Mit einem Kopfschütteln verdrängte ich diesen Gedanken und verlor mich langsam in den Gassen, die die sonst so traditionell anmutende Stadt so wirken ließ, wie andere Großstädte. Viele hatte ich noch nicht in echt gesehen, aber wer fleißig aufpasste, konnte so etwas aus dem Unterricht mitnehmen und auch danach süchtig werden...


    Minuten später stand ich vor dem Haus, das ich für mich auserkoren hatte. Wenn ich Glück hatte, gab es sogar noch einen Kühlschrank im Inneren, aus dem etwas Brauchbares für Libelldra und mich herauszubekommen wäre. Kurz, als ich jedoch eintreten wollte, erschütterten Gelächter und ein Spruch meinen Körper, dass er kurz in eine Schockstarre verfiel.
    „Hast du wirklich geglaubt, du entkommst uns so einfach?“, schallte es in meinen Ohren nach, als ich herumfuhr und mich umsah, den Pokeball von Libelldra automatisch gelöst und bereit, ihn zu öffnen. „Nicht hier.“, bemerkten meine Gedanken und ließen mich in Richtung einer anderen Gasse blicken, nachdem sie das Geräusch justiert hatten, das diesen Reflex in mir ausgelöst hatte.
    Keine Ahnung, wer von meinem Körper Besitz ergriffen hatte, doch entgegen meiner Instinkte stand ich nach nur wenigen Sekunden an der Ecke zu der Gasse und versuchte, die Lage zu deuten, mein Pokemon neben mir in Alarmbereitschaft.


    Drei Männer, vermutlich Anfang dreißig, standen einem anderen gegenüber, der mit dem Rücken an der Wand der Sackgasse lehnte, sich gerade zu an sie drückte und wünschte, sie würde ihn in sich aufsaugen, wenn man aus seinen unruhigen Augen lesen konnte. Er versuchte zu verbergen, dass er Angst verspürte, doch mein Drache und ich bemerkten es trotzdem, ich vielleicht nur, weil meine kluge Partnerin es mir zu verstehen gab. Gekleidet in einen grauen Jogginganzug, der an die Temperaturen angepasst war, die rosa Haare, die leicht wegen des Schweißes an seinem Kopf klebten, ließen den Entschluss zu, dass es sich um einen Sportler handelte, doch er Griff an seine Hüfte, wahrscheinlich zu einem nicht vorhandenen Gürtel mit Pokebällen, legte die Vermutung nahe, dass es sich um einen Trainer handelte. Und auch, wenn ich in einem zu einem Geheimversteck umfunktionierten Geheimversteck und in einem als Kinderheim getarnten Ausbildungsbetrieb für Team Rocket aufgewachsen bin, zumindest bis jetzt, erwachsen war ich noch lange nicht, würde es vielleicht niemals werden, wusste ich, dass sich Möglichkeit eins mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen ließe.


    Siegfried Nagashi, der erklärte Hauptfeind des Team Rocket. Mitglied der Pokemon G- Man und vor allem Champ von Johto und Kanto in Personalunion. Ihm gegenüber, sodass sie mich nicht sehen konnten, standen drei Rüpel, schwarze Kleidung auf ihren Leibern, ein wenig durchgefroren, doch ihre dauerhafte Betäubung rührte vom Alkohol her. Man konnte spüren, was sie dachten. Den Rosahaarigen ausschalten und einen Haufen Belohnung kassieren, wenn sie ihn bei ihrem Vorstand ablieferten. Würde ich mich ihnen auch noch zeigen, würden sie aufgrund der zu erwartenden Vergütungen noch debiler grinsen, als ohnehin schon, warf mein erster Gedanke ein. Ich wusste zu viel, dem war ich mir bewusst, doch gleichzeitig wollten sie mich noch brauchen, wie meine Mutter. Aber just in diesem Moment, inzwischen hatten die Typen ihre schwachen Rattfratz und Golbat gerufen, begann mein Gehirn, an einer abstrusen Idee zu spinnen und das naive kindliche ich, dass ich eigentlich unter Erfahrung begraben hatte, nahm diese natürlich begeistert auf. So begeistert, dass ich, nur Sekunden später meine in schwarzen Stiefeln befindlichen Beine nach vorne setzte.


    Die Nacht war schon über die Straßen hereingebrochen, in dieser Gegend trieb sich erst recht niemand mehr auf den Wegen herum, bis auf fünf Verrückte.
    Einen Champ, der es für eine gute Idee hielt, durch sozial schwache Viertel seiner Stadt zu joggen, drei schwarz gekleidete Handlanger, die ihre Macht so lange auszukosten versucht waren, bis die Polizei doch noch erschien und ein Mädchen, das eigentlich von den drei vorher genannten gesucht wurde und sich trotzdem in einen Kampf gegen sie stürzte.
    Das Klacken meiner Stiefel riss sie aus ihren Träumereien und auch ihre Pokemon wandten sich der neuen Situation zu. Siegfried, der, bis er mich erblickte, hoffnungsvoll seinen Kopf gehoben hatte, sah nun eher kreidebleich aus, weil er erkannte, dass ich kein riesiges Polizeiaufgebot war, sondern nur ich. Kurz musste ich über seine Besorgnis lächeln, dachte daran, dass die beiden Regionen wirklich einen engagierten Chef hatten, der sich um alle sorgte, doch dann war es an Libelldra, zu handeln.


    Mit einem Hyperstrahl landete das erste Golbat an der Wand und glitt neben dem Champ zu Boden. Dieses Aufkommen war allerdings auch genug, um die drei Rüpel aus ihrer Starre zu holen. Erst wollten sich alle drei auf mich stürzten, doch dann entsinnte sich der Braunhaarige an den Mann, den sie eigentlich gefangen nehmen wollten und rannte zurück, um sich mit ihm zu messen. Als er dann nach Hilfe schrie, ließ auch ein anderer von meiner Richtung ab, sodass ich nur noch einen schmerzhaften Griff um meine Arme spürte. Während mein Drachenweibchen die Pokemon bearbeitete, versuchte ich mich mit allen möglichen Dingen, die ich irgendwann mal gelernt hatte, zu verteidigen, was auch ganz gut klappte. Glücklicherweise hielt auch die Kapuze, die ich mit den Bändern an der Seite so zugezogen hatte, bevor ich in mein Unheil marschiert bin, dass man mein Haar nicht sofort sehen konnte.


    Die Haare waren wirklich immer mein Erkennungszeichen gewesen, weil sie selbst für Johto auffällig gefärbt waren und damit immer herausstachen. Ich musste sie unbedingt färben, wenn ich weiter unerkannt bleiben wollte. Meine Mutter sagte, dass ich das von meinem Vater bekommen habe, aber das war momentan unwichtig für mich. Ich kannte ihn nicht, weder positiv noch negativ, vielleicht würde sich das später ändern...


    Diese Gedankenlosigkeit wurde sofort bestraft, eine Faust streifte meine Wange und der Griff um meinen eh schon dünnen Arm verfestigte sich. Libelldra kam gut zurecht und obwohl der Champ in Unterzahl antrat, war auch er ziemlich gut dabei. Ich fragte mich, woher er das konnte, verdrängte diesen Gedanken schnell wieder.


    Unser Kampf dauerte an, nun schon seit ungefähr zehn Minuten, wie ich schätze und langsam kristallisierten sich die Sieger heraus, auch wenn der Rosahaarige inzwischen nicht nur auf eine Weise himmelblaue Augen hatte. Ich schaffte es tatsächlich, den Grobian von mir weg und an eine Wand zu schubsen, als ich mich umdrehte, um Libelldra Anweisungen zu geben und plötzlich in der Ferne eine näher kommende Sirene hören konnte. Während ich erleichtert aufseufzten wollte, obwohl ich von der Polizei sicherlich wegen des ein oder anderen Ladendiebstahls gesucht wurde, machten sich in den anderen Männern Panik breit. Als ich mich gerade umdrehen wollte, um den Rüpel von eben bis zum Eintreffen der Polizei gegen die Wand zu drücken und so an einer Flucht zu hindern, spürte ich einen scharfen Schmerz in meiner Magengegend und, als sich der Auslöser zurückzog, warmes Blut aus mir herauslaufen. Sofort presste ich meine Hand auf den Stich und erkannte, zumindest etwas erleichtert, dass der Stoß nicht gleich tötlich war, zumindest waren keine Organe betroffen. Trotzdem drohte ich vorne überzukippen und konnte mich nur noch mit Mühe und Not an der Wand aufrecht erhalten. Vorsichtig befühlte ich meinen Bauch, zuckte zusammen und stöhnte, als ich über die Wunde fuhr. Nicht sehr tief, aber breit, ein Stoß seitwärts, wie der Typ das Messer gegriffen bekommen haben muss. Mein Sichtfeld begann zu verschwimmen, langsam, aber mir blieb nicht mehr lange Zeit, etwas zu tun. Verdammt. Ich sah, wie sich auch der dritte wieder Siegfried zuwenden wollte und beging heute, mit dem Betreten dieses Kampffeldes und dem aus dem Auge lassen meines Feindes, die dritte halsbrecherische Tat. Mit letzter Kraft brüllte ich irgendetwas mir unverständliches in ihre Richtung und nahm alle meine Kraft zusammen,die Hände schützend über meinen Bauch und rannte, während ich beim Verlassen der Gasse die beruhigenden blauen Lichter sehen konnte.


    Verschwommen hörte ich wütende Rufe der Kerle, plötzlich quietschende Bremsen und auch eine besorgte Stimme, die mich anhielt, stehen zu bleiben, doch etwas in mir sträubte sich, lief weiter die Straße entlang, mein angeschlagenes Libelldra flog mir hinterher, auch wenn sein Flügel ebenfalls blutete. Ich musste die Schmerzen ignorieren, sagte ich mir, taumelte langsam in einen anderen Weg, das Blut über meine Jeans, die Jacke und mein schwarzes Oberteil verschmiert. Irgendwann spürte ich nur noch kalten, harten Stein auf meiner Haut, realisierte gar nicht, wie ich mich aufrichtete und an die Wand lehnte, alles war nur noch ein ungenießbarer, viel zu versalzener Brei aus Eindrücken, selbst, wie mein treues Pokemon sich erschöpft neben mich sinken ließ, doch plötzlich den Kopf hob, als sich ein Schatten uns langsam näherte. Dann zog jemand einen Vorhang und ich tauchte ein in ein Meer voller Schwärze.

  • An die Leser: Ihr dürft ruhig kommentieren, hier oder auf meinr pinnwand, ich beiße normalerweise nicht^^



    Start of Something New?


    Langsam erhob er sich von dem Holzstuhl in dem Behandlungszimmer der Notaufnahme, nachdem der Rosahaarige nun am ganzen Körper untersucht worden war, ob diese Schlägerei noch mehr Folgen für ihn hatte. Doch bis auf ein paar ziemlich blaue Flecken, die sich an ihren Rändern schon gelb oder grünlich verfärbten, war alles in Ordnung. Er verließ den in sonnengelb und klinischem Weiß gehaltenen Raum, nur um in den ebenfalls weißen, orange gefluteten Flur zu treten. Auf seine Nachfrage hin wurde ihm erzählt, dass das Mädchen gerade aus dem OP gekommen war und dass sie schon wieder auf die Beine kommen würde. Allerdings hatte sich auch auf Nachfrage der Polizei niemand nach der Blauhaarigen erkundet, keine Eltern, keine Heime, die in der Nähe lagen und auch keine Schule, wo sie es anscheinend auch versucht hatten.


    Aber das war ohne einen Namen auch schwer, immerhin hatte sie keinerlei Ausweispapiere oder ähnliches bei sich getragen. Keine Schülerfahrkarte für den Bus, kein Adresszettel mit den Daten ihrer Eltern und ihres Wohnortes, eigentlich überhaupt nichts, was in einem Portemonnaie sonst so zu finden war. Nach einem PokeNav oder ähnlichem konnten sie sich auch die Finger wund suchen, auch dort war nichts zu finden.
    Dann waren sie der Spur ihrer Kleidung nachgegangen und hatten in Obdachlosenheim nach ihr gefragt wieder keine positive Reaktion. Es war, als würde sie nirgendwohin gehören, außer zu ihrem Pokemon, dass sich schützend vor sie gestellt hatte und das Siegfried hatte erst beruhigen müssen.


    Ihm fiel der Bodendrache erst jetzt wieder ein und er beschloss, noch etwas zu warten, bevor er das Mädchen besuchte und sich stattdessen um ihren treuen Freund zu kümmern. Für ihn, der Pokemonkämpfe zu einem Beruf gemacht hatte, war die Verbindung zwischen ihnen offensichtlich und er ahnte, dass sie sich um ihren Partner sorgen würde, wenn sie erwachte.


    Auf einer Grünfläche, die von dem Krankenhaus eingeschlossen war und die Patienten als Park genutzt wurde, entließ er das Wesen aus seinem Ball. Es blickte unruhig hin und her, der Champ blieb erst mal auf Abstand, um es nicht ein zu engen und seine Flucht- oder Angriffsinstinkte zu wecken. Dann erkannte der Drache ihn als Konstante, immerhin hatte er ihn zurückgerufen. Ohne Ruckartige Bewegungen streckte der Rosahaarige seine Hände nach vorn als er sah, dass er zwar misstrauisch, aber auch interessiert gemustert wurde. Er fing an, leise auf den Drachen einzureden, dessen Augen sich nun ruhig auf ihn richteten. Siegfried ließ den Pokemon Zeit, sich zu nähern, was dieser schließlich auch tat. Schüchtern schnupperte die grüne Echse an seinen Händen, die nach seinen eigenen Drachen und nach deren Futter rochen, immerhin hatte er sie kurz bevor er joggen war, gefüttert. Während er die Verletzungen des Pokemon betrachtete, dachte er weiter über die Trainerin nach. Selbst jemandem ohne gutes Erinnerungsvermögen müsste sie im Kopf geblieben sein, blaue Haare waren hier relativ selten, ihm fiel nur seine Cousine ein, die ebenfalls himmelfarbene Haare besaß, und die hatte ihnen ganz bestimmt kein Kind im Teenageralter verschwiegen, genauso wenig, wie Falk, um dessen Schwester es sich handeln könnte, wenn er den eine hatte. Aber sonst würde er sich diese Eigenschaft doch merken, oder? Als er gerade wieder über die schuppige Haut strich, kam ihm plötzlich ein Polizist entgegen, der erklärte, dass der Arzt, der das Mädchen operiert hatte, nun für ein kurzes Gespräch bereitstand. Siegfried nickte, deutete jedoch auf das Libelldra. Bis auf eine wunde Stelle am Flügelansatz würde eine Mütze Schlaf und Erholung alles auskurieren können. Der Uniformierte nickte und zog aus seiner Tasche ein kühlendes Spray, das antibakteriell wirkte und gegen eine mögliche Entzündung half, sowie ein Pflaster hervor und übergab es dem Champ, bevor dieser das Wesen vorsichtig verarztete.


    Im Raum angekommen begrüßte ihn der schon etwas ältere Herr mit einem Lächeln in seinem faltigen Gesicht. Auch dieses Zimmer war in weiß und gelb gehalten, wirkte ansonsten aber relativ steril.
    „Schön, dass sie sich wegen der Kleinen erkundigen, Herr Nagashi.“, ertönte eine beruhigende, fast schon einschläfernde Stimme, die sicher Vorteile hatte, wenn man als Kinderarzt arbeitete. Siegfried erwiderte sein Lächeln, bevor auch er zu sprechen ansetzte.
    „Das ist das mindeste, was ich tun kann, immerhin hat mich das Mädchen gerettet. Ich sollte wohl beim nächsten Mal laufen gehen meine Pokemon mitnehmen...Aber das ist jetzt nicht wichtig. Wie geht es ihr?“, meinte der Rosahaarige erst mehr z sich selbst, den Blick nach unten, zu ihr gerichtet, ehe er den Kopf hob und in das Gesicht des Doktors blickte.
    „Den Umständen entsprechend gut. Die Wunde war nicht so tief, wie wir am Anfang dachten, Organe wurden glücklicherweise auch nicht verletzt. Was ausschlaggebend für die Ohnmacht war, war anscheinend ihr übriger Gesundheitszustand. Sie muss mehrere Tage ohne etwas zu essen ausgekommen sein. Getrunken muss sie wohl haben, die Dehydrierung war noch nicht so weit fortgeschritten. Geschlafen dürfte sie auch nicht viel haben, allerdings schien das alleine ihrem Körper auch nicht soviel auszumachen.“, fing der Mediziner mit seiner Berichterstattung an, während er auf das Klemmbrett mit den Daten seiner Patientin guckte, nur manchmal über die Hornbrille zu seinem Gegenüber schauend, das ihn nun unterbrach.
    „Das hieße also, sie lebt schon seit ein paar Tagen auf der Straße... und könnte sich der Körper vielleicht durch vorherige Aufenthalte auf der Straße an diese Umstände angepasst haben?“, fragte der Rosahaarige, die Hand am Kinn ablegend, seine männlichen und doch sehr sanften Züge, die ihn in Johto und Kanto so beliebt machten, nachdenklich verzogen, bis sich in dem Bett etwas regte.


    Das Mädchen drehte den Kopf unruhig hin und her, wahrscheinlich glitt sie über vom Bewusstlosenzustand durch die vielen Medikamente in einen unruhigen Schlaf. Wie von selbst trat der Drachentrainer an die Kante, sah die Schweißperlen auf ihrer Stirn mit Besorgnis an, während der Doktor das Szenario schweigend betrachtete, sich nun wieder räusperte, sodass sich Siegfried gezwungenermaßen umdrehte, um sein Zuhören zu signalisieren.
    Der ältere Herr fuhr in seiner ruhigen Tonlage weiter fort.
    „Durchaus möglich. Gesundheitlich wird sie allerdings auch bald wieder fit sein...“, wollte der Mediziner weiter reden, als ein kurzes Klopfen und danach das leise Aufschlagen der Tür erklang, sodass sich die beiden Männer zu dem hereingetretenen Polizist umdrehten und ihm geboten zu reden.


    „Herr Nagashi, wir haben auf Ihren Vorschlag hin das Strafregister auf die Beschreibung hin durchsucht und uns ist aufgefallen, dass ein Mädchen, dass auf die Beschreibung der Kleinen hier passt, vor ungefähr zwei Wochen und vor einer Woche einige Lebensmittel und Pokemonfutter aus Läden in Mahagonia und Eiskirchen gestohlen hat. Sie konnte allerdings nur anhand der Überwachungskamera beschrieben werden..“, ertönte die strenge, monotone Stimme des Wachtmeisters, ehe sich der Rosahaarige bedankte und er sich verabschiedete. Als die Tür leise ins Schloss fiel, richtete er seinen Blick wieder auf die Blauhaarige, die so unschuldig dalag. Also musste sie vor zwei Wochen abgehauen sein, von wem oder was auch immer. Ein verschwommenes Bild gab dem Drachentrainer Rätsel auf. Warum rettete ihn ein Teenager, der wahrscheinlich weggelaufen war und nun aus Geschäften stehlen musste, um über die Runden zu kommen? Warum war sie noch keinem aufgefallen, obwohl sie so eine auffällige Haarfarbe hatte? Da kam ihm eine Idee. Was, wenn sie ihr Haar vor kurzem erst gefärbt hatte, um sich besser verstecken zu können? Aber wenn sie damit rechnete, dass die Überwachungskameras der Läden sie gesehen hatten, warum hatte sie dann diese auffällige Farbe behalten? Gut, sie konnte auch gedacht haben, wenn sie jetzt noch eine Mischung zum Färben mitgehen lassen hätte, hätte man schon irgendwie rausbekommen, welcher Ton es war und sie dann natürlich leicht verfolgen können.


    Wieder sah er dem Mädchen zu, dass sich nun schon kräftiger hin und her wand, als der Arzt ihm mitfühlend eine Hand auf die Schulter legte.
    „Keine Sorge, sie wird schon bald wieder aufwachen. Sie sollten jetzt allerdings nach Hause, immerhin war das genug Aufregung für einen Tag. Wenn sie wollen, informieren wir Sie darüber, wenn sie aufwacht.“, bot ihm der charismatische Herr an und der Mittzwanziger nickte. Es wäre unvernünftig, hier zu warten, immerhin dürften auch seine Drachen sich Sorgen machen, wenn früh morgens niemand ihre Näpfe füllte. Er ließ seine Nummer dort und trat schließlich nach draußen. Dabei betrachtete er ihren Pokeball. Er hatte ihn mitgenommen, hier im Krankenhaus würde man sich eh nicht um ihn kümmern können, sodass er beschlossen hatte, den Drachen mitzunehmen. In seiner Scheune war genügend Platz und das Weibchen wirkte trotz seiner Scheue nicht so, als würde es seine Drachen grundlos angreifen. Ohnehin zogen sich verletzte Drachen meist zurück, wehrten sich nur im Notfall gegen Menschen, die sie dann noch angriffen.
    Fliegen konnte er allerdings nicht auf ihr und kämpfen schloss er auch aus. Er wollte gerade schon zurück und sich ein Taxi nehmen, als ihm zwei der Polizisten freundlich zuwinkten, die den Vorfall mit betreut hatten. Sie riefen ihm zu, dass er mit ihnen mitfahren konnte, weil sie ohnehin gerade losfahren wollten, in den wohlverdienten Feierabend. Es war auch schon weit nach Mitternacht und die Hände des Champs legten sich auf seine immer noch nur in einer Strickjacke befindlichen Arme, weil die eiskalte Winterluft an der Wärmeschicht zog, die sich um ihn herum aufgebaut hatte. Er bedanke sich schon einmal für die Fahrt, als er in den Wagen einstieg und sich auf die Rückbank setzte. Wenn ihn jetzt so jemand sehen könnte, dachte er mit einem Schmunzeln, würde es haufenweise Gerüchte geben.


    Als er schließlich an seinem Haus, das etwas abseits von der Stadt lag, abgesetzt wurde, wünschte er den beiden Beamten, die ungefähr in seinem Alter waren noch einen schönen Feierabend, bevor er sich in den Stall aufmachte. Dort blickte ihm sofort sein besorgtes Dragoran ins Gesicht, dass er umsichtig hinter den Fühlern kraulte, wie es ihm gefiel.
    „Keine Angst, alter Junge. Mir geht es gut. Ich hatte nur eine Auseinandersetzung mit ein paar Rocket Rüpeln, aber das Pokemon hier und ihre Trainerin haben mir geholfen.“, erklärte er dem friedliebendem Wesen und zeigte auf die rotweiße Kapsel in seiner Hand, bevor er sie öffnete.
    Das Drachenweibchen war noch unruhiger, als schon im Krankenhaus, da sechs fremde Pokemon in einzelnen, mit Stroh ausgelegten Boxen zu erkennen waren, die sie nicht kannte. Fragend sah es deshalb den Rosahaarigen an, der die einzige Konstante zur letzten Situation war.
    Dieser strich dem Drachen vorsichtig über den Kopf, während sein treuer und ältester Partner beruhigende Laute von sich gab.
    „Hab keine Sorge, meine Pokemon werden dir garantiert nichts tun. Du solltest dich ausruhen und morgen Früh gehen wir deine kleine Freundin im Krankenhaus besuchen, okay?“, richtete er sich nun ebenfalls leise an die Flugechse, die sich nach einiger Zeit geschlagen gab und sich in eines der freien Abteile führen ließ, wo es nach einigem Zögern auch das Futter annahm.


    Erst, als es sich einen gemütlichen Platz im Stroh gesucht hatte, erhob sich der Champs und verließ die große Scheune, um in sein eigenes Bett zu schlüpfen. Die Treppe des mit roten Schindeln bedeckten Hauses emporsteigend dachte er noch an das Mädchen und ihre mögliche Geschichte., doch als er in dem Flur angekommen war, der geradewegs in sein Schlafzimmer, das neben dem Bad das einzige wirklich ausgebaute Zimmer war, überschob ihn eine plötzliche Müdigkeit, er entschied sich sogar dafür, den vom kämpfen schmutzigen Anzug anzubehalten und ohne irgendwas ins Bett zu steigen. Mit letzter kraft ließ er schließlich die Decke über sich fallen und nur Augenblicke später hatte ihn eine wohlige Schwärze in ihren Bann gezogen.


    Als er am nächsten Morgen die Augen öffnete, dauerte es etwas, bis die Erinnerung an gestern Nacht sein Gehirn durchflutet hatte. Da waren blaue Haare, grüne Seelenspiegel und ein Libelldra, Rocket Rüpel und Polizisten, die als Schemen durch sein Arbeits- und Schlafgemach tanzten und als er seine Wange berührte, an der es unangenehm puckerte, ordnete sich alles richtig ein. Er stieg aus dem großen Bett, dessen Kopf- sowie ein Seitenende an je einer Wand stand, und bemerkte, dass er gestern Abend wohl nicht mehr dazu gekommen war, sich umzuziehen. Neben seinem Schreibtisch, an der Fensterwand zog er sich Unterhemd, seinen royalblauen Zweiteiler, der aus einem langen Hemd und einer Hose bestand, und seinen rot- schwarzen Umhang, um danach im seitlich von diesem Raum gelegenen Badezimmer zu verschwinden. Davor sah er aber noch auf seinen PokeNav, ob nicht schon eine Nachricht eingetroffen war und er sich beeilen musste.
    Während er seinen schlanken, muskulösen Körper von dem Dreck befreite, dachte er über die Kleine nach. Noch immer hatte sich kein Bild über sie in seinem Kopf ergeben, aber er hoffte, dass sie ihnen erzählen würde, was passiert war. Er würde heute nur den Vormittag Zeit haben, seine Verpflichtungen in der Top Vier waren trotz allem zu immens, um sie weiter aufzuschieben, wobei er das bei dem Papierkram meist doch irgendwie schaffte.
    Als Siegfried aus der Dusche stieg, fielen ihm die nassen Haare ins inzwischen aufgeweckte Gesicht, sodass er sich ein kleines Handtuch um seine Mähne schlang, bevor er zum Zähneputzen überging. Schließlich verließ er das Bad angezogen und machte sich mit wehendem Umhang durch den frisch gefallenen Schnee auf den Weg zur Scheune. Die meisten seiner Drachen waren schon wach, nur Glurak und Knackrack lagen noch auf ihrer bequemen Unterlage, während Libelldra am liebsten gleich zu ihrer Trainerin fliegen wollte. Vorher fütterte er jedoch alle Wesen und machte sich auch selbst ein kleines Frühstück. Er war gerade dabei, das Ei nicht gerade champfhaft von seinem Toast zu essen, als sein PokeNav klingelte. Halb verschluckte er sich an seinem Essen, bevor er das Gespräch annahm.
    „Herr Nagashi, ich hoffe, ich störe Sie nicht, aber das Mädchen war eben für ein paar Minuten wach. Hat nach ihrem Libelldra gefragt und sich beim Polizisten, der sie vernehmen wollte, entschuldigt, dass sie Pokemonfutter geklaut hat. Sie wird wahrscheinlich in Kürze noch mal aufwachen.“, erklärte der Mediziner durch dieses hochtechnische Gerät und der Champ gab zu verstehen, dass er sich beeilen würde. Noch im Gehen verschlang er seinen Toast und vor der Haustür rief er Dragoran, das gemeinsam mit Libelldra ankam. Er lächelte der Drachendame aufmunternd zu und bat sie, ihm zu folgen, bevor er sich auf den Rücken seines mächtigen Freundes schwang. Glücklicherweise schützte sein Anzug auch vor Kälte relativ gut, sodass ihm der Wind, der versuchte, sich durch ihre Haut und Kleidung zu beißen, nichts anhaben konnte.


    Beim Landen achtete er darauf, nicht die Arbeit des Hausmeisters zu Nichte zu machen, der wohl schon lange versuchte, alle Gehwege und Pfade vom Schnee zu befreien und zu entglätten, damit keiner der Patienten ausrutschen möge. Siegfried ließ die beiden Drachen ein wenig draußen herumtollen und zeigte außerdem auf das Fenster im Erdgeschoss, aus dem das Mädchen gucken konnte, sollte es wach werden, um sie dort zu positionieren und ging dann den weißen Gang entlang. Weil es die Kinderstation war, war alles viel freundlicher eingerichtet, auch die Motive an der Wand und in den Fenstern versuchten die kalte Atmosphäre der Klinik zu zerstören, um den kranken Kindern zumindest etwas Freude zu bereiten. Auf dem Weg zu dem Zimmer begegnete er dem Arzt von gestern, der gerade einem kleinen Patienten eine Spritze gegeben hatte, der ein wenig hinten im Trakt lag, und erfuhr von ihm, dass sie schon wieder aufgewacht war. Mit einem Lächeln der Erleichterung auf ihren Lippen traten die beiden also ein.


    Das Mädchen hatte sich regelrecht klein gemacht, so lag sie mit den Armen über die Bettdecke da und starrte ein wenig angstvoll, ein wenig verloren und hoffnungslos zu ihnen herüber, die Finger zu zittrigen Fäusten verkrampft, vor allem, als sie den Champ erblickte, so kam es ihm jedenfalls vor.



    ---


    das Empfangskomitee sah mich mit einem schüchternen Lächeln im Gesicht an, während ich versuchte, mich klein zu machen. Der Beamte vom letzten Mal war auch noch da, ich konnte allerdings nicht wirklich erkennen, ob sein Grinsen diabolischer Art war, oder ob er sich freute, dass ich aufgewacht war. Nun kam der Doktor wieder zu mir, verdeckte so die Sicht auf den Champ, dem ich als einzigen hier ein ehrliches Lächeln zumutete. Ich spürte plötzlich eine Hand auf meinem Arm und wollte ihn wegziehen, weil ich solche Art der Berührung nicht mochte, allerdings funktionierte dies dann der Betäubungsmittel in meinem Körper nicht so gut, doch der Arzt hatte dieses Ziehen bemerkt und ließ meinen Arm ohne Kommentar los, bevor er begann, mir Fragen zu stellen. Meine dringendsten hatte ich schon der Nachtschwester gestellt und diese hatte höflich Antwort gegeben. Ich sei in einem Krankenhaus, Siegfried hatte mich hier her gebracht, oder zumindest dafür gesorgt, und Libelldra war in Sicherheit. Der Polizist konnte mich mit der Aussage, dass die Rüpel gefasst wurden, nur zum Teil beruhigen, weil sie ihre Informationen auch durch die Gefängnismauern hinweg verbreiten konnten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der falsche Vorstand davon mitbekam und mir einen Besuch abstatten würde, dann musste ich möglichst spurlos verschwunden sein.
    „Ganz ruhig, Mädchen. Wir tun dir nichts. Wie geht es dir? Hast du noch irgendwo Schmerzen oder ist dir unwohl?“, fragte der Mediziner mit einer beruhigenden Stimme. Ein kurzes Grinsen huschte über meine Lippen, der Mann war in seinem Beruf genau richtig. Die Töne ließen einen das ganze als angenehmer empfinden, als es war.
    „Mir geht’s momentan noch gut und weh tut mir auch nichts, möglicherweise liegt das aber an den Schmerzmitteln.“, erklärte ich ihm und er nickte, sah auf die komischen piependen Gerätschaften, an die ich angeschlossen war, bevor sich nun der Champ an mich wandte, wobei ich dachte, dass er auch mit seinem Lächeln ein toller Doktor gewesen wäre.
    „Wie heißt du eigentlich? Und wie alt bist du? Wovor bist du weggelaufen?“, überkamen ihn anscheinend die Fragen und ich fand es unheimlich lustig, wie er sich anscheinend selbst im Kopf für seine Ungeduld schalt. Sah ich wirklich so ängstlich aus, wie ich hier im Bett lag? Na gut, vor dem Polizisten hatte ich wirklich leicht Muffensausen, aber vielleicht lag es auch an meiner geisterhaften Erscheinung, dass er Panik hatte, mich zu verschrecken. Immerhin waren meine Arme kreidebleich und ohne den Mantel sahen sie wirklich ein wenig dünn aus. Dann hörte ich meinen Magen laut knurren und mir stieg die Röte auf die Wangen, bevor ich entschuldigend lächelte. Doch der Arzt machte ein besorgtes Gesicht und verließ das Zimmer, wahrscheinlich um etwas zu essen zu holen. Auch Siegfried sah kurz besorgt aus und nahm schließlich auf dem Stuhl neben mir Platz, versuchte jedoch nicht, meine Hand zu greifen, sondern sah mich nur eindringlich an.
    Ich seufzte. Ich wollte hier doch eigentlich niemandem Probleme machen und schon gar nicht dem Champ, der mich ja gerettet hatte. Konnte ich ihn überhaupt darum bitten, mir zu helfen? Sicher, er wäre auch interessiert, dem Team Rocket zu schaden, aber das war gefährlich für ihn. Und ich mochte ihn. Ich wollte keinen Menschen mehr in Gefahr bringen, den ich mochte.. Und wenn ich nun allen erzählte, was passiert ist, dann kämen sie in das Fahndungskreuz der Organisation. Nachdenklich schaute ich zu dem Rosahaarigen herüber, was ihm noch mehr Fragezeichen auf der Stirn hervorrief, bevor ich mich schließlich durchrang, ihm meine Geschichte zu erzählen.


    „Mein Name ist Miharu Seira und ich bin dreizehn Jahre alt.Und...weggelaufen bin ich eigentlich vor den Typen, die Sie angegriffen haben.“, begann ich, wurde jedoch unterbrochen.
    „Vor Team Rocket?“, fragte er ungläubig nach und ich nickte, bevor ich weiterwollte.
    „Ja, vor Team Rocket...Die Geschichte fängt eigentlich mit meiner Mutter an. Sie war Mitglied einer Familie aus Archäologen, die allesamt verschiedene altertümliche Sprachen gelernt hatten, noch bevor sie überhaupt die Oberschule erreicht hatten. Schon seit einigen Jahrzehnten waren sie als Forscher hoch angesehen und daher auch interessant für Team Rocket...Als sie sich weigerten, bei den kriminellen Machenschaften mitzumachen und für Giovanni einschlägige Texte und Beschwörungsformeln zu übersetzen, griff er ihr Anwesen an. Er...verschonte niemanden...außer ihr schwächstes Mitglied, meine Mutter, zu dem Zeitpunkt 15 Jahre alt. Er wollte sie dazu zwingen, diese Texte zu übersetzen, doch meine Mutter wehrte sich heftig. Und er konnte sie nicht umbringen, weil sie die einzige war, die ein Relikt übersetzen konnte, bei dem sich einige altertümliche Sprachen vermischten...Naja....bis zu dem Zeitpunkt, als ich auf der Welt war....Mama...war es egal, ob ihr etwas passiert, aber...durch mich konnte der Boss sie erpressen und das tat er auch...Bis zu meinem sechsten Lebensjahr durfte ich bei meiner Mutter bleiben, danach kam ich in ein spezielles Heim, in das viele der Kinder kommen, die im Team Rocket geboren werden...Ich...war zu dem Zeitpunkt sehr naiv und meiner Mutter haben sie auch erzählt...dass ich in ein normales Heim komme, deswegen hat sie mir auch gesagt...ich soll mich anstrengen...denn liebe, brave Mädchen werden eher adoptiert....Also hab ich mich angestrengt, auch in der Schule, die von Team Rocket bestochen wurde, uns zu unterrichten, hab mir alle Mühe gegeben...nur um dann....vor drei Wochen ungefähr, festzustellen, dass ich zu meiner Mutter sollte, um auch das Übersetzen zu lernen. Ich hab ein Gespräch zwischen dem Heimleiter und einem Vorstand belauschst, dann bin ich abgehauen...und jetzt versuch ich halt, irgendwie meine Mutter da herauszuholen...“, endete ich schließlich, den Blick nach unten auf meine verkrampften Hände, versuchte die Tränen zu ignorieren, die mir über das Gesicht liefen. Dann spürte ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter und sah in ein aufmunterndes Lächeln.

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    Huhu Liebes,



    nachdem du mir neulich ja so begeistert von deiner neuen Fanfiction erzählt hast, dachte ich mir, dass ich dir einen Kommentar hinterlasse, wo du leider erst so wenig Feedback bekommen hast. Doof, weil du ja doch schon einiges geschrieben hast. Deswegen werde ich den Startpost, Titel, Prolog und das erste Kapitel in diesem Kommentar unterbringen (das zweite und das darauffolgende packe ich in einen weiteren Kommentar, nur auf einmal ist das ein wenig viel, oder?), es kann aber durchaus sein, dass ich mich bei der Bewertung deines Schreibstils und dergleichen wiederhole, deswegen können die Kommentare von Kapitel zu Kapitel ein bisschen kürzer werden, ich hoffe, dass dich das nicht stört!
    Es wäre übrigens lieb, wenn du mich auf die Benachrichtigungsliste setzt, ich hab so viele Themen im Abo, dass ich befürchte, dass deine FF da untergehen könnte x3



    Viel Spaß beim Lesen/Umsetzen! ♥
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    Titel
    Juh, ein englischer Titel, damit hast du schon immer direkt einen Stein bei mir im Brett. Natürlich kann ich das nicht für jeden Leser bewerten, aber ich finde, dass Englisch zumeist einen sehr angenehmen, weichen und edlen Klang hat. Können deutsche Titel natürlich auch, lass dich davon nicht beirren, aber ich finde, dass es manchmal einfach so ist, dass Englisch schöner als Deutsch klingt (:
    Was ich an deinem Titel schön finde, ist, dass er zwar lang ist, jedoch noch nichts wirkliches über die Handlung aussagt. Man kann sich zwar ganz skizzenhaft denken, dass es um jemanden geht, der versucht, sein Schicksal zu ändern, weil er sich damit nicht abfinden möchte/will/darf, aber genaueres kann man noch nicht konkret sagen, das finde ich schön! Der ganze Satz wirkt sehr harmonisch, vielleicht etwas lang, aber das ist im Endeffekt Geschmackssache. Das einzige Problem, das bei langen Titeln auftreten kann, ist, dass ihn sich der Leser nicht ganz so einfach merken kann, ist ja auch irgendwo logisch. Aber das musst du als Autorin natürlich selbst entscheiden, mir gefällt er wirklich gut! :3



    Startpost
    Du hast schon viele Punkte, die in einem Startpost wichtig sind/wichtig sein können berücksichtigt, das finde ich schön, das zeugt davon, dass du entweder schon FF Erfahrungen gesammelt hast und/oder dich intensiv und vorab mit dem Thema auseinandergesetzt hast. Mir gefällt, mit wie viel Humor und Persönlichkeit du deinen Startpost gestaltet hast, denn gerade der Startpost bietet dem Autor die Chance, sich persönlich mit dem Leser zu verbinden, und jemand, der ehrlich, humorvoll und mit Charakter an eine FF herangeht, sich nicht verstellt, sondern ganz offen ist, ist schon bevor man überhaupt gelesen hat, was derjenige schreibt, sympathisch. Auch wenn du dich für meinen Geschmack etwas sehr bescheiden gibst, du schreibst kein Hirngespinnst, sondern, wie ich finde, immer sehr schöne, anspruchsvolle und gute Werke, mach dich doch nicht gleich so runter x.x
    Mir sind, obwohl ich im Großen und Ganzen sagen muss, dass du vieles beherzigt und umgesetzt hat, ein paar Kleinigkeiten aufgefallen, die du vielleicht noch berücksichtigen solltest.



    • Das Bild, also das Cover deiner FF, funktioniert leider nicht, weil sich die Seite, auf der sich das Bild befindet, nicht auf der Whitelist der Bilder im BisaBoard befindet. Ich weiß nicht, ob du diese Regeländerung mitbekommen hast, wenn nicht ist ja auch nicht schlimm, jetzt weißt du es. Deswegen solltest du deine Bilder entweder via Anhang hochladen und dann einfügen (was übrigens Erfahrungspunkte bringt *hust*, das weißt du aber nicht von mir *hust*) und dir eine bessere Verwaltung über deine Bilder gibt, als wenn du stur Links angibst. So kannst du auch von deinen Beiträgen aus immer wieder auf deine Uploads zugreifen, was schon ganz attraktiv ist, oder? Außerdem werden Bilder in zwei Formaten angeboten - einer kleineren Vorschau oder der Originalgröße, was ein Argument für das Anhängen ist :3

    • Du hast angegeben, dass du deine Geschichte ab 16 freigeben würdest, du hast berücksichtigt, dass es eine Warnung gibt. Ich würde dir trotzdem empfehlen, sie nochmals genauer hervorzuheben, weil es ja schon relativ wichtig ist, da es im Bereich auch viele Leser unterhalb von 16 Jahren gibt (:

    • Es mag vielleicht Geschmackssache sein, aber mir fehlt noch ein bisschen die Ausführung des Genres. Zwar gibt eine Genreerläuterung immer etwas preis, allerdings kann sie die Geschichte auch so für Leser interessant(er) machen, die die von dir genannten Genre gerne lesen. Hast du außerdem über ein Inhaltsverzeichnis nachgedacht? Du hast ja schon einige Kapitel geschrieben, deswegen wäre eine Übersicht darüber (und später, wenn du möchtest, kannst du noch eine Trivia, also was bisher geschehen ist und von Bedeutung für die Handlung ist, einführen) angenehm für den Leser und vermutlich auch eine Hilfe für dich, weil du ja schon sehr lange Kapitel schreibst - was ich total toll finde! - und so schnell mal viel zu Scroolen hast. Daher wäre eine Liste mit Links zu den Kapiteln ein Vorteil (:

    Alles in Allem hast du schon einen sehr schönen ersten Eindruck auf mich gemacht, besonders dein Klappentext ist spannend, persönlich geschrieben (wie durch den Satz mit der Schwangerschaft beispielsweise gezeigt wird, haha), was mir gefällt und mich, wenn man davon ausginge, dass wir nicht befreundet wären, ansprechen würde, sodass ich deinen Prolog lesen würde. Gut gemacht! :3





    Solltest du bei dem, was ich dir bezüglich des Startposts gesagt habe, Hilfe benötigen, kannst du dich jederzeit an mich wenden, du kannst dich aber auch in diesem Thema ein wenig erkundigen und natürlich die Startposts anderer Autoren zum Vorbild/als Inspiration nehmen.
    Nun aber mal zu deinem ersten Kapitel!

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    Du bist ganz schön doof, weißt du das?
    Ich kenne dich und weiß eigentlich, dass du dich und Dinge allgemein eigentlich relativ gut einschätzen kannst. Wieso unterschätzt du dich aber so sehr? Du hast wirklich einen sehr schönen, bereits gut ausgeprägten Schreibstil, aber dazu komme ich jetzt im Folgenden.
    Die Geschichte, der Prolog, beginnt mit der Schilderung der Umgebung. Diesen Anfang wählen sehr, sehr viele Autoren, gerade wenn es um den Prolog, den Anfang vom Anfang also, geht. Es ist trotzdem nicht langweilig, du beschreibst den Schauplatz sehr detailgenau, du schilderst so auch indirekt deinen persönlichen Eindruck. Für Menschen wie mich wäre die Stadt Safronia bestimmt kein schönes Zuhause, wenn es dort so herzlos zugeht, wie du es schilderst. Die Atmosphäre, die du schilderst, ist zwar bedrückend, dennoch sehr genau, sehr poetisch und gekonnt beschrieben, das gefällt mir gut. Man kann sich leicht in die Großstadt denken, in vielen Filmen/Animes hat man eine solche Stadt, in der sich die Stimmung scheinbar immer im negativen Bereich hält, gesehen und durch deine wundervolle Beschreibung kann man sich wirklich gut in das Geschehen denken. Mir persönlich fehlt aber noch die Schilderung des Geruchs des Regens, vielleicht hast du gemerkt, dass der Regen in der Stadt (und Safronia ist laut dir ja sehr sehr groß) riecht anders, schmeckt anders, als der Regen am Land, dort ist er nämlich deutlich klarer und riecht angenehmer. Vielleicht möchtest du ja noch ein wenig genauer darauf eingehen, das ist aber ein persönlicher Ratschlag und keineswegs ein Fehler :3
    Danach steigst du in die Personenbeschreibung, die ich besser nicht hätte machen können. Du hast einen Mafiaboss beschrieben, wie wir ihn alle kennen, und doch bist du dabei nicht "einfach" geblieben, sondern hast sehr stark ausgeführt, welche Elemente diesen "Bilderbuchmafiosi" ausmachen, ich konnte ihn, auch wenn das richtig kitschig klingen mag, spüren, seine Präsenz umittelbar wahrnehmen und das sollte dir eigentlich zeigen, dass du alles richtig gemacht hast. Wenn man liest ist es nicht immer einfach, dem Geschehen Wort für Wort zu folgen, aber bei dir hat das einwandfrei geklappt, wirklich ein großes Lob an dich an dieser Stelle!
    Du beschreibst auch das kleine Mädchen sehr gut, ich habe Mitleid und einen gewissen Bemütterungsinstinkt empfunden, als ich mir die Kleine so vorgestellt habe, wie du sie beschrieben hast. Und genau deswegen verstehe ich nicht, wieso du dich unterschätzt - viele FFler müssen lange arbeiten, bis sie einen Stil gefunden haben, der derat bildlich und gut vorstellbar, beinahe schon automatisch für den Leser die Arbeit des Denkens übernimmt, ist. Ich weiß, dass du schon lange schreibst und das merkt man dir wirklich an, Liebes, also geh doch nicht gleich so pessimistisch an dein Werk heran, es ist kein Hirngespinnst, sondern eine Handlung, die mir bis jetzt sehr klar und gut vorstellbar erscheint. Klar ist sie außergewöhnlich, aber wer will schon zehmal dieselbe FF in Grün lesen?


    Kurz gesagt finde ich den Prolog wirklich gelungen, er macht genau das, was er eigentlich sollte - die Geschichte spannend, lesenswert für den Leser machen. Du hast durch viele Andeutungen, die man noch nicht wirklich versteht, viele Fragen in den Raum gestellt, die der Leser sich selbst (und dir auch bis zu einem gewissen Grad) beantworten möchte. Das ist eine sehr kluge Taktik um seine Leser zu fesseln, wobei du natürlich immer das gesunde Maß zwischen "unklaren, aber spannenden Andeutungen" und "wirrem Blablabla, das nur Insider verstehen" differenzieren musst, was dir aber gelungen ist.
    Ein wirklich schöner Prolog, ich freue mich schon, mehr von dir zu lesen/zu kommentieren

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    Sooo meine Liebe, fangen wir doch direkt mal mit dem Titel des Kapitels an!
    Ich finde es sehr schön, dass du überhaupt einen Titel gewählt hast, es ist bei weitem keine Pflicht, einem Kapitel einen Titel zu geben, oftmals nummeriert man sie einfach durch, was ich persönlich aber nicht so schön finde - wie bei einer FF selbst kann auch der Titel eines Kapitels sehr viel entscheiden. "The End", zu Deutsch also "das Ende" ist ein wahnsinnig kluger Titel, der Leser hat gerade den Prolog hinter sich und schon konfrontierst du ihn mit "dem Ende". Ein solcher Widerspruch in sich ist ein taktisches sprachliches Mittel und du baust schon vor dem Lesen des Kapitels selbst Spannung auf, selbst, als das Kapitel abgeschlossen ist, erhältst du die Spannung mit dem Wort "Ende", das ja auch für den Tod steht/stehen kann, aufrecht.
    Sprachlich ist mir zuerst aufgefallen, dass du die Perspektive/Person gewechselt hast. Wo wir vorher noch bei einem mehr oder weniger persönlichem Erzähler waren, sind wir nun bei der Ich-Perspektive des jungen Mädchens. Du hast einen geschickten Zeitsprung eingebaut, der kein wirkliches Hindernis ist und beim Lesen auch nicht stört, meinem Geschmack nach ist es sehr interessant, das erste Kapitel einige Zeit nach dem Prolog stattfinden zu lassen, das hat etwas von "Vorgeschichte" und "grundlegenden Ereignissen" die dein Prolog ja auch offensichtlich dargelegt hat (:
    Was mir außerdem aufgefallen ist, ist dein kleveres Setzen von Absätzen. Ich hatte früher starke Probleme damit, du bekommst das super hin, es ist übersichtlich, obwohl du verhältnismäßig viel schreibst. Außerdem beginnst du die Absätze ähnlich - es herrschen kurze Zeiträume zwischen den Absätzen, die du klarstellst, indem du den Ort, die Personen oder einfach die Zeit genauer beschreibst, dadurch fließen die Absätze sehr schön ineinander über und keiner geht unter, gut gemacht!
    Was mich allerdings ein bisschen ... sagen wir verwirrt hat - du treibst die Spannung nicht so hoch, wie du es könntest. Die Kampfszene ist wirklich gut geschrieben, verstehe mich da bitte jetzt nicht falsch, aber ich finde, du hättest den ganzen Teil weiter hinauszögern können, so wäre es für den Leser nicht so schnell gegangen, wie es letztendlich der Fall war. Du hast an sich alles richtig gemacht, aber ich finde, dass du die Details, kurze Handbewegungen, die du schon angedeutet hast, weiter hinauszögern hättest können, oder, als zweite Option, mehr Gedanken und Gefühle zu diesem Geschehen einbauen können. Für mich wirkte das Mädchen nämlich nicht so ganz geistesgegenwärtig, eher ziemlich abgelenkt, was ein wenig ... unlogisch ist, wenn man gerade angegriffen und verletzt wird, oder?
    Ich habe es bereits zum Prolog gesagt - du hast eine schöne, harmonische Art zu schreiben und zu beschreiben und ich finde, dass du deinen Stil schon sehr gut beherrscht bzw sogar schon für dich gefunden hast, das freut mich für dich und es wird schön sein, dich weiterhin darin wachsen zu sehen! (:


    Das wär's dann auch schon fürs Erste!


    Mave over and out ♥ [/tabmenu]

  • Omg, wenn ich meinen Kommentar mit @Mave vergleiche, fühle ich mich ganz schäbig und klein D=


    Ich bezieh mich mal auf Titel, Startpost und Prolog. =)
    Der erste Teil des Titels gefällt mir ehrlich gesagt besser. Obwohl "My very own fate"... Ein Titel sollte relativ knapp sein. My Fate. My Own Fate. Füllwörter sind im Text vollkommen okay, aber im Titel selbst stört mich persönlich das very. Klar, das was du ausdrücken willst, sickert durch, klingt aber nicht so griffig. ^^ Der Untertitel ist eine rhetorische Frage, die iwo gut klingt, aber etwas Spannung aka Selbstsicherheit desjenigen nimmt, dessen Schicksal es ist. Naja, und sie ist lang. Der Untertitel ist ein ganzer, für einen Titel langer, Satz. Spontan fällt mir ein: My Fate - I'd wish to / can / want to change (it). Ein Titel muss in seinem Satzbau nicht unbedingt in sich grammatikalisch korrekt sein. Es sind auch Halbsätze zum Basteln erlaubt. ^^


    Der Startpost ist dafür sehr griffig, obwohl mir die Charas etwas fehlen *g*
    Jedenfalls erschlägst du uns nicht mit tausenden Worten an Einleitung, das gefällt mir. Du kommst gleich zu dem, was wichtig ist: Die Geschichte.
    Und der Klappentext zu eben dieser ist ironisch-lustig. Das macht richtig Freude und hindert die Leser, zumindest mich, daran wieder wegzuklicken. =)
    Die Handlung klingt ja schließlich auch sehr interessant.


    Der Prolog sagt mir sehr zu. Was deinen Schreibstil angeht, stolpere ich persönlich ab und zu, aber unten dazu mehr.
    Mir gefällt die Handlung. Sie ist untypisch, wir kriegen einen der bekannten Schurken vorgestellt. :D Und sie ist eben sehr spannend. "Das verspricht eine gute Geschichte zu werden", flüstert der Prolog. Da freu ich mich das, was du dir ausgedacht hast, und auch dein Mädchen besser kennenzulernen. ;)


    Was ich noch zu sagen habe, hm...
    Bitte verwende keine Synonyme. Zumindest keine solche wie "der Braunhaarige". Das ist diese Internetkrankheit, die man in Büchern nie findet. Der Name, er/sie, sein/ihr Freund, sein/ihr Bruder, sein/ihr Schwarm, der (Beruf) wasauchimmer sind viel bessere Synonyme, als diese konstruierten Worte, die nie jemand in Real denken würde. ^^ Seien wir ehrlich, niemand denkt "der Bemantelte". ;)
    Wenn du ein Synoynm finden willst, wirst du bestimmt ein bedeutungsvolleres Merkmal als die Haarfarbe finden. Oder den Mantel.
    Ist die Figur dem Erzähler fremd, ist das etwas anderes. "Schau", sagte er. "Das brünette Mädchen da drüben. Die im grünen Kleid. Die schaut die ganze Zeit zu dir rüber."


    Manchmal formulierst du etwas kompliziert. Ich geb dir mal ein Beispiel.

    Zitat

    Das Mädchen richtete ihre obere Körperhälfte schnell auf, zögerte aber zu fliehen.


    Also ihren Oberkörper? ;)
    Einfaches kompliziert so umschreiben hat eher den Eindruck von Beamtendeutsch, oder als würdest du eine wissenschaftliche Arbeit schreiben wollen.


    Zitat

    Es war eben ein typischer Herbsttag, an dem die meisten Menschen in ein Regencape gehüllt waren oder ihre Kapuzenjacken tief ins Gesicht gezogen hatten um trocken zu bleiben, da der Wind ständig die Richtung änderte und es so stark regnete, dass sich über den Gehwegen ein leichter Wasserfilm gebildet hatte, bevor das kühle Nass zu den Bordsteinen der stark befahrenen ,asphaltierten, Wegen floss und in die Kanalisation verschwand.

    *schenkt dir eine Packung Punkte* Oh bitte, setz da mindestens zwei Punkte rein. *g* Ich weiß, dass man es da manchmal übertreibt, aber solche Sätze lesen sich besser, wenn sie geteilt werden. ^^


    LG Bastet x3

  • Recover and Decide


    Es war das beruhigende Lächeln des Champs, das mich schließlich auch dazu verleitete, mit dem Weinen aufzuhören und seiner Stimme zu lauschen. Er mochte vielleicht jemand sein, der viel nachdachte, aber seine Worte klangen so unbedarft und fast schon naiv, dass ich daran zweifelte, was man mir früher über ihn erzählt hatte.


    „Du wolltest also mit der Sache bei mir einen Stein im Brett haben, sodass ich dir helfe, deine Mutter zu retten, nicht wahr? Dafür hättest du dich nicht in Gefahr bringen müssen. Selbst, wenn ich nicht der Champ wäre, hätte ich dir geholfen.“, erklärte er kurz seinen Standpunkt und ich atmete erleichtert auf, hatte aber trotzdem ein komisches Gefühl. Team Rocket und das Heim haben mir beigebracht, dass man niemals etwas umsonst bekommt, und das fast mein ganzes Leben lang. Man konnte nicht auf Andere hoffen, wenn man nichts dafür zurückgab. Im Leben kam man besser zurecht damit, als wenn man immer in der Schuld des anderen blieb, doch das schien er anders zu sehen, wie sein Blick vermuten ließ, mit dem er wahrscheinlich meine Gedanken gelesen hatte. Das hatte ich mit einem Schielen in seine Richtung bemerkt, ehe er weitersprach.


    „Als erstes musst du dich erholen, und zwar nicht nur von dem Messerstich, sondern auch von dem Straßenleben. Am besten, du ruhst dich erst mal noch eine Woche hier aus und der Polizist bleibt bei dir, um sicherzugehen, dass dir nichts passiert. Danach sehen wir weiter. Du wirst wahrscheinlich von der Polizei befragt werden, wo das Heim steht und wie der Vorstand aussah. Wäre das in Ordnung für dich?“, schloss er schließlich mit einer Frage, als die Tür aufging und der Arzt mit einem Tablett zu mir kam und es auf den kleinen Tisch stellte, der an meinem Nachttisch angebracht war. Es gab zwei Brote mit Wurstbelag und eine Art Kakao, der anscheinend einen hohen Brennwert hatte, um Energiereserven wiederherzustellen. Natürlich war die Wurst nicht echt, sondern synthetisch wie die meisten, die in den meisten Haushalten, Restaurants und überhaupt gegessen wurden.
    Noch vor der technischen Revolution gab es hundert Jahre vorher die biologische Revolution, mit der es möglich war, Fleisch und andere pokemonische Produkte wie Fisch herzustellen, das wie das Pokemon selbst schmeckte. Inzwischen hatte diese Art von Nahrung sich eingebürgert, nur in den ganz edlen Restaurants gab es zu hohen Preisen echtes Fleisch.


    Als der Arzt verschwunden war, nahm ich einen Schluck von dem Getränk und verzog angewidert das Gesicht, dass Siegfried schmunzeln musste, was wiederum mich zum Grinsen brachte. So ein zuckriges Zeug hatte ich noch nie getrunken, aber anscheinend musste es sein. Der Champ wiederholte seine Frage noch einmal, was mich schlucken ließ. Man hatte mich noch nie gefragt, ob ich etwas so wollte oder nicht – zumindest nicht so ernsthaft wie Siegfried – und allein schon das genügte mir, um ihm schließlich zustimmend zuzunicken. Er lächelte, blieb allerdings sitzen und sah mir beim Essen zu, was ich etwas merkwürdig fand, sodass ich meinen Blick zum Fenster wandte, nur um dort überrascht zu werden.
    „Libelldra!“, rief ich fröhlich aus und war schon fast aufgestanden, bevor mich mein Besucher davon abhielt und mich bat, es doch etwas langsamer angehen zu lassen. Ich merkte, was er meinte, als meine Augen mir vorschwindelten, dass es auf einmal drei von seiner Sorte gab, als ich meine Beine über den Bettrand hielt.


    Als ich schließlich mit seiner Hilfe doch noch aufstand, erkannte ich erst, dass es mir anscheinend wirklich nicht so gut ging. Warum war mir das gestern nicht aufgefallen, als ich nach einer Unterkunft gesucht habe?
    Der Champ half mir, das Fenster zu öffnen und kurz darauf, streckte die schuppige Drachendame ihren Kopf zu mir herein und ließ sich ausgiebig von mir streicheln.
    „Sie ist wirklich ein schönes Pokemon, außerdem gut trainiert und benimmt sich ausgezeichnet.“, lobte er sie und ich drehte mich mit einem Grinsen zu ihm um.
    „Na, wenn ein Drachenmeister das zu meinem Partner sagt, muss es wohl stimmen, es sei denn, er sagt das zu allen Drachen, weil er alle mag.“, meinte ich lachend und er stieg mit ein. Es war ein herzliches, warmes Lachen ohne Zwietracht oder der Aussicht, böses zu verrichten. Das war etwas Neues für mich, wie so vieles, aber ich beschloss, es ruhig anzunehmen. Siegfried war wirklich nicht der Mann, der hinterhältig und machtgierig war, er meinte seine Freundlichkeit genau so, wie er sie ausübte. Außerdem, wenn Mama und ich später in eine andere Region reisen würden, ein neues Leben beginnen, dann müsste ich zwar noch immer auf der Hut sein, aber ich würde auch gern Freundinnen finden und dabei half diese Eigenart nicht. Ich konnte hier also schon mal üben.


    Nachdem ich Libelldra erklärt hatte, dass es mir einigermaßen gut ging, bestand der Champ darauf, dass ich mich wieder hinsetzte. Mein Drache wirkte enttäuscht, dann jedoch lenkte die orange - gelbe Flugechse sie ab, indem sie gemeinsam ein wenig spielten. Während ich aß, betrachtete ich dieses Schauspiel ruhig, bevor mir eine drängende Frage einfiel, die ich Siegfried immer noch stellen wollte. Irgendwer musste solange, wie ich hier war, dafür sorgen, dass Libelldra gefüttert würde. Doch dieser lächelte wieder und gab mir damit zu verstehen, dass er sich um sie kümmern würde.


    Im Laufe der Woche, die ich im Krankenhaus verbringen musste, wurde ich, wie schon erahnt, von den Polizisten befragt, die allerdings meine Vermutung, das Heim wäre nach meiner Abreise verlassen worden, bestätigten. Team Rocket war nicht dumm und riskierte auch nicht, dass jemand aus den Leuten, die uns Kinder betreuen sollten, oder aus uns etwas herausbekäme. Leider konnte ich auch nicht sagen, wo das Versteck lag, in dem meine Mutter einquartiert war, da mir, als ich sie besuchte, eine Augenbinde angelegt wurde. Ich konnte nur die Entfernung einschätzen, und dass es ungefähr von der Hälfte bis zum Dreiviertel der Reise stark nach Salzwasser gerochen hatte.
    Damit konnte man natürlich nicht wirklich viel anfangen, auch wenn mich Siegfried ermutigen wollte. Dank seine freundlichen Art hatte ich schließlich dennoch keine schlechte Laune.


    Am dritten Tag, ich war gerade wieder dabei dieses eklige Zuckerzeugs zu trinken, ging die Tür auf und der Doktor kam herein, wie immer mit einem Lächeln und einer guten Nachricht. Ich durfte mein Zimmer eine Zeit lang verlassen, um unten mit Libelldra ein wenig zu spielen. Natürlich nur im Innenhof und mit Begleitung des Polizisten, mit dem ich die vergangenen Tage oft Karten gespielt habe. Nachts war ein anderer, strengerer Kollege da, der mir erst ein wenig Angst gemacht hatte, aber auch er machte seine Sache gut, soweit ich das beurteilen konnte.
    Beim Aufstehen aus dem Bett unter weniger Schwindel als zwei Tage zuvor fiel mir allerdings eine Sache ein. Es war kalt draußen, ich würde also warme Klamotten anziehen müssen. Nur leider waren sowohl meine grüne Jacke, als auch mein schwarzer Pullover durch die Messerattacke unbrauchbar. Sicher, sie waren schon vorher nicht gerade sauber und komplett gewesen, aber nun waren sie endgültig über den Berg.


    Die eine Schwester, die einen leichten Bemutterungskomplex mir gegenüber entwickelt hatte, war jedoch schon zur Stelle. Nicht nur, dass meine Jeans und meine Stiefel von Dreck befreit waren, als sie sie mir zurückgab, sie hatte auch eine Tüte mit Sachen ihrer Tochter, die diese nicht mehr trug, zusammengestellt, die ich nun anziehen sollte.
    „Ich wusste ja nicht, welche Kleidung du mögen könntest, aber diese hier ist zumindest schön warm, auch wenn sie größtenteils schwarz sind. Meine Tochter war in deinem Alter fürchterlich von dieser Gothikszene angetan, das sind die einzigen halbwegs normalen Sachen, die dir passen dürften.“, erklärte sie mir entschuldigend und auch ich lächelte verlegen, als ich mich mit einem leisen Danke in das anliegende Badezimmer verzog.


    Dort angekommen spürte ich schon, wie einzelne Tränen meine Wangen herunterliefen und wischte sie mir aus den Augen, bevor ich mich mit den Klamotten ablenkte. So viel Nettigkeit war ich einfach nicht gewohnt und es rührte mich, zu sehen, dass es auch andere Leute gab, die nicht so handelten wie die Organisation, die jahrelang versucht hatte, mir eine Familie zu sein.
    In der Tüte war ein schwarzer, knielanger Mantel, der in der Talie einen Gürtel besaß und auch sonst mit vielen Schnallen verziehrt war, ansonsten aber unauffällig. Ich fand auch Unterwäsche und einen Pullover dabei, der aus Strechmaterial gefertigt war und daher eng auf meiner Haut anlag, als ich ihn mir schließlich überstreifte. Dabei fielen mir die vielen Narben auf, die sich über meinen Körper verteilten. Keine war so groß wie der Messerstich und hatte mich damit in Lebensgefahr gebracht, aber ich erinnerte mich an die Schmerzen, ausgelöst durch das harte Training mit den „Erziehern“ des Heimes und auch von meinem eigenen Programm. Die Pokemon, die sie gegen uns hezten, waren zwar meist nur Zubat, Rattfratz oder deren Weiterentwicklungen, aber auch diese hatten fiese Zähne. Als kleines Mädchen, als ich noch in einem anderen Heim in Kanto lebte und dort auch noch relativ neu war, weil ich entgegen aller Tradition die ersten 5 Jahre meines Lebens bei meiner Mutter verbringen durfte, wurde ich dank meiner nicht vorhandenen Fitness erst ziemlich oft gebissen, aber ich lernte dazu. Nachdem ein Rüpel, der sich kurz bei uns einquartiert hatte, seinen Pokeball mit einem Knacklion wütend gegen die Wand geschmissen und die Nutzlosigkeit des kleinen Ameisenlöwen beklagt hatte, trainierte ich außerdem mit diesem, allerdings mehr im Geheimen. Wenn wir im Pokemonkampf geprüft werden sollten, stellte sich mein Pokemon meist schwach, bis es sich eines Tages zu Libelldra weiterentwickelte.
    Hätte ich es so vorgezeigt, wäre es mir weggenommen worden, weshalb ich gelogen und erklärt hatte, dass es mir weggelaufen sei, nachdem sein Pokeball zerbrach.
    Ich schüttelte noch immer ein wenig geistesabwesend den Kopf, als ich fragende und besorgte Stimmen aus dem Nebenraum hörte und erklärte, dass alles in Ordnung sei.


    Sekunden später stand ich in dem grauen Pullover, der dunkelblauen Vintagejeans, meinen schwarzen Stiefeln und dem düsteren Mantel vor dem Polizisten und der Schwester. Gestern hatte ich außerdem alleine duschen dürfen, sodass auch meine Haare und mein Körpergeruch frisch waren.
    Dann erst machten wir uns auf dem Weg zu meinem Drachen, der schon ungeduldig auf uns wartete. Am Ende des Weges rannte ich beinahe und als die ersten Sonnenstrahlen mich trafen, warf ich mich in die dünnen, aber kräftigen Arme meines Libelldra, dass mich eben so freudig gerufen hatte.
    Sie mochte Siegfried zwar, der jeden Morgen und Abend hier vorbeikam, um mich zu besuchen und Libelldra herzubringen oder mitzunehmen, aber es freute mich auch, dass sie mich anscheinend noch als Trainer akzeptierte. Ihre Wunden, die eh nur oberflächlich durch ihre Schuppenschicht gedrungen waren, waren schon wieder verheilt und ich wurde den Verdacht nicht los, dass auch da der Champ Abhilfe geleistet hatte.


    Als ich gerade mein Abendbrot serviert bekam, für das ich mich bedankte, klopfte auch schon der Drachenmeister an die Tür und trat mit einem Lächeln auf dem Gesicht herein. Gab es überhaupt einen Tag, an dem ich ihn noch nicht lächeln gesehen habe? Er setzte sich neben mich, nachdem ich ihm erklärt hatte, dass er mich beim Essen nicht störe. Er erzählte mir von seinem Tag und dem Papierkram, den er zu erledigen hatte und ich lauschte aufmerksam. Anscheinend wohnte er alleine zu Hause und fand es nun ganz nett, jemandem etwas zu berichten, der nicht nur dragoranisch oder ähnlich sprach. Ich tat ihm den Gefallen und nickte hin und wieder, warf manchmal ein kleines Grinsen oder ein paar Worte ein.


    So verhielt es sich auch die restliche Woche und der Arzt sagte, dass ich schon wieder fit genug sei, um nach draußen zu können, also in ein anders Haus. Ein wenig tat es mir schon leid, die Schwester und ihn hier zurückzulassen, aber noch eine viel dringendere Frage stellte sich mir auf: Wo würde ich landen? Ich hoffte, nicht in einem normalen Kinderheim oder etwas Ähnlichem. Schon hier im Krankenhaus erfüllte mich Unwohlsein, wenn ich daran dachte, wie Team Rocket hier eindringen und Schaden anrichten würde. Bei normalen Personen würde es mir auch so gehen.
    Ich saß gerade am Fenster, als Siegfried mit dem Doktor zu mir kam und auch der Beamte sich einen Stuhl heranzog. Aufmerksam musterte ich ihre Gestalten, bevor der Polizist schließlich anfing, zu sprechen.
    „Eigentlich wäre es von Vornerein besser gewesen, dich nach Hoenn oder Sinnoh zu schicken, da wärst du garantiert aus der Gefahr heraus. Wir haben es schon versucht, nur die Zeugenschutzprogramme sind dort momentan zu ausgelastet, als das sie noch jemanden so sicher beschützen können, wie es in deinem Fall sinnvoll wäre. Einall und Kalos haben ein anderes System bei Vergabe dieser Plätze, es muss erst ein Beweis vorliegen und den haben wir anscheinend nicht. Unser eigenes Programm... ist nahe an der Grenze zur Unterwanderung, wir haben einen Spitzel, der aber noch nicht identifiziert werden kann, deshalb wäre es zu riskant, noch mehr Opfer des Team Rocket da unterzubringen.
    Hier im Krankenhaus oder bei einer normalen Familie zu bleiben...das Risiko wäre zu groß für die Umstehenden... du siehst also, es gibt kaum Möglichkeiten, dich sicher unterzubringen.“, erklärte der Polizist an mich gewandt und trotzdem nickten alle. Wahrscheinlich hatten sie das schon vorher unter sich besprochen. Wenn sie eine Lösung gefunden hätten, wäre ich vermutlich vor vollendete Tatsachen gestellt worden, nur hier beruhigte mich, dass die Leute wenigstens Ahnung und anscheinend auch Sorge um mein Leben hatten.
    Ich räusperte mich schließlich, um meinen eigenen Vorschlag zu unterbreiten. Das, was ich eigentlich sowieso vorgehabt hätte.
    „Oder ich verkleide und verstecke mich einfach im Silbergebirge, bis ihr Mama gefunden habt.“, wand ich ein und bekam von allen drei Männern ein entschiedenes „Nein“ zu hören, was mich kurz zusammenzucken ließ, bevor der Beamte erneut das Wort ergriff.
    „Das wäre unverantwortlich gegenüber dir. Du bist gerade erst wieder gesund geworden, das Klima da oben im Winter ist grausam, ganz zu schweigen davon, dass es trotz unseres Agenten ziemlich lange dauern könnte, bis wir deine Mutter da heraushaben.“, erklärte er mir schließlich ruhig und ich nickte verstehend. Sie waren anscheinend nicht bereit, das Risiko einzugehen, mich da oben in den Bergen zu verlieren. Als ich meine n Blick wieder hob, fiel mir auf, dass Siegfried mich gerade unheimlich lange und eindringlich angeschaut hatte und mir jetzt, wo sein Himmelblau mein Smaragdgrün traf, ein neues, verständiges Lächeln zuwarf. Kannten alle Menschen so viele unterschiedliche Weisen zu Lächeln? Ich wusste nicht was er vorhaben könnte, aber der Ausdruck in seinen Seelenspiegeln sagte mir, dass er etwas plante. Doch ziemlich schnell drückte er in Worte aus, was er meinte und schaffte es nun auch, die beiden anderen Personen vom Tisch aufsehen zu lassen.


    „Die Idee mit der Verkleidung ist ziemlich gut. Leider fällt vor allem dein blaues Haar auf. Aber was hältst du davon, wenn du, bis wir deine Mutter gefunden haben, erst mal bei mir wohnst?“, schlug der Champ vor und erntete damit drei verwirrt blinzelnde Blicke, bevor er anfing, sich zu erklären.
    „Naja, Immerhin arbeite ich direkt mit der Polizei zusammen, als Pokemon G- Man habe ich auch schon einschlägige Erfahrungen mit dem Team Rocket sammeln können.“
    „Das mag ja alles richtig sein, aber Sie haben auch den Nachteil, eine Person des öffentlichen Lebens zu sein, bei der es sehr schnell auffällt, wenn ein dreizehnjähriges Mädchen dazukommt.“, erwiderte der Beamte und Siegfried nickte, ergänzte jedoch noch.
    „Vielleicht lockt sie das aber auch in die Offensive, dann könnten wir auch einen direkten Angriff starten, wenn unser Spitzel Informationen darüber weiterleitet und ihnen damit eine Falle stellen.“, fügte der Champ an und der Uniformierte sah nachdenklich aus dem Fenster und erhob sich, schritt ein paar Mal durch den kleinen Raum, der ihm zur Verfügung stand und sah dann mich an.
    „Was sagst du dazu, Miharu? Wir haben nicht viel mehr andere Möglichkeiten.“, wandte er sich schließlich an mich und ich sah den aufmunternd lächelnden Siegfried an.
    Ich überlegte wirklich. Einerseits wäre ich in der Nähe des Geschehens, würde Informationen darüber bekommen, wo meine Mutter war und wäre gleichzeitig in Sicherheit, andererseits wollte ich auch den Champ nicht in Gefahr bringen, immerhin hatte er sich bereits so sehr um mich gekümmert und ich mochte seine Art irgendwie.
    Schließlich nickte ich und versuchte mich an einem Lächeln, bevor ich meine Bedingung einwarf.
    „Aber nur, wenn Sie das nächste Mal zum Joggen ihre Pokemon mitnehmen.“
    Die drei Männer lachten ein wenig entspannt, bevor der Champ noch einmal auf mich reagierte.
    „Du darfst mich ruhig duzen und mich Siegfried nennen, wenn du magst.“, gestand er mir grinsend zu und streckte mir seine Hand entgegen, was ich erwiderte.
    „Einverstanden, Siegfried.“, drückte ich die erstaunlich weiche Hand.

  • Welcome



    Als er das Krankenhaus schließlich verließ, um noch ein paar Einkäufe zu tätigen, lag ein Lächeln auf seinem Gesicht, wenn er an das Mädchen dachte, allerdings lag auch ein sorgenvoller Ausdruck in seinen Augen. Während er auf sein Dragoran stieg und sich in den kühlen Abendwind hinauftragen ließ, musste er an ihre Worte denken und ihren Blick dabei. Sie hatte gesagt, sie würde ihr Leben in den Bergen riskieren und sie hatte es auch so gemeint. Das bereitete ihm Kummer, vor allem, da das seine Theorie bewies, dass Miharu kein Selbstbewusstsein hatte. Wie hätte sie es auch unter Team Rockets Herrschaft aufbauen sollen?


    Während er die Abende mit ihr gesprochen hatte, war ihm klar geworden, dass sie, bis auf ihre Mutter zu retten, keine Ziele hatte. Nichts, was ihr irgendwie Spaß machen könnte. Nicht so, wie die anderen Kinder in ihrem Alter, die sorglos zur Schule gehen konnten, Freunde gewannen und Zuneigung von den Eltern bekamen. Mit einem Biss auf die von der Kälte spröden Lippen musste er sich eingestehen, dass es noch viel mehr dieser Kinder gab und auch, dass es vermutlich Wochen, Monate, vielleicht auch mehr als ein Jahr dauern würde, bis diese Hoffnung Realität wurde. Und genauso lang schwor er sich, auf das Kind aufzupassen und dafür zu sorgen, dass es auch andere Dinge kennenlernte. Das würde ihre Mutter sicherlich auch freuen.


    Schließlich landete er vor dem großen, beleuchteten Kaufhaus der Stadt, das eigentlich, so modern und technisch es aussah, nicht so wirklich in das Bild passte, das von der Tradition geprägt war. Glücklicherweise sahen nur ein paar reisende Trainer ihm lange und mit offenen Mündern nach, die Leute in dem Ort hatten sich schon bald nach seinem Titelgewinn an seine Erscheinung hier gewöhnt. Der Champ suchte zuerst nach Kleidung für das Mädchen, bei der ihm die Krankenschwester gütiger Weise die Konfektionsgrößen aufgeschrieben hatte.


    Siegfried erinnerte sich mit einem Schmunzeln an ihren Blick und das vor Scharm gerötete Gesicht, als er das verkündet hatte. Er hatte sie dann erst damit beruhigen müssen, dass es für ihn völlig in Ordnung war und sie ihm wirklich nichts schuldete. Schlussendlich hatte sie das Gebot dann doch angenommen, allerdings nicht ohne in ihren Kissen zu versinken. Und schon wieder war ihm aufgefallen, wie das Leben bei Team Rocket sie beeinflusst hatte. Sie fand es wirklich sehr merkwürdig, etwas ohne Gegenleistung zu bekommen.


    Einen grauen Pullover von einem Stapel nehmend, sah er sich noch ein wenig unsicher um. Sicher würde er noch mal mit Miharu herkommen müssen, er hatte immerhin keine Ahnung, was ihr gefallen könnte. Vielleicht hätte er seine Cousine Sandra mitnehmen sollen, die sich sicherlich besser mit Klamotten auskannte, als er selbst – vor allem für Teenagermädchen.
    Es wurde schließlich eine Art Grundausstattung aus je drei Pullis und einfachen Tops, zwei Jeans, einer dieser Leggins, einem Jeansrock, der ihm eigentlich ganz gut gefallen hatte, einem Schlafanzug und Unterwäsche, bei der Siegfried allerdings wirklich knallrot wurde. Hoffentlich entdeckte ihn hier niemand und stellte ihn hinterher vielleicht noch als Unterhosenfetischist hin.


    Doch es ging alles gut, die Kassiererin warf ihm ein ehrliches, wenn auch leicht verführerisches Lächeln entgegen, doch er verabschiedete sich lieber mit einem knappen Nicken. Für Frauengeschichten war er wohl der Falsche, wie auch die Massen an unbeantworteter weiblicher Fanpost zeigten. Sicher, er hatte schon die ein oder andere Beziehung gehabt, die meist jedoch wieder auseinander gebrochen waren, weil er sich ständig auf seine Drachen und das Training konzentrierte, oder weil seine Arbeit es ihm schwer machte, viel Zeit in eine Beziehung zu stecken. Aber...war es nicht mit einem Kind genauso? Oder noch schlimmer? Kinder brauchten viel Zuneigung, vor allem solche wie Miharu, konnte er das wirklich garantieren? Er würde seinen Schreibtisch zuhause reaktivieren müssen, mit diesem neumodischen Computer, der selten machte, was er wollte, sie zu wichtigen Treffen und Herausforderungen mitnehmen und dafür sorgen, dass sie in der Schule nicht angegriffen wurde. Diese Gedanken kamen ihm erst jetzt in den Sinn, als er im Supermarkt befand und noch einiges an Nahrung kaufte. Zu Hause waren seine Vorräte eh schon aufgebraucht, weshalb es sich auch lohnte. Mit zwei Tüten in je einer Hand machte er sich schließlich auf den Weg aus der riesigen Kaufhalle, wo sein treues Drachenwesen bis dato umhergeflogen war, um warm zu bleiben.


    Als sie durch die stern – und mondklare Nacht Richtung Süden und dann leicht Richtung Osten flogen, um nach Hause zu kommen, zitterte der Champ ein wenig und war erleichtert, als er das Haus erblickte, das an der engsten Stelle zweier großer Felsvorsprünge lag, die sonst saftigen Wiesen von unberührtem Schnee bedeckt, weil er es vorzog, zu fliegen. Lediglich die kleine Stelle vor seinem Haus und einen Weg zur Scheune, in der seine Drachen ruhten, hatte Siegfried freigelassen. Das rotweiße Haus war größer, als man es von Oben annehmen konnte und auch ein wenig zu groß für den Champ allein, vor allem das großzügig geschnittene Wohnzimmer mit der besten Aussicht durch die große Glasfront zu der Scheune, in der seine Drachen lebten, benutzte er selten, sowie die Terrasse davor. Das konnte man von der Vorderseite aus gar nicht sehen, da das Haus in den Hügel, der sein Plateau darstelle, eingearbeitet war. Durch die breite Treppe hinter dem offenen Eingangsbereich und vor dem offenen Küchen und Essbereich gelangte man dorthin. Doch der Champ nahm, als er die weiße, bis zu seiner Hüfte mit Milchglasfenstern bedeckte Tür durchquert und geschlossen hatte, die Treppe auf der linken Seite, die den Gang in den Keller und das auf dieser Etage liegende Gästezimmer, sowie die Toilette.
    Gleich geradezu lag sein eigenes Schlafzimmer, das einen Balkon hatte und in dem auch sein Schreibtisch stand, weil er vor allem im Winter nicht so viel heizen wollte. Im Gegensatz zu unten, wo die Flächen gefliest und offen waren, bis auf das Gästezimmer und das kleine Bad, waren hier alle Räume mit Parkett ausgelegt, zudem verteilten sich die Zimmer an dem dunklen Flur. Neben dem Zimmer Siegfrieds lag eines der weiteren Gästezimmer, das er wohl für die Kleine zurecht machen würde, gegenüber das große Bad mit separater Wanne und Dusche und einem großen Waschbecken. Es war der einzige Raum, der gefliest war, in einem unauffälligem Grauton und außerdem mit einem blauen Duschvorhang und anderen Dekorationsartikeln, die der Champ von seiner Mutter erhalten hatte, verziert.


    Eigentlich hatte das Oberhaupt der Top Vier schon vorausplanen wollen und deswegen so ein großes Haus gekauft, in dem auch eine Frau und Kinder Platz haben würden. Zwar hatte ihm der kleine Bergsee, in dem sein Garados ruhte, erst ein wenig Sorge bereitet, denn Kinder waren ja neugierig und würden sich nicht so leicht an Verbote der Eltern halten, dort nicht alleine hin und rein zu hüpfen, aber schließlich hatte er doch nachgegeben. Es würde schon alles gut werden.
    Doch es gab bis jetzt niemanden, mit dem er das Haus teilte, dachte er, nachdem alle Nahrungsmittel verstaut waren und er sich daran machte, das große Bett für Miharu zu beziehen. Ob er wohl jemals jemanden finden würde, mit dem er seinen Lebensabend hier verbringen würde? Andererseits war ihm natürlich bewusst, dass es nicht einfach für eine Frau und Kinder sein würde, ihn als Vater zu haben. Er würde sich zwar alle Mühe geben, allerdings saß er oft bis spät nachts an seiner Arbeit oder es forderten ihn vor allen in den Sommerferien viele Trainer heraus, zu den unmöglichsten Zeiten.


    Bei Miharu würde das wahrscheinlich etwas Anderes sein, meinte er und legte die neuen Sachen des Mädchens geordnet in den Schrank, bevor er noch einen prüfenden Blick umher warf. Sie war anderes gewohnt, schlimmeres und würde sich deshalb freuen, dass er sich überhaupt um sie kümmerte. Außerdem war sie schon größtenteils selbstständig, zumindest machte sie den Eindruck auf ihn. Irgendwie würde es schon gut werden meinte der Champ schließlich und schloss die Zimmertür des einen Gästezimmers, ließ die anderen beiden unberührt. Dann setzte er sich an unten, an den Esstisch, der ebenfalls vor einer Glasfront stand. Neben ihm befand sich, leicht abgedunkelt und in edlem Rot die Küche. Manchmal, so wie jetzt, fühlte er sich hier sehr einsam, weshalb er, wenn es wärmer wurde, auch oft bei den Drachen drüben im Stroh geschlafen hatte.
    Nachdem er sich eine Portion gebratenes Brot zum Abendessen gezaubert hatte und diese mit Kräuterbutter bestrich, bevor er sich verspeiste, sah er noch einmal nach den Flugechsen, wobei vor allem Libelldra sich auf den morgigen Tag zu freuen schien. Mit einem Lächeln schlief der Drachenmeister schließlich ein, behütet von den Sternen und dem Halbmond.


    Am Nächsten Morgen stand Miharu schon vor der Tür und umarmte ihr übermütiges Libelldra, das kaum abbremste, als es landete. Das Mädchen trug erneut den schwarzen Strechpullover und ihre blaue Jeans, dazu die Jacke fest zugezogen.
    Bei der Verabschiedung zog die Schwester das Mädchen noch einmal in ihre Arme, was ihr allerdings unangenehm zu seien schien, wie man an ihrem unwilligen Gesichtsausdruck bemerkte. Der Arzt verabschiedete sich mit einem Händedruck von ihr und gab Siegfried noch ein paar Tipps mit auch dem Weg, sowie seine Telefonnummer, sollte sich etwas an Miharus Gesundheitszustand ändern.
    Unsicher und nervös blickte sie den Champ an, der wie immer strahlte und sie ermutigen wollte, als sie auf ihren Drachen in die Stadt flogen.


    Gestern Abend hatten sie die Tarnung noch ein wenig besprochen. Ihre Haare müssten gekürzt und gefärbt, ihre Augen mit Kontaktlinsen bedeckt werden. Sie besuchten eines der umliegenden Kosmetikstudios, um das zu realisieren. Mit einem merkwürdig betrübten Blick sah das Mädchen zu, wie die blauen Locken nach und nach auf den Boden fielen und wie sich danach die Farbe in ihren Haaren verteilte und aufgenommen wurde. Während der Einwirkzeit besprach die freundliche Blondine mit dem Mädchen noch einige Kniffe, wie sie sich ganz leicht anders wirken lassen konnte, indem sie nur wenig Schminke benutzte. Der Champ stand währenddessen an die Wand gelehnt da und schaute durch das große Schaufenster, teils aus Langeweile, teils auch, um nach irgendwelchen verdorbenen Individuen Ausschau zu halten.


    Schließlich war Miharu nicht mehr wiederzuerkennen. Ihre langen, leicht gewellten Haare waren nur noch etwas mehr als schulterlang, außerdem gepflegt struppig, und ihre Augen leuchteten ihm nun himmelblau entgegen, als sie das Geschäft schließlich verließen. Libelldra sah äußerst verwundert aus, als sie ihre alte, neue Trainerin erblickte, erkannte sich jedoch auch schnell wieder, als diese ihre Finger sanft über ihre Schuppen kreisen ließ.


    Als sie zu der Unterkunft des Champs flogen, bemerkte er wiedereinmal, wie sehr dem Mädchen ihr Drache am Herzen lag und wie sehr sie ihm vertraute. Sie flogen nebeneinander durch die kühle Winterluft, ihre Augen waren geschlossen und ihr Körper lag entspannt auf dem der Flugechse. Das sah er bisweilen selten, sogar bei seinen Herausforderern, aber, überlegte er, das Vertrauen zwischen den beiden waren auch durch ihre früheren Lebensumstände begründet, was das Bild, das sich ihm bot, wieder etwas verklärte.


    Kurze Zeit später musste er das Mädchen allerdings aus ihrer Träumerei reisen, denn das Tal, indem sich sein Haus befand, kam in Sicht. Miharu nickte, bevor auch sie in den Sinkflug überging, während der Landung schon einmal das Haus mit den roten Ziegeln und den weißen Außenwänden bestaunte. Siegfried schloss die Tür auf und bat das Mädchen herein, während Libelldra ihr mit einem Laut zu verstehen gab, das alles in Ordnung wäre und sie mit Dragoran mitlaufen würde. Zögerlich und mit großen Augen betrat sie also das Haus, während er sich schon einmal die Schuhe auszog. Unsicher blickte die Kleine die Treppe herunter zum großen Wohnzimmer und hinaus aus der Fensterfront auf die Scheune und den Platz davor, der vom vielen Spielen allerdings schon ganz aufgewühlt war. Schnee und Matsch wechselten sich hier ab, kein Grasfleck vom letzten Herbst dazwischen, war ja auch unmöglich, wenn er hier sonst mit seinen mächtigen Drachen allerlei heftigen Attacken trainierte.


    „Zieh dir erst mal deine Schuhe aus, danach zeig ich dir alles.“, rief der Champ sie aus ihren Gedanken und sie befolgte seinen Ratschlag in Windeseile, bevor er mit ihr durch die Wohnung lief und ihr alles zeigte. Ihr schien ziemlich warm zu sein, den immer wieder lüftete sie mit ihrem Finger ihren Pulli, indem sie ihn am Kragen hochzog.
    „Dir scheint ziemlich warm zu sein. Vielleicht sollten wir die Heizung etwas runter fahren.“, schlug er vor, doch sie schüttelte nur den Kopf, was ihn stutzen lief.
    „Ich gewöhn mich schon irgendwie dran, ist ja dein Haus, da entscheidest du, ob es warm oder kalt sein soll.“, erklärte sie und wieder kam das Oberhaupt der Top Vier nicht umhin, bevor er schließlich doch nachgab und nickte, ihr einen besorgten Blick zuzuwerfen.


    Nachdem sie mit der unteren Etage fertig waren, gingen sie über die Terrasse des Wohnzimmers zu dem Ort, an dem sich die Drachen momentan befanden. Eingekuschelt in viel Stroh lagen dort Dragoran, Knackrack, Glurak, Altaria und Aerodactyl, Garados ruhte im See, wie Siegfried ihr erklärte und sie nickte, während Libelldra erneut Streicheleinheiten erhielt. Fast ein wenig erleichtert nahm er das Lächeln auf ihrem Gesicht wahr, er hatte zumindest einen Ansatz gefunden, den er bei seiner selbst erteilten Aufgabe, ihr neuen Lebensmut einzuflößen, verfolgen konnte.


    Schließlich kamen sie in dem Zimmer an, in dem Miharu für die nächsten Wochen oder sogar Monate leben würde. Der Drachenmeister ging voraus und fing an, zu reden, bemerkte dabei erst nicht, wie das Mädchen hinter ihm mitten im Raum stumme Tränen weinte.
    „Und das hier ist dein Reich. In dem Schrank liegen deine Klamotten, wie schon gesagt, wir werden wohl noch einmal los müssen, um Sachen zu kaufen, die dir gefallen. Das können wir dann ja morgen machen, zusammen mit dem Papierkram für deine..andere Identität und deinen Schulbesuch. Du hast direkten Ausblick zu der Scheune, das heißt, du siehst morgens als erstes dein Libelldra, den See und das Silbergebirge dahinter. Hört sich doch gut an, oder? Wenn du möchtest können wir die Möbel auch noch etwas umstellen und.. ach ja, deine Schminksachen und die Dinge für die Körperhygiene haben wir ja schon im Bad gelagert, nicht wahr?“, redete er weiter, bis ihm das Schweigen und danach das Schiefen auffiel. Umgehend drehte er sich um, hatte nun das große Fenster mit dem breiten Fensterbrett im Rücken, als er sie erschrocken musterte. Ihr Gesicht war nach unten gerichtet, die Schultern hingen kraftlos herunter, die Hände waren zu Fäusten geballt und zitterten.
    „Miharu, alles in Ordnung?“, flüsterte Siegfried leise, wiederholte die Frage später lauter, als ihr Seufzten zunahm und auch ihre Knie anfingen zu zittern.
    Augenblicklich schalt sich der Champ für seine fehlende Einfühlsamkeit. Die ganze Führung durch Haus war sie schon so stumm gewesen, hatte ihn nur von Zeit zu Zeit ein Nicken, ein gemurmeltes „Ja“ oder einen ungläubigen Blick zugeworfen. Nie hatte sie das, was er ihr anbot und als selbstverständlich erachtete, kennengelernt. Er konnte unmöglich erwarten, dass sie das verkraftete.


    Vorsichtig, um sie nicht noch mehr zu verunsichern, trat der Drachenmeister an das Mädchen heran und fasste mit Daumen und Zeigefinger sanft unter ihr Kinn, welches sich sofort erhob und ihn ansah, in Erwartung eines Befehls, oder einer Beleidigung, das musste er in ihren Seelenspiegeln erkennen. Er überwand sich und schüttelte den Kopf, brachte ein Lächeln auf seine Lippen, weshalb Miharu nun den Kopf sinken ließ und ihr Schluchzen noch stärker wurde. Siegfried atmete tief ein und aus, ein wenig traurig darüber, dass sie seine Botschaft nicht verstanden hatte, legte dann aber vorsichtig die Arme um sie, in einem weiteren Versuch.
    Er erschrak kurz, als sich zwei Arme um ihn legten und dabei waren, ihn fast zu erdrücken, zusammen mit dem tränennassen Gesicht, das an seiner Magengrube lag. Vorsichtig strich er ihr über den Rücken und ließ es einfach geschehen, war ein Fels in der Brandung für sie, den sie jetzt brauchte.


    Es vergingen lange 30 Minuten, bis die Tränen des Mädchens mit ihrer Kraft versiegten. Ihre Beine gaben nach einigem Zögern ebenfalls nach, doch der Champ legte seinen Arm unter sie und hob sie schließlich ins Bett, wo er sie zudeckte, dabei noch einmal auf ihr gerötetes, leicht verschmiertes Gesicht sah. Die Erschöpfung war an ihrem ganzen Körper zu spüren gewesen, als er sie hochgenommen hatte, und zwar nicht nur die vom Weinen, auch die, ihren plötzlichen Lebenswandel zu verkraften.
    Mit einem Seufzer richtete sich Siegfried wieder auf, blieb sekundenlang im Rahmen der Tür stehen, bevor das Echo seines Flüstern an ihr Ohr drang und in der Dunkelheit ihrer Ohnmacht verpuffte.
    „Herzlich Willkommen, Miharu.“

  • Huhu @crystal angel :)


    Im neuen Kapitel hast du einen viel flüssigeren Schreibstil, finde ich. =) Miharus Erzählweise ist sehr süß.
    Aber fangen wir an, wo ich aufgehört habe. Mir gefällt, wie sich die Handlung entwickelt hat. Miharu hat auch einen süßen Charakter, ihre Beziehung zu Libelldra ist toll und ich mag diese Vater-Tochter-ähnliche-Beziehung, die hier so zu entstehen beginnt. :)
    (Soso, er hatte einige Beziehungen XD Wir beide wissen, warum das mit den Frauen nicht wirklich etwas wird haha)
    Siegfried kann ich charakterlich noch recht wenig einschätzen, aber mal sehen, was aus ihm wird. Ich mag jedenfalls dieses Beschützende, das er ihr gegenüberbringt. ^^


    Du könntest in dem Teil, in dem sie Siegfried über ihre Vergangenheit erzählt weniger Auslassungszeichen einbauen, sondern mehr nonverbale Interaktion und Gestik. Statt ein paar Auslassungszeichen, schreib doch lieber so etwas wie "Sie stockte", "Sie suchte seinen Blick". Außerdem redet sie in diesem Absatz zu hochgestochen für eine Dreizehnjährige. ^^"
    Es ist auch schade, dass du die lustigen Szenen im neuen Kapitel so kurzfasst. Das sieht so aus, als würdest du dich mit der Handlung beeilen, aber das musst du nicht. Das Einkaufen und das Umstyling finde ich prinzipiell gut gelungen, das zaubert einem auch ein Lächeln ins Gesicht, aber wenn der Dialog vom Umstyling ausgeschrieben wird, wird's noch lebendiger und lustiger. =)


    Was du in den vorigen Kapiteln bitte unbedingt ändern solltest ist der falsch gesetzte Punkt ^^"
    Dieses "Bla.", sagte er. <- Hier gehört kein Punkt hin. Das ist auch eine dieser Internetkrankheiten. In der Schule trichtern einen das die Lehrer ein, dann sieht man, dass es im Internet eben so macht und macht es nach hehe. Aber es ist falsch. ^^"


    Eine Kleinigkeit noch: sie wird für die Anzahl der Kapitel und Geschehnisse relativ oft ohnmächtig. ^^Beim ersten Mal ist es zu verstehen, beim zweiten Mal schläft sie vll. erschöpft vom Weinen ein, aber ist ja nicht direkt eine Ohnmacht. ;)

  • Learn to Learn

    Als ich die Augen aufschlug, war ich einige Sekunden lang verwirrt. Das war weder das Bett aus dem Krankenhaus, noch befand ich mich in irgendeiner Kammer des Team Rocket oder im Heim. Erst als ich die Tränenspuren auf meinem Gesicht spürte, während ich mich aufrichtete, war mir klar, dass ich mich in Siegfrieds Haus aufhielt.
    Ich hatte geweint, heftig. Weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte, wie jemand so... abartig nett sein und das auch noch ernst meinen konnte. Sowas kannte ich nur von meiner Mutter.
    Es war außerdem ungewohnt, nur Socken unter den Fußsohlen zu tragen, weil ich meine Stiefel eigentlich nie auszog, außer zum Schlafen. Hier war das anders. Die Böden sahen aus, wie die Teller, von denen wir Kinder manchmal gegessen haben, wenn wir Glück hatten und jemand sie saubermachen musste, als Strafe. Hier war es außerdem warm genug, um auch ohne Schuhe zu laufen.


    Ein wenig unsicher drehte ich mich weiter und bestaunte den Raum, in dem ich von nun an leben sollte. Er war geräumig, mit weißer Raufasertapete verkleidet, das Bett stand direkt unter einem der Fenster in der einen Zimmerecke, diagonal der Tür. An der Wand, in der die Tür eingelassen war, stand dem Bett gegenüber ein Eichenkleiderschrank, der bis zu meiner Hüfte Schubladen besaß, die jeweils mit Socken, Unterwäsche und Accessoires gefüllt werden sollten, beziehungsweise, die der Champ schon gefüllt hatte. Die Röte stieg mir ins Gesicht, wenn ich daran dachte, wie er solche Sachen aussuchte, dann musste ich kurz lachen bei dieser Vorstellung. Immerhin hatte ich passende Klamotten, die bestimmt ein Vermögen gekostet haben mussten, selbst wenn es keine Markensachen gewesen wären. Aber davon hatte ich keine Ahnung, weil es für mich noch nie etwas bedeutet hatte, wessen Name in meinen Anziehsachen stand, Hauptsache, sie hielten im Winter warm und waren im Sommer nicht lästig.


    Der obere Schrankteil beinhaltete Bügel zum Anhängen von Jacken oder Kleidern, während unten auf Stapeln Hosen, T – Shirts, Pullover und ein Schlafanzug lagen.
    Es dauerte nicht lange und ich musste mir wieder die Tränen verdrücken. Verdammt, Miharu, Beruhig dich doch Mal! Es bringt dir nichts, hier rumzuheulen. Du solltest lieber versuchen, ihm nicht noch mehr zur Last zu fallen und dich nützlich machen. Irgendwas wird es hier doch zu tun geben.
    Ich schüttelte kurz die letzten selbstmitleidigen Gedanken ab, bevor ich die Schranktür schließen und nach unten gehen wollte, um den Ratschlag meiner Vernunft zu befolgen, doch ich blieb an meinem Spiegelbild hängen.
    Mein neues Ich sah mir nervös entgegen, die Wangen gerötet und angestrengt in die Gegend blickend. Die Blässe ihres restlichen Körpers wurde durch die schwarzen Haare noch verstärkt, der Pony war nicht mehr schräg, sondern brav gerade geschnitten, die Augen nicht mehr misstrauisch grün, sondern schüchtern blau. Morgen schon wäre ich auch nicht Miharu, sondern Miriam Nagashi, irgendeine entfernte Cousine des Drachentrainers aus Kanto, die hier in Ebenholz das Handwerk des Drachenzähmens lernen soll. Gedankenverloren wollte ich mir selbst die Hand auf die Schulter legen und sagen, es würde schon alles gut werden, als ich plötzlich das kühle Glas unter meinen Fingern spürte. Ich seufzte kurz, dann schloss ich die von innen verspiegelte Tür und suchte den Weg nach unten.


    Schon, als ich die Zimmertür öffnete kam mir der Geruch von Bratfett aus dem Erdgeschoss entgegen und ich hörte es auch schon bruzeln. Als ich schließlich in der modernen, rot – weißen Küchenzeile stand, begrüßte mich der mit dem Anbraten von Groink – Hackfleisch beschäftigte Champ mit einem Lächeln und fragte mich, ob alles in Ordnung sei.
    „Denke schon... kann ich dir was helfen?“, fragte ich, um uns beide vom Sorgen machen abzuhalten. Schon wieder erhielt ich diesen väterlichen Blick und duckte mich unter ihm hinweg, weil er mir noch unheimlich war, dann jedoch lenkte er ein.
    „Wenn du magst, kannst du das Nudelwasser anstellen und das Salz reingeben. Wenn es dann kocht, müssten nur noch die Nudeln dazugeben. Ich kümmere mich solange um die Soße“, erklärte Siegfried mir und wies jeweils auf den Herd mit der Kochplatte, den Topf und die Nudeln daneben, sowie auf das Regal, wo vermutlich das Salz zu finden war. Ich nickte und ging an die Spüle, die ganz links außen an der Wand platziert war, drehte den Hahn mit dem kalten Wasser auf und füllte ihn ein bisschen mehr als dreiviertel voll, bevor ich den schon ziemlich schweren Behälter zu Siegfried an die Kochplatte trug, ihn dort abstellte und dann das Salz holte.
    „Nimm am besten zwei Teelöffel voll, ich stell solange die Platte an“, sagte der Champ zu mir und ich nahm das Salz und den Löffel seinem Fingerzeig folgend aus den Fächern und streute eine Prise hinein, bevor ich abwartete, um die Nudeln da rein zu tun. Es war ein nicht gerade angenehmes Schweigen, aber es war erträglich, zumindest für mich. Ich wollte ihn nicht über sein Privatleben ausfragen, immerhin ging es mich nichts an.


    Er half mir schließlich beim Nudeln abschrecken und nachdem wir den Tisch gedeckt hatten, aßen wir nebeneinander, noch immer schweigend, bevor er mir erklärte, wo wir morgen noch überall hin mussten. Ich nickte jedes Mal, wenn er mich wieder fragte, ob das auch in Ordnung für mich wäre. Zum einen war in unheimlich dankbar für Siegfrieds Unterstützung und wollte diese nicht verlieren, zum anderen war er ein Erwachsener, dessen Aussagen und Entscheidungen außerdem gut durchdacht klangen, da mischte man sich als Kind nicht ein.


    Nach dem Essen besuchten wir gemeinsam den Stall und kümmerten uns dort um die Drachenpokemon. Zum Anfang war ich noch sehr zurückhaltend. Immerhin waren mir bis auf Dragoran und Libelldra alle fremd und auch sie kannten mich nicht, da war es besser, zu warten bis sie sich auf eigene Faust näherten, was sie dann auch bald taten. Neugierig beschnupperte sein riesiges Glurak meine Schulter und als ich auf Siegfrieds Geheiß schließlich doch die Hand ausstreckte, drückte es seine Nase sanft dagegen, sodass ich mich dann traute, es zu streicheln.
    „Sie sind unglaublich toll“, schwärmte ich gedankenverloren, während ich das Wasser in ihren Trögen ersetzte und der Champ, der gerade mit dem Heu beschäftigt war, lachte und stimmte mir zu.
    „Allerdings. Das sind sie. Wir kennen uns schon fast unser ganzes Leben lang und ich bin wirklich dankbar dafür.“
    „Das glaub ich. Man merkt nicht nur schon ihre Stärke, wenn man neben ihnen steht, sondern auch eure Bindung zueinander, wenn sie dich ansehen.“
    „Danke. Aber ich glaube, da sind wir nicht die einzigen“, lachte er schließlich und zeigte auf Libelldras Kopf, der sich sanft auf meine Schulter legte. Ich streichelte ihr leicht über die Schnauze und versuchte dabei, die Röte in meinen Gesicht zurückzudrängen. Es gab nicht viel, auf das ich zu dieser Zeit viel Wert gelegt habe, aber meine Freundschaft zu meinem Pokemon war so etwas.


    Am nächsten Tag machten wir uns erst mal in die Schule auf. Es war die älteste Schule in ganz Ebenholz City und hatte einen angesehenen Ruf. Hier trug man Uniform, die sich im Wesentlichen auf den Rock, einen Blazer und ein weißes Hemd, oder, um letztgenannte Kombination zu ersetzen, eine Bluse in den Schulfarben. Dazu gab es noch eine Krawatte. Die Farbe des Blazers, der Bluse und des Rocks, royalblau, erinnerte mich irgendwie schwer an den Umhang des Champs, der neben mir durch die Hallen mit den hohen Decken trat. Überhaupt schien hier alles sehr edel und ich fühlte mich irgendwie fehl am Platz. Vor allem, als die Schüler anfingen, mich anzusehen und zu tuscheln. Ich steckte die Schultern zusammen und wollte gerade meine rechte Hand ebenfalls in meinem schwarzen Mantel verschwinden lassen, als der Champ seine Finger vorsichtig um sie legte, mich auf meinen fragenden und nervösen Blick hin wieder anlächelte. Ich fand diese Geste etwas merkwürdig, aber sie half mir, mich auf meine „Arbeit“ zu konzentrieren. Ich war nicht mehr Miharu, sondern Miriam. Und Miriam war selbstbewusst und dabei, neue Kontakte zu ihrem Leben hinzuzufügen, ihre Schulaufgaben zu erledigen und Miharu von den Gedanken an ihre Mutter abzulenken.


    Dann standen wir vor der Tür, die uns ins Zimmer des Direktors führen sollte. Die Sekretärin hatte uns sofort, nachdem sie Siegfried erkannt hatte, versichert das wir gleich einen Termin bekommen würden und danach angefangen, hektisch zu telefonieren. Ich nehme an, sie wird die Termine verlegt haben, die heute Morgen anstanden, um für uns Platz zu machen. Und mit einem Blick auf Siegfried, der mir wieder ein Grinsen zuwarf, wusste ich, dass er wohl das Gleiche dachte. Vielleicht dachte er auch, dass die Beliebtheit, die uns bei den letzten Einkäufen eher hinderlich war, da dauernd irgendwelche Trainer Tipps und Hilfestellungen von ihm wollten, jetzt einmal nützlich war. Was auch immer es gewesen war, ich lächelte zurück, als sich die Tür öffnete und uns jemand, den ich als korpulentes, glückliches Lebkuchenmännchen beschrieben hätte, wäre er nicht in der Nähe, die Hände reichte.
    „Ah, Sie müssen Herr Nagashi und.. Miriam sein. Freut mich, dass sie unserer Schule einen Besuch abstatten“, sprach wohl der Direktor der Schule fast feierlich aus und gab uns beiden die Hand. Er war fest, wenn auch etwas verschwitzt.
    „Ja, das sind wir, freut uns ebenfalls, Herr Kami.“, ergänzte Siegfried die höfliche Vorstellungsrunde, während uns das Lebkuchenmännchen, Entschuldigung, Herr Kami, an seinen Schreibtisch führte und uns setzten ließ. Wir schlugen beide das Angebot eines frischen Wassers aus und er fragte uns nach unserem Anliegen.
    „Wir möchten, dass Miriam so schnell wie möglich an ihrer Schule angemeldet wird und am Unterricht teilnimmt, da wir schon viel Gutes über diese Bildungseinrichtung gehört haben. Sie ist eine entfernte Cousine aus Sinnoh und möchte hier in unserem Clan den Umgang mit Drachen perfektionieren. Deswegen müsste sie über einen längeren Zeitraum hier zur Schule gehen“, erklärte mein „Cousin“ und der Schulleiter nickte begeistert, bevor er selbst ansetzte.
    „Haben Sie keine Sorge, Herr Nagashi, wir haben genug Platz in den Klassen, um die Bereicherung durch Miriam wahrzunehmen. Natürlich wird sie hier zur Schule gehen können. Welche Klasse hatten Sie für sie vorgesehen?“, fragte er und brachte den Champ damit dazu, mir einen fragenden Blick zuzuwerfen. Ich rechnete selbst im Kopf zusammen. Bisher bin ich in die siebte gegangen, hatte mich da aber in einigen Fächern ziemlich gelangweilt. Zum Beispiel in Geographie, in Sport, Geschichte und ich meinen Fremdsprachen. Latin und Fränkisch. Allerdings war ich noch nie eine Leuchte in Mathe gewesen, oder in den Naturwissenschaften, vor allem nicht in Physik. Sicher, irgendwie bin ich immer durch gekommen, aber es interessierte auch keinen, wenn nicht. Vielleicht sollte ich einfach die Wahrheit sagen.
    „Bis jetzt bin ich in die Siebte gegangen, weil ich spät eingeschult wurde, aber da war ich in Latin, Fränkisch, Sport, Geschichte und Geographie gut, Wobei ich in Mathe, Physik und den anderen Naturwissenschaften ziemlich abgestu... schlecht war“, korriggierte ich mich selbst auf den geschockten Blick des Direktors und blickte entschuldigend zu den beiden Erwachsenen. Was konnte ich den dafür, dass sich die Worte einfach in meinen Wortschatz und meinen Mund geschummelt hatten?


    Schließlich nickte der Direktor aber und fing erneut an zu reden, diesmal etwas beruhigter und so, dass man ihm seinen Beruf auch abnahm.
    „Nun, das wird kein sonderliches Problem sein. Hier in Johto fängt die Spezialisierung auf ein oder zwei Fachrichtungen relativ früh an. Wir könnten dich also in die gesellschaftswissenschaftlichen Kurse schicken und die Sprachen als zweite Präferenzrichtung eingeben. Mathe wirst du damit zwar nicht los, dafür aber die Naturwissenschaften und Sport wäre auch noch möglich. Dazu muss ich allerdings anmerken, dass es auch im Sport Wahlmöglichkeiten gibt. Es gibt Kampfsportklassen, Pokemonkampfklassen, Ballsportklassen und Vieles mehr. Davon muss man allerdings auch zwei wählen und die Stundenzahl ist höher als an normalen Schulen. Das war an dieser Schule schon immer so, weil wir mit der Geschichte eures hochangesehenen Drachenclans in Verbindung bleiben wollten und die Nachkommen des Clans unterstützen wollten. Herr Nagashi, Sie werden sich doch noch an meinen Vorgänger erinnern, der Sie sogar selbst unterrichtet haben müsste, nicht wahr?“, fragte er schließlich und Siegfried nickte, während ich auf dem Stuhl zusammensank. Na toll. Und nun gibt sich eine kleine Diebin als Nagashi aus und später wäre die Schule bestimmt nicht mehr so erfreut, den Drachenclan zu unterstützen. Mit einem Seitenblick wandte ich mich an Siegfried. Unter so einem Druck aufgewachsen zu sein und schon damals mit der Popularität umgehen zu müssen, war bestimmt nicht einfach.


    Das Lebkuchenmännchen fuhr in seinen Ausführungen fort und reichte mir schließlich einen Zettel, auf dem ich meine Wünsche eintragen sollte. Ich folgte seinem Vorschlag und schrieb mich für Geschichte, Geographie und Sozialkunde, sowie für Densch, Enisch und Mathe, die drei Pflichtfächer, Fränkisch und Latin und zu guter letzt Sport, wo ich nochmal die Kampfklasse als erste Richtung einschrieb, bevor ich Pokemonkampf als zweites eintrug. Beides waren Fähigkeiten, die ich so trainieren konnte, ohne das es viel Wirbel machte, wie auch schon meine ganze Geschichte. Ich wollte viel trainieren, denn nur so konnte ich zumindest einen kleinen Widerstand leisten, sollten irgendwelche Typen vom Team Rocket mich entdecken und mich entführen wollen.


    Der Direktor mit der Knollnase gab meine Wünsche in den Computer auf seinem Schreibtisch ein und wartete auf die Ergebnisse, während ich mich umsah. Hier hingen viele Bilder von öffentlichen Veranstaltungen, auf denen Schüler etwas aufgeführt haben, die Auszeichnungen einzelner Schüler und ganzer Klassen waren in einer Vitrine verborgen, die jedoch von den Bildern überklebt waren, die Schüler, Lehrer und anderes personal zeigte. Es waren auch einige Flyer für Blutspenden oder Benefiztläufe, soweit ich das erkennen konnte. Anscheinend ein sehr schülerorientierter Direktor.


    „Ah, na das passt ja alles hervorragend. Wir haben für dich eine Hauptklasse gefunden. Die 8c würde sich sehr über deinen Besuch freuen. Sie ist eine der kleineren Klassen und mit den meisten Schülern hast du auch andere Präferenzen zusammen. Das wird dir bestimmt helfen, Kontakte zu knüpfen. Wenn du möchtest, kannst du schon morgen mit in den Unterricht gehen“, sagte Herr Kami und ich nickte. Bestimmt wäre es Siegfried lieb, wenn er nicht den ganzen Tag Beschäftigungstherapie für mich spielen musste. Auch wenn er mich jetzt besorgt ansah und ich wusste vermutlich auch warum. Die Kampfklasse in Sport. Das würde ziemlich anstrengend werden können. Um ihn zu beruhigen versuchte ich mich auch an einem Lächeln und schließlich gab er es unsicher zurück. Ich würde ihm nachher sagen, dass es für mich in Ordnung wäre, weil ich solche Behandlung schon gewohnt war, das käme vielleicht nicht so gut, wenn ich es vor meinem Schuldirektor aussprach. Der Typ sah eher aus wie ein fröhlicher Optimist, der das beste für Kinder wollte, so was kannte ich bis jetzt nicht, und ich wollte seine Illusion nicht zerstören, wenn ich ihm sagte, das irgendwo kleine Kerlchen leiden mussten.


    Es gab für mich dann also den ausgedruckten Stundenplan, eine Karte, mit der ich mir gleich meine Uniform abholen sollte, einen Lageplan und eine Broschüre mit Freizeitangeboten. Siegfried hatte einige Zettel bekommen, in denen er Nummern eintragen sollte, wenn mir etwas passierte und allgemeines Zeug. Dann verließen wir den bunten Raum und gingen gleich hinunter in den Keller, in der die Klamotten verteilt wurden. Es war hier unten ein wenig verwinkelt und auch dunkel, wenn die künstliche Beleuchtung nicht eingeschaltet war und es gab viele kleine Räume, die wohl einerseits als Aufenthaltsorte während der Pause genutzt wurden, andererseits auch für die AG's, sodass wir uns schon bald verlaufen hatten. Immer unbenutzter sahen die Räume aus und die Lichter wurden immer spärlicher, sodass wir beschlossen, den Rückweg anzutreten. Als ich im Begriff war, mich umzudrehen fiel mir jedoch ein lebendiger Schatten auf, der am Ende des Ganges stand, auf das wir uns bis eben zubewegt hatten. Ein Teenager, ungefähr zwei Jahre älter als ich, in einen ähnlichen Mantel gekleidet wie ich, stand an die Wand gelehnt da und schaute uns misstrauisch entgegen. Seine Augen ließen, als ich das erste Mal hineinblickte, mein Herz einfrieren. Silber. Durchdringend. Trotzdem wirkte es so, als würde er durch uns schauen, obwohl er uns aufmerksam musterte. Seine blasse Haut wirkte durch das gedimmte Licht aus dem kleinen, über seinem Kopf liegendem Fenster fast weiß und sein Körper wirkte kräftig, wenn er auch dünn war. Und angespannt, als ob er gleich zum Angriff oder zur Flucht übergehen wollte. Als er den Kopf ein Stückchen anhob, um uns besser sehen zu können, glitt sein nachtfarbenes Haar von seinen Ohren und offenbarte einen eigentümlichen Ohrring, der die Form eines Zahnes, oder nein, eher einer Klaue hatte. Seine Arme vor seiner Brust verschränkt stand er da, wohl in seiner Ruhe gestört und sah uns an, fragend. Siegfried hatte wohl bemerkt, dass ich ihm nicht gefolgt war, denn seine Schritte kamen wieder näher, bis er bei mir stehen blieb. Er schien den Fremden auch entdeckt zu haben.


    „Ähm, entschuldige uns Bitte, wir suchen die...die Schulschneiderei. Könntest du uns bitte den Weg zeigen?“, erwiderte er und ich hörte ein wenig Nervosität heraus. Konnte ich verstehen. So jemandem mochte man eigentlich nicht in einer dunklen Gasse – oder hier einem dunklem Keller – begegnen, eigentlich gingen meine Alarmsignale auf Hochtouren. Eigentlich. Komisch, dass ich noch nicht losgelaufen war. Lag es an Siegfried? Oder lag es daran, dass der Unbekannte einen einschüchternden Blick drauf hatte? Würd ich mir gerne zeigen lassen. Aber nicht von ihm, oder doch? Unter dem Mantel konnte ich seine Hose erkennen, die in Royalblau gefärbt war, also war er ein Schüler. Und der erste, der mir nicht ins Ohr brüllte oder mich komisch ansah, während ich über den Schulhof lief. Sein „Revier“ hier unten gefiel mir auch. Wäre vielleicht gar nicht so sinnlos, sich mit ihm gut zu stellen.
    Als er, wohl nach einigem Überlegen, doch auf Siegfried Frage reagierte, bekam ich eine Gänsehaut. Es lag nichts drohendes darin, sie war nur... kalt, emotionslos, gebrochen? Miharu, das bildest du dir nur ein, er ist wahrscheinlich einfach nur genervt, das wir ihn hier gestört haben, und wollte uns deshalb loswerden. Während er sprach, kamen auch seine leicht spitzen Eckzähne zum Vorschein und spätestens jetzt kam mir der Begriff „Vampir“ in den Kopf. Aber ein richtiger Vampir, ohne Glitzer, aber das verdrängte ich schnell wieder.
    „Den Gang bis zum Ende entlang, dann den ersten Gang rechts, dann wieder bis zum Ende und dann den dritten links.“


    Als wir den Gang verließen sah ich noch einmal nach hinten. Auf Siegfrieds Dank hatte der Fremde schon gar nicht mehr reagiert und auch mein Blick schien stumm an ihm abzuperlen – im Gegensatz zu seinem bei mir. Ich konnte immer noch das merkwürdige kribbeln spüren, dass sich über meinen Körper ausbreitete.


    Dank dieser Wegbeschreibung kamen wir auch schon bald bei der Schulschneiderei an. Eine junge Dame, mit Maßband um den Hals lief sofort auf uns zu und begrüßte uns, stellte sich als Tinette vor. Sie hatte gerade einen orangenen Stofffetzen in der Hand, den sie anscheinend an ein Dragorankostüm nähen wollte, doch sie legte ihn auf den hellbraunen Holztresen ab und ging zu dem großen Regal voller Hemden, Hosen, Röcke, Blusen, Krawatten. Ein letzter, musternder Blick, dann half ihr ein Psiana dabei, die passenden Kleidungsstücke für mich zu holen. Ich breitete die Arme aus und die Sachen wurden darauf abgelegt, bevor ich in die Umkleide gebeten wurde.
    Die Bluse gefiel mir nicht wirklich, sodass ich sie zusammen mit dem Rock als erstes anzog. Dieser hatte einen schwarzen Streifen und hatte kleine Falten in Längsrichtung. Er ging bis knapp übers Knie und ich wusste jetzt schon, dass ich immer eine Leggins drunterziehen würde.
    Tinette schien irgendwie erleichtert, als ich sagte, dass mir die Bluse nicht wirklich gefiel und nickte, bevor ich zurückging. Sie schien diesen Job wirklich zu mögen.
    Ich zog das Oberteil wieder aus und knöpfte das weiße Hemd zu, bevor ich den ebenfalls royalblauen Blazer überzog und in der Tailie zuknöpfte. An den Ärmeln und am Unterrand gab es je einen schwarzen Streifen, breiter als der am Rock, den ich immer noch trug. Irgendwie gefiel mir das besser, obwohl ich mit der Krawatte in der Hand nach draußen ging, weil ich sowas noch nie zugemacht hatte. Tinette zeigte mir ein paar Kniffe und ich probierte ein paar Mal selbst, bis es einigermaßen klappte. Aber ansonsten schien die Frau, die ihres Akzentes vermutlich aus Kalos stammte, begeistert zu sein und auch im Spiegel gefiel ich mir eigentlich recht gut, obwohl der Rock wirklich ungewohnt war. Zu Hause... nein, beim Team Rocket hatte ich meist auch nur Hosen getragen und noch nie hatte ich ein Kleid angehabt. Aber das war die alte Miharu. Jetzt gab es neben der neuen Miharu auch noch Miriam und die würde sich schon daran gewöhnen.
    Nachdem ich wieder in meiner Jeans und meinem Oberteil waren und meine Stiefel wieder anhatte, gab mir Tinette die Sachen und ich versprach, vorbeizukommen, wann immer ein Problem mit ihnen bestünde.
    Ich blickte der Schule ein wenig gedankenverloren nach, als wir … nach Hause flogen. Immerhin würde dort mein neues Leben so richtig beginnen. Ich konnte Freunde haben, trainieren und – wenn ich Siegfried schon an der Backe hing, wenigstens gute Noten mit nach Hause bringen.

  • @crystal angel
    Hier ist nun endlich dein Kommentar. <3
    Ach, bei dir isst man auch Pokemon? x)
    Ich mag das Mädchen <3 Sie ist reif für ihr Alter, denkt daran, dass sie gute Noten nach Hause bringen sollte, wenn er schon so entgegenkommend ist usw., was sich sehr angenehm liest. Bei diesen Mädels, die so einen Rotzgörencharakter haben, der schließlich auch noch als cool dargestellt wird, krieg ich die Krise. :D Daher finde ich, dass sie dir wirklich gut gelungen ist. Miharu... äh Miriam, äh... ist an sich auch sehr glaubwürdig und dabei richtig sympathisch, eben weil sie sich dankbar zeigt und so...
    Wie immer liest sich ihre Ich-Perspektive sehr flüssig, die Worte, die sie verwendet, klingen für ihre Erzählperspektive glaubwürdig und ich glaube, es liest sich noch flüssiger als zuvor. <3 Bei wenigen Sätzen musste ich etwas stocken, habse aber leider nicht parat.
    Ich bin gespannt, was das für ein Typ ist? ôo


    Mein einziger, kleiner Kritikpunkt ist, dass die Namen einfach nicht zusammenpassen. Warum muss sie sich einen deutschen Namen aussuchen und warum trägt Siegfried seinen deutschen Namen, wenn sein Nachname japanisch ist? Hab ich was vergessen oder verpasst? ^^

  • Fights


    Er musste zugeben, dass Miharu in dieser Uniform, die sie in der Schule anprobiert hatte und nun immer tragen würde, gut aussah, auch wenn sie der Rock ein wenig irritierte, wie er belustigt feststellen musste. Er erinnerte sich während des Fluges und auch, während sie das Mittagessen wieder gemeinsam zubereiteten, an seine eigene Schulzeit, in der manchen Mädchen der Rock nicht kurz genug sein konnte, außerdem erinnerte er sich an seine eigene Schuluniform, die Jacke, Hemd und Hose beinhaltete.
    Vor acht Jahren war auch der sonst so geheimnisvolle Schulkeller noch nicht für die Jugendlichen offen gewesen, sodass er sich dort verlaufen hatte, obwohl er dort 6 Jahre gelernt hatte. Im Gegensatz zu Miharu, dachte Siegfried, hatte er die mathematisch – naturwissenschaftliche Präferenz gewählt und sich zugleich auf Sport spezialisiert. Fremdsprachen verstand er zwar gut und konnte auch dank viel Lernerei meist die Vokabeln, und wenn es um Geschichte ging, kannte er sich in der Mythologie sehr gut aus, aber die meisten geschichtlichen Daten vergaß er nach den Tests wieder. Er war ein guter Schüler gewesen, nicht zuletzt wegen des Drucks von seinen Eltern, aber seine Freizeit hatte er schon immer lieber bei den Pokemon verbracht. Das alles erzählte er auch Miharu, die zwar neugierig zuhörte, aber kaum etwas anderes wiedergab, als ein kurzes „Hm“ oder ähnliches. Manchmal lächelte sie auch, und das freute ihn jedes Mal. Nicht nur, weil sie damit schön aussah, sondern auch, weil sie Gefühle zeigte. Das war ihm schon mit Sorge aufgefallen. Die meiste Zeit sprach sie recht nüchtern und verbarg ihre wahren Emotionen geschickt. Bis jetzt hatte er sie nur im Krankenhaus und gestern Abend bei sich weinen sehen, was ihm fast das Herz brach, aber, auch wenn man das vermutlich nicht vergleichen konnte, andere Kinder in ihrem Alter liefen fröhlich herum, machten Späße, lachten, waren wütend. Das war ihm heute in der Schule noch mehr aufgefallen.
    Nur Libelldra gegenüber konnte er so etwas wie richtige Freude erleben, überlegte er weiter, während er in seinem Büro die Arbeit erledigte, die angefallen war, seit er angegriffen worden war. Er konnte beobachten, wie sie um die Drachendame herumsprang, sie lachend in die Arme schloss, bevor sie ihr Training starteten. Vorher hatte sich das Mädchen wirklich die Erlaubnis geholt, ihre Klamotten schmutzig machen zu dürfen, bemerkte er kopfschüttelnd, bevor er sie weiter beobachtete. Sie war nicht wie normale Kinder und leider würde sie nie wieder ihre Kindheit aufholen können, aber er wünschte sich, dass sie irgendwann einmal auch Menschen gegenüber diese Gefühle zeigen konnte.
    Gerade wollte er sich wieder seinen Akten widmen, da fiel ihm die Art ins Auge, wie seine „Cousine“ trainierte. Sie brachte sich in Position und ließ ihr Pokemon Drachenpulse auf sie einsetzen. Das tiefe Brodeln, das die blau – lila leuchtende Attacke begleitete, kam schwach selbst durch sein Fenster und ließ ihn respektvoll nicken, während er beobachtete, wie Miharu den weiteren Attacken auswich. Sie kombinierte also das Training ihres Pokemon mit ihrem eigenen, macht Radschläge, duckte sich, sprang hoch und handelte sich an einem Ast nach oben, während sie ihrem Drachen Tipps gab. Stumm lächelte Siegfried, als er sich endlich an seinen Schreibtisch zurück setzte. Zumindest von ihrem Wesen und der Stärke ihrer Pokemon würde niemandem auffallen, dass sie nicht aus dem Drachenclan stammte. Sie musste zwar immer noch einiges lernen, aber das musste selbst er noch. Er musste also nur noch die wichtigsten Daten in ihren Kopf kriegen, die mit seiner Familie zu tun hatten, dann wäre sie wirklich glaubwürdig. Aber darüber konnten sie beim Abendessen reden.


    _______________________


    Miriam war bereit für ihren ersten Schultag – Miharu würde sich lieber wieder aus ihrem Kostüm pellen und sich unter ihre Bettdecke verziehen, bis das alles vorbei war. Ich hätte gleich in der Schule bleiben sollen gestern, dann hätte ich mich nicht selbst verrückt gemacht mit Fragen, ob mich meine Mitschüler mögen, ob den den Stoff in meinen Kopf kriege, wer dieser Mysteriöse Typ war und vor allem, ob meine Tarnung auffliegen würde.
    Ich seufzte. Bis auf das letzte waren alles doch keine Probleme, oder? Ich musste mich nur darauf konzentrieren, nicht unnötig aufzufallen. Aber dazu gehörten auch die oberen Dinge, nicht wahr? Ich war gerade fertig angezogen und musterte mich erneut im Spiegel. Ein ganz gewöhnlicher Teenager also. Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich nach unten trat, die schwarze Umhängetasche schon um die Schulter gelegt.
    Ich musste dafür sorgen, dass nur Miriam aufgeregt war, dass sie zwar meiner Tarnung als einfaches Schulkind entsprach, aber mich nicht übermannte. Ich würde sie nutzen, um zu versuchen, soziale Kontakte zu schließen, aber ich würde mich nicht von ihr einlullen lassen. Ich musste zwischen mir und Miriam unterscheiden. Sie war aufgeregt und nervös, nicht ich. Ich musste nur eine Rolle glaubhaft spielen, bis ich mit meiner Mutter abhauen würde, Danach konnte ich vielleicht anfangen, mich wie ein normaler Teenager zu benehmen. Vielleicht. Jetzt musste ich aufpassen, dass niemand Verdacht schöpfte und mich enttarnte, denn dann wäre der ganze Plan hinfällig, noch dazu würde ich Siegfried in Gefahr bringen. Er stand eh schon auf der schwarzen Liste des Teams, dass er mir jetzt half war nur ein weiterer Grund, ihn endlich aus dem Weg zu haben.


    Ich musste zugeben, dass ich den Champ ziemlich mochte, sicherlich auch, weil er mir viel half und ich ihm daher zur Dankbarkeit verpflichtet bin, aber auch, weil er so... sympathisch war. Er tat Dinge, die er nicht tun musste. Gestern zum Beispiel, nachdem er mich in einige Fakten über den Drachenclan eingeweiht hatte, tat er etwas Geld in mein neues Portemonaie und sagte, dass ich mir zum Mittag etwas in der Schulküche kaufen könnte, wenn ich den wollte. Dazu noch die Sachen für die Schule, die sicherlich auch ein Vermögen gekostet haben mussten. Und es waren sachen, die ich mir ausgesucht hatte. Anfangs noch nicht mal direkt, sondern einfach dadurch, dass er meinen Blicken gefolgt war. Es fühlte sich für mich einfach surreal an, etwas geschenkt zu bekommen und sich dann auch noch aussuchen zu können, was man bekommt.


    Nur von meiner Mutter kannte ich das, wie sie sich jeden meiner Geburtstage, die ich noch bei ihr verbringen durfte, etwas kleines einfallen lassen hat. Ein kleines Plüschgaloppa, ein paar Bauklötze, Kleidung. Daher wusste ich auch als eine der wenigen Kinder im Heim meinen Geburtstag. Ich schüttelte den Kopf, bevor ich in die Küche trat. Ich durfte nicht in Trübsal verfallen.


    Siegfried, mit dem ich heute Morgen schon joggen war, wie jedes Mal seit dem Vorfall mit den Drachen an unserer Seite, lächelte mir entgegen und gab mir eine grüne Schachtel, in der sich mein Frühstück befinden sollte. Ich bedankte mich und steckte das zeug in meine Tasche, bevor wir uns zusammen an den Tisch setzen und normal frühstückten. Ich war verwundert, dass ich zwei Mal Frühstück zu mir nehmen sollte, immerhin kannte ich so etwas nicht. Im Heim gab es manchmal ja gar kein Frühstück, manchmal sogar nur eine Mahlzeit am Tag, aber wieder schüttelte ich den Kopf, bevor ich mir Müsli machte.


    Siegfried erklärte mir, dass er heute zum Indigo Plateau fliegen würde, um zu arbeiten und dass ich ihn über meinen PokeNav erreichen konnte, ebenfalls neu gekauft. Er sagte aber, dass er mich bringen und und abholen würde. Ich nickte.


    Schließlich machten wir uns auf den Weg. Ich trug meine Stiefel und meinen Mantel zusätzlich zur Uniform und der Leggins und fragte mich, wie die Mädchen, die ich gestern gesehen hatte, es aushielten, ohne irgendwas Warmes in der Gegend rumzustehen.
    Als wir vor der Schule landeten, etwas entfernt und abseits in den Bäumen, legte siegfried mir noch einmal die Hand auf die Schulter.
    „Also Mih..Miriam, du weißt ja, was wir abgemacht hatten. Ich komm dich nachher wieder abholen. Allerdings würde es mir besser gehen, wenn du auf dem Schulhof wartest. Team Rocket würde nicht so dumm sein und dich aus einer Schülergruppe entführen, hoffe ich. Wenn irgendetwas passieren sollte, dann ruf mich bitte sofort an“, erklärte er mir nocheinmal.
    „Alles klar, ich werd mir Mühe geben. Sei...du auch vorsichtig“, gab ich nervös zurück und versuchte mich an einem Lächelnd, dass er sofort zurückgab.
    „Das werde ich“, erwiderte er und ehe ich mich versah, hatte er so einen merkwürdig, warmen Ausdruck in den Augen, der mich auf eigensinnige Weise erstarren ließ, während seine Arme sich um mich breiteten. Erst schrie die alte Miharu in mir, ich sollte ihn wegstoßen, aber ich bekam sie in den Griff. Wenn Siegfried mir wirklich etwas tun wollte, hätte er es auch schon viel eher tun können und außerdem hatte ich ihn auch schon einmal umarmt, also war das wohl die Rückzahlung, oder? Als ich mein Misstrauen überwunden hatte, bemerkte ich das warme Gefühl überall an meinem Körper, dass ich sonst nur in ähnlicher Weise von den Umarmungen meiner Mutter kannte. Es war verdammt lang her, dass ich diese gespürt hatte und ich sehnte mich innerlich nach dem Gefühl. Und während ich noch weiter überlegte, wann ich sie das letzte Mal in den Armen hatte, legten sich meine Arme wie selbstverständlich um den Rücken des Champs und mein Kopf lehnte sich vorsichtig gegen seine Brust, wo sein Herzschlag meine letzten Zweifel beseitigte.
    Nach einer weile lösten wir uns voneinander und in mir blieben die verwirrenden Gefühle, vor allem als er sich schließlich von mir verabschieden musste.


    „Bis nachher, Miriam, und viel Spaß in der Schule“, hörte ich sein Rufen nach mir, als ich mich umgewandt hatte und das schwarze Gebäude betrat, dass jedoch durch seine relativ großen Fensterfronten überzeugen konnte, doch nicht so unfreundlich zu sein. Es tummelten sich schon allerlei Teenager im Alter von 12 – 19 auf dem Schulhof und auch in den riesigen Gängen und ich hatte das Gefühl, dass sie alle mich beobachteten. Aber das ging wohl allen neuen so. Ich atmete tief durch und versuchte, geradeaus zu gucken. Lass sie nicht spüren, dass du Angst hast, sonst wird das kein gutes Ende nehmen, Miharu, schalt ich mich selbst und blickte auf den Plan, der mich zum Klassenraum der 8c in die zweite von drei Etagen führte. Die massive Holztür war schon offen und es tönten mir auch schon verschiedene Gespräche entgegen, als ich meinen Kopf zuerst in den Raum streckte und mich umsah. Dann verstummten allerdings nach und nach alle Geräusche und das Gefühl, beobachtet zu werden kehrte zurück, als mich eine weibliche Stimme hinter mir zusammenfahren ließ.
    „Ah, du musst Miriam Nagashi sein, unsere neue Mitschülerin.“
    Ich nickte schnell, nachdem ich mich wieder beruhigt hatte und reichte ihr die Hand. Die Spuren von braunem Haar waren als Strähnen in ihrer langen, grauen Mähne sichtbar, die in ihrem Nacken zu einem Ponitaschwanz zusammengefasst war. Sie war ein wenig dürr aber ihre grünen Augen blitzten wachsam hinter ihrer runden Hornbrille hervor. Sie hatte viele Lachfältchen um ihre Mundwinkel herum, wirkte also sympathisch. Arceus, warum fand ich nur so viele Leute, die nett aussahen? Wo war mein Misstrauen hin? Oder kam es mir nur so vor, als ob meine Instinkte schwanden, weil ich noch nie von so vielen... vertrauenswürdig aussehenden Menschen umgeben war?
    „Das ist schön. Herzlich Willkommen auf der Oberschule mit gymnasialem Anschluss zu Ebenholz City. Ich bin Frau Wernicke und deine Klassenlehrerin. Mit mir wirst du Sozialkunde und Geschichte haben“, erklärte mir die fröhliche Stimme, während hinter uns langsam das Tuscheln wieder anfing. Ich hielt mich mit beiden Händen an meiner Schultasche fest und versuchte mich auch an einem Lächeln, während sie mir deutete, mir einen Sitzplatz zu suchen.
    Der Raum war freundlich, da durch die großen Fenster viel Licht eintreten konnte, wenn die Sonne jetzt schon geschienen hätte, die Bänke waren für je vier Schüler ausgelegt und zwischen den paarweise angeordneten Bänken. die rote Suhlbeine und hellgraue Oberflächen hatten, war ein breiterer Gang angelegt. Nach diesem Prinzip gab es drei Reihen, also Platz für 24 lern(un)willige Schüler.
    Zudem gab es an den Wänden ziemlich viele bunte Poster über verschiedene geschichtliche Themen, die von Schülern in mühevoller Kleinarbeit zusammengeklebt worden waren. Ich hoffte, das würde nicht in der Zeit gemacht werden, in der ich hier war. Ich hatte die Feinmotorik eines Hammers. Die geraden Wände des Gemäuers waren ziemlich hoch und bis zu der Hälfte, ungefähr auf der Kopfhöhe der Lehrerin blassgelb, darüber cremefarben, Die in ein Metallgestell eingebauten, weißen Neonlampen erleichteten den ganzen Raum, in dem sie parallel zu den Fenstern verliefen. Immerhin war keine kaputt und blitzte fünfhundert Mal die Stunde auf, wie so ein Starfotograf, der meinte, einen Pickel auf dem Gesicht des beobachteten entdeckt zu haben.
    Da die meisten Plätze in den hinteren Reihen schon von Jungs belegt waren und vorne in der ersten und zweiten Reihe der Tür zugewandt eine Gruppe von anscheinend sieben Mädchen saß, setzte ich mich in die zweite Reihe an den Platz, der zum Gang hinaus lief. Auf das Nicken der Lehrerin und ihr vorheriges Studieren des Sitzplanen schloss ich, dass hier wohl keiner saß und packte meine Sachen aus, die ich für Sozialkunde ausgesucht hatte. Einen noch leeren Hefter in grün, einen linierten Block, eine tiefblaue Federtasche und das kleine Hausaufgabenheft. Dann nahm ich die Zettel aus der Mappe, die Siegfried ausfüllen sollte und ging nach vorne, um sie der Lehrerin zu geben, die mich gleich dabehielt, damit ich mich vorstellen konnte.


    Während ich mich darauf vorbereitete, setzten sich zwei weitere Mädchen auf die Bank, die ich auserkoren hatte. Sie neckten sich gegenseitig und lachten gemeinsam, bevor sie meine Tasche und mein restliches Zeug bemerkten. Dann sahen sie ein wenig schüchtern nach vorne und mein falsches Blau traf auf so blaue Augen, das man fast meinen könnte, in ihnen wäre das Meer gefangen. Sie gehörten der Brünetten, während die mit den rosfarbenen Haaren tiefviolette Augen besaß. Auch diese wirkten nicht feindlich, sondern eher freundlich aufgeschlossen, sodass ich meine verkrampfen Hände löste und ihnen kurz zuwinkte, bevor ich mich auf die drei Mädchen in der zweiten "Wandreihe" konzentrierte, von denen ich endlich eine gewohnte Behandlung erhielt, die mich wieder zurück aus meiner Gedankenwelt holte. Ich atmete tief durch, als ich bemerkte, wie eine Blondine mit spitzer Nase und ziemlich weit aufgeknöpften Hemd mich musterte, bei meinem Mantel und bei meinen Stiefeln stutzte. Ich warf ihr einen „ist mir egal – Blick“ zu und sie grinste gehässig. Die anderen Mädchen auf der selben Bank schienen zu ihrem Club zu gehören, denn sie machten sie nach.
    Davor saß eine Gruppe von vier Mädchen, die sich angeregt unterhielten und miteinander tuschelten, aber mir auch kurz zuwinkten. Als Antwort nickte ich freundlich, was sie anscheinend wieder zum Lachen brachte. Ich war unsicher, wie ich mit ihnen umgehen sollte. Bis jetzt waren sie ungefähr in der Mitte meiner Gefahrenliste. Nicht so großes Risiko wie die Mädchen aus der zweiten Reihe, aber nicht ganz so angenehm wie die beiden aus meiner Reihe.


    Innerlich seufzte ich. Na toll, schon der erste Tag und ich hatte schon eine Gruppe von Mädchen, die mich nicht leiden konnten. Das wird lustig. Aber mit Ablehnung konnte ich umgehen, im Gegensatz zu dieser Nettigkeit der anderen beiden Truppen, obwohl ich bei der einen ja noch nicht sicher war.
    Schließlich klingelte es und die Lehrerin, die bis eben noch irgendetwas kontrolliert hatte, stellte sich neben mich und legte mir die Hand auf die Schulter, beziehungsweise wollte es, denn ich trat entschuldigend blickend einen Schritt zurück und sie verstand, wenn sie auch komisch guckte.
    Vielleicht sollte Miriam Miharu mal sagen, dass diese Art der Interaktion bei Menschen nichts Besonderes ist und nicht jeder einen verprügeln will, der auf einen Hand anlegt.
    Nach der Begrüßung erklärte Frau Wernicke, dass es eine neue Schülerin in der Klasse gab und sagte, dass ich mich selbst kurz vorstellen sollte.
    „Ich bin Mi.. Miriam Nagashi und bin aus Sinnoh hier hergekommen, um von meinen Verwandten im Drachenclan ausgebildet zu werden. Deshalb besuche ich auch die Pokemonkampfklassen. Ich bin 13 Jahre alt und meine...Hobbies sind Pokemonkämpfe, Kampfsport und...Lesen“, erklärte ich meinen Klassenkameraden stockend. Sicher waren das nicht die üblichen Aktivitäten eines präpubertären Teenagers, aber ich wollte mir darüber keine Lügengeschichte ausdenken, das ich gerne mit Jungs ausgehe, dass ich gerne Schoppen gehe oder dass ich gerne Musik höre. Dazu habe ich das alles zu wenig bis überhaupt nicht gemacht. Inzwischen hatte sich meine Haltung etwas entspannt und man sah mir fast gar nicht mehr an, das ich leicht nervös war. Die Lehrerin bat mich schließlich auf meinen Platz und ich versuchte die Blicke zu ignorieren, die mir zugeworfen wurden. Ich hängte den Mantel über die Stuhllehne und versuchte, mich nin der ersten Stunde darauf zu konzentrieren, mitzuschreiben. Glücklicherweise fingen nach dem Halbjahr meist die neuen Themen an und die Stundenpläne gaben an, dass noch kein Sozialkundeunterricht durchgeführt wurde, sodass ich zumindest hier gleich durchstarten konnte.
    Der Unterricht war fordernd, weil ich noch nie in Berührung mit dem Fach gekommen war, aber Frau Wernicke erklärte alles nachvollziehbar in einem Tempo, in dem man gut mitschreiben konnte.


    So ging die erste Doppelstunde relativ schnell vorbei und wir konnten uns dann nach draußen begeben, oder in den Keller, wo anscheinend viele Gruppe Zuflucht suchten, wenn es schneite.
    Die anderen vier Mädchen kamen kurz zu mir und stellen sich vor, wie auch einige Jungs, wobei diese der Versuchung nicht widerstehen konnten, einander mit Schneebällen abzuwerfen. meine Sitznachbarinnen schrieb ein wenig panisch umher, als einige Schneebälle in unsere Richtung flogen. Auf einmal trat mich einer direkt auf die Brust und da wir vorgehabt hatten, nach drinnen zu gehen, hatte ich meinen Mantel offen gelassen, sodass ich die Kühle an meiner Haut spürte. Das Hemd war ja nicht besonders dick und der Blazer bedeckte nicht viel. Auf einmal war es jedoch still um uns, der Junge mit den schwarzen Haaren und den frechen, braunen Augen sah mir nun scheu und entschuldigend entgegen. Kurz biss ich mir auf die Unterlippe und überlegte. Ich wollte nicht, dass mich die Jungs als wehrloses Mädchen sahen, dass sie eventuel später ärgern konnten, wollte aber auch nicht meine Kräfte zeigen und sie so ärgerlich gegen mich stimmen und Verdacht schöpfen lassen. Ich atmete einmal tief durch und grinste den Jungen, Ryu an, bevor ich einen Schneeball formte und ihn ebenfalls auf die Brust traf. Erst sah er ein wenig geschockt aus, dann stimme er in das Lachen der anderen mit ein und ich verabschiedete mich mit einem Winken.
    Ich folgte den beiden Mädchen, die neben mir saßen, Jessica und Arabella in ihr kleines Eckchen und begann einen Plausch, zumindest warf ich hin und wieder ein paar Worte ein, während sie mir etwas über die Schule, die Lehrer, Mitschüler und sonstiges erzählten. Meine Vermutung bestätigte sich, es waren wirklich zwei einfache, nette Mädchen, vielleicht ein bisschen schüchtern zuerst, als sie die Klamotten gesehen hatten, die ich anhatte, aber ich schien sie schon davon überzeugt zu haben, dass ich harmlos war, womit auch immer.
    Währenddessen packte ich meine Frühstücksdose aus und stellte sie auf den Tisch, bevor ich sie öffnete. Da drinnen befanden sich ein Käsebrot, ein liebevoll geschnitten und geschälter Apfel und dazu noch drei Kekse, verteilt in die unterschiedlich großen Boxen. Kurz zitterten meine Hände und ich war wie in Trance, merkte nicht, wie mir Tränen über das Gesicht liefen, vor Rührung. So etwas hatte ich noch nie erhalten, wie so vieles nicht und ich fühlte pure Dankbarkeit gegenüber Siegfried. Er musste es gemacht haben, als ich im Stall die Drachen gefüttert hatte. Als mich Jessica besorgt anstupste, erwachte ich wieder aus meinen Gedanken und konnte sie davon überzeugen, das nur etwas in mein Auge gekommen war. Verdammt. Miriam freut sich nicht darüber. Es ist für sie normal, also benimm dich wie sie. Außerdem kannst du durch die Flennerei deine Kontaktlinsen verlieren, hörte ich meine innere Stimme und hatte mich bald wieder gefasst. Gefühle wie Schmerz und Angst zu unterdrücken fiel mir leicht, das war ich gewohnt, aber so etwas wie Freudentränen und Nervosität, das war neu für mich. Wir führten unser Gespräch weiter fort und ich versuchte, mich damit abzulenken, um nicht noch einmal anfangen müssen zu weinen. Es klappte auch relativ gut, sogar so gut, dass wir zu spät zu unseren Sportstunden kommen würden, wenn wir uns nicht beeilten.
    Als ich auf den gang heraustrat und den Mädchen zumindest bis nach draußen folgen wollte, da ich mich weder an meinen Orientierungssinn halten, noch an dem Mitschülerstrom orientieren konnte, spürte ich ein Kribbeln in mir meinen Rücken heruntergehen und ich wollte mich umdrehen, um den Verursacher zu finden. Doch als ich in den Gang blickte, war niemand mehr da, nur ganz schwach hörte ich Schritte. Als die Neugier in mir wieder einmal nicht schweigen wollte, hielt mich Arabella und auf brachte mich nach draußen, bevor ich mich in Schwierigkeiten bringen konnte.
    Sie zeigten mir den Weg zu einer der großen Turnhallen und machten sich selbst auf zum Schwimmen. Wir wollten uns danach vor unserem Klassenzimmer wiedertreffen.
    Als ich über den schneebedeckten Boden lief, spürte ich wieder dieses eigenartige Kribbeln und diese Unruhe, nein, es war keine Unruhe, sondern etwas Anderes, positiveres? Aber ich verdrängte es, war schon spät dran.


    Ich erklärte dem Trainer kurz, wer ich war und was ich wollte und wurde von ihm kurzerhand in die Mädchenkabine geschickt. Nur vier weitere weibliche Personen aller Altersstufen waren hier drinnen und die meisten flößten mir vom Ansehen schon Respekt ein. Glücklicherweise waren sie soweit fertig mit umziehen, sodass ich alleine war, als ich meinen Körper entblößte. Diese Wunden waren mir nicht peinlich, ich fand sie auch nicht hässlich, obwohl sie das anscheinend waren, ich wollte nur niemanden mehr in meinem Rücken haben, wenn ich halbnackt und verletzbar war.
    Ich streifte mir das graue Top über und zog die schwarze Gymnastikhose an, bevor ich, wie die anderen auch, auf Socken die Halle betrat und gerade noch rechtzeitig zu den anderen Mädchen und Jungen aus meiner Stufe stieß, bevor ich eine Extrarunde laufen musste. Der braunhaarige Mann war muskulös und seinem Ton konnte man entnehmen, dass er mal auf einer Polizeischule gewesen sein musste. Er klang ziemlich ähnlich wie der Ausbilder beim Team Rocket, dachte ich mit einem schmunzeln. Er verließ kurz unseren mit einer hochfahrbaren Plastikwand abgeriegelten Abteil und ging nach nebenan und kurz darauf hörte man auch dort Fußgetrappel. Von Jessica wusste ich, dass die meisten Sportstunden immer zusammen mit allen Stufen abgehalten wurden, also waren das wohl die älteren Kurse, so ab der zehnten Klasse.


    Als er zurückkam, befahl er uns, stillzustehen und kürzte meine Einweihung ab, indem er alleine alles Wichtige sagte.
    „Wir haben eine weibliche Verstärkung für unser Team gewonnen. Miriam Nagashi wird ersteinmal zu ihrer Gruppe hinzugefügt und wir werden ein Tunier ausführen, um die Gruppen neu zu generieren. Ich hoffe, ihr habt über die Ferien nicht nur faul rumgehangen!“, brüllte er fast zu uns, obwohl er kaum älter als Siegfried sein durfte. Er fügte noch an, das jeder Kampfstil erlaubt sei, also schätzte ich meine Chancen ziemlich gut ein.
    Neben insgesamt drei Mädchen waren wir acht Leute, das hieß, ich müsste nur drei Kämpfe gewinnen. Und das schaffte ich auch. Zwar tat mir der kleine Junge aus der siebten Leid, als ich ihn vorsichtig auf die Matte beförderte, aber der korpulente Junge aus der neunen Klasse, der mich wie sein Mittagessen ansah, konnte keine Gnade erwarten, zumal er dem Mädchen, das er vorher besiegt hatte, an die Brüste gegriffen hatte. So was konnte ich ja gut leiden!


    Es gab Applaus von meinem Trainer und den beiden anderen Mädchen, bevor erstgenannter zu mir sagte, ich hätte mir selbst eingebrockt, was nun kommen würde. Ich folgte ihm also in den zweiten Teil der Halle und merkte, das noch ein Bereich abgespert war, man von dort auch ganz leises Fußgetrappel auf den teilweise ausgelegten Matten hören konnte. Aber erstmal musste ich mich hierrauf konzentrieren.
    Diesmal erwarteten mich 4 Kämpfe, hauptsächlich gegen Schüler aus den Klassen zehn bis dreizehn, die meisten mussten zu mir heruntersehen. Sie schienen so lange Aufwärmübungen gemacht zu haben und bildeten nun interessiert einen Kreis um mich. Toll, noch mehr Leute, die mich als Frischfleisch ansahen. Doch das musste ich unterdrücken. Wut ist ein schlechter Ratgeber im Kampf. Er verleiht einem zwar unbändige Kräfte, doch der Gegner kann diese leicht für sich nutzen.
    Dieses Turnier dauerte wirklich länger, aufgrund der spannenden Kämpfe. Viele benutzten Techniken, die ich noch nie gesehen hatte und es dauerte, bis ich diese Techniken nicht nur abwehren, sondern auch auskontern konnte.
    Meine Sachen musste ich Siegfried heute sicher zur Wäsche geben und das Deo würde auch an seine Grenzen kommen, doch das Staunen der anderen war es auf jeden Fall wert. Fast schon mit Schnappatmung nahm ich den meist ehrlich gemeinten Applaus hin, bevor ich unter der angedeuteten Berührung meines Trainers zusammenzuckte. Warum waren alle so verrückt, mir auf die Schulter zu fassen? Er zögerte kurz, ging dann jedoch im Programm weiter.
    „Dann haben wir ja jetzt vielleicht endlich einen Trainingspartner für ihn gefunden, oder was meinst du?“, begann er und ich zuckte mit den Schultern. Ich kannte „ihn“ wahrscheinlich nicht, aber er musste ziemlich stark sein, wenn er nicht mit den Leuten hier, sondern extra übte, wie es anscheinend der Fall war. Ich konnte beim Ausruhen hören, wie manche über ihn gesprochen hatten, aber wirklich was darauf entnehmen konnte ich nicht, als folgte ich dem Lehrer einfach zu dem dritten Abteil der Halle und ließ mich überraschen.
    „Also ich bin wirklich froh, nicht mehr mit ihm trainieren zu müssen. Zum einen wurde er mir langsam zu gut und zum anderen muss ich mich auch auf die anderen konzentrieren, nicht war? Miriam Nagashi, das ist ab heute dein Trainingspartner. Luca Niroota!“
    Sekunden später war ich zu einer Salzsäule erstarrt. Dort stand der Vampir aus dem Schullkeller – und das Kribbeln war auch wieder da!



    Anmerkung des Autors: Ich hab die Schule so gemacht, wie sie mir gefällt,xd und auch irgendwie logisch ist. Da ich die Sprachen zwar so konzipieren wollte, dass sich jeder etwas drunter vorstellen kann, aber auch nicht irgendeine der Regionen eine unpassende Sprache geben wollte, heißen die alle irgendwie ähnlich, wie in unserem Schulsystem. Einaal und Kalos sind natürlich weiterrhin „Vertreter“ der Sprachen Fränkisch und Enisch.


    Und der „neue „ Typ ist geklaut von dem Manga Uraboku und heißt dort Luca Crosszeria. Tut mir leid, soviel epicness kann ich mir nicht ausdenken^^'


  • Give up and try again


    Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und überragte mich anderthalb Köpfe. Er trug ein Tanktop, das wie auf seine schlanken, drahtigen Körper gemalt aussah, dazu noch eine ebenfalls schwarze Trainingshose, die seine langen Beine versteckte, seine Füße waren wie meine nackt. Man kam nicht umhin, zu sagen, dass er schön war, auch wenn man das Wort wohl eher für Mädchen missbrauchte, die manchmal merklich zwei Kilo Schminke im Gesicht haben, aber zu ihm.. passte es irgendwie, auch wenn er nicht hier her zu passen schien, schon eher in den mysteriösen Keller, ohne dass ich ihm böses wollte. Doch auch dort war nicht sein angestammter Platz, irgendwie.Der röhrenförmige Ohrstecker und der Zahn, beziehungsweise die Klaue da drüber, in der ein kleiner, blutroter Edelstein eingelassen war, waren verschwunden, wahrscheinlich abgenommen. Ich hatte die Kette, die ich von meiner Mutter bekommen hatte, auch abgenommen, sie aber in meine Tasche gesteckt. Zum einen gab mir das immer ein sicheres Gefühl, zum anderen war es das einzige greifbare Andenken an meine Mutter. Aber ich durfte jetzt nicht unaufmerksam werden. Es wartete ein weiterer Kampf auf mich.
    Erst auf das Kommando des Trainers gaben wir uns beide kurz die Hand, weder er noch ich wollten als erstes die Geste, die einen fairen Kampf garantieren würde, ausführen.


    Als ich ihn berührte, fühlte ich mich wie damals, als ich in den Zaun gefallen war, der eine Miltankherde zusammenhielt. Die Gänsehaut fuhr einmal quer durch meinen Körper und hinterließ ein taubes Gefühl. Es war wie das Kribbeln, das ich im Keller und auf dem Weg hier her gespürt hatte, nur viel stärker. Mein Magen fühlte sich ebenfalls noch so komisch warm an und mein Herz schlug Purzelbäume, obwohl die letzte Anstrengung schon ein paar Minuten her war. Und gleichzeitig spürte ich seine eiskalte Aura auf meiner Haut und das lähmte mich noch zusätzlich, sodass ich meine Hand immer noch nicht wegbewegen konnte. Warum ließ der Idiot nicht selber los? Ich konnte doch in seinen Augen sehen, dass er das hier auch merkwürdig fand und mein Griff war nicht besonders kraftvoll, er hätte seine Hand also einfach entziehen können. Aber mit dem komischen Gefühl, das Luca in mir auslöste, kam auch der Wille auf, diese Berührung nicht zu unterbrechen. War es, weil ich Angst vor dem Kampf hatte? Weil ich wusste, dass er einiges drauf haben würde? Weil er mich besiegen konnte? Wollte ich meine Niederlage hinauszögern? Aber war nicht meine halsbrecherische Tat, dem Champ zu Hilfe geeilt zu sein, Beweis genug, dass ich mich liebend gerne in ausweglose Situationen begab? Oder sagte mir mein Hirn damit, dass es dazugelernt hatte?


    Schließlich riss uns der Trainer aus den Gedanken und wir schreckten schon fast zurück, wobei anscheinend auf unseren beiden Gesichtern die Überraschung nicht wirklich geschrieben stand. Bei meinem hoffte ich das zumindest.
    Ich schloss kurz die Augen und versuchte, meine Instinkte zu aktivieren, meine Kampferfahrung. Versuchte zurückzudrängen, dass er wohl mehr Kraft hatte und mir auch anders überlegen sein konnte. Es war nur ein Trainingskampf und wenn Luca wirklich so gut war, dass er mich besiegen konnte, dann musste ich mir ihn als Ziel setzen, als nächste Stufe meiner Kampffähigkeiten. Punkt.
    Der Lehrer zwischen uns zählte an und ich versuchte sofort, ihn mit schnellen, hohen Kicks zu treffen, doch er wich ihnen einfach mit leichten Bewegungen seines Oberkörpers aus und als ich nach dem dritten Tritt meine Strategie ändern wollte, hatte er meinen Fuß gefasst und drückte ihn mit beiden Händen gegen seine Brust, während er mich rückwärts auf den Boden drängen wollte. Erst ließ ich ihn gewähren und ließ mich auf die Matte fallen, doch bevor er sein gesamtes Gewicht auf mich legen konnte, streckte ich mein inzwischen eingeknicktes Bein wieder aus und drückte ihn an den Schultern mit beiden Händen und über den Bauch mit meinem Fuß weg, sodass er rittlings auf die Matte hinter mir fiel und mich kurz loslassen musste.
    In Sekundenschnelle hatten wir uns beide wieder aufgerichtet und dann holte er mit seinen Beinen zu Tritten aus, die abwechselnd nach links und rechts gingen. Ich musste mich nach unten hocken, um nicht von ihm getroffen zu werden und versuchte, von dort seine Arme zu greifen, doch er war schneller und packte mich über meinen Ellenbogen, sodass ich mich mit ausgestreckten Armen vor ihm kniend sah. Eine Position, die mein Überlebensinstinkt als Mädchen weckte. Erst versuchte ich, ihn mit meinen Händen zu greifen und ihn wieder hoch zu stemmen, dass ich ihn wieder von mir wegdrücken konnte, doch er war zu kräftig. Ich ließ mich kurz zurück über meine Fußballen rollen und zog ihn ein Stückchen mit, was ihm seinen Halt ein bisschen nahm, doch das war nicht mein Ziel. Ich konnte mein rechtes Bein ausstrecken und holte damit aus, dass es Luca in den Kniekehlen traf. Sein kurzes Zögern reichte, dass ich meine Hände gegen seine Brust drücken konnte und ihn schließlich dazu brachte, mich los zu lassen.
    Wir hockten beide nur ein paar Millimeter voneinander entfernt, bevor ich versuchte aufzustehen.
    Diesmal nutzte er meine eigene Technik und hob mich mit einem heftigen Hieb seines Beines von meinem eigenen, dass etwas weiter vorstand, als mein anderes. Ich ging mit meinen Armen sofort in eine liegestützartige Abwehrhaltung, dass ich nicht mit dem Gesicht auf der Matte landete,. aber Sekunden später fühlte ich, wie sein Gewicht mich zu Boden drückte. Instinktiv versuchte ich, dagegen zu halten, um nicht darunter zusammenzubrechen, doch so hatte ich keine Möglichkeit mehr, mich irgendwie zu befreien. Sein Gewicht lag schwer auf meinem Rücken, schwerer, als es sein elegantes Aussehen vermuten lassen würde, meine Arme begannen zu zittern, je länger ich dagegen halten musste, dann auch mein ganzer Körper. Wenn das so weiterging, würde ich verlieren.
    Doch dann, ganz plötzlich, ließ Luca ein Stück weit von mir ab, verringerte den Druck und gab mir so eine Gelegenheit, ihm zu entkommen. Noch während ich mich frage, was er damit bezwecken wollte, befahlen meine Instinkte meinem Körper schon, aufzustehen. Aber bevor ich auch nur versuchen konnte, die plötzliche Gelegenheit auszunutzen und mich aufzurichten, griffen seine blassen Hände um meine Handgelenke und er drückte mir die Arme auf den Rücken, ohne dass ich irgendetwas dagegen hätte tun können.


    Ich schaffte es schließlich, mich irgendwie zu drehen und in der Schwebehaltung einen meiner Füße zu heben, doch er löste das Problem einfach, indem er meine Handgelenke mit einer und meinen Fuß mit der anderen umschloss und mich schließlich zwang, wieder einzuknicken, während wir zu Boden sanken. Nun lag er halb auf meinem Oberkörper und mit nur einem freien Fuß konnte ich ihn nicht mehr wirklich dazu bringen, mich los zu lassen. Meine Arme hielt er angespannt über meinen Kopf. Ich versuchte noch ein paar Mal, mich gegen seinen Oberkörper zu lehnen, aber außer dass es komisch kribbelte, brachte es mir nichts. Ich war nur einmal fast in eine Sitzposition gekommen.
    Ich knirschte, während ich überlegte, was ich nun tun sollte. Aufgeben fühlte sich falsch an, selbst wenn es ein Trainingskampf war. Irgend so ein verwöhnter Typ sollte mich besiegt haben? Mich, die ich dafür ausgebildet worden war, Leute wie ihn zu entführen, um Lösegeld zu erpressen? Zwar hatte ich das nie mit diesem Zweck verbunden, aber das Training hatte stattgefunden. Ich fühlte mich schwach, besonders, weil es ein fairer Kampf war. Oder war eine ehrliche Niederlage nicht schlimm?
    Die letzten Minuten, in denen wir eigentlich nur unsere Kräfte spielen lassen hatten, hatten dazu geführt, dass ich schwer atmen musste. Zumindest, stellte ich fest, atmete auch er schwerer als zu Beginn. Einen kurzen Augenblick sah ich von seiner bebenden Brust auf und fand mich in seinen Seelenspiegeln wieder. Sie wirkten leicht belustigt, aber trotzdem aufmerksam und sie hatten Respekt in sich. Warum konnte ich jetzt in seinen Augen lesen? Zumindest ein bisschen. Und warum kannte ich Respekt? Natürlich, von Siegfried und den anderen Leuten, die mir geholfen hatten, auch von meiner Mutter. Ich wurde als Mensch angesehen, nicht nur als dummes Kind oder eine Maschine, die irgendwann ersetzt wird, wenn sie ihre Pflicht lange genug getan hatte.
    Aber das war jetzt unwichtig. Miriam musste jetzt ihre Niederlage eingestehen und wenn Miharu hart genug trainiert hatte, heute Abend mit Libelldra, dann konnte sie sich auch nachts Gedanken darüber machen. Ich versuchte mich von Lucas Iriden los zu reißen, doch das war nicht ganz einfach, weil sie fast wie Magnete waren. Als ich es schließlich doch schaffte, sah ich in die des Trainers, der die ganze Sache besorgt zu beäugen schien.


    „Ich gebe auf.“



    Sofort wurde sein Griff sanfter, ehe er mich schließlich losließ und ich aufstehen konnte. Der Trainer nickte anerkennend, bevor er seine Stimme erhob.
    „Das war gut, von euch beiden. Ihr werdet in Zukunft zusammen trainieren. Leider ist die Doppelstunde schon fast vorbei, also macht euch noch ein bisschen bekannt, während ich den anderen noch Anweisungen gebe, ihr habt beide genug gekämpft“, erklärte der durchtrainierte Mann, der Luca noch um einen Kopf überragte und schließlich hinter der Abtrennung verschwand.
    Wir standen immer noch nahe beieinander, unser Atem hatte sich inzwischen beruhigt.
    In seinem Blick meinte ich so etwas wie Anerkennung zu sehen und war erleichtert. Nicht jeder Verlierer wurde so behandelt. Ich richtete meinen grauen Pulli und erneuerte den Knoten an meiner langen Gymnastikhose, bevor ich wieder zu ihm sah. Er lehnte sich wieder gegen die Wand hinter ihm und ich wusste, dass wir wohl kein Gespräch anfangen würden. Aus seiner Sicht bestand wohl kein Grund, sich vorzustellen, immerhin wussten wir beide ja unseren Namen. Doch irgendwie konnte ich nicht ganz von ihm ablassen und stellte mich in einiger Entfernung von ihm an seine Wand und versuchte ihm freundlich entgegen zu lächeln. Er hatte mich beobachtet und auch seine Mundwinkel glitten eine Millisekunde lang nach oben, ehe er seinen Blick wieder stur gerade ausrichtete. Komischer Typ, aber ich tat es ihm nach, bevor uns das Fußgetrappel der beiden nebenliegenden Hallenabschnitte aus den Gedanken riss. Wir gingen beide beinahe lautlos voran und öffneten „unsere“ Tür zum Gang mit den Umkleidekabinen. Vor uns verschwand ein letzter Siebtklässler gerade in die Jungenkabine und ich packte auf einmal Lucas Handgelenk, doch er entzog es mir sofort wieder uns sah mich warnend an, den Körper angespannt, bereit zum Angriff.
    In meinen Gedanken gab ich mir gerade selbst eine Ohrfeige dafür, auf die nervige, blöde Stimme gehört zu haben, die mir das befohlen hatte. Gab es so was wie spontanes Hirnversagen? Ich wusste, dass dieser Typ mir überlegen war, nicht viel, aber es reichte, und ich wusste, dass er misstrauisch wirkte. Und doch hatte ich ihn angefasst. Peinlich berührt blickte ich nach unten und versuchte, zu überlegen, wie ich mich entschuldigte, als plötzlich wieder diese naive Stimme die Kontrolle übernahm. Wann war die bitteschön so stark geworden?
    „Danke für den Kampf, Luca. Ich freu mich schon auf das weitere Training mit dir. Bis Freitag dann, ich mag dich“, flüsterte ich fast hinaus und konnte die weitere Verwirrung in seinen Augen erkennen, bevor ich mich entschuldigte, für die Berührung und in meine Umkleide verschwand, so schnell mich meine Beine tragen konnten. Ein Glück war niemand mehr da und ich konnte meinen Kopf in Ruhe ein paar Mal gegen die Wand knallen.
    Miriam hatte sich offiziell blamiert – an ihrem ersten Schultag, vor dem wahrscheinlich einzigen, mit dem sie in nächster Zeit trainieren hätte sollen.


    Die letzten bedien Stunden gingen ohne Zwischenfälle über die Bühne und ich kehrte auf den Schulhof zurück. Jessica und Arabella mussten leider sofort nach Hause, weshalb ich mich unauffällig zu den anderen vier Mädchen stellte. Denen aus der ersten Reihe. Um sie herum waren der Junge, dem ich den Schneeball auf die Brust geklatscht hatte, noch einer aus der Klasse und ein anderer, den ich noch nicht im Unterricht gesehen hatte. Sie sahen mich erst ein wenig überrascht an, dann erklärten die Mädchen ihnen, dass ich die neue Schülerin war und ich winkte ihnen kurz unauffällig zu.
    Jetzt fingen die Unbekannten mich zu mustern an und auch ich schätzte sie grob ein.
    „Das sind Charlie und Ben aus unserer Klasse und Rico aus der Paralellklasse. Mit denen hängen wir öfter rum“, erklärte mir Melissa und ich nickte. Vielleicht sollte ich mir eine Fotodatei anlegen, um mir die vielen neuen Gesichter zu merken.
    „War cool wie du den Schneeball zurückgeworfen hast. Stimmt es, dass du jetzt beim Drachenclan in Ebenholz City wohnst?“, fragte mich Charlie.
    „So ungefähr, ja.“ Ich wollte nicht gleich alles ausplaudern. Musste ja niemand wissen, dass ich ein Zimmer bei Siegfried bezogen hatte, würde dem, der es weiß und Siegfried nur Schwierigkeiten bringen.
    „Mein Bruder hat mir erzählt, dass du ihn in Sport auf die Matte gelegt hast. Der sieht genau so aus wie ich, nur älter“, erklärte mir Rico und ich grinste nur. Das war mein Halbfinalgegner gewesen und hatte ziemlich gut gekämpft.
    „Cool, Mann, ehm...Mädel, meinte ich. Dann kann ich dich das nächste Mal fragen, wenn mein Bruder überzeugt werden muss, mich irgendwo hinzufahren!“, erklang wieder seine begeisterte Stimme und alle fingen an zu lachen, ich blieb bei einem Lächeln, das breiter wurde.
    „ihr trainiert wohl ziemlich hart in eurem Drachenclan“, brachte sich Ben ein und ich nickte. Der Junge mit dem braunen, störrischen Haar und der roten, eckigen Brille schien nicht viel Selbstbewusstsein zu haben und ziemlich schüchtern zu sein, deshalb blieb ich beim Lächeln.
    „Allerdings, das fängst schon an, bevor du laufen kannst“, erklärte ich ihm und er verzog sich schüttelnd das Gesicht. Schien ihm wohl nicht zu gefallen. Doch Janet antwortete mir, dass er etwas gegen Gewalt und nicht gegen Sport hatte, was mich aber bei dem athletischen Körper auch gewundert hätte.
    „Keine Sorge, ich hab auch was gegen Gewalt. Wenn's nicht unbedingt sein muss, löse ich meine Probleme so nicht.“ Was ich ihm lieber nicht erzählte, war, dass die meisten Probleme in meiner Vergangenheit nur mit Gewalt gelöst werden konnten. Er schien erleichtert zu sein. Als gerade Charlie zu einer Frage ansetzen wollte, hörte ich Siegfried, wie er sich an uns heran bewegte und drehte mich zu ihm um, als ich die erstaunten und verschreckten Gesichter der anderen sah. Ich musste mir das lachen verkneifen, das ohne Zweifel über mich gekommen wäre, wenn ich ihre ehrfürchtigen Ausdrücke noch länger hätte betrachten müssen.
    „Hallo Miriam. Wie ich sehe, hast du schon Freunde gefunden. Freut mich, euch kennenzulernen“, begrüßte uns der Champ und die anderen erwachten langsam aus ihrer Starre, bevor ich dem Kreis ein Winken schenkte und mich unauffällig verdrücken wollte. Auch die anderen verabschiedeten sich von mir und so auf Siegfried von ihnen, bevor wir durch das große eiserne Schultor traten und in dem kleinen Park schließlich unsere Pokemon riefen. Libelldra umarmte mich fröhlich und auch ich war erleichtert, die Drachendame zu sehen und strich über ihre schuppige Haut.
    Als wir aufgestiegen waren, ergriff der Champ schließlich das Wort. Er schien irgendwie erleichtert gewesen zu sein, mich inmitten der anderen Kinder zu sehen, aber das konnte ich mir auch nur einbilden.


    „Wie war dein erster Tag in der Schule?“
    „Er war ganz okay. Bis auf eine Gruppe von drei Mädchen habe ich ein gute Gefühl, dass ich mit ihnen klar komme. Die Lehrer scheinen auch okay zu sein“, erklärte ich kurz, was ich dachte, dass er hören wollte und wandte mich ihm zu. Das kleine Lächeln auf seinem Gesicht war verschwunden. Hatte ich irgendetwas Falsches gesagt?
    „Und wie war die Kampfstunde? Schon etwas Neues gelernt?“, ging er nicht auf mein fragendes Gesicht ein.
    „Lief auch ganz ordentlich. Hab nur gegen den besten verloren...aber es war knapp!....Nur leider...“, wollte ich anfangen und ihn über die schmutzigen Sachen aufklären, wurde dann aber unterbrochen, wobei wieder sein besorgter Gesichtsausdruck auftrat.
    „Hast du dir wehgetan? Ist deine Wunde wieder aufgegangen?“, fragte er mich und flog ein Stück näher, um mich zu mustern, während einige Flocken auf unsere Köpfe fielen. Ich schüttelte nur schnell den Kopf und erklärte ihm, dass ich nur seine Waschmaschine benutzen wollte, um die Sachen zu reinigen. Er war anscheinend erleichtert und erklärte mir, dass er heute sowieso eine Trommel voll schmeißen wollte und meine Sachen da kein Problem darstellen sollten. Außerdem fragte er mich nach den Namen meiner Mitschüler und was ich in der Pause gemacht hatte, wer die drei Mädchen waren, die ich nicht wirklich einschätzen konnte und wer mich besiegt hatte. Ich antwortete meist kurz und knapp darauf und er gab sich schlussendlich damit zufrieden.


    Während ich abends ruhig im Bett lag, hielt ich das silberne Medaillon von meiner Mutter in den Händen über mir und betrachtete ihr Bild. Ich fing an, ihr über den Tag zu erzählen, wie ich es auch schon Libelldra erzählt hatte, als wir im Stall zusammen gesessen hatten. Ich mochte Siegfried und ich war ihm wirklich dankbar für das, was er für mich getan hatte, Ich würde mich auch immer an ihn erinnern und versuchen, ihm die Zeit mit mir leicht zu machen, aber er war nur eine Station in meinem Leben. Ich wollte mich nicht näher an die Leute binden, die ich jetzt neu kennenlernte, weil es nur mehr schmerzen würde, wenn ich wegging. Wenn ich also Siegfried von meinen Gefühlen erzählte, dann hieße das außerdem, dass ich ihm vertraute, und das tat ich nicht komplett. Er gab sich wirklich Mühe und würde irgendwann auch mal ein sehr guter Vater sein, aber er würde noch nicht mal zeitweise den Platz von Mama und Libelldra einnehmen können. Ich drehte mich zur Seite und sah den Mond in dieser sternklaren Nacht, fragte mich, ob sie ihn auch sehen konnte, oder sie schon erfahren hatte, dass ich geflohen war. Eine Träne rollte über mein Gesicht, als ich daran dachte, dass sie vielleicht schon wegen meiner Flucht bestraft worden ist.
    Auch wenn sie nichts dafür konnte, war sie doch so etwas wie ein Sündenbock und würde auszubaden haben, was ich angerichtet hatte. Mir macht wirklich schreckliche Angst, was ich über die Bestrafungen von Erwachsenen gehört hatte. Sie durften sie nicht tödlich verletzen, weil sie ihre Fähigkeiten noch brauchten, aber gleichzeitig waren wohl vor allem die Vorstände so etwas wie die Herren der Folterkammer im Mittelalter. Sie würden bestimmt das höchste Maß an Qualen auswählen, dass noch lebend zu ertragen wäre. Inzwischen waren aus der einen Träne zwei reißende Ströme geworden und meine Finger verkrampften sich in dem Kissen, bevor ich mein Gesicht dort hineindrückte, sodass Siegfried mich nicht hören konnte, sollte er noch wach sein. Ich hatte, als ich geflohen bin, die Sache wohl doch nicht zu Ende gedacht. Ich hatte meine Mutter in Gefahr gebracht, aber hatte sie eigentlich retten wollen. Aber am Ende zählte nicht die Absicht, da konnte man noch so viele gute haben, am Ende zählte nur das Ergebnis. Und das konnte sein, dass meine Mutter schwer verletzt irgendwo eingesperrt war.
    Ich wusste nicht, wie lange ich noch so dagelegen und mir Vorwürfe gemacht hatte, bis ich spürte, dass die Tür in meinem Rücken sich geöffnet hatte. Kurz war ich erschrocken, dann erkannte ich Siegfried, was mich nur bedingt beruhigte.
    „Entschuldige, dass ich dich geweckt habe. Ich hab mir nur Sorgen um Mama gemacht...“, wollte ich erklären, als der Champ näherkam. Inzwischen hatte ich mich aufgerichtet und er setzte sich auf die Bettkante.
    „Du hast mich nicht aufgeweckt, keine Angst. Ich kann verstehen, dass du Angst um deine Mutter hast. Du kennst das Team Rocket leider besser als ich. Die Spione, die wir in die Organisation reinbringen konnten, suchen jetzt hauptsächlich nach deiner Mutter. Sie sind, weil sie ihre Fähigkeiten bewiesen haben, gerade dabei in verschiedenen Basen schwierige Missionen zu übernehmen. Dabei durchsuchen sie die einzelnen Verstecke“, erklärte Siegfried mir und ich nickte uns sah zu ihm auf. Er erkannte mein Problem anscheinend sofort und fuhr daher gleich fort.
    „Und niemand wird verletzt oder getötet. Die Agenten haben mehrere Möglichkeiten, Menschen für das Team Rocket tot aussehen zu lassen.“
    Ich fühlte mich wieder ein wenig beruhigter und meine Tränen versiegten langsam. Bevor ich mich bei ihm bedankte. Er schüttelte jedoch nur den Kopf und sagte, dass ihm das nichts ausmachte. Sollte ich ihm glauben? Ich vermute, ich selbst wäre ziemlich genervt davon, wenn ein Teenager meine Sachen voll heult. Auf einmal bemerkte ich geschockt, dass ich mich wieder gegen ihn gelehnt hatte – und er dazu noch seine Arme um mich gelegt hatte. Auf meinen verwirrten Blick reagierte er sofort und nahm seine Arme wieder weg, bevor er aufstand, nochmal nachfragte, ob alles wieder ok wäre und mir dann eine gute Nacht wünschte. Ich erwiderte diesen Wunsch und sank in meine Kissen, bevor ich seufzte. Er war wirklich ein netter Kerl. Vielleicht sollte ich mich revanchieren und ihm eine Freundin organisieren. Später. Bevor ich ging. Mama konnte mir da bestimmt helfen, oder?
    Schließlich glitt ich doch noch in einen halbwegs ruhigen Schlaf, der von Bildern des heutigen Tages getränkt war. Kampf gegen Luca, die Mädchen in meiner Reihe, der Keller, der Trainer, Siegfried, der mich abgeholt hatte...




    Anmerkung des Autors: Bei der Kampfszene hatte ich ganz viel liebe Hilfe von meiner Freundin. ein gaaaaaaaaanz großer Dank deswegen an sie^^

  • @crystal angel

    Zitat

    Miriam war bereit für ihren ersten Schultag – Miharu würde sich lieber wieder aus ihrem Kostüm pellen und sich unter ihre Bettdecke verziehen, bis das alles vorbei war.

    Gut formuliert. =D


    Zitat

    Miriam Nagashi, das ist ab heute dein Trainingspartner. Luca Niroota!“
    Sekunden später war ich zu einer Salzsäule erstarrt. Dort stand der Vampir aus dem Schullkeller – und das Kribbeln war auch wieder da!

    Thaha, Vampir. Wird sicher der Love Interest, hu? ;)


    Zitat

    Einaal und Kalos sind natürlich weiterrhin „Vertreter“ der Sprachen Fränkisch und Enisch.

    Ein Aal, zwei Aale, drei Aale... Bin schon ruhig. ^^
    *Einall. Aber lol, Enisch. =D


    Zitat

    Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und überragte mich anderthalb Köpfe. Er trug ein Tanktop, das wie auf seine schlanken, drahtigen Körper gemalt aussah, dazu noch eine ebenfalls schwarze Trainingshose, die seine langen Beine versteckte, seine Füße waren wie meine nackt. Man kam nicht umhin, zu sagen, dass er schön war, auch wenn man das Wort wohl eher für Mädchen missbrauchte, die manchmal merklich zwei Kilo Schminke im Gesicht haben, aber zu ihm.. passte es irgendwie, auch wenn er nicht hier her zu passen schien, schon eher in den mysteriösen Keller, ohne dass ich ihm böses wollte. Doch auch dort war nicht sein angestammter Platz, irgendwie.Der röhrenförmige Ohrstecker und der Zahn, beziehungsweise die Klaue da drüber, in der ein kleiner, blutroter Edelstein eingelassen war, waren verschwunden, wahrscheinlich abgenommen. Ich hatte die Kette, die ich von meiner Mutter bekommen hatte, auch abgenommen, sie aber in meine Tasche gesteckt. Zum einen gab mir das immer ein sicheres Gefühl, zum anderen war es das einzige greifbare Andenken an meine Mutter. Aber ich durfte jetzt nicht unaufmerksam werden. Es wartete ein weiterer Kampf auf mich.
    Erst auf das Kommando des Trainers gaben wir uns beide kurz die Hand, weder er noch ich wollten als erstes die Geste, die einen fairen Kampf garantieren würde, ausführen.

    Haha, Miharus innerer Monolog ist toll. ^^ "mit zwei Kilo Schminke im Gesicht...", da kommen sicher einige von meinen Mädels und regen sich drüber auf lol.
    Nur muss ich dir ehrlich sagen, dass ich dem Typen grad überhaupt nichts abgewinnen kann. Deiner Beschreibung ist nichts auszusetzen (vll. könntest du den ein oder anderen Satz noch mit einem Punkt teilen.;D), aber meine Phase, in der ich auf die dunklen Typen steh, ist wohl endgültig vorbei und er wirkt eher... gothic. ._. Es tut mir so leid, schlag mich nicht. *duck* =( Vor allem ist er auch nicht gerade redselig. *g*
    Find's auch etwas schade, dass sie keinen Pokemonkampf austragen, sondern ein Selbstverteidigungstraining machen. ;)


    Zitat

    „Danke für den Kampf, Luca. Ich freu mich schon auf das weitere Training mit dir. Bis Freitag dann, ich mag dich“, flüsterte ich fast hinaus und konnte die weitere Verwirrung in seinen Augen erkennen, bevor ich mich entschuldigte, für die Berührung und in meine Umkleide verschwand, so schnell mich meine Beine tragen konnten. Ein Glück war niemand mehr da und ich konnte meinen Kopf in Ruhe ein paar Mal gegen die Wand knallen.

    Thaha, das ging fix. =D


    Zitat

    Eine Träne rollte über mein Gesicht, als ich daran dachte, dass sie vielleicht schon wegen meiner Flucht bestraft worden ist.

    Tränen rollen selten allein. ;)


    Ich find es gut, dass du das Kapitel ruhig, sie alleine in ihrem Bett und nachdenklich, ausklingen lässt. Das verleiht dem Kapitel nochmal eine gute Atmosphäre. ^^
    Ich mag's auch, wie sich Wataru ähem Siegfried natürlich und Miharu behandeln, find ich sehr schön. =) Finde ich, ist wirklich süß geworden.


    Zitat

    Vielleicht sollte ich mich revanchieren und ihm eine Freundin organisieren.

    Kind, Kind, Kind... =D Außerdem wissen wir ja, dass das nichts wird *hust*

  • Meeting



    Es dauerte nicht sehr lange, bis ichmir eine Überlebensstrategie für die Schule überlegt hatte: Nicht so nah an die Mädchen aus der zweiten Bankreihe, die Blödeleiender Jungs größtenteils ignorieren, sind im kleinen Gruppen erträglicher als in großen Rudeln, mit den Mädchen aus meiner Reihe zusammenarbeiten klappt gut, bei den vier aus der ersten Reihekommt zu viel Gequatsche auf, um produktiv zu sein, die Lehrer hier können sehr streng sein und die Erwartungen an einen Emporkömmling aus dem Drachenclan sind enorm. Wie sehr ich ihre Vergleiche zwischen mir und Siegfried?! doch liebte – nicht. Ansonsten waren alle freundlich und auf ihre Art und Weise auch kompetent, soweit ich das erkennen konnte. Die vermeintliche Strenge, die vielen unterstellt wurde, bekam ich nicht mit. Konnte vielleicht auch an mir liegen.
    Nur drei Wochen waren vergangen, dann setzte die Routine ein, wie beim Einlegen der farbigen Kontaktlinsen oder dem Pflegen der Drachen am Nachmittag, wenn die meisten Hausaufgaben erledigt waren. Mit Luca ging es inzwischen auch besser, seine Stimme verursachte bei mir zwar immer noch Gänsehaut, aber wir bekamen irgendwie so etwas wie Professionalität hin. Der Trainer ließ uns meistens allein arbeiten und korrigierte nur noch selten, oder gab Tipps. Und so langsam wurde aus dem, was ich früher als notwendiges Übel betrachtet hatte, Spaß, wobei ich die meisten meiner Auseinandersetzungen jetzt miteinem Unentschieden oder mit einer Niederlage beendete und ich früher fast ungeschlagen war. Er kämpfte sauber und fair, zudem war seine Gesellschaft angenehm. In einer Freistunde, in der die meisten anderen Unterricht hatten und ich mich nicht zu den Mähikel setzen wollte, suchte ich den Keller auf und entdeckte ihn wieder so, wie bei unserer ersten Begegnung. Wir musterten uns gegenseitig lange, aber schließlich lehnte ich mich neben ihm an die Wand und wir spielten gemeinsam Vampir. Ich schenkte ihm ein kleines Lächeln und es schien so, als würde kurz etwas in seinen Seelenspiegeln aufblitzen. Ich nahm es als Akzeptanz und die Tatsache, dass Luca mich weder zu der Zeit, noch als ich es eine Woche später wieder versuchte, angriff. Es lief wieder gleich ab, Augenkontakt, Gegenlehnen, Lächeln, Blitzen in seinen Augen, das fast zu meinem Herzversagen führt, auf den Boden oder in den Gang schauen. Immerhin begrüßten und verabschiedeten wir uns nun beim Sport wie zwei vernünftige Menschen.
    Auch mit Siegfried lief es weiterhin gut. Ich versuchte, ihm nicht zur Last zu fallen und ihm auch mal Sachen abzunehmen, wie Putzen, Drachen versorgen und Kochen, (Ich kann jetzt drei verschiedene Gerichte, Mama wird staunen!) während er mir Geld gibt für das Mittagessen, das ich aber meistens aufspare, mich zur Schule bringt und auch meistens abholt, mit mir trainiert und mich tröstet, allein mit seiner Anwesenheit schon. Ziemlich netter Tausch zu meinen Gunsten, nicht wahr? Außerdem erkundigt er sich fast jeden Tag nach Informationen über meine Mutter. Und er war nie wirklich böse mit mir, auch wenn ich etwas falsch machte – oder meine eigenen Erwartungen nicht erfüllen konnte. Er hatte sich sogar wirklich gefreut, als ich ihm die Drei in Mathe zeigte. Ich dagegen hatte geweint und mich auf meinem Bett zusammengerollt, bis er endlich aus mir herausbekommen hatte, was er wissen wollte. Wieder hatte Siegfried mich an sich gedrückt, und so langsam wurden die wohligen Gefühle stärker. Wenn ich mir einen Vater gewünscht hätte, dann wäre es der Champ. Aber ich wünschte mir keinen Vater, zumindest jetzt nicht. Ich wünschte mir eine ganz bestimmte Mutter. Mit langen, rotblonden Haaren und warmen smaragdgrünen Augen, sowie ihrer zarten Stimme und ihren sanften Fingern.


    Und vor allem wünschte ich mir keinen Vater, der mich notgedrungen zu einem Treffen mit dem Drachenclan schleppen musste, um denen da meine Geschichte zu erzählen, dass sie für mich lügen konnten. Es behagte mir überhaupt nicht, meine Geschichte auch noch anderen anzuvertrauen, immerhin bot jeder Mitwisser Angriffsfläche für Team Rocket. Aber noch schlimmer wäre es wahrscheinlich, wenn ich jetzt, wo ich in der Schule eh schon von Kameraleuten beobachtet und geknipst wurde, wenn ich den mal auf dem Schulhof zu sehen war, als „Betrügerin“ auffliegen würde, nur weil eine Befragung des Drachenclans ergab, dass es keine Miriam Nagashi gab. Team Rocket war nicht blöd und würde sich schon irgendetwas zusammenreimen. Ich seufzte, als wir schließlich am nördlichen Stadtende von Ebenholz ankamen, dort wo es neben dem Anwesen des traditionsreichen Clans in zwei Höhlen zum geheiligten Land der Drachen oder zum Drachenschrein ging, in dem die Prüfungen und Zeremonien abgehalten wurden. Siegfried sah mir aufmunternd zu, anscheinend hatte er keine Angst davor, gleich von seiner Familie alles mögliche gefragt zu werden oder eine ziemlich kritische Bemerkung zu hören, über alles, was man so getan hatte. Das Haus, vor dem wir landeten war riesig, schwarz und aus Holz, mit einem roten Ziegeldach, vier Etagen, selbst in der Dachetage gab es helle Fenster, also war sie bewohnt. Die drei unteren Etagen hatten einen das gesamte Haus umfassenden Balkon, auf der Wiese davor spielten Kinder und Drachen in fröhlichem Einvernehmen. Naja, hatten gespielt. Jetzt stürzten sich wohl alle auf ihren Onkel Siegfried, auch die Drachen und schließlich lag er neben mir, der Champ von Johto und Kanto, überrumpelt von einem Haufen Kindergartenkinder, Babydrachen und ihrer Liebe. Mit einem Grinsen im Gesicht half ich ihm schließlich auf, dann merkte ich, wie die Kleinen mein Libelldra musterte und versuchten, auf ihren Rücken zu steigen und loszufliegen. Meine Nervosität war wie weggeblasen bei dem Gedanken, dass der kleine Junge mit den blauen Augen und den braunen Haaren, der noch kaum laufen konnte, jetzt schon auf meinem Libelldra saß und so sicher Kommandos an sie gab, wie Siegfried seinem Dragoran.
    Auch wenn Libelldra wegen den anderen Drachen unruhig war, die sich hier in der Nähe aufhielten und wohl auf ihre Jungen achtgaben, sah sie doch ebenfalls belustigt aus und gab mir so ein OK, dass ich mich wieder Siegfried zuwenden sollte. Ich glättete meine Schuluniform, den etwas anderes Schickes wollte ich mir partout nicht kaufen lassen und drehte mich um, nur um erstaunt festzustellen, dass bereits ein alter Herr mit Gehhilfe und eine ältere Dame neben ihm standen und mich interessiert musterten. Meine Augen weiteten sich mit jedem Merkmal, dass ich an dem alten Herrn wahrnahm, graues, langes und gepflegtes Haar, langer Bart, aber kaum Falten im Gesicht, nur blaue Augen, die mit einer Weisheit dreinblickten, als ob sie schon alles auf der Welt gesehen hätten, trotzdem nicht überheblich, so hatte Siegfried mit seinen Urgroßvater beschrieben, den momentanen Anführer des Drachenclans. Die Person neben ihm machte die Gesamtsituation nicht unbedingt besser, denn nach seiner Beschreibung und der Art, wie sie Siegfried umarmte, war die Gute wohl seine Mutter. Sie hatte ihr langes,lilanes Haar mit einer Klammer hochgesteckt, ihre braunen Augen machten es schwer, sich nicht gleich an sie zu kuscheln und sich wohlzufühlen, genau so wenig wie ihre offenen Züge und die Lachfältchen hier und da im Augenwinkel.


    Ich hörte Siegfrieds einfache Bitte im Kopf, mich einfach wieder von meiner besten Seite zu zeigen, ohne zu wissen, was er meint, und irgendwie kam mir eine Idee, die sich in meinem Kopf wohl noch ganz gut anhörte, sonst hätte ich sie nicht gemacht. Vielleicht sollte ich anfangen, Dinge laut auszusprechen um mich daran zu hindern, sie zu tun, dann wäre mein Leben um einiges leichter.
    Irgendwo in meinem Leben hatte ich mal von der Begebenheit gehört, das junge Mädchen einen Knicks vor hohem Besuch machten und so nahm ich die Zipfel meines Rockes leicht nach oben, beugte mich leicht nach vorne und knickte mit meinen Knien seitlich ein, senkte dazu den Blick, wie ich es gewohnt war, wenn ich mit jemandem weit höhergestellten als mir verkehrte. Es kam oft vor, dass sich Vorstände oder Leiter kleinerer Grüppchen in den Heimen umsahen nach Talenten. Mich durften sie sich nicht nehmen, denn immerhin hatte der Vorstand, der Mama befehligte, ein Anrecht auf mich, dessen Verletzung vielleicht Streit nach sich gezogen hätte. Nicht dass es den obersten Boss interessierte, ob sich seine Vorstände gegenseitig abschlachteten, aber es brachte ihm Unmengen von mehr Arbeit ein, wenn seine kleinen Zahnräder nicht mehr die Befehle weitergaben.
    Ich verdrängte diese Gedanken lieber und versuchte, irgendwelche vornehmen Ausdrücke in meinem Kopf zusammenzukratzen, konnte ja nicht schaden, oder?
    „Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr, es freuet mich ungemein, Ihre Bekanntschaft machen zu dürfen. Meine Wenigkeit nennt sich Miharu Seira“, begrüßte ich die beiden und sah schüchtern auf, als sich nichts regte und ich nicht hören konnte. Hätte ich doch euer Durchlaucht sagen sollen?
    Weiter kam ich in meinen Gedanken, außer das sie ziemlich geschockt aussahen, nicht, denn auf einmal fingen alle drei, auch Siegfried, zu lachen an. Erst war in irritiert, denn das war kein spöttisches Lachen, wie ich es sonst kannte, sondern ein warmes, freundliches Lachen, nicht um jemanden abzuwerten und auf meinen fragenden Blick hin, erklärte mir die Dame auch, wieso.
    „Keine Sorge Miharu, wir sind alle ganz normale Menschen, du kannst mit uns ruhig so reden, wie du es gewohnt bist. Ich bin Viola und das hier ist Wataru, Ältester des Drachenclans. Freut mich, dich bei uns Willkommen zu heißen“, meinte sie beruhigend und auf einmal hatte ich zwei Arme um mich gelegt und wurde an ihren weichen Körper gedrückt, ohne das ich etwas hätte dagegen tun können. Ich hatte Angst, dass sie durch den Stoff der Uniform und des Mantels meine Narben spüren würde, aber wenn, ließ sie sich davon nichts anmerken.
    Als sie mich wieder losließ und ich mich an einem schüchternen Lächeln versuchte, tauchte neben mir Libelldra auf, nur noch mit dem Jungen auf sich sitzend, die anderen Kinder hatten sich um Siegfrieds Drachen versammelt, die wohl schon etwas kindererprobter waren.
    Und auf einmal sah ich mich dem strengen Blick aus den Seelenspiegeln des Clanältesten gegenüber. Er mustere mich und meine Flugechse lange und gründlich und ich versuchte, seinem Blick standzuhalten, wann immer er den meinen traf.
    „Hast du schon eine Freundschaft aufgebaut?“, fragte er auf einmal und legte die Hand auf Libelldras Rücken, dort, wo die des kleinen Jungen gelegen hatte, den Siegfrieds Mutter nun heruntergenommen hatte, strich sanft darüber und entlockte Libelldra ein entspanntes Gurren, bevor sie ihre Augen schloss. Ich war mir nicht sicher, was der Mann damit meinte, eine Freundschaft aufgebaut. Das heißt, ich wusste es schon, nur in welchem Bezug war mir nicht klar. Siegfried hatte ihnen zumindest die Basisinformationen durchgegeben, sodass sie erst mal reagieren konnten, sollte es Fragen geben, also konnte er auch meine Zeit im Team Rocket meinen. Oder die Schule, vielleicht meinte er die, oder seinen Urenkel. Wollte er wissen, ob sich seinen Urenkel mochte? Das war eine einfache Ja oder nein Frage und im Heim wäre man für ausschweifende Antworten irgendwann bestraft worden, aber hier würde mich Siegfried doch beschützen, oder? Vielleicht war der Alte ja am Ende stärker, als der Champ, wer weiß? Schließlich nahm ich all meinen Mut zusammen.
    „Zu den Mädchen und Jungen aus meiner Klasse nicht, oder zu den Erwachsenen. Der Typ, mit dem ich trainiere, ist mir noch nie auf die Nerven gegangen und ich glaube, das beruht auf Gegenseitigkeit. Zu den Kindern im Heim auf keinen Fall, das waren eher Zweckgemeinschaften. Zu Ihrem Urenkel....ich versuch ihm nicht noch mehr Probleme zu machen, als er eh schon hat.“ Ich sah Siegfrieds leicht enttäuschten Blick, als ich meinen von Libelldra wandte, um ihn um Hilfe zu bitten. Hatte ich ihn verunsichert? Warum? Ich verdrängte den Gedanken und konzentrierte mich auf mein Gespräch mit dem Ältesten.
    „Aber ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass Libelldra mir vertraut und mich gern hat. Wir haben uns oft gegenseitig aus der Patsche geholfen und wir machen alles zusammen. Wenn ich sie in einer Gefahrensituation neben mir habe, dann fühle ich mich nicht schlecht, weil ich ihr nicht vertraue, sondern weil ich sie in Gefahr gebracht habe“, erklärte ich schließlich und bemerkte erst dann, das wir die ganze Zeit Blickkontakt gehalten hatten. Es war aber nicht sein strenger Blick, den ich gesehen habe,sondern all die Erinnerungen an Libelldra und auf einmal spürte ich eine Hand auf einer Schulter.
    „Das war eine gute Antwort, Mädchen. Es freut mich, das so jemand, auch wenn es nur zur Tarnung ist, den Namen Nagashi trägt. Dein Libelldra empfindet das Gleiche für dich und ihr werdet sicherlich noch weiter aneinander wachsen. Wenn du magst, werde ich Siegfried und dich besuchen und dir Tipps beim Training geben. Siegfried,“, wandte er sich an seinen Urenkel, der ebenfalls ehrfürchtig zu ihm schaute, etwas das ich noch nie bei ihm gesehen hatte.
    „Du könntest auch noch das ein oder andere von mir lernen, auch wenn du schon weise kämpfst für dein Alter.“
    „Ja, Großvater. Danke, dass du uns daran teilhaben lässt“, antwortete Siegfried und ich erkannte, dass selbst ein Drachenmeister wohl mehr als respektvoll mit dem Obersten umzugehen hatte.
    Noch ein paar mit Schweigen erfüllte Sekunden blieben wir so stehen, dann machten wir uns auf ins innere des Hauses, wo schon einige Leute auf uns warteten. Einige musterten mich abschätzig, andere neugierig, wieder andere verspottend und manche gar nicht, was mir am angenehmsten war, nachdem mir die Dinge ausgegangen sind, die ich mustern konnte, und was waren wirklich viele. Alles hatte eine edle Ausstrahlung, es gab viel Traditionelles und ich merkte, dass es anscheinend nicht eine Generation ohne Champ oder zumindest Top Vier Mitglied gab, manchmal sogar beides. Die Arena der Stadt war schon seit ihrer Gründung in der Obhut des Drachenclans und auch die erste, die als offizielle Arena anerkannt war. Vorher diente sie den Reisenden als Trainingsort. Unglaublich, wie viele Pokale von irgendwelchen Turnieren aus welcher Zeit auch immer hier aufbewahrt waren, dachte ich, das wir in das große Esszimmer traten. Siegfried nahm mich an die Hand und führte mich zu unseren Plätzen. Ich hängte meinen Mantel hinter mich und kniete mich dann neben ihn an den braunen Holztisch, auf dem schon für ein Festmahl gedeckt war.Der Älteste nahm am oberen Tischende platz, sodass er alles überblicken konnte, neben mir platzierte sich die Arenaleiterin und sah mit ihren blauen Augen skeptisch auf mich herab, bevor sie Siegfried herzlich begrüßte und an sich drückte. Dann verschwand ihr Lächeln wieder hinter einer Maske.


    So langsam fanden sich alle um den Tisch ein, auch Siegfrieds Vater und Opa und meine Panik sicherte sich einen Platz in der ersten Reihe, als es auch schon losging mit dem Essen. Ich wartete geduldig, bis sich selbst die kleinen Kinder etwas genommen hatten oder von ihren Eltern etwas auf bekamen. Wir waren ungefähr 35 Leute und als die ersten ihren Hunger soweit gestillt hatten, brach die Diskussion los. Es fing an mit Siegfrieds Cousin, der eine spöttische Bemerkung darüber machte, das Siegfried ihnen seine Tochter verschwiegen hatte und schon das führte dazu, dass ich mich an meinem Essen verschluckte. Arceus, er war 26, dann wäre er mit 13 Vater geworden, das wäre vielleicht ein Skandal gewesen. Alle anderen lachten amüsiert und gaben Kommentare ab, das ssich Siegfried doch bis heute lieber mit wilden Drachen als mit Frauen beschäftigte, woraufhin einer der unverheirateten jungen Männer herüberwarf, ob da denn überhaupt ein Unterschied bestehe, was mit einem erbosten Kommentar seiner Mutter endete. Dann wurde genauer nach mir und meiner Person gefragt und immer, wenn ich vor Nervosität nicht sprechen konnte, übernahm Siegfried. Einige reagierten geschockt, als sie erfuhren, dass ich wirklich aus dem Team Rocket stammte, andere meinten sich an die Familie Seira erinnern zukönnen und wieder andere meinten, aus mir würde sowieso nichts werden, auch wenn meiner Mutter und mir die Flucht gelänge. Es würde nur eine Frage der Zeit sein, bis wir wieder in irgendeinen Sumpf verfallen würden. Immerhin gab es dafür genügend Beispiele, in denen das so abgelaufen war. Mochte stimmen, dass es anderen so ging, aber wir waren nicht andere. Meine Mutter hatte Manieren und Anstand gelernt und ließ sich nur dadurch überzeugen, für Team Rocket zu übersetzen, weil sie mich in ihrer Gewalt hatten. Ich war wütend deswegen und wollte schon fast aufspringen, doch Siegfried hielt mich zurück und gab einem seiner Onkel contra, dass er hier jetzt nicht sitzen würde, hätte ich es wirklich darauf abgesehen, ihn nur auszunutzen. Anscheinend kannten sie die Geschichte, nicht, denn Siegfried begann zu erzählen, wie ich ihn versucht hatte zu retten, während ich mich unter den Tisch verzog. Ich war es doch nur gewohnt, für jeden Gefallen etwas zurückzuzahlen, das musste er doch nicht so groß aufbauschen, zumal irgendwer auch die Polizei gerufen haben musste. Demjenigen sollte er dankbar sein, den ohne die hätten sie uns beide gekillt.


    Danach herrschte Ruhe im Raumund alle sahen gespannt zum Ältesten, wohl auf seine Entscheidung hoffend. Sie fiel zu meinen Gunsten aus und ich stieß erleichtert Luft aus, bevor ich Siegfrieds Hand auf meinem Rücken spürte. Es fühlte sich merkwürdig an, wie seine Finger auf meinen Narben lagen, aber nicht unangenehm. Wohl möglich, weil ich ihm vertraute. Irgendwie schon schön, so etwas.


    Als wir am Abend nach hauseflogen, unterhielten wir uns über das, was auch immer da gerade passiert war.
    „Du hast das Oberhaupt ziemlich beeindruckt mit deiner Antwort. Das schaffen nicht viele Trainer.“
    „Meinst du? Aber ich hab nur gesagt, was ich fühle.“
    „Deswegen ja. Er trainiert noch lange nicht mit jedem, auch nicht aus dem Drachenclan“, erklärte der Drachenmeister neben mir und ich erschauderte. Hoffentlich würde es ihn nicht enttäuschen, wenn er nächstes Wochenende zu Besuch käme. Ich stand nun also offiziell unter dem Schutz des Drachenclans. Einerseits gut, weil es sich dabei um starke Trainer handelte, die es mit dem Team Rocket aufnehmen konnten, andererseits schlecht, weil es sich dabei auch um Familien handelte, deren Schwächen die Menschen waren, die sie liebten und das waren auch kleine Kinder. Das Gefühl, den kleinen Jungen, der so selbstbewusst auf Libelldra gesessen hatte, seinen Eltern wegzunehmen stach schmerzhaft in meiner Brust. Je mehr Menschen ich da mitreinzog, umso mehr Opfer konnte es geben, wurde mir klar. Also musste ich so gut ich konnte versuchen, die Menschen aus meinem Leben zuhalten.



    Tief in einem alten Bergwerk versteckt, unter der ahnungslosen Bevölkerung von Anemonia City.
    Die kleine Lampe auf dem improvisierten Schreibtisch gab ihr spärliches Licht auf einen Brief, der noch geschrieben werden wollte. Hin und wieder tropften zu der Tinte auch noch kleine Seelenregentropfen auf das Blatt, das sich langsam mit Worten füllte. Eine schön geschwungene Handschrift färbte das Papier blau, dann setzte der Füller wieder ab. Yuki sah auf, sich auf die Lippen beißend, sie hatte nicht viel Zeit, um an den Formulierungen zu feilen, sie konnten sie jederzeit holen kommen. Vor einigen Stunden hatte sie erfahren, dass Miharu die Flucht gelungen war, schon vor fünf Wochen und das es bis jetzt keine Hinweise gab, wo sie sich aufhalten konnte. Ihr Kind war frei, so kurz bevor auch sie hier unten für immer eingesperrt werden sollte, um das Übersetzen von Texten zu erlernen. Sie war zu stur, um sich wirklich an das Team Rocket zu gewöhnen und das freiwillig zumachen, was man von ihr verlangte. Sie brach nicht ein in ihrer Umgebung, deswegen wollten sie sie jetzt ebenso zwingen, wie sie sie zwangen, Übersetzungen anzufertigen. Team Rocket wollte ihr weismachen, sie würden ihrer Mutter, ihr, etwas tun, wenn sie nicht spurte. Aber sie war geflohen und war vielleicht sogar in der Obhut von jemandem, der ihr hier heraushelfen konnte. Aber erst mal war sie in Sicherheit vor Team Rocket, das war das wichtigste.
    Da sich diese aber nicht sicher sein konnten, wie viel Miharu über die Basis wusste, wollten sie sie schnellst möglichst räumen, um zu verhindern, entdeckt zu werden. Deswegen musste sie sich beeilen und den Brief dann irgendwo verstecken, wo ihn die Polizei oder ähnliche Organisationen finden konnten, wenn sie diesen Ort durchsuchten. Es passierte durchaus schon mal, dass die Räumung eines Verstecks mehr Probleme mit sich zog, als vorgeplant und so wurden auch die meisten verlassenen Verstecke gefunden, darauf hoffte Yuki, als sie den Brief schließlich unterzeichnete. Sie hatte versucht, alle Verstecke, die sie kannte, aufzuschreiben, neben ihrer Bitte an Miharu, sie nicht alleine retten zu kommen, sondern sich Hilfe zu holen, wenn nötig auch von ihrem Vater, der nach ihrer Rechnung gerade aus dem Gefängnis gekommen sein müsste. Sie verdrängte den Gedanken an ihn nicht, sondern versuchte sich damit abzulenken, bis schließlich die eiserne Tür zu ihrer Zelle aufgeschlossen wurde.

  • Love, Letter?



    Es gab nicht vieles, was in der nächsten Zeit passierte und das machte mich unruhig. Jedenfalls nicht viel aus der Richtung, aus der es etwas geben sollte. In der Schule gab es allerhand interessante Dinge zu erleben. Unter anderem die Vorbereitungen für ein Frühlingsfest,das zwar erst Anfang April, wir hatten Mitte Februar, stattfindensollte, trotzdem waren schon alle in Aufruhr und hofften, dass die Kirschblüten erst dann anfingen zu blühen, wenn wir diesen Tag feierten. Es war anscheinend jedes Jahr und Eltern, Kinder und Lehrer arbeiteten gemeinsam daran, dass dieser Tag besonders würde. Mir war die Sache ein wenig unheimlich, zumal ich auch niemanden hatte, dermit mir dort hingehen würde. Siegfried oder jemanden aus seiner Familie wollte ich nicht zwingen, auch wenn mich viele dazu drängten.
    „Ach komm schon, Miriam. Das wäre doch genial, wenn du mit Siegfried kommen würdest. Frau Wernicke hat es ja schon gesagt, das würde dem Image unserer Schule voll gut tun“, versuchte mich Arabella mit ihren strahlenden Augen in die Knie zu zwingen, als ich sie und Jessica zum Tor begleitete. Sie hatten sich entschieden, einen kleinen Bummel durch die Straßen zu machen und ich wollte weiter auf Siegfried warten. Auch wenn die beiden enttäuscht waren, dass ich nicht mit ihnen mitging, blieb ich hart. Die Angst, dass immer mal wieder etwas passieren konnte, saß in meinem Nacken und auch wenn wir beide noch ein paar Besorgungen machen mussten, war es doch sicherer, wenn wir uns an der gewohnten Stelle treffen würden.
    „Siegfried hat für so ein albernes Fest sicherlich keine Zeit. Da liegt beinahe immer ein Riesenstapel Zettel auf seinem Schreibtisch, es reicht schon, wenn er mir immer in Mathe helfen muss“, argumentierte ich und erntete dafür ein Grinsen von den beiden.
    „Na wenn's bloß das ist. Da können Arabella und ich dir helfen. Oder du fragst deinen Vampir, der steht doch schon fast auf dich. Soviel ich gehört habe, ist der in allen Fächern schriftlich die Nummer eins, nur mündlich soll er so verschlossen wie sonst auch sein“,erklärte Jessica und ich verdrehte die Augen. Vielleicht hätte ich mich doch zu den anderen vier Mädels stellen sollen. Hätte nicht gedacht, dass die beiden es so faustdick hinter den Ohren hatten.
    „Er ist nicht 'mein Vampir'. Er ist einfach nur ein Trainingspartner. Kann ich doch nichts für, wenn er sich im Unterricht kaum beteiligt.“ Ich atmete einen Hauch warmer Luft aus, die die Umgebungstemperatur in einen leichten Nebel verwandelte. Neuschnee gab es seit zwei Wochen nicht mehr, aber die andauernde Kälte ließ die Stadt, in der die beiden schließlich leicht enttäuscht verschwanden,was an ihren heruntergezogenen Mundwinkeln zu erkennen war, trotzdem wie ein kleines Winterwunderland wirken. Ich winkte ihnen hinterher, als sie in einer Allee verschwanden, die von einer Einkaufspassage begrenzt wurde. Sie lag direkt gegenüber und viele der älteren Schüler trieben die Wirtschaft, vor allem die der Essensstände ungemein an. Die bunten Reklamen und beleuchteten Schaufenster waren von hier nicht zu lesen, aber der Ansturm von Menschen zeigte, dass es dort einiges geben musste.
    Ich lehnte mich gegen die Schulmauer und holte mein Libelldra aus seinem Ball, das sich ob der Kälte ein wenig unwillig schüttelte, aber sich brav neben mich setzte. Währenddessen vertrieb ich mir die Zeit, in der ich auf den Champ wartete, damit, dass ich mir die verschiedenen Personen ansah, die mal gehetzt, mal gemächlich zur Gasse hin oder von ihr weg gingen. Es waren alle möglichen Leute dabei. Ein frisch verliebtes Pärchen, das aussah, als würden sich die beiden Kerle gegenseitig ersticken wollten, ein kleines Kind mit seiner Oma, das so große Augen von dem Lutsche rbekam, den ihre Großmutter ihm da gerade geschenkt hatte, ein jüngerer Herr, dessen gestresste Miene vermuten ließ, dass sein Chef am Telefon ihn zu seiner Arbeit drängte. Eine junge Frau, die entspannt die Augen geschlossen auf einer Bank saß und versuchte, die ersten Sonnenstrahlen aufzunehmen. Wahrscheinlich hatte sie dabei insgesamt in ihren weißen Klamotten wohl weniger davon als meine schwarze Stiefelspitze, die aus dem Schatten der Mauer ragte, aber das schien sie nicht zu interessieren. Sie hatte anscheinend in ihrem Leben schon genug Sonne abbekommen, dass ihr Misstrauen verloren gegangen war und sie sich traute, die Augen in der Umgebung so vieler Leute zu schließen.


    Ich wandte meinen Blick zu dem kleinen Park, in dem Siegfried immer landete. Er sagte, er wolle nicht unbedingt einen Aufstand veranstalten, wenn er sich in der Lehrstätte von Dragoran absetzen ließe. Die Bäume wirkten kahl und einsam, auf den Wegen war der Schnee von den täglichen Joggern schon einigermaßen platt getreten. Am Rand gab es einen kleinen Teich, der aber gefroren war. Jessica hatte mir erzählt, dass man darauf Schlittschuh laufen konnte, als ich gefragt hatte, warum unser Hausmeister die Fläche vom Schnee befreit hatte. Was immer das auch war.
    Neben mir am Schultor regte sich plötzlich etwas. Nicht, dass er zu hören gewesen war, aber einen Schatten hatte Luca doch noch, den er nicht verbergen konnte.
    Ich merkte gar nicht, wie mir ein Lächeln auf die Lippen kam, als schließlich sein Gesicht in meiner Nähe erschien, das so blass war, dass Luca sich wahrscheinlich in den Schnee legen konnte, ohne jemandem groß aufzufallen. Er stand aufrecht da, der Saum des langen, schwarzen Mantels, den er über seiner Uniform trug, wurde zum Spielzeug eines sanften Windhauchs, ebenso wie seine Haare, dieauf magische Art und Weise wieder an ihren Platz zurückkehrten. Seine Frisur wirkte sowieso gleichzeitig wild und ungezähmt, aber auch sanft und geschmeidig, seine nachtfarbenen Strähnen lagen immer genau an dem Platz, an den sie gehörten, als ob nichts sie davon abhalten könnte. Selbst im Training und danach sah er aus wie einer dieser Filmstars, von denen mir Jessica fast jede Pause irgendwelche Bilder zeigte. Ich musste knapp zwei Köpfe nach oben sehen, um in seine Augen blicken zu können. Seine Arme hatte er nicht locker vor der Brust verschränkt. Erst Miriam hatte gelernt und auch in ihrem Sozialkundehefter stehen, dass diese Haltung als unhöflich gelten konnte. Ich hatte sie immer nur als eine Art Schutz gesehen. Eine Hand war halb in der Tasche seiner Hose verborgen und schob so den Mantel ein Stück weit zurück, die andere locker in seine Hüfte gestemmt. Aus Erfahrung wusste ich, dass unter seiner fast durchsichtigen Haut jeder Muskel auf einen Angriff vorbereitet war. Trotzdem hatte ich keine Angst vor ihm. Immerhin waren wir jetztsogar ein bisschen weiter voneinander entfernt, mit mehr Fluchtmöglichkeiten als im Keller.
    Um diese Zeit gab es kaum noch Schüler in der Schule, immerhin war gerade die neunte Stunde zu Ende gewesen. Also waren wir allein. Mein Herzklopfen, das ich meinte, in den Griff bekommen zu haben, hatte sich wieder selbstständig gemacht und konnte mit seiner Frequenz mindestens drei weitere Leute versorgen, während meine Stimme erstaunlich ruhig blieb.
    „Dann bis morgen, Luca“, grüßte ich ihn und nickte kurz. In seinen Augen blitzte es wieder, er neigte den Kopf um ein paar Millimeter, seine Mundwinkel zuckten und für ein paar Sekunden stand auf seinem Gesicht ein Lächeln.
    Das Magnayen neben ihm wirkte misstrauisch und schnüffelte kurz in meine Richtung, bevor es sich seinem Trainer und mir abwechselnd zuwandte.
    Ich kniete mich vor dem Wolf hin und streckte vorsichtig meine Hand aus, Libelldra hinter mir in Lauerstellung wissend. Sie würde mich beschützen, wenn es nötig wäre, aber der Wolf schien genauso misstrauisch wie sein Trainer, mein Pokémon oder ich zu sein, intensivierte seine Schnüffelarbeit und stufte mich schließlich als nicht bedrohlich ein. Anscheinend, denn es wandte seinen Kopf ab. Seine gelben Augen leuchteten misstrauisch, aber auch teilweise interessiert auf, vermutlich fixierte er die Drachenlibelle hinter mir. Er wirkte interessiert an meinem Pokémon und ich meinte zu spüren, wie sieihrer seits ihren Hals beugte. Ich sah den Kopf neben mir auftauchen und wieder krümmte der Wolf vor mir neugierig, aber auf Abstand bedacht seine Nase, leichtes Schnaufen war zu vernehmen, dann tapste es über den freigeräumten Gehweg zu seinem Trainer und setzte sich gehorsam neben ihn.
    Es musste schon ein älteres Magnayen sein, jedenfalls sprach dafür seine innere Ruhe. Es verhielt sich ähnlich wie sein Trainer und es machte ebenfallseinen kräftigen Eindruck. Sicher waren die beiden schon länger ein Team, das spürte man irgendwie. Als würden sie einfach zueinander passen. Arabella hatte mir mal einen Artikel aus einer ihrer komischen Mädchenzeitschriften gezeigt, der meinte, zu wissen, wie man die Auren der Menschen und ihre Farben erkennen und sie danach deuten könne, ob zwei Menschen zusammenpassten. In Gedanken schüttelte ich den Kopf bei den Idioten, die sich das ausgedacht haben mussten. Und noch mehr bei denen, die tatsächlich der Meinung waren, mit ein paar allgemeinen Ausdrücken aus einem Artikel ihren Partner oder sonst wen zu finden versuchten. So etwas wie Aurenlesen musste sich der Mensch mühevoll antrainieren, meist blieb selbst bei jahrelanger Übung nur die unbestimmte Ahnung im Kopf zurück, was einen umgab. Wie bei mir. Warum es trotzdem so viele Magazine damit gab? Ich hatte keine Ahnung. Musste wohl mit Geld zusammen hängen – wie viele dieser Mädchendinge, die ich laut Arabella unbedingt mal ausprobieren müsste. Das Pokémon Lucario war das einzige Lebewesen, das Auren nicht nur sehen, sondern auch mit ihnen arbeiten und damit mächtige Attacken hervorbringen konnte. Von Lucario hielt ich da deswegen schon viel mehr – vor allem Abstand. Seine Attacke Aurasphäre wollte man nicht abbekommen.
    Aber vielleicht lief es ja bei Lucario doch so ähnlich ab, wie in dem Artikel. Natürlich nicht so feenhaft ausgeschmückt, aber kombiniert mit den verstärkten Empfindungen, die ein trainierter Mensch aus seiner Umgebung ziehen konnte. Vielleicht konnte ein Lucario das Band zwischen Magnayen und seinem Trainer wirklich sehen, wenn es bei mir schon solch ein Gefühl vermittelte, als ob die beiden fast schon als Partner auf die Welt gekommen waren. Aber jetzt, wo ich Luca und seinen Wolf sah, konnte vielleicht doch etwas Wahres hinter den Artikeln aus den Zeitungen stecken, immerhin schienen die beiden fast miteinander zu verschmelzen, wenn sie hier standen, wenn ich meinen Gefühlen trauen durfte. Außerdem gab es da ja noch den Fakt, dass sich meine Herzfrequenz in seiner Umgebung so beschleunigte und wenn ich Libelldras verwundertem Blick von der Seite glauben durfte, war die Hitze, die ich im Gesicht spürte sichtbar geworden. Sollte ich mich in Zukunft lieber dünner anziehen, um diese Wärme zu umgehen,oder sollte ich noch ne Schicht Pullover drüber ziehen, um dieser komischen Krankheit vorzubeugen? Vielleicht war ich ja allergisch auf Luca, von Allergien hatte ich ja keine Ahnung.
    Ich erhob mich wieder und sah so fast in Lucas Seelenspiegel. Sein Lächeln war verschwunden, aber seine Augen blitzten erneut auf. Irgendwie erleichtert.
    Schließlich verschwanden die beiden Nachtgestalten und ich sah ihnen hinterher, wie sie in das Villenviertel verschwanden, sowie viele Kinder aus dieser Schule.


    Es war nicht immer ganz einfach, meine Tarnung als eine von ihnen aufrecht zu erhalten, dachte ich, als ich mich wieder gegen die Wand lehnte. Aber die meiste Verwunderung über unbekannte Gebräuche konnte ich entweder mit meiner Herkunft aus dem Drachenclan oder aus Hoenn erklären. Ich hoffte immer, niemand würde die Ausreden oder Dinge,die ich mir ausdachte, zusammenschneiden und bemerken, dass ich relativ gut lügen konnte. So wie eben zu Jessica und Arabella. Aber das mit dem Fest war ja auch nur halb gelogen gewesen, immerhin hatte Siegfried wirklich einen Ar*** voller Probleme, meins mit einbezogen ,und diese Bildungsstätte hatte so einen Sponsor meiner bescheidenen Meinung auch nicht nötig. Doch der wirkliche Grund lag darin, dass es immer mehr Erinnerungen schaffte.
    Gedanken an ein glückliches Leben mit Siegfried. Rückblicke an Vergangenes waren einerseits gut, immerhin hatten mich die Erinnerungen an meine Mutter dazu gebracht zu fliehen, um mit ihr noch mehr Bilder zu sammeln. Andererseits würde mich alles, was ich mit dem Champ erlebt hatte und noch erleben würde vielleicht doch stärker verletzen, als ich es jetzt schon ahnte.
    Blieben wir in Johto und Kanto, würde das Team Rocket nicht aufhören, uns zu jagen, bis sie uns gefangen oder getötet hätten. Selbst wenn wir in andere Regionen fliehen würden, wir wären trotzdem immer in Gefahr, müssten immer auf der Hut sein. Und auch für Siegfried wäre es nicht gerade ungefährlich. Na gut, die Organisation hatte schon vorher ein Auge auf ihn geworfen, aber wenn sich herausstellte, was er jetzt tat? Ich wollte lieber nicht daran denken und schüttelte den Kopf, als ich ihn schließlich zwischen den kargen Baumkronen landen sah.
    Sein Drache war von der Kälte nicht besonders angetan, wie ich beim Nähertreten auch deutlich an seiner Mimik erkennen konnte, aber er gehorchte den Ausführungen seines Trainers ohne zumurren. Ich hatte noch nie ein Pokémon gesehen, das so folgsam und voller Liebe für einen Menschen war. Natürlich zahlte Siegfried ihm diese Zuneigung auch mit seiner eigenen zurück, aber man hatte nie wirklich eine Ahnung davon, wer nun irgendetwas gab oder wer etwas nahm. Bei dem Gedanken lächelte ich und trat über die Straße auf den Drachenmeister zu, der mic hmit einem Winken begrüßte.
    „Hey, alles in Ordnung? Du strahlst ja so. Wie war die Schule?“, fragte er, während wir uns beide auf unsere Drachen setzten.
    „Ganz okay. Mathe war wieder nur ne drei Minus. Die Lehrerin meinte, ich mach Fortschritte, aber so ganz versteh ich das mit den Funktionsgleichungen immer noch nicht“, erklärte ich ihm, und er nickte verständig. Ich senkte den Kopf. Arceus, wie sollten irgendwelche frechen Rotzgören durch Siegfried zur Ordnung, oder zu den unliebsamen Hausaufgaben gerufen werden, wenn er immer so verständig war? Ich kannte genügend Kinder, die das reichlich ausgenutzt hätten. Vielleicht wäre Siegfried doch nicht so der ideale Vater. Wobei, meine Mutter war auch nie streng mit mir gewesen und mir wurde von den Schülern aus meiner Klasse auch ein „sozialverträgliches“ Verhalten unterstellt. Ich schüttelte den Kopf und sah wieder zu Siegfrieds ernster Miene.
    „Wir schaffen das schon irgendwie mit Mathe, keine Sorge. Was hat dich denn so gefreut, als du zu uns gelaufen kamst? Du sahst so glücklich aus“,fragte der Champ neugierig, während ich knallrot wurde und mein Herzschlag wohl wieder eine Kleinstadt mit Strom hätte versorgen können. Als erstes war mir Luca in den Kopf gekommen. Aber nein, das war falsch.
    Ich durfte nicht zu nah an ihn heran, musste ihm klarmachen, dass er sich lieber eine andere Freundin suchen sollte. Ich wollte ihm nicht wehtun. Warum dachte ich überhaupt daran? Warum glaubte ich, für Luca etwas Besonderes zu sein? Nein, Miriam war für ihn etwas Besonderes. Und diese Miriam sollte sich schnellstens diese Gedanken aus dem Kopf schlagen, immerhin durfte sie kein Schlachtfeld aus gebrochenen Herzen zurücklassen, wenn sie eines Tages irgendwie verschwand.
    Ich schloss kurz die Augen und atmete tief durch, schob die Hände an den Riemen meinerTasche weiter nach oben, um sie besser festhalten zu können. Dann erklärte ich Siegfried, dass ich die Verbindung zwischen ihm und Dragoran unglaublich bewunderte. Erst war er verwundert, dann mischte sich Stolz in seinen Blick und auch ich lächelte wieder, als wir schließlich vor dem großen Einkaufszentrum landeten, das in einem anderen Stadtteil lag als die Schule.
    Hier gab es nicht so viele Trainer auf der Durchreise, sodass sich das Einkaufen entspannt gestaltete. Die Einheimischen müssen sich schon an den Anblick des Champs gewöhnt haben, dachte ich, als ich ein paar Beeren in einer Tüte in den Wagen legte und diesen in Siegfrieds Richtung schob.
    Wir hielten uns länger in dem Gebäude auf als geplant, sodass wir schließlich in die Abenddämmerung flogen, bevor wir mit allem möglichen bepackt in das Haus gingen. Ich stellte meine Tasche unter dem Schreibtisch in meinem Zimmer ab und machte mich daran, die Drachen zu füttern, die mich inzwischen auch akzeptierten und mochten. Besonders Altaria schmiegte sich gerne an mich, obwohl man das dank seiner weichen Flügel kaum bemerkte. Auch Libelldra verstand sich mit den anderen Pokémon gut, vor allem mit Dragoran, mit dem sie als erstes in Kontakt gekommen war, und mit Knackrack, mit dem es sich beide Typen teilte.
    Da ich heute keine Hausaufgaben zu morgen aufhatte – die meisten Lehrer waren an einem Tag mit neun Unterrichtsstunden gnädig zu uns Schülern - legte ich mich einfach in das Stroh und träumte ein bisschen.
    Wie schön wäre es erst, wenn das alles nicht nur von Miriam, sondern auch von einer neuen Miharu erlebt werden dürfte - mit ihrer Mutter zusammen?
    Alles klang damit noch besser, selbst die Sachen, von denen ich kaum glaubte, dass sie besser sein konnten. Ich lag komplett entspannt da und es gab ein kleines Lächeln auf meinem Gesicht, alsich mich umdrehte. Hier, zwischen all den Drachen hätte ich auch gut schlafen können, aber Siegfried war der Meinung, dass ich das zwar aushalten könnte, wie die Drachen, er aber trotzdem nicht riskieren wollte, dass mir etwas passiert oder ich krank wurde. Er war wirklich nett, wie er sich Sorgen machte, aber manchmal...


    Ich wurde aus meine Gedanken gerissen, als Siegfried meinen Namen rief. Nicht Miriam, sondern Miharu. Urplötzlich sprang ich auf, rannte zu dem Haus und stürmt edurch den „Hintereingang", der eigentlich nur die Verandatür zum Wohnzimmer war, flitzte die Treppe hinauf und wandte mich um, als ich Geräusche aus der kleinen Wohnküche hörte. Zwei Polizeibeamte saßen auf Stühlen, ihnen gegenüber Siegfried, vor ihnen ausgebreitet ein Stückchen Papier, mehrmals gefaltet, leicht vergilbt. Als ich näher trat, erkannte ich auch einige Stellen, die von Regentropfen aufgeweicht schienen, so unregelmäßig rund wirkten sie auf mich .Und dann erkannte ich die Handschrift, ohne dass mir Siegfried oder die anderen beiden noch irgendwas sagen konnten. Und wenn, dann hätte ich es eh nicht gehört, so abgeschottet war ich auf einmal. In mir schossen sich die Gedanken und Ideen gegenseitig ab, was meine Mutter mir sagen wollte. Ob sie überhaupt mich ansprach. Ob sie von meiner Flucht wusste. Ob sie mich überhaupt erwähnt hatte. Die Zeichen verschwammen vor meinen Augen, sodass ich noch nicht mal sicher war, ob es sich nicht um Hieroglyphen handelte, als ich meine zittrigen Hände ausstreckte, um den Brief in Empfang zu nehmen. Ganz schwach konnte ich ihren Geruch ausmachen, als ich das Papier ganz nah an meine Nase hielt.
    Vielleicht war es ein schlechtes Zeichen, dass dieser Brief aufgetaucht war, vielleicht waren das Mamas letzte Worte. Meine Lippen bebten bei diesem Gedanken und meine Haut fühlte sich unangenehm heiß an, zusätzlich zu den Tränen. Ich wollte nicht in diesem Körper sein, wollte nicht Miriam sein,noch nicht einmal Miharu. Ich wollte einfach zu ihr, egal auf welchem Weg, ob als Mensch oder Geist. Ich hörte nicht, wie ich leise und verschluckt wimmerte, hörte nicht auf die Worte, die Siegfried mir beruhigend ins Ohr flüsterte. Auf Miriam mochten sie vielleicht Wirkung zeigen, aber ich war nicht Miriam und würde sie niemals sein. Ich war Miharu und Miharu wollte nichts Anderes, als zu ihrer Mutter. Aber das einzige, was ich hatte, war dieser Brief, der durch meine verkrampften Finger noch mehr verknittert wurde, doch ich wollte ihn nicht verlieren. Alle meine Hoffnungen lagen darin, dass in diesem Brief etwas Positives stehen würde und alle meine Ängste bestanden darin, dass es genau so gut sein konnte, dass das Mamas letzte Worte waren. Beide Gefühle tanzten vor meinen Augen, machten es unmöglich, überhaupt etwas zu lesen, mein Atem ging immer noch angespannt und flach.
    Um etwas herunterzukommen und den Brief lesen zu können, sah ich mit meinem tränenverschmierten Gesicht auf einen unbestimmten Punkt hinter Siegfried, der plötzlich neben mir stand und seinen Arm um mich legte. Fragend, zögerlich sah er mich an und weil ich jemanden brauchte, der mich hielt, drückte ich mich an den Champ, der nun seinen Arm noch ein wenig fester um mich schlang. Ich war ihm wirklich dankbar dafür.
    Aber das sollte erst einmal nicht wichtig sein. Alles war unwichtig, wenn es darum ging, dass hier vielleicht ein Hinweis auf den Aufenthaltsort meiner Mutter drin stand. Schlussendlich schaffte ich es, mich genug auf das Papier vor meinen Augen zu konzentrieren.





    Meine liebe,kleine Miharu,


    Ich habe gehört, dass du es geschafft hast, aus dem Heim zu fliehen und ich hoffe zugleich, dass du diesen Brief hier erhalten wirst. Hoffentlich bist du an die richtigen Menschen geraten. Wenn du diesen Brief bei deinen Nachforschungen auf eigene Faust und ohne Hilfe eines Fremden erhalten hast, dann bitte, wende dich spätestens jetzt an die Polizei oder an deinen Vater.
    Ich möchte nicht, dass du dich in Gefahr begibst und versuchst, alleine gegen diese Übermacht anzukommen. Du bist ein liebes, kleines Mädchen und musstest schon zu oft stark sein. Mach dir keine Sorgen darum, dass du in das Gefängnis kommen könntest. Du bist viel zu jung, um derart belangt zu werden. Außerdem musst du nur deinen Nachnamen nennen und jeder Polizist wird bei einer Überprüfung herausfinden, dass du die Wahrheit sagst.
    Wenn dir das Risiko, gefangen zu werden doch noch zu groß ist, wende dich an deinen Vater. Ich weiß, ich habe ihn noch nie erwähnt, aber nur, weil ich ihn schützen wollte. Er weiß nichts von dir, aber er hat ein gutes Herz und wird sich um dich kümmern. Außerdem stammt er aus Sinnoh, dort ist es weniger gefährlich als hier in Johto.
    Versprich mir bitte, dass du einen der beiden, oder sogar beide Vorschläge annimmst und dich nicht alleine auf die Suche nach mir machst. Am besten wäre es, wenn du nur nach vorne siehst. Falls ich ausbrechen kann, werde ich dich auch finden können und wenn nicht, dann musst du tapfer und stark sein.
    Ich weiß, ich verlange unglaublich viel von dir, aber du durftest ja nicht in eine Welt hineingeboren werden, in der es solche Probleme nicht gibt. Egal, wo du momentan im Leben auch stehst,vergiss nicht: ich liebe dich aus tiefstem Herzen und du wirst immer mein kleiner Engel sein. Ich werde immer dein Schutzengel sein und immer für dich kämpfen.
    Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn sich dein Leben ändert, ich weiß nur, dass es sich ändern muss, um besser zu werden. Den ersten Schritt hast du geschafft, nun lass dir helfen.


    In Liebe,
    Deine Mutter Yuki









    Anmerkung des Autors: Vielen herzlichen Dank an meine Betaleserin^^
    Und vielen Dank an dich lieber Leser, dass du so lange dabeigeblieben bist. Wenn du Freude beim Lesen dieser Geschichte empfunden hast, dann teile mir dies doch bitte mit. Natürlich kannst du mir auch schreiben, wenn dir etwas nicht gefallen hat. Ich würde mich über jede Rückmeldung freuen. Wenn ihr keinen langen Kommi schreiben mögt oder dies zeitlich gesehen nicht schafft, dann reicht auch ein kleiner Eintrag an meiner Pinnwand. Ich bin euch nicht böse, wenn ihr es nicht tut, aber wenn ihr etwas verandärt haben möchtet, hilft es meist, darüber zu reden und wenn ihr positives Feedback gebt, dann sorgt ihr dafür, das vielleicht schon sehr bald ein nächstes Kapitel erscheint.
    Liebe Grüße, crystal

  • Weil du mich um einen Kommentar gebeten hast, habe ich mir einmal deine Geschichte angesehen - oder besser gesagt, mir diese vom Computer vorlesen lassen. Längere Texte am Bildschirm zu lesen ist mir zu anstrengend. Dabei habe ich nicht nur auf den Handlungsverlauf geachtet, sondern auch Stellen notiert, die sich irgendwie falsch angehört haben.



    Inhaltlich möchte ich eigentlich nur auf die zwei neuesten Kapitel eingehen, weil du für die Teile davor schon von anderen Lesern Feedback bekommen hast. Vorweg möchte ich allerdings noch erwähnen, dass mir im Startpost ein Inhaltsverzeichnis fehlt. Weil die einzelnen Kapitel nur Namen haben, aber nicht noch zusätzlich durchnummeriert sind, würde das potentiellen Lesern neben neben der Länge des Themas noch einen weiteren Hinweis geben, wie weit die Geschichte schon voran geschritten ist. Außerdem könntest du dort die einzelnen Kapitel direkt verlinken, so dass Leser, die die Geschichte eine Zeit lang aus den Augen verloren haben, direkt zum ersten für sie neuen Kapitel springen können.


    Nachdem wir in den vorigen Kapiteln Miriams ersten Schultag erlebt haben, beginnt das Kapitel Meeting gleich mit einem Zeitsprung. Dieser ist einerseits gut gelungen, aber irgendwie habe ich Details darüber vermisst, wie sich das Mädchen in dem Pokemonkampfunterricht anstellt. Wir sind hier in dem Fanfictionbereich für Pokemon-Geschichten, und weil Miriam ein Mitglied des Drachenclans sein soll, wäre es meiner Meinung nach durchaus interessant gewesen zu erfahren, welche Schwierigkeiten dort auf sie zu kommen.


    Nach dem Zeitsprung leitest du zwar durch Miharus Gedanken einigermaßen plausibel zu dem Treffen mit dem Drachenclan, aber dennoch hatte ich beim ersten Lesen das Gefühl, dass dieses reichlich unvermittelt plötzlich in der Geschichte vorkommt. Natürlich konnte man als Leser damit rechnen, dass irgendwann auch Siegfrieds Verwandte oder andere Mitglieder des Drachenclans vorkommen, aber dennoch hatte ich nicht damit gerechnet, dass Siegfried das Mädchen zu einer Vollversammlung des Clans mitbringt. Das sind aber auch schon alle Stellen, wo ich direkt etwas auszusetzen habe. Das Treffen selbst ist dir gut gelungen - wobei das jetzt keine Neuigkeit sein sollte, da auch schon die anderen Kommentatoren bei den vorhergehenden Kapiteln erwähnt haben, dass du einen flüssigen Schreibstil hast.


    Bei Love, Letter? würde es mir schwer fallen, den Inhalt des Kapitels mit einem Satz zusammen zu fassen. Du hast einen sehr ausführlichen Übergang gewählt, und der (durch den Titel angekündigte) „Hauptteil“ des Kapitels - nämlich die Situation, in der Miharu von dem Brief ihrer Mutter erfährt und diesen liest - macht tatsächlich nur etwa ein Viertel des Kapitels aus. Was diesen Brief angeht, bin ich mir übrigens unsicher, wie ich im vorigen Kapitel den Szenenwechsel zu Miharus Mutter beurteilen soll. Einerseits ist es interessant zu erfahren, was bei Yuki vor sich geht, aber andererseits hast du dadurch de Kapitel „Love, Letter?“ etwas Spannung genommen, weil der Leser sich ja bereits denken kann, worum es in dem Brief geht.