Ungläubig blickten die jungen Krieger auf ihren geschlagenen Feind herab. Keiner von ihnen konnte im ersten Moment wirklich begreifen, dass sie dieses übermächtige Wesen soeben bezwungen hatten. Doch Neiygrahl war noch nicht ganz am Ende. Noch war er nicht bereit zu sterben, auch wenn er den Kampf verloren hatte. Mit den Reflexen einer Schlange ließ er seine Scheren nach vorn schnellen und ergriff schlängelnd die Flucht, den Oberkörper nur knapp über dem Boden. Mit Hilfe seiner Scheren zog er sich dabei weiter und hinterließ genau die gleichen Spuren, wie sie die Gruppe beim Einschlagkrater des Meteoriten gefunden hatte. Damit war nun allen klar, dass es nie einen Meteoriten gegeben hatte. Neiygrahl selbst war das Himmelsgeschoss gewesen. Sein harter Panzer hatte ihn vor dem Aufprall gerettet.
„Noch habt ihr nicht gewonnen liederliches Menschenpack! Heute mögt ihr mich besiegt haben, doch ich werde wieder kommen und mir erst den Regenbogenkristall und dann das Herz dieser Insel holen.“, zischte er und richtete sich wieder auf. Er hatte sich bereits einige Meter von der Gruppe entfernt. „Öffne dich, Dimensionsportal!“, rief er und machte eine ausschweifende Armbewegung. Auf seinen Befehl öffnete sich der Raum. Ein Loch entstand mitten in der Luft und war doch nicht da. Es glich einem Wirbel aus leuchtenden, surrealen Farben und verzerrten Gebilden, das sich unaufhörlich zu drehen schien. Neiygrahl warf einen letzten Blick auf die Kämpfer, die ihn besiegt hatten und schnellte dann nach vorn, direkt durch das Portal. Aber wieder hatte er die Menschen unterschätzt. Shadow war scheinbar nicht bereit ihn gehen zu lassen und schneller, als der Dimensionswanderer hätte reagieren können, rammte der Junge eines seiner Schwerter durch den langen Schlangenschwanz und nagelte den Feind am Boden fest. Die Schwanzspitze war wohl ebenfalls eher schwach gepanzert, da Shadows Katana ohne wiederstand in den Körper eindrang. Ein grausamer schrei entwich dem Echsenwesen, bevor das Dimensionsportal sich schloss. Ein zischen ertönte und ein reisendes Geräusch jagte den Kriegern eisige Schauer über den Rücken. Dann war alles still. Der farbige Wirbel war verschwunden und mit ihm der halbe Neiygrahl. Nur der Schlangenschwanz, an dem der halbe, rauchende Torso hin, lag noch auf dem Kampffeld. Kopf, Schultern und Arme befanden sich auf der anderen Seite des Portals. Ein paar Male zucke der Körper noch, dann erstarrte er und blieb leblos liegen.
Angeekelt zog Shadow seine Waffe wieder aus dem Leib seines Gegners. Nur Sekunden später begann der Körper rasend schnell zu verwesen und schmolz wie Eis in der Sonne. Innerhalb weniger Augenblicke war jede Spur von Neiygrahl verschwunden.
„Damit wäre unsere Mission wohl erledigt.“, stellte Vaan nüchtern fest, „Wir haben den ‚Meteoriten‘ gefunden, untersuch und vernichtet. Erstatten wir Königin Corelia Bericht.“ Die anderen schienen nichts dagegen zu haben und die Gruppe schickte sich an zurückzugehen, als sie von Sheewa aufgehalten wurden. Die Soldatin hatte den Regenbogenkristall hervorgeholt. Doch der einst graue und unscheinbare Stein war nicht mehr der Selbe wie zuvor. Schwaches, weißes Licht ging von ihm aus und er war deutlich heller geworden. Feine regenbogenfarbene Schlieren glitzerten tief unter seiner geschliffenen Oberfläche. Aber das auffälligste war, dass er knapp einen Zentimeter über Sheewas Hand schwebte und sich seine spitze Seite immer wieder in eine bestimmte Richtung wies, egal wie Sheewa auch ihre Hand drehte oder den Kristall direkt, er schnellte immer wieder in seine Stellung zurück. Wie die Nadel eines Kompasses beharrte er auf seine Richtung. Und als das Mädchen einen Schritt in diese ging, verstärkte sich das Licht und fing an langsam zu blinken. „Was haltet ihr davon, wenn wir noch ein bisschen bleiben und uns diese Sache genauer anschauen?“, fragte die Soldatin nachdenklich in die Runde. Niemand schien Einwände zu haben, also folgten sie dem Weg, den der merkwürdige Stein ihnen wies.