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Karges, tristes Ödland soweit das Auge reicht. Man sollte meinen, dass sich in diese gottverlassene Gegend kein einziges Geschöpf verirrt und jeder mit klarem Verstand einen weiten Bogen um diesen Landstrich macht. Zwischen all den kahlen Felsen und der von der heißen Sonne unbarmherzig vernichteten Vegetation, bahnte sich ein kühnes Luxio verbissen seinen Weg durch das Ödland. Den Blick fest nach vorn gerichtet, marschierte der junge Raiden erschöpft dem Sonnenuntergang entgegen.
Seit nunmehr 15 Tagen war er mutterseelenallein unterwegs. Doch mit jedem weiteren Tag wurde sein Herz schwerer. Die Einsamkeit und Abgeschiedenheit trieben ihn mit jedem Schritt, den er zurücklegte, in immer tiefer werdende Depressionen. Kaum noch vermochte er sein immer stärker werdendes Heimweh an seine Freunde und Familie zu unterdrücken. Die Kraft, weiterzumachen gab Raiden einzig und allein die Hoffnung auf die baldige Wiederkehr in sein kleines Dorf, welches er vor knapp zwei Wochen im Schutze der Dunkelheit klammheimlich verlassen hatte. Was wohl seine Freunde und Verwandten über ihn dachten, als sie in den frühen Morgenstunden festgestellt hatten, dass er ausgerissen war? Waren sie besorgt, erschüttert oder über seine Entscheidung vielleicht sogar zornig? Doch was kümmerte es ihn überhaupt? Denn er wusste ganz genau, was er tat und auf was er sich einließ. Er musste es einfach tun! Er tat es zum Wohle aller, die er kannte und mit denen er noch vor nicht all zu langer Zeit ein friedliches Leben lebte.
Es geschah vor nicht einmal einem Monat, dass plötzlich eine Welle von Alpträumen sein friedliches Heimatdorf ertränkte. Keine Nacht verging, in der nicht jeder einzelne von ihnen von schrecklichen Träumen heimgesucht wurde. Die ältesten und weisesten Bewohner seines Dorfes wussten zwar genau, wer hinter diesen schändlichen Angriffen steckte und wie man ihm Einhalt gebieten konnte, doch niemand riskierte auch nur den ersten Schritt dieser gefährlichen Reise. Sie wagten es nicht einmal, den anderen Dorfbewohnern den Namen desjenigen zu offenbaren, welcher Schuld an ihrer Krise hatte. Erst nach fünf weiteren schlaflosen Nächten und großem Protest der Allgemeinheit klärten sie diese endlich auf.
Darkrai. So lautete der Name des Pokémon, das sich eine Freude daraus machte, friedlich schlafende Kreaturen in ihren Träumen zu quälen und sich an ihrem Leid zu laben. Warum es das tat? Darauf wussten die Weißen auch keine Antwort. Doch waren sie sich sicher, dass der Blutstein, der irgendwo tief in einem Schrein im lunaeischen Tiefland schlummerte, die Macht hatte, Darkrai in seine Schranken zu weißen.
Gefesselt von dem Gedanken um den sagenumwobenen Blutstein ließ Raiden nun endlich das Ödland hinter sich und erreichte nach einer kräftezehrenden Reise das lunaeische Tiefland. Es war eine wahre Wohltat für ihn, seine wundgelaufenen Füße endlich in das wenige, doch satte grüne Gras dieses verheißenen Landes zu setzen. Sein Puls wurde mit jedem seiner Schritte schneller, während er immer tiefer in das Tiefland eindrang. Es konnte nicht mehr weit bis zu dem Schrein sein, wo der Blutstein ruhte. Doch zog ihn plötzlich ein merkwürdiges Gefühl in den Bann. Die unangenehme Ahnung, beobachtet zu werden.
In geschmeidigen Sätzen jagte Tenebra über die Ebene. Das lunaeische Tiefland war eine trostlose, abgeschiedene Gegend, in der fast keine Pokémon lebten. Selbst Pflanzen wuchsen hier kaum, nur ein paar schlanke Baumstämme boten dem jungen Nachtara Deckung. Doch die hatte sie gar nicht nötig: sie war viel zu schell, um verfolgt werden zu können. Einige hundert Meter weiter zeichnete sich die noch winzige Silhouette eines Gebäudes ab, das einsam inmitten der Ödnis gen Himmel ragte.
Das musste er sein, der sagenumwobene Lunarschrein! Sie hatte so lange nach ihm gesucht, dass sie kaum glauben konnte, ihn wirklich zu Gesicht zu bekommen. Angeblich war er von einer inzwischen lange vergessenen Zivilisation erbaut worden, die geglaubt hatte, an diesem Ort dem legendären Cresselia nahe zu sein. Das Unlichtpokémon schnaubte leise, dachte aber nicht weiter darüber nach. Schließlich ging es ihr einzig und allein um den Blutstein…
Ihr Bruder Nox hätte sich wahrscheinlich einfach nur zum Spaß auf die Suche danach gemacht. Er war stets mutiger, stärker und selbstbewusster gewesen als sie, war keinem Kampf aus dem Weg gegangen, während Tenebra sich ängstlich versteckt hatte. Nachdenklich betrachtete sie ihre schwarzen Pfoten, die unablässig auf den Boden trommelten. Sie hatte sich seitdem verändert. Aber nicht so sehr durch ihre Entwicklung, sondern aus Notwendigkeit. Nox war seit ungefähr zwei Jahren tot; er hatte sein Leben in einem Kampf gegen ein Despotar verloren.
Die Augen des Nachtara verdüsterten sich, als sie an die ersten Tage ohne ihren Bruder zurückdachte. Wie sie sich, von Trauer und Hilflosigkeit ergriffen, in einer Höhle zusammengerollt und einfach den Regen beobachtet hatte. Bis…
“Bringe mir, was ich begehre, kleine Tochter der Nacht. Dann werde ich dir jenen zurückgeben, den die Schatten dir genommen haben. Du hast mein Wort; erfülle nur diesen Auftrag.”
Tenebra wurde noch schneller, sie konnte den Schrein jetzt deutlicher erkennen.
Wahrscheinlich verdankte sie es Darkrais Angebot, dass sie damals nicht verrückt geworden war. Den Blutstein gegen Nox, ein klassisches Tauschgeschäft.
Sie wusste um die Geschichten, die sich um das leuchtend rote Juwel rankten, doch darüber machte sie sich keine Sorgen: letztendlich ließ sich das magische Mineral nur gegen den Herrscher der Totenwelt einsetzen; es konnte Schatten vernichten, aber keine Neuen entstehen lassen. Was machte es also, wenn sie den Stein für Darkrai besorgte?…
Bestimmt war dieser törichte Störenfried ebenfalls ganz in der Nähe. Das naive Luxio suchte sicherlich ebenfalls nach dem Grenat, wenn auch bestimmt aus niedrigen, verachtenswerten Gründen. Er wollte Ruhm erlangen, soviel konnte sie sich inzwischen zusammenreimen. Doch obwohl sie beide seit etwa zwei Wochen fast nebeneinander reisten, hatte er sie nie bemerkt. Tenebra war es dennoch bisher nicht in den Sinn gekommen, es aus dem Hinterhalt anzugreifen, was sie jetzt bereute. Aber gut… So würde sich eben hier am Ziel ihrer Jagd alles entscheiden. Die goldenen Sicheln auf dem Körper des Nachtara schienen kurz aufzuleuchten. Sie durfte nicht versagen!
Raidens Blick kreuzte plötzlich die unheilvoll funkelnden Augen eines unheimlichen Zaungastes. Ein kohlefarbenes Pokémon, nicht viel größer als er selbst, schien ihn schon eine ganze Weile lang zu beobachten. Raiden wurde es bei dem Anblick dieses Pokémons, trotz seiner langen Einsamkeit sehr unbehaglich zumute.
Plötzlich und ohne Vorwarnung schleuderte die eigenartige Fremde ihm einen düstereren Spukball entgegen. Nur knapp konnte der fassungslose Raiden dem mächtigen Geschoss mit einem rettenden Satz hinter einen der wenigen Bäume entgehen.
Raidens Herz pochte heftig, als die Energiekugel nur unmittelbar in seiner Nähe einschlug und der Boden unter seinen Füßen von der Wucht des Einschlags heftig zu zittern begann. Doch Bange machen galt nicht. Er war vielleicht die einzige Chance, die seinem Dorf endlich den ersehnten Frieden bringen konnte. Pfeilschnell schoss Raiden aus seinem Unterschlupf hervor und ließ einen Schauer aus energiegeladenen Blitzen auf die Position seines Angreifers niederprasseln. Doch die Fremde wich seiner mächtigen Attacke leichtfüßig aus und beantwortete den Angriff mit einem weiteren Spukball. Ein Hechtsprung zur Seite rettete Raiden erneut aus dieser brenzligen Situation. Noch nicht wieder richtig auf den Beinen entgegnete er abermals mit einem Funkenregen auf seine Gegnerin. Wie eine Schlage wand sich seine Gegnerin behände durch seinen Gegenangriff. Sie war einfach zu flink, als dass sie sich einfach von seinen Attacken treffen lassen würde. Doch vielleicht würde ein eher direkter Angriff mehr Wirkung zeigen, dachte Raiden. Mit weiten Seitensprüngen wich Raiden den nachfolgenden Angriffen seiner Rivalin aus und rückte ihr immer näher auf. Als er fast nur noch einen Wimpernschlag von ihr entfernt war, feuerte Raiden ihr einen knisternden Funkenstrom entgegen. Dieses Mal hatte er, wie man so schön sagte, genau ins Schwarze getroffen. Kurze Zeit leuchtete seine Gegnerin hell auf und begann heftig zu zucken, bevor sie regungslos zu Boden ging. Schwer atmend näherte sich Raiden seiner offenbar besinnungslosen Gegnerin.
Gerade als er sich neugierig über ihren starren Körper neigte, wurde Raiden von einem plötzlichen düsteren Schleier gepackt, der von der vermeintlich Bewusstlosen ausging, und umbarmherzig gegen den nächsten Baum geschleudert. Ein heftiger Schmerz durchtränkte Raidens ganzen Körper, während er sich auf einmal auf dem Boden wiederfand. Wutentbrannt rappelte er sich auf und rannte seiner Gegnerin entgegen. Kopf an Kopf kämpften sie verbissen mit ihrer bloßen Körpergewalt weiter. Beide Augenpaare waren von blankem Hass ihrem Gegenüber erfüllt.
Tenebra hatte plötzlich einen metallischen Geschmack im Mund: Blut. So gut sie konnte stemmte sie sich dagegen, versuchte ihrerseits zuzubeißen, vielleicht sogar die Kehle zu erwischen…
„Halt!“ Eine helle, durchdringende Stimme ließ beide Pokemon jäh innehalten. Ein unheimlicher Glanz breitete sich über der kahlen Ebene aus, der sie blendete. In seinem Zentrum schwebte eine sonderbare Gestalt… Tenebra verengte ihre Augen zu Schlitzen, damit sie mehr erkennen konnte - und, ohne dass sie es zurückhalten konnte, entfuhr ihr ein leiser Schrei.
Cresselia. Lila schimmernde Partikel umgaben die große, vogelähnliche Gestalt, welche symbolisch für die Mondsichel stand. Doch das Nachtara hatte nur Augen für den kleinen, scharlachroten Gegenstand, welchen das legendäre Pokémon mit sich trug: Den Blutstein.
„Ich dulde nicht, dass auf mir geweihtem Boden gekämpft wird“, fuhr Cresselia mit schneidender Stimme fort. Sofort rückte Tenebra von ihrem Gegner ab. Das Luxio tat es ihr gleich, während aus einer Wunde an seiner Stirn ein feines Rinnsal Blut sickerte.
„Verzeiht, das wusste ich nicht“, murmelte er ihr ehrerbietig zu. „Ich bin eigentlich in friedlicher Absicht wegen des Blutsteins gekommen, wurde jedoch aus dem Hinterhalt angegriffen...“
Entsetzt fiel ihm das Tenebra ins Wort: „Nein! Das heißt… ja, aber das musste ich tun, denn…“
Ein Blick des legendären Pokémon ließ sie verstummen. Langsam schwebte Cresselia auf beide zu- und ließ das begehrte Kleinod zu Boden gleiten. Tenebras erster Impuls war es, sofort darauf zuzustürzen, doch sie hielt sich zurück; wer wusste schon, was das zu bedeuten hatte?
Eine zarte Brise fuhr über das Land, die sie den Kopf heben ließ. Ebenso merkte die personifizierte Mondsichel auf, schien für einen Moment dem Flüstern des Windes zu lauschen. Dann seufzte sie.
„Das hatte ich schon befürchtet. Hört mir gut zu. Ihr selbst sollt entscheiden, wer von euch den Blutstein erhält. Ich überlasse ihn euch gerne. Aber zuerst möchte ich euch die Wahrheit sagen, denn auf gewisse Weise wurdet ihr beide betrogen.“
„Betrogen?“ Tenebra begann unwillkürlich zu zittern. Was bedeutete das? Etwa…. Sofort verscheuchte sie den Gedanken und beobachtete stattdessen, wie Cresselia mit dem Luxio redete. „Was die Weisen deines Dorfes dir sagten, beruht nur zum Teil auf der Wahrheit, Raiden. Es stimmt, dass die Alpträume Darkrais Werk sind, doch wenn du es mit dem magischen Juwel besiegen würdest, wäre das unser aller Untergang. Ich weiß, das ist schwer für dich zu verstehen, aber ohne die ewigen Schatten kann auch kein Licht existieren; so wie das Gute das Böse braucht, um zu existieren.“ Der schwarzblaue Luchs schien wie vom Donner gerührt.
„Dann war die ganze Reise hierher also völlig umsonst?“, fragte er fassungslos.
Doch Cresselia wandte sich bereits Tenebra zu, die plötzlich eine unglaubliche Leere in sich fühlte. „Darkrai wird meinen Bruder nicht von den Toten zurückholen, egal, ob ich ihm den Stein bringe oder nicht, stimmt‘s?“, wisperte sie leise. Cresselia nickte. In ihren violetten Augen schimmerte Mitleid. „Es mag der Herrscher der Schatten und der Unterwelt sein, doch Leben wiederzugeben vermag selbst mein Bruder nicht. Es tut mir leid.“
Tenebra glaubte in bodenlose Tiefe zu fallen, doch nichts geschah. Früher hätte sie vielleicht geweint… das schien Jahrtausende zurückzuliegen. Nox war für immer verloren.
„Ich will den Stein auch nicht mehr haben“, sagte sie schließlich und sprach so gleich für das Luxio mit. „Am besten bleibt er dort, wo er jetzt ist.“ Ihre Stimme war von Bitterkeit erfüllt. Wie durch einen dichten Schleier hörte sie, wie Raiden ihr Recht gab.
„Das ist eine kluge Entscheidung“, entgegnete Cresselia und hob das funkelnde Mineral wieder auf.
Ein letztes Mal blinkte das tiefe Rot auf, dann war das legendäre Pokémon verschwunden- was blieb, war die Leere. Statt des überirdischen Glanzes umgab sie erneut die Tristesse des lunaeischen Tieflandes. Mehrere Minuten lang blieb Tenebra still stehen und ließ sich vom sanften Wind über das Fell streichen. Sie musste sich erst über ihre Gefühle klar werden, bevor sie sich umdrehte. Nichts weiter als der Wald, den sie vor Kurzem verlassen hatte, erwartete sie nun. Und die Trauer.
Das Wasser schlug tosend vor der Küste gegen die Felsen, mit voller Wucht sprengte es winzige Nadeln der Steine ab.
Die entfesselte Macht der Natur trieb Keile in die Mauer der beständigen Klippen. Würde man über den Rand schauen, so lief man Gefahr, von einer übermächtigen Faszination ergriffen zu sehen, von den tobenden, fauchenden Wassermassen ganz und gar in den Bann geschlagen zu werden.
Die weiße Gischt glänzte sekundenlang in der gleißenden Sonne, bevor sie ins Meer zurückfiel. Der endlose Takt des Zurückziehens und Heranbrausens der Wellen schien sich im Gleichklang mit dem Herzschlag eines jeden Lebewesens zu befinden, das Krachen und Rauschen des Wassers an den Felsen wurde zum Atem eines gigantischen Tieres. Diese Magie, die Kraft des Meeres, wohnte jeder hier gestrandeten Seele inne, jedem Menschen, der Ruhe suchen könnte. Eine beständige Lebenskraft.
Doch heute war das Meer nicht ruhig und blau wie der Himmel, sondern tintenschwarz und von einem Sturm zerrissen. Stärker als sonst prallten die harten Wellen gegen das Gestein und trugen ganze Felsbrocken hinfort. Das Meer schien, als wolle es die Welt in sich verschlingen und jeder einsame Wanderer, welcher des Weges kam, war fasziniert und verängstigt zugleich ob dieser gewaltigen Machtdemonstration der Natur. Selbst die Vögel hatten zu zwitschern aufgehört, erwarteten sie doch jeden Moment den Regen.
Über dem aufgewühlten, schwarzen Meer leuchtete der Mond finster auf die Welt hinab.
Tausende Meter über ihnen zogen sich die Wolken über den gesamten Horizont und ließen keinen einzigen Lichtstrahl mehr hindurch. Der Herzschlag des Meeres wurde zu einem ohrenbetäubenden Brüllen, der Wind peitschte eiskalt und schwer von Wassertropfen über die rauen Gebirgszüge der Insel. Das wenige Gras wellte sich unter den Böen des Sturmes, kahle Bäume verloren den Halt auf dem sandigen Grund und über den Bergflanken bäumten sich finstere Wolken zu einer wandartigen Gewitterfront auf.
Tief unten im Meer regte sich etwas. Dunkles Grollen war zu vernehmen und ein sanfter Wirbel aus Wasser, Algen und Luftblasen verdichtete sich langsam und bildeten einen kleinen Unterwassertornado. Die Fische verschwanden schnell und versteckten sich unter losen Steinen, als das Grollen sich zu einem Brüllen formte. Rote Augen leuchteten auf und aus dem Tornado schoss ein mehrere Meter langes Wesen Richtung Wasseroberfläche.
Der Sturm hatte nun vollends seinen Höhepunkt erreicht und Bäume so wie Steine flogen wie Spielzeug durch die Luft. Das Wasser riss immer größere Brocken aus der Klippe und am Himmel blitzte und donnerte es. In diesem Inferno der Naturgewalten konnte niemand überleben.
Mit einem Mal zog sich das Wasser von der Erde zurück, der Sturm verebbte und alle Welt schien sich auf einen dunklen Fleck im Meer zu konzentrieren. Alles Meerwasser zog sich nach dorthin zurück und es schien fast so, als ob auch die Macht des Himmels, des Blitzes und des Donners, sich an dieser Stelle konzentrierte.
Ein markerschüttendes Brüllen erklang und ließ die ganze Welt erzittern und dann tauchte sie auf: Zwölf Meter in der Länge und mehrere Fuß dick, ein blaues Monster, auch bekannt als Schlange der Meere, schoss aus dem Wasser und in dem neu aufkommenden Sturm, welcher nur auf ihr Erscheinen gewartet hatte, trug der Wind ihr Brüllen bis hin zu den weit entferntesten Winkeln der Welt, während ihre Augen im Aufleuchten der Blitze rotfunkelten. Tobend vor Wut und unerklärlichem Zorn fuhr die Schlange herum, peitschte mit ihrem Schwanz über die Wellen und sah sich in der allumfassenden Dunkelheit um. Ihre saphirblauen Schuppen glänzten und reflektierten das spärliche Licht der Sterne, während sie grollend den Kopf hob und ihren filigranen Flossenkranz am Hals aufstellte. Fauchend schlängelte sie sich durch das aufgewühlte Meer auf der Suche nach anderem Leben. Auf ihrem Weg zerstörte sie mit nur einem einzigen Senken des Kopfes ganze Landschaften, bevor sie mit einem freudigen Grollen weiterzog.
Als sie schließlich an einer einzelnen Siedlung ankam, welche ungeschützt an der sich bereits auflösenden Klippe stand, und ihren langen Hals gen Himmel reckte, um eine Flut des Wassers zu beschwören, ließ ein hohes, lautes Geräusch sie herumwirbeln. Die Wolken lösten sich plötzlich auf und die Sonne, welche allmählich aufging, schien rund und hell auf die wilden, schäumenden Wellen hinab. Und aus den sich lichtenden Wolken flog ein Geschöpf herab, so unwirklich wie die Seeschlange selbst. Hätte ein Mensch es gesehen, hätte er geweint vor Freude, ein so atemberaubend schönes Geschöpf zu Gesicht zu bekommen.Der flammenrote Phoenix, Gott des Feuers, stieß einen weiteren glockenhellen Laut aus und flog auf die Seeschlange zu.
Der schöne Vogel breitete weit die Schwingen aus, kreiste über der einsamen Siedlung und verströmte ein warmes, weiches Licht, welches sich über die Felsinsel ausbreitete und die Seeschlange so sehr blendete, dass sie zornig brüllend die Augen zukniff. Mit der Flosse schlug sie auf die Wasseroberfläche und rief eine gewaltige Welle hervor, die, in der Sonne glitzernd, in die Luft stieg.
Der Phönix stieß einen eindrucksvollen Schrei aus, drehte sich elegant und stieß aus der Höhe hinab, der Wand aus Wasser entgegen.
Ein unglaublicher Windstoß traf auf die Welle und zerbarst sie wie ein zierliches Glas, gefolgt von einem brennend heißen Feuerball, der über das Meer hinwegfegte und fast die Schuppen der Seeschlange verbrannt hätte.
Sie tauchte tiefer in das Wasser und verbarg sich in dessen schützender Dunkelheit, zwischen den meterhohen Tangbüscheln, und wartete darauf, dass der Feuervogel näher herankäme. Doch dieser erkannte sehr wohl die Gefahr und wartete nun seinerseits in den schützenden Lichtstrahlenden der gleißenden Sonne.
Eine Zeit lang passierte nichts, sogar das Meer, welches zuvor noch zerstörerisch und unberechenbar gewesen war, lag nun still und friedlich dort, als wäre es ein Spiegel, der die Welt reflektierte. Seeschlange und Feuerphönix warteten lange, bis schließlich beide die Geduld verließ und sie mit einem erderschütternden Schrei erneut die Macht der Natur entfesselten.
Der Phönix sah den Kopf des Meereswesen aus der Tiefe emporsteigen, legte die schönen Flügel an und schoss hinunter. Ein feuriger Schein umgab seine Federn, als er sich mutig der brüllenden Seeschlange entgegenstellte. Wasser schlug tosend gegen Flammen, Finsternis gegen Licht. Eine tödliche Stille legte sich über den Kampfplatz, als die Kontrahenten wieder auseinander sprengten. Die Schlange krümmte sich und schlängelte wild durch das Wasser, das sich langsam tiefrot färbte; aber die Wunde war nicht schlimm genug gewesen. Wütend stieg der Phönix wieder empor, denn er durfte nicht zulassen, dass den Tieren auf der Insel etwas geschah.
Und dann, inmitten der gewaltigen Schlacht zwischen Wasser und Feuer, Leben und Tod, regte sich etwas am Horizont und begann, immer größer zu werden. Es war ein gewaltiger Tornado, erschaffen aus Wind und Blättern, der auf die Rivalen zuflog und sie schließlich voneinander trennte.
Kaum war der Wirbel durch die aufeinanderprallenden Angriffe hindurchgeschossen, wendete er und ein hoher Schrei erklang. Wie auf ein Zeichen hin stoppten der Phoenix und die Wasserschlange ihre Attacken und starrten wie gebannt auf den Tornado, aus welchem sich langsam ein braunweißer Greif zu formen schien.
Die Kontrahenten hatten nicht mehr die Kraft, dem Angriff aus der Luft standzuhalten. Mit einem lauten, rauen Schrei fegte der Greif zwischen den beiden hindurch, seine Krallen fuhren drohend durch die Leere.
Die schon angerichtete Zerstörung war nicht zu übersehen. Zerfetzte Bäume trieben auf dem Wasser, eine Lawine aus Schutt und Gestein hatte die Felsinsel überrollt und viele Tiere unter sich begraben.
Mit glühend goldenen Augen stellte sich der Greif zwischen die Seeschlange und den Phönix. Er musste diesen Kampf beenden, denn er war sinnlos.
Ein letzter Schrei ertönte, dann stürzte das Wesen der Lüfte auf die Kämpfenden hinab.
Mit festen Schritten stapfte der junge Krieger Zen über den durch viele Füße aufgeweichten Boden des Heerlagers. Er musste sich beeilen, denn man hatte ihm eine wichtige Aufgabe anvertraut. Es ehrte den Jüngling, denn das zeugte von dem Vertrauen, das seine Kameraden in ihn setzten. Aber was keiner wusste war, dass Zen in Wirklichkeit Serena hieß und eine Frau war. Hätte das jemand herausgefunden, wäre es wohl ihr Todesurteil gewesen. Doch das Risiko war sie gerne eingegangen. Um für ihre Heimat und ihr Volk kämpfen zu können, war sie bereit gewesen alles aufzugegeben, was sie je geliebt hatte: ihre Familie, ihre Heimat, ihr Leben und ihr Dasein als Frau. Aber sie glaubte fest an die Ideale ihres Herren und kämpfte mit Leib und Seele.
Vor dem Zelt des Heerführers verharrte sie einen Augenblick, bevor sie die schwere Plane zurückschlug und den kleinen Raum betrat. Ihr Vorgesetzter begrüßte sie mit einem Nicken und erklärte ihr noch einmal die Einzelheiten ihres Auftrages. Das Blut pulsierte in ihren Ohren, wie immer, wenn sie ihm gegenüberstand. Sie war so unbeschreiblich in ihn verliebt, durfte dies aber niemals zeigen. Um ihn zu schützen, würde sie sogar sterben.
Als sie aus dem Zelt traten, wartete bereits ein Jüngling mit einem schlanken Pferd, das zwischen den schweren Schlachtrössern fehl am Platz wirkte. Geschmeidig schwang sich Serena in den Sattel, packte die Zügel mit einer Hand und zog mit der anderen ihr Schwert. Dann gab sie dem Pferd die Sporen und preschte im gestreckten Galopp aus dem Lager, bevor die feindlichen Truppen die Schlacht eröffnen konnten.
Krieg ist eine Geißel, die sich die Menschen selbst geschaffen haben. Von wegen „Kämpfe für das, was du liebst!“, alles was sie hier taten, war ihren Kopf für irgendwelche politischen und materiellen Ziele hinzuhalten, die Könige und Adlige verbrochen hatten.
Während Naomi sich wutschnaubend die Äste der Bäume aus dem Weg hielt, musste sie an die verbrannten Häuser und Stallungen denken, die die feindlichen Soldaten in ihrem Heimatdorf zurückgelassen hatten. Anfangs hatte sie all ihren Hass und ihren Zorn auch auf eben jene Krieger fokussiert, hätte jeden von ihnen am liebsten bei lebendigem Leibe in Stücke gerissen, um ihre Familie zu rächen. Doch inzwischen hatte sie miterlebt, dass auch ihre Seite ein Verbrechen nach dem anderen an der Menschlichkeit verübte.
Rache hatte sie dazu gebracht sich als Mann zu verkleiden und zur Armee zu gehen, doch die Realität hatte sie gelehrt ihre Rüstung und Waffen zu verabscheuen. Gerade jetzt tobte hinter ihr wieder ein heftiger Kampf, von dessen Feld sie sich davongeschlichen hatte. Irgendwann würde der Lärm verebben und sie würde ins Lager zurückkehren, als sei nie etwas gewesen. Bis dahin würde sie sich hier im Wald ein ruhiges Plätzchen suchen.
Sobald Serena den Schutz des Waldes erreicht hatte, zügelte sie ihr Pferd und ließ es im Schritt gehen. Aufmerksam spitzte das Tier die Ohren und auch die junge Frau nahm die Geräusche der Schlacht in ihrem Rücken wahr. Auf einmal erschien ihr ihre Aufgabe doch nicht mehr so ehrenhaft. Als Krieger hätte sie gemeinsam mit ihren Kameraden kämpfen müssen, doch stattdessen schlich sie sich hier heimlich davon.
Das Pferd verharrte und starrte mit aufgerichteten Ohren nach vorne. Die leichte Lederrüstung Serenas knarrte leise, als sie sich im Sattel aufrichtete und mit den Augen dem Blick ihres Reittieres folgte. Sie wusste, dass es etwas gewittert haben musste. Und tatsächlich entdeckte sie eine Gestalt in dem dichten Gestrüpp. Anhand der Farben der Rüstung erkannte sie, dass es sich um jemanden aus der gegnerischen Truppe handeln musste. Und ein Krieger, der während einer Schlacht im Wald versteckt wartete, konnte ihrer Meinung nach nur ein Späher sein. Entschlossen packte sie ihr Schwert fester und trieb ihr Ross mit vollem Tempo auf den Feind zu. Wenn sie schon nicht ihren Kameraden im Kampf beistehen konnte, würde sie ihnen zumindest helfen, indem sie diesen Späher ausschaltete.
Ihr Gegner stieß einen erschrockenen Schrei aus, als Ross und Reiter durch das Gestrüpp brachen. Das Pferd bäumte sich daraufhin panisch auf und Serena, die damit nicht gerechnet hatte, verlor den Halt und stürzte. Instinktiv rollte sie sich ab und richtete sich unverletzt wieder auf. Schnell ergriff sie ihr Schwert, das sie beim Sturz fallen gelassen hatte und ging in Kampfstellung. Sie wusste, dass sie einem Mann in Kraft unterlegen war und ihre leichte Rüstung nur einen schwachen Schutz bot, aber dafür war sie flink und wendig. Und sie hatte nicht vor zu verlieren.
Sie hätte in dem Moment wegrennen sollen, als ihr Gegner am Boden gelegen und sie noch die Chance dazu gehabt hatte. Doch nun war es zu spät. Naomi befand sich genau dort, wo sie niemals hatte sein wollen: In einem Kampf.
Der Soldat der anderen Truppe war relativ klein und schmächtig, fast wie eine Frau gebaut. Trotzdem signalisierten die leuchtenden Augen unter dem Helmvisier und die präzise Bereitschaftshaltung zum Schwertkampf mehr Kampfesmut, als man so manchem Riesen von Mann zutrauen würde. Naomi war froh, dass sie in ihrer schweren Rüstung und hinter dem großen Breitschild ihres Heeres viel kräftiger und furchteinflößender wirkte, als sie in Wirklichkeit war. Zwar zwangen Metall und Gewicht des Schildes sie dazu langsam zu kämpfen, aber leichte Lederteile hätten ihre feminine Gestalt zu schnell enthüllt, weswegen sie sich an die massige Ausrüstung gewöhnt hatte.
Ihr Gegenüber observierte jede ihrer Bewegungen und schien abzuwägen, wie er sie am leichtesten würde töten können. „Blutdurstiger Bastard“, schoss es der jungen Frau durch den Kopf. Wie konnte jemand nur so bereitwillig sein Schwert ziehen und es auf einen Kampf anlegen? Bedächtig zog sie ihren Anderthalbhänder aus der Scheide und positionierte ihren Schild so vor sich, dass er ihre linke, unbewaffnete Hälfte etwas abschirmte.
Kaum war dies geschehen, sprang der Kavallerist auch schon mit einem gellenden Schrei – der ihr wohl hatte Angst einjagen sollen – auf sie zu und attackierte sie mit seinem Breitschwert. Seine Klinge hatte eine geringere Reichweite, aber dafür konnte er sie schneller schwingen. Kaum hatte Naomi seinen ersten Schlag abgeblockt musste sie schon dem nächsten ausweichen. Mit ihrer Balance war es nicht weit her und so wäre sie beinahe gestürzt, als sie sich zur Seite drehte, um der Stechbewegung des anderen auszuweichen. Dem entlockte die unbeholfene Taumelbewegung ein Lachen.
Hätte die junge Soldatin in diesem Moment darüber nachgedacht, wäre ihr wohl aufgefallen, dass das Lachen ihres Gegners etwas zu hell und zu leicht für eine Männerstimme geklungen hatte, aber einen weiblichen Kämpfer hätte sie nie erwartet und der Schlagabtausch, der nun folgte, zog ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich und beanspruchte ihre gesamte Konzentration.
Vielfach gefalteter Stahl traf auf Eisenbeschläge und Rüstungsplatten, Klinge auf Klinge und Schneide auf Haut. Als ihr Gegner zum ersten Mal durch ihren Lederhandschuh bis zum Arm drang und ihr dort einen tiefen Schnitt verpasste, musste Naomi die Zähne zusammenbeißen um nicht laut aufzuheulen. In ihren Augenwinkeln sammelten sich Tränen und sie war froh, dass ihr Helm ihr Gesicht vollständig verdeckte. Ihr Gegner hätte sich über ihre Wehleidigkeit gewiss gerne lustig gemacht. Und das, obwohl er gar kein Recht dazu hatte. Was war denn so schlimm daran Schmerzen nicht runterzuschlucken sondern ob ihrer zu wehklagen? Der Gedanke an Hohn, Schmach und Arroganz wühlte die junge Frau auf. Wütend hieb sie mit ihrem Schwert nach dem Feind, der sie zwar bremsen, aber nicht komplett abblocken konnte. Die Waffen schlugen so aufeinander, dass die Funken sprühten und es gab ein Geräusch, kreischender als Kreide auf einer Schiefertafel.
Dieser Laut erinnerte Naomi an die Schreie ihrer kleinen Schwester, als die feindlichen Soldaten sie an den Haaren gepackt und in eine Scheune geschleift hatten. Was sie dort mit ihr gemacht hatten wollte keiner denken oder annehmen, aber die Rufe der Angst und des Schmerzes, vermischt mit Schluchzen und der Bitte, sie doch endlich gehen zu lassen, hatten sich tief in die Gedanken der damals versteckt gewesenen Achtzehnjährigen eingebrannt. Hass und Verzweiflung mochten keine guten Anreize zum Kampf sein, aber sie waren das einzige, was Naomi in diesem Moment in den Sinn kam. Blind vor Tränen und aufgewirbeltem Dreck schlug sie auf ihren Gegner ein. Ihr war egal, ob sie ihm eine größere Angriffsfläche bot, als sie ihr Schild fallen ließ, und ihr war auch egal, dass sie keine Ordnung, keine Muster oder Parrierungen in ihren Hieben hatte, sie wollte nur noch die Schreie aus ihrem Kopf verdrängen.
Volkommen überrascht von der Raserei seiner Gegnerin wich der feindliche Soldat zurück und stolperte am unebenen Waldboden über eine Wurzel, die ihn zu Fall brachte. Es war die perfekte Gelegenheit ihn zu erledigen, ein einziger, seitlich geführter Schlag und sein Kopf wäre sauber von seinem wendigen Rumpf getrennt. Doch nun, als Naomi plötzlich die Gelegenheit hatte die Sache zu beenden, erschrak sie vor sich selbst. Allein die Tatsache, dass sie daran gedacht hatte jemanden zu töten, jagte ihr kalte Schauer über den Rücken.
Während der andere ihr Zögern nutzte, um wieder auf die Beine zu kommen, taumelte die junge Frau. Ihre Rüstung erschien ihr so schwer wie nie zuvor, sie war nicht einmal in der Lage ihr Schwert zu heben, um den nächsten Angriff abzublocken und als warmes Blut aus ihrer Schulter floss, dort wo er sie getroffen hatte, jaulte sie laut auf vor Schmerzen, ohne Rücksicht auf das, was ihr Feind sagen würde. Sie fiel auf die Knie und fluchte, hoffte nur noch, dass die Schinderei ein schnelles Ende nehmen würde. Sie wollte nicht mehr kämpfen.
„Traurig, ein Land, das keine Helden hat.“, höhnte ihr Feind plötzlich mit kratziger, heiser klingender Stimme. „Du schaffst es nicht jemanden zu erledigen, wenn du die Gelegenheit hast und jammerst über deine Wunden wie ein Mädchen.“
„Nein, traurig, ein Land, das Helden wie dich nötig hat.“, erwiderte Naomi und riss sich den Helm vom Kopf, damit man sah, dass sie eine Frau war. „Und zu deiner Information: Ich bin ein Mädchen!“
Serena war wie versteinert. Mit allem hatte sie gerechnet, aber nicht damit, dass ihr Gegner sich als Frau entpuppte. Einige endlose Augenblicke starrte sie auf das vor ihr kniende Mädchen. Dann hob sie unendlich langsam die Hände und nahm selbst den Helm ab. Im Gegensatz zu der anderen, sah man ihr ihre Weiblichkeit nicht an, da sie ihr Haar kurz geschnitten trug. „Nur weil du ein Mädchen bist, heißt das noch lange nicht, dass du schwach bist und vor einem Mann im Dreck liegen musst.“, fuhr Serena die andere an, wobei sie diesmal ihre Stimme nicht verstellte, „Also komm gefälligst wieder auf die Beine.“ Mit diesen Worten hielt sie der verdutzten Gegnerin die Hand hin und half ihr auf. „Auch wenn man es mir nicht ansieht, ich teile dein Schicksal.“, murmelte Serena.
Der hinter ihnen tobenden Kampf war vergessen. So standen sich in dem Wald, der an das Schlachtfeld angrenzte zwei Frauen gegenüber, die nicht unterschiedlicher hätten sein können. Und doch verband beide ein gemeinsames Schicksal, das sie alle Unterschiede vergessen ließ. Ohne etwas zu sagen, fielen sich die beiden Kriegerinnen in die Arme und verharrten so schweigend für den Rest dieses scheinbar unendlichen Augenblicks. Es bedurfte auch keiner Worte. Keine der beiden interessierte sich für den Namen oder die Geschichte der anderen. Das war in diesem Moment unwichtig. Für beide zählte nur, dass sie nicht alleine waren, dass es noch jemand anderes gab, der dieselbe Maske zur Schau trug, wie sie selbst.