Oft steht man vor dem Beginn einer neuen Story vor der Entscheidung: In welchem Tempus (=Zeit) schreibe ich?
Texte, die in der Vergangenheit geschrieben wurden, sind stark verbreitet; wahrscheinlich ist genau dies auch der Grund, weshalb viele ihre Geschichten im Präteritum veröffentlichen. Doch ist dies keinesfalls etwas Schlechtes, sondern eher eine Geschmackssache.
Im Folgenden werden die zwei verbreitetesten Zeitformen näher erklärt, um euch eine kleine (Entscheidungs-)hilfe zu geben.
Inhalt:
- Präsens
(Gegenwart)
__Aktuelles Präsens
__Historisches Präsens
__Futurisches Präsens
- Präteritum
(1. Vergangenheit)
- Perfekt/Futur
(2. Vergangenheit/Zukunft)
1. Präsens (Gegenwart)
Das Präsens wird nur ziemlich selten in Stories oder Geschichten benutzt, umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass jetzt immer mehr Bücher erscheinen, welche komplett im Präsens, also der Gegenwart, geschrieben wurden. Dieser Tempus eignet sich unter anderem besonders gut für die Ego-Perspektive; das heißt eine Story erzählt in der ersten Person Singular. Da die Gegenwart beschrieben wird und somit auch unmittelbare Geschehnisse aufgegriffen werden, entsteht oft mehr Spannung, wenn man mit den Charakteren unerwartete Wendungen eingehen will. So wirkt es zum Beispiel viel spannender, wenn euch jemand "live" erklärt, was gerade passiert und dieser selber nicht einmal die weiteren Geschehnisse kennt (und ebenso verwirrt ist, wie ihr vielleicht), als wenn euch eine Gegebenheit nacherzählt wird, was leicht langweilig erscheinen kann.
Präsens: Ich bin geschockt! Wie kann er sowas nur sagen; wieso tut er so etwas nur? Meine Knie werden weich, ich sinke zu Boden, während sich meine Augen mit Tränen füllen.
Präteritum: Ich war geschockt! Wie konnte er so etwas nur sagen; wieso tat er so etwas nur? Meine Knie wurden weich, ich sank zu Boden, während sich meine Augen mit Tränen füllten.
Was euch vielleicht auch noch aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass derselbe Inhalt im Präteritum leicht konstruierter wirkt, als im Präsens. Auch das liegt daran, dass die Gegenwart die Handlungen sofort aufnimmt und wiedergibt; so also vom Charakter nicht künstlich abgewandelt werden, sondern "unzensiert" an den Leser gelangen.
Mit eben diesen Mitteln ist man in der Lage sehr interessante Texte verfassen, gerade weil man mit dem Leser leicht spielen kann.
Natürlich existiert es auch die Möglichkeit einen allwissenden Erzähler im Präsens einzusetzen, jedoch gibt es da oftmals Stellen, die dann eher unebener wirken. Man sollte sich bei der Wahl des Erzählers also Gedanken darüber machen, welche Ziele man selber und die Story verfolgen und danach die Perspektive wählen.
Präsens: Sie ist geschockt. "Wie kann er sowas nur sagen; wieso tut er so etwas nur?", denkt sie. Ihre Knie werden weich, sie sinkt zu Boden, während sich ihre Augen mit Tränen füllen.
Präteritum: Sie war geschockt. "Wie konnte er sowas nur sagen; wieso tat er so etwas nur?", dachte sie. Ihre Knie wurden weich, sie sank zu Boden, während sich ihre Augen mit Tränen füllten.
Aktuelles Präsens
Beispiel: Ich fahre in einem Bus zur Schule.| Jeden Tag fahre ich mit dem Bus zur Schule.
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Historisches Präsens
Beispiel: 753 wird Rom gegründet.
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Futurisches Präsens
Beispiel: Ich schreibe in einer Woche eine Arbeit.
2. Präteritum (1. Vergangenheit)
Wie schon öfter betont ist das Präteritum die wohl am häufigsten genutzte Zeitform in Büchern oder Ähnlichem. In Verbindung damit steht auch oft der allwissende Erzähler, welcher - wie der Begriff schon sagt - aus einer Perspektive eines Beobachters schreibt und alle Handlungen einsehen kann; auch schon die, die noch nicht geschehen sind.
Die Vergangenheitsform unterstützt diese Ausführungen, da der Leser so das Gefühl hat, jemand, der hautnah dabei war, würde seine eigenen Erfahrungen wiedergeben. Einen kleinen Vorteil für etwas unerfahrenere Autoren bringt diese Perspektive ebenfalls: Emotionen von Charakteren können direkt benannt werden und müssen nicht durch einen bestimmten Satzbau oder Ähnliches beschrieben werden. ("Du lügst!", schrie sie aufgebracht./"Ich liebe dich", sagte er und blickte schüchtern auf seine Füße.)
Im Vergleich dazu scheint die "Ich-Perspektive" an die zweite Stelle zu treten. Zwar eignet sich diese Perspektive auch für die Vergangenheitsform, jedoch ist es hier von Nöten, viel mehr Beschreibungen von Emotionen und Gefühlen mit einzubringen; der ganze Text sollte davon durchsetzt sein, aber so, dass der Leser dies als normal hinnimmt, was vielen Autoren sehr schwer fällt und auch meist nur mit viel Übung "erlernt" werden kann. Außerdem wirkt es besonders interessant auf den Lesenden, wenn sich die Satzlänge dem geistigen Zustand anpasst. So sind in hektischen Situationen eher kürzere Sätze angebracht, während in ruhigen Szenen recht lange, vielleicht auch verschachtelte Sätze die Wirkung verstärken.
Ich-Perspektive: Ich hielt es nicht mehr länger aus, ich musste raus hier! Einfach nur weg von ihm, weg von dem, was mir geschehenen war. Ich hasste es, ich hasste es vor etwas zu fliehen, doch zwang er mich immer wieder dazu.
Allwissender Erzähler: Sie hielt es nicht mehr länger aus, sie musste dort hinaus! Einfach nur weg von ihm, weg von dem, was ihr geschehen war. Sie hasste es vor etwas zu fliehen, doch zwang er sie doch immer wieder dazu. Doch sie ahnte nicht, was noch auf sie warten würde.
3. Perfekt/Futur (2. Vergangenheit/Zukunft)
Diese beiden Zeitformen werden nur selten in Geschichten genutzt. Häufig finden sie in Dialogen, (inneren) Monologen, oder einfach wörtlicher Rede, Verwendung. Eine Story komplett in einer der beiden Zeiten zu schreiben ist eher unpassend. Trotzdem solltet ihr darauf achten das Perfekt und das Futur passend in eurer Story einzubauen. So können Einwürfe wie "Doch sie ahnte nicht, was noch auf sie warten würde." die Spannung eines Abschnittes sehr steigern und eher trockene Parts voran treiben oder interessanter wirken lassen. Das Perfekt verwendet man oft, wenn Geschichten im Präteritum geschrieben werden (kleine Anm.: Neben dem Perfekt kann man auch das Plusquamperfekt benutzen, welches auch weiter verbreitet ist). Werden in eben solchen Texte vergangene Ereignisse beschrieben, so sollte man zum Perfekt/Plusquamperfekt greifen.
Das Perfekt in Verbindung mit dem Präsens zu benutzen wirkt oft sehr konstruiert und lässt sich meist auch mit dem Präteritum lösen.
Perfekt: Ich ging die Straße entlang. Früher habe ich hier oft gespielt, doch nahmen diese schönen Zeiten ein abruptes Ende.
Plusquamperfekt: Ich ging die Straße entlang. Früher hatte ich hier oft gespielt, doch nahmen diese schönen Zeiten ein abruptes Ende.
Futur: Ich ging die Straße entlang. Morgen würde ich ihn endlich wieder sehen.
In welcher Zeit ihr eure Texte verfassen wollt, ist natürlich komplett euch überlassen. Macht euch jedoch Gedanken darüber, wie sehr die Zeit, in der eure Story erzählt wird, die Handlung unterstützen soll. Meist ist man mit dem Präteritum auf der richtigen Seite.
Falls noch Fragen vorhanden sein sollten, oder Beispiele bewertet werden sollen, könnt ihr das in diesem Topic posten.