An dieser Stelle möchte ich gerne einen Thread über eine Buchreihe eröffnen, die mir sehr am Herzen liegt und die – selbst wenn man die Bücher nicht kennt – ordentlich Material zum Diskutieren bietet: Philip Pullmans „His Dark Materials“.
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[tabmenu][tab=Handlung]Hauptcharakter ist die 12jährige Lyra Bellaqua, die in Jordan College in Oxford von den Wissenschaftlern großgezogen wird, seit ihr Onkel Asriel sie als Kind dort abgegeben hat. Eines Tages schleicht sie sich zusammen mit ihrem Dæmon Pantaleimon in das Ruhezimmer der Wissenschaftler, in dem Kinder und Frauen eigentlich verboten sind, und rettet ihrem Onkel das Leben, da sie ihn vor vergifteten Wein warnt. Ohne, dass sie es weiß, beginnt dadurch ihr Abenteuer, da sie kurz darauf – im Schrank des Ruhezimmers versteckt – zum ersten Mal von „Staub“ hört, einer seltsamen Substanz die Erwachsene, aber nicht Kinder umgibt und die von der Kirche gefürchtet wird.
Kurz darauf erscheint eine hübsche Frau in Jordan College: Miss Coulter, deren Dæmon ein hübscher, goldener Affe ist. Diese will Lyra als ihre Assistentin mit den den Norden, wo Lord Asriel eine fremde Stadt im Nordlicht fotografiert hat, nehmen. Doch es stellt sich bald heraus, dass Miss Coulter nicht so nett ist, wie Lyra zuerst dachte, und sie die Anführerin der Gobler ist – und die Gobler stehlen Kinder und haben auch Lyras besten Freund Rodger entführt! Als sie auch noch versucht, das Alethiometer, den Wahrheitsmesser, den Lyra vom Rektor Jordan Colleges zum Abschied bekam, zu bekommen, flieht Lyra und beginnt damit ein Abenteuer, dass sie nicht nur in den kalten Norden, sondern auch in gänzlich neue Welten bringt.
Dabei ist Lyra sich nicht dessen bewusst, dass all dies ihr Schicksal ist, dass damit enden soll, das Schicksal selbst zu beenden.
[tab=Charaktere]Lyra Belacqua/Silvertongue (Listenreich)
Lyra ist in Jordan College in ihrem Oxford aufgewachsen, wo sie von den Wissenschaftlern großgezogen wurde. Sie ist ein Wildfang, der viel draußen ist und zusammen mit seinen Freunden die Stadt und das College erkundet und sich als Anführerin der College-Kinder wilde Schlachten mit den Stadtkindern oder den Kindern der Gypter liefert. Auch ist sie eine gute Lügnerin, die es mag, Geschichten zu erzählen.
Vom Schicksal bestimmt kann sie das Alethiometer lesen, ohne dies je gelernt zu haben.
Ihr Dæmon Pantalaimon kann die Gestalt noch wechseln, da Lyra noch nicht erwachsen ist.
Will Parry
Will Parry kommt, anders als Lyra, aus unserer Welt, wo er seit sein Vater verschwand mit seiner paranoiden Mutter allein lebte. Eines Tages findet er ein Fenster, das ihn in eine fremde Welt bringt, wo er auf Lyra trifft. Doch sein Treffen mit Lyra ist, wie sich herausstellt, kein Zufall. Denn nicht nur war sein Leben schon länger, als er wusste, mit anderen Welten verbunden, sondern er ist auch auserwählt das „magische Messer“ zu führen, das Fenster zwischen den Welten öffnen kann.
Lord Asriel
Es war Lord Asriel, der Lyra nach Jordan brachte, nachdem ihre Eltern angeblich bei einem Luftfahrtunfall gestorben waren. Er ist Forscher und Abenteurer und wird von allen Leuten mit Respekt behandelt, auch wenn Lyra nicht weiß, woran er eigentlich forscht. Jedoch weiß sie, dass es etwas mit Staub zu tun hat – jenen Teilchen, die im Nordlicht zu sehen sind und die auch Erwachsen gänzlich umgeben.
Was Lyra nicht weiß, dass ihr angeblicher Onkel eigentlich ihr Vater ist, und die ganze Zeit nach einem Weg sucht, eine Brücke zwischen den Welten zu schlagen.
Sein Dæmon Stelmaria hat die Gestalt eines Schneeleoparden.
Marisa Coulter
Miss Coulter, die keine Wissenschaftlerin ist, aber angeblich auch den Norden erforschen will, holt Lyra aus Jordan College und nimmt sie mit sich nach London, wo sie Lyra ausbildet. Miss Coulter ist wortgewandt und hat großen Einfluss auf Politiker, Forscher und andere Leute mit Namen und erscheint als edle Dame, ist in Wahrheit jedoch die Anführerin der Gobler und lässt Kinder zu Forschungszwecken in den Norden entführen, wo sie mit Staub experimentieren. Dabei verschweigt sie, dass der Grund, aus dem sie Lyra zu sich geholt hat, war, dass Lyra ihre Tochter ist.
Ihr Dæmon hat die Gestalt eines Affen mit goldfarbenem Fell.
Iorek Byrnison
Iorek ist ein Panzerbär, ein panserbjørn, ein Eisbär mit Händen und Rüstung, wie sie nur hoch im Norden leben. Lyra trifft ihn auf ihrer Reise in den Norden in einer Stadt, wo er arbeitet und sich jeden Abend betrinkt, da ihm die Menschen dort seine Rüstung gestohlen haben und er ohne Rüstung nicht mehr ist, als ein einfacher Bär, der Schmiedekunst beherrscht. Lyra hilft ihm, seine Rüstung wieder zu bekommen, und er hilft ihr und den Gyptern auf ihrer Mission. Dabei freundet er sich mit Lyra an, die ihm auch später hilft, seinen Rechtmäßigen Platz einzunehmen, so dass er ein tieferes Vertrauen zu ihr entwickelt, als es je ein Bär zu einem anderen Menschen hatte.
[tab=Mythologie und Konzepte]Staub
Das wohl grundlegendste Konzept im Rahmen der Bücher ist das, des Staubs, der die treibende Kraft hinter der Handlung der Bücher ist. Staub ist es, der Erwachsene umgibt und vor dem die Kirche sich so sehr fürchtet, dass sie verhindern wollen, dass Kinder je von dem Staub umgeben werden.
Dabei hat dieser Staub natürlich nichts mit normalen Staub zu tun. Tatsächlich ist Staub dunkle Materie (daher der Titel „His Dark Materials“), also Elementarteilchen. Anders als andere Elementarteilchen besitzt Staub jedoch ein Bewusstsein und ist – da er alle Universen erfüllt – praktisch allwissend.
Es ist auch Staub, der die Zeiger des Alethiometers bewegt und damit Fragen beantworten kann. Da er allwissend ist, sagt er immer die Wahrheit. Auch Engel bestehen aus Staub.
Dæmonen
In der Welt Lyras haben alle Menschen Dæmonen: Wesen in der Gestalt eines Tiers, die immer bei ihnen sind und ihre Gefühle teilen. Diese Dæmon sind ein Teil der Seele der Menschen, zu denen sie gehören, weshalb das Schicksal von Mensch und Dæmon aneinander gebunden ist und der eine mit dem andern stirbt, so wie er auch die Schmerzen des anderen teilt.
Dæmon und Mensch sind nicht fähig sich mehr als wenige Meter voneinander zu entfernen, ohne unerträgliche Schmerzen – körperlicher und seelischer Natur – zu erfahren. Ausnahmen sind Hexen und Schamanen.
Die Dæmonen von Kindern können ihre Gestalt frei wechseln und jede Gestalt annehmen (auch die von fantastischen Wesen wie Drachen), die sie sich vorstellen können, auch wenn sie bezüglich der Größe eingeschränkt sind. Wird man jedoch erwachsen, so bekommt der Dämon eine feste Gestalt, die den Charakter des dazugehörigen Menschens repräsentiert.
Es wird später gesagt, dass alle Menschen, vielleicht auch alle scienten Wesen Dämonen haben, diese sich jedoch in vielen Welten nicht materialisieren, sondern nur als Teil der Seele existieren.
Verschiedene Welten
Ein weiteres Grundlegendes Konzept der Bücher ist das, der verschiedenen Welten, die sich teilweise ähneln, teilweise aber kaum etwas miteinander gemein haben. Während die Welten, aus denen Lyra und Will kommen, sich größtenteils ähneln, so sind andere Welten ganz anders und werden nicht einmal von Menschen, sondern von anderen Rassen, wie den Mulafa, bewohnt, auch wenn es alles „Erden“ sind.
Es gibt auch eine Welt des Todes und eine Republic des Himmels.
Die Welten sollten eigentlich voneinander getrennt voneinander sein, so dass das öffnen der Portale Spectre erzeugt, die Kreaturen schaden.
[tab=Bücher]
Hauptreihe:
Northern Lights/Der goldene Kompass – 1995
The Subtle Knife/Das magsiche Messer – 1997
The Amber Spyglass/Das Bernsteinteleskop – 2000
Weitere Bücher:
Lyras Oxford – 2003
Once Upon a Time in the North – 2008
The Book of Dust – voraussichtlich 2015
(Noch namenloses Buch über Will) – 20??
[tab=Verfilmung]„Der goldene Kompass“ wurde 2007 verfilmt. Regie führte dabei Chris Weitz, der auch das Drehbuch spielt. Durch Daniel Craig als Lord Asriel und Nicole Kidman als Marisa Coulter, so wie den Stimmen von Ian McKellen und Ian McShane als Eisbären, so wie einigen anderen großen Namen in Nebenrollen, war der Film an sich groß besetzt und hat für seine Zeit mit 180 Millionen Dollar einiges gekostet, hat aber verhältnismäßig wenig Umsatz gemacht.
Der Film wurde vor allem kritisiert, weil er vielen der kontroversen Themen der Buchreihe aus dem Weg gegangen ist oder so abgewandelt hat, dass sie kaum mehr erkennbar waren. [/tabmenu]
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Kontroverse Themen
Philip Pullman, der Atheist ist, sagte einmal, dass wohl Harry Potter der Auslöser dafür war, dass die Bücher nie zu sehr von den Medien zerfressen wurden. Denn während alle damit beschäftigt waren, darüber zu diskutieren, ob das deutlich mit christlichen Idealen durchsetzte Harry Potter nun Alchemie, Magie und Satanismus verherrlichen würde, lief diese Reihe, die im Subtext eine einzige episch erzählte Kirchenkritik ist, unter dem Radar.
Tatsächlich ist „His Dark Materials“ sehr kirchen- und allgemein religionskritisch und benutzt dabei verschiedene Symbolismen, um dies zu verdeutlichen.
Pullman selbst sieht die Reihe als eine Art Gegenwerk zu „Paradise Lost“ und „The Chronicles of Narnia“, welche beide sehr von positiven Bezügen auf die Kirche und Gott leben, weshalb in „His Dark Materials“ auch sehr viele Umkehrungen von Bildern aus beiden Werken vorkommen.
Das zentrale Thema dürfte recht offensichtlich sein: Staub bedeutet Wissen. Und die Kirche fürchtet Staub (also Wissen), weshalb sie die Menschen ihrer Dæmonen (also ihrer Seelen) berauben will, damit diese nicht weiter nach Wissen suchen.
Lyras Nachname Belacqua ist der Name einer der Sünden in Dantes Inferno, da sie die Sünde der „Neugier“ repräsentiert.
Weitere Referenzen, die aus den späteren Bänden kommen, packe ich in einen Spoiler, damit niemand gespoilert wird, der nicht will ;)
Im Verlauf der Geschichte lernen wir auch die „Autorität“ kennen – den ersten Engel, der sich aus Staub gebildet hat, und der den anderen Engeln fortan erzählte, dass er sie erschaffen hätte und somit Gott sei, wodurch er die Geschehnisse der Welt lenken konnte, da er die Engel kontrollierte. Einige Engel jedoch glaubten ihm nicht und wurden deswegen von den Engeln verstoßen.
Lord Asriel plant die Autorität zu zerstören, sprich Gott zu töten.
Will und Lyra essen im letzten Band schließlich rote Früchte, die die Erbsünde repräsentieren (Eva, Adam, Schlange, Apfel – um einige daran zu erinnern, was die Erbsünde war), was dafür sorgt, dass sich der Staub in den Welten verteilt – sprich, das Wissen zu den Welten zurückkehrt. (Analogie, da der Baum in Genesis Wissen repräsentierte.)
Davon abgesehen, sind die meisten „magischen“ Elemente in den Büchern, nicht auf einfacher Magie, sondern auf physikalischen Prinzipien und Theorien aufgebaut.
Zur Diskussion:
Fragen zu den Büchern:
- Habt ihr die Bücher gelesen?
- Wenn ja: Wie alt wart ihr, als ihr die Bücher zum ersten Mal gelesen habt?
- Wie findet ihr die Bücher?
- Welche Charaktere mochtet ihr?
- Habt ihr beim Lesen die religiösen Themen bemerkt?
- Für welches Alter würdet ihr die Bücher empfehlen?
- Zusatzfrage: Wie fandet ihr den Film?
Fragen zur Kontroverse:
- Wie findet ihr die Darstellung dieser religiösen Themen in den Büchern?
- Findet ihr es in Ordnung, dass Bücher, die vermeintlich an Kinder und Jugendliche gerichtet sind solche Themen enthalten?
- Was haltet ihr allgemein davon, wenn Medien solche stark Meinungsprägenden Themen enthalten?
- Spricht so etwas für euch eher für die Bücher oder dagegen?