MOSAIK

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  • Gerade keine Energie?

    Ja, so in etwa. Ich war etwas demotiviert, hier weiter zu posten, weil ich zugegebenermaßen einfach zum einen auf mehr Kommentare gehofft habe (bzw. es mich sehr demotiviert hat, dass Bastet aufgehört hat zu kommentieren), zum anderen es auch irgendwie sehr demotivierend ist, dass die Geschichte nicht für das Profilabel vorgeschlagen wurde. Weil, ja, darauf hatte ich schon irgendwo gehofft.


    Nimmt man damit zusammen, dass es halt sehr viel Arbeit ist, die Sachen hier so formatiert zu posten, war ich eben demotiviert. Aber @Emerald hat mich überredet, hier mal wieder weiter zu posten. Da es mir mit dem formatieren aber zu viel Aufwand ist, lasse ich zumindest das ab jetzt sein und poste die Sachen einfach nur, ohne diese farblichen Markierungen.


    Ich meine damit die Nennung von Alice. Wird dir der Fehler auch angezeigt?

    Der "Fehler" ist volle Absicht und hat mit dem Charakter zu tun.



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    [07.08.2011 – R04 – Angespannt]


    Zwei Tage später saß sie mit Robert zusammen in ihrer Wohnung vor einem Fernseher, wo sie einen dieser Comic-Filme zum wahrscheinlich zwanzigsten Mal gemeinsam sahen und dabei Pizza aßen.

    Es tat unbeschreiblich gut, Robert hier zu haben. Robert, um den herum, sie nicht aufpassen musste, wie sie reagierte. Robert, bei dem sie absolut sicher sein konnte, dass er sie nur als Freundin sah. Sie konnte mit ihm scherzen, konnte mit ihm lachen, konnte mit ihm reden, ohne sich Sorgen zu machen, ob er sie falsch verstand.

    Wie immer regte sich Pakhet während des Films über verschiedene Sachen, vor allem aber den Umgang mit Waffen auf. Filme waren einfach absolut unfähig Pistolen korrekt darzustellen. Entweder trafen die Leute – meistens, wenn sie Bösewichte waren – nichts oder die Waffen waren immer zu hundert Prozent präzise und töteten jeden der getroffen war sofort. Bitte, wie sollte man das ernst nehmen?

    Dann würde sich Robert darüber lustig machen, dass sie darüber zu viel nachdachte.

    Schließlich rollten die Credits wieder über den Bildschirm, während im Hintergrund irgendein Iron Maiden Song spielte. „Rule of Cool“, nannte man das wohl.

    „Was?“, fragte Robin, als sie an dem kalten Tee, den sie ausnahmsweise trank, nippte.

    Irritiert sah sie ihn an. „Was ‚was‘?“

    „Du schaust aus, als würde dich etwas ärgern?“, meinte er.

    Sie zuckte mit den Schultern und beobachtete stumm die weißen Zeilen, wie sie zum oberen Rand des Bildschirms wanderten und dort verschwanden.

    Für eine Weile sagte Robert nichts, doch als die Credits schließlich beim „Second Unit Catering“ angekommen waren, schaltete er den Fernseher aus und musterte sie. „Gibt es etwas, worüber du mit mir reden willst?“

    Musste er denn darauf rumhacken? Sie zuckte wieder mit den Schultern. „Ich wollte nur noch einmal sagen, dass es mir leidtut“, log sie schließlich. „Die letzten vier Wochen und all das.“

    „Ich frage mich langsam, ob ich mir Sorgen machen soll“, meinte er. „Normal hast du immer Zeit für mich und im Moment …“ Er musterte sie misstrauisch, schien sich nicht ganz sicher über eine Sache zu sein. „Bei dir auf der Arbeit ist doch alles okay? Also … für die Verhältnisse deiner Arbeit gesehen.“

    „Ja“, versicherte sie ihm. „Alles okay. Ich hatte dir doch von dieser Idiotentruppe, die ich trainieren musste, erzählt, nicht?“

    Er nickte zur Antwort.

    „Die hatten ihre Abschlussprüfung vor drei Wochen, wenn man so will“, meinte sie. „Und danach haben wir direkt einen anderen Auftrag reinbekommen.“ Technisch gesehen war es nur die halbe Wahrheit. Dazwischen war immerhin ein Wochenende gelegen, dass sie bei Heidenstein damit verbracht hatte, mit ihm zu reden und mit ihm Filme zu schauen. Sie hatte in letzte Zeit wirklich zu viel Zeit mit ihm verbracht. „Und dann hatte ich Urlaub und so hat sich das alles ergeben. Keine Probleme, nur viel Stress.“

    Robert lächelte sanft, auf die für ihn übliche Art. Es hatte etwas Brüderliches. „Ich verstehe schon. Es war nur ein wenig einsam ohne dich.“

    „Ich fühle mich geschmeichelt“, antwortete sie. Auch sie lächelte, wenngleich sie selbst bemerkte, dass ihr Lächeln matt ausfiel.

    Sie hatte die Beine angezogen, sich am Sofa angelehnt und sah zur Decke.

    „Ist das wirklich alles?“, fragte er nach einigen Sekunden.

    „Ja.“ Sie konnte ihm davon nicht erzählen. Er konnte es nicht verstehen. Nein, er würde es wahrscheinlich besser verstehen, als sie selbst es verstand. Robert war mit diesen Sachen – emotionalen, sozialen Sachen – besser, als sie. Er verstand es. „Okay. Nein“, flüsterte sie schließlich.

    Robert, rückte näher zu ihr, berührte sie aber nicht. Sie kannten sich seit über zwanzig Jahren. Er wusste zu gut, dass sie es nicht mochte. „Was ist passiert?“

    Sie bemerkte, wie sie selbst die Lippen schürzte, ganz so, wie es Heidenstein immer tat. Wo sollte sie anfangen? „Bei der Chaostruppe ist ein Kerl.“ Was für ein Anfang.

    „Ein Arsch?“, fragte Robert. Er kannte ihre bisherigen Erfahrungen in der Hinsicht nur zu gut. Meistens, wenn sie ihm von einzelnen Kollegen erzählte, war es, weil diese ein übergroßes Ego hatten, manipulative Arschlöcher oder Sexisten waren. Solange sie nicht ihre Persona annahm, in der sie in den Bars an manchen Abenden flirtete, wurde sie – anders, als manche anderen Söldnerinnen – nicht angeflirtet. Doch auch sie durfte sich dumme Sprüche anhören, meistens darauf bezogen, dass Frauen nicht zum Kämpfen geeignet waren. Bullshit, der Bullshit blieb, sie auf Dauer aber auf die Palme brachte.

    „Nein“, sagte sie. „Eben nicht. Er ist okay. Ich würde ihn sogar als sympathisch bezeichnen.“

    Robert sah sie an. „Und?“

    Jetzt kam wohl die Stelle, an der sie ehrlich sein musste. „Er ist mit der Grund, warum ich so wenig Zeit hatte. Ich habe viel bei ihm rumgehangen und …“ Sie biss sich auf die Zunge. „Ich kann gut mit ihm reden. Ich rede gern mit ihm.“

    „Willst du was von ihm?“, fragte Robert gerade heraus.

    „Nein!“ Sie rief das Wort beinahe aus, richtete sich auf. „Sorry“, murmelte sie einen Moment später. Sie seufzte. „Nein, ich will sicher nichts von ihm. Aber ich bin mir nicht sicher, ob er was von mir will.“

    „Hast du mit ihm darüber gesprochen?“

    Okay, vielleicht war Robert doch nicht die beste Hilfe. „Ja, natürlich. Er hat mir versichert, dass er versteht, dass ich kein Interesse habe. Aber ich bin mir nicht sicher, ob er es wirklich meint.“

    „Vertraust du ihm?“, fragte Robert.

    „Relativ, ja“, erwiderte sie. Sie vertraute Heidenstein mehr, als allen anderen Leuten, die sie kannte – mit Ausnahme von Robert vielleicht. Allein dieser Gedanke überraschte sie. Immerhin kannte sie Heidenstein gerade einmal drei Monate. Aber irgendwie … Er war wohl diese Art von Person, mit der sie gut auskam.

    „Vertraust du dann nicht drauf, dass er es wirklich versteht? Selbst wenn er was von dir will, glaubst du, dass es zwischen euch stehen wird?“

    „Das ist es ja“, murmelte sie. „Ich weiß es nicht.“ Sie war nie in einer solchen Situation gewesen. Normal hatte sie keine Freunde. Das nächste an einem Freund, dass sie neben Robert hatte, war Smith und sie konnte sich nicht vorstellen, dass eine sowas je mit Smith zustande gekommen wäre, der immerhin fast ihr Vater sein könnte. Natürlich nicht! Allein die Vorstellung war albern.

    „Vielleicht solltest du noch einmal mit ihm reden“, meinte Robert vorsichtig.

    „Ja, vielleicht“, erwiderte sie. Sie hasste den Gedanken daran.

    Robert schwieg. „Ich fürchte, ich kann dir nicht mehr sagen, ohne ihn zu kennen.“

    Pakhet nickte. „Ich verstehe schon. Nicht schlimm, Rob.“

    Er saß neben ihr und schaute auf den nun schwarzen Fernseher, ehe sich noch einmal ihr zu wandte. „Wie heißt der Kerl denn?“

    „Doc“, erwiderte sie sofort. Dann korrigierte sie sich: „Sein Codename ist Doctor Heidenstein.“

    „Ganz schön lang“, kommentierte Robert.

    Wieder machte sich ein mattes Lächeln auf ihren Lippen breit. „Das habe ich ihm auch schon gesagt“, meinte sie.


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    [10.08.2011 – X09 – Perspektive]


    Die Woche verging langsam. Pakhet verbrachte die Zeit vor allem mit Training, nachdem dieses in der letzten Zeit zu kurz gekommen war. Sie machte Ausdauertraining, Krafttraining, Schießtraining. Es half ihr, ihre Gedanken freizubekommen, sich neu zu fokussieren.

    Nach drei Tagen spürte sie, die Anspannung nachließ. Nun, da sie Abstand zu Heidenstein und der Situation hatte, wurde es langsam möglich, das ganze aus einer rationalen Perspektive zu sehen. Es war, wie sie es gesagt hatte: Sie waren beide Erwachsene und es war nur Sex gewesen. Sie hatte mit ihm darüber geredet, hatte ihm erklärt, dass sie nichts von ihm wollte, dass sie eigentlich auch nicht mit ihm hatte schlafen wollen und er hatte es akzeptiert. Seither war Heidenstein vielleicht etwas unbeholfen, aber in keiner Art respektlos gewesen. Es gab keinen Grund, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Es war ihm gegenüber unfair.

    Dennoch mied sie es, ihm im Krankenhaus zu besuchen, auch wenn sie die Abende, an denen sie einfach nur dagesessen waren, eventuell etwas gebastelt und dabei geredet hatten, vermisste. Sie wäre zu gerne wieder zu dieser Routine zurückgekehrt.

    Eine Sache konnte sie trotz des Abstandes nicht verdrängen: Eine kleine Stimme in ihrem Hinterkopf, die verdächtiger Weise mit Michaels Stimme sprach. Eine kleine Stimme, die ihr immer wieder einredete, dass es ihre eigene Schuld war, da sie überhaupt so etwas wie Freundschaft zu einem Kollegen zugelassen hatte. Hätte sie ihm nicht vertraut, wäre sie nicht in ihrer Freizeit zu ihm gefahren, wäre es wahrscheinlich nicht soweit gekommen. Es war nicht ihr Stil, sagte die Stimme und hatte dabei Recht.

    Doch was sollte sie tun?

    Sie wusste, dass sie Heidenstein noch immer eine Antwort auf seine Angebote schuldete. Sie wusste, dass die Antwort in beiden Fälle „Nein“ sein sollte und doch konnte sie sich nicht ganz dazu durchringen. Denn auch er hatte nicht Unrecht: Sie konnte nicht ewig so weitermachen, wie bisher. Sie konnte nicht auf ewig als Söldnerin arbeiten. Auch wenn sie von ihrer Vergangenheit davonlief, war es doch keine sonderlich vielversprechende Aussicht. So würde sie irgendwann im Auftrag für eine Firma, vielleicht einen Staat, vielleicht einen Kriminellen sterben – an metallenen Fremdkörpern in Kopf, Herz oder Lunge, vielleicht auch zu großem Blutverlust. Ertrinken war auch eine Möglichkeit. Fakt war, dass sie sich nicht sicher war, ob das wirklich der Tod war, den sie sich wünschte.

    Wenn sie als Mary Montgomery oder als sonst irgendjemand mit einem neuen Job anfangen würde, dann sollte sie die Möglichkeit doch nutzen, oder?

    Sie sollte die Möglichkeit nutzen, sollte einen Neuanfang wagen. Und doch …

    Da war auch Michael. Michael, von dem sie wusste, dass er sie als seine persönliche Geldanlage ansah. Michael, der ihr damals ihre neue Identität und auch die erste Prothese bezahlt hatte. Michael, der sie hierher gebracht hatte und der sie sehr wahrscheinlich nicht so leicht gehen lassen würde. Ja, was würde Michael tun, wenn er davon wüsste?


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    [12.08.2011 – M10 – Check-Up]

    Pakhets Plan Abstand zu gewinnen verlief für einige Tage erfolgreich. Es war der Freitag, an dem sie abends um zehn vor sechs einen Anruf von Murphy bekam. Was auch immer der Junge nun von ihr wollte.

    Die Frage beantwortete sich, sobald sie abhob: „Ich bin schwer enttäuscht von dir, Pakhet.“

    Sie hob eine Augenbraue, sich dessen bewusst, dass er davon nichts sah. „Aha?“

    „Jetzt bist du fast eine Woche zurück und ich bekomme keinen Anruf, keine Nachfrage wie es mir geht. Dabei hatten du und der Doc mich armen Jungen einfach allein im Krankenhaus zurückgelassen!“

    Oh ja, da war etwas gewesen. Wenn sie ehrlich war, hatte sie nicht mehr über Murphy und seine Vergiftung nachgedacht, seit sie an jenem ersten Tag in ihrem Urlaub aufgewacht war. „Es tut mir leid, Kid“, sagte sie und meinte es. „Ich hatte viel zu tun.“

    „Du hattest Urlaub“, erwiderte er.

    „Was nicht heißt, dass ich nichts zu tun hatte.“

    „Aha“, meinte der Junge mit einem Tonfall, der einen Schmollmund vermuten ließ.

    Sie seufzte. „Wie geht es dir denn?“

    „Ich glaube ganz gut, aber ich sollte noch einmal untersucht werden, meinst du nicht?“ Also suchte er nur nach einer Möglichkeit sich mit ihr zu treffen?

    Sie hatte nichts, um ihn zu untersuchen. Sie konnte kaum in der Zentrale die Sachen für ihn benutzen. „Wieso fährst du nicht zum Krankenhaus? Der Doc wird sich sicher um dich kümmern.“

    „Treffen wir uns da?“, fragte Murphy.

    Nein. Sie seufzte. „Eher nicht. Ich habe noch zu tun.“

    „Mit den mysteriösen Urlaubsaufgaben?“ Er klang amüsiert. Dennoch war da eine Spur Beleidigung – eine wahrscheinlich wohlgeplante Spur.

    „Ja“, sagte sie schlicht.

    Schweigen. Dann: „Sag mal, hast du irgendwie Krach mit dem Doc oder so?“

    „Nein“, erwiderte sie schnell – zu schnell.

    „Dann kannst du dich ja auch mit mir treffen“, meinte er.

    „Ich habe keine Zeit.“ Sie versuchte ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Sie konnte gut lügen, also warum glaubte er ihr nicht? Nein, die bessere Frage war: Warum hatte der Junge nicht genug Fingerspitzengefühl, um unabhängig davon, ob er ihr glaubte, die Sache einfach fallen zu lassen?

    „Jetzt komm schon, Pakhet“, drängte er weiter. „Ich habe dich seit zwei Wochen nicht mehr gesehen.“

    „Und seit wann ist dir das so wichtig?“, fragte sie. Dabei konnte sie nicht verhindern, dass ein zynischer Unterton in ihren Worten mitschwang.

    Als er antwortete, war sie sicher, dass er wieder sein typisches Murphy-Grinsen grinste. „Na, seit ich beschlossen habe, dass du für eine Erwachsene eigentlich ziemlich okay bist. Und seit du mir den Arsch gerettet hast.“

    „Ah, ja.“ Sie brummte.

    Er lachte. „Jetzt klingst du schon, wie Crash.“ Als sie schwieg fuhr er fort: „Jetzt komm. Du hast gerade nichts zu tun. Ich weiß das! Und wenn du nicht kommst, dann frage ich den Doc darüber aus, was zwischen euch beiden los ist.“

    Würde Heidenstein es dem Jungen erzählen? Sie glaubte nicht, oder? Oder? Ach, verdammt, der Junge hatte eine Silberzunge und wenn sie ihn lang genug mit Heidenstein allein ließ … Wer wusste, was dann passierte? Am Ende bat Heidenstein ihn noch um Rat! Das würde ihm ähnlichsehen.

    Sie schnaubte bei dem Gedanken. „Ist ja gut, Kid, ich komme.“

    „Ha!“, frohlockte Murphy.

    „Du bist anstrengend, weißt du das?“

    Wieder lachte er. „Ich gebe mir Mühe.“ Natürlich war er darauf stolz. Natürlich. Es war Murphy.


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    [12.08.2011 – M11 – Neugierde]


    Eine Stunde später fuhr sie vor Heidensteins Krankenhaus vor, dessen Parkplatz mittlerweile zu einem Drittel belegt war. Noch immer wirkte es leer, doch bei weitem nicht mehr so verlassen, wie noch vor zwei Monaten. Wenn man bedachte, dass viele Patienten kein Auto hatten, wirkte es sogar recht gefüllt. Wie er das wohl geschafft hatte?

    Die Sonne war bereits untergegangen, so dass sämtliches Licht den Straßenlampen am Rand des Parkplatzes zu verdanken war.

    Sie hasste die Gegend bei Nacht. Besser gesagt, hasste sie es um diese Zeit, durch die Flats zu fahren. Zwar konnte sie sich wehren, doch war der Gedanke an einen Überfall deswegen nicht reizender. Es war einer der Gründe gewesen, weswegen sie in den vergangenen Wochen so oft bei Heidenstein übernachtet hatte.

    Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit, als sie die Treppe zur Straßenklinik hinabging. Sie wollte nicht wieder mit ihm sprechen. Noch nicht. Ja, sie wusste, dass sie nicht ewig davonlaufen konnte. Nun, sie konnte, aber es war nicht fair. Aber zwei, drei weitere Tage … wären die wirklich zu viel verlangt?

    Der Flur der Straßenklinik lag dunkel und verlassen vor ihr. Einzig durch den Spalt der angelehnten Tür von Heidensteins Büro strömte Licht. Stimmen waren zu hören. Murphy und Heidenstein.

    „Hat sie wirklich gesagt, dass sie kommt?“, fragte Heidenstein. Es klang, als würde er diese Frage nicht das erste Mal stellen.

    Pakhet hielt inne. Sie wollte wirklich, wirklich nicht mit ihm sprechen. Sie konnte noch gehen. Solange die beiden sie nicht bemerkt hatten, konnte sie …

    Murphy winkte ab. „Ach was, sie kommt schon. Sie macht sich echt Sorgen um mich.“ Ja, sicher Junge. Hätte mit ihm wirklich etwas nicht gestimmt, hätte sie schon lange von Crash gehört. Zugegebenermaßen wollte sie dennoch sicher gehen, dass seine Wunde verheilt war.

    „Okay.“ Heidensteins Stimme klang nicht, als würde er ihm glauben.

    „Du scheinst ja wirklich überrascht zu sein“, meinte der Junge. „Was ist zwischen euch beiden passiert?“

    „Nichts“, sagte Heidenstein schnell. Seine Stimme strafte ihn einen Lügner, selbst ohne sein Gesicht zu sehen. Das musste auch der Junge merken, der für so etwas mehr Gespür hatte als sie.

    „Sicher.“ Murphy klang amüsiert, beinahe hämisch. „Jetzt sag. Ich will die ganzen Details hören!“

    „Murphy, es ist nichts zwischen uns passiert.“ Heidensteins Stimme war weiterhin unsicher, sagte jedoch deutlich, dass er nicht drüber sprechen wollte.

    „Hat sie dir etwa einen Korb gegeben?“, fragte Murphy. Er war dabei erstaunlich nahe bei der Wahrheit.

    Sie konnte das nicht länger mit anhören. Ach, verdammt, gerade verfluchte sie den Jungen, auch wenn sie fast sicher war, dass es nicht einmal Böswilligkeit war. Es hätte sie nicht gewundert, hätte er versucht, auf diese Art zu helfen. Er nervte dennoch und ja, sie wollte nicht, dass er davon wusste. Es ging ihn nichts an.

    Mit entschlossenen Schritten trat sie auf die Tür zu und warf sie auf. „Da bin ich“, grummelte sie und schenkte dem Jungen einen strafenden Blick.

    Er hob die Arme und grinste. „Pakhet!“

    „Kid“, erwiderte sie. Sie fixierte ihn für zwei Sekunden, ehe ihr Blick kurz zu Heidenstein wanderte. Sie nickte ihm zu, er erwiderte ihr Nicken, dann senkten sie beide den Blick.

    Wunderbar, jetzt verhielt sie sich wie ein Teenager. Großartig. Wirklich großartig.

    „Und da dachte ich schon“, meinte Murphy mit der Miene eines leidenden Dramendarstellers, „dass du dein Kid vergessen hast.“

    Sie musterte ihn wenig amüsiert. „Hat der Doc dich schon angesehen?“

    „Ich habe ihm Blut abgenommen“, erwiderte Heidenstein. „Zu mehr bin ich noch nicht gekommen, ehe er mich ausgefragt hat.“

    Sie nickte, bedachte ihn mit einem weiteren kurzen Blick, ehe sie ihre Aufmerksamkeit Murphy widmete. „Zeig mir dein Bein.“

    Jeder andere hätte wohl einfach die Hose hochgekrämpelt. Nicht so Murphy, der die Hose gleich ganz auszog. Zumindest ließ er die Unterhose an und ersparte ihr damit entsprechende Peinlichkeiten.

    Sie tauschte einen kurzen Blick mit Heidenstein und bugsierte Murphy in den gegenüberliegenden Behandlungsraum. Hier drückte sie erst Murphy auf die Liege, ehe sie die Lampe darüber anschaltete, um sich das Bein besser ansehen zu können.

    Eigentlich wäre es sinnvoller, wenn Heidenstein ihn untersuchte. Doch sie wollte etwas zu tun haben, wollte einen Grund haben, Heidensteins Blick zu meiden, weshalb sie sich Murphys Wunde ansah – oder das, was davon übrig war.

    Viel war es nicht. Einzig ein Ring aus hellerer Haut, der sich um sein Fußgelenk zog, war von der Verätzung geblieben. Die Reizungen am Unterschenkel waren komplett verschwunden.

    Sie machte weiter, so gut sie konnte. Sie maß den Puls des Jungen, seinen Blutdruck, sah in seine Augen, fragte nach Symptomen.

    „Och, mir geht es blendend“, meinte Murphy und grinste. „Soll ich vielleicht noch einen Fitnesstest machen?“

    Sie verstand sehr wohl, was er meinte, grinste aber sardonisch. „Gute Idee. Zwanzig Minuten auf dem Laufband klingen doch super.“

    Er zwinkerte, grinste. Offenbar hatte er mit so einer Erwiderung gerechnet. „Kannst du mir nicht einfach glauben?“

    „Kann ich das?“, murmelte sie. „Vielleicht sollte ich Crash mal fragen, was er dazu meint.“

    „Er wird dir bestätigen können, dass meine Ausdauer in jeder Hinsicht gesteigert wurde.“ Er hustete trocken, ehe er unter dem Atem hinzufügte: „So, wie er mich durch die Gegend jagt.“ Noch ein Husten. „Das meine ich übrigens wortwörtlich, Pakhet. Der bedroht mich.“

    „Meistens, nachdem du ihn ärgerst, oder?“ Sie musterte ihn amüsiert.

    „Ich und ihn ärgern?“ Murphy schaute unschuldig, grinste dann aber wieder weit. „Ja, gut, ein wenig. Ab und an. Wobei Alice das auch kann und die jagt er nie.“

    „Du kommst also gut mit ihr aus?“ Langsam fragte sie sich, was es mit dem Mädchen auf sich hatte, das sie bisher nie gesehen hatte.

    Murphy schenkte ihr einen vielsagenden Blick. „Alice ist super.“

    Okay. Vielleicht hatte Crash mehr als einen Grund Murphy durch die Gegend zu jagen.

    „Zurück zu deiner Gesundheit“, meinte sie rasch. „Also. Keine Übelkeit?“ Ein Kopfschütteln. „Kein Schwindel?“ Wieder Kopfschütteln. „Kopfschmerzen?“ Dasselbe.

    Sie seufzte und schaute schließlich zu Heidenstein. „Was meinst du dazu?“, zwang sie sich zu fragen.

    Heidenstein hatte mit verschränkten Armen an der Wand gestanden und kam nun hinüber. „Lass mich mal sehen“, meinte er. Auch er sah Murphy in die Augen, in den Hals und fühlte seinen Puls. Schüttelte schließlich aber den Kopf. „Es scheint alles in Ordnung zu sein.“

    „Also kann ich weitermachen, wie bisher?“, fragte Murphy.

    Pakhet schenkte ihm einen herablassenden Blick. „Solange du verhütest.“

    „Immer!“, meinte er. Dann überlegte er. „Na ja, meistens.“

    Natürlich. Sie verdrehte die Augen.

    „Ich werde schauen, was deine Blutwerte sagen. Aber rein symptomatisch gesehen, scheint alles in Ordnung zu sein“, meinte Heidenstein. „Du kannst also beruhigt nach Hause gehen.“

    Wieder grinste Murphy. „Juhu.“ Dann wandte er sich an Pakhet. „Was sagst du? Gehen wir zur Feier des Tages ein Eis essen?“

    Was hatte er nur mit dem Eis? „Hast du nicht Arbeit zu tun?“

    „Nein, für heute Abend bin ich frei“, meinte Murphy und zog gewohnheitsmäßig das Handy aus der Jeansjacke hervor, die er trug. Dann seufzte er schwer, verzog den Mund. „Oder doch nicht. Man, kann der Große denn nichts ohne mich tun?“

    „Was ist?“

    „Ich soll noch mal mit dem Trainer sprechen oder so“, meinte Murphy und sprang von der Liege, auf dessen Rand er die ganze Zeit gesessen war. „Sorry, Pakhet, das Eis muss wohl bis zu einem anderen Mal warten.“

    Sie verdrehte nur die Augen, während er bereits zur Tür stürmte.

    Hinter dieser blieb er noch einmal kurz stehen. „Danke, dass du hergekommen bist!“ Er hob die Hand zum Abschied und war im nächsten Moment auch schon verschwunden.

    Sie lächelte matt, schüttelte den Kopf und wurde sich einen Moment später dessen bewusst, dass sie mit Heidenstein allein war.

  • Hallo ihr zwei,
    die Geschichte hatte durch den Titel bereits irgendwann in meiner inaktiven Phase mein Interesse geweckt, als ich kurz durch den FF-Bereich geguckt hatte. Allerdings bin ich da noch nicht dazu gekommen mehr als den Startpost zu lesen.
    In meiner inaktiven Zeit habe ich vor allem in den allgemeinen Diskussionen mitgelesen und besonders die Beiträge von Alaiya haben mir immer sehr gut gefallen. Ich habe durch diese Post oftmals neues Wissen hinzubekommen, wurde für bestimmte Themen sensibilisiert und wurde um Erfahrungsberichte außerhalb meiner Bubble bereichert. Für all diese Dinge bin ich unglaublich dankbar und du hast definitiv auch einen Anteil daran, dass ich in den letzten vier Jahren begonnen hab mich intensiver mit Themen auseinander zu setzen und zu informieren, sodass ich jetzt zu einigen Themen eine fundierte Meinung hab und vernünftig mit anderen über diese Themen diskutieren kann. Deswegen möchte ich mich gerne in Form dieses Kommis bedanken.


    Startpost
    Ich such idR nicht gezielt nach Rechtschreibfehlern, aber dieser hier ist mir zufällig ins Auge gesprungen: „Nach sieben Jahren Söldnerarbeit,in Südafrika scheinen die Grenzen zu verschwimmen“ Da sollte vermutlich ein Leerzeichen statt einem Komma hinter „Söldnerarbeit“. Ansonsten gefällt mir dieser Teaser sehr gut. Er hat es zumindest geschafft mein Interesse für die restliche Geschichte zu wecken.
    Der Klappentext gefällt mir ebenfalls sehr gut. Einzig über diesen Satz bin ich etwas gestolpert beim Lesen: „Ein weiterer Streit mit ihm bringt seine Rache, die nicht so läuft, wie geplant.“ Der erste Teil klingt irgendwie seltsam in meinen Ohren, obwohl ich nicht mal genau sagen kann, warum die Kombination aus Verb und Objekt komisch ist. „bringt Rache mit sich“ oder „führt zu seiner Rache“ hört sich da vertrauter für mich an.
    Die Einteilung in die vier Arcs bzw. genauer gesagt die Bezeichnung dieser vier Arcs ist auch sehr interessant. Es ist definitiv eine Steigerung zu sehen und nachdem ich ein wenig drüber nachgedacht habe, würde ich sagen es ist idR eine Steigerung der Wahrnehmung. Am Anfang stehen Maschinen, mit denen zwar diverse Sachen gemessen werden können und auch Sachen, die der Mensch nicht wahrnehmen kann, allerdings braucht eine Maschine eine Datenbank zum Abgleichen, um angeben zu können, was sie misst und muss dementsprechend zunächst programmiert und danach regelmäßig kalibriert werden. Dies beschränkt sie in gewisser Weise in der Wahrnehmung. Danach kommt Menschen, die in ihrer Wahrnehmung in gewisser Weise freier sind (zugegebener Weise vergleicht auch der Mensch Wahrgenommenes mit einer Datenbank, die in dem Fall nur einfach seine Erinnerungen sind, aber die Wahrnehmung ist halt nicht nur auf eine bestimmte Spezialisierung beschränkt oder dergleichen). Zudem geht es in Maschinen ja um die Einführung in Charaktere und Setting, was man vielleicht ein wenig mit einer Dokumentation vergleichen kann, wie es war und wie der Status quo ist (auch wenn ich denke, dass es rein inhaltlich vermutlich keine trockene Dokumentation sein wird, das ist eher als Sinnbild zu verstehen). Geister kann man mit anderen Dimensionen oder auch mit nicht messbaren, verborgenen Dingen assoziieren, womit eine weitere Steigerung der Wahrnehmung hinzukommt, die dann in der Allmacht und dem Allwissen von Göttern gipfelt. Wobei mir gerade auffällt, dass sich diese Interpretation relativ analog auch auf den Begriff Fähigkeiten statt Wahrnehmung übertragen lässt.
    Bei der Kapitelübersicht fällt vor allem die Timeline ins Auge, die zumindest mal ungewöhnlich ist. Allerdings finde ich, dass das recht gut zu einem Söldner-Setting passt, weil im militärischen Kontext ja auch Berichte etc. geschrieben werden müssen und dazu einfach passt (und auch wenn es nicht direkt in dieser Bericht-Form geschrieben ist, weckt es Assoziationen zu diesem Kontext).


    [17.03.2011 – X01 – Überleben]
    Das Kapitel schafft es wahnsinnig gut, durch die zum Teil sehr kurzen Sätze, ein gehetztes Gefühl beim Leser zu erzeugen, was logischerweise gut zum Inhalt passt. Man hat beim Lesen beinahe das Gefühl, man würde selbst von den Zulu-sprechenden Verfolgern gejagt werden.
    „Ihre Blick erfasste so viele Details, wie möglich, als sie sich nach links wandte und die Straße hinablief.“ Abgesehen davon, dass bei Ihre das E weg muss, wie mir grad auffällt, hätte ich mir an dieser Stelle gewünscht, dass wenn bereits darauf hingewiesen wird, dass sie viele Details erfasst, diese zumindest beispielhaft auch genannt werden. Es ist mir klar, dass eine ausführliche Beschreibung der Umgebung an der Stelle kontraproduktiv für dieses gehetzte Gefühl, gewesen wäre. Aber beispielhaft zwei bis drei Details aufzuzählen, hätte sich vermutlich nicht negativ auf das übermittelte Gefühl ausgewirkt und hätte dafür gesorgt, dass man als Leser nicht mit der Frage zurück bleibt, was für Details das sind, die da erwähnt werden.
    Beim zweiten Mal lesen ist mir noch eine Stelle aufgefallen, die etwas seltsam ist. Zunächst sind die Verfolger hinter Pakhet. Diese schwingt sich über einen Zaun, zögert nur einen kleinen Moment, renn dann um das Gebäude herum und klettert nochmal über einen Zaun. Beim Lesen entsteht der Eindruck, dass das Klettern und Zögern nichts ist, was sie großartig aufhält. Allerdings haben ihre Verfolger sie von der Höhe her eingeholt, als die das zweite Mal über den Zaun klettert. Müssten sie nicht mindestens noch genauso weit weg sein wie zuvor? Sie sind ja um den Zaun herum gelaufen und das muss logischerweise mehr Weg sein als Pakhet hatte, die nur um das Gebäude herum musste. Ich könnte mir vorstellen, dass sich der zusätzliche Weg und die Zeit, die Pakhet fürs Klettern und Zögern benötigt, sich in etwa aufwiegen. Aber dann hätten ihre Verfolger sie immer noch nicht eingeholt. Oder überseh ich an der Stelle gerade etwas?
    Kleine Frage: Was heißt jammen im Kontext der Geschichte? Aix sagt das zur Erklärung, warum sie zunächst nicht da war. Beim Googlen bin ich nur auf sowas wie ne Jam-Session machen oder gemeinsam an Instrumenten improvisieren gestoßen. Aber irgendwie ergibt das in dem Kontext hier nicht so richtig Sinn mit diesen Bedeutungen.
    Nice, am Ende wird nochmal kurz auf Pakhets magischen Kräfte eingegangen. Das erklärt auch, warum sie weiter vorne so leicht über einen 2,5 m Hohen Zaun gekommen ist. Hatte mich da vorher kurz drüber gewundert, aber gedacht, dass wenn sie nicht grad klein und durchtrainiert ist, dass durchaus damit zu erklären ist.


    [19.03.2011 – F01 – Management]
    Ich muss gestehen, ich weiß nicht genau warum, aber irgendwie fällt es mir schwer, etwas zu diesem Kapitel zu sagen. Also verzeiht bitte, dass der Kommi hierzu vermutlich deutlich kürzer ausfallen wird ^^“
    Ich muss gestehen, ich war zunächst etwas irritiert, dass ihr Chef jemand ist, an dem sie ihre schlechte Laune auslassen kann. Ich meine, einerseits ist es verständlich, wenn es seine Aufgabe ist über so etwas wie einen Hinterhalt vorher informiert zu sein. Aber andererseits ist es halt immernoch ihr Chef.
    Michael ist auf jeden Fall gekonnt unsympathisch geschrieben und es ist absolut nachvollziehbar, weswegen Pakhet ihn offensichtlich nicht leiden kann. Allerdings ist Michael definitiv jemand, dem ich zutraue sich grausam zu rächen. Deswegen bin ich schon gespannt, wie diese aussehen wird. Der Klappentext hat ja schon verraten, dass es sie geben wird.
    Dass Michael nicht sonderlich betroffen ist, wenn Angestellte sterben, ist ganz gut zur Geltung gekommen. Was ich mich aber gerade frage, wenn gleich zwei Leute hopps gehen, müsste das ja mit einigen finanziellen Einbußen verbunden sein. Sollte ihn das dann nicht mehr geärgert haben? Im letzten Kapitel schien er diesbezüglich vollkommen gleichgültig zu sein. Aber vielleicht ist ja was dran an Pakhets Gefühl, dass etwas faul ist. Das würde es erklären.


    Soweit bin ich letzten Sommer mit dem Kommi gekommen. Ich hoffe, ihr könnt mit meinen Gedanken vielleicht ein wenig was anfangen. Wie bereits gesagt freue ich mich auf jeden Fall sehr, dass ihr die Geschichte wieder geupdatet habt und das hier wird definitiv nicht mein letzter Kommi in diesem Topic sein.

    Liebe Grüße,

    Caroit

  • Juchu. Ein Kommentar. :)


    Hallo ihr zwei,
    die Geschichte hatte durch den Titel bereits irgendwann in meiner inaktiven Phase mein Interesse geweckt, als ich kurz durch den FF-Bereich geguckt hatte. Allerdings bin ich da noch nicht dazu gekommen mehr als den Startpost zu lesen.

    Mittlerweile bin ich hier allein wegen unschöner Offline-Leben Sachen. Sagen wir es mal so. Aber auch wenn die Idee eine gemeinsame war, stammt die Story ohnehin zu 80% aus meiner Feder. :D


    Den tollen Titel verdanke ich allerdings immer noch Cassandra. Ich hatte ewig nach einem Titel gesucht und Cass hatte den Vorschlag "Mosaik" gebracht.


    In meiner inaktiven Zeit habe ich vor allem in den allgemeinen Diskussionen mitgelesen und besonders die Beiträge von Alaiya haben mir immer sehr gut gefallen. Ich habe durch diese Post oftmals neues Wissen hinzubekommen, wurde für bestimmte Themen sensibilisiert und wurde um Erfahrungsberichte außerhalb meiner Bubble bereichert. Für all diese Dinge bin ich unglaublich dankbar und du hast definitiv auch einen Anteil daran, dass ich in den letzten vier Jahren begonnen hab mich intensiver mit Themen auseinander zu setzen und zu informieren, sodass ich jetzt zu einigen Themen eine fundierte Meinung hab und vernünftig mit anderen über diese Themen diskutieren kann. Deswegen möchte ich mich gerne in Form dieses Kommis bedanken.

    Das freut mich wirklich sehr zu hören. Auch wenn ich in letzter Zeit deutlich inaktiver geworden bin in dem Bereich.


    Am Anfang stehen Maschinen, mit denen zwar diverse Sachen gemessen werden können und auch Sachen, die der Mensch nicht wahrnehmen kann, allerdings braucht eine Maschine eine Datenbank zum Abgleichen, um angeben zu können, was sie misst und muss dementsprechend zunächst programmiert und danach regelmäßig kalibriert werden.

    Maschinen als Titel hängt vor allem auch sehr mit Pakhets Selbstbild zusammen. Sie sieht sich und die anderen Söldner*innen zu Beginn der Geschichte wirklich mehr als Maschinen, die existieren, um ihre Aufgaben zu Erfüllen. Deswegen ist der Übergang von Maschinen zu Menschen auch so wichtig, Weil es eben auch der Übergang für sie ist, sich selbst als menschlicher wahrzunehmen. (Geister und Götter hat dagegen dann mehr mit dem Content zu tun.)


    Beim zweiten Mal lesen ist mir noch eine Stelle aufgefallen, die etwas seltsam ist. Zunächst sind die Verfolger hinter Pakhet. Diese schwingt sich über einen Zaun, zögert nur einen kleinen Moment, renn dann um das Gebäude herum und klettert nochmal über einen Zaun. Beim Lesen entsteht der Eindruck, dass das Klettern und Zögern nichts ist, was sie großartig aufhält. Allerdings haben ihre Verfolger sie von der Höhe her eingeholt, als die das zweite Mal über den Zaun klettert. Müssten sie nicht mindestens noch genauso weit weg sein wie zuvor? Sie sind ja um den Zaun herum gelaufen und das muss logischerweise mehr Weg sein als Pakhet hatte, die nur um das Gebäude herum musste. Ich könnte mir vorstellen, dass sich der zusätzliche Weg und die Zeit, die Pakhet fürs Klettern und Zögern benötigt, sich in etwa aufwiegen. Aber dann hätten ihre Verfolger sie immer noch nicht eingeholt. Oder überseh ich an der Stelle gerade etwas?

    Das habe ich wohl wirklich nicht richtig klar gemacht. Mein Gedanke war eigentlich eher, dass da mehrere Leute sind, von denen einige schon vorher einen anderen Weg gerannt sind. Deswegen kommen die Leute auch aus zwei verschiedenen Richtungen an der Stelle.


    Kleine Frage: Was heißt jammen im Kontext der Geschichte? Aix sagt das zur Erklärung, warum sie zunächst nicht da war. Beim Googlen bin ich nur auf sowas wie ne Jam-Session machen oder gemeinsam an Instrumenten improvisieren gestoßen. Aber irgendwie ergibt das in dem Kontext hier nicht so richtig Sinn mit diesen Bedeutungen.

    "jam" heißt so viel wie blockieren im Englischen. Das Wort wird im Bezug auf Signaltechnik eingedeutscht verwendet, um von dem Abschneiden/Blockieren von Signalen zu sprechen. Also zum Beispiel wenn du ein Störsignal sendest, um damit jemand anderem am Funken zu hindern, dann jammst du die Person.


    Ich muss gestehen, ich war zunächst etwas irritiert, dass ihr Chef jemand ist, an dem sie ihre schlechte Laune auslassen kann. Ich meine, einerseits ist es verständlich, wenn es seine Aufgabe ist über so etwas wie einen Hinterhalt vorher informiert zu sein. Aber andererseits ist es halt immernoch ihr Chef.
    Michael ist auf jeden Fall gekonnt unsympathisch geschrieben und es ist absolut nachvollziehbar, weswegen Pakhet ihn offensichtlich nicht leiden kann. Allerdings ist Michael definitiv jemand, dem ich zutraue sich grausam zu rächen. Deswegen bin ich schon gespannt, wie diese aussehen wird. Der Klappentext hat ja schon verraten, dass es sie geben wird.

    Das Verhältnis zwischen Pakhet und Michael ist ohnehin ein wenig besonders. Er lässt sich relativ viel von ihr Gefallen, allerdings nur, weil er weiß, dass er letzten Endes die Macht in ihrer Beziehung hat. Deswegen stört es ihn weniger, wenn sie ihn anpflaumt, solange sie letzten Endes halt doch macht, was er möchte. Richtig Konflikt bekommen sie immer dann, wenn er das Gefühl hat, die Kontrolle über sie zu verlieren. (Dazu gibt es auch noch eine kürzere Geschichte, die vor Mosaik spielt, bei der ich aber nicht sicher bin, ob ich sie hier hochladen kann, da sie sehr, sehr ab 16 ist.)


    Dass Michael nicht sonderlich betroffen ist, wenn Angestellte sterben, ist ganz gut zur Geltung gekommen. Was ich mich aber gerade frage, wenn gleich zwei Leute hopps gehen, müsste das ja mit einigen finanziellen Einbußen verbunden sein. Sollte ihn das dann nicht mehr geärgert haben? Im letzten Kapitel schien er diesbezüglich vollkommen gleichgültig zu sein. Aber vielleicht ist ja was dran an Pakhets Gefühl, dass etwas faul ist. Das würde es erklären.

    Na ja, er führt halt eine nicht gerade kleine Firma für diese Sachen und bekommt immer recht leicht Leute nach, die etwaige Positionen füllen können. Die Leute, an denen er hängt, sind diejenigen, die tatsächlich besondere Fähigkeiten haben. Das heißt vor allem alle mit magischen Kräften, die richtig guten Hacker und halt die Leute, die ein tatsächlich militärisches Training haben und damit gut sind.

  • Pakhet workt ein wenig als hätte sie Bindungsängste.

    Nicht nur in Beziehungsfragen, sondern auch gegenüber ihrem Team.

    Macht auch Sinn, da jeder von ihnen beim Einsatz verrecken könnte.

    Du sagtest ja selbst, dass sie sich wie eine Kriegsmaschine fühlt, oder fühlte. Passt also sehr gut zu ihrem Verhalten.

    Man merkt auch, dass sie es schwer hat über ihre Gefühle zu sprechen, selbst mit einem echten Freund, in Form von Robert.


    Michael ist ne seltsame Rolle, manche ihrer Gedanken implizieren es sei potenziell Gefährlich und würde sie zwingen für ihn weiterzuarbeiten, oder sich rächen.

    Andererseits fühlt sie sich in seiner Schuld und glaubt sie könne nicht einfach aufhöhren, selbst wenn es das besste für sie währe. Im Krieg scheint es solche Gefühle heufiger zu geben, erinnert mich stark an die Szene in der James Ryan ablehnt nach hause zu gehen, trotz der höllischen Umstände, da es sich dreckig anfühlen würde seine Kameraden zurück zu lassen.


    Pakhet scheint nicht den höchsten EQ zu haben, oder macht sie sich nur etwas vor?

    Es scheint nämlich, dass Murphy sie langsam lieb gewonnen hat.


    Zum letzten Kapitel frag ich mich nur, ob die Story damit endet das Heidenstein stirbt, oder dergleichen und sie damit leben muss sich nicht nochmal mit ihm ausgesprochen zu haben, weil sie Konflikt und Gespräche über Intimität meidete?

    Man glaubt immer man hat alle Zeit der Welt, bis man sie plötzlich nicht mehr hat.


    Mittlerweile bin ich hier allein wegen unschöner Offline-Leben Sachen

    Klingt stressig.

    Worums auch gensu ging, ich hoffe dass es nicht all zu schmerzhaft war.

  • Pakhet workt ein wenig als hätte sie Bindungsängste.

    Nicht nur in Beziehungsfragen, sondern auch gegenüber ihrem Team.

    Macht auch Sinn, da jeder von ihnen beim Einsatz verrecken könnte.

    Du sagtest ja selbst, dass sie sich wie eine Kriegsmaschine fühlt, oder fühlte. Passt also sehr gut zu ihrem Verhalten.

    Man merkt auch, dass sie es schwer hat über ihre Gefühle zu sprechen, selbst mit einem echten Freund, in Form von Robert.

    Ich sage es immer wieder: Was die Frau eigentlich braucht, ist einen guten Psychologen. Pakhet ist effektiv eine Ansammlung von Schichten um Schichten unverarbeiteten Traumas. Das wirkt sich natürlich auch auf Beziehungen und dergleichen aus.


    Michael ist ne seltsame Rolle, manche ihrer Gedanken implizieren es sei potenziell Gefährlich und würde sie zwingen für ihn weiterzuarbeiten, oder sich rächen.

    Ich habe auf Animexx noch eine Geschichte, bei der die Beziehung zwischen Pakhet und Michael glaube ich noch ein wenig deutlicher wird: Kontrolle. Die kann ich hier leider nicht posten, weil sie inhaltlich an ein paar Stellen IMHO zu sehr auf der Schwelle zwischen FSK16 und FSK18 steht. (Es gibt eine angedeutete Vergewaltigung.) Daher kann ich sie hier nur verlinken.


    Pakhet scheint nicht den höchsten EQ zu haben, oder macht sie sich nur etwas vor?

    Es scheint nämlich, dass Murphy sie langsam lieb gewonnen hat.

    Da ist halt wieder diese Sache mit Bezeihungen und dergleichen. Es ist noch ein ganzes Stück, ehe sie sich eingesteht, dass sie sich auch wirklich um Murphy schert.

    Aber Murphy hat da nicht unähnliche Probleme, das sollte man auch dazu sagen. ^^"

  • Dann poste ich heute mal die nächsten paar Kapitel, damit es hier nicht wieder einschläft. Und warte mal ganz gespannt darauf, dass Thrawn sich früher oder später meldet. :)


    [12.08.2011 – D25 – Rückkehr]


    Stille herrschte zwischen ihnen, ehe Pakhet sich räusperte.

    Sie nahm ihre Jacke, die sie auf dem Arztstuhl abgelegt hatte, um sie sich überzuwerfen. „Ich sollte vielleicht auch gehen“, meinte sie rasch. Verdammt, sie wollte jetzt nicht mit ihm allein sein! Ja, es war feige, doch im Moment … Sie konnte es einfach nicht.

    „Einfach so?“, fragte er.

    Kurz sah sie ihn an, senkte aber schnell wieder den Blick. „Ja, warum nicht?“ Sie wandte sich zum Gehen, als er erneut sprach.

    „Warte, Pakhet. Bitte.“ Er seufzte leise. „Pakhet. Ich verstehe, dass du mir aus dem Weg gehst. Ich verstehe, dass du Abstand brauchst. Wirklich. Aber … Wie lange willst du noch so weitermachen?“

    Sie schüttelte den Kopf und machte einen weiteren Schritt auf die Tür zu. „Ich weiß es nicht.“ Damit streckte sie die Hand nach der Türklinke aus.

    „Pakhet“, drängte er. Ein weiteres Seufzen. Ein Räuspern. Wahrscheinlich schürzte er wieder die Lippen. „Hast du darüber nachgedacht, worüber wir gesprochen haben? Du weißt, das Angebot?“

    Sie schwieg. Ohne es zu wollen, hatte sie die Kiefer aufeinandergepresst, die Stirn in Falten gelegt. Wie sollte sie denn mit ihm reden? „Hättest du es ihm gesagt?“ Es war albern eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten, doch ihr fiel nichts Besseres ein.

    „Was?“ Verwirrung sprach aus Heidensteins Stimme.

    Noch immer hatte sie ihm den Rücken zugewandt, auch wenn sie wusste, dass er direkt hinter ihr stand. „Als ich angekommen bin. Er, das Kid, er hat dich gefragt, was passiert ist. Hättest du es ihm gesagt?“

    „Was?“ Er brauchte einen Moment, ehe er wirklich verstand. „Nein! Natürlich nicht. Es geht ihn nichts an.“ Er gab seinen Worten Nachdruck, schien empört über ihre Frage. Vielleicht war sie auch albern.

    Sie nickte.

    „Pakhet“, versuchte er es erneut. „Ich mache mir Sorgen um dich. Bist du dir sicher, dass mit dir alles in Ordnung ist?“

    Natürlich machte er sich Sorgen. Was auch sonst? Es war diese Art von Mann … „Ja, es ist alles in Ordnung“, sagte sie halbherzig. Sie wollte die Türklinke runterdrücken, als er die Hand auf ihre Schulter legte.

    „Sieh mich zumindest an, Pakhet“, meinte er ruhig.

    Sie wollte nicht, aber dennoch zwang sie sich, sich umzudrehen. Sie sah ihm in die Augen und war halb überrascht, festzustellen, dass genau so groß war, wie sie – vielleicht sogar einen Zentimeter größer. Sie vergas es immer wieder.

    Er musterte und tatsächlich sprach Sorge aus seinem Blick. „Ich will nicht, dass die Sache zwischen uns steht. Pakhet. Es tut mir wirklich leid, was passiert ist. Wirklich.“ Sein Blick war weicher, als er hätte sein sollen. „Ich will nicht verlieren, was wir hatten. Ja? Bitte.“

    Verdammt.

    Sie schloss die Augen. „Schau, Doc. Ich …“ Ja, sie. Was? Was wollte sie sagen? „Ich will nicht, dass sich irgendwas verändert, okay? Ich will nicht, dass die Sache irgendwas verändert.“

    „Du bist diejenige, die Sachen verändert.“ Kein Vorwurf sprach aus seiner Stimme. Es war bloß eine Feststellung.

    Verdammt. Warum musste er sie so ansehen? „Ich weiß“, presste sie hervor, frustriert mit sich selbst. „Aber, Doc, ich … Okay, du bist ein Freund, ja? Und ich will dich nicht verletzten.“ Hatte sie das wirklich gesagt? Fuck! „Ich meine, ich will nicht, dass du missverstehst.“

    Ein mattes Lächeln glitt über sein Gesicht. „Ich missverstehe nicht. Wirklich nicht. Du hast dich mehr als deutlich ausgedrückt: Für dich war all das ein Missgeschick und etwas, das nicht wieder vorkommen wird. Ich kann das respektieren, wirklich. Mir reicht es, einfach nur Freunde zu sein.“ Er schaute sie auf eine Art an, die sie nicht einordnen konnte. „Ich halte große Stücke von dir. Ich vertraue dir. Ich will deine Freundschaft wegen der Sache nicht verlieren.“

    Sie schloss die Augen und verfluchte sich selbst. Wie schaffte er nur, dass sie sich wegen der ganzen Sache schlecht fühlte? Schließlich zwang sie sich, ihn anzusehen. „Ich weiß“, sagte sie leise. „Es tut mir leid. Ich wollte nur nicht, dass …“ Sie schüttelte den Kopf. Sie musste sich nicht wiederholen. „Ich werde versuchen das Ganze zu vergessen.“

    Er nickte, lächelte.

    Schweigen.

    Schließlich sah er sie an. „Du weißt, dass das Angebot ernst gemeint war. Ja?“

    Sie nickte. Natürlich meinte er so etwas ernst. Er war nicht derjenige, der über so etwas scherzte. „Ja, ich weiß.“

    „Hast du darüber nachgedacht?“

    „Ja, habe ich“, erwiderte sie. „Aber ich weiß noch immer nicht. Ich habe meinen Job. Ich mag meinen Job. Ich …“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich meine, ich kann es versuchen. Für dich arbeiten, meine ich. Aber nicht voll. Und nur …“ Wie sollte sie mit ihm darüber reden, ohne zuviel zu verraten? „Ich möchte vorher mit Mr Forrester sprechen, weißt du?“

    Er zögerte, nickte dann aber. „Ich denke, ich verstehe.“ Er holte tief Luft, sprach erneut. „Und die andere Sache?“

    Er wollte wirklich eine Antwort.

    Sie hatte den Gedanken daran in den vergangenen Tagen mehrfach im Kopf hin und her geworfen. Es wäre dumm von ihr, zuzustimmen. Wenn sie die ganze Zeit beisammen wären, waren weitere Missverständnisse vorprogrammiert. Davon einmal abgesehen, dass es aus ihrer Sicht dumm wäre. Nein, es war nicht der richtige Zeitpunkt. Definitiv nicht. Auch wenn, so sehr sie sich auch bemühte, den Gedanken daran zu verdrängen, ihr Haus ihr mittlerweile seltsam leer vorkam.

    „Nein, Doc“, meinte sie. „Nicht … Nicht jetzt. Es wäre aus meiner Sicht dumm, meinst du nicht?“

    Er lächelte matt. „Wahrscheinlich.“

    Wieder senkte sich Schweigen zwischen sie. Dann holte sie tief Luft. „Ich werde Montag mit Mi…“ Sie unterbrach sich. „Mit Mr Forrester sprechen. Und dann … schauen wir mal, ja?“

    Er nickte, lächelte.

    „Dennoch“, flüsterte sie. „Lass mir drei, vier Tage für mich, ja? Ich brauche noch etwas Abstand.“

    Wieder nickte er. „Mit drei, vier Tagen kann ich, denke ich, leben.“

    Sie schenkte ihm ein kurzes Lächeln und wandte sich wieder der Tür zu. „Ich melde mich dann bei dir.“

    „Okay. Komm gut heim.“

    „Was soll schon passieren?“, meinte sie und konnte sich dabei selbst tausend Antworten auf diese Frage ausmalen. Dennoch öffnete sie die Tür und verließ den Raum, schritt ohne ein weiteres Wort des Abschieds den Flur hinab.

    Erst als sie an der Treppe ankam, bemerkte sie, wie seltsam sie sich fühlte. Es war wirklich albern. Sie sollte darüber nicht so viel nachdenken.


    __________________________________________


    [15.08.2011 – F04 – Schlange]


    Murphy schien sich die Sache mit dem Eis in den Kopf gesetzt zu haben. Pakhet fand sich am Samstag Nachmittag mit ihm und Crash zusammen in einem Eiscafé – Crash zahlte. Anders, als sie erwartet hatte, machte Murphy keine Anstalten, sie über die Ferien auszuhorchen. Vielleicht war es nur, weil Crash dabei war.

    Das Wochenende verging und am Montag fand sie sich in der Firma und auf dem Weg in die oberste Etage wieder, die sie eigentlich mied. Innerlich schimpfte sie sich verrückt, während sie den Flur in Richtung Michaels Büro entlangstampfte. Sie hatte es Heidenstein versprochen. Ja, sie hatte es Heidenstein versprochen. Dennoch ahnte sie, dass es nicht gut ausgehen würde.

    Sie klopfte an Michaels Bürotür, wartete darauf, seine Stimme zu hören. Er würde da sein. Er war immer da und hatte für einen Geschäftsführer erstaunlich selten Besprechungen. Warum war er überhaupt da? Wahrscheinlich nur, um sich wichtig zu fühlen.

    „Ja?“, erklang schließlich seine Stimme.

    Sie öffnete die Tür, trat hindurch.

    „Pakhet, meine Liebe“, meinte er mit seinem üblichen, falschen Lächeln. „Na, hast du deine Ferien genossen?“

    „Ja“, log sie kühl. „Ich wollte mit dir sprechen.“

    Er wies auf den Stuhl ihm gegenüber, wartete, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, ehe fortfuhr: „Ich habe gehört, dass du mit dem guten Doktor im Urlaub warst. Ich bin ja wirklich schockiert. Seit wann bist du denn so jemand?“

    Sie durfte sich nicht reizen lassen. „Du wirst sicher auch davon gehört haben, warum er mitgekommen ist?“

    „Ja, irgendetwas von einem Muti-Fluch?“

    „So in etwa“, erwiderte sie spitz.

    Michael musterte sie mit einem hochnäsigen, herablassenden Blick. Noch immer umspielte ein Grinsen seine Züge. „Und? Wie steht es? Hat er dich schon um den Finger gewickelt?“

    Sie hätte wissen müssen, dass das Gespräch so verlaufen würde. „Er ist ein guter Freund.“

    „Also hast du wirklich mit der ‚Freunde‘ Sache angefangen, eh?“, meinte Michael. „Erst Freunde, dann mehr und am Ende gründest du noch eine Familie?“ Er schüttelte den Kopf. „Ich hoffe, dass es nur eine Phase ist. Vielleicht sollte ich Smith feuern. Immerhin ist sein kleines Experiment daran Schuld, oder?“

    Anders als Michael, war Smith zumindest für sie – und für die anderen Söldner – da, wenn man Hilfe brauchte. Hochhackige Schuhe hin oder her. „Warst du es nicht, der die Idee eingebracht hat, mich als Teamleiter für das kleine Experiment einzubringen, nachdem der erste Auftrag der Chaoten wortwörtlich in die Luft gegangen ist?“ Zugegebenermaßen riet sie nur, doch hatte sie mit den Jahren gelernt, mehr Wissen vorzuschützen, als sie eigentlich hatte. „Wahrscheinlich wegen dem Auftrag davor. Der Sache in Durban, oder? Beziehungsweise wohl eher meine absolut undankbare“ – sie bemühte sich um einen sehr sarkastischen Unterton – „Reaktion auf die Planung.“

    Michael lachte. Er lachte wirklich. Bemühte er sich eigentlich, wie ein Superbösewicht zu wirken? Hatte er Spaß daran?

    „Okay“, meinte er nach einer Pause. „Ich gebe dir den Punkt.“ Er musterte sie. Berechnung lag in seinem Blick. „Aber davon einmal abgesehen: Warum bist du hier?“

    „Ich werde für die nächsten Monate“ – sie hielt sich absichtlich vage – „einen anderen Job nebenher machen. Entsprechend werde ich nicht immer abrufbereit sein.“

    Michael wirkte nicht überrascht. Manchmal fragte sie sich, ob seine Möglichkeiten, Informationen zu beschaffen, gänzlich mit rechten Dingen zugingen. „Einen anderen Job?“

    „Ja.“ Sie würde nicht weiter ausführen, was für ein Job es war. Er würde es herausfinden, aber sie musste es ihm nicht erklären.

    „Was bringt dich auf diese Idee, hmm?“ Eisige Kälte lag in seinen Augen. „Bist du etwa nicht mehr zufrieden, Jojo?“

    Sie erwiderte seinen Blick eisern. „Das geht dich nichts an. Du besitzt mich nicht.“

    Das Lächeln, das seine Lippen umspielte, gefiel ihr nicht. „Warum immer so feindselig, Jojo?“

    „Weil du Abschaum bist, Michael. Du bist ein gewissenloses Arsch, dass jeden, wirklich jeden unter den Bus werfen würde, um seinen eigenen Profit zu erhöhen.“

    „Das ist richtig“, antwortete er nüchtern. „So funktioniert das Geschäft halt.“ Er zuckte mit den Schultern. „Das sollte dich aber auch daran erinnern, dass auch du ersetzbar bist. Soweit ich mich erinnere, gibt es noch immer einen Haftbefehl gegen dich, oder, Ms Snyder?“

    Sie wich seinem Blick nicht aus. Es war die Reaktion, mit der sie gerechnet hatte. Sie wusste, dass er Macht über sie hatte. Er wusste zu viel über sie, darüber wo sie hergekommen war und warum. „Ich sehe nicht, wieso es ein Problem sein sollte. Ich mache meistens einen Job die Woche, brauche dafür selten mehr als zehn Stunden. Ich kann meine andere Zeit auch sinnvoller verbringen, als auf dem Laufband Zeit totzuschlagen.“

    Schweigen. Noch immer hatte er seine Augen auf sie fixiert. Dann veränderte sich sein Lächeln, wurde wärmer, herzlicher, auch wenn seine Augen dieses Mimenspiel Lügen straften. „Mach, was du willst.“

    Sie wartete, auf das fraglos folgende „Aber“.

    Michael lehnte sich zurück. „Ich nehme an, dein neuer Job ist für Dr. Anderson?“

    Wahrscheinlich hatte eine kleine Änderung in ihrer Mimik sie verraten, denn der hungrige, kühle Ausdruck kehrte Prompt stärker als zuvor auf seine Züge zurück.

    „Mach, was du willst, Jojo“, meinte er. „Du wirst schon sehen, wohin es dich bringt.“

    „Ist das eine Drohung?“, fragte sie.

    Er winkte ab. „Keine Drohung. Eine Feststellung. Wieso sollte ich etwas tun? Du wirst es doch selbst sehen, wohin dich Vertrauen bringt.“

    Ging es ihm darum?

    Er lachte kurz. „Freundschaft“, murmelte er verächtlich und schüttelte den Kopf.

    „Solltest du vielleicht einmal probieren“, meinte sie. Sie sah ihn an. „Dann habe ich dein Einverständnis?“

    Er zuckte mit den Schultern. „Mach, was du willst. Wirklich.“

    Pakhet zwang sich zu einem Lächeln, stand auf. „Danke, Michael.“

    Er hob die Arme in einer selbstgefälligen Geste, während sie zur Tür ging. „Du wirst schon sehen“, sagte er noch einmal, als sie die Tür erreichte.

    Sie erwiderte nichts, drückte die Türklinke runter und verließ sein Büro. Sie mochte irgendetwas in seiner Stimme nicht. Etwas ließ sie ahnen, dass er sie früher oder später hierfür bestrafen würde.


    _________________________________________


    [19.08.2011 – M12 – Leiterhalter]


    Unbewusst wartete Pakhet darauf, dass Michael etwas tat. Doch für den Moment war er still.

    Sie hatte eine ruhige Woche. Ein Einsatz – Personenschutz. Sie trainierte den Rest der Zeit, begann Donnerstags mit der Arbeit für Heidenstein. Da sie nichts Besseres zu tun hatte, fand sie sich auch Freitag im Krankenhaus wieder. An diesem Nachmittag jedoch nicht allein.

    Aus welchem Grund auch immer: Murphy war hier. Natürlich hatte er eins und eins zusammengezählt, schien nahezu begeistert von der neuen Ausgangslage.

    „Jetzt hast du es bei dem Großen und mir gesehen und willst uns nachmachen, eh?“ Er stand unter ihr, hielt die Leiter, auf der sie stand.

    Sie war damit beschäftigt, eine Überwachungskamera zu kontrollieren, da die Flure des Krankenhauses notgedrungenerweise videoüberwacht waren. Die Hälfte der Kameras brachte jedoch nur ein griesiges Bild. Die andere Hälfte fehlte vollkommen, war offenbar gestohlen oder verkauft worden. Sie kontrollierte die Kamera, unter der sie jetzt stand, da auch sie ein schlechtes Bild gegeben hatte. Die Verkabelung war mitgenommen, steckte nicht wirklich drin.

    „Ignorierst du mich?“, fragte Murphy.

    Sie lächelte matt. Warum war sie nicht mehr von ihm genervt? Trotz seiner Art fand sie den Jungen mittlerweile charmant – auf eine äußerst kindische Art. Er war halt nur ein Teenager. „Ich ignoriere dich nicht, Kid. Ich frage mich nur, ob du nicht bei deinem großen Schützling sein solltest.“

    „Der ist beim Training. Da braucht er meine Hilfe nicht“, meinte Murphy. „Ich bin sein Manager, nicht sein Babysitter.“

    „Mr Teenage Manager, hmm?“, meinte sie.

    „Bitte. Als Mr Ravin bin ich bereits 32 Jahre alt und habe schon den ein oder anderen Star gemanaged – drüben, in Australien“, erwiderte er und grinste.

    Sie schüttelte den Kopf. Würde man bei dem „ein oder anderen Star“ nachfragen, was würde dann passieren? Diese Art von falschem Lebenslauf, flehte geradezu darum, widerlegt zu werden.

    Sie wandte ihre Aufmerksamkeit der Kamera zu, überprüfte die Kabel noch einmal genau, ehe sie von der Leiter stieg. Sie nahm das Notizbrett, dass auf dem Boden lag, notierte die Fehler, klappte die Leiter zusammen, trug diese weiter.

    „Du musst mir gegenüber nicht immer auf Ms Supercool machen, Pakhet“, meinte Murphy. „Innerlich bist du wie Crash. Ein richtiger Teddybär.“

    „Ich würde nicht darauf wetten“, erwiderte sie, schenkte ihm aber ein Lächeln. Sie ging den Flur hinab, bis sie zur nächsten Kamera kam. Sie überprüfte den Zettel. Von dieser Kamera hatte sie gar kein Bild bekommen. Die Kamera war aber noch vorhanden.

    Wieder stellte sie die Leiter ab, kletterte hoch, schraubte die Glasabdeckung, der in die Decke eingelassenen Kamera ab.

    „Willst du mir nicht endlich erzählen, was zwischen dir und dem Doc im Urlaub passiert ist?“, fragte Murphy, während er wieder die Leiter hielt. Zumindest machte er sich nützlich.

    Sie schenkte ihm einen kurzen Blick, wandte sich der Kamera zu. Sie musste Heidenstein echt fragen, wer die Verkabelung vorher reingezogen hatte. Denn hier waren nicht einmal Kabel angekommen. „Definitiv nicht.“

    „Ach, jetzt komm schon, du kannst mir vertrauen. Und ich bin wirklich, wirklich gut in Beziehungsangelegenheiten.“

    „Uhum“, brummte sie.

    Alles, was sie annehmen konnte, war, dass die Sicherheitsmaßnahmen verwahrlost war, während das Krankenhaus nicht wirklich genutzt worden war.

    „Okay, wenn du nicht redest“, meinte Murphy, „soll ich dir dann erzählen, was ich glaube, was passiert ist?“

    „Kein Interesse“, murmelte sie, schraubte wieder die Glasabdeckung drauf, kletterte von der Leiter, machte sich ihre Notiz.

    „Also, ich glaube, dass  …“, begann er.

    Sie warf ihm einen bösen Blick zu. „Kid, ich will es nicht wissen.“ Damit klappte sie die Leiter zusammen, ging weiter. Sie war am Ende der aktuellen Station angekommen. Die „Innere“ – nicht, dass es aktuell viel mehr als eine Station gab. Leute, die herkamen, waren entweder verletzt oder hatten einfache Krankheiten, die meist aufgrund eines Mangels an Medikamenten schwerer geworden waren. Manche von ihnen konnten zahlen. Es gab genug, die in den Flats lebten und wirkliche Jobs in der Stadt hatten, aber aus dem einen oder anderen Grund dort blieben. Mal zahlten die Jobs nicht genug, mal konnten sie sich keine Wohnungen für ihre ganze Familie leisten. Andere hatten wieder andere Gründe. Dennoch fragte sie sich, ob Heidenstein aktuell einen Gewinn machen konnte. Wovon bezahlte er sie überhaupt?

    „Ich glaube“, begann Murphy erneut, offenbar fest entschlossen, seine Interpretation der Ereignisse loszuwerden, „dass du und der Doc in den Ferien zusammen im Bett gelandet sind.“

    Volltreffer. Was hatte sie auch anderes erwartet?

    Sie erwiderte nichts, baute stattdessen die Leiter wieder auf.

    „Und weil du nicht weißt, wie du damit umgehen sollst, bist du nun noch griesgrämiger als zuvor. Und natürlich hat es dem Doc mehr bedeutet und deswegen weißt du jetzt nicht, was du ihm gegenüber tun sollst.“

    Hatte der Junge auch noch Fähigkeiten Gedanken zu lesen? Es würde sie nicht überraschen.

    „Liege ich richtig?“

    „Kid, ich habe gesagt, dass ich darüber nicht rede“, erwiderte sie und schenkte ihm einen strafenden Blick. „Halt lieber die Leiter fest.“

    „Pakhet, ich sage dir was. Das ganze ist nicht schlimm. Ich meine, wieso machst du dir überhaupt so viele Gedanken darüber. Ich meine du magst den Doc doch, oder?“

    Und genau das war das Problem. Sie mochte ihn – als Freund. Nur als Freund. Wieder brummte sie.

    „Warum willst du nicht darüber reden?“

    „Weil es dich nichts angeht, Kid.“ Wieder musterte sie den Jungen und hoffte, dass ihr Blick wütend genug war. „Es geht dich nichts an. Also hör auf mich damit zu nerven.“

    „Aber ich habe Recht, oder?“

    „Kid.“ Sie gab ihrer Stimme einen warnenden Unterton, um deutlich zu machen, dass das Thema für sie vorbei war.

    Murphy seufzte schwer. „Ich weiß ja nicht, warum das Thema für dich so dramatisch ist? Ich meine, ich kann dir sagen, was ich und Alice in letzter Zeit so gemacht haben.“ Ein perverses Grinsen erschien auf seinem Gesicht.

    Mit einem Seufzen kletterte sie von der Leiter. Also waren er und Crashs Schwester oder Cousine jetzt was? Freunde mit Vorzügen? Ein Paar? Eigentlich wollte sie es nicht so genau wissen. Etwas sagte ihr, dass Murphy sie mit keinem Detail verschonen würde. „Mich interessiert eher, auf welche Arten Crash versucht hat, dich deswegen umzubringen.“

    „Oh, auf unterschiedliche Art und Weise. Er hat den ein oder anderen Speer nach mir geworfen“, meinte Murphy grinsend.

    Und wahrscheinlich hatte der Große mit Absicht nicht getroffen.

    „Jedenfalls, als ich letztens mit Alice  …“

    Sie stöhnte genervt. „Kid, was muss ich dafür tun, damit du das Thema wechselst?“

    Murphy grinste. „Mich auf ein Eis einladen, würde funktionieren.“

    „Das hast du dir eigentlich nicht verdient“, murrte sie, ehe sie das Notizbrett nahm und sich die Informationen zu dieser – fehlenden – Kamera aufschrieb.

    „Aber, Pakhet, ich helfe dir hier bei deiner Arbeit und das aus der reinen Güte meines Herzens heraus!“

    „Kid, du hältst eine Leiter“, erwiderte sie. „Und ich bin mir beinahe sicher, dass du es nur tust, um mich dabei nerven zu können.“

    „Ich will dich nicht nerven“, empörte er sich. „Ich will dir helfen!“

    „Du hilfst mir am besten, indem du ruhig bist“, antwortete sie.

    Murphy ließ einmal wieder ein melodramatisches Seufzen hören. „Gut. Von mir aus.“ Er schwieg für ganze zwei Sekunden, ehe er fragte: „Was ist denn mit dem Eis?“

    Sie verdrehte die Augen. „Das entscheiden wir abhängig davon, wie nervig du für den Rest des Tages bist.“

    Er grinste. „Okay!“

  • Hi. Zunächst: Ich habe mich riesig gefreut, als ich gesehen habe, dass du hier wieder etwas gepostet hast. Gleichzeitig hatte ich ein bisschen ein schlechtes Gewissen, denn auch wenn ich nicht genau wusste, wo, so meinte ich doch irgendwann mal mitbekommen zu haben, dass du die Geschichte auch anderswo veröffentlichst, und wahrscheinlich hätte ich das während der ganzen Zeit seit dem letzten Update auch mit einer Minute Google finden können. Insofern tut es mir leid, dass ich da nicht eher an anderer Stelle weiter etwas zu der Geschichte geschrieben habe, denn es hat mir eigentlich immer wirklich Spaß gemacht, sie zu lesen und zu kommentieren. Ich hoffe, dass ich das in Zukunft ändern kann, wenn du hier weiter postest - aber wenn ich nicht dazu komme, dann sei schon einmal dazu gesagt, dass es nicht an mangelndem Interesse liegt, sondern an ... Kram.


    Aber ja, ohne weitere Umschweife:

    Also, die neuen Kapitel setzen ja da an, wo aufgehört wurde und auch wenn jetzt erst einmal nicht so viel an Action passiert, mag ich wirklich diese ganzen Charaktermomente. Es ist irgendwie fast schon ein wenig niedlich, wie schwer es Pakhet fällt, mit der Sache und Gefühlen generell umzugehen, wenngleich ich mich ein wenig schlecht dafür fühle, es "niedlich" zu nennen, weil das eigentlich so spaßig nicht ist - mir fällt das ja auch manchmal schwer und es ist eigentlich nur doof, urks.

    Aber zugleich: Gott, ich liebe Murphys Art, auch wenn er so nervig ist. Wie er es immer wieder schafft, Pakhet so auf die Palme zu bringen, sie tatsächlich sogar auszutricksen und sich langsam anhand ihrer Reaktionen seinen Teil zu allem denken kann, ist einfach unbezahlbar. Es zeigt sich da immer, dass er eben in mancher Hinsicht doch ziemlich clever ist, selbst wenn er in anderer Hinsicht auch ein wenig naiv sein dürfte (etwa wenn es um einen doch nicht allzu schwer durchschaubaren falschen Lebenslauf geht). Aber grundsätzlich gefällt mir einfach diese "rotzfreche" Art, die er hat. Dass er immer ein Eis will, finde ich verständlich - Eis ist toll. Auch wenn ich hoffe, dass er kein Walnusseis isst, denn dann wäre er bei mir unwiderruflich unten durch.

    Ansonsten ... Am auffälligsten bzw. bedrohlichsten ist wohl gerade Michael. Da frage ich mich doch, ob er für die nächste Zeit irgendwas plant oder von irgendwas weiß, dass noch kommt - okay, da bin ich mir eigentlich relativ sicher, die Frage scheint mehr ein "Was?" zu sein. Entweder überlegt er sich irgendwas, womit er Pakhet direkt treffen kann oder etwas, was auf die Leute in ihrem Umfeld abzielt (insbesondere halt Heidenstein, Crash und Alice, Murphy oder auch Robert) oder aber er weiß wie gesagt irgendwas, bei dem er sich sicher ist, dass es irgendwann für Pakhet zum Problem wird. Dahingehend hätte ich spezifisch irgendwas in Heidensteins Umfeld im Blick, weil er ja gewisse ... Kontakte und außerdem eine immer noch etwas mysteriöse Vergangenheit hat. Aber keine Ahnung.

    Ansonsten halt hat Michael ja diverse Mittel, um Pakhet direkt zu treffen - ich bin nur nicht sicher, ob er wirklich ihre Identität verraten würde, solange er noch glaubt, dass er sie kontrollieren kann. Ich meine, er würde vielleicht nichts tun, was seine, äh, "Geldanlage" zu sehr gefährdet, solange er glaubt, aus ihr noch einen Nutzen ziehen zu können. Wenn sie ihm aber vielleicht endgültig den Rücken zukehrt, sähe die Lage da dann aber vielleicht auch anders aus ... Und bis dahin würde er aber sicher zumindest irgendeine Art von "Warnung" schicken. Auf jeden Fall ist es schon gruselig, wie das Gespräch mit ihm geendet hat - es macht mich neugierig, was kommen wird, aber gleichzeitig habe ich auch Angst um Pakhet und die anderen, uff.

    Manchmal fragte sie sich, ob seine Möglichkeiten, Informationen zu beschaffen, gänzlich mit rechten Dingen zugingen.

    Weißt du, das frage ich mich auch schon länger. Ich habe da nach wie vor eine Theorie zu Michael, die ich schon einmal erwähnt hatte und die zwar komplett aus der Luft gegriffen ist (und deswegen kann ich sie immer noch nicht sagen), aber die würde dahingehend etwas erklären. Gleichzeitig ... Ugh, Michael wirkt manchmal einerseits wie "nur ein Unternehmer" (wenn auch einer, der mitunter im Bereich des Magischen operiert), aber gleichzeitig ... Irgendwas ist hier doch faul. Oder interpretiere ich wieder zu viel hinein? Na ja, muss ich abwarten.

    Ach ja:

    „Also. Keine Übelkeit?“ Ein Kopfschütteln. „Kein Schwindel?“ Wieder Kopfschütteln. „Kopfschmerzen?“ Dasselbe.

    Nach so viel Kopfschütteln sollten die Fragen nach Schwindel und Übelkeit noch einmal zur Sicherheit wiederholt werden.

    Und, weil ich eh immer dabei bin:

    Freue mich schon auf die Fortsetzungen!

  • Hey Alaiya, heute kommt endlich mein Kommentar, den ich dir schon angekündigt habe. :)


    Bevor ich aber zu den ersten Kapiteln Ereignissen was schreibe, wollte ich noch gerne was anderes ansprechen:


    In meiner inaktiven Zeit habe ich vor allem in den allgemeinen Diskussionen mitgelesen und besonders die Beiträge von Alaiya haben mir immer sehr gut gefallen. Ich habe durch diese Post oftmals neues Wissen hinzubekommen, wurde für bestimmte Themen sensibilisiert und wurde um Erfahrungsberichte außerhalb meiner Bubble bereichert. Für all diese Dinge bin ich unglaublich dankbar und du hast definitiv auch einen Anteil daran, dass ich in den letzten vier Jahren begonnen hab mich intensiver mit Themen auseinander zu setzen und zu informieren, sodass ich jetzt zu einigen Themen eine fundierte Meinung hab und vernünftig mit anderen über diese Themen diskutieren kann. Deswegen möchte ich mich gerne in Form dieses Kommis bedanken.

    Ich glaube den Text kann ich in der Form bedingungslos zustimmen.


    Ich muss auch sagen, dass deine Beiträge in diesen Forum (und natürlich auch dein grandioser Webblog) sehr viel dazu beigetragen haben, dass ich selbst angefangen habe mich mehr mit vielen politischen und gesellschaftskritischen Themen intensiver auseinander zu setzen. Gerade meine Kenntnisse bezüglich queeren oder dekolonialen (aber auch schreibtechnischen) Thematiken die ich mir erlangt habe, habe ich unter anderem dir zu verdanken bzw. hast du immer entsprechende Quellen angegeben, bei denen man sich noch mehr mit der Materie befassen kann.

    Und auch wenn du vergleichsweise nicht mehr so aktiv bist wie früher, so muss ich dennoch sagen, dass ich immer wieder gerne Beiträge von dir lese und dass diese wahrscheinlich einer der Hauptgründe sind, warum ich dem Bisaboard nicht schon vor Jahren komplett den Rücken gekehrt habe.


    Vielen Dank auf jeden Fall an der Stelle dafür, dass du dir so viel Mühe damit gibst, andere Menschen mit Informationen zu versorgen. ^^


    Nun denn kommen wir nun zum eigentlichen Beitrag:


    [17.03.2011 – X01 – Überleben]


    Ein sehr rasanter Einstieg in Pakhets Leben. Hat mir allgemein wirklich gut gefallen, wie die Ereignisse hier Schlag auf Schlag erfolgt sind und wie Pakhet in der Situation gar nicht die Chance dazu hatte, lange darüber nachzudenken was gerade passiert ist, da sie mehr oder weniger die ganze Zeit auf Trab gehalten wurde, weil die ganze Zeit shit happens.

    War auf jeden Fall ein sehr gutes Einstiegskapitel, dass nicht nur sehr viel Action geboten hat sondern auch einen guten Einblick davon gegeben hat, wie ein Berufsalltag von Pakhet unter anderem aussehen kann.


    Mir ist beim Lesen nur ein klitzekleiner Schreibfehler aufgefallen:

    Einem Instinkt folgend, sprang sie zu ihrer linken Seite, als mehrere Schuss erklangen.

    Ich glaube es müsste Schüsse heißen, wenn mich nicht alles täuscht. Falls dich jemand schon darauf hingewiesen hat, dann ignoriere den Auszug einfach, ich habe mir die Kommis von den anderen User*innen noch nicht durchgelesen.



    [19.03.2011 – F01 – Management]


    Das Kapitel hat es auf jeden Fall gut geschafft, Michael als eine ziemliche arrogante Arschgeige darzustellen, ohne dass er groß ausfallend in seinem Ton war. Kudos dafür, haha. Mir gefiel hier auch die Art wie du hier seinen Raum beschrieben hast, weil gerade diese wirklich gut dazu beigetragen haben, was für eine Art von Mensch Michael wirklich ist. Vor allem:

    für den besonderen Arschloch-Faktor

    Über die Beschreibung habe ich mich wirklich köstlich amüsiert, haha.


    Bin auf jeden Fall gespannt zu erfahren, ob Pakhet mit ihrer Vermutung richtig liegt, dass Michael vielleicht doch mehr mit den Unfall zu tun hat, als er vermeintlich zugeben möchte...



    [19.03.2011 – D01 – Medic]


    Inhaltlich ist jetzt nix groß Aufregendes hier passiert, aber ich fand es ganz interessant zu sehen, dass Pakhet mit der Ärztin ein wesentlich neutraleres Verhältnis hat, als es mit ihren Chef der Fall war. Das der andere Arzt im Zimmer mit ihr, so gut wie gar nicht interagiert hat, lässt mich vermuten, dass er wahrscheinlich noch an anderer Stelle nochmal wichtig sein wird. Wahrscheinlich ist er auch eine der Figuren, die im Startpost genannt wurden, da aber mein Gehirn die magische Gabe hat, mehr wie ein Sieb als wie ein Speicher zu funktionieren, ist es mir wahrscheinlich nicht aufgefallen.

    Auch muss ich hier loben, wie detailliert du das Krankenzimmer beschrieben hast oder auch wie du Pakhets Gedankengänge bzw. die Eigenbehandlung ihrer Schussverletzung beschrieben hast. Man merkt daran schon, dass du wahrscheinlich für diese Geschichte sehr viel Researching betrieben hast. ^^



    [24.03.2011 – R01 – Pizza]


    Das Kapitel war auf jeden Fall eine sehr schöne Abwechslung im Vergleich zu den vorherigen, wo sich Pakhet meist eher in einem angespannten Umfeld befand. War auf jeden Fall schön zu sehen, dass sie sich gegenüber ihren Mitbewohner mehr von ihrer menschlichen Seite zeigen konnte und ich kann mich auf jeden Fall sehr gut mit Pakhet in der Hinsicht sympathisieren, weil ich auch meistens dazu neige meine Kommentare zu Filmen/Serien immer sehr ähnlich zu gestalten, weil ich zu unkreativ bin mir immer was komplett neues einzufallen, haha. Ich glaube wir hatten ja schon mal vor Jahren uns über Pakhets Charakter unterhalten (frag mich nicht wann, ist schon wirklich etwas zu lange her) und der sympathische Eindruck den sie bei mir damals hinterlassen, hat sich in den Kapitel definitiv bestätigt, haha. Ich mochte auch wie man aus den Gespräch zwischen ihr und Robert herauslesen konnte, dass sie wahrscheinlich eher aromantisch veranlagt ist. Allgemein hat sich die ganze Unterhaltung zwischen den beiden sehr natürlich angefühlt. Solche entspannten Momente werden wahrscheinlich im Rahmen der Geschichte eher selten auftreten...



    So das waren erst mal meine Gedankengänge zu den ersten vier Ereignissen (hab sie den oberen Texten der Einfachheit als Kapitel bezeichnet). Ich weiß noch nicht bis wann ich es schaffen werde, auf aktuellen Stand zu gelangen, aber ich werde mich bemühen hier regelmäßig zu posten . ^^


    Und ich muss mir endlich angewöhnen, andere Wörter als Alternative für "wahrscheinlich" zu benutzen.

  • So, dann will ich mal auf euer ganzes Feedback antworten. Ich freue mich übrigens sehr. Danke :bigheart:


    Murphy ist überraschend einsichtig, zeigt dass er sich Zeit nahm über sie nachzudenken und nicht nur a Tratsch interessiert ist.

    Michael scheint da Foreshadowing zu betreiben, hab aber keinen Plan wohin das mit dem Doc führen soll.

    Murphy ist im Grunde seines Herzens ein ganz lieber. Das stimmt. Er macht sich tatsächlich auch viele Gedanken über Pakhet und sein Verhältnis zu ihr. Mehr als er durchblicken lässt.


    Zu Michael und seinem Plan kommen wir morgen, wenn ich die nächsten Kapitel hochlade. :D


    denn auch wenn ich nicht genau wusste, wo, so meinte ich doch irgendwann mal mitbekommen zu haben, dass du die Geschichte auch anderswo veröffentlichst, und wahrscheinlich hätte ich das während der ganzen Zeit seit dem letzten Update auch mit einer Minute Google finden können

    Ja, das ist natürlich wahr. Also den neusten Stand der Geschichte gibt es immer auf Animexx. (Wobei "neuster" Stand relativ ist. Animexx ist aktuell bei nicht ganz 2/3 von Teil 2 der Geschichte, während ich mit dem Schreiben bei 4/5 von Teil 3 bin. Und nein, Teil 3 wird auch nicht viel kürzer als Teil 2.)


    Also, die neuen Kapitel setzen ja da an, wo aufgehört wurde und auch wenn jetzt erst einmal nicht so viel an Action passiert, mag ich wirklich diese ganzen Charaktermomente. Es ist irgendwie fast schon ein wenig niedlich, wie schwer es Pakhet fällt, mit der Sache und Gefühlen generell umzugehen, wenngleich ich mich ein wenig schlecht dafür fühle, es "niedlich" zu nennen, weil das eigentlich so spaßig nicht ist - mir fällt das ja auch manchmal schwer und es ist eigentlich nur doof, urks.

    Sie wäre nicht begeistert davon, als "niedlich" bezeichnet zu werden. Dabei hast du eben auch eigentlich recht, es ist nicht spaßig und sie hat halt wirklich massive Blockaden, was die zwischenmenschlichen Dinge angeht. Um es mal ganz direkt auszudrücken: Pakhet ist ein sehr kaputter Mensch. Sie hat einfach so viel Traumata angehäuft ... Ihre Traumata haben Traumata.


    Es zeigt sich da immer, dass er eben in mancher Hinsicht doch ziemlich clever ist, selbst wenn er in anderer Hinsicht auch ein wenig naiv sein dürfte (etwa wenn es um einen doch nicht allzu schwer durchschaubaren falschen Lebenslauf geht).

    Murphy ist halt "street smarts", wie man es im englischen so schön ausdrückt. Er ist halt gut darin, Situationen schnell zu erfassen und sich da etwas auszudenken, aber ihm fehlt so ein wenig das Wissen darüber, wie die Welt eigentlich funktioniert. Außerdem hat er auch massive Einbußen im sozialen Bereich. Er kaschiert diese anders, als Pakhet, aber eigentlich hat er auch Bindungsängste.


    Auch wenn ich hoffe, dass er kein Walnusseis isst, denn dann wäre er bei mir unwiderruflich unten durch.

    Sein liebstes Eis ist Schokoladeneis. Gefolgt von Erdbeereis und anderen Fruchteissorten. :P


    Entweder überlegt er sich irgendwas, womit er Pakhet direkt treffen kann oder etwas, was auf die Leute in ihrem Umfeld abzielt (insbesondere halt Heidenstein, Crash und Alice, Murphy oder auch Robert) oder aber er weiß wie gesagt irgendwas, bei dem er sich sicher ist, dass es irgendwann für Pakhet zum Problem wird.

    Dazu, was sich Michael ausdenkt, kommen wir wie gesagt in den Kapiteln, die ich morgen posten werde. Sein ganzer Plan wird da noch nicht klar, aber er macht zumindest seinen ersten Move. (Ich bin gespannt, was ihr dann über den Plan hinter dem Move spekulieren werdet.)


    Ansonsten halt hat Michael ja diverse Mittel, um Pakhet direkt zu treffen - ich bin nur nicht sicher, ob er wirklich ihre Identität verraten würde, solange er noch glaubt, dass er sie kontrollieren kann.

    Ich muss dahingehend auch morgen noch mal auf Kontrolle aufmerksam machen. Die Geschichte sagt sehr viel über die Beziehung von Pakhet zu Michael aus und welche Mittel er bisher so genutzt hat, um sie zu kontrollieren.


    Weißt du, das frage ich mich auch schon länger. Ich habe da nach wie vor eine Theorie zu Michael, die ich schon einmal erwähnt hatte und die zwar komplett aus der Luft gegriffen ist (und deswegen kann ich sie immer noch nicht sagen), aber die würde dahingehend etwas erklären. Gleichzeitig ... Ugh, Michael wirkt manchmal einerseits wie "nur ein Unternehmer" (wenn auch einer, der mitunter im Bereich des Magischen operiert), aber gleichzeitig ... Irgendwas ist hier doch faul. Oder interpretiere ich wieder zu viel hinein? Na ja, muss ich abwarten.

    Ich denke die ganze Zeit, ihr macht es euch zu kompliziert damit, was es mit Michael auf sich hat. Manchmal ist ein nazistisches Arschloch einfach nur ein nazistisches Arschloch.


    Ich muss auch sagen, dass deine Beiträge in diesen Forum (und natürlich auch dein grandioser Webblog) sehr viel dazu beigetragen haben, dass ich selbst angefangen habe mich mehr mit vielen politischen und gesellschaftskritischen Themen intensiver auseinander zu setzen.

    Ich fühle mich bei sowas immer schlecht, dass ich aktuell so wenig poste. Aber ich habe im Moment einfach nicht die Zeit/Ruhe, mich so sehr in den AD zu beteiligen. Da schreibe ich dann doch lieber am Weblog.


    Falls dich jemand schon darauf hingewiesen hat, dann ignoriere den Auszug einfach, ich habe mir die Kommis von den anderen User*innen noch nicht durchgelesen.

    Thrawn wird mich recht sicher drauf hingewiesen haben. Das Problem ist halt nur, dass ich diese ersten Kapitel hier im BB wegen der aufwendigen Formatierung nicht ordentlich überarbeiten kann. Weil wenn ich das mache, zerreißt es mir die Formatierung. (Deswegen lasse ich es bei den neuen Kapiteln auch.)


    Mir gefiel hier auch die Art wie du hier seinen Raum beschrieben hast, weil gerade diese wirklich gut dazu beigetragen haben, was für eine Art von Mensch Michael wirklich ist

    Danke. Darüber habe ich ja auch einmal gebloggt: Man kann durch die Räume, die Charaktere bewohnen, auch immer sehr viel über die Charaktere selbst aussagen, finde ich.


    Das der andere Arzt im Zimmer mit ihr, so gut wie gar nicht interagiert hat, lässt mich vermuten, dass er wahrscheinlich noch an anderer Stelle nochmal wichtig sein wird.

    *hüstel* Ja, das könnte so sein ...


    Auch muss ich hier loben, wie detailliert du das Krankenzimmer beschrieben hast oder auch wie du Pakhets Gedankengänge bzw. die Eigenbehandlung ihrer Schussverletzung beschrieben hast. Man merkt daran schon, dass du wahrscheinlich für diese Geschichte sehr viel Researching betrieben hast. ^^

    Ja, das ist tatsächlich ein großes Thema bei Mosaik. Da ist viel Recherche reingeflossen. Teilweise auch für Themen, die nicht so ganz einfach sind. (Und dann gibt es Recherche-Blöcke, bei denen ich irgendwann auch einfach aufgegeben habe.)


    War auf jeden Fall schön zu sehen, dass sie sich gegenüber ihren Mitbewohner mehr von ihrer menschlichen Seite zeigen konnte

    Nicht Mitbewohner, nur bester Freund. Sie lebt alleine in einem Haus, das eigentlich viel zu groß für sie ist.


    Ich mochte auch wie man aus den Gespräch zwischen ihr und Robert herauslesen konnte, dass sie wahrscheinlich eher aromantisch veranlagt ist.

    Da nimmst du tatsächlich ein ganzes Charakterarc vorweg. Weil in Teil 3 plagt sie sich ziemlich mit ihrer Beziehung zu Romantik und diesen Dingen herum.


    So das waren erst mal meine Gedankengänge zu den ersten vier Ereignissen (hab sie den oberen Texten der Einfachheit als Kapitel bezeichnet)

    Ich nenne sie ja immer Szenen. Das meiste sind ja einzelne Szenen. Deswegen sind sie auch nur so kurz.

  • Ich fange den heutigen Post mal damit an, auf eine Sidestory zu Mosaik aufmerksam zu machen, die ich auch in einigen Kommentar-Antworten schon erwähnt hatte. Diese Geschichte hilft ein wenig, zu verstehen, was bei Pakhet alles schief gelaufen ist und wie ihr Verhältnis zu Michael eigentlich aussieht.

    Ich kann sie leider auf dem BB schlecht hochladen, da sie irgendwo auf der Grenze zwischen ab 16/ab 18 liegt. Triggerwarnungen stehen auch bei Animexx dabei. Ich gebe den Link zu Animexx, da ihr dort auch ohne einen Account zu haben kommentieren könnt. Und weil es da eben TWs gibt.

    Die Geschichte spielt 5 Jahre vor Mosaik, also 2006. Entsprechend ist Vorkenntnis von Mosaik nicht zwingend notwendig.


    Kontrolle



    Eigentlich sollte es für sie Routine sein. Ein Auftragsmord. Ziel: Ein vermeintliches kleines Licht in den Triaden von Shanghai. Ein Drogenboss, hieß es. Wie sich jedoch bald herausstellen soll, ist Huang Li weder ein kleines Licht, noch nimmt er Attentate auf sein Leben leicht. Ein Kampf ums nackte Überleben beginnt ...


    _____________________________


    Damit kommen wir zu den eigentlichen Kapiteln/Szenen für heute. In diesen geht dann nun auch endlich der eigentliche Plot von Mosaik los. Wuhu. Außerdem gibt es heute ganz viel Murphy für euch.


    _____________________________



    [20.08.2011 – M13 – Ersthaftigkeit]


    Am nächsten Tag fand sich Pakhet tatsächlich wieder in einem Eiscafé zusammen mit Murphy – nur mit Murphy dieses Mal. Wieder hatte er einen großen Becher bestellt, dieses Mal einen Nuss-Krokant-Becher und schaufelte das Eis genüsslich in sich hinein.

    Wieso brachte es sie zum Lächeln? Sie wurde aus dem Jungen nicht ganz klug. Er konnte nerven, war manchmal sehr unsensibel und schien gleichzeitig vieles zu verstehen, ohne dass man es ihm sagte. Dennoch konnte sie ihm nicht lange böse sein. Vor allem, da er wirklich noch ein Kind war – egal welche Gestalt er annahm. Er war gut darin, jemand anderen zu imitieren, doch am Ende konnte er seine jugendliche Natur nicht verleugnen. Trotz aller Abgebrühtheit war da etwas Unschuldiges  …

    „Wieso isst du nicht eigentlich auch Eis?“, fragte er.

    „Weil Süßes nichts für mich ist“, erwiderte sie schlicht. „Nicht jeder hat den Luxus, das Fett magisch verschwinden zu lassen.“

    „Als ob an dir auch nur ein Gramm Fett wäre“, murmelte er und warf ihr einen Seitenblick zu.

    Sie lächelte, zuckte mit den Schultern und nippte an ihrem Eiskaffee. „Davon abgesehen mag ich Süßes nicht.“

    „Wie kann man Süßes nicht mögen?“ Wieder einmal spielte der Junge, der – wie praktisch immer, wenn sie sich trafen – die Gestalt des hellhäutigen, schwarzhaarigen Jungen von siebzehn oder achtzehn angenommen hatte, empört.

    „Ich mag es halt nicht.“ Die Worte unterstrich sie mit einem weiterem Schulterzucken.

    „Wahrscheinlich ist das der Grund, warum du immer so griesgrämig bist“, meinte er. „Du isst einfach nicht genug Schokolade.“

    Sie hob eine Augenbraue. „Und Schokolade macht glücklich?“

    „Ja. Ich habe gehört, da gibt es Studien oder so, die das belegt haben!“ Er grinste sie an.

    Pakhet schüttelte den Kopf, lachte leise und trank noch Schluck ihres Eiskaffees.

    Es war ein angenehmer Tag. Es war halbwegs warm, die Sonne schien und der Wind vom Meer wehte seicht. Noch immer waren einige Touristen in der Stadt unterwegs. Langsam merkte sie auch, dass ihre Unruhe nachgelassen hatte. Sie war ruhiger geworden, tat sich sogar leichter damit, mit Heidenstein zu reden.

    „Und, was macht Crashs neuer Gig im Moment?“, fragte sie, um das Thema zu wechseln.

    „Och, es läuft eigentlich wunderbar. ‚Er ist halt der geborene Stürmer‘, sagen sie. Ich meine, mal ehrlich, wenn er läuft, will ihn niemand mehr aufhalten.“

    „Ich frage mich ja, ob es nicht etwas geschummelt ist. Immerhin ist er Gestaltwandler.“

    Murphy zuckte mit den Schultern und begann seinen Becher auszukratzen. „Na ja, du hast magische Kräfte, ich habe magische Kräfte. Schummeln wir auch? Wenn er gewinnt, geht es um Geld und Ansehen. Wenn du gewinnst, sterben Leute.“

    „Ich bemühe mich nicht zu töten.“

    „Ja, aber dennoch sterben immer wieder Leute.“ Ihn schien es weder zu stören, noch zu schockieren. War es so normal für Straßenkinder in der Stadt?

    Den Gedanken an die Straßenkinder hasste sie noch immer. So wenig es zu ihrer normalen Persona passte, so bereiteten ihr solche Bilder weiterhin Bauchschmerzen. Kinder sollten eigentlich ein Zuhause haben. Eine Zuflucht. Doch was sollte sie tun? Sie hatte keinen Einfluss und Geld, das sie gab, würde am Ende bei den falschen Leuten landen.

    „Weißt du“, begann Murphy, als ein Klingeln aus ihrer Jackentasche ihn unterbrach.

    „Sorry.“ Sie griff nach ihrem Handy, fischte es aus der Tasche hervor und schaute auf den Bildschirm, halb damit rechnend, dass es Heidenstein war. Jedoch war es nicht Heidensteins Name, der auf dem Touchbildschirm erschien. Es war Michaels.

    Das konnte nichts Gutes heißen.

    Sie stand auf, ging dran und bemühte sich, einige Meter Abstand zu Murphy zu gewinnen. Sie wollte nicht, dass er mithörte und so lehnte sie sich ein Haus vom Eissalon entfernt, gegen die Wand. „Was kann ich für dich tun, Michael?“ Ihre Stimme klang kühl, sagte deutlich, was sie von diesem Anruf hielt.

    „Hallo, Jojo“, erwiderte Michael bester Laune.

    „Was kann ich für dich tun?“, wiederholte sie.

    Ein Seufzen. „Ach, immer so misstrauisch. Meine Liebe. Ich habe hier nur gerade einen Job reinbekommen, der dich interessieren könnte.“

    Irgendetwas stimmte an der Sache nicht. Das wusste sie. Sicher, Michael hatte ihr in der Vergangenheit öfter direkt Jobs zugespielt, doch in den letzten ein, zwei Jahren hatte er es meistens über Smith geregelt. „Was für ein Job?“

    „Wie gesagt, etwas für dich: Verschwundenes Mädchen. Wahrscheinlich entführt. Ein Video mit ihr ist auf einer Webseite aufgetaucht.“

    Sie ahnte, was kam. „Was für eine Webseite?“

    „Nun, sagen wir es so: Eine Marktplattform.“

    Sie hatte eigentlich Porno-Webseite gedacht, doch sie wusste, was gemeint war. Sklavenmarkt. Fuck. „Und wieso glaubst du, ist das etwas für mich?“

    „Sie ist sechzehn.“ Michael machte eine kurze Pause. „Hast du es nicht normal mit den Jugendlichen und all dem? Beschützerinstinkte oder so.“

    Sie brummte. Alles, was sie hatte, war eine Regel, dass sie keine Jobs annahm, Kinder oder Jugendliche zu entführen oder zu töten. „Und deswegen rufst du mich an?“

    „Ja.“ Das Grinsen war deutlich aus Michaels Stimme herauszuhören. „Ich habe einfach an dich gedacht.“

    Fuck. Sie mochte das Ganze nicht. „Bezahlung?“

    „36 000“, antwortete Michael.

    Das war keine schlechte Summe, gerade für die Art des Falls. Vor allem, da diese Fälle fast immer Mädchen oder Jungen aus armen Familien betrafen. Jedenfalls hier, jedenfalls, wenn sie zu ihnen getragen wurden. Leute, um die sich die öffentlichen Behörden nicht kümmerten. „Wer ist der Auftraggeber?“

    „Ihr Arbeitgeber“, meinte Michael. „Also was ist. Willst du den Job? Ich schicke dir alles, was du wissen musst.“

    Fuck. Sie hasste es wirklich. Irgendetwas war hier faul und sie wusste nicht genau was. Doch wenn sie es nicht tat, würde den Job jemand anderes machen. Also konnte auch sie  … „Okay.“

    „Wunderbar“, meinte er. „Ich schicke dir die Unterlagen nachher rüber.“

    „Okay“, murmelte sie und legte auf.

    Sie runzelte die Stirn. Was könnte an diesem Fall nicht stimmen, dass Michael ihn ihr zuspielte? Was war daran faul? Warum hatte er ihn ihr überhaupt zugespielt?

    Eigentlich ahnte sie es: Er wollte einen Punkt machen, da er mit ihren Entscheidungen nicht einverstanden war. Doch was war genau sein Punkt?

    Sie schüttelte den Kopf, ging zu Murphy zurück, der mittlerweile seinen Becher saubergeleckt hatte, dem aber der ernste Blick auf ihrem Gesicht nicht entging.

    Er runzelte ebenfalls die Stirn, sah sie an. „Alles in Ordnung, Pakhet?“

    „Ja, alles bestens, Kid.“ Sie schüttelte den Kopf, um den Gedanken an Michael zu vertreiben.

    „Nein, es ist nicht alles bestens“, stellte er fest. „Was ist los?“

    „Ich habe gerade nur einen neuen Job reinbekommen“, antwortete sie. „Unschöne Sache.“

    „Inwiefern?“

    Natürlich wollte er alles wissen. Sollte sie es ihm erzählen? „Entführtes Mädchen, ist offenbar im Menschenhandel gelandet.“

    „Oh.“ Etwas auf Murphys Gesicht veränderte sich. Er starrte auf den leeren Eisbecher, nun selbst ernster, als sie ihn bisher gesehen hatte. Für einen Moment ließ er den Löffel von seinen Fingern baumeln – offenbar in Gedanken versunken –, ehe er zu ihr sah. „Hättest du was dagegen, wenn ich dir dabei helfe?“

    „Was?“ Überrascht hob sie eine Augenbraue.

    „Ich will dir helfen“, sagte er. „Wirklich.“

    „Warum?“, fragte sie. Eigentlich hätte sie „Nein“ sagen sollen. Sie konnte den Jungen nicht bei einem solchen Job mitnehmen.

    „Weil Nachforschungen etwas sind, das mir liegt“, antwortete er. „Weil ich Leute dazu bringen kann, mit mir zu reden. Glaub mir, Pakhet. Das ist etwas, wo ich die helfen kann.“

    „Du hast einen richtigen Job, Kid.“

    Er fixierte sie – sein Blick entschlossen. „Bitte, Pakhet.“

    Sie sollte wirklich „Nein“ sagen. Trotzdem zögerte sie. „Okay. Unter einer Bedingung. Wenn es gefährlich wird, bringst du dich in Sicherheit.“

    Murphy nickte. „Deal.“



    _____________________________



    [20.08.2011 – M14 – Dené]

    Pakhet mochte die Sache nicht. Sie mochte diesen Auftrag wirklich nicht. Noch weniger, nachdem Michael ihr die Informationen zugeschickt hatte. Auch wenn sie noch immer nicht sicher war, was genau stank – vom allgemeinen Problem, dass es um Menschenhandel und sexuell misshandelte Jugendliche ging.

    Dené Bekker war seit fünf Monaten sechszehn, arbeitete seit vier Monaten als Prostituierte – unter falschem Namen – für die Big Boys. Pakhet kannte sie. Es war ein loser Zusammenschluss einiger örtlicher Pimps, die manchmal zusammenschmissen, um die Polizei davon zu überzeugen, in eine andere Richtung zu schauen. Immerhin war Prostitution illegal. Nicht, dass er irgendjemanden störte. Es war ein offenes Geheimnis, dass viele Prostituierte in der Long Street arbeiteten, dass einige der dortigen Bars und Hotels sogar speziell Zimmer vermieteten. Niemand tat etwas dagegen.

    Entsprechend wunderte es sie kaum, dass sich niemand an Denés Alter gestört hatte. Sie war immerhin über sechzehn, durfte damit ganz offiziell Einverständnis zu sexuellen Handlungen geben. Davon abgesehen, hatte sie in der Vergangenheit schon zwölf, dreizehnjährige Mädchen und Jungen auf dem Strich gesehen.

    Laut den Unterlagen gehörte Dené, die bei ihrer alleinerziehenden Mutter lebte, zu der Gruppe der unter der Armutsgrenze lebenden und effektiv obdachlosen Weißen in der Stadt. Sie hatte von ihnen gehört, hatte Klein Akker gesehen und kannte auch die Wohnprojekte in denen einige von ihnen lebten. Aus einem dieser Projekte schien Dené zu kommen.

    Die Häuser waren effektiv Obdachlosenheime. Familien lebten dort, oft als ganze, in einem kleinen Zimmer. Oftmals hatten die Gebäude kein fließendes Wasser oder wenn nur kaltes. Auch Elektrizität gab es dort nicht immer. Die Wohnblöcke waren einmal als Übergangslösung für die Leute aus den Flats gedacht gewesen, der Bau jedoch überhastet und seither wurde sich wenig um die Erhaltung gekümmert. Die Lebensbedingungen waren schlecht.

    Was Pakhet jedoch wunderte: Das Mädchen war auf die Eben Dönges High School gegangen. Keine gute Schule, aber immerhin eine Schule. Noch dazu eine, die etwas weiter in der Stadt lag.

    Es war untypisch für junge Prostituierte, noch zur Schule zu gehen. Die meisten konnten es sich nicht leisten. Viele Kinder aus den Flats und aus obdachlosen Familien gingen nicht zur Schule. Wie auch?

    Die Schule war geschlossen – es war Samstag, also blieb ihnen nur, sich in der Long Street umzusehen.

    „Wir werden hier nichts finden“, murmelte Murphy, während sie in ihrem Wagen die Straße runterfuhren. „Nicht um diese Zeit.“

    Sie schaute ihn an. „Ich weiß.“

    Tagsüber war die Long Street Touristenturf. Die bunte Straße mit den altmodischen Häusern, den Restaurants, Discos und Clubs, war immer von vielen Touristen besucht. Die meisten ignorierten willentlich, was hier nachts vor sich ging. Es war immerhin auch Touristen bekannt, nicht schwer herauszufinden, wenn man es nicht wusste. Warnungen vor der Long Street bei Nacht standen in Touristen-Guides – ebenso wie Empfehlungen.

    Letztes Jahr war es besser gewesen. Während der Fußball-WM hatte man mehr Polizisten eingesetzt, hatte das Gebiet stärker kontrolliert. Es gab dennoch Verbrechen und vor allem Prostitution, doch es war alles etwas Kontrollierter gewesen.

    Nach der WM waren die Gelder jedoch schnell versiegt und alles war zum Alten zurückgekehrt. Die WM hatte dem Land mehr gekostet, als sie eingebracht hatte.

    „Na, hast du irgendwelche Ideen?“, fragte sie und warf Murphy einen Seitenblick zu.

    „Nicht wirklich.“ Er saß neben ihr, hatte die Arme verschränkt und musterte eine Gruppe junger Frauen, allesamt Touristen, die Selfies machten.

    Pakhet sah zu ihm. Sein Gesicht war nachdenklich. „Warum ist dir das so wichtig?“

    „Ich habe meine Gründe“, erwiderte er still. Er kaute auf seiner Lippe.

    Pakhet schwieg. Sie hatte ihm das Video nicht gezeigt, auch wenn Michael es ihr geschickt hatte. Es war ekelhaft. Zwei Kerle vergewaltigten das Mädchen, machten sich über sie lustig. Es war widerlich. Das schlimmste war, dass es ein „Verkaufsvideo“ war. Wie aus einem schlechten Film.

    Das Schlimmste: Ihnen lief die Zeit davon, wenn sie das Mädchen daraus holen wollten. Wenn sie einmal aus der Stadt war, würde es unmöglich sein, sie wider zu finden. Dabei wussten sie nicht mal, ob sie noch hier war. Sie war erst vor fünf Tagen verschwunden. Das Video war gestern online gegangen. Also war sie wahrscheinlich noch nicht verkauft.

    Sie wusste nicht, ob das Mädchen damit mehr Glück oder Pech gegenüber anderen gehabt hatte.

    Die meisten Menschenhändler verkauften die Mädchen, Frauen, Kinder nur, ließen sie prostituieren, ohne dass die Betroffenen je etwas von dem Geld sahen. Meistens machten sie sie von Drogen abhängig. Aber sie wusste sehr wohl, dass manche die Kinder auch online verkauften, in andere Länder, an Leute, die einen eigenen Harem wollten, die sich Mädchen als Dienerinnen hielten, manchmal an welche der eher zwielichtigen Porno-Geschäfte. Oder schlimmeres. Sie hatte von Fällen gehört, in denen Leute gekauft und als Opfer in irgendwelchen Ritualen hingerichtet wurden. Gerade Kinder, die selten teuer waren, manchmal für zweihundert Rand oder weniger verkauft wurden, endeten so.

    Fuck. Sie hasste es darüber nachzudenken. Sie kam sich hilflos vor, wenn sie daran dachte. Was sollte sie auch dagegen tun? Sie konnte vielleicht einzelne retten, aber allgemein …

    „Wir könnten in den Bars fragen“, meinte Murphy schließlich. „Vielleicht kennt sie jemand.“

    Pakhet nickte.

    „Ich meine, vielleicht wissen sie auch, wer sie hat“, murmelte Murphy. „Wenn sie mitgenommen wurde  … Ich meine, weißt du, was für Techniken die Leute einsetzen?“

    Sie verstand, worauf er anspielte. „Loverboys“, nannten sie sich. Meistens junge, hübsche Gangmitglieder, nicht selten eigentlich aus besser gestellten Familien, die sich das Vertrauen ihrer Opfer vertrauten und sie nach und nach manipulierten, bis sie Drogenabhängig in der Gosse landeten. Sie nickte.

    Murphy verzog den Mund.

    „Ich bin überrascht, Kid“, meinte sie, als sie den Wagen abstellte.

    „Wieso?“, fragte er.

    Sie öffnete die Wagentür. „Mit deiner Silberzunge wärst du doch bestens für einen solchen Job geeignet.“

    Murphy machte ein verächtliches Geräusch. Er hatte die Hände in den Taschen seiner Jacke vergraben. „So etwas würde ich nie machen.“ Bitterkeit lag in seiner Stimme. „So etwas ist einfach nur krank, weißt du?“

    Sie nickte, seufzte. Wieder fühlte sie sich darin bestätigt, dass der Junge – nervig oder nicht – eigentlich ein gutes Herz hatte. Selbst wenn er es manchmal zu verstecken suchte.

    Sie stieg aus, ging um den Wagen herum, um auf den Bürgersteig zu kommen, während auch Murphy ausstieg, sich umsah.

    „Nun, wo schlägst du vor, dass wir anfangen?“, meinte sie.

    Er blickte sich um, nickte dann in die Richtung einer Bar, die bereits geöffnet war. Castello.

    Pakhet zuckte mit den Schultern und machte sich auf den Weg zum Eingang.



    _____________________________


    [20.08.2011 – M15 – Fragen]

    Eine Stunde und vier Bars später, wussten sie nicht wesentlich mehr. Natürlich hatten sie – im Austausch gegen etwas Bares – ein wenig über die Nachtclubs, in denen die Prostituierten arbeiteten, gehört, hatten die ein oder andere Anekdote über junge Mädchen gehört, doch nichts genaues über Dené erfahren.

    „Du bist dir schon sicher, dass sie hier unterwegs war, ja?“, fragt Murphy vorsichtig.

    „Ja.“ Zumindest lautete so die Information, die sie von Michael bekommen hatte. Auch wenn Michael ein Lügner war, würde er ihr kaum falsche Informationen für einen Auftrag geben.

    Murphy überlegte. „Wie heißt der Typ, für den sie gearbeitet hat?“

    Pakhet holte ihr Handy hervor, um nachzuschauen. „Tutu.“ In den USA hätte man sich darüber lustig gemacht. Hier war der Name nicht unüblich.

    „Nachname?“

    Sie schenkte ihm nur einen kurzen Blick. Er wusste genau so gut wie sie, dass es wahrscheinlich keinen gab.

    Er seufzte, zuckte mit den Schultern. „Lass mich was anderes probieren, ja?“

    „Aha?“ Sie sah ihn an. „Was ist dein Plan?“

    Er nickte in Richtung einer Gasse, die zwischen einem roten Gebäude mit weißem Balkon und einem blauen Holzhaus zu einem Hinterhof führte.

    Sie folgte ihm, als er hinter einem Müllcontainer, der dem Geruch nach dringend geleert werden sollte, in Deckung ging. „Warte kurz.“ Damit schloss er die Augen, legte seinen Kopf in den Nacken.

    Seine Züge begannen sich zu verändern. Sein Gesicht wurde etwas breiter, seine Nase flacher, seine Haut dunkler. Er wuchs ein Stück. Eine seltsame Sache zu beobachten.

    Seine Kleidung saß nicht mehr ganz so gut, doch der Unterschied war kaum auffällig.

    Sein Haar lag nun in dichten, schwarzen Locken an seinem Kopf. Er holte sein Handy heraus. „Schickst du mir das Bild von ihr?“

    Pakhet begann zu verstehen, was er wollte. Viele, die hier arbeiteten, waren selbst schwarz, sprachen Afrikaans, würden mit ihm so vielleicht ehrlicher reden, als mit ihr zuvor. Sie nickte, schickte das Bild.

    „Warte hier, ja?“, meinte er.

    „Hinten beim Wagen“, erwiderte sie. Bei dem Container wollte sie nicht stehen bleiben. Sie gab ihm jedoch zwei Minuten Vorsprung, ehe sie die Gasse verließ und zum Wagen zurückkehrte.

    Sie holte sich auf dem Weg dahin ein Getränk vom Automaten in einem Laden. Ein einfaches Wasser. Dann setzte sie sich in den Wagen, wartete.

    Fuck. Sie war nicht sicher, wie sie mit der Sache umgehen sollte.

    Sie sah zum Club in dem Murphy verschwunden war. Eigentlich hatte dieser noch nicht geöffnet. „Grenadier 39“ stand über dem Eingang. Sie war in dem Laden schon das ein oder andere Mal gewesen, war er doch einer der Hauptumschlagsplätze für Drogen und bekannt für Prostitution. Der ein oder andere Job hatte sie hergebracht.

    Sie seufzte, wartete.

    Ihr Handy vibrierte. Eine Nachricht von Heidenstein. „Hast du heute Abend Zeit?“

    Schon kam das nächste Seufzen über ihre Lippen. „Bin auf einem Job“, antwortete sie.

    Ihr Blick wanderte wieder zum Club hinüber. Sie wartete. Minuten verstrichen.

    Eine weitere Nachricht: „Kann ich helfen?“

    Was für ein Idiot! Es war nicht sein Job und er musste wissen, dass sie ihn so spät nicht bezahlen konnte. „Im Moment nicht.“

    „Sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst, ja?“

    „Okay.“

    Dann wartete sie weiter, bis Murphy nicht ganz eine halbe Stunde später aus dem Club kam. Er ging zum Wagen hinüber, der mit seiner kanariengelben Farbe, wie ein Accessoire der bunten Straße wirkte, setzte sich auf den Beifahrersitz.

    Er atmete tief durch. „Ich habe was.“ Er wirkte nervös, wartete offenbar darauf, dass sie den Wagen startete.

    Also tat sie es. Der Wagen lief brummend an.

    „Was hast du?“, fragte sie, als sie die Straße hinabfuhren.

    „Da waren 'n paar Jugendliche, die sie gesehen haben“, meinte er. „Die meinten, sie wäre mit einem Typen da gewesen. Einen Thomas Yost.“

    „Du glaubst, er könnte ein Loverboy gewesen sein?“, fragte sie.

    „Ja.“ Murphy nickte. „Er war etwas älter, als Dené. Würde passen.“

    Pakhet nickte. Wenn er Recht hatte, dann konnte sie über ihn das Mädchen ausfindig machen.


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    [20.08.2011 – M16 – Loverboy]

    Es brauchte ein paar Anrufe, ehe sie die Information hatte. Thomas Yost war offenbar ein Student der UCT und lebte mit seinem Vater, einem Sportlehrer einer lokalen High School, in Durbanville. Eine bessere Gegend, jedoch keine der besten. Halt eine der Gegenden, wo der normale Mittelstand lebte – der neue Mittelstand.

    Es war kurz vor Sonnenuntergang, als sie dort vorfuhren, wohl wissend, dass es keine Garantie gab, dass Thomas da war.

    Man sollte meinen, dass ein Junge, der bei seinen Eltern oder zumindest einem Elternteil lebte, keine Möglichkeit hatte, in kriminelle Dinge verwickelt zu werden, doch gerade diese speziellen Jobs wurden oft von Jungen aus besser gestellten, vermeintlich anständigen Familien ausgeführt. Nicht selten Jungen und manchmal auch Mädchen, die gegen ihre Eltern rebellierten.

    Das Gebäude war ein kleines Mehrfamilienhaus. Fünf Stockwerke hoch. Wenn man nach den Informationen ging, die sie von Smith bekommen hatte, lebte Thomas im vierten Stock.

    Ein kleiner Parkplatz lag zwischen dem Gebäude und zwei anderen, ein kleiner Spielplatz direkt dabei. Es spielten sogar Kinder hier, was die Atmosphäre ruhiger, friedlicher wirken ließ, als sie eigentlich war.

    „Was meinst du, wie sollen wir reingehen?“, fragte Murphy, als sie zur Vorderseite des Gebäudes gingen.

    Das Gebäude und seine beiden „Geschwister“ waren jeweils in einer Farbe angemalt. Es selbst war in einem Rosé-Ton bemalt, die Nachbarn in Hellblau und Hellgrün.

    „Ganz einfach“, meinte Pakhet. Sie klingelte an allen Klingeln, während sie die Schilder las.

    Eines war deutlich neuer als die anderen. Wunderbar.

    „Ja?“, kam eine müde Frauenstimme durch die Gegensprechanlage.

    „Ähm, ja, hier ist Semenya aus dem Dritten. Ich komme unten irgendwie nicht rein. Können Sie mir aufsperren?“

    Murphy verdrehte die Augen. Wahrscheinlich wollte er „Darauf fällt doch niemand rein!“ sagen.

    Doch die müde Frauenstimme zeigte Verständnis. „Aber natürlich, Liebes. Moment.“ Dann ertönte der Buzzer.

    „Danke“, flötete Pakhet und drückte die Tür auf.

    „Das war mies“, kommentierte Murphy, als sie ihm die Tür aufhielt.

    „Sagt derjenige, der mich für einen Arenakampf angemeldet hat“, murmelte sie und machte sich auf den Weg durch den Vorraum des Gebäudes, in dem die Briefkästen waren, um zum Treppenhaus zu kommen.

    Vier Stockwerke später, keuchte Murphy, der weiterhindie Gestalt des jungen Schwarzen trug.

    „Ich sage ja, du sollst mehr Ausdauertraining machen, Kid“, meinte Pakhet und schaute sich um. Sie standen an einem Flur, von dem vier Türen abgingen.

    Der Flur war halb ein Balkon, da das Gebäude nach vorne hin geöffnet war. Der geflieste Boden hätte dringend eine Reinigung nötig gehabt, selbst wenn man nichts ekeliges fand. Nur dreckige Fußspuren, Sand, ein paar Blätter.

    Sie ging die Türen ab, ehe sie die Tür fand, die sie suchte. „Yost“, stand an dem Schild links neben der Tür.

    „Was ist unserer Plan?“, fragte Murphy.

    „Nun, es gibt zwei Methoden“, erwiderte sie und schenkte ihm einen vielsagenden Blick. „Deine oder meine.“

    „Ich wäre für meine, mit deiner als möglichen Backup.“

    Sie lächelte, nickte. Dann klingelte sie.

    Schritte erklangen. Müde, schlurfende Schritte. „Moment“, sagte eine tiefe Männerstimme. Offenbar der Vater. Stoff bewegte sich. Offenbar zog er sich Kleidung über. Vielleicht ein Bademantel? Schließlich kamen die Schritte zur Tür. „Ja?“

    Der Mann, der sie ansah, war leicht untersetzt. Das Haar, das er noch auf dem Kopf hatte, war braun mit einigen grauen Haaren dazwischen. Eine große, kahle Stelle breitete sich von der Mitte des Kopfes aus.

    „Hallo“, sagte Murphy, der auf einmal einige Jahre älter wirkte als noch einen Moment zuvor, und streckte ihm seine Hand entgegen. „Wir sind von der örtlichen Schulbehörde und wollten mit ihrem Sohn sprechen.“

    Der Mann runzelte die Stirn. „Es ist Samstag.“

    „Ja, dass wissen wir.“ Murphys Stimme ließ nicht eine Spur Zweifel an seiner Aufrichtigkeit aufkommen. „Wir sind wegen einer Freundin ihres Sohnes da, wollten kurz mit ihm reden.“

    Noch immer schien der Mann zu versuchen, Sinn aus seinen Worten zu machen, nickte dann aber. „Moment.“ Er wandte sich in die Wohnung. „Tom. Komm doch mal. Da sind zwei Leute von der Schulbehörde oder so.“ Er wandte sich wieder zu ihnen. „Er kommt gleich.“

    Also war Thomas Yost da. Zumindest ein Erfolg.

    Tatsächlich erklangen nach zwei Sekunden schnellere, energischere Schritte im Flur, ehe ein junger, schlacksiger Mann in einer Jeans und einem T-Shirt vor ihnen stand. Sein Haar war hellbraun. Er trug einen Kinnbart. „Ja? Worum geht es?“

    „Sie sind Thomas Yost, ja?“, fragte Murphy und streckte ihm die Hand entgegen. „Mein Name ist Malan und das hier ist Mrs Luter.“ Er lächelte professionell. „Wir sind hier, um mit ihnen über Dené Bekker zu sprechen.“

    Verwirrung trat auf die Züge des Mannes, gefolgt von Sorge. „Dené? Was ist mit Dené? Ist etwas nicht okay?“

    Pakhet misstraute ihm. Wenn er ein Loverboy war, dann war er gut im Lügen. Immerhin war das ihre ganze Aufgabe.

    „Wir hatten gehofft, dass Sie uns das sagen können“, erwiderte Murphy. „Wir haben gehört sie seien ihr Freund gewesen. Wir sind im Auftrag der Eben Dönges High School hier, die sich wegen der Abwesenheiten Ms Bekkers sorgt.“

    „Ich mache mir auch Sorgen um sie“, versicherte der junge Mann. „Ich habe sie seit zwei Wochen nicht mehr gesehen.“

    „So? Hatten sie auch nicht auf andere Art Kontakt mit ihr? Irgendeine Möglichkeit, sie zu erreichen?“, fragte Murphy unbeirrt weiter. Er schaffte es seiner Stimme einen so autoritären Klang zu geben, dass Mr Yost gar nicht auf die Idee kam, ihn zu hinterfragen.

    „Ja“, antwortete der Junge. „Ich habe wirklich keine Ahnung.“ Er seufzte schwer. „Okay, sehen Sie. Es geht Sie nichts an, aber wir haben uns gestritten, ja? Sie ist weggerannt und hat sich seither bei mir nicht gemeldet.“

    Ja, sicher.

    „Wieso haben Sie sich denn gestritten?“, fragte Pakhet.

    Yost sah sie an, als hätte er sie gerade erst gesehen. „Ähm. Ach, es war albern. Sie wollte sich Geld von mir leihen. Wir waren mit Kumpels auf einer Party und sie hatte wieder kein Geld und ich war auch pleite und wir waren angetrunken und dann  …“ Er seufzte, schien ins schwafeln zu verfallen. „Ach, es war albern. Ich habe sie angeschrien, dass sie sich nicht immer Geld von mir leihen kann und dann hat sie gesagt, sie weiß ja nicht, sie arbeitet schon und sie will ja Geld haben, aber es ist halt nicht genug.“

    „Wissen Sie denn, wo sie arbeitet?“, fragte Murphy auf dieselbe professionelle Art, die man eher von einem Polizisten – einem gut ausgebildeten Polizisten – erwartet hätte.

    „Sie meinte im Coldrio, so ein kleiner Laden bei City Bowl“, antwortete er. „Sie hilft den Laden ein und auszuräumen und so.“

    Murphy nickte. „Kennen Sie jemanden, namens Tutu?“

    „Tutu?“ Irritiert runzelte Yost die Stirn. „Nein. Nie gehört. Warum?“

    „Ach, sie hat den Namen wohl in der Schule erwähnt“, meinte Murphy leichthin. Er seufzte schwer. „Können Sie versuchen, sie für uns zu erreichen?“

    Yost zögerte, nickte dann aber. „Klar. Sicher.“ Er holte ein Handy aus seiner Tasche hervor, wählte eine Nummer aus seinem Telefonbuch aus, hielt das Gerät an sein Ohr.

    Stille herrschte, doch nach einer Weile konnte auch Pakhet das Pfeifen einer Mailbox hören.

    Er schüttelte den Kopf. „Ich habe die ganze Woche sie nicht erreichen können.“ Wieder runzelte er die Stirn. „Glauben Sie, dass ihr etwas passiert ist?“

    „Wir wissen es nicht“, erwiderte Murphy. Er schien sich schon zum Gehen wenden zu wollen, als er inne hielt. „Könnten wir vielleicht Ihre Nummer haben? Und die Nummer, die Sie von Dené haben. Dann können wir sie mit unseren Daten abgleichen.“

    „Sicher“, erwiderte der junge Mann. Er hielt ihnen das Handy hin, um ihnen den Eintrag auf Dené zu zeigen.

    Wie selbstverständlich nahm Murphy das Handy entgegen, stellte sich etwas dumm damit an, die Sachen auszuwählen, stellte aus Versehen den Bildschirm aus, fluchte, tippte weiter unhändig auf dem Gerät herum. Pakhet war sich sicher, dass er eine Möglichkeit suchte, im Nachrichtenverlauf des jungen Mannes nachzusehen.

    Schließlich aber übertrug er beide Nummern in sein Handy, bedankte sich.

    Pakhet sah ihn an. Ihrer Meinung nach war es nur gut und richtig, den jungen Mann noch einmal richtig zu befragen, doch Murphy kehrte zum Treppenhaus zurück.

    So presste sie die Lippen aufeinander. „Danke“, meinte auch sie zu Mr Yost.

    „Sagen Sie mir, wenn Sie sie finden?“, fragte der junge Mann und wirkte dabei aufrichtig besorgt.

    „Ja“, versicherte sie. „Machen wir.“

  • Murphy kennt sich deutlich in der Ecke aus, das war recht offensichtlich.


    Und die Erfahrung scheint ihn zu schmerzen. Dass er gewisse Narben hat, von denen wir noch nichts wissen wurde ja schon sehr gut angedeutet.


    Hatte er eine Verwandte dort, oder was wahrscheinlicher ist, dass er selbst dort gearbeitet hat.


    Als Formwandler frage ich mich ob er nicht Transsexuell sein könnte, soweit seine Magie so weit reicht? Wäre eine traumhafte Fähigkeit für manche.




    Michael wurde ja als Kontrollfreak bezeichnet, wenn ich mich nicht irre.


    Vielleicht hat er ihr den Job untergeschoben weil er ihn nicht regulär weiterleiten konnte? Dass die Rettung für das Mädchen ein größeres Problem darstellen würde und Pakhet möglicherweise erpressbar dadurch würde? Passt nicht ganz.


    Eventuell benutzt Heidenstein seine Rolle als Mediziner um Leuten einen gefallen zu tun. Und Michael will ihn durch sie auffliegen lassen und sie damit quälen, allerdings will er dass sie bei ihm arbeitet und das wäre kontraproduktiv falls er Leute für den Sklavenmarkt betäubt, oder Empfehlungen ausschreibt, oder so was.




    Dass sie zur Schule ging ist definitiv auffällig.


    Ist wahrscheinlich ganz einfach und man machts sich mit der Lösung zu schwer.

  • Murphy kennt sich deutlich in der Ecke aus, das war recht offensichtlich.


    Und die Erfahrung scheint ihn zu schmerzen. Dass er gewisse Narben hat, von denen wir noch nichts wissen wurde ja schon sehr gut angedeutet.


    Hatte er eine Verwandte dort, oder was wahrscheinlicher ist, dass er selbst dort gearbeitet hat.

    Ja, da könntest du durchaus Recht mit haben. Murphy und Alice haben beide Erfahrungen damit gemacht. Deswegen haben die beiden auch ein sehr gestörtes Verhältnis zu ihrer eigenen Sexualität und auch sowas wie Beziehungen. (Das kommt später noch ...)


    Als Formwandler frage ich mich ob er nicht Transsexuell sein könnte, soweit seine Magie so weit reicht? Wäre eine traumhafte Fähigkeit für manche.

    Murphy ist genderfluid. Das kommt später auch noch vor :D

    (Und psst, das bessere Wort ist transgeschlechtlich, weil es ja keine Sexualität ist.)


    Michael wurde ja als Kontrollfreak bezeichnet, wenn ich mich nicht irre.


    Vielleicht hat er ihr den Job untergeschoben weil er ihn nicht regulär weiterleiten konnte? Dass die Rettung für das Mädchen ein größeres Problem darstellen würde und Pakhet möglicherweise erpressbar dadurch würde? Passt nicht ganz.


    Eventuell benutzt Heidenstein seine Rolle als Mediziner um Leuten einen gefallen zu tun. Und Michael will ihn durch sie auffliegen lassen und sie damit quälen, allerdings will er dass sie bei ihm arbeitet und das wäre kontraproduktiv falls er Leute für den Sklavenmarkt betäubt, oder Empfehlungen ausschreibt, oder so was.

    Ich denke, das wird sich relativ deutlich zeigen. Ich denke da kommt ihr auch drauf, wenn der übernächste Batch Kapitel online ist.


    Dass sie zur Schule ging ist definitiv auffällig.

    Inwiefern dass?

  • Zunächst:

    Sein liebstes Eis ist Schokoladeneis. Gefolgt von Erdbeereis und anderen Fruchteissorten. :P

    Sehr sympathisch.

    Um es mal ganz direkt auszudrücken: Pakhet ist ein sehr kaputter Mensch. Sie hat einfach so viel Traumata angehäuft ... Ihre Traumata haben Traumata.

    Ja, das merke ich mittlerweile sehr deutlich ... Oh Mann. Die arme Pakhet. Ich hoffe einfach nur, dass sie irgendwann während der Geschichte die Gelegenheit bekommt, einen Heilungsprozess zu beginnen. Und gleichzeitig vermute ich bzw. habe Angst, dass selbst wenn sie die Chance bekommt, sie vorher noch einmal durch die Hölle muss.


    Ähm ja, ich war am Überlegen, womit ich weitermache und dachte dann, erst einmal wieder hier einen Kommi zu verfassen. Auch wenn ich noch nicht genau weiß, was ich sagen soll, weil es ja jetzt erst losgeht. Das heißt, einmal finde ich Murphy hier wirklich toll, wobei es ja auch gesagt wird:

    Wieder fühlte sie sich darin bestätigt, dass der Junge – nervig oder nicht – eigentlich ein gutes Herz hatte. Selbst wenn er es manchmal zu verstecken suchte.

    Sehe ich nämlich auch so. Und gerade deswegen mag ich ihn auch so gerne. Es ist dahingehend wirklich schön zu sehen, wie er Pakhet mit der Sache hilft - wobei seine Reaktion auch verrät, dass er wohl wirklich dieses "Milieu" verabscheut - vielleicht hat das ja auch einen persönlichen Grund, würde zumindest passen.

    Leider muss ich eingestehen, dass ich noch nicht wirklich weiß, was Michael vorhat, weswegen das hier vielleicht auch eher kürzer wird insgesamt. Es könnte einerseits sein, dass er sie einfach in ein besonders gefährliche Situation schickt, auch wenn momentan noch keine allzu große Gefahr zu bestehen scheint (bei Kontrolle war der Job aber ja auch deutlich gefährlicher als zunächst angenommen). Es könnte auch sein, dass er sie mit etwas konfrontieren will, was besonders widerlich ist. Oder halt die generelle Situation: Das Mädchen würde ja gerettet werden und das wäre natürlich erst einmal gut, aber es ist ja nicht wirklich "gut", wenn sie zu ihrem "Arbeitgeber" zurückmuss, oder? Ich weiß nicht, wäre das dann vielleicht auch ein "Test", was Pakhet dann tun würde? Könnte auch sein, dass hinter der Sache am Ende einfach viel mehr steckt als bisher absehbar ist. Vielleicht sogar etwas Magisches? Wobei, ich weiß nicht, ob ich schon wieder etwas Magisches vermuten soll (ich habe ja in der Vergangenheit viel zu oft Magie als Hypothese benutzt). Allerdings wurde ja auch schon die Möglichkeit von Opfern erwähnt ... Okay, nein, ich habe zu wenig Infos dafür.

    Na ja, aber davon ab: Es könnte ebensogut sein, dass Michael eben Pakhets neues Umfeld treffen will. Murphy ist ja schon dabei, Heidenstein hat seine Hilfe angeboten, und eigentlich sind über Murphy auch Crash und Alice bzw. Crashs Karriere da mit drin, also ... Dann wiederum konnte Michael ja nicht wissen, dass die helfen würden. Oder hat er das vermutet? Diesbezüglich: War es Zufall, dass er ausgerechnet dann angerufen hat, als Pakhet mit Murphy zusammen war? Okay, vielleicht werde ich hier auch ein bisschen zu paranoid.

    Urks, ich habe einfach keine wirklich vollständige Idee, was er vorhat. Aber ich bin deswegen auch umso mehr gespannt, wie es weitergeht. Vielleicht fällt mir die Tage noch irgendwas ein, aber momentan stehe ich halt leider auf dem Schlauch.


    Freue mich dann aber wie gesagt schon auf die nächsten Kapitel!

  • Ja, das merke ich mittlerweile sehr deutlich ... Oh Mann. Die arme Pakhet. Ich hoffe einfach nur, dass sie irgendwann während der Geschichte die Gelegenheit bekommt, einen Heilungsprozess zu beginnen.

    Ja, ich bin ein böser Autor zu meinen Charakteren. Aber ja, sie wird noch heilen können. Teil 3 wird sich massiv mit ihrer Heilung und allem drum herum beschäftigen.


    Ich meine, ein wenig schlecht fühle ich mich beim dritten Teil schon. Es braucht knapp 70 Seiten, bis irgendwas passiert und die Hälfte, bis der Hauptplot weitergeht. Bis dahin ist alles vornehmlich Heilung und Charakterausarbeitung. ^^"


    Sehe ich nämlich auch so. Und gerade deswegen mag ich ihn auch so gerne. Es ist dahingehend wirklich schön zu sehen, wie er Pakhet mit der Sache hilft - wobei seine Reaktion auch verrät, dass er wohl wirklich dieses "Milieu" verabscheut - vielleicht hat das ja auch einen persönlichen Grund, würde zumindest passen.

    Es ist nicht mal das Millieu selbst, was er verabscheut, sondern vieles, was mit dem Millieu einher geht. Das heißt vor allem die Exploitation, die halt von vielen Pimps betrieben wird und halt wie viele Johns sich verhalten.


    Er ist halt ein Straßenkind. Er hat sich selbst prostituiert, um dafür vielleicht mal eine Nacht ein Dach über den Kopf zu haben und sowas.


    Leider muss ich eingestehen, dass ich noch nicht wirklich weiß, was Michael vorhat, weswegen das hier vielleicht auch eher kürzer wird insgesamt. Es könnte einerseits sein, dass er sie einfach in ein besonders gefährliche Situation schickt, auch wenn momentan noch keine allzu große Gefahr zu bestehen scheint (bei Kontrolle war der Job aber ja auch deutlich gefährlicher als zunächst angenommen). Es könnte auch sein, dass er sie mit etwas konfrontieren will, was besonders widerlich ist. Oder halt die generelle Situation: Das Mädchen würde ja gerettet werden und das wäre natürlich erst einmal gut, aber es ist ja nicht wirklich "gut", wenn sie zu ihrem "Arbeitgeber" zurückmuss, oder? Ich weiß nicht, wäre das dann vielleicht auch ein "Test", was Pakhet dann tun würde? Könnte auch sein, dass hinter der Sache am Ende einfach viel mehr steckt als bisher absehbar ist. Vielleicht sogar etwas Magisches? Wobei, ich weiß nicht, ob ich schon wieder etwas Magisches vermuten soll (ich habe ja in der Vergangenheit viel zu oft Magie als Hypothese benutzt). Allerdings wurde ja auch schon die Möglichkeit von Opfern erwähnt ... Okay, nein, ich habe zu wenig Infos dafür.

    Du hast schon ein paar richtige Vermutungen darin. Mehr sag ich erst einmal nicht :D

  • Dann mache ich heute mal weiter. :)


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    [20.08.2011 – M17 – Make-Up]


    „Bist du dir sicher?“, fragte Pakhet zum wohl fünften Mal, während sie unwillkürlich mit ihrer Zunge gegen die Unterlippe drückte.

    Sie war kein großer Freund von Make-Up, hatte sehr wohl aber gelernt, wie man es auftrug. Es gehörte zu den grundlegenden Voraussetzungen des Jobs. Ja, diverse Jobs, für die sie angeheuert wurden, verlangten nicht nur, jemanden gezielt ausschalten zu können, sondern auch noch, gut dabei auszusehen. Gut aussehen half zudem, wenn man versuchte an Informationen zu kommen.

    Murphy, der das ganze irritiert beobachtete, nickte. „Er hat die Wahrheit gesagt. Egal wie verdächtig der Typ wirkt, er lügt nicht.“

    „Sagt dein Lügenaufspürzauber?“ Sie trug Lidschatten auf.

    „Nein. In seinem Handy waren nur von seiner Seite aus Nachrichten. Und seine Stimme sagte auch, dass er die Wahrheit sagt. Er hat fest gesprochen.“

    „Du weißt, dass diese Leute gut lügen können“, murmelte sie.

    „Ja, das weiß ich“, antwortete Murphy mit Nachdruck. „Aber es war nicht der Typ.“

    „Und was ist jetzt dein Plan?“, fragte Heidenstein.

    Sie saßen in seinem Büro in der Straßenklinik. Sie wusste selbst nicht genau warum. Ein Grund war wohl gewesen, dass sie Murphy nicht zu sich nach Hause führen wollte. Niemand von ihrer Arbeit – abgesehen von Michael – war je dort gewesen und sie wollte, dass es dabei blieb.

    „Wir fahren heute Nacht zum Club, wo sie anschaffen war“, antwortete Pakhet. „Und hören uns da einmal um, ob wirklich niemand etwas weiß.“

    „Und das ist der Grund, warum du dich so aufbrezelst?“, fragte er.

    Sie nickte. „Ja.“ Verdammt, sie hatte sogar neue Kleidung dafür gekauft, um nicht bei sich vorbei fahren zu müssen. Langsam aber sicher zeigte sich, dass am Ende des Jobs wenig Gewinn übrig war. Zumindest hatte sie noch eine Perücke im Wagen gehabt. „Ich bemühe mich, mich dem Ambiente anzupassen.“ Sie schenkte ihm ein zuckriges Lächeln, das ihre Wangen schmerzen ließ. Das war definitiv nicht ihre Art.

    Heidenstein schürzte die Lippen. Es gefiel ihm nicht. Natürlich gefiel es ihm nicht. „Soll ich nicht besser doch mitkommen?“

    „Bist du etwa eifersüchtig, Doc?“, fragte Murphy.

    Heidenstein zuckte zusammen, bedachte Murphy nur eines kurzen Blicks. „Nicht wirklich“, erwiderte er.

    Murphy sah zu Pakhet, lächelte. „Siehst du. So klingt das, wenn jemand lügt.“

    „Kid.“ Heidensteins Stimme klang warnend.

    Murphy grinste ihn an. „So darf nur sie mich nennen.“

    Pakhet seufzte. Sie musterte Heidenstein, der ihren Blick bemerkte und erwiderte. Ernsthafte Sorge sprach aus seinen Zügen. Natürlich. Natürlich sorgte er sich. „Schaffst du es überhaupt, in solchen Gegenden nicht aufzufallen?“

    „Pakhet“, antwortete er nüchtern. „Ich arbeite für die Vory, schon vergessen? Meinst du, das wäre das erste mal, dass ich mit dergleichen zu tun habe?“

    Punkt für ihn. „Okay. Nein.“

    „Siehst du.“ Sein Blick war eindringlich. „Ich will kein Geld. Ich will nur helfen.“

    „Geld gibt es auch nicht“, murmelte sie. „Wenn das so weiter geht, wird am Ende der Sache wenig übrig sein.“

    „Das ist mir egal“, erwiderte er. „Wirklich, Pakhet. Lass mich mitkommen. Lass mich helfen.“

    Sie musterte ihn. Es war nicht die schlechteste Idee jemanden dabei zu haben. Heidenstein würde, wie ein Tourist wirken, wie jemand, den so ein einfaches Mädchen gut um den Finger wickeln konnte. Doch auf der anderen Seite konnte auch Murphy diese Rolle spielen – besser als Heidenstein. Viel besser als er.

    „Von mir aus“, meinte sie. „Komm mit. Aber pass auf, dass du mitspielst, ja?“

    „Mitspielen?“, fragte er.

    Pakhet schürzte die Lippen, betrachtete ihr geschminktes Gesicht im Taschenspiegel. Ihr Gesicht wirkte runter, weniger streng mit dem Make-Up. Ja, beinahe traditionell hübsch. Auch wirkte sie weniger müde. Kurzum: Es wirkte nicht, wie sie selbst. Einzig das kurze rote Haar passte nicht zum Bild, doch ihre Perücke würde dahingehend Abhilfe schaffen. Dann wäre sie Stephanie Neilkamp, Blondine, Prostituierte. Sie hatte diese Rolle schon mehr als einmal in ähnlichen Ermittlungen gespielt, hatte sogar dazugehörige Papiere. Auch wenn sie die Rolle hasste. „Du wirst verstehen, was ich meine“, murmelte sie, ehe sie begann den Lippenstift aufzutragen.


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    [20.08.2011 – M18 – Rollenwahl]


    „Bist du dir sicher, dass du dastun willst?“, fragte Murphy unsicher, als sie den Wagen zwei Blöcke von dem Club entfernt abstellte.

    Sie schaute ihn im Rückspiegel an.

    Der Junge hatte eine dunkle Jeans übergezogen, trug darunter ein T-Shirt. Wieder war er hellhäutig, sah aber aus wie Anfang, vielleicht Mitte zwanzig. Ein übliches Alter für „Scouts“. Das Image mit dem er zu gehen schien, war „cool, aber seriös“.

    „Kid, ich weiß schon, was ich tue“, antwortete sie.

    „Ich könnte mich als Prostituierter ausgeben“, schlug er vor. Zum zweiten Mal bereits.

    „Kid. Du bist minderjährig. Ich kann dich nicht einfach als Hooker auftreten lassen“, sagte Pakhet mit Nachdruck.

    „Aber du kannst nicht…“, begann er, brach aber ab. Er schüttelte den Kopf. „Hör mal, das passt einfach nicht zu dir!“

    Sie schenkte ihm ein aufreizendes Lächeln. Sie wusste sehr wohl, wie man Leute verführte. Selbst ohne mehrere Ladungen Make-Up, wie jetzt. „Kid“, meinte sie und setzte dabei eine tiefe, schon beinahe klischeehafte Stimme auf, die an das Schnurren einer Katze erinnerte, „glaubst du wirklich, dass ich so etwas zum ersten Mal mache?“

    Murphy verzog das Gesicht. Ihm war die Situation unangenehm und ausnahmsweise konnte er es nicht verbergen.

    Heidenstein, der neben ihr saß, ein T-Shirt mit Aufdruck und eine einfache Jeans trug, schürzte die Lippen. „Er hat Recht, weißt du?“

    Sie warf ihm einen Seitenblick zu.. „Ach, du glaubst auch, dass es nicht zu mir passt?“ Noch immer übertrieb sie mit der Stimme.

    Zur Antwort nickte Heidenstein. Er schätzte sie falsch ein. Davon abgesehen, dass sie regelmäßig Männer in Bars verführte, hatte sie mehr als einmal mit jemanden geschlafen, um an Informationen oder an eine Zielperson zu kommen. Mit Make-Up, Latex und den Glamour des Armreifs konnte sie für eine Weile die Illusion eines zweiten, normalen Arms erzeugen. Der Glamour verbarg die Zeichen der Prothese. Das Make-Up machte sie hübsch. Sie konnte sogar normal wirken.

    „Doc“, meinte sie, „du weißt, dass es nicht das erste Mal ist, dass ich so etwas mache, ja?“

    Er schürzte die Lippe, nickte dann wieder.

    „Also stell dich nicht so an“, erwiderte sie und öffnete die Tür. Sie stieg aus, darauf achtend, den richtigen Halt auf den viel zu hohen Schuhen zu finden. Ja, sie konnte auf hohen Schuhen laufen, doch sie hasste es. Es war zu unsicher, gab ihr keinen guten Halt im Kampf. Im Vergleich zu dem „kleinen Schwarzen“, das sie trug, war es jedoch das geringere Problem: Das sehr knapp bemessene schwarze Kleid bedeckte nur das nötigste und auch mit der halb durchsichtigen Bluse, die sie über die Schultern gelegt hatte, konnte sie wenig verstecken.

    Das einzige, was sie an Waffen bei sich trug, war ein sehr kurzes Messer und vier der Darts, die eigentlich in Heidensteins Pistole gehörten. Sie waren mit Betäubungsgift gefüllt, würden auch wirken, wenn Pakhet sie im Nahkampf einsetzte.

    Gerne hätte sie eine Pistole oder ein Kampfmesser in ihrer Handtasche mitgenommen. Doch wusste sie sehr wohl, dass diese Clubs Handtaschen durchsuchten.

    „Pakhet“, begann Murphy wieder, lief zu ihr.

    „Kid. Jetzt stell dich nicht so an. Ich dachte, du seist professioneller.“

    Er zog einen Schmollmund. „Ich mache mir halt Sorgen um dich“, meinte er.

    Amüsiert sah sie ihn an. „Sagte der Junge, der mich einarmig in eine Arena geschickt hat, um gegen einen Hünen zu kämpfen.“ Dennoch fand sie den Gedanken des Jungen süß. Es war schön zu wissen, dass sich jemand um sie sorgte.

    Murphy seufzte. „Pass ja auf, mit wem du mitgehst, ja?“

    Sie lachte. „Sicher, Kid. Ich gebe mir Mühe.“

    Damit stakste sie zum Rand des Parkplatzes und in Richtung des Clubs.


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    [20.08.2011 – X10 – Undercover]


    Pakhet hatte einen Nachteil, vor allen auf den hohen Schuhen, die allerdings irgendwie zum Kostüm gehörten: Sie war zu groß für eine Frau. Mit den Absätzen war sie größer als diverse Männer. Das war eine Tatsache, die keine Menge an Make-Up, keine Kostümtricks, ja selbst Glamour nicht verbergen konnten, wenn sie sich durch die Menge bewegte. Sie bemühte sich dennoch, es zu überspielen und den abschreckenden Faktor, den die Größe auf viele Männer hatte, zu mindern.

    Sie hatte sich absichtlich auf deutlich jünger geschminkt, trug eine blonde, leicht lockige Perücke, deren Haar zu einem Zopf gebunden war. Sie hatte beschlossen, dass ein einfacher Zopf reichte, auch wenn sie kurz über Accessoires nachgedacht hatte.

    Sie trug außerdem Strapse. Vielleicht etwas übertrieben, aber den meisten würde es nicht auffallen.

    Im Club herrschte Partystimmung. Eine bunte Mischung aus örtlichen jungen und nicht ganz so jungen Leuten, Touristen, Drogendealern und Prostituierten feierte hier. Manche tanzten, einige drückten sich in Ecken herum, andere saßen an der Bar.

    Pakhet stand noch immer am Eingang, schenkte dem Türsteher ein gewinnendes Lächeln, während er sie musterte.

    „Zum Arbeiten hier?“, fragte er auf Englisch.

    „Wonach sieht es denn aus, Liebling?“, erwiderte sie und täuschte einen dicken Akzent vor.

    Der Mann, ein großer, kräftig gebauter Schwarzer, musterte sie. Kurz zeigte sich der Ansatz eines Grinsen auf seinem Gesicht. „Genau danach.“ Er gab ihr ihren Ausweis zurück. „Weiß Tutu, dass du hier bist?“

    „Ja, ich habe ihn dafür bezahlt“, erwiderte sie. Tutu war der Inhaber des Clubs und jedes Mädchen, dass hierhin kam, zahlte den Betrag, um hier Kunden anheuern zu können und dabei die relative Sicherheit des Clubs zu genießen. „340, wie abgesprochen.“ Die Info hatte sie von Smith.

    „Gut“, murmelte er. Er streckte die Hand nach ihrer Handtasche aus, bekam sie von ihr in die Hand gedrückt.

    Darin fand er nichts ungewöhnliches: Ihr Handy – in einer klischeehaften Goldhülle – eine dünne Geldbörse, Kondome, Gleitmittel, Make-Up, Pflaster, Schmerztabletten.

    Er gab ihr die Handtasche zurück. „Dann geh. Erfolgreichen Abend.“

    „Danke, Sweetheart“, flötete sie und trat durch die Tür.

    Im Club schlug ihr der Geruch von Alkohol und Schweiß entgegen – wie man es erwartete. Die Musik war viel zu laut, die Lichter bei der Tanzfläche viel zu flackernd.

    Sie erlaubte sich ein kurzes Seufzen. Bei so viel Lächeln, würden ihre Mundwinkel am Ende des Tages schmerzen. Doch was sollte man tun? Job, war Job. Vor allem war da ein Mädchen, das gerettet werden sollte und, wenn sie Pech hatten, sonst nach weiß Gott wohin verkauft werden würde. Und wahrscheinlich war da nicht nur sie.

    Also ging Pakhet zur langen Bar.

    Der ganze Club war in einem modernen Stil mit viel Metall, viel Schwarz und viel Neon gehalten. Die Steinmauer, die die Grundlage der Bartheke bildete, war silbrig grau angemalt und mit symmetrischen Metallelementen verziert. Unter der schwarzen Oberfläche, waren blaue und violette Lichter angebracht, die die leicht hervorstehenden Elemente bestrahlten, um ein Schattenspiel zu projizieren.

    Derselbe Stil setzte sich an den Wänden fort.

    Die Bar war gesamt gute acht Meter lang und bot einigen Platz, der jedoch bereits gut ausgefüllt war. Kaum einer der hohen Hocker war noch frei. Einige der Damen, die dort saßen, den Blick der Tanzfläche zugewandt, waren fraglos Prostituierte. Es war der übliche Stil. Pakhet hatte es oft genug beobachtet.

    Single und auf Flirttour? Rücken zur Fläche. Prostituiert und auf der Suche nach Kundschaft? Blick zur Tanzfläche, aufreizende Position.

    Sie lächelte, stakste hinüber, positionierte sich an den ersten freiwerdenden Hocker.

    Ursprünglich hatte sie überlegt in der normalen Gestalt Stephanies hierher zu kommen, hatte sich aber dagegen entschieden. Sicher, wenn sie eine besonders naive Stephanie spielte, könnte sie vielleicht auch Leute anziehen, aber eher Loverboys, keine Scouts. Davon abgesehen sahen es Loverboys eher auf Teenager ab – und keine Menge Make-Up erlaubte es ihr, als unter zwanzig durchzugehen. Also Prostituierte. Es war ohnehin zielführender, hatte doch auch Dené als Prostituierte gearbeitet. Wenn Thomas, wie Murphy sagte, wirklich ihr Freund gewesen war, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass ein Scout sie angesprochen und in eine Falle gelockt hatte.

    Ein Barkeep schenkte ihr nach vielleicht zwei Minuten Aufmerksamkeit. „Hey, Süße. Dich habe ich hier noch nicht gesehen“, meinte er, füllte ihr einen Drink ein.

    Sie lächelte ihn an. Er war farbig, dunkelhaarig, jung. „Ja, das stimmt wohl“, erwiderte sie mit einem Schnurren, „ich bin das erste Mal hier. Ich war vorher immer in Corona.“

    „Verstehe“, meinte der junge Mann – er war vielleicht sechsundzwanzig oder siebenundzwanzig. „Weiß Tutu Bescheid?“

    „Aber sicher“, schnurrte sie. „Alles okay. Ich habe bezahlt.“ Sie zwinkerte. Sie kam sich so albern vor.

    Der Mann lächelte, entspannte sich etwas. „Cool. Warum bist du denn hierher gekommen?“ Damit gab er ihr den Drink. Billiger Rum, dem Geruch nach.

    „Ja, weißt du, bei David ist das in letzter Zeit nicht mehr so sicher, weißt du? Er hat immer diese Gangs da und das ist echt  …“ Sie rümpfte die Nase. „Das geht nicht. Die hören nie, wenn man was sagt.“

    Er lächelte. „Versteh ich.“

    „Und eine Freundin hat mir von dem Laden hier erzählt und das Tutu Arschlöcher im Notfall auch persönlich rauswirft.“

    Der Barkeep lachte. „Hat er ein oder zwei Mal gemacht, ja.“ Die Erinnerung daran ließ ihn für einen Moment grinsen. Dann fiel ihm jedoch eine andere Frage ein:. „Wer ist denn deine Freundin?“

    „Candy“, erwiderte Pakhet. Das war laut den Unterlagen von Michael der Name unter dem Dené angeschafft hatte. Kein besonders origineller Name.

    Auch der Barkeep schien ähnliches zu denken. Er runzelte die Stirn. „Ich kenne mindestens drei Candys. Haste 'n Bild?“

    „Klar“, flötete sie. Ha, vielleicht konnte sie von ihm Informationen bekommen. Sie holte ihr Handy heraus und rief ein Bild von Dené auf, das nach einem Selfie aussah. „Hier.“ Sie hielt ihm das Handy entgegen.

    Der Barkeep runzelte die Stirn. „Ah, klar. Die kenn ich. Die ist doch letzte Woche verschwunden.“

    Pakhet tat schockiert. „Was? Echt? Davon habe ich ja gar nicht gehört. Was ist denn passiert?“

    Der Barkeep schüttelte die Stirn, beugte sich noch weiter zu ihr vor. „Die ist vor ein paar Tagen nachts einfach nicht mehr zurück gekommen und auch in den nächsten Tagen nicht mehr aufgetaucht. Tutu sagt, wir sollen Ausschau halten. Will nicht, dass es seinem Ruf schadet und so.“

    „Wieso? Ist sie abgehauen?“, fragte Pakhet, bemüht ihre Augen so groß wie möglich wirken zu lassen.

    „Ne. Eben nicht.“ Er schüttelte den Kopf. „Tutu glaubt, dass sie wer entführt hat. Hat sie wahrscheinlich weggelockt irgendwie. Wir sollen die Augen aufhalten, sagt er.“

    „Oh man. Die arme Candy“, erwiderte sie. Offenbar wusste der Barkeep nichts von der Webseite. Vielleicht besser für ihn. „Weißte denn irgendwas darüber?“

    „Ne. Ich hatte an dem Abend frei“, meinte er. „Konnte also nichts sehen. Hey, ich weiß was, du kannst mal Jake fragen.“

    Dankbarerweise war er eine Klatschtante. Vielleicht fand sie über die Barkeeps etwas heraus. Irgendjemand musste ja gesehen haben, mit wem das Mädchen die Bar verlassen hatte.

    Das oder sie hatte Glück und wurde von einem der Scouts angesprochen, sollte sich hier einer rumtreiben. Sie ließ ihren Blick über die Menschenmenge glauben. Auch wenn die Chancen dank der Auswahl wohl sehr gering waren.


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    [20.08.2011 – X11 – Hinweise]


    Zwar waren die Barkeeps gesprächig, jedoch hatte angeblich keiner von ihnen viel gesehen.

    Während Pakhet an der Bar saß, mit dem ein oder anderen ein Pläuschchen hielt und die Tanzfläche beobachtete, erkannte sie auch Heidenstein und Murphy, die mit zwei, drei Abstand später ebenfalls in den Club kamen.

    Murphy war Murphy. Er flirtete ohne Vorbehalte mit dem einen oder anderen, verschwand zwischenzeitlich mit einem jung wirkenden Mädchen in den Hinterräumen des Clubs. Wie konnte es auch anders sein?

    Heidenstein tat sich weit weniger leicht. Sie beobachtete ihn zwischenzeitlich dabei, wie er mit einer der Frauen an der Bar sprach, jedoch nach einer Weile wieder ging. Das alles fiel ihm offenbar wirklich schwer – trotz der großen Worte von zuvor.

    Zwischenzeitlich kamen zwei andere Prostituierte zu ihr, die sich als Candice und M.J. vorstellten und ein kurzes, passiv-aggressives Gespräch mit ihr führten. Sie waren nicht begeistert von neuer Konkurrenz auf ihrem Turf und Pakhet hatte einige Mühe bei der naiv-dümmlich, aber freundlichen Persona „Pearls“ zu bleiben.

    „Ich war ja früher beim Corona, aber das geht echt nicht mehr“, erzählte sie ihnen dasselbe Märchen, wie den Barkeeps. „Das ist da so heruntergekommen geworden und die Ganger, die da rumhängen, sind echt eine ganz fiese Art. Die haben doch Shea letztens aufgeschlitzt. Und die Candy hat mir erzählt, dass Tutu da besser aufpasst.“

    „Candy?“, fragte M.J., die rot gefärbtes, lockiges Haar hatte. Eine gut gerundete schwarze Dame mit geglättetem Haar, deren Haut relativ hell war.

    Candice war eine junge Schwarze, die zumindest im Bereich der Brust sehr gut bestückt war. Ihr Haar lag geflochten eng an ihrem Kopf. Der helle Lidschatten, den sie trug, hob sich deutlich von ihrer dunklen Haut ab.

    „Ja, Candy.“ Pakhet holte ihr Handy heraus, leckte sich über die Lippen, als bräuchte es Konzentration das richtige Bild zu finden. „Hier“, meinte sie. „Candy. Die ist noch etwas jünger, glaub ich.“

    Candice nahm ihr das Handy ab, schaute drauf, zeigte es dann M.J., die ihr Haar zwirbelte.

    „Ach, die, die verschwunden ist.“ M.J. Schürzte die Lippen.

    „Ja, ich habe davon gehört“, erwiderte Pakhet. „Das ist doch voll schrecklich. Was glaubt ihr, was mit ihr passiert ist?“

    „Wahrscheinlich haben sie sie irgendwo aufgeschlitzt“, meinte M.J. spitz, schürzte sie Lippen kurz. „Hört man doch immer wieder.“

    „Sag sowas nicht“, antwortete Candice. „Nein, ich glaube eher  …“ Sie senkte die Stimme, so dass sie über die Musik kaum zu hören war. „Weißt du nicht mehr, der eine Typ, mit dem sie gegangen ist?“

    „Was'n für ein Typ?“, fragte Pakhet neugierig und mit einer Spur aufgesetzter Furcht in der Stimme.

    Die beiden tauschten einen vielsagenden Blick. Hatten sie Angst? Hatte man sie bedroht? Am Ende lehnte sich Candice neben sie, streckte ihren vollen Busen der Tanzfläche entgegen, ehe sie aus dem Mundwinkel murmelte. „Ach, da ist ab und an so ein Typ, der rumkommt. Hübsch, Mitte zwanzig. Dunkel, wie ich, aber sieht aus, wie aus gutem Haus. Macht Angebote. Ich habe den anderen gesagt, dass ich ihm nicht traue. Die Art, wie er spricht ist nicht richtig. Also wenn du ihn siehst. Sei vorsichtig. Jedenfalls ist Candy mit ihm mitgegangen.“

    „Oh, fuck“, flüsterte Pakhet und meinte es sogar halb.

    „Ja, da sagst du was“, erwiderte Candice.

    Das war allerdings die beste Information, die sie für eine ganze Weile erhielt.

    Bald kam ein junger Mann, wahrscheinlich ebenfalls Mitte zwanzig, zu ihnen rüber und begann Candice anzusprechen. Die beiden setzten sich von ihnen ab und bald darauf beobachtete Pakhet, wie sie in Richtung der Hinterzimmer liefen.

    Trotz der anfänglichen passiven Aggressivität der beiden, waren sie neben den Barkeeps noch die angenehmeren Bekanntschaften. Denn natürlich war die Sache, dass sie wie eine Prostituierte aussah auch damit verbunden, als solche angesprochen zu werden. Dabei waren die Versuche von Kerlen, die nicht bereit waren, sie zu bezahlen, und meinten, sie mit dummen Sprüchen beeindrucken zu können, verhältnismäßig harmlos.

    Da waren aber auch diejenigen, die bereit waren, zu bezahlen.

    Pakhet war von Anfang an bereit gewesen, mit dem ein oder anderen für diesen Job zu schlafen, wenn es ihr Informationen gab. Doch auf halbe Alkoholleichen hatte sie wenig Lust. Auch schmierige, alte Typen waren sicher nicht ihr Stil. Erst als ein Mann, der zumindest noch Mitte Vierzig war kam, meinte, dass er sie noch nicht gesehen hatte, kam sie nicht umher, zuzustimmen. Wenn er Stammkunde war, konnte sie ihn vielleicht aushorchen.

    Sie lächelte, nannte ihren Preis und stellte zynisch fest, dass sie zumindest so etwas Umsatz bei der Sache machte.

    Immer positiv denken.

    Sie begleitete den Mann, der sich als Nelius vorstellte – einen Nachnamen musste sie nicht wissen, immerhin stellte sie sich auch als Pearl vor – in die Hinterräume. Wenn sie nicht entsprechend ihrer Verkleidung arbeitete, würde ihr Cover ohnehin früher oder später auffliegen.

  • Okay, ich versuche das hier mal als Teil meiner derzeitigen Übung zu sehen, bestimmte Dinge nicht mehr so lange aufzuschieben und dementsprechend will ich mal etwas zeitiger antworten.


    Zunächst hatte ich schon gewartet, was Murphy vielleicht im Handy entdecken würde. Ich war mir bei dem Typen nicht sicher, ob er lügen würde - grundsätzlich wirkte es von der Beschreibung nicht so, aber irgendwie fand ich die Story mit "Sie hat sich mit mir gestritten, weil sie Geld von mir wollte" etwas shady, weiß aber auch nicht wieso. Vielleicht, weil das irgendwie ihr die Schuld gab und das immer so der klassische Move ist.

    Na ja, aber das dürfte - sofern Murphy sich nicht gründlich verschätzt hat - erst einmal vom Tisch sein. Apropos:

    „Siehst du. So klingt das, wenn jemand lügt.“

    Ich liebe diese Bemerkung an der Stelle. Sie passt einfach so gut.


    Äh, aber ja, zu der Sache: Gab also einen Typen, der da offenbar ein bisschen zwielichtig war - also, zwielichtiger als was man da vielleicht im Alltag gewöhnt ist - und der dürfte dann wohl die nächste Spur sein. Wobei ich immer noch nicht weiß, worum es genau geht - allerdings mag ich die Darstellung der Ermittlungen und wie Pakhet die Leute aushorcht. Sie nimmt hier wirklich eine sehr verschiedene Persona an und es zeigt, dass sie sich bei Bedarf auch wirklich gut verstellen kann.

    Ansonsten hatte ich jetzt nach den ersten Kapiteln von Kontrolle, wo es ja im letzten Kapitel, das ich gelsen hatte, die Sache mit den Gefallen gab, noch einen Gedanken, was vielleicht der Plan von Michael sein könnte: Ich meine, der Handel mit dem Drachen war natürlich ein bisschen was anderes, aber grundsätzlich hatte ich überlegt, ob sich nicht etwas Ähnliches, nur mit mehr Hintergedanken, auf die Geschichte hier und eben mit Michael als "Handelspartner" übertragen ließe: Soll heißen, dass Michael vielleicht Pakhet - und eben jetzt auch Murphy und den Doc - bewusst in eine saugefährliche Situation bringt, aus der er ihnen dann vielleicht auch raushelfen muss, was wiederum bedeuten würde, dass sie "Schulden" bei ihm hätten bzw. zumindest Pakhet, insbesondere wenn es dann die Situation gäbe von wegen "Ich kann deinen Freunden gerne helfen, aber dafür musst du mir jetzt Treue auf Lebenszeit schwören" (also, nicht in dem Wortlaut, but you get the idea). Das würde dann auch zu dem "Wirst schon sehen, was du davon hast" passen. Weiß natürlich nicht, ob es darauf hinausläuft, aber das war jetzt noch einmal ein Gedanke, den ich hatte. Wäre halt besonders hinterhältig, aber vielleicht sogar gar nicht so weit hergeholt, weil - an wen soll sich Pakhet denn wenden, wenn nicht an Michael, wenn sie in der Klemme steckt? Aber ja, werde ich wohl abwarten müssen, ist ja auch nur eine dieser kleinen Hypothesen ...

    Ja, ich bin ein böser Autor zu meinen Charakteren. Aber ja, sie wird noch heilen können. Teil 3 wird sich massiv mit ihrer Heilung und allem drum herum beschäftigen.


    Ich meine, ein wenig schlecht fühle ich mich beim dritten Teil schon. Es braucht knapp 70 Seiten, bis irgendwas passiert und die Hälfte, bis der Hauptplot weitergeht. Bis dahin ist alles vornehmlich Heilung und Charakterausarbeitung. ^^"

    Nun, es ist ja erst einmal gut zu hören, dass eine Heilung stattfinden wird. Kann natürlich sein, dass es dann schwierig wird, weil nicht so viel passiert - ka, ob ich da vielleicht einen Verbesserungsvorschlag machen kann, wenn ich das gelesen und einen Eindruck davon habe. Meistens ist ja dann einfach der naheliegende Ratschlag "Dann lass halt irgendwas passieren", aber vielleicht ist das dann nicht wirklich eine Option. Möglicherweise kann das aber dann eben auch einfach dadurch ausgeglichen werden, dass ja was mit den Charakteren gemacht wird? Aber wie gesagt: Da würde ich vielleicht mal gucken, wenn ich das gelesen habe.


    Ähm ja, in diesem Sinne freue ich mich natürlich auf die nächsten Kapitel.

  • Inwiefern dass

    Och, da hab ich nicht groß überlegt beim schreiben. Pakhet meinte es beiße sich mit den restlichen Informationen in ihrem Lebensstil und ich fand, dass das ein guter Hint auf irgendwas sein könnte.

    (Und psst, das bessere Wort ist transgeschlechtlich, weil es ja keine Sexualität ist.)

    Ja, natürlich. Transgeschlechtlich.

    Fand immer schon, dass es wenig Sinn machte von der Wortbedeutung her, es mit Sexuallität in einen Hut zu stecken.

    Macht der Gewohnheit.

    Sie trug außerdem Strapse. Vielleicht etwas übertrieben, aber den meisten würde es nicht auffallen

    Der Satz ist etwas seltsam, ist der Sinn von Strapsen nicht, dass sie auffallen?

    An der Stelle frage ich mich, was die effizientesten Fragen wären, um gute Antworten zu bekommen?

    Ich schätze, "War sie irgendwie anders als sonnst, oder hatte irgendwelche Pläne?"

    Ein Ja, hätte bewiesen, dass sie schon zuvor Kontakt zu ihrem Entführer hatte.

    Ein "Ist sowas schonmal passiert? Das eins eurer Mädchen verschwunden ist?"

    Um zu sehen obs ein Serientäter war.

    Außer wenn Entführungen so oft passieren, dass es sie nicht weiterbring zu fragen.


    Ist aber seltsam, wenn sie verkauft werden sollte, ist sie die Einzige, oder werden andere Fälle nur nicht erwähnt, weil es so regulär passiert?

    Ich denke es ist vermutlich ein Verbrecher der es direkt auf sie abgesehen hat, nicht nur das nächst beste Teen.


    /


    Klingt stark danach als wüsste sie wer das ist.


    /


    Natürlich.

    Von Momenten wie diesen hast du ja schon lange vorher gesprochen.

    Am Start der Serie, oder von HaW, ungefähr.

    Wundert mich nicht.

  • Okay, ich versuche das hier mal als Teil meiner derzeitigen Übung zu sehen, bestimmte Dinge nicht mehr so lange aufzuschieben und dementsprechend will ich mal etwas zeitiger antworten.

    Das finde ich natürlich sehr schön :D Danke dir.

    Wobei ich das mit dem Aufschieben auch kenne. Ich saß jetzt eine halbe Stunde hier und habe prokrastiniert diesen Rekommi zu schreiben.


    Ich liebe diese Bemerkung an der Stelle. Sie passt einfach so gut.

    Haha, ja, das tut sie wohl. Murphy ist sehr gut darin, diese Dinge zu beobachten.


    Sie nimmt hier wirklich eine sehr verschiedene Persona an und es zeigt, dass sie sich bei Bedarf auch wirklich gut verstellen kann.

    Das gehört halt auch irgendwo zum Job dazu. Jedenfalls so, wie sie arbeitet. Ich meine, es gibt auch Söldner, die wirklich rein Kriegsgebiet-Söldner sind. Also wirklich nur dem Militär aushelfen. Aber das ist halt nicht Pakhet. Pakhet hat ein wenig mehr Rafinesse.


    Nun, es ist ja erst einmal gut zu hören, dass eine Heilung stattfinden wird. Kann natürlich sein, dass es dann schwierig wird, weil nicht so viel passiert - ka, ob ich da vielleicht einen Verbesserungsvorschlag machen kann, wenn ich das gelesen und einen Eindruck davon habe. Meistens ist ja dann einfach der naheliegende Ratschlag "Dann lass halt irgendwas passieren", aber vielleicht ist das dann nicht wirklich eine Option. Möglicherweise kann das aber dann eben auch einfach dadurch ausgeglichen werden, dass ja was mit den Charakteren gemacht wird? Aber wie gesagt: Da würde ich vielleicht mal gucken, wenn ich das gelesen habe.

    Ich meine, aus meiner perspektive ist es eigentlich so, dass die Geschichte mehr oder weniger für die ruhigen Momente lebt. Das ist für mich als Autor das Herz der Geschichte. Die Action und diese Sachen sind für mich mehr Setdressing und etwas, um den Charakteren motivation und zusätzliche Konflikte zu geben. Aber ich weiß natürlich nicht, ob das für die Leser*innen auch so ist.


    Der Satz ist etwas seltsam, ist der Sinn von Strapsen nicht, dass sie auffallen?

    Nicht unbedingt. Kommt drauf an, was man dazu trägt und wie man sie trägt.


    Ist aber seltsam, wenn sie verkauft werden sollte, ist sie die Einzige, oder werden andere Fälle nur nicht erwähnt, weil es so regulär passiert?

    Ich denke es ist vermutlich ein Verbrecher der es direkt auf sie abgesehen hat, nicht nur das nächst beste Teen.

    Ich schmunzele an der Stelle, weil das ganze noch mal deutlich perfider ist, als ihr bisher wisst. Aber gut, dazu kommen wir erst nächste Woche.

  • So, heute geht es weiter. Nächste Woche gibt es nur ein Kapitel, weil das Kapitel sehr lang sein wird :P


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    [20.08.2011 – D26 – Hinterzimmer]


    Weitere eineinhalb Stunden vergingen. Die Zeiger der halb hinter Schnapsflaschen versteckten Uhr an der Wand tickten auf Mitternacht zu.

    Pakhet hatte in der Zeit noch zwei weitere „Kunden“ gehabt – unter einem einen der schmierigen Art, der aber oft hier war und jedes der Mädchen zu kennen schien. Sie hatte von ihm einiges an Informationen bekommen, auch wenn sie gut Lust gehabt hatte, ihm das Messer in den Hals zu stechen, da er ein verfluchtes Arsch gewesen war.

    Doch sie hatte sich dumm gestellt, hatte mitgespielt und so davon gehört, dass hier und da immer ein paar Mädchen verschwanden. Er prahlte damit, einmal gesehen zu haben, wie man ein Mädchen in ein Auto gedrückt hatte. Einen weißen Mercedes, erzählte er. Guter Wagen. Und da waren mehrere Typen gewesen.

    Offenbar fand er es interessant und sah keinen Fehler darin, niemanden zur Hilfe gerufen zu haben.

    Arschloch.

    Schließlich kam sie wieder aus den Hinterzimmern kam. Sie nahm sich vor zu duschen, wenn sie wieder im Krankenhaus zurück war – sie machte sich nichts vor, sie würde in dieser Nacht im Krankenhaus schlafen, da sie Heidenstein ohnehin dahin fahren würde. Da fiel ihr Heidenstein ins Auge, der etwas steif mit einem der anderen Mädchen an der Bar sprach und ihr einen langen Blick zuwarf.

    Ihm gefiel die Situation immer weniger. Und als sie sich mit einer Cola wieder an der Bar positionierte, dauerte es keine zehn Minuten, bis er zu ihr hinüber schlurfte.

    Sie blieb bei ihrer Rolle. Stephanie, also Pearl kannte diesen Mann nicht. „Was kann ich für dich tun, Süßer?“, schnurrte sie.

    „Können wir kurz reden?“, flüsterte er.

    „Ich nehme, 800 Rand“, erwiderte er. „Küssen kostet extra.“ Sie sprach laut genug, als dass ein Barkeep, der zuhörte, es für ein normales Kundengespräch halten sollte. Sie zwinkerte ihm zu.

    Er verzog das Gesicht, biss sich auf die Lippe. „Ja, von mir aus.“ Seine Stimme war angespannt.

    „Ach, Schätzchen. Entspann dich, ist doch nichts bei“, meinte sie. „Also, was sagst du?“

    „Ich sagte, es ist okay“, murrte er mit Nachdruck.

    Sie verdrehte die Augen. Das war nicht seine Art. Sie ließ sich vom Barhocker gleiten, nahm ihr Glas, packte Heidenstein am Arm und bugsierte ihn in Richtung der Hinterzimmer.

    Die „Hinterzimmer“ waren über eine Tür an der Rückseite der Bar zu erreichen. Hier führte ein relativ schmuckloser Flur an den Toilettentüren und einem Vorratszimmer vorbei, ehe mehrere Räume, die mit einfachen Riegeln versehen waren, von dem Flur abgingen. Die Türen waren weiß, die Zimmern hatten Nummern.

    Die Zimmer sechs bis zwölf waren Prostituierten vorbehalten, wie sie wusste. Sie waren zusätzlich verschlossen, aber Smith hatte ihr mit den Informationen auch einen Schlüssel zukommen lassen.

    Sie machte das erste freie Zimmer – Nummer Acht – ausfindig, öffnete die Tür und zog Heidenstein mit sich hinein.

    Das Zimmer war alles in allem hübsch eingerichtet. Zwar waren die Wände einfach gestrichen – Farbe auf Stein – doch stand ihr ein großes, sauber gehaltenes Kunstledersofa in Schwarz. Da waren außerdem ein Spiegel, hinter dem Lampen angebracht waren, ein Hocker, ein in einer Ecke eingelassenes Waschbecken. Der Boden war mit einem schwarzen Teppich bedeckt.

    Es wurde sich sogar halbwegs drum bemüht, die Zimmer sauber zu halten. Tutu gab sich offenbar Mühe.

    „Was ist?“, fragte sie mit gedämpfter Stimme. Die Wände waren hellhörig, auch wenn ihre Nachbarn soweit selbst lautstark beschäftigt waren.

    Heidenstein sah sie an, während sie sich auf das Sofa fallen ließ. Sie war froh für jeden Moment, in dem sie nicht in den beschissenen Schuhen stehen musste.

    Heidenstein öffnete den Mund, schloss ihn sogleich wieder, setzte sich schließlich zögerlich auf den Hocker. „Hast du wirklich  …“, begann er, fing sich dann aber. „Hast du etwas herausgefunden?“

    „Ja“, erwiderte sie. „Wenn auch nicht viel. Hier waren definitiv Scouts unterwegs und der letzte Typ, mit denen ich gesprochen habe, sagte, er hätte mal gesehen, wie mehrere Männer ein Mädchen in einen weißen Mercedes gezerrt haben.“

    Wieder räusperte sich Heidenstein. „Mercedes, eh?“

    „Ja. Sie haben sie wohl rausgelockt“, antwortete sie. „Ich habe außerdem gehört, dass ein Scout hier in den letzten Wochen rumgehangen ist. Schwarz, Mitte zwanzig. Er hat verschiedenen Mädchen hohe Angebote gemacht und die Kolleginnen vermuten, dass Dené eins angenommen hat.“ Sie sah ihn an. „Hast du etwas herausgefunden?“

    Er zögerte, schüttelte den Kopf, schürzte die Lippen.

    Sie lächelte. Es war klar, dass er sich bei der Sache mehr als unwohl gefühlt hatte. Er war halt der Doc, ein gutherziger Typ, der viel zu viel über manche Dinge nachdachte. Es hätte sie nicht überrascht, hätte er es nie mit einer Prostituierten versucht – anders, als die meisten ihrer Kollegen. Aber das war halt der Doc. „Nicht schlimm.“ Letzten Endes mochte sie ihn doch, weil er anders war, weicher, als die meisten.

    „Was ist mit Murphy?“, fragte Heidenstein.

    „Der Junge scheint sich zu amüsieren“, murmelte sie.

    „Ich habe ihn gesehen.“ Heidenstein sah zur Tür.

    Sie zuckte mit den Schultern. Eigentlich sollte sie Vorbehalte dagegen haben, aber sie machte sich nichts vor. Der Junge war in solchen Lokalen öfter ein und aus gegangen. Seine Fähigkeit die Gestalt zu ändern, öffnete ihm wahrscheinlich diverse Türen und manche Herzen.

    Wieder räusperte sich Heidenstein. Er konnte sich doch nicht beherrschen. „Hast du wirklich mit den Typen  …“ Er brachte den Satz nicht zu Ende.

    „Ja“, erwiderte sie. „Ansonsten hätte ich Aufmerksamkeit erregt.“ Sie musterte ihn, lächelte matt. „Es ist schon okay.“

    Sein Blick sagte deutlich, dass er anders dachte. Dies behielt er jedoch für sich.

    Pakhet seufzte. Sie wusste nicht, was sie zu ihm sagen sollte. Murphy hatte wahrscheinlich recht, dass er eifersüchtig war. Vielleicht sah er es auch anders, maß Sex wirklich mehr Bedeutung bei als sie.

    Sollte sie etwas sagen? Sie zögerte.

    Da klopfte es an der Typ. „Kann ich irgendwobei helfen?“, fragte eine Stimme, die eindeutig als die Murphys zu erkennen war.

    Sie seufzte, ging zur Tür, öffnete.

    „Störe ich?“, fragte Murphy und musterte sie beide. Als er ihren bekleideten Zustand sah, lächelte er. „Wohl eher nicht.“


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    [21.08.2011 – X12 – Scouts]


    Natürlich hatte Murphy etwas herausgefunden, doch das meiste bestätigte nur, was auch sie bereits gehört hatte. Ja, sie hatten einen Typen – dieselbe Beschreibung, die auch Pakhet bekommen hatte – gesehen, der Mädchen Angebote gemacht hatte, wenn sie für jemanden anderes arbeiten würden. Ja, angeblich arbeitete dieser Typ in einer kleinen Gang. Die Information war neu, passte aber zu der Autoentführung. Ja, sie bedrohten auch Mädchen, versuchten sie notfalls auch mit anderen Mitteln dazu zu bringen, mitzukommen.

    Sie zweifelte, dass sie hier mehr erfahren würden, überlegte zu gehen. Sie hatten noch immer keine konkrete Spur. Wäre ihnen nicht die Zeit davon gelaufen, um das Mädchen zu finden, wäre sie gegangen. Aber die Zeit lief und sie hasste den Gedanken daran. Also blieb sie in der haltlosen Hoffnung, dass sie vielleicht doch den Scout zu sehen bekam. Sie würde mitgehen, das hatte sie beschlossen. Die meisten würden Probleme haben, sie festzuhalten, allein, weil sie keine Kraft von einer Frau erwarteten.

    Die Tatsache, dass sie dank der Prothese leichter aus Fesseln und Handschellen entkam, spielte ihr dabei ebenfalls zu.

    Dennoch. Langsam leerte sich der Club. Einige unermüdlichen feierten, tanzten weiter. Viele von ihnen sicher unter Drogen. Sie wartete. Vielleicht sah sie einen Scout. Vielleicht sah sie noch jemanden.

    „Willst du nicht langsam nach Hause, Pearl, Süße“, meinte Jake, der braunhaarige Barkeep.

    Sie drehte sich ihm zu. Langsam hatte sie das Gefühl, dass sie einen vorläufigen Hörschaden von der lauten Musik hatte. „Nein. Ich warte noch ein wenig. Der Umsatz heute war echt nicht gut.“

    „Verstehe schon“, meinte er. Er goss einen neuen Drink ein, reichte ihn ihr. „Auf's Haus.“

    „Danke“, erwiderte sie, zwinkerte. Sie fühlte sich albern. Wahrscheinlich übertrieb sie mit den Klischees. Doch Klischees waren einfacher, als die Alternative und die meisten dachten sich nichts dabei.

    Sie trank den Rum – es war wieder Rum – als sich jemand neben ihr auf den Barhocker schob. „Na, was machst du denn so spät noch hier, Sweetheart?“, meinte eine tiefe Männerstimme.

    Sie wandte sich ihm zu, schenkte ihm einen – wie sie hoffte – mitleidigserregenden Blick. „Ich bin ganz einsam.“ Sie wollte nach Haus. Sie wollte unter eine Dusche. Sie hatte keinen Bock mehr auf den Scheiß.

    „Ach je, du Arme“, meinte der Mann. Er war Mitte zwanzig, hatte gestyltes, blondes Haar, war gebräunt, gut gebaut. Er schenkte ihr ein gewinnendes Lächeln. „Soll ich dir ein wenig Gesellschaft leisten?“

    „Ich weiß ja nicht“, erwiderte sie, bemüht so naiv wie möglich zu klingen. „Kannst du dir das denn erlauben?“

    „Na, na, na.“ Er wedelte mit dem Finger. „Da beschwerst du dich erst, einsam zu sein, und willst dann auch noch Geld dafür, Gesellschaft zu bekommen?“

    „Ich bin halt auch ein armes Mädchen.“ Sie bemühte sich um Rehaugen. „Ich brauche das Geld ja.“

    „Ach je, und da soll ich mich erbarmen?“, meinte er. Er lachte, lächelte. Dann beugte er sich zu ihr, sprach leiser. „Ich sage dir was. Ich gebe dir fünftausend, wenn du für den Rest der Nacht mit mir in ein Hotel kommst.“

    Bingo. Das war eine übliche Taktik. Gut, es war auch, was der ein oder andere Tourist machte, doch die Hoffnung starb zuletzt. Sie schenkte ihm ein zuckriges Lächeln, musterte ihn mit großen Augen. „So viel?“

    „Ja“, hauchte er verführerisch. Er beugte sich rüber, flüsterte ihr ins Ohr. „Was sagst du, Süße.“

    Sie tat, als würde sie kurz, aber wirklich nur kurz überlegen. „Okay.“ Sie lächelte breit und sprang auf. Ja, sie übertrieb eindeutig, doch ihn störte es nicht. Hatte er es so nötig oder war es eine Falle?

    Er hielt ihr die Hand hin. „Dann komm mal, Kleine.“ Als sie seine Hand nahm – und ihm am liebsten eine reingehauen hätte – sah er sie an. „Wie heißt du eigentlich?“

    „Pearl“, flötete sie. „Und du?“

    „Ryan“, antwortete er.

    „Hi, Ryan.“ Wieder lächelte sie. Sie flehte innerlich, dass er ein Scout war. Ansonsten würde sie ihm im Hotelzimmer wohl einen der Darts in den Nacken hauen. Sie hatte auf mehr von diesem Spiel an diesem Abend keine Lust mehr.

    Noch einmal wandte sie sich der Bar zu, winkte Jake zu, während ihre Augen nach Heidenstein und Murphy suchten.

    Sie fand die beiden an einem Tisch, zusammen mit zwei der anderen Mädchen, in ein Gespräch vertieft. Heidenstein sah kurz zu ihr, wirkte alarmiert und sie hatte keine Möglichkeit ihm ein Okay zu geben, ohne aufzufallen. Jake beobachtete sie noch immer.

    Also folgte sie „Ryan“ aus dem Laden heraus auf die Straße. Sie war froh, dass sie Alkohol sehr gut vertrug, denn ansonsten wäre sie wohl nicht mehr fähig gewesen, auf den Schuhen zu laufen.

    Ryan war – dank der Schuhe – etwas kleiner als sie, schenkte dem jedoch keine Beachtung. Er hielt noch immer ihre Hand. Etwas zu fest. Vielleicht war es ein „gutes Zeichen“ dafür, dass sie Recht hatte. Sie hoffte einfach darauf.

    Sie folgte ihm. „Wohin gehen wir denn?“, flötete sie.

    „Zu meinem Wagen“, erwiderte er.

    Eine Falle? Hoffentlich war es eine Falle. Abgesehen davon, dass sie jetzt keine Lust hatte, noch in ein Hotel zu fahren, hoffte sie einfach, ihm eine reinhauen zu können. Der Abend hatte gereicht, als dass sich einiger Frust bei ihr angestaut hatte.

    Als er sie in eine Gasse führte, wurde ihr klar, dass es wirklich eine Falle war. Hier standen drei andere Typen. Einer hatte eine Pistole, ein anderer einen Baseballschläger, der dritte eine Machete. Ein Ein-Mal-Eins der hiesigen Straßenwaffen also.

    „Bitte, tut mir nichts“, flötete sie, tat ängstlich und blickte sich um. Sie suchte nach den besten Methoden, die vier schnellstmöglich auszuschalten. Als erstes würde sie ihre Schuhe loswerden. Dann musste sie den mit der Pistole entwaffnen. Die anderen waren weniger das Problem. Sie könnte die Schlaufe der Handtasche als Schlinge verwenden.

    „Jetzt hör mit dem Schauspiel auf“, meinte eine weitere Stimme hinter ihr.

    Sie sah sich um. Am liebsten hätte sie „Jackpot“ gerufen, als sie einen jungen Mann erkannte, der genau den Beschreibungen des Typen, mit dem Dené angeblich verschwunden war, entsprach. Auch er hatte eine Pistole, was weniger gut war.

    „Was für ein Schauspiel?“ Sie tat unschuldig.

    „Du hast nach uns gefragt“, meinte Ryan, packte sie unsanft an der Schulter und schubste sie in Richtung der nächsten Wand. Er hatte ein Taschenmesser in der Hand.

    Sie ließ es geschehen. Zum einen, da sie beim Rückwärtsstolpern ihre Schuhe „aus Versehen“ verlieren konnte, zum anderen, da er sie, solange er so nahe stand, vor Schüssen schützte.

    „Ich weiß nicht wovon ihr redet“, antwortete sie. Sie ließ die gekünstelte Stimme sein, sprach normal, jedoch weiterhin abwehrend. Sie schaute dem Typen in die Augen. „Lass mich los.“

    „Hat Tutu dich auf uns angesetzt?“, fragte er. Die Art wie er das Messer hielt, verriet ihn als Streetthug. Er hatte keine richtige Kampfausbildung genossen. Tat nur dasselbe, wie alle anderen auch.

    Sie lächelte ihn an. „Nein. Tutu hat keine Ahnung wer ich bin oder das ich überhaupt hier bin.“ Das war nur die halbe Wahrheit da „Pearl“ sehr wohl durch Smith angekündigt war.

    „Dann sollte es wohl besser dabei bleiben.“ Er hielt das Messer an ihr Gesicht, nicht an ihre Kehle. Wohl, weil hübsche Mädchen sich vor Narben im Gesicht fürchteten, es damit auch schwerer war, aus Versehen zu töten.

    „Willst du mich bedrohen?“, fragte sie.

    „Wonach sieht es denn aus?“, fragte der Typ, der wahrscheinlich Dené mitgenommen hatte. „Geh zur Seite, Ry, ich mach das.“ Uh, ein ganz starker Typ.

    Sie seufzte. Also anders. „Kann mir einer sagen, wohin ihr Candy gebracht habt?“

    Die fünf hielten inne. „Wer?“ Also hatten sie nicht mitbekommen, dass sie speziell nach Dené gefragt hatte.

    „Candy“, antwortete sie. „Dené Bekker.“

    Die fünf tauschten Blicke und Pakhet seufzte noch einmal. Einer von ihnen würde schon reden. Sie hatte auf die ganze Sache wirklich keine Lust mehr. Also ging sie zum Angriff über – mit der Methode, die bei der Nähe und ohne Stahlkappenschuhe am effektivsten war: Sie griff nach Ryans Schultern und rammte ihm ihr Knie in den Schritt. Als er sich instinktiv vorbeugte, setzte sie mit einem Kniestoß in den Solarplexus nach. Dann warf sie ihn in Richtung des einen mit der Pistole bewaffneten Typen, sprang hinterher und ließ die Handtasche von ihrer Schulter gleiten.

    Instinktiv versuchte der Bewaffnete Ryan aufzufangen, um nicht selbst umgeworfen zu werden. Sie nutzte das, sprang an Ryans Rechter vorbei und bekam die Hand des Manns mit der Schlaufe zu fassen. Mithilfe der Schlaufe, zog sie die Hand nach oben, überstreckte den Arm, nahm ihn schließlich in einen Hebel. Dann hatte sie ihn die Waffe abgenommen.

    Sie wechselte die Waffe in die Linke, während sie mit der Rechten die Darts aus dem Stoff des Kleides hervorzog. Sie jagte dem ehemaligen Schützen den ersten Dart in den Nacken, den zweiten Ryan, der sich gerade aufrappelte. Jetzt schoss ihr Hauptverdächtiger auf sie, zielte jedoch zu hoch. Instinkt, erneut. Seine Kumpanen waren bei ihr und er war wahrscheinlich kein guter Schütze.

    Derweil kam Mr Machete auf sie zu, versuchte zuzuhauen. Was glaubte er denn? Wenn er sie mit dem Ding erwischte, konnte er sie nicht mehr befragen und das war doch ihr Ziel, oder?

    Sie duckte sich, sprang dann gegen ihn, ihn bei der Hüfte packend. Ganz wie bei einem Tackle im Rugby. Wenn sie schon etwas über die Sportart wegen Crash gelernt hatte. Nun ging sie in einem Judo-Wurf über, landete mit ihm auf dem Boden, als der Kerl mit dem Baseballschläger nach ihr schlug.

    Sie rollte sich zur Seite und er traf seinen Kollegen.

    Ein Schmerzenschrei und einiges an Fluchen folgte.

    Sie nutzte die Gelegenheit. Dart Nummer drei landete im Nacken des Typen mit dem Baseballschläger und sie trat auf die Hand mit der Machete, kickte diese dann weg.

    Derweil fiel Mr Pistolenschütze um.

    „Hey, was ist mit ihm los!“, rief ihr Hauptverdächtiger.

    Sie lächelte ihn an. „Das kann ich dir gleich zeigen.“ Vielleicht war sie etwas zu selbstsicher, aber verdammt, es fühlte sich nach diesem Abend nur zu gut an, ihre Wut an ihnen auslassen zu können.

    Allerdings hatte sie dabei vergessen, dass Mr Machete noch immer unter den Lebenden weilte und offenbar noch ein Taschenmesser als Ersatz hatte.

    „Hör auf uns zu verarschen, Bitch“, zischte er voller Wut. Er griff sie beim Zopf, zog sie nach hinten. Es tat weh. da sie die Perücke mit Nadeln und Haarnetz befestigt hatte – bis die Perücke nachgab und samt Haarnetz von ihrem Kopf rutschte.

    Auch wenn er damit hätte rechnen müssen, war er überrascht.

    Sie rammte ihm ihren rechten Arm in die Seite, drehte sich um, als er schon zu Boden ging.

    Einige Millisekunden vergingen, ehe sie die Gestalt hinter ihrem Hauptverdächtigen sah, der sie fassungslos anstarrte. „Fuck“, fluchte er. Er drehte sich um und schrie im nächsten Moment auf, als eine weitere Gestalt erschien und ihm seitlich in die Seite schlug.

    Elektrizität zuckte und er klappte zusammen.

    Murphy klatschte in die Hände. „Ah, viel besser. Arschloch.“

    „Ich hoffe er ist noch ansprechbar“, murmelte Pakhet, lächelte aber, ehe sie sich durch das kurze Haar strich, um es wieder halbwegs zu richten. Die Perücke hatte es platt gedrückt. „Hey“, meinte sie dann zu den beiden. „Da seid ihr ja.“

    „Ist das der Typ?“, fragte Murphy, der offenbar eins und eins zusammenzählte.

    Sie lächelte, trat zu ihnen hinüber und hob den Typen am Kragen auf. „Lass es uns heraus finden.“ Der Kerl war halb ohnmächtig. Seine Augen flackerten. Sie sah zu Murphy. „Was hast du mit ihm gemacht?“

    „Elektro-Zauber“, meinte der Junge stolz. „Das war meine Bezahlung für  …“ Er verstummte, grinste. „Äh. Ja.“

    Sie zählte alles zusammen. Das Ding, dass sie aus der Anderswelt geholt hatte. Wahrscheinlich war das der Grund, warum er es gebraucht hatte. Hatte er einen Mentor?

    Nun, andere Prioritäten.

    Sie drückte ihren Zeugen gegen die nächste Wand, gab ihm eine Ohrfeige. „Aufwachen, Bruder“, meinte sie hart. Noch eine Ohrfeige. Konnte nicht schaden. Sie war sich recht sicher, dass er genug getan hatte, um es zu verdienen. „Hey, aufwachen.“

    Langsam fokussierte sich sein Blick. Er hustete, hatte sich zuvor wahrscheinlich an seiner Spucke verschlug. Dann wurde er sich seiner Situation bewusst und starrte sie sicher zwei Sekunden lang an an. „Fuck!“, rief er aus. Seine Augen weiteten sich. Er strampelte mit den Beinen, die gerade so nicht den Boden berührte. Bei so etwas war ihre Größe von Vorteil.

    „Hey, sag mal“, begann Murphy, doch Pakhet schenkte ihm einen Blick.

    „Ist das nicht eher meine Methode?“, fragte sie ihn.

    Er zuckte mit den Schultern, trat zurück. „Wie du meinst.“

    Damit fixierte sie den Typen an, hielt ihn mit dem linken Arm fest. Diese Prothese war weniger stark, wie der gröbere Arm, reichte aber noch immer, um ihn gegen die Wand zu drücken. „Also“, begann sie, kam aber nicht weiter.

    „Du bist die Iron Bitch!“, stieß er aus.

    Verdutzt sah sie ihn an. „Was?“

    „Ich habe den Kampf gegen Crash gesehen! Du bist die Iron Bitch!“

    Noch immer verstand sie nicht ganz, bis Murphy auflachte. Dann erst fielen die Teile an ihre Plätze. Der Kampf gegen Crash. „Iron Bitch“ war der Arenaname, mit dem Murphy sie angemeldet hatte.

    „Weißt du, warum ich hier bin?“, fragte sie, griff noch etwas fester zu.

    „Das Mädchen“, stotterte er, seine Stimme mindestens eine Oktave höher als zuvor. „Das Mädchen, das ich letzte Woche  …“

    „Ja, ja, genau das“, meinte sie. „Wo ist sie? Wo hast du sie hingebracht? Wo ist sie jetzt?“

    „Im Casino“, hauchte er ergeben. „Bitte, ich sag alles. Nur, bitte  …“

    Noch immer lachte Murphy. Natürlich, er fand die Situation äußerst amüsant. Sie fragte sich warum. Weil sein Name hängen geblieben war oder weil der Typ so eine Angst vor ihr hatte. Es war am Ende egal. Hauptsache, sie bekamen die Information. Hauptsache, sie konnten Dené finden.


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    [21.08.2011 – D27 – Heimfahrt]


    „Du solltest mich fahren lassen“, murmelte Pakhet, schaute zu Heidenstein zu ihrer Rechten.

    Er schenkte ihr einen kurzen Blick, ehe er sich wieder auf die Straße konzentrierte. „Anders als ihr beiden, habe ich kaum was getrunken.“ Seine Stimme klang tonlos.

    Pakhet verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. Sie wollte einfach aus dieser Kleidung raus, wollte duschen. Außerdem war sie müde. So müde.

    Als er an einer Ampel hielt, die nun, da kaum ein Wagen unterwegs war, keinen wirklichen Sinn hatte, wandte er sich ihr einige Sekunden lang zu. Er wollte noch immer darüber reden. Doch er beherrschte sich, blickte stattdessen in den Rückspiegel. „Wo kann ich dich rauslassen?“

    „Bei Crash, wenn du so nett wärst“, gähnte Murphy. Er schien bereits im Halbschlaf versunken zu sein.

    „Glaubst du, die Polizei hat sie schon?“, fragte Pakhet nach einigen Sekunden der Stille.

    Heidenstein nickte. „Sie sollten da sein. Ich habe Louws gefragt.“ Auf ihren fragenden Blick hin, zuckte er mit den Schultern. „Ein Bekannter bei der Polizei. Eigentlich für Drogenverfolgung zuständig, aber es würde mich nicht wundern, wenn ein Teil von ihnen Drogen bei sich hatte.“

    Und Mr Drogenverfolgung würde die Giftpfeile in den Nacken der fünf einfach ignorieren, eh?

    Die Ampel sprang auf grün. Heidenstein fuhr weiter. „Wo genau lebt den Crash?“

    „Camps Bay“, antwortete Murphy.

    „Wow.“ Heidenstein konnte sich diesen Ausruf nicht verkneifen.

    Camps Bay, das direkt in der Nähe des Strandes lag, war eins der besten und vor allem sichersten Viertel der Stadt. Aber klar, wenn Crash direkt in die Profiliga einstieg … Rugby zahlte vielleicht nicht so viel wie Fußball, doch selbst damit konnte man in Südafrika als Profisportler etwas erlauben.

    „Ist ganz nett“, gab Murphy zu. Er grinste.

    „Und du lebst mit bei ihnen?“, fragte Pakhet, sah über die Rückenlehne ihres Sitzes.

    „Jap.“ Mehr sagte er nicht dazu. Und Pakhet kam nicht umher. Wenn Crash das zuließ war es um die Bindung der beiden nicht so dramatisch gestellt, wie Murphy gerne tat.

    Pakhet lächelte und lehnte sich gegen das Fenster der Beifahrertür und erlaubte sich, die Augen zu schließen, ihre Gedanken zu leeren, etwas zu dösen. Es war eine lange Nacht gewesen. Verdammt, es war mittlerweile nach zwei.

    Sie wollte so sehr duschen.

    Wieder blickte Heidenstein zu ihr, schwieg, fuhr weiter, fuhr die sich windende Straße am Rand des Tafelbergs lang. Sie kamen schließlich zum Tor, das das Wohngebiet abgrenzte, passierten und ließen zehn Minuten später Murphy vor einem schönen, eher kleinem, neuen Haus raus.

    Er winkte ihnen grinsend hinterher, ehe er einen Schlüssel aus seiner Tasche zog.

    Pakhet schloss wieder die Augen, begann wieder zu dösen, doch Heidensteins Stimme riss sie wach.

    „Wo soll ich dich hinbringen?“, fragte er.

    Sie sah sich um. Sie waren schon wieder auf der M1, unterwegs Richtung Nordosten. „Du bist mit meinem Wagen unterwegs.“

    Er hielt inne, warf dem Lenkrad einen irritierten Blick zu, als würde es ihm gerade wieder einfallen. „Natürlich. Tut mir leid.“

    „Ich dachte, ich komme mit zum Krankenhaus, schlafe da, wenn du nichts dagegen hast.“ Sie bemühte sich um einen sanften Tonfall.

    Er lächelte matt, traurig. „Sicher. Sicher.“

    Pakhet musterte ihn. Ihr Magen zog sich zusammen. Sie fühlte sich ihm gegenüber schlecht. Warum? Deswegen sollte sie sich nicht schlecht fühlen. Sie hatte nur ihren Job gemacht. Er hatte unbedingt mitkommen wollen. Es war nicht ihre Schuld, dass er sich verletzt fühlte.

    Sie fuhren in die Flats. Die Straße war weniger befestigt, wich für Teile komplett einer Staubstraße. Zu beiden Seiten des Wagens zogen die Hütten vorbei, die hier hunderte Leute ihr Haus nannten. Viele waren kaum mehr als Verschläge aus Spannholz und Wellblech. Manche waren aus groben Ziegeln gebaut. Andere komplett aus Blech.

    Sie seufzte, lehnte die Stirn wieder gegen das Fenster. Sie hatte das Gefühl, dass sie etwas sagen sollte. Doch was?

    Blass konnte sie sein Spiegelbild in der Reflexion des Fensters sehen. Keiner von ihnen sagte was. Sie wusste wirklich nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollte. Wie war sie überhaupt in die Situation gekommen?

    Sie waren noch vielleicht fünf Minuten vom Krankenhaus entfernt, als er sich räusperte. „Pakhet …“, begann er.

    Pakhet wandte den Blick von der Straße draußen ab, sah zu ihm, wartete.

    „Ich …“ Heidenstein hatte deutliche Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden. Wieder schürzte er die Lippen. „Ich verstehe es nicht“, murmelte er schließlich. „Wie kannst du einfach …“

    Sie zuckte mit den Schultern. Auch wenn er es noch immer nicht aussprach, wusste sie, wovon er sprach. Es war nicht schwer zu erraten. „Doc.“ Wieder bemühte sie sich um einen sanften Ton. „Ich mache diesen Job seit sieben Jahren. Ich bin eine Frau. Bei diversen Jobs kommt es darauf an, an die richtige Person zu kommen. Viele dieser Personen sind Männer. Sex ist eine Methode.“ Sie machte eine Pause, sah wieder aus dem Fenster. „Selbst für jemanden wie mich.“

    Er runzelte die Stirn. „Für jemanden wie dich?“

    Warum hatte sie mit dieser Reaktion nicht gerechnet? „Ein Mannsweib“, erklärte sie. „Keine Titten, kein Hintern, einen Arm zu wenig.“

    Wieder schwieg er kurz. Dann schüttelte er den Kopf. „Ich verstehe trotzdem nicht. Ich meine, wieso …?“ Wieder brach er ab.

    „Es ist für mich Teil des Jobs, Doc“, antwortete sie. „Und … Für mich ist es generell nicht schlimm. Ich messe dem ganzen einfach nicht so viel Bedeutung bei.“ Sie hatte es ihm dasselbe bereits in ihrem Urlaub gesagt und fühlte sich dennoch, als würde sie Salz in eine Wunde reiben. „Anders kann ich es dir nicht erklären.“ Sie seufzte, lächelte dann aber. „Ich will dennoch eine verdammte Dusche.“

    Ein halbherziges Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Die kannst du gerne haben.“

    Sie schwieg kurz. „Es tut mir leid, Doc“, sagte sie dann. Auch wenn sie nicht wusste, wofür sie sich entschuldigte, so war die Entschuldigung aufrichtig.

    Er nickte müde. „Schon gut“, seufzte er leise.

    Pakhet musterte ihn, zwang sich zu einem Lächeln, wechselte dann das Thema. „Kommst du morgen mit?“

    Ein fragender Blick.

    „Zu diesem ‚Casino‘“, ergänzte sie.

    Er nickte, nun wieder matt lächelnd. „Natürlich.“ Auch er seufzte. „Ich werde dich sicher nicht allein gehen lassen.“ Er murmelte diese Worte.

    Sie war sich nicht sicher, ob er mit ihr oder mit sich selbst sprach.