Ein weiteres Jahr geht zuende und mit diesem eine ganze Dekade. (Nun, technisch gesehen geht von der historischen Zeitzählung her die Dekade erst am 31.12.2020 zuende – aber die meisten sind sich recht einig, dass es in den 9er-Jahren sein sollte und als Nicht-Historiker fühlt es sich auch richtiger an, oder?) Deswegen möchte ich mit euch über die letzten zehn Jahre in Sachen der Filmindustrie sprechen! Was ist passiert? Welche Filme kamen heraus? Wie hat sich die Industrie entwickelt?
2010 war in Sachen Filme und Serien noch eine etwas andere Zeit. Denkt nur daran: YouTube stand zu dem Zeitpunkt mehr oder minder noch in den Kinderschuhen und während es Netflix schon gab, war es bei weitem noch nicht so verbreitet. Immerhin gab es 2010 noch Videotheken und das nicht zu wenig.
Viel gibt es über dieses Jahr in Sachen Filmen nicht zu sagen, außer, dass nach dem Erfolg von Avatar, der 3D-Hype jetzt losging. Ach ja, und in Aotearoa (aka Neuseeland) wurde in diesem Jahr das sogenannte „Hobbit-Gesetz“ erlassen, dass effektiv besagt hat, dass jeder, der in Autearoa in der Filmindustrie angestellt ist, automatisch als ein selbstständiger Dienstleister behandelt wird und damit sich nicht einer Gewerkschaft anschließen kann. Spaßig.
Top 3 Filme im Box Office: Toy Story 3, Alice im Wunderland, Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 1
Oscar ging an: The King‘s Speech
Top 3 Schauspieler*innen mit Box Office Draw: Robert Downey Jr., Taylor Lautner, Shia LaBeouf
Das Jahr 2011 zeichnete sich unter anderem dadurch aus, dass das erste Mal die weltweit größte Filmindustrie nicht in den USA, sondern in Indien zu finden war. Selbst wenn der weltweite Markt davon nur indirekt etwas mitbekam. Es brachte jedoch diverse Studios dazu, eine Expansion nach Indien zu probieren.
Auch war das Jahr 2011 das Jahr, indem Netflix offiziell den Streaming-Service von dem Videoverleih trennte, um ihn besser ausbauen zu können.
Top 3 Filme im Box Office: Harry Potter und die Heiligtümer des Todes Teil 2, Transformers: Dark Side of the Moon, Fluch der Karibik: Auf fremden Gezeiten
Oscar ging an: The Artist
Top 3 Schauspieler*innen mit Box Office Draw: Bradley Cooper, Taylor Lautner, Johnny Depp
Das Jahr 2012 kann leicht als das Jahr beschrieben werden, in dem Disney seine Weltherrschaft (über den Medienmarkt) begann. Denn in 2012 geschahen in dieser Hinsicht zwei wichtige Dinge: Unter Disney als Verleih kam Avengers heraus und wurde prompt zum größten Film des Jahres. Außerdem kaufte in diesem Jahr Disney die Rechte an einem gewissen anderen Franchise über Sternenkriege – allgemeinhin als „Star Wars bekannt“ – für 4,7 Milliarde Dollar.
Davon abgesehen ist vielleicht das größte Ereignis, dass uns deutsche Kinozuschauer jedoch kaum betraf, dass Weinsteins Firma weniger Filme aus Europa in die US importierte, weswegen auch diverse europäische Filme weniger internationalen Umsatz machten.
Top 3 Filme im Box Office: Avengers, Skyfall, The Dark Knight Rises
Oscar ging an: Argo
Top 3 Schauspieler*innen mit Box Office Draw: Taylor Lautner, Kristen Stewart, Robert Downey Jr.
2013 war das Jahr, in dem irgendwie kaum etwas interessantes in der Industrie passiert ist. Also eigentlich alles beim Alten. Zwar begann eine wichtige Sache in diesem Jahr (Interesse am chinesischen Markt), doch ansonsten gab es hier wenige Umstellungen, die sich in der Industrie bemerkbar gemacht hätten. Insofern machen wir es hier simpel …
Top 3 Filme im Box Office: Frozen, Iron Man 3, Despicable Me 2
Oscar ging an: 12 Years a Slave
Top 3 Schauspieler*innen mit Box Office Draw: Jennifer Lawrence, Jeremy Renner, Chris Hemsworth
Für Muppet‘s Fans war 2014 das Jahr in dem Muppet-Erfinder John Henson starb. Für die meisten anderen eher das Jahr, in dem Robin Williams verstarb.
Davon abgesehen wurde 2014 von zwei anderen Ereignissen beherrscht: Kodak ist beinahe pleite gegangen (aka eine Firma, die Filme und Aufnahmetechnologie) und wurde nur gerade so gerettet. Zum zweiten wurde Sony Pictures gehackt und die Ergebnisse des Hackings verbreitet, was zu diversen Folgen führte – nicht zuletzt zum Beenden der „Amazing Spider-Man“ Serie, aber auch zum Aus für diverse Projekte des Studios.
Zudem begann Disney nach dem Erfolg von „Alice im Wunderland“ mit ihrer Filmreihe, die viele Fans bald verfluchen sollten: Die Remakes der alten Animationsfilme.
Auch wurden im Verlauf des Jahres einige Studien veröffentlicht, die zu Kritik führte, die im nächsten Jahr einige Folgen mit sich brachte.
Ach ja, und der größte Videoverleih – Blockbuster – ging in diesem Jahr pleite.
Top 3 Filme im Box Office: Transformers: Age of Extinction, Der Hobbit: Schlacht der fünf Heere, Guardians of the Galaxy
Oscar ging an: Birdman
Top 3 Schauspieler*innen mit Box Office Draw: Jennifer Lawrence, Channing Tatum, Dwayne Johnson
2015 begann direkt mit einer recht großen Kontroverse: #OscarsSoWhite. Worum es ging, lässt sich bereits am Namen ablesen: Obwohl in den USA schwarze Kinogänger*innen einen großen Anteil am Kinopublikum ausmachten, waren (und sind bis heute) die Oscars speziell in den großen Kategorien von weißen Schauspieler*innen, weißen Regisseuren (denn weibliche Regisseure bekommen unabhängig von der Hautfarbe wenig Aufmerksamkeit) und weißen Produzent*innen beherrscht. Die beste Chance einen Oscar als schwarze*r Schauspieler*in zu gewinnen, war, indem man einen befreiten Sklaven spielt. Grund dafür nicht zuletzt, dass die Academy, aka die Leute, die über die Oscars abstimmen, ebenfalls vornehmlich weiße Männer waren. An den Oscars hat es nichts geändert – aber es hat das Thema mehr diskutiert gemacht.
Und während wir schon bei einem Oscar-Debakel waren, so begann man in diesem Jahr auch ein anderes Thema zu diskutieren: Cis-Washing und White-Washing in Filmen, speziell den Filmen, die es zu den Oscars schafften. Aka: Das Besetzen von trans Rollen durch cis Schauspieler*innen und die Besetzung von BIPoC-Rollen durch weiße Schauspieler*innen. Aber auch an dem Thema würde sich erst einmal nichts ändern.
Eine weitere Sache in diesem Jahr: Netflix brachte das erste Mal einen Film ins Kino, anstatt nur über den Streaming-Service zu veröffentlichen.
Top 3 Filme im Box Office: Star Wars: Das Erwachen der Macht, Jurassic World, Furious 7
Oscar ging an: Spotlight
Top 3 Schauspieler*innen mit Box Office Draw: Jennifer Lawrence, Dwayne Johnson, Samuel L. Jackson
2016, auch bekannt als das Jahr, in dem diverse Leute aus der Unterhaltungsindustrie, die speziell für die Millenial-Generation in irgendeiner Art wichtig gewesen waren, starben. Es sollte damit angenehmer sein, als das kommende Jahr.
Außerdem war es das Jahr, in dem es offiziell mehr Kinoleinwände in China gab, als in den USA und man begann, sich mehr und mehr dem chinesischen Markt konzentrierte.
Ansonsten war es auch das Jahr, in dem Dreamworks Animation pleite ging und daraufhin von Universal Studios aufgekauft wurde. Universal schloss noch vor Ende des Jahres die indische Niederlassung des Animationsstudios.
Top 3 Filme im Box Office: Captain America: Civil War, Rogue One, Finding Dory
Oscar ging an: Moonlight
Top 3 Schauspieler*innen mit Box Office Draw: Jennifer Lawrence, Samuel L. Jackson, Scarlett Johansson
Oh boy, 2017 ist ein volles Jahr, was die Filmindustrie angeht. Fangen wir mit der größten Sache des Jahres an. #MeToo. Es war nicht so, als wären es die ersten Frauen gewesen, die über sexuelle Belästigung durch Harvey Weinstein sprachen, doch als Jodi Kantor und Megan Twohey im Oktober ihr Exposé darüber veröffentlichten, wie weitreichend es war, entwickelte sich daraus eine Bewegung. Denn es stellte sich schnell heraus, dass diverse Frauen und Männer in der Filmindustrie Belästigung und schlimmeres durch diverse einflussreiche Produzent*innen und Regisseure erlebt hatten. Auch Geschichten, die zwar schon einmal in den Medien waren, jedoch ohne große Folgen schnell unter den Teppich gekehrt worden waren, wurden auf einmal wiederentdeckt, während von hier an die Liste der bekannten Leute länger und länger wurde …
Wo wir schon beim Thema Sexismus in Hollywood sind: Dieser war einer der Gründe, warum bereits 2017 im Sommer beschlossen wurde, dass JJ Abrams den letzten neuen Star Wars Film drehen würde, anstatt von Trevorror, der in dem Jahr nicht nur einen der schlechtesten Filme landete, sondern sich mit einer sexistischen Triade auf Twitter äußerst unbeliebt machte.
Davon abgesehen: MoviePass wurde in den USA ins Leben gerufen und explodierte gleich, um zu implodieren, als den Leuten dahinter die Finanzmittel ausgingen. Das Dark Universe von Universal starb noch bevor es wirklich leben konnte. Und Amazon begann mehr und mehr in eigene Filmproduktionen zu stecken.
Top 3 Filme im Box Office: Star Wars: Die letzten Jedi, Die Schöne und das Biest, Fast & the Furious 8
Oscar ging an: The Shape of Water
Top 3 Schauspieler*innen mit Box Office Draw: Samuel L. Jackson, Dwayne Johnson, Vin Diesel
Das Filmjahr 2018 lässt sich vor allem durch drei Dinge definieren: Der Fallout von #MeToo, der unglaublichen Erkenntnis, dass nicht-weiße Filme ebenfalls erfolgreich sein können, und Diskussionen um den Disney-Fox-Merger.
Der Fallout von #MeToo lässt sich vor allem darüber zusammenfassen, dass wir zum einen sahen, wie diverse Leute ihre Jobs verloren. Nennenswert seien hier vielleicht John Lassetter (der ehemalige Chef von Disney Pixar) genannt, der diverse Mitarbeiterinnen der Firma belästigt hatte, sowie Bryan Singer, der diverse Teenager belästigt und wohl auch mit einigen Sex gehabt hatte, die Minderjährig waren. Die Bryan Singer Geschichte führte damit unter anderem dazu, dass beim Film „Bohemian Rapsody“ mitten während der Dreharbeiten der Regisseur gewechselt wurde.
Dann war da die Sache, die ernsthaft Leute überraschte: Black Panther war nicht nur ein erfolgreicher Film, sondern einer der erfolgreichsten Filme des Jahres – soweit, dass Kinos in Gegenden mit hohem Anteil schwarzer Einwohner über Wochen nichts anderes mehr spielten. Auch so kamen einige erfolgreiche schwarze Filme heraus. Und noch dazu am Ende des Jahres mit Crazy Rich Asians ein erfolgreicher Film, der von amerikanisch-chinesischen Schauspieler*innen und Produzent*innen definiert wurde – etwas, das gerade aufgrund des wachsenden chinesischen Marktes sehr erfolgreich war.
Na ja, und dann war da die Sache mit Fox, das sich entschloss einen Großteil seiner Studios und Anteile abseits von Fox News zu verkaufen – und dem Haus der Maus, das daraufhin leuchtende Augen bekam …
Top 3 Filme im Box Office: Avengers: Infinity War, Black Panther, Jurassic World: Fallen Kingdom
Oscar ging an: Green Book
Top 3 Schauspieler*innen mit Box Office Draw: Dwayne Johnson, Chris Pratt, Chadwick Boseman
Kommen wir zum aktuellen Jahr und direkt der Kontroverse, mit dem dieses Jahr anfing: Wie schon gesagt, war 2018 ein Jahr, in dem viele ausgezeichnete, kritisch und finanziell erfolgreiche schwarze Filmproduktionen herauskamen. Ja, Black Panther war sogar für die Academy Awards nominiert – als erster Superheldenfilm. Nur damit ein rassistischer White Savior Film in der Form von Green Book den „Best Picture“ Award mit nachhause nahm.
Davon abgesehen war die größte filmische News-Story des Jahres, dass Disney Fox kaufte, nachdem ein Gericht beschloss, dass dies irgendwie nicht zu einer Monopolstellung führen würde, und damit Disney dieses Jahr knapp 40% der US-amerikanischen Kino-Gewinne mit nach Hause nahm. Damit hat sich zumindest die Frage nach der Quelle des Geldes in Dagoberts Geldspeicher beantwortet.
Top 3 Filme im Box Office: Avengers: Endgame, Der König der Löwen, Spider-Man: Far From Home
Oscar ging an: ???
Top 3 Schauspieler*innen mit Box Office Draw: Dwayne Johnson, Samuel L. Jackson, Karen Gillan
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Allgemein ist das Jahrzehnt von ein paar Sachen dominiert worden: Von Disney, die mehr und mehr des Box Office und der Marktmacht an sich gerissen haben. Aber auch der chinesische Markt, der finanziell sich immer mehr für die westlichen Studios lohnt, Daher sahen wir in vor allem den letzten 5 Jahren mehr Filme mit chinesischen Schauspieler*innen in wichtigen Rollen.
Genau so haben wir über das Jahrzehnt zuerst vermehrt weibliche Hauptrollen gesehen, wobei speziell der kritische und für einen R-Rated Film durchauch auch finanzielle Erfolg von Mad Max Fury Road und dann Wonder Woman einen Einfluss darauf hatten, dann auch mehr nicht-weiße Hauptrollen. Beides jedoch Änderungen, die bei vielen der Jurys großer Filmkreise - und auch nicht bei den Filmfestivals angekommen sind.
Auch wurde das Jahrzehnt stark von Social Media geprägt und die damit verbundene Möglichkeit von Fans, aber auch eben genau den Nicht-Fans Einfluss sowohl auf die Interpretation, aber auch den Verlauf des Franchises zu nehmen. Wir sehen dergleichen sowohl auf der progressiven Seite in Dingen, wie #OscarsSoWhite und #MeToo, als auch auf der Seite der recht-konservativen, wie wir es bspw. an der gesamten Star Wars Geschichte sehen.
Gleichzeitig hat es sich in den letzten zehn Jahren mehr und mehr herauskristallisiert, dass die Idee Hollywoods, dass es bestimmte "Namen" gibt, die einen Film automatisch zum Erfolg zu machen. Stattdessen sind es mehr die Namen von Franchises und die Verbindung zu diesen, die Box Office Erfolge ausgemacht hat - aber auch positive Mund zu Mund Werbung auf Social Media im speziellen. Negative Mund zu Mund Warnungen haben sich allerdings eher selten ausgewirkt.
Wir werden sehen, was die nächsten Jahre so bringen werden.
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Welche Filme habt ihr in den letzten zehn Jahren besonders gemocht, welche haben euch besonders beeinflusst, überrascht? Aber auch: Welche haben euch enttäuscht? Welche mochtet ihr nicht?
Welche Schauspieler*innen und/oder Regisseur*innen haben für euch das Jahrzehnt in Filmen beeinflusst?
Gibt es andere Personen, die hängen geblieben sind?
Was würdet ihr euch in der Zukunft von der Industrie wünschen? Gibt es Filme, auf die ihr euch konkret freut?