So. Nachdem ich am Montag ausführlichst über Strahlender Diamant und Leuchtende Perle geredet habe, wird es nun Zeit, dass wir über Pokémon Legenden: Arceus sprechen.
Das Spiel, wo ich ja immer (teilweise sehr pampig) zu hören bekommen hab, dass sei das Spiel
[...]für alle, die eswas neues brauchen und wollen [...]
Aber ist Legenden so gut und eine "Entschädigung" für die extrem simplen (freundlich ausgedrückt) Remakes von Diamant und Perl?
Naja...
Ich fange mal kurz mit einem Zitat von Gireum an:
"Ist PLA ein besseres Spiel als SDLP? Ja.
Wurde in PLA eine Menge Kreativität und Gedanken hineingesteckt? Jup.
Ist PLA ein frischer Wind für die Pokémon-Reihe, die dringend nötig war? Jep.
Hat Game Freak etwas neues ausprobiert und viel Mühe hineingesteckt? Positiv.
Also, ist PLA ein gutes Spiel? Nein."
Oder um es mit dem Videotitel von Acouistic Harmonia zu sagen:
"Ein gutes Spiel schlecht umgesetzt."
(und damit verlinke ich an der Stelle auch die beiden Videos, die ich gerade zitiert habe. Wie auch bei SDLP gilt, dass ein großteil meiner Kritik in diesen Videos vorhanden ist, die ihr gerne anschauen könnt, wenn ihr lesen nicht so mögt [no Front])
Der frische Wind durch Fangmechanik und Kampfsystem
Ja, die neue Fangmechanik macht prinzipiell Spaß, dem muss ich klar zustimmen. Das habe ich vor allem daran gemerkt, als es darum ging, den Pokédex zu vervollständigen und ich das Pokémon, das ich einmal fangen muss (um den Eintrag zu haben), einfach von hinten mit einem Ball treffen muss, und es damit quasi schon gefangen habe. Gerade unter dem Aspekt, dass viele Pokémon wegrennen, sobald sie einen entdecken, und sich deswegen an diese schüchternen Pokémon (sowie die, die von hinten mit erhöhter Wahrscheinlichkeit gefangen werden wollen) herangeschlichen werden muss.
Hinzu kommt das Ausweichen, da die Pokémon einen angreifen. Wobei das mir persönlich am meisten Spaß in den Bosskämpfen macht, da ich das eher selten außerhalb dieser gemacht habe (da ich die Pokémon entweder versucht habe von hinten oder per klassischem Kampf zu fangen)
Allerdings habe ich zwei Probleme, die mit dieser Fangmechanik einhergehen:
Zunächst ist diese Fangmechanik die neueste Interpretation des, wie ich es nenne, "GO-Fangprinzip". Damit meine ich, dass Pokémon in Massen gefangen werden. Mein Problem ist damit, dass ich so meine "Bindung" zu den Pokémon verliere. Denn da ich bspw massenhaft Sheinux fange, nehme ich dann nicht das, nach dem ich auf der Route 2 gesucht und vorsichtig gefangen habe (damit ich es nicht besiege), sondern einfach eines von den vielen dutzend, die ich gefangen habe. Und davon dann das beste, während die anderen freigelassen werden (und ja, das ist auch das, was CPler oder Shinyzüchter machen, aber das ist nicht der Punkt hier).
Dasselbe Prinzip gibt es ja eben auch in GO und LGPE, und auch in PLA ist es so, dass es essentiell ist, viele Pokémon zu fangen. Entweder für Erfahrungspunkte oder weil diese Items droppen (oder sich nach dem freilassen in Items "verwandeln"), die dann dazu gebraucht werden, die Pokémon stärker zu machen. Und wenn dabei zufälligerweise mir ein Pokémon in der Box landet, welches stärker ist als das, was ich bisher hatte, dann wird es einfach ersetzt.
Dieses "GO-Prinzip" mach ich überhaupt nicht, und da dies aber zu einem gewissen Punkt in der Fangmechanik mit integriert ist, ist das eines der Probleme, welches ich mit der Fangmechanik habe.
Das andere hat zwar mehr mit dem Pokédex zu tun, aber eben auch indirekt mit der Fangmechanik. Denn schließlich haben nahezu alle Pokédexeinträge als Anforderung zur Perfektion die Aufgabe, teilweise mehrere Dutzend Pokémon eines Exemplares zu fangen. Dieses geht natürlich am schnellsten mit der neuen Fangmechanik als der "alten", womit wir wieder beim GO-Prinzip sind, was ich ja nicht so mag.
Diese riesigen Aufgabenlisten (zu denen eben auch das Fangen gehört) werden aufgrund der Eintönigkeit schnell sehr anstrengend und auslaugend, sodass auch die spaßige Fangmechanik trotzdem ihren Spaß verliert. Leider.
Kommen wir noch kurz zum Kampfsystem. Als das Spiel angekündigt wurde, dachte ich um ehrlich zu sein, dass wir immer noch ein klassisches Rundensystem haben, indem erstmal alle Kampfteilnehmenden ihre Aktionen eingeben und dann, wie immer, die Initiative darüber entscheidet, wer zuerst zuschlägt, und dies durch die Wahl der Technik mehr beeinflusst wird (Krafttechnik reduziert Initiative für einen Zug um 25%, Tempotechnik erhöht Initiative um 25% bspw)
Doch leider ist dem nicht so. Stattdessen ist es so, dass, wenn ein Kampf beginnt, das gegnerische Pokémon tlws dich zuerst angreift, noch ehe du wirklich vorbereitet bist oder irgendwas dagegen unternehmen könntest. Es wird dann tatsächlich sogar unfair, wenn ein gegnerischer NPC zuerst die Tempotechnik aktiviert, um dein Pokémon dann endgültig mit einer Krafttechnik zu besiegen, wogegen du absolut nichts unternehmen konntest. Und unter Anbetracht dessen, dass sich die tolle Leiste, welche die Zugreihenfolge anzeigt, sich nicht immer verlässlich aktualisiert, steigert dieses Frustrationsgefühl noch zusätzlich.
Ich finde, da wäre es besser gewesen, wenn es komplett beim klassischen Rundensystem geblieben wäre, ohne das Experiment mit der Tempo- und Krafttechnik (da wir das sowieso nie wieder sehen werden, darauf verwette ich mein schillerndes Waumpel auf US)
Ach ja, was ich aber auch lobend erwähnen will, ist die Tatsache, dass die Pokémon sich jetzt endlich im Kampf einander annähern, wenn sie physische Attacken mit Körperkontakt ausführen. Dies war seit ST/SD so dermaßen überfällig und ich bin froh, dass es so etwas endlich gibt.
Ich hoffe, sie nehmen das auch in den nächsten Spielen auf...
Die Landschaft und die Hisui-Region
Ähnlich wie das Fangsystem sind die Maps prinzipiell erstmal gut. Gerade die Sinnoh-Region (und damit Hokkaido) bietet aufgrund ihrer Topographie und klimatischen Verhältnisse die Möglichkeit, einige Maps mit sehr verschiedenen Biomen zu machen. Es gibt sogar einige sehr gut designte Stellen in diesen Maps, wie bspw die "Bergspitze" des Berges, in dem der Erztunnel verläuft, wo du ein Elite-Heiteira finden kannst. Dies ist tatsächlich eine Stelle, welche ich erst nach der Hauptstory entdeckt habe, nachdem ich das Gebiet mit Washakwil durchreist habe.
Allerdings kommen wir damit dann auch zu einer der Schwächen der Maps:
Eine davon ist, dass es, abgesehen um Pokémon zu fangen, die es nur an bestimmten Orten gibt, keinen Grund (beim ersten Erkunden) sich an abgelegene Orte zu begeben. Es gibt keine besonderen Items dort, kein besonderer Ort (wie die Ruinen eines Dorfes, bspw in der Frosdedje-Quest) oder um irgendwas außer ein Pokémon, was nur da spawnt, zu entdecken.
Natürlich gibt es auf einigen Maps wie den Roten Sumpflanden Ruinen, wie auf der westlichen Seite des Flusses. Doch diese Ruinen bieten nichts. Etwas ähnliches haben wir auch bei den Nebelruinen, die zwar einen kleinen Teil in der Hauptstory erfüllen, aber abseits davon erfahren wir nichts darüber.
Dazu kommt auch, dass die Maps imo zu klein sind.
Und ich rede jetzt hierbei nicht einmal davon, dass es keine riesige Open-World ist bzw keine Open-World überhaupt, weil es ja eben eher Open-Areas sind und da prinzipiell erst einmal kein Problem darstellt.
Nur dadurch dass die Maps so uninteressant sind und bis auf bestimmte Pokémon-Spawns nichts bietet, kommt die Größe zusätzlich negativ zum Ausdruck.
Nur als kleiner Vergleich: In einem MMORPG, in welches ich mal sehr viel Zeit investiert habe, gibt es auch viereckige Maps, auf welchen du dich entweder zu Fuß, auf dem Reittier am Boden oder in der Luft bereisen. Diese Maps sind dabei um einiges Größer und bieten viel mehr zum Entdecken und laden u.a. dadurch auch zum erkunden ein. Und dann findest du interessante Locations. Anders als in PLA.
Hinzu kommt für mich ein ziemlicher "Logikfehler" beim Kraterberg, den ich so nur aus Videospielen der 2000er kenne:
Die Darstellung von fernen Objekten (bspw Berge) und wie diese sich dann unterscheiden, wenn du diesen Ort erreichst.
Ich rede hierbei vom Kraterberg.
Aus der Ferne (aka allen Gebieten außer dem Kraterberg selbst) wird er mit extrem steilen Berghängen dargestellt und hat damit ironischerweise mehr Ähnlichkeiten zum Fuji bei Tokyo (auf dem der Silberberg basiert) als dem eigentlichen Berg, der in der realen Welt sich an diesem Ort befindet (der Asahi-dake).
Doch sobald wir dann am Kraterberg sind, ist er plötzlich nicht mehr so steil, sondern hat deutlich mehr Ähnlichkeiten zum Asahi-dake als zum Fuji, wie er uns aus der Ferne dargestellt wird.
Und ich frage mich halt, wieso so eine Diskrepanz zwischen "Darstellung aus der Ferne" und "Aussehen, sobald du da bist" in einem Videospiel im Jahr 2022 noch existieren kann.
Die einzige Erklärung, die ich habe, ist die, dass Game Freak den Kraterberg so hoch haben wollte, dass er von allen Gebieten aus "logisch" sichtbar ist (und das ist ein Entwicklerstudio aus Tokyo durch den Fuji ja gewohnt), haben dann aber, als sie ihn als Gebiet designt haben, festgestellt, dass das doch nicht so geht, haben aber das PNG in allen Maps nicht mehr ausgetauscht.
Aber es gibt noch andere Probleme, was das Mapdesign angeht, welche ich habe. Das sind alles "Logikfehler" und können von mir aus deswegen auch als Nitpicks betrachtet werden, mir ist es jedoch beim Spielen negativ aufgefallen.
Bei diesen Logikfehlern geht es vor allem um die Positionierung von Orten bzw deren Aussehen im Vergleich zu den knapp 150 Jahre späteren Sinnoh, welches wir ja in D/P/Pl bereisen.
Kleines Beispiel: Durch die Hauptstory erfahren wir von Volo, dass der See der Wahrheit angeblich durch einen Meteoriteneinschlag entstanden ist. Deswegen befinden sich auch die aufgetürmten "Berge" um diesen herum, wie bei einem Kratersee üblich.
Jedoch frage ich mich dann: Wo sind diese Berge knapp 150 Jahre später? Die wird ja wohl kaum jemand abgetragen haben, um einen besseren Blick auf den See zu haben oder?
Dazu kommt, dass sich die sog. "Sandgemmenheide" (also der Ort, wo später Sandgemme gebaut wird) sich unterhalb des Sees der Wahrheit befindet. Obwohl er sich sowohl in den Spielen als auch den offiziellen Artworks von Sinnoh westlich von Sandgemme befindet und nicht darüber.
Oder andere Beispiele: Wieso ist der Blizzachtempel auf derselben Höhe wie der See der Stärke und nicht auf derselben Höhe hinter dem Dorf des Perlclans (aus welchem mit ziemlicher Sicherheit später Blizzach geworden ist)? Warum besteht die Trosturuine nur aus einem einzigen Raum? Oder wo ist der Mampfaxofelsen bei den Sandfingern? Dem Ort, wo später mal Sonnewik gebaut wird?
Das einzige, was ich loben kann, ist die Feuerspei-Insel. Die befindet sich in etwa dort, wo sich 150 Jahre später die Pokémon-Liga befindet. Diesen Ort fand ich tbh in den Spielen D/P/Pl immer etwas merkwürdig, weil das einfach so ein riesiger, spitzer Berg ist, der irgendwie aus dem Meer ragt und einen Wasserfall an dessen Spitze hat.
Aber scheinbar war diese Insel mal eine Vulkaninsel. Anscheinend gab es irgendwann ungefähr in der Hälfte der Zeit, die zwischen den Ereignissen von PLA und D/P/Pl liegen, einen massiven Vulkanausbruch und anschließendes Abkühlen der Massen, sodass ein riesiger, spitzer Berg entstanden ist, der einfach so aus dem Meer ragt mit etwas Landfläche, welche im Osten entstanden ist. Ausgestattet mit einem riesigen Höhlensystem, welche in erkaltender Lava gerne entsteht.
Alte, neue und fehlende Animationen
Leider sind die Animationen in diesem Spiel eine sehr stark gemischte Tüte. Grundsätzlich bietet PLA einige Animationen, sowohl bei Mensch als auch bei Pokémon, die wir so noch nie hatten. Gerade die Pokémon haben einiges an neuen Lauf-Animationen bekommen, sodass es nicht mehr nötig ist, dass sie auf der "Stelle laufen", wenn sie sich umdrehen, wie es in ST/SD noch der Fall war. (bestes Beispiel dafür ist die altbekannte Zacian/Zamazenta-Szene auf dem Turm)
Auch die Menschen haben viele teilweise einzigartige Animationen bekommen. Kann sein, dass ich mich irre, aber ich meine, dass ich bei den Menschen keine einzige Animation gesehen/entdeckt habe, die bereits schon einmal verwendet wurde (wie bspw damals mit Thali und Hop).
Allerdings ist dafür eine alte "Animationstechnik" von Game Freak zurück. Die da lautet:
"Ist etwas zu kompliziert für uns zum animieren, machen wir eine Schwarzblende."
Und das geschieht in diesem Spiel extrem häufig. Und reißt mich immer wieder aus.
Des weiteren haben die Pokémon (soweit ich das beurteilen konnte) lediglich zwei Attacken-Animationen. Eine für Spezial- und Statusattacken sowie eine für physische Attacken. Auch wenn einige Pokémon drei oder mehr Attacken-Animationen haben, werden nur diese zwei verwendet.
Das beste Beispiel dafür ist Panferno. Panferno hat eigentlich zwei Animationen für physische Attacken: Eine, wo es von oben einen Kick durchführt, sowie eine, wo es zuerst mit der linken und dann mit der rechten Faust zuschlägt.
Ihr könnt euch vermutlich schon denken, dass in den Spielen der 6. und 7. Generation die letztere Animation für Attacken wie Feuerschlag, Donnerschlag etc pp verwendet wurde, da bei diesen Attacken Panferno ebenfalls mit seinen Fäusten angreift. Die "Kick"-Animation hingegen wurde bei anderen phyischen Attacken wie Nahkampf verwendet.
Doch in PLA existiert nur die "Kick"-Animation von Panferno. Das bedeutet, auch bei Attacken wie Donnerschlag führt Panferno diese Attacke aus, indem es "kickt".
Dieses Spiel dreht sich um alles...außer um Arceus
Aka es geht jetzt um die Story von PLA.
Und ja, einige von euch können jetzt mir sagen, dass die Story in Pokémon-Spielen keine Rolle spiele und immer "schlecht" sei...
Aber erstens ist mir das egal, da für mich die Story von Videospielen mit einer der wichtigsten Aspekte von Videospielen sind und zweitens verweise ich gerne auf Schwarz/Weiß, die eine sehr solide Story erzählt haben.
Die Story hat grundsätzlich dieselbe Problematik wie die meisten Open-World-Spiele: Sie ist für sich genommen viel zu kurz und wird durch Gameplay gestreckt. Im Falle von PLA wäre diese Streckung die Füllung des Dexes bzw der Mitgliederrang. Denn ist der Rang mal nicht hoch genug, kannst du nicht ins nächste Story-Gebiet und darfst dich erst einmal auf die Suche nach Pokémon machen, deren Einträge du noch nicht hast.
Aber gut, lassen wir das. Reden wir jetzt mal über den Inhalt:
Die Story ist durchschnittlich. So viel sei gesagt.
Getragen wird sie dabei in erster Linie von den ganzen Charakteren, die in ihr vorkommen. Wobei auch hier klar gesagt werden muss, dass diese unterschiedlich gut geschrieben sind, je nachdem, welche Rolle sie einnehmen (Susuki und Rana sind mMn die am besten geschriebenen, ngl)
Ein Grund, warum die meisten Charaktere leider nicht so gut geschrieben sind, liegt daran, dass die Charaktere ihren Charakter fast nur durch Dialoge, aber nicht durch Handlung bekommen.
Viele von euch kennen vermutlich den Begriff "Show, don't tell". Tja, leider gibt es eben mehr tell als show. Einer der Gründe liegt mit darin, dass aufgrund der mangelnden Animationen (wir sprachen darüber) eben ein solches show nicht möglich ist. Und Charaktere nur durch Dialoge kennen lernen funktioniert leider nicht immer.
Doch auch mit den weniger gut geschriebenen Charakteren, sind sie es, die die Story, die schnell repetitiv werden kann, angenehm machen.
Denn wenn nicht Pokémon gefangen werden müssen, um in das nächste Gebiet gehen zu dürfen, fällt auf, wie stark in der "Story" immer wieder dasselbe: Ankunft im Gebiet, Gespräch mit Wächter*in für "VM-Pokémon", Reise zur Arena der tobenden König*in, Besänftigung dieser, verlassen des Gebietes, Abendessen mit Laven und Lumia/Lumius, repeat.
Spätestens nach dem 3. Mal (aka dem Kobaltküstenland) wird offenkundig, dass im jedem Gebiet dasselbe geschieht/geschehen wird und auch wenn die Anfangssituation anders ist, dann wird sie so gemacht, dass alles den gewohnten Gang gehen kann. (Dass kein König auf der Feuerspei-Insel vorhanden ist, sich aber Fukano genau dann zu Arkani ohne Feuerstein entwickelt, wenn es gebraucht wird und dann von diesen merkwürdigen Blitz getroffen und wahnsinnig wird, ist der beste Beweis dafür).
Dennoch muss ich zugeben, dass der Abschnitt der Story, in dem wir aus Jubeldorf verbannt werden, ein ziemlich guter ist.
Als ich das zum ersten Mal erlebt hab, hat sich kurzzeitig ein wirklicher Abgrund in meiner Magengrube aufgetan, und ich hab mich so gefühlt, wie es über die Spielfigur dargestellt wurde.
Allerdings hält das nicht lange an. Spätestens dann, wenn du erfährst, dass sich für dich fast nichts ändert (außer dass du auf ein paar wenige Dinge aus Jubeldorf keinen Zugriff mehr hast, aber die essentiellen Dinge wie Pokémon-Farm, Itembox, Werkbank etc pp weiter für dich zugänglich bleiben), verliert diese Verbannung ziemlich an Wirkung.
Und wenn wir jetzt schon kurz über das Pre-Finale gesprochen haben, reden wir über "den härtesten Kampf aller Zeiten".
Aka der Kampf gegen Volo und dessen Verrat.
Ich muss sagen, dass sein Verrat für mich leider nicht funktioniert hat. Das liegt zugegebenermaßen daran, dass ich leider Arceus' im Voraus gespoilert wurde, aber ich denke, selbst wenn ich das nicht gewusst hätte, hätte dieser "Plottwist" bei mir nicht so gewirkt, wie einige es beschreiben. Während bei einigen die Reaktion scheinbar "OMG, nein! Volo mein bester Freund hat mich verraten!!!" war, wäre sie bei mir "Erm...Okay...? Aber wieso?"
Denn dafür, dass der Verrat bei mir überhaupt die Möglichkeit erhält, zu funktionieren, hätte Volo deutlich mehr in der Story vorkommen und dort eine tragendere Rolle haben müssen.
Er taucht bis zur Verbannung nur ein paar wenige Male auf, dann trägt er zwar eine kleine Rolle, dennoch hält er sich aus dem kompletten Finalkonflikt raus, bis davon abgesehen, dass er die Spielfigur mit Diam oder Perla zu den Seen begleitet. Doch mit Diam und Perla haben wir zu dem Zeitpunkt um einiges mehr Zeit verbracht. Hätte jemand von den beiden uns verraten...das hätte funktioniert.
So aber...ist Volos Rolle einfach zu klein, als dass sein Verrat bei mir funktioniert hätte.
Dazu kommt, dass sein Verrat auch nicht wirklich Sinn ergibt. Er scheint Arceus so sehr zu verehren, dass er gemeinsam mit der Spielfigur die fehlenden Platten sammelt (was wollte er eigentlich damit?), nur um dann es unterwerfen und die Welt neu erschaffen zu wollen?
Laut seiner Aussage hat er mit Giratina Kontakt aufgenommen. Aber wie? Hat Giratina ihn zuerst "kontaktiert" oder er es?
Scheinbar ist er auch für die Raum-Zeit-Verzerrung über dem Kraterberg verantwortlich. Aber wie hat er das gemacht?
Und somit ist er ja auch dafür Verantwortlich, dass die König*innen durchgedreht sind und von dieser Energie erfüllt wurden. Aber wieso? Was sollte damit überhaupt bezweckt werden?
Und was haben die König*innen überhaupt getan, dass wir sie besänftigen müssen (hier wieder das "show, don't tell" Problem)
Kurzum: Was Volo angeht, werden viel zu viele Fragen aufgestellt, als dass sie beantwortet werden.
Und nein, es ist prinzipiell nicht schlimm, wenn in einer Story manche Dinge ein Mysterium bleiben. Nur dabei sollte es sich nicht unbedingt um die Motivation und Taten des "Hauptschurken" handeln.
Einer dieser Dinge ist ja auch seine Herkunft. Er scheint der letzte Nachfahre des Volkes zu sein, welche einst Sinnoh besiedelten (und von denen die Ruinen stammen), aber wer genau waren diese Elysianer? Durch was sind sie untergegangen?
Btw muss ich an der Stelle auch anmerken, dass ich es echt bedenklich finde, wie hier Game Freak, ähnlich wie die Amerikaner, ihre Geschichte abändern. In PLA wird es so dargestellt, als sei es ein unbewohntes Land gewesen, als die Menschen aus den anderen Regionen dort angekommen sind und sich niederließen (denn ja, auch der Perl- und Diamantclan sind Leute aus anderen Regionen, die sich dort angesiedelt haben). Es wird zwar nicht bestritten, dass es eine Kultur gab, bevor die drei Fraktionen (Diamant-, Perl-Clan, Galaktik-Expedition) dort ankamen, aber die ist glücklicherweise ja schon lange untergegangen. Es wird so dargestellt, als sei Hisui (und damit indirekt auch Hokkaido) ein leeres Land gewesen, wo sich die Menschen aus Japan nur noch niederlassen mussten.
Dabei war das weder im Falle von Hokkaido, noch den USA so. Die damaligen Japaner haben Hokkaidos Ureinwohner ähnlich behandelt wie die Europäer die amerikanischen Ureinwohner.
Aber schlussendlich, wie es bereits im Titel dieses Abschnittes steht:
Dieses Spiel heißt Legenden: Arceus, handelt aber gar nicht von Arceus.
Mal ehrlich, wie oft tritt Arceus während des gesamten Spieles in Erscheinung?
Richtig, zweimal. Einmal vor Spielbeginn als es die Spielfigur in die Vergangenheit Isekait und dann am Ende, wo die Spielfigur es besänftigt und fängt.
Auch als Volo uns über Arceus erzählt, erfahren wir nichts neues. Er wiederholt nur Dinge, die seit über 1,5 Jahrzehnten bekannt sind.
Dafür, dass das Spiel den Pokémon-Gott im Titel hat, habe ich echt mehr von eben diesen Gott erwartet...
Keine schöne Grafiktexturen
Ich werde diesen Abschnitt kurz halten. Einmal weil bereits sehr viel sehr oft dazu/darüber gesagt wurde, aber auch deswegen, weil ich mir von Die-Hard-Fans nicht vorwerfen lassen will, ich würde nur über die Grafik meckern (und Grafik sei ja nicht wichtig)
Grundsätzlich gilt auch für mich: Ja, Grafik ist nicht alles. Aber sie ist eben auch nicht unerheblich.
Und Fakt ist nun einmal, dass PLA die wohl unschärfsten Texturen seit ST/SD hat. Von den ganzen Polishing-Problemen was Kantenglättung oder die Welleneffekte (ohne Witz, warum sehen alle Gewässer gleich aus? Diese Wellen sind viel zu regelmäßig für natürliche Gewässer) angeht, will ich gar nicht erst anfangen.
Mein größtes Problem ist aber mit Abstand die Farbauswahl. Ich habe lange nachgedacht, warum PLA für mich so unschön aussieht, und mitlerweile weiß ich es:
Die Farben sind einfach viel zu "schwach".
Was meine ich damit? Wenn ihr euch einmal Nintendo-Spiele anseht, fällt euch vielleicht auf, dass Nintendo-Spiele sehr kräftige oder auch "knallige" Farben besitzt. Pokémon ist da, seit die Serie in Farbe erscheint, keine Ausnahme.
Doch die Farbauswahl in PLA ist da eher mit der Farbauswahl beliebiger Shooter zu vergleichen: Grau auf Braun auf Grau.
In Kombination mit der geringen Auflösung der Strukturen sorgen diese ungesättigten Farben für keinen schönen Anblick und sind für mich der Grund, warum ich (neben all den technischen Probleme) für kein schönes Spiel halte.
Musik: Nichts neues und nichts altes
Zur Musik will ich noch kurz sagen: Sie ist okay.
Sie haut mich leider nicht vom Hocker. Sie versucht sich zu sehr an die altbekannten Stücke aus D/P/Pl zu halten und die Elemente, die neu sind, sagen mir persönlich nicht allzusehr zu.
Die Stücke, die beim Erkunden der Gebiete laufen, sind dafür meist ganz gut, doch die OSTs sind im gesamten zu lang und mit zu vielen "stummen" Elementen ausgestattet, sodass die Musik kaum zum tragen kommt.
Und das ist für eine Reihe, wo jedes begehbare Gebiet ein durchgängig laufendes Musikstück hat, nicht allzu gut.
Die neuen Pokémon-Formen
Reden wir last but not least über die neuen Regionalformen.
Ich finde die neuen Regionalformen ganz okay. Viele von denen gefallen mir echt gut (Arkani und Fukano sowie alle aus den Generationen 5 und 6), doch einige auch nicht so (Voltobal, Sniebel...)
Ich finde, all diese Pokémon hätten auch als Regionalformen in einen klassischen D/P-Remake enthalten sein können.
Ja, ich weiß, was ihr jetzt sagen wollt: Die meisten dieser Pokémon waren gar nicht im Regionaldex von D/P/Pl.
Ja, das stimmt. Allerdings hatten sowohl HG/SS als auch OR/AS veränderte und geupdatete Regionaldexe. Ich finde, dasselbe hätte auch in den klassischen D/P-Remakes geschehen können/sollen, und dort hätten dann auch diese Regionalformen enthalten sein können.
Dennoch muss ich sagen, dass es zwei Form-Gruppen noch gibt, die mir nicht so gefallen:
Das erste wären die Regionalformen der drei Starter. Mit diesen Formen habe ich zuerst einmal das Problem, dass die Regionalformen haben.
Wir dürfen an der Stelle nicht vergessen, worauf das Konzept der Regionalformen beruhen: Und zwar den (wer hätte es gedacht) regionalen Varianten von Tieren in unserer realen Welt.
Aber: Solche regionalen Varianten entstehen über sehr viele Generationen, die diese Tiere in den entsprechenden Umgebungen verbracht und sich so an diese angepasst haben. Die entstehen nicht einfach so aus dem nichts.
Und Bauz, Feurigel und Ottaro stammen nicht aus Hisui. Sie sind frisch aus anderen Regionen nach Hisui gekommen und leben dort nicht seit vielen Generationen und/oder sind Nachfahren von Pokémon, die schon lange dort leben.
Oder simpel gesagt: Ein kleiner, frisch geborener sibirischer Tiger wird nicht zu einem Malaiischem Tiger, nur weil er auf Malaysia groß wird.
Das andere Problem ist das Aussehen. Ja, mir gefallen diese leider nicht wirklich, was für mich primär daran liegt, dass mir das ursprüngliche Design der Starter um einiges besser gefallen hat.
Gerade bei Silvarro bin ich sogar der Meinung, dass der neue Typ überhaupt nicht funktioniert. Ich finde, Pflanze/Geist passt so viel mehr zu diesem Pokémon und darauf hatte ich mich ursprünglich auch gefreut, als Bauz als Starter angekündigt wurde.
Die Zweittypen von Tornupto und Admurai gehen in Ordnung (gerade unter dem Aspekt, dass diese beiden dringend Zweittypen gebraucht haben), nur das Aussehen...sagt mir nicht zu.
Und dann wären da noch diese beiden anderen Formen...die "Urformen" von Dialga und Palkia.
Und ich muss sagen: Meine Güte, ich glaube ich habe noch nie so hässliche Pokémon gesehen. Und das sage ich als jemand, der ein großer Fan des Dimensions-Götter-Trios ist.
Das fängt schon bei den Namen der neuen Formen an: Urform
Wieso genau Urform? Klar, das liegt vermutlich an den Namen von Giratinas zweiter Form, welche mit Platin eingeführt wurde. Diese heißt ja auch fälschlicherweise "Urform", obwohl ich sie eher "Gegenform" oder "Zerrform" nennen würde wollen, da Giratina diese Form natürlicherweise nur in der Schwerelosigkeit der Gegen-/Zerrwelt innehat.
Und dann wäre da das Aussehen dieser "Urformen": Wieso sind diese Formen eine verunglückte Fusion aus Dialga bzw Palkia mit Arceus? Was soll das bezwecken?
Soll damit dargestellt werden, dass Dialga und Palkia von Arceus erschaffen worden ist und laut der Bibel ja Gott seine ersten Schöpfungen (aka der Mensch) nach seinem Abbild formte?
Falls dies der Fall und/oder ernsthaft die Erklärung sein soll, dann frage ich mich umso mehr: Wieso hat dann Giratina in seiner "Urform" so überhaupt keinerlei Ähnlichkeiten zu Arceus?
Ach ja, und eine weitere ungeklärte Story-Frage: Wieso nehmen Dialga und Palkia diese Formen im Finale der Story überhaupt an?
Kurzum: Die beiden Formen von Dialga und Palkia sind imo eine Beleidigung für diese beiden unfassbar coolen Pokémon. Eine solche "Behandlung" haben die beiden absolut nicht verdient und wenn es neue Formen für die beiden hätte geben sollen, dann bitte nach Prinzip der Mega-Entwicklung/Protomorphose: Die Elemente eines Pokémon verstärken, und es nicht mit einem anderen Fusionieren.
Fazit
Ist jetzt Pokémon Legenden Arceus das Spiel, was für mich und all die anderen, die mit SDLP unzufrieden waren?
Ich kann für mich klar sagen: Nein.
PLA ist vor allem eines: Eine Techdemo, für die wir einen Vollpreis zahlen müssen.
Ich denke, der Grund, warum viele hier und auf anderen Plattformen PLA so preisen, ist der, dass es eben ein frischer Wind in der Pokémon-Serie ist und somit ein riesiger Ausbruch aus dem immergleichen Muster darstellt. Und ich denke, dass reicht für viele aus, um viele der Mankos des Spiels entweder unbewusst oder bewusst zu ignorieren.
Ich zitiere an der Stelle mal kurz mich selbst aus meiner SDLP-Review:
Wenn ihr euch etwas wünscht, dann aber dafür zwei Dinge bekommt, die ihr wolltet: Wärt ihr dann zufrieden?
Oder um es anders zu bebildern:
Euer Argument, PLA wäre ja das Spiel, welches ich als Entschädigung für SDLP erhalte, ist in etwa so, als würde ich mir eine PS5 wünschen, dafür dann aber eine PS3 und eine X-Box-One bekomme.
Ich habe mir etwas modernes gewünscht, dafür aber etwas veraltetes erhalten und etwas, was ich gar nicht wollte.
Schlussendlich (da es oft heißt, dieses Spiel sei ein Ersatz für ein klassisches Pokémon-Remake bzw der Grund, warum SDLP so ist, wie es ist) muss ich ganz klar sagen:
Ich hätte ein klassischen D/P-Remakes für die Spiele der 4. Generation ganz klar bevorzugt. Genauso, wie es die vorherigen 3-4 Remakes waren und wir auch hätten bekommen sollen.
Wenn wir uns die nächsten Spiele, Karmesin und Purpur anschauen, wird es offensichtlich, dass PLA ein Experiment aka eine Techdemo für das "erste, richtige Open-World-Pokémon-Spiel" ist.
Vermutlich haben sie [Game Freak] sich gesagt, dass sie mit der 9. Generation ein Open-World-Pokémon-Spiel machen wollten, doch STSD war noch nicht genug "Übung" dafür. Also haben sie gesagt
"Wir brauchen noch einmal eine Techdemo, damit wir besser üben können. Aber wir wollen ja jetzt nicht unsere Zeit verschwenden mit etwas, was wir nicht zu Geld machen können. Ich habs! Wir machen eine Techdemo im Setting eines alten Sinnoh und bringen das dann als Spiel auf den Markt! Die Leute wollen doch Sinnoh! Und damit sie ein Sinnoh-Remake bekommen, was sie eigentlich wollen, heuern wir eine Outsourcing-Company an, die auf dem Papier ein Remake machen, auch wenn es eher ein Remaster ist!"
Ich finde, wenn sie schon herumexperimentieren wollten, dann hätten sie das, wie auch damals bei X/Y mit dem 3D-Grafikstil, bei den Spielen der neuen Generation machen sollen.
Doch so wie es jetzt ist, bleibt die Aufmerksamkeit, der die Sinnoh gaben, mit einem extrem bitteren, schon fast ekligen, Beigeschmack zurück.
Denn anstatt eines Remakes, was wir als Fans von Sinnoh (und die Fans von Kanto, Johto und Hoenn bereits erhalten haben), bekamen wir ein einziges, zerschlachtetes Experiment: Ein Experiment, wie weit Pokémon in Punkto "schlechtes Videospiel" wirklich gehen kann und sie die Fan-Nostalgie wirklich ausnutzen können (SDLP) und eine riesige Techdemo, die nur deswegen im Sinnoh-Gewand daherkommt, dass es sich besser verkauft (PLA).
Und das ist furchtbar schade.
(ja, ich habe absichtlich die Review von SDLP und PLA mit denselben Satz beendet, weil ich so niedergeschlagen aufgrund dieser Spiele bin)