Geschlagen und besiegt sitze ich wieder im Zimmer meines Zuhauses, von dem ich einst ausgezogen war, der Champ zu werden. Viele Kämpfe habe ich bestritten, Freunde gefunden und Pokémon kreuzten unseren Pfad. Einige wollten ihre Stärke beweisen, manche ihren Ruhm auf uns begründen, viele schlossen sich mir an und wir beschritten gemeinsam unseren Weg. Er war bei Gott nicht immer leicht, aber wir hatten unser Ziel fest vor Augen. Du warst von Anfang an an meiner Seite, Guardevoir. Als Trasla bist du in mein Leben getreten, hast mich Heulsuse stark gemacht. Du nahmst den Platz meiner großen Schwester ein, die ausgezogen war, ein großer Trainer zu werden. Das erste Pokémon, das sie aus eigener Kraft fing, das warst du. Sie schickte dich mir als Symbol unserer geschwisterlichen Liebe.
Anfangs warst du mir unheimlich. Das einzige Wort das du sprachst war dein Name. Daran hat sich nichts geändert. Dennoch verlorst du nie den Mut dich mir anzunähern. Du verstandst wie ich fühlte und dennoch, nein, gerade deshalb nahmst du dich meiner an. Ich fühlte mich stets klein und hässlich, erst recht, da ich mich von meiner geliebten Schwester im Stich gelassen glaubte. Aber wäre sie nicht gegangen, wir wären uns nie begegnet. Ich hätte dich, meine beste Freundin, nie kennengelernt. Du standst an meiner Seite, als der erste Arenaleiter mich meinen ließ, mein Ligatraum würde niemals wahr. Einmal mehr in meinem Leben lag ich am Boden und ließ den Tränen ihren Lauf, als würden sie etwas bewirken. Dein Feuer aber loderte hell. Deine Trauer war grenzenlos, als du mich so sahst und bist daran zu Kirlia gewachsen um mich mit deinem Tanz zu erfreuen. Du gabst mir den Mut an mich zu glauben und zu gegebener Zeit einen neuen Anlauf zu unternehmen.
Ohne dich hat mein Leben keinen Sinn. Ja, ich habe Freunde und Familie, aber du stehst mir neben meiner Schwester am Nächsten. Uns verbindet ein Band, vom Schicksal geschmiedet, das den stärksten Sturm übersteht. Du warst immer an meiner Seite und machtest mir Mut.
Geschlagen und verletzt liegst du nun in meinem Bett. Deine Knochen sind gebrochen, dein Leib bis zum Äußersten geschunden. Schuld daran trägt Chie, dieses Biest, diese großartige Strategin, dieses traumhaft hübsche Mädchen. Sie täuschte uns mit einem Zoroark in Gestalt eines Stahloss. Deine Psychoattacken fruchteten freilich nicht, sie prallten einfach an ihm ab. Seine dunklen Klauen bohrten sich tief in dein Fleisch, ließen dich vor Schmerzen aufschreien, brachten dich zum Bluten. Dein Kampfgeist ließ dich dennoch triumphieren, aber er hatte einen hohen Preis.
Ein echtes Stahloss kam in die Arena und bedrohte deine Existenz. Chie rief mir zu, ich möge aufgeben, weiterzukämpfen hätte keinen Wert. Doch ich zögerte, wollte es nicht hören. Mir einzugestehen, es wäre aus, kam mir nicht über die Lippen. Chie meinte es gut mit uns, allein ich war unfähig nach deinem Wohl zu handeln. Das Publikum wusste, was die Stunde geschlagen hatte. Sie buhten und schrien, wir sollten uns davonmachen. Gelähmt war ich, wie ein Sesokitz im Scheinwerferlicht. Ich ließ ihr keine Wahl. Ein vernichtender Eisenschweif folgte und du warst geschlagen. Es war das Ende unserer Ligaträume, aber nicht das Ende deines Vertrauens in mich.
Du bist mir nach wie vor ein Rätsel. Ich ließ dich im Stich, doch dein Vertrauen in mich ist unerschüttert. Du bist bereit mich bis aufs Messer zu verteidigen und kostete es dein Leben. Hätte ich rechtzeitig gehandelt, du wärst unverletzt geblieben. Ich erschrecke vor mir selber. Darf ich mich überhaupt dein Trainer nennen? Du bist es, das mich ständig lehrt, das auf mich achtgibt und mir meine Fehler nachsieht. Jederzeit bist du bereit ohne Harm wieder mit mir in die Schlacht zu ziehen. Ich weiß nicht, ob ich das noch will. Die bangen Stunden deiner Heilung sitzen noch in meinen Knochen. Du warst dem Licht bereits einmal näher als dem Diesseits. Was wäre ich ohne dich? Ich könnte niemandem mehr in die Augen sehen: Freunden, Kameraden, meiner Familie. Was sollte ich meiner Schwester sagen, geschähe dir noch größeres Leid? Hundert Tode stürbe ich lieber, als ihr Ansehen zu verlieren.
Dein Schlaf ist unruhig, dein Atem flach. Eine jede Bewegung kommt Millionen Nadelstichen gleich. Tausend Alpträume quälen dich, es sind Erinnerungen an all dein Leid. Oft sind wir in die Schlacht gezogen, ein jedes Mal trugst du Wunden davon. Oft waren sie nur leicht, dennoch spürtest du den Schmerz. Auch deine Kameraden hatten unter mir zu leiden. Keiner blieb stets ohne Schaden. Sicher, ihr hättet mir den Dienst verweigern können, doch glaubtet ihr an unsere Mission, die Besten zu sein, die es jemals gab. Ach, wie töricht waren wir. Viele folgen diesem Weg, aus dem letztlich nur ein Team hervorgehen kann. Wir waren dazu nicht auserkoren, wie viele andere nicht, die sich mit uns maßen.
Werde schnell gesund, mein Guardevoir, und lass uns wieder ausziehen in die Welt. Deine Kameraden warten schon auf dich. Sie wollen alles mit dir teilen: Freude, Schönheit und auch Liebe. Gemeinsam sind wir eins, alleine bin ich nichts. Vielleicht entsagen wir dem Kampf auf ewig, allein mit euch zu reisen ist meine Welt.