Und - schlimmer noch: Wieso denkt man überhaupt, dass das eine glorreiche Sache wär, so krank zu sein?
Das hat eher mit etwas anderes zu tun: Filter. Menschen neigen meistens dazu, negative Sachen viel stärker Wahrzunehmen. Das ist auch das Problem mit den Selbstdiagnosen.
Ich muss sagen, dass ich persönlich solche Dinge wie Netdoctor gar nicht doof finde. Ich habe dadurch einige sinnige Diagnosen zustande gebracht - unter anderem etwas, worauf sonst von den Ärzten niemand gekommen ist, weil es selten ist, was sich aber bestätigt hat. Die Sache ist: Es war nicht dramatisches.
Es kommen nur zwei Sachen zusammen. Zum einen, dass man bei etwaigen Selbstdiagnose-Tools selbst einschätzen muss, wie schlimm etwas ist. Und wer besonders leidig ist, gibt dann schnell "starke Schmerzen" an (bspw.) während die Schmerzen eigentlich höchstens mittelschwer sind, wenn nicht sogar leicht.
Zum anderen: Wenn man da eine Auflistung liest, wo steht zu 80%iger Wahrscheinlichkeit ist das ein Schnupfen, zu 35% könnte es eine anfängliche Lungenentzündung sein und zu 3% könnten es Anzeichen von Lungenkrebs sein, dann ist es scheißegal, dass da 3% stehen und es weit aus unwahrscheinlicher ist, als die 80% Schnupfenwahrscheinlichkeit. Es ist mit Angst in Verbindung gebracht und deswegen wird es stärker wahrgenommen. Was dann meistens selbstverstärkend ist, wenn man dann, wie es oft leicht ist, auf den Artikel zu der Krankheit klickt und meint, alle Symptome bei sich zu finden.
Die Tools sind an sich gar nicht so mies. Es ist nur die menschliche Wahrnehmung die sie etwas unnütz macht.
Die eine Sache bei mir war halt beispielsweise: Ich hatte Ausschlag. Ich hatte denselben Ausschlag jedes Jahr zu bestimmten Jahreszeiten. Immer an den Fingern. Ich wurde von X nach Y geschickt deswegen. Es wurden tausend Sachen ausprobiert. Nichts half. Irgendwann habe ich mich dann mit Google hingesetzt und eine genetische Hautkrankheit gefunden, die recht selten ist, meist sich nicht zeigt, aber durch bestimmte Umstände (äußere Einflüsse und Ernährung) hervorgerufen wird. Ich bin damit zum Arzt gegangen, da ich so auch ein Medikament, was die Symptome unterdrückt (weil Ernährungsumstellung halt braucht, anzuschlagen) gefunde habe, was aber verschreibungspflichtig war.
Ich zum Arzt: "Ich habe hier diesen Ausschlag und den habe ich immer wieder gehabt. Ich habe mal gegoogelt ..."
Arzt stöhnt genervt auf.
Ich: "Und ich bin dazu gekommen, dass es wahrscheinlich diese Krankheit ist, weil ich es als Kind schon hatte."
Arzt sieht mich an: "Warten Sie. Sie haben nach Ausschlag gegoogelt und glauben jetzt nicht Hautkrebs zu haben?"
Ich: "Bin ich doof, das passt doch gar nicht zu den Symptomen."
Arzt: "Sagen Sie das den anderen Leuten, die ständig nach Selbstdiagnose überall Krebs sehen."
Meh. Es ist halt so. Onlinediagnose kann sinnvoll sein. Und gerade bei so etwas wie Depression, das laut Psychologen zumindest eher unterdiagnostiziert, als überdiagnostiziert ist, weil viele es nicht ernst nehmen ... Meh.