Eigentlich muss es sich dabei nicht einmal um eine Extremsituation handeln. Man hat schon von Leuten gehört, die im Einkaufszentrum, in der Fußgängerzone, in der Bahn, auf der Straße oder an irgendeinem anderen Ort umgekippt sind und denen danach ebenfalls nicht geholfen wurde. Letztes Jahr gab es in Köln zum Beispiel den Fall einer Frau, die mit der Straßenbahn zur Arbeit fahren wollte und kurz darauf eine Hirnblutung erlitt. Sie saß im Endeffekt drei Stunden lang im Zug, selbst die Ticketkontrolle ließ sie in der Ecke sitzen, weil sie dachte, dass die Frau eingeschlafen wäre. Wie der Fall sich entwickelt hat, ist mir unbekannt. Der letzte Stand war, dass die Frau ins Koma gefallen ist.
Auch hier hat sich die Gesellschaft wieder einmal von ihrer gnadenlosen und herzlosen Seite gezeigt. Damit meine ich nicht den Umstand, wie mit der sterbenden Frau umgegangen wurde. Ich glaube, dass jeder von uns mal eine Straßenbahn betreten und dort eine Person gesehen hat, die friedlich geschlafen hat. Von daher kann niemand sagen, dass er ganz anders gehandelt und versucht hätte, die Frau aufzuwecken. Dass der Bahnfahrer nichts gemerkt hat, obwohl er nach jedem Erreichen einer Endhaltestelle dazu verpflichtet ist, einen Kontrollgang zu machen, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber dass Fahrgäste bei Facebook Morddrohungen erhalten haben, weil sie öffentlich zugaben, in dieser Bahn gesessen zu haben, ging zu weit.
Bei beiden Situationen handelt es sich um Extreme, die ich abartig finde, die aber leider nur allzu menschlich sind.