Zivilcourage

Wir sammeln alle Infos der Bonusepisode von Pokémon Karmesin und Purpur für euch!

Zu der Infoseite von „Die Mo-Mo-Manie“
  • Eigentlich muss es sich dabei nicht einmal um eine Extremsituation handeln. Man hat schon von Leuten gehört, die im Einkaufszentrum, in der Fußgängerzone, in der Bahn, auf der Straße oder an irgendeinem anderen Ort umgekippt sind und denen danach ebenfalls nicht geholfen wurde. Letztes Jahr gab es in Köln zum Beispiel den Fall einer Frau, die mit der Straßenbahn zur Arbeit fahren wollte und kurz darauf eine Hirnblutung erlitt. Sie saß im Endeffekt drei Stunden lang im Zug, selbst die Ticketkontrolle ließ sie in der Ecke sitzen, weil sie dachte, dass die Frau eingeschlafen wäre. Wie der Fall sich entwickelt hat, ist mir unbekannt. Der letzte Stand war, dass die Frau ins Koma gefallen ist.


    Auch hier hat sich die Gesellschaft wieder einmal von ihrer gnadenlosen und herzlosen Seite gezeigt. Damit meine ich nicht den Umstand, wie mit der sterbenden Frau umgegangen wurde. Ich glaube, dass jeder von uns mal eine Straßenbahn betreten und dort eine Person gesehen hat, die friedlich geschlafen hat. Von daher kann niemand sagen, dass er ganz anders gehandelt und versucht hätte, die Frau aufzuwecken. Dass der Bahnfahrer nichts gemerkt hat, obwohl er nach jedem Erreichen einer Endhaltestelle dazu verpflichtet ist, einen Kontrollgang zu machen, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber dass Fahrgäste bei Facebook Morddrohungen erhalten haben, weil sie öffentlich zugaben, in dieser Bahn gesessen zu haben, ging zu weit.


    Bei beiden Situationen handelt es sich um Extreme, die ich abartig finde, die aber leider nur allzu menschlich sind.

  • Das erinnert mich an was, das ich doch interessant fand als Erfahrung:


    Ich bin mal vor geraumer Zeit mit dem Zug irgendwo angekommen und auf dem Bahnsteig (als ich ausgestiegen bin) ist ein älterer Herr mit Stock anscheinend gestolpert und hingefallen. Was genau passiert ist, weiß ich nicht, weil ich ihn erst entdeckt hatte, als er da lag und sich die Leute um ihn sammelten. Jedenfalls haben sich mehre zu ihm runtergebeugt, um ernsthafte Verletzungen auszuschließen, einer hatte bereits Notarzt angerufen und dennoch fragten mehrere vorbeigehende Passanten, ob man noch anrufen soll oder jemand ein Handy bräuchte. Zudem wirkten viele, die drumherum standen nicht gerade so, als ob sie blind vorbei gehen wollten. Die meisten fragten, ob man wirklich keine Helfer mehr bräuchte bevor sie zögerlich(!) weitergingen. Und dabei handelt es sich grad beim Bahnhof um etwas, wo Menschen eher in Eile sind und gerne mal blind für die Welt.


    Soll jetzt kein Beweis dafür sein, dass die Welt gut ist, aber einfach auch mal zeigen, dass sowas passiert, auch wenn davon nie berichtet wird. Vor allem aber, war bei der Situation sehr deutlich, dass die Passanten eher fürchteten, dass sie nicht helfen, als das sie in etwas hineingezogen werden, wofür sie keine Zeit haben.

  • Eigentlich muss es sich dabei nicht einmal um eine Extremsituation handeln. Man hat schon von Leuten gehört, die im Einkaufszentrum, in der Fußgängerzone, in der Bahn, auf der Straße oder an irgendeinem anderen Ort umgekippt sind und denen danach ebenfalls nicht geholfen wurde. Letztes Jahr gab es in Köln zum Beispiel den Fall einer Frau, die mit der Straßenbahn zur Arbeit fahren wollte und kurz darauf eine Hirnblutung erlitt. Sie saß im Endeffekt drei Stunden lang im Zug, selbst die Ticketkontrolle ließ sie in der Ecke sitzen, weil sie dachte, dass die Frau eingeschlafen wäre. Wie der Fall sich entwickelt hat, ist mir unbekannt. Der letzte Stand war, dass die Frau ins Koma gefallen ist.


    Auch hier hat sich die Gesellschaft wieder einmal von ihrer gnadenlosen und herzlosen Seite gezeigt. Damit meine ich nicht den Umstand, wie mit der sterbenden Frau umgegangen wurde. Ich glaube, dass jeder von uns mal eine Straßenbahn betreten und dort eine Person gesehen hat, die friedlich geschlafen hat. Von daher kann niemand sagen, dass er ganz anders gehandelt und versucht hätte, die Frau aufzuwecken. Dass der Bahnfahrer nichts gemerkt hat, obwohl er nach jedem Erreichen einer Endhaltestelle dazu verpflichtet ist, einen Kontrollgang zu machen, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber dass Fahrgäste bei Facebook Morddrohungen erhalten haben, weil sie öffentlich zugaben, in dieser Bahn gesessen zu haben, ging zu weit.


    Bei beiden Situationen handelt es sich um Extreme, die ich abartig finde, die aber leider nur allzu menschlich sind.

    Eben, warum sollte ich an irgendwelchen wildfremden Personen rumrütteln, die auf einem Sitz schlafen? Wer macht'n sowas? Es ist ja nicht so, dass es ihr auf die Stirn geklebt war: Bräuchte Hilfe - und als Fahrgast weiß keiner, wie lange sie da schon so sitzt, schließlich steigt man bald wieder aus.


    Das Beispiel von @Cassandra find ich. Danke, dass auch jemand Gegenbeispiele gibt. :D

  • Von daher kann niemand sagen, dass er ganz anders gehandelt und versucht hätte, die Frau aufzuwecken. Dass der Bahnfahrer nichts gemerkt hat, obwohl er nach jedem Erreichen einer Endhaltestelle dazu verpflichtet ist, einen Kontrollgang zu machen, steht auf einem anderen Blatt Papier. Aber dass Fahrgäste bei Facebook Morddrohungen erhalten haben, weil sie öffentlich zugaben, in dieser Bahn gesessen zu haben, ging zu weit.

    Sowas ist natürlich sehr tragisch, aber hier kann man den Leuten keinen Vorwurf machen, nicht geholfen zu haben, weil man das eben nicht erkennen konnte. Anders natürlich bei den Bahnangestellten, die ihre Kontrollen hätten machen müssen - denen hätte es immerhin auffallen können, dass sie schon länger da sitzt.


    Aber worauf ich hinaus wollte und was gut zu dem Thema passt.
    Ich mache gerade den Fernseher an und höre in den Exklusiv Nachrichten gleich von einem Unfall in (oder besser gesagt an) einer Straßenbahn. Ein Junge wollte einsteigen und ist dabei unglücklich gestürzt und zwischen die Räder der Bahn gelangt. Er war in Begleitung seines Freundes und er konnte ihm so nicht mehr helfen, weil die Bahn schon los gefahren ist. Somit musste er an die Fenster klopfen und hat anscheinend sogar vorne beim Fahrer um Aufmerksamkeit gekämpft, aber es hat niemand geholfen. Die Bahn ist somit 6 Stationen gefahren, bevor ein Kiosk-Besitzer darauf aufmerksam geworden ist und in der Bahn wurde dann auch endlich die Notbremse gezogen. Laut den Nachrichten war der Verunglückte die ganze Zeit bei vollem Bewusstsein und hat um Hilfe geschrien. Wenn dem so sei, dann hätten mehr Menschen auf ihn Aufmerksam werden sollen, aber allein, wenn jemand wild an die Fensterscheiben klopft und auch um Hilfe ruft, dann sollten doch alle Alarmglocken läuten. Der Fahrer der Straßenbahn hätte davon nichts mitbekommen, so hieß es.
    Es hat mich auf jeden Fall sehr schockiert und das ist wieder ein krasses Beispiel, wie irgendwie niemand geholfen hat; aus welchem Grund auch immer. :( Also wieder ein aktuelles Beispiel für eine Extremsituation, wo Hilfe leider erst viel zu spät erscheint. Der Junge hat mehrere Körperteile verloren und schwebt noch immer in Lebensgefahr.


    Bisher bin ich noch nie - und zum Glück - in eine solche Situation gekommen, aber wenn mir z.B. sowas wie im oberen Beispiel auffallen würde, dann würde ich handeln. Man hätte einfach früher die Notbremse ziehen können oder man rennt einfach vorne zum Führerhaus und macht da eben Terror. Das ist imo nicht zu viel verlangt und für jeden machbar.
    Bei anderen Extremsituationen wie z.B. Schlägereien kommt es immer auf verschiedene Faktoren an, inwiefern man sich dazwischen stellen kann. Aber die Polizei könne man auch hier zumindest rufen.


    Aber fernab von solchen Extremen bin ich an sich immer hilfsbereit, wobei es auch hier auf die Situation ankommt. Wenn mich jemand freundlich um Hilfe bittet - oder ich erkenne, dass meine Hilfe eventuell gebraucht wird -, dann ist das für mich eine Selbstverständlichkeit. Wenn mich jemand ablehnt, dann zwinge ich mich auch nicht auf. Dann hat diese Person eben Pech gehabt. ;)

  • @Aríya.


    Ich habe diesen Fall gerade im Internet nachgelesen. Der Betroffene hat beide Beine und einen Arm verloren. Die Fahrgäste gaben wohl an, dass sie zwar Hilferufe gehört haben, diese aber nicht lokalisieren konnten. Hier frage ich mich, wie viel Selbstschutz wieder in diesen Aussagen steckt. Wenn man sechs Stationen und über drei Kilometer lang von Hilferufen begleitet wird, sollte man zumindest ein bisschen Aufmerksamkeit an den Tag legen und irgendwann eventuell auch mal etwas stutzig werden. Allerdings möchte ich jetzt keine voreiligen Schlüsse ziehen, schließlich weiß man nicht, inwiefern die Medien hier wieder nachgeholfen haben. Unter dem Strich handelt es sich einmal mehr um ein tragisches Unglück, das man leicht hätte verhindern können. Genau wegen solcher Gefahren verpasse ich lieber mal einen Zug und warte zehn Minuten, anstatt mich abzuhetzen und eventuell einen Unfall zu provozieren.

  • Ich könnte etliche Gegenbeispiele dieser Art bringen, ich hab' aber eine bessere Idee: mach den Selbsttest. Täusche in einer belebten Straße oder irgendeinem belebten Ort vor, dass du Hilfe brauchst und du wirst sehen wie schnell du diese Hilfe bekommen wirst. :)

    Nein, mach das bitte nicht.
    Mich regen schon Fernsehsender usw. auf, die solche Tests veranstalten und dann Tadaaa, alles nur Spass... bzw. wollen sie natürlich nur gaaanz sachlich die Hilfsbereitschaft der Passanten testen. Würde mich nicht wundern, wenn jemand, der einmal so "getest" wurde beim nächsten Mal (wo es dann aber tatsächlich ernst ist) einfach weiterlatscht und sich denkt, dass sie sich doch einen anderen Doofen suchen sollen. :(

    Er wandte sich an Gucky: "Der Kommandant hat mich gewarnt für den Fall, dass du bei den Ankömmlingen sein würdest. Deine Kommentare würden schwer zu verstehen sein, weil du in einer Art zwanghaften Humors gefangen bist." Perry Rhodan #3133, Seite 55

    Per aspera ad astra!

    Momentan kein Partneravatar mit Missy!

  • Denke, dass solche Aktionen eher Leute motivieren zu helfen, die sonst nicht helfen würden. Wenn jemand gefragt wird, wieso er nicht geholfen hat wird er das als unangenehme Situation empfinden und beim nächsten Mal vielleicht tatsächlich helfen. Jemand der sowieso helfen würde, würde das auch nach einer solchen Aktion tun. Ist ja auch kein schlechtes Gefühl einen solchen Test zu "bestehen".

  • @Leviator
    Ich würd mich auch ziemlich verarscht fühlen, wenn da jemand einen Zusammenbruch simuliert. Es gibt Tabus, die spielt man nicht vor.
    Genauso wie diese Kids, die auf ihren Entschuldigungszettel für die Schule schreiben, dass sie auf der Beerdigung ihres Opas waren, obwohl er lebt. Damit macht man genauso wenig "Scherze".


  • Genauso wie diese Kids, die auf ihren Entschuldigungszettel für die Schule schreiben, dass sie auf der Beerdigung ihres Opas waren, obwohl er lebt. Damit macht man genauso wenig "Scherze".

    Hä? Standard. Wer macht das nicht? xD Mein Opa sagt selbst ständig, dass er in ein, zwei Jahren tot ist.

  • Kennst du die Geschichte vom Jungen, der dauernd Wolf schrie und als tatsächlich einer kam, glaubte ihm niemand?

    Nein, erinnert mich aber an einem schlechten Anime mit einem Lügner Namens Lysop der in seiner Heimatstadt dauernd schrie "die Piraten kommen, die Piraten kommen", als sie tatsächlich kamen glaubte ihm dann niemand. :pflaster:


    An sich ein brauchbares Argument, aber auch nur in der Theorie. In der Praxis wird wegen solcher "Test" aber niemand im Ernstfall Hilfe unterlassen, weil solche Tests eine absolute Seltenheiten sind. Natürlich sollte man nicht übertreiben, wenn jeder zweite Hilferuf gespielt ist, wird das problematisch. Aber ein wenig Sensibilisierung schadet sicher nicht.

  • Es stimmt, dass solche ernsthaften Tests eher selten vorkommen, aber dadurch, dass man heutzutage teilweise systematisch von anderen Leuten verarscht wird, könnte ich mir gut vorstellen, dass manche Leute auf diesem Gebiet damit aufgehört haben, zwischen den einzelnen Fällen zu differenzieren. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft Leute schon Behinderungen oder andere Einschränkungen vorgetäuscht haben, um die sich bietenden Vorteile ausnutzen zu können. So habe ich auf dem Weg zu meiner Ausbildungsstelle beispielsweise einen jungen Mann gesehen, der monatelang mit Krücken gegangen ist, weil er angeblich erst einen Bruch und später einen Bänderriss im linken Bein hatte. Irgendwann hatte sich durch einen Zufall herausgestellt, dass er diese Verletzungen nur vorgetäuscht hat, um täglich einen Sitzplatz ergattern zu können. Und wenn man so einen Fall aktiv miterlebt, ist es einem irgendwann egal, ob das ein ernsthafter Test bezüglich der Freundlichkeit der Bahnfahrer gewesen sein könnte oder nicht - zukünftigen Fällen wird man auf jeden Fall mit Skepsis begegnen. Es ist ein wenig schade, dass die Glaubwürdigkeit von Menschen, die mit solchen Fällen nicht einmal ansatzweise etwas zu tun haben, automatisch unter solchen Tests leidet. Und so war es auch bei dem von mir geschilderten Fall, denn der nächste Fahrgast, der mit Krücken in die Bahn gestiegen ist, wurde extrem misstrauisch beäugt.


    Ein Teil meiner Ausbildung bestand darin, zur Mittagszeit in der Kölner Innenstadt mehrere Behinderungen vorzutäuschen. Bei manchen Behinderungsarten wie Blindheit, Taubheit oder Stummheit war das kein allzu großes Problem, da man hierfür lediglich ein bisschen schauspielern musste. Trotzdem habe ich auch diese Simulationen nur widerwillig mitgemacht. Als es allerdings darum ging, Krücken oder einen Rollstuhl zu benutzen, habe ich meiner Lehrerin deutlich zu verstehen gegeben, dass ich das nicht tun werde. Ich hatte schon Schamgefühle, als mir eine eigentlich kostenpflichtige Fahrradtour durch Köln kostenlos angeboten wurde. Zu diesem Zeitpunkt habe ich Blindheit simuliert. Bezahlt habe ich die Tour am Ende trotzdem, aber dass ich die Blindheit nur zu Ausbildungszwecken vorgetäuscht hatte, habe ich dem jungen Mann nicht verraten. Ich kam mir wie ein Schmarotzer vor, weil ich die Hilfsbereitschaft der Menschen wegen meiner Ausbildung ausnutzen musste. Und dabei habe ich nur die abgespeckte Version durchgeführt.

  • Es stimmt, dass solche ernsthaften Tests eher selten vorkommen, aber dadurch, dass man heutzutage teilweise systematisch von anderen Leuten verarscht wird, könnte ich mir gut vorstellen, dass manche Leute auf diesem Gebiet damit aufgehört haben, zwischen den einzelnen Fällen zu differenzieren. Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft Leute schon Behinderungen oder andere Einschränkungen vorgetäuscht haben, um die sich bietenden Vorteile ausnutzen zu können. So habe ich auf dem Weg zu meiner Ausbildungsstelle beispielsweise einen jungen Mann gesehen, der monatelang mit Krücken gegangen ist, weil er angeblich erst einen Bruch und später einen Bänderriss im linken Bein hatte. Irgendwann hatte sich durch einen Zufall herausgestellt, dass er diese Verletzungen nur vorgetäuscht hat, um täglich einen Sitzplatz ergattern zu können. Und wenn man so einen Fall aktiv miterlebt, ist es einem irgendwann egal, ob das ein ernsthafter Test bezüglich der Freundlichkeit der Bahnfahrer gewesen sein könnte oder nicht - zukünftigen Fällen wird man auf jeden Fall mit Skepsis begegnen. Es ist ein wenig schade, dass die Glaubwürdigkeit von Menschen, die mit solchen Fällen nicht einmal ansatzweise etwas zu tun haben, automatisch unter solchen Tests leidet. Und so war es auch bei dem von mir geschilderten Fall, denn der nächste Fahrgast, der mit Krücken in die Bahn gestiegen ist, wurde extrem misstrauisch beäugt.

    Das erinnert mich an eine lustige Geschichte aus meiner eigenen Ausbildung (Gesundheits- und Krankenpflegerin), wo wir auch mal einen Patienten auf Station hatten, der immer Hilfe gebraucht hat, wenn Schwestern, also Frauen dagewesen sind. Es ist bei allen bekannt, dass er nur bei Frauen so wehleidig gewesen ist. Und als er mich dann angesprochen hatte, habe ich ihn demonstrativ gesagt, dass ich noch was zu Erledigen habe, aber gerade ein männlicher Kollege zur Verfügung steht. Und danach war Ruhe im Schacht. :D
    Aber es stimmt, dass es auch im normalen Krankenhausalltag Patienten gibt, die wirklich etwas vortäuschen oder wegen jeder Kleinigkeit nach Hilfe schreien und es eigentlich selbstständig machen können. Das ist dann immer extrem nervig, wenn man nicht genau weiß, ob derjenige wirklich etwas hat oder eben nicht. Wenn es um meine Patienten geht, dann ist es wieder eine andere Geschichte, weil dort bin ich ja da um heraus zu finden, welche Ressourcen dieser Mensch noch hat. Aber wenn mir ein Fremder beispielsweise in der Bahn mit Krücken entgegen kommt, dann habe ich keinen Pflegebericht, in den ich kurz nachlesen kann. Da muss ich eben vertrauen, dass man mich nicht verarscht.

  • Heute kam es zur Verurteilung im Gerichtsprozess zum Tod von Tugce Albayrak, über den hier ja auch schon diskutiert worden ist. Der Angeklagte Sanel M. wurde vom Landgericht Darmstadt (ih) zu 3 Jahren Haft aufgrund von Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Der Angeklagte sprach vom "schlimmsten Fehler seines Lebens" und entschuldigte sich bei den Angehörigen, die jedoch ihrerseits mit dem Urteil nicht zufrieden sind.


    Warum ich das erwähne: Die Staatsanwaltschaft hatte sich bei Prozessbeginn besorgt geäußert, dass aufgrund der emotionalen und oft auch einseitigen Berichterstattung eine unvoreingenommene Betrachtung schwierig sei. Schon vor Prozessbeginn war für viele Menschen klar, dass das Opfer quasi den Heldentod gestorben sei beim Versuch, Mädchen vor sexueller Belästigung zu schützen. Das ist zwar nicht gänzlich falsch, aber eben auch nicht gänzlich wahr. Der hr berichtet, dass es quasi drei Phasen der Eskalation gab: Zunächst einmal kam es zu Pöbeleien und man ging folgenlos auseinander. Danach kam es zu der Szene auf der Toilette, bei der das Opfer mithilfe von zwei Türstehern zwei 13-jährige vor sexueller Belästigung in Schutz nahm. Daraufhin beruhigte sich die Lage offensichtlich wieder. Schließlich kam es auf dem Parkplatz zu einem weiteren Wortgefecht, in dem das Opfer wohl mehrmals den Täter als Hurensohn beleidigt haben soll. Die Lage wird als "unübersichtlich" beschrieben, schließlich kommt es zu dem Angriff, durch den das Opfer dann starb.


    Worauf ich schon vor einiger Zeit hinweisen wollte: Ich denke nicht, dass unsere Gesellschaft herzlos ist. Ich glaube im Gegenteil, dass viele Menschen quasi danach gieren, eine herzzerreißende Geschichte zu hören, und der freie Pressemarkt gibt sein Bestes, diese primitiven Bedürfnisse des Menschen zu befriedigen. So bekommt man eine Heldengeschichte serviert, die bei näherer Betrachtung zwar immer noch tragisch, aber etwas relativiert ist.
    Der Richter wird von der Berichterstattung dafür gelobt, dass er den Prozess gut im Griff hatte. Die Lage sei nämlich äußerst angespannt gewesen. Der Richter ließ unter anderem Konterfeis des Opfers, die Zuschauer sich auf T-Shirts druckten, bedecken.
    Unsere Gesellschaft ist nicht wirklich herzlos. Manchmal würde ich mir sogar wünschen, dass man etwas weniger Herz und etwas mehr Hirn einsetzt. Zumindest bevor man alle Perspektiven betrachtet hat.

  • Herzlose Gesellschaft? Da kann ich nur zustimmen.


    Wir wissen alle das jeden Tag schreckliche Dinge geschehen, international selbstverständlich.


    Doch auch in kleinen Städten und Dörfer passieren Schicksalsschläge und Verluste, negative Geschehnisse.


    Wie viel mangelnde Zivilcourage gibt es hier in Deutschland alleine?
    Schlägereien auf Bahnhöfen gegen alle Altersklassen, Raub, Vergewaltigungen, Mobbing und Verletzungen? Das sind nur ein paar Beispiele.


    Das ganze sieht man doch auch am Fall von Tugce, die sich für die Mädchen eingesetzt hat, was Zivilcourage bewiesen hat ihrerseits, die aber ihr Leben dafür Opfern musste. Es gibt die Videos von dem Vorfall im Internet und mir kann niemand sagen, dass man ihr nicht hätte helfen können. Da standen viele Menschen herum, und niemand half Tugce als der Mann auf sie losging.


    Tugce ist nun tot.


    Wieso haben die Leute wohl Angst anderen zu helfen?


    Wer anderen hilft, stürzt sich selbst in eine Gefahrensituation hinein.
    Und wie viele wollen Leid ertragen? Niemand, richtig.


    Menschen sind als Wesen sehr egoistisch, das ist jetzt keine wage Vermutung, das ist eine feststehende These. Wir alle leben nach dem Überlebensdrang.


    Und es ist eine Frage die man sich selbst stellen muss:
    Inwiefern ist das Leben eines Anderen oder die Notlage anderer eine Sache die mich interessieren sollte?


    Ist es mir wert das Leben eines anderen Mensch zu beschützen und dafür meins in eine Gefahrensituation zu begehen?


    Es gibt eine Großzahl an Menschen denen das Leben einer vlt ihr unbekannten Person nicht so viel wert ist.. Aber das ist Blödsinn!


    Wollen wir denn nicht auch, dass uns in einer Notlage geholfen wird?


    Willst du als Privatperson wenn du gerade zB. vergewaltigt worden bist und nicht weißt wo du hin sollst und vlt sogar gar nicht mehr die Kraft hast zu gehen, alleine gelassen werden? Gar verbluten? Willst du das andere dich anschauen und weitergehen während du dir dein letztes Stück Elend aus der Seele weinst und deine Stimme viel zu zitterig ist um noch mach Hilfe zu schreien?


    NEIN, das willst du nicht und ich nicht und deine Familie und Freunde nicht.


    Niemand will das, also wieso geben wir nicht das den Menschen was wir selbst erwarten?


    Wir haben so eine hohe Erwartungshaltung als Menschen? Doch geben wir auch nur einen Bruchteil davon zurück? Nein tun wir nicht.


    Wir Menschen klagen über alles, wir klagen über Wohlstandssorgen, wir klagen auf so hohem Niveau aber sind nicht in der Lage, jemanden im Notstand beizuhelfen?


    Wieso helfen so viele nur wenn sie etwas dafür bekommen?


    Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, anderen zu helfen weil man möchte dass ihr Leid aufhört.


    Unsere Welt ist gefüllt mit Leid, Tränen, Ängsten und Hass! Und wer ist dafür verantwortlich? WIR MENSCHEN!
    Und wer klagt darüber? WIR MENSCHEN.
    Und wer wird dieses Problem lösen können? WIR MENSCHEN!



    Als Menschen ist uns so viel gegeben, das Denken, die Bewegung, die Gefühle, der Hörsinn/Tastsinn/Augenlicht/die Stimme!
    Wieso setzen wir das nicht ein?


    Erhebet Eure Stimmen!
    Hört hin, Probleme müssen erhörten werden!
    Macht die Augen auf!


    Wir leben in einer modernen Zeit,
    doch sind nicht revolutionär genug um zu handeln?


    Die frommen Christen gehen beten, Tag für Tag. Die Muslime beten zu Allah. Und alle anderen Religionen wünschen sich Glück und Wohlergehen.
    Die Religiösen träumen vom Paradies und reden von Nächstenliebe, doch wie viele von Ihnen handeln auch?


    Die Atheisten beten vielleicht nicht, aber auch sie wünschen sich Glück im Leben, Familie, Liebe.


    Wieso helfen sie anderen dann nicht das auch zu erlangen?


    Unsere Menschheit ist kalt, ja.
    Doch es liegt in unserer Hand nicht zu der kalten Masse zu gehören.


    Es liegt in unserer Hand Herz zu zeigen!


    Denn das wünschen wir uns doch auch von allen anderen...



    Sehr schönes Thema, Dankeschön.


    lg Alaska.

  • Ob unsere Gesellschaft herzlos ist? ja, zwangsläufig.
    Erstens kann die Gesellschaft gar kein Herz haben da sie keine individuum ist :D , nein damit meine ich nicht das Organ, sondern dass jeder Teil der Gesellschaft ein anderes Herz hat und mit verschiedenen Dingen anders umgeht. Der eine entscheidet aus Mitleid, der andere rational. Es gibt immer negative Konsequenzen für andere, deshalb werden immer Leute die Gesellschaft als herzlos empfinden.
    Zweitens ist der Sinn von einer Gesellschaft Fortschritt und der schaut eben nicht nach den Armen solange es ihn nicht behindert.

  • Ich denke, dass die Gesellschaft tatsächlich herzloser geworden ist, besonders in Deutschland. Das liegt aber auch einfach daran, dass unsere Gesellschaft zu einer Gewinner-Gesellschaft wird. Was das heißt?


    In Deutschland (betont in Deutschland!) werden die Leute am meisten gemocht, die Nutzen haben. Der Rest ist einfach nicht so wichtig. Natürlich, höflich sollte man auch sein, aber das ist ja auch etwas, was jeder schaffen kann. Aber Erfolg, den kann nicht jeder haben, denn nicht alle haben die gleichen Chancen. Somit wird zu unserer Gewinner-Gesellschaft eine Verlierer-Gesellschaft. Das sind halt unsere Werte. Wenn du nicht dieses oder jenes Kriterium erfüllst, kannst du einpacken. Und die Bedingungen werden ja auch härter. Ohne Abi geht auch nicht mehr so viel, alle Menschen sollen besser werden. Die Menschen werden gedrillt, und wenn es nicht klappt, dann bist du die zweite Wahl, das ist traurig, aber wahr. Das lässt sich auch auf die Unfälle, bei denen keiner hilft, übertragen, denn wenn du hilfst, dann könntest du ja etwas falsch machen. Aber scheitern willst du nicht. Die meisten Menschen sind einfach nur so fokussiert auf ihren Erfolg, dass sie die vergessen, denen es nicht so gut geht, die wie ich bereits vorher sagte, die zweite Wahl sind.


    Auch häufig ist so etwas im Spiel: "Die Anderen werden schon helfen." - Das ist so ein richtig typischer Gedanke, den die meisten Menschen dann haben. "Leute werden helfen, die Ahnung davon haben." Natürlich ist es besser die Leute, die sich damit auskennen, an so etwas zu lassen, aber wie denn, wenn nicht einmal einer Bescheid sagt? Ich denke mal, dass so etwas ähnliches schon geschrieben wurde und werde mich mal nicht hier austoben, denn man sollte die Botschaft verstanden haben.


    Nun möchte ich noch etwas persönliches sagen. Ich selbst bin freiwilliger Schulsanitäter. Wenn jemand Hilfe braucht, schaut bitte nicht weg und macht es besser. Falls ihr etwas nicht alleine schafft, geht einfach zu Anderen Personen und sagt ihnen, dass sie auf jeden Fall jetzt mithelfen müssen. Und zwar nicht auf die "Entschuldigung, könnten sie mir kurz helfen" - Art, sondern eher "Entschuldigung, da hinten verblutet jemand, wenn sie jetzt nicht helfen, dann sind sie es schuld" -Art oder "Wenn das ihr(e) Tochter/Sohn/Bruder/Schwester wäre, würden sie dann auch nicht helfen?"-Art. Und das mit der Schuld ist wahr. Denn wenn man nicht hinschaut, dann verdient man selbst auch keine Hilfe. In solchen Situationen gilt natürlich auch immer, das man mindestens die Polizei ruft, wie im vorherigen Absatz gesagt. Aber Opfer aus der Gefahrenzone bringen wär halt auch ganz nett.



    Zu guter Letzt: Ich betone zwar in Deutschland, allerdings heißt das ja nicht, dass ich dies verallgemeinere. Nur um Missverständnisse zu klären, denn mit Sicherheit sind nicht alle Deutschen so und schauen weg.