Wen werdet ihr am 29.9. wählen? 23
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Die Grünen (6) 26%
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SPÖ (5) 22%
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Ich darf nicht wählen (4) 17%
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FPÖ (3) 13%
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Piraten (2) 9%
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BZÖ (1) 4%
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Neos (1) 4%
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KPÖ (1) 4%
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ÖVP (0) 0%
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Stronach (0) 0%
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Niemanden (0) 0%
Da die deutsche Bundestagswahl nun vorbei ist, aber sicher noch im entsprechenden Thread über die Folgen der Wahl diskutiert werden wird, will ich mal ein eigenes Thema zur österreichischen Nationalratswahl am kommenden Sonntag erstellen.
Momentan wird Österreich wieder einmal von einer großen Koalition aus SPÖ und ÖVP regiert. Die wohl wichtigste Frage bei dieser Wahl ist, ob die beiden einstigen Großparteien nach dieser Wahl weiterhin eine absolute Mehrheit haben werden oder ob die Rot-Schwarze Mehrheit zum ersten Mal in der Geschichte gebrochen wird. Falls die beiden weiterhin eine Mehrheit zusammenbringen, steht nämlich praktisch schon fest, dass SPÖ und ÖVP weitere 5 Jahre gemeinsam regieren werden.
Der Nationalrat ist, ähnlich wie der deutsche Bundestag, die erste und wichtigere Parlamentskammer in Österreich. Es gibt 183 Sitze, die bei der Wahl 2008 wie folgt auf die Parteien entfallen sind:
SPÖ 57, ÖVP 51, FPÖ 34, Grüne 20, BZÖ 21
Mittlerweile verfügt aber auch die neue Partei "Team Stronach" unter Austrokanadier und Milliardär Frank Stronach über einige Parlamentssitze, da einige Parlamentarier zu ihm übergelaufen sind.
Auch in Österreich gibt es eine Hürde, allerdings beträgt sie anders als in Deutschland nur 4%.
Insgesamt treten 9 Parteien bundesweit an. Ich liste sie hier mit Beschreibung auf:
Sozialdemokratische Partei Österreichs
Die Sozialdemokratische Partei, die von 1945 bis 1991 noch "Sozialistische Partei Österreichs" hieß, ist eine der traditionellen Großparteien, die bereits in der 1. Republik existiert hat. Sie stellte bereits in 12 von 25 Bundesregierungen den Regierungschef und außerdem 6 von 8 Bundespräsidenten. Außerdem stellt sie 4 von 9 Landeshauptleuten, nämlich in Wien, Steiermark, Burgenland und Kärnten.
Derzeitiger Chef und amtierender Bundeskanzler ist Werner Faymann, der auch dieses Jahr wieder als Kanzlerkandidat zur Wahl steht. Das größte Ziel von Kanzler Faymann dürfte wohl die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, für die er sich, wie er immer wieder betont, in ganz Europa eingesetzt habe, sein.
Bei der Wahl 2008 erreichte die SPÖ zwar ein Rekordtief von etwa 29%, war aber trotzdem noch stärkste Kraft im Bund. In den derzeitigen Umfragen liegt die SPÖ bei etwa 26-28% und liegt damit weit vor der ÖVP, mit der sie im Moment eine Koalitionsregierung führen.
Ausrichtung: Sozialdemokratisch
Österreichische Volkspartei
Die ÖVP, die 1945 aus dem ehemaligen christlich-sozialen Lager entstand, ist neben der SPÖ die stärkste Kraft im Land. Zwar sind sie in der Koalition nur der Juniorpartner, doch sie haben sowohl das Finanzministerium, als auch Inneres, Justiz und Außenministerium unter ihrer Kontrolle. Des Weiteren regieren sie in allen Bundesländern mit Ausnahme Wiens mindestens mit. Zudem regieren die Konservativen bereits seit 26 Jahren ununterbrochen, mal mit den Sozialdemokraten mal mit den Freiheitlichen. Man kann daher durchaus sagen, dass sie die wohl einflussreichste Partei in Österreich ist, auch wenn ihr ein Wahldebakel bevorstehen dürfte.
ÖVP-Spitzenkandidat ist der amtierende Vizekanzler und Außenminister Michael Spindelegger. Er propagiert in letzter Zeit die "Entfesselung der Wirtschaft", und betont dabei immer wieder, dass das nur möglich sei, wenn er Kanzler werden würde. Einige seiner Parteikollegen standen in den letzten Monaten häufig unter öffentlicher Kritik, etwa der Wirtschaftskammerpräsident Leitl, der meinte, dass Österreich wirtschaftlich "abgesandelt" sei. (Anmerkung: Die ÖVP stellt seit 26 Jahren den Wirtschaftsminister)
In Umfragen erhält die ÖVP derzeit etwa 22-24% und liegt daher, wie auch die SPÖ, noch unter ihrem Wert von 2008. (26%)
Ausrichtung: Konservativ
Freiheitliche Partei Österreichs
Die FPÖ bildet das dritte traditionelle Lager in der österreichischen Parteiengeschichte. Allerdings wurde dieses "dritte Lager" erst im Jahr 1955 wieder gegründet.
Anfangs noch eher eine unbedeutende Kleinpartei wuchs die FPÖ unter dem ehemaligen Parteichef und langjährigen Kärnter Landeshauptmann Jörg Haider in den letzten 30 Jahren zu einer großen Kraft im Land, die aber von vielen kritisiert wird, auch oder vor allem im Ausland. Denn die FPÖ ist seit Haider eine rechtspopulistische, äußerst nationalistische Partei, die immer wieder mit Hetze gegen Ausländer und andere Minderheiten auffällt. Ihr wird eine deutliche Nähe zum Rechtsextremismus vorgeworfen, weshalb sich viele von dieser Partei distanzieren. SPÖ und Grüne beispielsweise schließen eine Koalition mit der FPÖ entschieden aus.
Abgesehen vom Ausländerthema spielt vor allem das Thema EU und Euro eine Rolle. Die FPÖ ist für eine Wiedereinführung des Schilling als nationale Währung und tritt für eine Volksabstimmung zum Austritt aus der EU ein.
Derzeitiger Parteichef ist Heinz-Christian Strache, der es sich zum Ziel gemacht hat, Bundeskanzler zu werden. Mit dem Auftauchen Stronachs dürfte dieses Ziel aber in weite Ferne gerückt worden sein. Bei der letzten Nationalratswahl erreichte die FPÖ ca. 17%, in Umfragen liegen sie derzeit bei 17-21%.
Ausrichtung: Rechtspopulistisch, Nationalistisch
Die Grünen
Die Grünen, die bei der Wahl 2008 nur 10% erreicht haben, liegen bei Umfragen derzeit bei etwa 14-17%, Tendenz steigend. In den letzten Landtagswahlen bekamen die Grünen massive Zugewinne und sind bereits in 5 Landesregierungen. Der Grund für diese enormen Zugewinne für die Umweltpartei dürfte wohl in der Aufdeckung zahlreicher Korruptionsskandale der letzten Jahre durch die Grünen, die immer wieder betonen, die einzige saubere und korruptionsfreie Parlamentspartei zu sein, liegen. Tatsächlich setzen die Grünen dieses Jahr weniger auf ihre typischen Themen, sondern in erster Linie auf die Korruptionsbekämpfung, da alle Parlamentsparteien mit Ausnahme der Grünen, nachweislich in verschiedene Korruptionsaffären verwickelt sind oder waren. Des Weiteren stellen die Grünen, anders als in Deutschland, weniger eine Öko - denn mehr eine Linkspartei dar, da wir in Österreich ansonsten keine Linke im Parlament haben.
Spitzenkandidatin ist die Parteichefin und Klubobfrau Eva Glawischnig. Sie fordert für die nächste Legislaturperiode umfassende Bildungsreformen und die Einsetzung von parlamentarischen Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht. (Anmerkung: U-Ausschüsse wurden bislang immer wieder von SPÖ und ÖVP abgedreht)
Ausrichtung: Linksliberal, Grün
Bündnis Zukunft Österreich
Das BZÖ wurde 2005 von Mitgliedern der FPÖ unter der Führung von Jörg Haider gegründet. Die Hochburg des BZÖ war seit ihrer Gründung natürlich Kärnten, wo noch heute ein beispielloser Personenkult um den 2008 verstorbenen Jörg Haider besteht. Sowohl die FPÖ als auch das BZÖ streiten praktisch um das Erbe Haiders, der beide Parteien zu großen Erfolgen geführt hatte.
Allerdings muss das BZÖ, das bei der Wahl 2008 noch ganze 10% erhalten hat, heute, ähnlich wie die deutsche FDP, um den Wiedereinzug in den Nationalrat bangen. Das liegt wohl insbesondere auch daran, dass viele BZÖ-Funktionäre zu Frank Stronach übergelaufen sind, ebenso wie viele Wähler. Derzeit liegen sie in Umfragen bei etwa 1-3%, aber Parteichef Josef Bucher ist zuversichtlich, dass seine Partei den Einzug schafft. Er fordert umfassende Steuersenkungen, einen Verwaltungsabbau und die Einführung von Studiengebühren, beschreitet also einen deutlich wirtschaftsliberalen Kurs.
Ausrichtung: Rechts, Wirtschaftsliberal
Team Stronach
2012 hat der Magna-Gründer Frank Stronach (ehemals Franz Strohsack), der in Kanada zum Milliardär wurde, eine österreichische Partei gegründet. Das Team Stronach. Obowhl noch neu ist das TS bereits in 3 Landtagen vertreten und es ist sehr wahrscheinlich, dass es auch den Einzug in den Nationalrat schaffen wird.
Der 81-Jährige Großindustrielle wird und wurde häufig von seiner Konkurrenz aber auch in den Medien kritisiert. Zum einen, da ihm oft nachgesagt wird, Parlamentarier gekauft zu haben (Anmerkung: Das TS hat bereits einen Parlamentsklub, da sich einige Abgeordnete Frank angeschlossen haben), insbesondere vom BZÖ, zum anderen wegen seiner vielen fragwürdigen Aussagen im Fernsehen. Beispielsweise forderte er vor einigen Wochen die Wiedereinführung der Todesstrafe für "Berufskiller", außerdem meinte er im Duell mit Außenminister Spindelegger, dass ein NATO-Beitritt gut für Österreich wäre, um das Land vor einem Einmarsch der Chinesen zu schützen.
Stronach wird vor allem von Nichtwählern und FPÖ-Sympathisanten gewählt, da er, wie auch Strache für die Abschaffung des Euros ist, beziehungsweise einen "eigenen Euro für jedes Land" fordert. Strache selbst vermutet hinter Stronach deshalb eine Verschwörung von SPÖ und ÖVP, um der FPÖ Stimmen wegzunehmen.
Das Team Stronach lag vor einigen Monaten noch bei etwa 10%, seit den Fernsehduellen mit Stronach, verliert es aber stetig. Laut derzeitigen Umfragen erreicht das Team Stronach etwa 6-7%.
Ausrichtung: Wirtschaftsliberal, Populistisch
NEOS
Das 2012 gegründete Neos, das ein Wahlbündnis mit dem Liberalen Forum, das bereits in den 90er-Jahren im Nationalrat vertreten war, bildet, tritt erstmals an einer Nationalratswahl an. Und es hat gute Chancen einzuziehen. Umfragen sehen die liberale Partei nämlich bei knapp 4%.
Spitzenkandidat ist der ehemalige ÖVPler Matthias Strolz. Auch der Industrielle Hans-Peter Haselsteiner, der die Partei finaziell unterstützt, wirbt als potenzieller "Ministerkandidat" für Stimmen. Diese Stimmen erwarten sich die Neos vor allem bei enttäuschten ÖVP-Wählern, insbesondere in den Ballungsräumen.
Schwerpunkte der Neos sind die Bereiche Bildung, Verwaltungsreform und Pensionen. Sie fordert beispielsweise die Senkung von sehr hohen Pensionen und einen Abbau des Föderalismus in Österreich.
Ausrichtung: Liberal
Piratenpartei Österreichs
Ähnlich wie die deutsche und die schwedische Piratenpartei sind auch die österreichischen Piraten für Freiheit im Netz, gegen Vorratsdatenspeicherung und Bürgerüberwachung. Außerdem sind sie als einzige Partei für ein bedingungsloses Grundeinkommen und setzen sich für eine Stärkung der direkten Demokratie ein.
Ein Einzug in den Nationalrat gilt mit 1-2% in den Umfragen als sehr unwahrscheinlich. Trotzdem versucht die Partei mit ihrem Spitzenkandidaten Mario Wieser ihr möglichstes, einen Einzug zu schaffen.
Ausrichtung: Linksliberal
Kommunistische Partei Österreichs
Auch heuer treten die Kommunisten wieder zur Wahl an. Spitzenkandidat und Bundessprecher ist Mirko Messner. Er ist der Ansicht, dass die KPÖ die einzige wirkliche Linkspartei in Österreich sei, und nur ein Einzug der KPÖ einem Rechtsruck einen Riegel vorschieben könnte. Tatsächlich war die KPÖ von 1945 - 1959 im Nationalrat, hat seitdem aber nie wieder den Einzug geschafft. Obwohl auch die Kommunisten durchaus ihre Hochburgen haben, beispielsweise Graz, wo sie derzeit die zweitstärkste Partei sind, liegen sie im Bund bei kaum mehr als 1%.
Da sie als alte Kleinpartei von allen bundesweit kandidierenden Parteien am wenigsten in den Medien vorkommen, ist ein Einzug erst recht unwahrscheinlich. Ich liste sie hier dennoch auf, weil sie es als bundesweit kandidierende Partei meiner Meinung nach verdient hat, erwähnt zu werden.
Ausrichtung: Sozialistisch
Also, wen werdet ihr wählen? Geht ihr überhaupt zur Wahl? Wie bewertet ihr die Leistungen der Rot-Schwarzen Regierung? Was sagt ihr zu dem derzeitigen Wahlkampf? Wer wird eurer Vermutung nach ins Parlament einziehen und wer nicht?
Hoffe auf eine nette Diskussion. :)
Edit: Endergebnis
SPÖ: 26,82% (52 Mandate)
ÖVP: 23,99% (47 Mandate)
FPÖ: 20,51% (40 Mandate)
Grüne: 12,42% (24 Mandate)
Stronach: 5,73% (11 Mandate)
Neos: 4,96% (9 Mandate)
BZÖ: 3,53%
KPÖ: 1,03%
Piraten: 0,77%
Die ÖVP erhält also noch ein zusätzliches Mandat, die SPÖ verliert dafür eines. Die FPÖ verliert 2 Mandate, welche an die Grünen gehen.