Maiwyan verdrehte nur leicht die Augen und folgte Senshi, der mal wieder seinen Weg mit Leichen pflasterte. „Wie kann man nur so verschwenderisch mit Leben umgehen?“, wunderte sich der Ritter abfällig im Stillen. Mit diesem Söldner würde er wohl nie warm werden. Er hoffte inständig, ihre Wege würden sich nach dem geglückten Ausbruch trennen.
Wenig später erreichten sie eine Weggabelung, auf der sie auf andere ehemalige Insassen der Sammelzelle stießen. Darunter Valeria, Mao, ein recht unscheinbarer Kerl und die beiden Anführer. Maiwyan stellte fest, dass die Gruppe, der er selbst angehörte, bei weitem die Größte war. Inständig hoffte er, dass die Übrigen es ebenfalls geschafft hatten, den Wachen Parole zu bieten. Denn diese kleine Gruppe, die nun vor der Türe zur Waffenkammer stand, war angesichts der übervollen Zelle, aus der sie geflohen waren, erschreckend kümmerlich. Sky sprengte kurzerhand die schwere Tür auf und wies alle an, sich ihre Waffe zu schnappen. Ein erwartungsvolles Leuchten trat in die Augen des Maskierten, als er die Waffenkammer betrat. Er wandte sich erst gar nicht den Regalen zu, auf denen die stärkeren und wie es schien auch wertvolleren Schwerter untergebracht waren, sondern steuerte auf einen Haufen mit rostigen und verkommenen Schwertern zu. Wie er es sich gedacht hatte, fand er dort recht schnell die zerschlissene, armselige Scheide, aus der ein heller Knauf ragte. Es schien, als hätten sich die Soldaten von dem schmuddeligen Äußerem seiner Waffe nur zu leicht täuschen lassen und sie als wertlosen Müll eingestuft.
Mit einem leisen Lächeln befestigte er die Scheide an seinem Gürtel. „Schön dich wieder zu haben, meine Schöne.“, murmelte er leise. Er wollte gerade die Kammer wieder verlassen, als ihm die Aufforderung Skys, alles was nützen könnte mitzunehmen, einfiel. So hob er sein Ersatzschwert, welches er zuvor abgelegt hatte, wieder auf, steckte es in eine passende Scheide und griff sich zwei Weitere aus einem Regal, die er sich an der rechten Seite an den Gürtel hängte. Eventuell würden sie noch jemandem hilfreich sein. So ausgerüstet verließ der Maskierte die Kammer wieder und wartete mit den anderen, bis auch der General fluchend den Raum verließ und verkündete, dass seine Waffe nicht auffindbar sei. Im Gegensatz zu Sky, der ihn dafür hänselte, konnte Maiwyan sehr gut nachempfinden, wie der Schwarzhaarige sich fühlen musste. Auch für den Tagelöhner war seine Waffe sein ein und alles.
Ein tiefes Knurren deutete die Ankunft neues Ärgers an. In Erwartung eines weiteren Feindes wandte der Maskierte sich um und erblickte ein ganzes Rudel gepanzerter Höllenhunde. Mao erledigte ohne große umschweife eine der Bestien und verschwand in einem Gang. Kurz darauf folgten auch Senshi, die beiden blonden Mädchen und der Junge, der ebenfalls in der Gruppe des Ritters gewesen war, ihrem Beispiel. Maiwyan hätte es ihnen wohl gleich getan, aber Flaimes Flammenshow lenkte ihn doch ziemlich ab. Mit Sorge betrachtete er, wie sie mit ihrer brennenden Magie eine der Bestien umschloss und ihr so jegliche Fluchtmöglichkeit nahm. Mit dem Tod des Hundes, der dieser Aktion unweigerlich folgte, erloschen die Flammen zum Glück wieder. Allerdings stand die Rothaarige im Nächsten Augenblick schon einem weiteren Höllenhund gegenüber, der ihr das Schwert aus der Hand riss. Das wütende Tier schlug permanent mit den Krallen nach der jungen Frau und ließ ihr nicht die Möglichkeit anzugreifen.
Da sie nicht den Eindruck machte, als würde sie gleich noch ein Ass aus dem Ärmel ziehen, beschloss der Ritter ihr zur Hand zu gehen. Geduckt rannte er auf den Hund von der Seite zu und schlug dabei mit seinen Höllenklingen auf den Boden. Das typische, rasselnde Geräusch, das seine Schweife für gewöhnlich verursachten, war nichts gegen das Scheppern, das dies zur Folge hatte. Allarmiert fuhr der Kopf des Hundes herum, um nach der Ursache des ungewöhnlichen, bedrohlichen Lautes zu suchen. Sein böser Blick fand den Maskierten und er zog die Lefzen nach oben, sich voll auf den neuen Gegner konzentrierend. Erleichtert erkannte Maiwyan, dass es ihm gelungen war, die Bestie für einen Moment von Flaime abzulenken. Der Hund stellte seiner Meinung aber dennoch eine ausreichende Gefahr dar, um ihn auszuschalten. Ohne sein Tempo auch nur geringfügig zu verringern, stürmte er weiter auf den Köter zu und wich nur einmal kurz der schnappenden Schnauze eines weiteren Kläffers aus. Diesen Angriff erwiderte er nebenher mit einem peitschenden Schlag eines seiner Schweife, der den Hund an der empfindlichen Nase traf und ihm ein erschrockenes Winseln entlockte, sonst aber keinen weiteren Schaden verursachte.
Kurz vor seinem Zielobjekt, wich er zur Seite aus und nahm mit der linken Hand die Überraschte Feuermagierin erneut auf die Arme. Kaum hatte er sie auf gelesen, drückte er sich kraftvoll ab und sprang in die Luft. Das Mädchen bereitete ihm hierbei keine Probleme, ihr Gewicht nahm er kaum wahr. Der Hund versuchte geifernd nach ihm zu schnappen. Scheinbar wollte er auf keinen Fall zulassen, dass seine Beute sich aus dem Staub machte, doch der Maskierte hatte ohnehin etwas Anderes im Sinn. Noch während er sich in der Luft befand, schlang er seine langen Höllenklingen um die Schnauze des Hundes und zwang ihn so diese zu schließen. Leichtfüßig landete er auf dem Kopf des Tieres, welches diesen hin und her warf, um den scharfkantigen Maulkorb loszuwerden. Mit einem kräftigen Ruck seiner Klingenschwänze riss der Ritter die Schnauze des Tieres nach oben, worauf dieser ein erschrockenes Winseln ausstieß. Die Augen des Maskierten hatten einen harten Ausdruck angenommen und mit der freien, rechten Hand zog er Lirrethyl aus der Scheide. Einen Augenblick hielt er die kostbare Waffe nur in der Hand, bevor er sie mit aller Kraft dem Hund in den Nasenrücken zwischen den Augen, der durch den Helm nicht mehr bedeckt war, rammte. Das schlanke Schwert versank beinahe bis zum Schaft im Kopf der Bestie, bevor sein Träger es beinahe in der gleichen Bewegung wieder herausriss.
Das große Tier taumelte und sackte in sich zusammen. Der Maskierte sprang leichtfüßig von dem toten Tier ab, ehe dies den Boden berührte und landete federnd auf dem festen Boden. Nur knapp hinter ihm schlug der Kopf des Höllenhundes auf dem Boden auf, doch der Ritter beachtete ihn nicht weiter, sondern schüttelte mit einem Schlag in die Luft das Blut von seiner weißen Klinge, schob diese wieder in die Scheide und stellte mit beiden Händen Flaime wieder auf den Boden.
„Komm mit, die anderen schaffen den Rest bestimmt alleine.“, meinte er mit einem verschmitzten Lächeln in den Augen, „Wir sollten uns auch auf den Weg nach draußen machen. Und vielleicht können wir sogar verhindern, dass unser mordlüsterner Söldner ein allzu großes Blutbad anrichtet.“ Mit diesen Worten reichte er dem Mädchen die Hand und versetzte ihrem Schwert, das in etwas entfernt lag, einen Stoß mit einer seiner Höllenklingen, der es ihr vor die Füße rutschen ließ.